Passion #2

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Passion

Das Magazin von BerlinDruck

# 02 2019

Rhythmus!

Seit Menschen denken können, zweifeln und verzweifeln sie an der Zeit Über Einstein, Kepler, Newton, Google und Apple

Der Ton macht die Marke Tonmeister Andreas Ersson über Corporate Sound und Markenwahrnehmung

Corporate Publishing Was macht ein gedrucktes Magazin so wertvoll? Insidergespräch mit Joerg Strauss


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Einstieg

Drucker

Thomas Vierke seit 1990 bei BerlinDruck Sein Motto: „Triff immer den richtigen Ton!“

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Einstieg

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Mother, mother, tell your children That their time has just begun I have suffered for my anger There are wars that can’t be won Father, father, please believe me I am laying down my guns I am broken like an arrow Forgive me Forgive your wayward son Keep the Faith, Songtext JON BON JOVI, RICHARD S. SAMBORA, DESMOND CHILD


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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser, als die erste Ausgabe unserer Passion Ende letzten Jahres herauskam, waren wir gespannt auf die Resonanz. Zu den schönsten Seiten des Magazinmachens gehören die vielen Rückmeldungen und neuen Bekanntschaften, die dabei entstehen. Vielen Dank für Ihr positives Feedback, ein paar Leserbriefe haben wir auf Seite 30 für Sie abgedruckt. Vor uns liegt die zweite Ausgabe – die erste in diesem Jahr –, die sich mit dem Thema Rhythmus beschäftigt. Lesen Sie unser Feature über die Zeit, den Taktgeber unseres Lebens, und unseren Umgang mit ihr. Erfahren Sie mehr über die körpereigenen Rhythmen und lernen Sie wieder ein paar Kollegen von uns kennen, die jede und jeder auf ihre oder seine Weise Rhythmus im Blut haben. Fachbeiträge und Insidergespräche informieren über Themen wie Corporate Publishing und multisensorische Markenführung und was das alles mit Rhythmus zu tun hat. Sie zu unterhalten und bisweilen mit neuen Sichtweisen zu überraschen, entwickelt sich zu einer großen Passion. Wir hatten viel Freude an der Arbeit für diese Ausgabe und hoffen, Sie finden Gefallen daran. Lassen Sie’s uns wissen! Ihr Frank Rüter Geschäftsführer BerlinDruck GmbH + Co KG

IMPRESSUM Passion – Das Kundenmagazin von BerlinDruck erscheint dreimal jährlich im Eigenverlag | Herausgeber BerlinDruck GmbH + Co KG | Oskar-Schulze-Straße 12 | 28832 Achim | Telefon: +49 (0) 421 43871-0 | Telefax: +49 (0) 421 43871-33 | E-Mail: info@berlindruck.de | www.berlindruck.de | Auflage 2.250 | Redaktion Presseinfos, Anregungen, Reaktionen bitte an: Passion c/o quintessense | Fritschestraße 27/28 | 10585 Berlin | Telefon: +49 (0) 30 80954609 | E-Mail: agentur@quintessense.de Verantwortlich für den Inhalt V. i. S. d. P. Frank Rüter | CD und Chefredakteur Eckard Christiani | Redaktionsbeirat Reinhard Berlin | Björn Gerlach | Autoren und Interviewpartner dieser Ausgabe Dr. Christian Ankowitsch | Eckard Christiani | Dieter Delecate | Andreas Ersson | Daniel Kinat | Dr. Michelle Ortak | Joerg Strauss | Fotografie Reinhard Berlin (29) | Hannes Holtermann (10, 11) | Michael Jungblut (Titel, 2–8, 9, 13, 14, 15, 23, 24–26, 28–31) | Pantone (9) | Shutterstock (9) | Tutima (16, 17) | Universitätsklinikum Essen (23) | Vivantes (22) | Illustration Julia Ochsenhirt (27) | Schrift Carnas von Hoftype, Dieter Hofrichter | ITC Charter, Matthew Carter | Papier FocusArt Natural von Papyrus | Layout und Editorial Design quintessense | Fritschestraße 27/28 | 10585 Berlin | Telefon: +49 (0) 30 80954609 | E-Mail: agentur@quintessense.de

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Inhalt

Inhalt Father, father, please believe me I am laying down my guns I am broken like an arrow Forgive me Forgive your wayward son Impressum Inhalt

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Thomas Vierke – Der Gitarrenliebhaber Wir schreiben das Jahr 1983. Es ist der 20. April, 19:30 Uhr. Thomas Vierke wartet mit Hunderten anderen ungeduldig vor der Stadthalle Bremen auf Einlass. Was wird es geben? Let’s Make the Best of the Situation Farbtrends 2019 – Inspiriert von der Natur Pantone, Adobe und Shutterstock haben recherchiert Insidergespräch mit Joerg Strauss – Corporate Publishing Ich glaube nicht an interaktiven Content – Das Beruhigende ist: Der Tag hat nach wie vor nur 24 Stunden und ein Drittel dieser Zeit verbringen die Menschen noch immer mit Schlafen. Alles rund um Content und Corporate Publishing Leseempfehlungen zum Thema Feature Seit Menschen denken können, zweifeln und verzweifeln sie an der Zeit 5 Fragen – 5 Antworten Dieter Delecate – Ich lebe meinen Traum Seit 50 Jahren der Kunst verschrieben Jub Mönster – Allein das Material! Interview mit Dr. Michelle Ortak, Internistin und Kardiologin Wenn das Herz aus dem Takt gerät Der Herzschlag der Maschinen Frequenzen aus dem Drucksaal Marke EXTRA Der Ton macht die Marke – Andreas Ersson über Sound Branding und den hohen Wert, detailverliebt zu arbeiten Wie läuft’s? – Just in time Die Prozesse bei BerlinDruck – Der Rhythmus von just in time Anke Klein & Katja Lindemann – Rio de Janeiro 9.821 km Mit Samba gute Laune produzieren Leserbriefe – Vorschau Gedanken von Dr. Christian Ankowitsch, österreichischer Autor Rhythmus macht die Welt berechenbar

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Gitarrenliebhaber Thomas Vierke

LET’S MAKE THE BEST OF THE SITUATION BEFORE I FINALLY GO INSANE Fotografie: Michael Jungblut

Wir schreiben das Jahr 1983. Es ist der 20. April, 19:30 Uhr. Thomas Vierke wartet mit Hunderten anderen ungeduldig vor der Stadthalle Bremen auf Einlass. Was wird es geben? Damals trat einer der erfolgreichsten Gitarrenkünstler aller Zeiten in Bremen auf. „Der Blues“, hat dieser einmal gesagt, „hat mich mein Leben lang inspiriert und mir immer wieder Kraft gegeben, mit den Unzulänglichkeiten des Alltags fertig zu werden.“ – Und eins ist sicher: Von den sogenannten Unzulänglichkeiten des Alltags gab es im Leben des Musikers mehr als genug. Seine Mutter Patricia war erst 16 Jahre alt, als sie ihren Sohn, den späteren 20-fachen Grammygewinner – mit fast 300 Millionen verkauften Platten –, auf die Welt brachte. Die Kindheit und Jugendzeit war alles andere als glücklich.

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Für mich ist jeder Tag wie eine Wundertüte.

Nach einem abgebrochenen Kunststudium schloss er sich im Alter von 17 Jahren seiner ersten Band an. Er spielte in etlichen Kollaborationen mit anderen großen Künstlern wie George Harrison und John Lennon und hatte Erfolge mit diversen Bands. Im Jahr 1970 nahm er sein erstes Soloalbum auf. In dieser Zeit entstanden Songs wie „I Shot the Sheriff“ und „Layla“, einer der meistgespielten Rocksongs der 70er-Jahre. – Die Rede ist von Eric Clapton. „Diesen Mann musste ich mir ansehen!“, meint Thomas Vierke und erzählt, dass ihn diese Begegnung besonders geprägt hat. Musik war schon vorher seine Leidenschaft, aber das Konzert von Eric Clapton hat seine Liebe zur Gitarrenmusik noch verstärkt. Vierke begann Gitarren zu sammeln. „Jedes einzelne Instrument hat seine Geschichte, jedes klingt eigen und ist nicht für jede Musikrichtung geeignet.“ Er probt nicht nur immer wieder neue Riffs, sondern versucht auch, seine Gitarren gut klingen zu lassen. „Ja, ich bastele gern daran herum. Das ist mit Austausch von Pickups oder einer Lackierung nicht immer getan.“ Es gäbe die sog. Tieftemperaturbehandlung, bei der die Instrumente über mehrere Stunden auf –180 °C abgekühlt werden. Dadurch verändere sich das Holz in einer Art, die die Gitarre den so oft gewünschten „alten Klang“ erzielen ließe. Die Kosten für so eine Behandlung liegen bei 400 bis 500 Euro. „Das will wohlüberlegt sein – bei einer Gitarre, die man für 30 Euro bei Ebay ersteigert hat“, lacht Vierke. Seine Leidenschaft für die Musik lebt Thomas Vierke alljährlich auch auf etlichen Festivals wie das Graspop Metal Meeting in Belgien oder das Hellfest in Clisson, Frankreich. „Meist verbinde ich meinen Urlaub mit dem Besuch der Festivals – oder umgekehrt“, schmunzelt

Thomas Vierke 58 Jahre In Bremen Vegesack geboren, lebt Thomas Vierke heute in Wulsbüttel und arbeitet als gelernter Drucker seit beinahe drei Jahrzehnten in Achim bei BerlinDruck – ein echtes Urgestein also.


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Vierke. „Dieses Jahr freue ich mich besonders auf die 14. Night of the Prog, die im Rheintal zwischen Köln und Mainz im Loreley Amphitheater stattfindet. Neben Tangerine Dream, The Steve Hillage Band und vielen anderen steht nämlich auch Nick Mason – Gründungsmitglied und Schlagzeuger von Pink Floyd – mit seinem neuen Projekt Saucerful of Secrets auf der Bühne. Bin gespannt!" Auf alle Fälle wird Mitte Juli sein Wohnmobil Richtung Süden bewegt, um dabei zu sein. Bis dahin sind aber noch ein paar Wochen zu arbeiten. Bei BerlinDruck schätzt er vor allem die Vielseitigkeit und Abwechslung. Jeden Tag anspruchsvolle Aufgaben, ungewöhnliche Formate, verschiedene Bedruckstoffe – für ihn sei jeder Tag wie eine Wundertüte. Wenn man so lange dabei ist wie Thomas Vierke, ist man auch die Entwicklungsschritte der Druckmaschinen mitgegangen und hat diese schätzen gelernt. "Die Druckqualität hat sich enorm verbessert – man kann heute schneller, sicherer und durch die Gesamtauflage präziser produzieren. Verkürzt haben sich auch die Einrichtzeiten – ich bin heute mit allem Drum und Dran in 25 Minuten am Start.“ Mit fünf Bogen pro Sekunde gibt die Heidelberg Speedmaster XL den Rhythmus vor: 300 beats per minute. Das wäre wie Speedcore, die schnellste Variante des Hardcore Technos. Aber das ist nicht die Musik von Thomas Vierke und Eric Clapton. D

Unsere Heidelberg Speedmaster fährt 300 bpm. Das ist wie Speedcore – die Ultravariante des Hardcore Technos.

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Farbe

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Farbtrends 2019

Inspiriert von der Natur

CMYK 0/67/58/0

CMYK 87/0/30/0

Living Coral

German Turquoise

Shutterstock hat recherchiert, ob es über die Farben „UFO Green“, „Plastic Pink“ und „Proton Purple“ hinaus auch regionale oder nationale Farb- Präferenzen gibt. Von „Lavender Blush“ (einem ro- sigen Lavendelton) in Japan bis Pflaume in Großbritannien – die Unterschiede sind frappant. In Deutschland ist Türkis schwer angesagt – übrigens schon seit 2010.

Seit 20 Jahren hat Pantone Color of the Year einen maßgeblichen Einfluss auf die Produktentwicklung und auf Kaufentscheidungen in zahlreichen Branchen, zum Beispiel der Mode, der Inneneinrichtung, dem industriellen Produktdesign und der Produktverpackung sowie dem Grafikdesign.

Farbe ist ein universeller Kommunikator, eine dynamische Kraft der visuellen Welt, die allem Sichtbaren Bedeutung und Leben schenkt. Farbe beeinflusst unsere Gefühle. Das gesamte Farbspektrum und jeder einzelne Farbton erzeugt unterschiedliche Emotionen und kulturell spezifische Reaktionen. Adobe schrieb kürzlich: „Für unseren ersten Trend des neuen Jahres kehren wir zum Wesentlichen zurück – zu unserer Verbundenheit mit der Erde. Diejenigen von uns, die jeden Tag Stunden in der digitalen Welt verbringen, spüren mehr und mehr die starke Anziehungskraft der Natur. Kein Wunder: Natur bildet einen Kontrast zum Hightech-Hochgeschwindigkeits-Lifestyle, der von sozialen Netzwerken und stetem Nachrichtenfluss bestimmt wird.“ Die Farbexperten des Pantone Color InstituteTM halten jedes Jahr Ausschau nach neuen Farbeinflüssen, bevor sie die „Color of the Year“ küren. Bei ihren Analysen berücksichtigen sie unter anderem Farbtrends in der Unterhaltungs- und Filmbranche, in Kunstsammlungen und Werken neuer Künstler, in der Mode, in allen Designbereichen, an beliebten Reisezielen sowie in neuen Life- und Playstyles und im sozioökonomischen Umfeld. Pantone hat kürzlich Living Coral als Farbe des Jahres gekürt. Von Pantone selbst wird die Farbe als „fröhliches, lebensbejahendes Korallenrot mit goldenen Untertönen“ beschrieben, die „Energie spendet und auf sanfte Art belebt“. Pantones Farbexperten sagen,

„Living Coral strahlt die gewünschten, gewohnten und energetisierenden Aspekte einer in der Natur vorkommenden Farbe aus.“ Inspiriert von farbigen Korallenriffen reflektiert die Farbe das Thema Natur auf positiv-lebendige, magische und tropisch anmutende Art und Weise. Bei Shutterstock dreht sich auch so gut wie alles um Farbe. Im riesigen Archiv der Bilddatenbank findet sich jeder irgendwie vorstellbare Farbton. Shutterstock hat Milliarden von Suchanfragen ausgewertet sowie analysiert und so herausgefunden, welche Farben am häufigsten gesucht und heruntergeladen werden. Die in einer bestimmten Jahreszeit angesagten Farbtrends sagen oft mehr aus als Mode-, Interior- oder Designtrends. Sich jahreszeitlich unterscheidende Farbtrends repräsentieren kulturelle Aspekte und sich verändernde Stimmungen und Momente. Denkt man zum Beispiel an die gedämpften Pastelltöne der 1950er-Jahre: Reines „Robin’s Egg Blue“ oder blasses Buttergelb vermittelten Friede und Sicherheit – ein Aspekt, der gerade in schwierigen Zeiten nicht zu vernachlässigen ist. Die natürlich wirkenden Grün- und Brauntöne der 1970er-Jahre gingen parallel mit der Naturschutzbewegung. Shutterstock nennt die drei wichtigsten Farben 2019 „UFO Green“, „Plastic Pink“ und „Proton Purple“. Das helle „UFO Green“ erinnert an grüne Frühlingslandschaften und an sich endlos aneinanderreihende Binärcodes (à la Matrix). Der Farbton wirkt also gleichermaßen natürlich

und übernatürlich. Der Name selbst reflektiert die außerirdischen Qualitäten des Farbtons ja auch schon ziemlich eindeutig. Das grelle „Plastic Pink“ stellt Bezüge zu Plastikspielzeug her, tritt hier aber mit neuer Intensität und neuen Bedeutungen auf. Das knisternde Pink zeichnet sich durch Kraft und Tiefe aus und erinnert an nächtlich leuchtende Großstadtlichter. Das lebendige „Proton Purple“ repräsentiert einen spürbar positiv aufgeladenen, elektrisierenden Alltag.

CMYK 52/0/100/0 CMYK 0/89/0/0

CMYK 75/81/0/0

UFO Green

Proton Purple

Plastic Pink

Shutterstock nennt die drei wichtigsten Farben des Jahres 2019 „UFO Green“, „Plastic Pink“ und „Proton Purple“ – ermittelt durch eine weltweite Analyse von Milliarden von Suchanfragen in ihrer Bilddatenbank. Das Ergebnis illustriert Themen wie Digitalität und Technologisierung, die auf der ganzen Welt mehr und mehr an Bedeutung gewinnen.

„Die Farben des Jahres illustrieren immer ein kollektives Lebensgefühl. Wie eine Momentaufnahme“, meint Denny Quednau, Buchbinder bei BerlinDruck. „Dass in diesem Jahr so fröhliche, lebensbejahende Farben eine große Rolle spielen, freut mich sehr. Ich bin gespannt, wann ich das erste Projekt in ‚Plastic Pink’ in den Händen halten darf.“


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Insidergespräche

Ich glaube nicht an interaktiven Content Ein Interview mit Joerg Strauss

Gegründet von Territory, dem zu G+J gehörenden Marktführer für Content Communication, und Kolle Rebbe, einer der führenden Kreativagenturen Deutschlands, ist Honey mit Sitz in Hamburg die erste Agentur, die kreative und strategische Markenführung, PR, Journalismus und Technologie miteinander verbindet. Wir haben uns mit Content Manager Joerg Strauss zusammengesetzt, um über modernes Corporate Publishing zu sprechen. Joerg Strauss, 51, arbeitet seit über zehn Jahren für Content-Marketing-Unternehmen von Gruner+Jahr. Er hat das Berliner Büro von G+J Corporate Editors (heute: Territory) aufgebaut und vier Jahre geleitet. Vor drei Jahren ist er nach Hamburg zurückgekehrt, um als Content Director die Content-Campaigning-Agentur Honey voranzubringen.

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Herr Strauss, auf dem Weg zu Ihnen in der U-Bahn das gewohnte Bild: Gesenkte Köpfe, die eine stattliche Anzahl an Headlines, WhatsApp-Nachrichten und die letzte Folge der dritten Staffel Lucky Man verarbeiten müssen. Beschleicht Sie manchmal das Gefühl, als Content-Stratege nicht mehr Herr der Lage zu sein? Das Beruhigende ist: Der Tag hat nach wie vor nur 24 Stunden und ein Drittel dieser Zeit verbringen die Menschen noch immer mit Schlafen. Menschen konsumieren heute nicht mehr Medien als früher, aber sie konsumieren anders, viel funktionaler und zielgerichteter. Das entspannte „Ich schau mal, was gerade im Fernsehen läuft“ früherer Jahre wird immer seltener. Medienkonsum ist viel transparenter, wir wissen dank der technologischen Möglichkeiten heute besser, wann wir welche Leute über welche Kanäle womit erreichen können. Das ist für Kommunikationsstrategien grundsätzlich ein Fortschritt.

Kommunikation und Austausch finden dank Digitalisierung zunehmend online statt. 3,8 Milliarden Euro werden für Content Marketing in Deutschland, Österreich und der Schweiz in digitale Medien investiert. Die Halbwertszeit von Online-Beiträgen ist jedoch vergleichbar kurz. Die Flüchtigkeit der Online-Welt und der nicht zu unterschätzende fehlende Lesekomfort auf den sehr kleinen Bildschirmen mobiler Endgeräte befördern lange redaktionelle Beiträge schnell ins digitale Nirvana, ohne dass sie jemals Beachtung gefunden haben. Kann auf diesem Weg Corporate Publishing Erfolg haben? Digitalstrategen argumentieren immer mit Kontaktzahlen und Reichweite und tatsächlich lässt sich die Ansprache von Konsumenten ja gezielt aussteuern. Was bei dieser Argumentation immer ein bisschen unausgesprochen bleibt, ist die Tatsache, dass diese Kontakte nicht besonders nachhaltig sind. Im digitalen Umfeld vergisst man schneller. Dann hat ein Printmagazin entscheidende Vorteile? Print ist nach wie vor unschlagbar, wenn es um Kundenbindung geht. Die Entscheidung für Print ist immer eine bewusste Entscheidung. Man setzt sich hin, nimmt ein Magazin zur Hand und hat Zeit, die Inhalte auf sich wirken zu lassen. Man kann eine Marke über Print viel besser ausprägen – nicht nur inhaltlich über Themen und Duktus, sondern auch zum Beispiel über das Format, die Haptik, die Papierqualität usw. Je nach Marke sollte allerdings eine gute Balance gefunden werden zwischen Print und Digitalem, selbstverständlich sollten im Jahr 2019

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Insidergespräche

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Marken auch im Netz eine Identität haben und ein zeitgemäßes Angebot bieten. Als langjähriges Mitglied der G+J Corporate Editors wissen Sie um die wichtigsten Regeln. Was macht ein Printmagazin erfolgreich? Wie oft sollte es zum Beispiel erscheinen? Ein Magazin ist dann erfolgreich, wenn es auf subtile Art Identifikation stiftet und es schafft, über Inhalte immer wieder neu zu inspirieren und den Nerv der Zielgruppe zu treffen. Das hört sich simpel an, setzt aber umfassendes Wissen über die potenzielle Leserschaft und einen erheblichen journalistischen Anspruch voraus. Was die Frequenz angeht: Vier Ausgaben pro Jahr sind für die meisten Unternehmen ein guter Mittelwert für die Printausgabe, zumal aktuelle News über die Online-Präsenz publiziert werden können.

Je später der Abend, desto voller der Kiosk. Szene vom BOA-Event in Berlin.

No. 1 | 4,90 €

Shindy Caro Daur Kida Ramadan Veysel Eunique Herbert Grönemeyer Wana Limar RIN 1UP Dennis Schröder Paula Beer Thilo Kehrer Edin Hasanović… Deutschland ist cooler

Österreich: 5,50 € Schweiz: 7,90 CHF BeNeLux: 5,80 € Italien: 6,30 €

Mittlerweile haben Kunden- und auch Mitarbeitermagazine einen Qualitätsstandard erreicht, der es mit den Magazinen am Kiosk locker aufnehmen kann. Die Seh- und Hörgewohnheiten haben sich durch Netflix, Prime und Podcasts innerhalb kürzester Zeit radikal verändert. Der User entscheidet, wann wer wie wo informiert und unterhält. Welche Entwicklung sehen Sie in diesem Zusammenhang? Die Aufmerksamkeitsspanne in der Mediennutzung wird kürzer, immer weniger Leute schauen den 3-StundenFilm im Arthouse-Kino oder verbringen den Samstagnachmittag gemütlich mit dem Dossier der „Zeit“. Das ist ein Trend – auch in klassischen Magazinen sind die Inhalte deshalb „häppchenhafter“ geworden. Andererseits glaube ich, dass Leser bzw. User immer Konsumenten bleiben werden. Ich glaube nicht an interaktiven Content, bei dem man zum Beispiel über das Ende einer Serienepisode mitentscheiden soll. Konsumenten wollen sich „fallenlassen“ und irgendwann werden sie auch wieder längere Formate zu schätzen wissen.

Welcome to the Club.

Was wir sagen, tragen und fühlen. Und warum wir die Zukunft sind

BOA ist ein LifestyleMagazin, das Jérôme Boateng gemeinsam mit der Content-Communication-Agentur Territory entwickelt hat. Jerôme Boateng ist Stilikone und gleichzeitig Botschafter eines Deutschlands, das bunt, cool und optimistisch ist. Das Magazin richtet sich an trend- und stilorientierte Männer, die „Urban Millennials“; es startete mit einer Druckauflage von 200.000 Exemplaren und kostet 4,90 Euro.

Zusammen mit Territory entwickelte Honey das Konzept für die Vermarktung der Erstausgabe von BOA. Jérôme Boateng tauchte in Berlin, seiner Heimatstadt, überraschend in einem Kiosk auf und stellte sich selbst hinter den Tresen. Die Aktion ging viral, wurde sofort geteilt und erreichte so weite Teile der trendbewussten Zielgruppe.


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Insidergespräche

Seit mehr als zwei Jahren liefern Sie mit Honey in Hamburg Content für Marken, frei von Kampagnenzyklen, Silodenken und überholten Prozessen. Was ist neu am Content Campaigning? Content für Marken und Kampagnen für Marken waren bislang nicht oder nur wenig synchronisiert, sie wurden erdacht von verschiedenen Agenturen, sie entstanden in unterschiedlichen Prozessen, oft für unterschiedliche Ansprechpartner auf Kundenseite. Der Konsument weiß davon nichts, er wundert sich nur, dass der Content einer Marke nicht immer zur Werbung passt. Dabei sollte eine Marke ja konsistent wirken – egal ob man in einem Shop ist, sich im Internet informiert oder ein Magazin liest. Die Wirkung von Kommunikation über alle Kanäle aus einem Kerngedanken heraus – das verstehen wir unter Content Campaigning. Ist die komplexe Informationswelt in Zukunft lenkbar? Es ist schwer abzusehen, wer in, sagen wir mal, zehn Jahren die Informationswelt dominieren wird, ob es die Medienhäuser sein werden, die Technologiekonzerne oder eine ganz andere Gruppe. Mit Blick auf Kommunikation kann man nur sagen: Die Unternehmen und Marken, die ihre Kunden und ihre Bedürfnisse gut verstehen und in der Lage sind, auf Basis der künftig zeitgemäßen Technologie daraus inspirierende Medienangebote zu konzipieren, müssen sich auch übermorgen keine Sorgen machen. Herr Strauss, vielen Dank für dieses Gespräch! D

Lufthansa exclusive aus der Lufthansa-Medienfamilie Unternehmensmagazine haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Sie sind inzwischen selbstverständlich nicht nur in den wichtigsten Medienkanälen präsent, sondern haben auch eine klare Haltung ausgeprägt. Die Magazine der Lufthansa-Medienfamilie oder mobil von der Deutschen Bahn (beide seit Jahren betreut von Territory, Hamburg) bedienen auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittene Themenwelten, das auftraggebende Unternehmen tritt mehr und mehr in den Hintergrund.

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Buchtipps

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Leseempfehlungen zum Thema

Die Februar-Ausgabe der mobil mit Beiträgen zum Bauhaus-Jahr, über Florence Kasumba – die neue Tatort-Kommissarin – und Lesestoff von Frank Schätzing.

Best of Content Marketing BCM 2018 Eine Jury aus über 200 Fachleuten zeichnete Unternehmenskommunikation in ihrer besten Form aus – insgesamt 781 Einreichungen wurden gesichtet, ein neuer Rekord in der 16-jährigen Award-Geschichte. EUR 99,–

Podcasting – Podcasts sind beliebter denn je, immer mehr Hörer nutzen kostenlos Inhalte aus aller Welt. Die Themen und Ziele der Podcasts sind dabei breit gefächert: Unterhaltung, Lifestyle, Ausbildung, Marketing u. v. m. Mit vielen Grafiken und Abbildungen gut lesbar gestaltet und durch die Interviews mit Experten aus der Szene auch mit weiterführenden Meinungen unterlegt, gibt das Büchlein einen schnellen und trotzdem breiten Einstieg in das Thema. 240 Seiten, EUR 19,99

Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation – Aus 50 Jahren wissenschaftlicher Forschung zu Kreativität und Innovation. 304 Seiten, EUR 20,–

ISBN: 978-3958459359

ISBN: 978-3907100813

ISBN: 978-3866418851

Die Januar-Ausgabe der mobil mit großem AlpenSpezial.

Ideensucher Wenn Sie Schwung für Ihre Ideensuche brauchen oder einem netten Kollegen (m/w/d) mit vielen Beispielen den Weg zu neuen, größeren Ideen erleichtern wollen, dann ist der Kauf ein richtiger Schritt! 285 Seiten, EUR 29,90 ISBN: 978-3836242820

Content Design: Wie Sie mit Triggern aus Besuchern Ihrer Website Newsletter-Abonnenten machen und wie Sie durch Content-Optimierung nachhaltig Ihre Umsätze steigern. EUR 39,– ISBN: 978-3446442955

„Vorbei die Zeiten, in denen Kundenmagazine getarnte Verkaufsprospekte mit eher weniger relevanten Beiträgen auf 0815-Papier waren. Redaktionell hochwertiger Inhalt trifft heute auf aufwendige Layouts, ansprechende Grafiken und Papier, das sich nach Wertschätzung anfühlt. Und genau darum geht es beim gedruckten Medium“, weiß Frank Rüter, Geschäftsführer von BerlinDruck.


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Feature

Gibt es die absolute, wahre und mathematische Zeit?

SEIT MENSCHEN DENKEN KÖNNEN, ZWEIFELN UND VERZWEIFELN SIE AN DER ZEIT. „Wenn es jemand eilig hat, zeigt er nur, dass er keinen Anstand besitzt und von teuflischem Streben besessen ist“, sagen Menschen aus dem Volk der Kabylen in Algerien. Uhren seien die Mühlen des Teufels. Ein paar Tausend Kilometer weiter östlich, in indischen Kleinstädten, können sich Freunde verabreden, um stundenlang zusammenzusitzen, ohne dass jemand ein Wort sagt. Das gemeinsame Schweigen wird wie ein Stillstehen der Zeit erlebt und hoch geschätzt, es ist alles andere als peinlich. Nur die Gegenwart zählt!

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Feature

Darüber würde einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika nur schmunzeln: Benjamin Franklin hat schon im 18. Jahrhundert propagiert: „Zeit ist Geld!“ Die zur Verfügung stehenden Stunden, Wochen und Jahre soll jeder Mensch so produktiv wie möglich nutzen. Es ist normal, dass der Terminkalender zum Taktgeber des Lebens wird – den Rhythmus vorgibt, den wir leben. Menschen unterschiedlicher Kulturen haben unterschiedliche Bewertungen der Zeit. Aber sind die meisten Europäer und Nordamerikaner nicht überheblich, wenn sie meinen: So wie wir die Zeit erleben und gestalten, sollten es alle Menschen überall und immer tun? Touristen aus Deutschland nehmen kulturelle Unterschiede wahr, wenn sie in kleinen Städten Spaniens oder Lateinamerikas mit Einheimischen sprechen: „Mañana“ – zu Deutsch morgen – heißt die gängige Erklärung, die oft auch ein Übermorgen meint, wenn das Auto eben nicht sofort repariert werden kann oder eine nötige Bescheinigung nicht sogleich zu haben ist. Wir aber haben uns daran gewöhnt, dass unser Alltag dem unerbittlichen Takt der Uhren und Kalender zu gehorchen hat. Sicher, unsere global ausgerichtete Wirtschaft, der Verkehr und die Logistik funktionieren nur, wenn wir verlässliche Orientierungshilfen parat haben, um das Weltgeschehen zu organisieren. Aber was wäre, wenn es so etwas wie Zeit gar nicht gäbe? Ein kleiner philosophischer Exkurs: Der Physiker Carlo Rovelli vermutet, dass unsere Vorstellungen von ihr nicht ganz richtig sind. Seit Menschen denken können, zweifeln und verzweifeln sie an der Zeit. Unsere Vorfahren errichteten in ihrem Aufbegehren gegen die Zeit einige der eindrucksvollsten Bauwerke überhaupt. Die Pyramiden und die Kathedralen entstanden aus dem Versuch und dem Wunsch heraus, die Zeit zu überwinden, die Steinkreise von Stonehenge und der Sonnentempel von Machu Picchu als Versuche, sie zu erforschen. Heute führen wir den Kampf mit elektronischen Terminplanern und Uhren. Was aber ist Zeit? Und wie kommen wir überhaupt zu dem Erlebnis, dass sie verfließt? Offenbar sind unsere Vorstellungen von Zeit und Raum grundlegend falsch. Einstein verglich Zeit und Raum mit einer pulsierenden Qualle – ein bewegliches,

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gleichförmiges Gallert, in das wir und das ganze Universum eingebacken sind. Nach der Quantenphysik dagegen gibt es nichts Gleichförmiges: Alles in der Natur setzt sich aus kleinsten Teilchen zusammen, den Quanten. Wenn es so ist, müssen auch Zeit und Raum aus kleinsten Einheiten bestehen. Die Zeit ist kein gleichmäßiger Fluss, sondern macht Sprünge. Wenigen Menschen ist bewusst, wie sehr Vorstellungen aus der Physik ihr Zeiterleben bestimmen. Alle Welt fühlt sich heute von Uhren und Kalendern gehetzt. Dabei ist die Idee, dass es so etwas geben könnte wie eine für alle Menschen und das ganze Universum verbindliche Zeit, eine Fiktion. Der Physiker Isaac Newton hat sich vor dreihundert Jahren die „absolute, wahre und mathematische Zeit“ ausgedacht – weil er damit seine Gleichungen vereinfachen konnte. Heute gehen wir sogar im Alltag davon aus, dass es eine absolute Zeit gibt: So sehr haben wir uns an Newtons Gedanken gewöhnt. Wo keine Ereignisse, da keine Zeit: So dachten die griechischen Philosophen, so dachte noch Kepler, so denken fast alle außereuropäischen Kulturen noch heute.

Reisetipp: Das kleine, mit viel Liebe eingerichtete Uhrenmuseum von Juwelier Lorenz ist das einzige seiner Art in Berlin und befindet sich in einem mittelalterlich anmutenden Kellergewölbe unterhalb der Lorenz-Geschäftsräume in der Rheinstraße. Die chronologisch aufgebaute Ausstellung zeigt 3.000 Jahre Geschichte der Zeitmessung. So ist etwa diese Sonnenuhr aus vorchristlicher Zeit zu sehen. Die Reise geht weiter über mittelalterliche Räderuhren, innovative Taschenuhren der Neuzeit bis hin zu hochtechnischen Exemplaren der Jetztzeit. juwelier-lorenz.de/ueberlorenz/uhrenmuseum/

Und dann kam Einstein: Wie die Zeit vergeht, hängt nach der Relativitätstheorie davon ab, wo wir uns befinden und wie wir uns bewegen. Wenn ich auf einen hohen Berg steige, erfahre ich dort weniger Gravitation als am Boden – und altere schneller. Und wenn ich einmal um die Welt fliege, altere ich langsamer als meine Freunde, die zu Hause bleiben. Der Unterschied lässt sich sogar messen. Okay, in milliardstel Sekunden. Für den richtigen Umgang mit Zeit hilft uns das Philosophieren nicht weiter. Kommen wir ganz pragmatisch zurück auf das Hier und Jetzt. Wie gehen wir mit unserer Zeit um? Unsere Uhren und Kalender geben den Rhythmus vor, nach dem wir zu funktionieren haben. Ganz praktisch teilen wir unsere Zeit ein in Arbeits- und Freizeit. Wir haben uns Gesetze geschaffen, um ein Ausufern der Arbeitszeit zu vermeiden. Darin haben wir es uns im letzten Jahrhundert gemütlich gemacht. Der Wunsch nach einer ausgewogenen „Work-Life-Balance“ unterstreicht das gesellschaftliche Denken.

Der Begriff Quantenphysik fasst alle Phänomene und Effekte zusammen, die darauf beruhen, dass bestimmte Größen nicht jeden beliebigen Wert annehmen können, sondern nur feste diskrete Werte.

Sir Isaac Newton war ein englischer Naturforscher und Verwaltungsbeamter. In der Sprache seiner Zeit, die zwischen natürlicher Theologie, Naturwissenschaften, Alchemie und Philosophie noch nicht scharf trennte, wurde Newton als Philosoph bezeichnet.


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Feature

Daniel Kinat, 40, ist einer der wenigen in Europa, die zu Beginn bei Google und Apple tätig waren. Gestartet in Kreativagenturen, begann er als einer der ersten 30 Mitarbeiter bei Google in Hamburg, baute dort den Entertainment-Bereich auf und war einer der ersten, der für Youtube durch die Lande zog. 2007 wurde er von Apple iTunes abgeworben und verantwortete das Marketing in DACH. Nach den großen Corporates zog es ihn in unterschiedliche Start-ups, in denen er in verschiedenen Funktionen bis hin zum Geschäftsführer arbeitet. newtubes.de videobuster.de

Smartphones und das Internet der Dinge verändern aber gerade unsere Lebens- und Arbeitsrealität. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Manche finden das gut, andere nicht. Sicher ist, dass diese Entwicklung weitergeht. Die starren Arbeitszeitgesetze passten nun nicht mehr, argumentieren Wirtschaftsvertreter. Die Beschäftigten arbeiteten mit Smartphone und Tablet, aber das Arbeitszeitkorsett stamme noch aus den Zeiten von Fax und Wählscheibe. Digitalisierung biete die große Chance, Arbeitsprozesse und -bedingungen zu flexibilisieren – für Beschäftigte ebenso wie für Arbeitgeber. Kehren wir also zurück in die vorindustrielle Zeit und zu der „Freiheit“, unsere Zeiten am Tage so einzuteilen, wie es am besten unserem Rhythmus und unserem Tagesablauf passt? Schafft uns die Digitalisierung nicht genau jetzt die Basis für eine Work-Life-Balance, die sich alle wünschen? Oder sind wir durch das gesetzliche Arbeitszeitkorsett derart verzogen, dass wir kulturell mit der neuen Freiheit nicht umgehen können? Einen „modernen“ Umgang mit Zeit erkennen wir, wenn wir ins Silicon Valley schauen. Unternehmen wie Apple, Google und Facebook geben viel Geld aus, um die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit aufzuweichen. Beste Köche in den Kantinen, umfangreiche Freizeit- und Fitnessangebote auf dem Firmengelände und vieles mehr machen den Arbeitsort zum Lebensmittelpunkt vieler Angestellter. Das Geben und Nehmen kann aber natürlich auch zur freiwilligen Selbstausbeutung führen – und am Ende arbeiten die Angestellten so viel, dass sie außer der Arbeit nichts anderes mehr kennen. Daniel Kinat, einer der Wegbereiter von Google und Apple in Deutschland, kennt das Phänomen Arbeit als Glücksdroge: „Überall im Silicon Valley gibt es Leute, die auf einen Burn-out zusteuern. Das war seinerzeit in Deutschland nicht anders. Das hat Google erkannt und den Mitarbeitern ermöglicht, einen Gang zurückzuschalten und sich um sich selbst zu kümmern. Wenn Kollegen zum Beispiel ihren Urlaub nicht voll nehmen, dann werden sie erinnert, das nachzuholen. Der Punkt bei Google ist: Es macht einfach so viel Spaß, und kein Tag ist wie der andere, dass du’s eigentlich gar nicht merkst. Da wurde aus einer 40-Stunden-Woche oftmals ein 60- oder 70-Stunden-Woche. Es war schöner positiver Stress.“

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Heute kümmert sich Daniel Kinat um Start-ups – in unterschiedlichen Rollen bis hin zum Geschäftsführer. Als Vater von zwei Kindern hat er inzwischen einen anderen Umgang mit seiner Zeit gefunden: „Ich passe mich den Rhythmen meiner Kinder an. Es gibt in der Woche Familientage und mindestens einen Vormittag für meine Fitness. Und dann gibt es wieder lange Tage für Projekte.“ Jeder von uns habe von Geburt an seinen eigenen Tagesrhythmus. „Wenn ich mir meine Kinder anschaue, stelle ich fest, dass sie jeden Tag bei gleichen Ritualen gleiche Rhythmen leben. Was passiert, wenn zum Beispiel die Grundbedürfnisse Essen und Schlafen aus dem Zeit-Takt geraten? Wenn mein Jüngster mal zu spät ins Bett kommt? Ich glaube, die Auswirkungen kennen alle Eltern. Kinder haben keinen Reset-Knopf.“ Daniel Kinat lacht und legt sich fest: „Durch unsere Erziehung haben wir alle unser Handwerkzeug erhalten, mit der persönlichen Zeit richtig umgehen zu können. Wir dürfen uns die Werkzeuge aber nicht aus der Hand nehmen lassen. Oder glauben, jedes neue Tool, jede neue App, die sich mit Projektsteuerung oder Terminplanung beschäftigen, seien Heilsbringer. Die meisten sind schon nach kurzer Zeit wieder von meinem Smartphone verschwunden.“ Nicht jeder hat die Möglichkeiten wie Kinat, sich seine Tage so einzuteilen, dass es dem eigenen Rhythmus und dem der Familie gerecht wird. Gerade im produzierenden Gewerbe gibt die Arbeit den Takt vor. Doch im Zuge der Digitalisierung verändert sich das Arbeiten in den nächsten Jahrzehnten enorm. Ganze Berufszweige verschwinden von der Bildfläche, Roboter übernehmen Schichtdienste und neue Aufgaben suchen neue Protagonisten. Der Wandel auf dem Arbeitsmarkt hat unweigerlich auch einen Wandel unseres Umgangs mit der Zeit zur Folge. Die westlich orientierte Gesellschaft wird lernen müssen, mit neuen Freiheiten umzugehen. Vielleicht gelingt es den nächsten Generationen, ihre Ressource Zeit besser mit ihren Lebensrhythmen zu synchronisieren. Und vielleicht hilft dabei ein Blick nach Indien – lassen wir die Zeit stillstehen: Nur die Gegenwart zählt! D

Dieter Delecate – in der Szene auch Mister Tutima genannt – hat die Marke Tutima über Jahrzehnte neu aufgebaut. „Die 1927 in Glashütte gegründete Uhrenmarke war nach Ende des Zweiten Weltkriegs im VEB Glashütter Uhrenbetriebe aufgegangen und hatte so aufgehört, als eigenständige Marke zu existieren. (...) Delecate hat eine ganze Reihe für die Uhrenindustrie einschneidender Ereignisse miterlebt und mitgestaltet. (...) Er gehörte zu den Pionieren der Mechanikrenaissance. Und 1990, kurz nach dem Fall der Berliner Mauer, war er einer der ersten westdeutschen Uhrenhersteller, die sich auf den Weg nach Glashütte machten. (...) Am 12. Mai 2011 eröffnete Delecate offiziell das neue Tutima-Manufakturgebäude in Glashütte.“ (WATCHTIME, IM DEZ. 2017) www.tutima.com

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5 Fragen – 5 Antworten

#02 | 19 | Passion

Ich lebe meinen Traum 5 Fragen – 5 Antworten – Dieter Delecate

Platon verortete vor über 2.000 Jahren die Existenz der Zeit im „Reich der Ideen“. Kirchenvater Augustinus hat einmal gesagt: „Was ist also Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.“ Wie würden Sie, Herr Delecate, als Spezialist für Zeitmessung diese Frage beantworten? Da halte ich es kurz – mit Dr. Ernst Kurtz, dem Begründer von Tutima im Jahr 1927: „Die Zeit ist unser wertvollstes Gut, man sollte sie mit Uhren messen, die ihrer würdig sind.” Wie kommt es zustande, dass Zeit so unterschiedlich wahrgenommen wird? Was nützt da die exakteste Messung, wenn die gefühlte Zeit der wahren Zeit nicht standhält? Unsere Uhren messen die Zeit exakt und zuverlässig, dafür steht Tutima. Aber für uns und unsere Kunden geht es um viel mehr als nur darum, zu wissen, wie spät es gerade ist. Der Blick aufs Zifferblatt einer Tutima ist immer ein emotionales Erlebnis und vereint damit – bildlich gesprochen – die gefühlte und die tatsächliche Zeit. Aber noch mal faktisch: Der Tag hat 24 Stunden, sagen wir. Allerdings war uns der Mond vor 1,4 Milliarden Jahren deutlich näher, der Tag war damit kürzer, er dauerte damals nur 18 Stunden und 41 Minuten. Irritiert Sie das? Als Familienunternehmen denken wir zwar in Generationen, aber 1,4 Milliarden Jahre sind auch nach unserem Zeitverständnis kein Wimpernschlag. Wenn der Tag 18 Stunden und 41 Minuten hätte, würden wir ganz pragmatisch

unsere Uhren einfach umbauen – von 60 auf etwa 47 Minuten pro Stunde. watchtime schrieb im letzten Jahr, dass Ihre Uhrenmarke Tutima vor allem für robuste, sportliche Uhren mit einer typisch deutschen DNA steht. Was heißt das genau? Bei Tutima ist die Herkunft Teil des Markenkerns: 1927 geht Dr. Ernst Kurtz im sächsischen Glashütte mit der ersten Armbanduhren-Fertigung Deutschlands in Serie. Nach der Wiedervereinigung sind wir 2008 zu den Wurzeln der Marke zurückgekehrt und produzieren seitdem in der eigenen Manufaktur wieder Uhren „made in Glashütte“. Die sportlich-robusten Modelle haben dabei einen besonderen Stellenwert in der Kollektion, etwa die M2 Pioneer als Nachfolger des Tutima NATO Chronographen aus den 1980er-Jahren. Welche Pläne haben Sie? Gibt es einen Traum, den Sie sich noch erfüllen wollen? Meinen Traum lebe ich bereits, seit Tutima Teil unserer Familie geworden ist. Ich arbeite daran, die Marke weiter zu stärken und erfolgreich mit der nächsten Generation in die Zukunft zu führen. Konkrete uhrmacherische Projekte kann ich Ihnen nicht verraten, aber mit der gefeierten Tempostopp – einem der seltenen Flyback-Kaliber aus deutscher Fertigung – haben wir gezeigt, dass Tutima immer für eine Überraschung gut ist. D

Die M2 Pioneer mit Kevlarband ist ein Modell aus der Linie M2, Tutimas Neuinterpretation des BundeswehrChronographen mit Kaliber T521. Heute gibt es von Tutima vier Kollektionen „made in Glashütte“, alle mit Werken, die entweder komplett in der Manufaktur entstanden oder dort modifiziert wurden.

Die Tutima Tempostopp mit dem Manufakturkaliber T659 ist ein Chronograph mit Flyback-Funktion im Gehäuse aus 18 Karat Gold.


Passion | #02 | 19

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Kunst

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Kunst

#02 | 19 | Passion

Jub Mönster

„ALLEIN DAS MATERIAL!“ Im Grunde scheinen es ganz alltägliche Motive und Situationen zu sein, mit denen uns Jub Mönster in seinen Gemälden konfrontiert. Allerdings kommen dem Betrachter, der die Szenarien oft aus einem halb-himmlischen Blickwinkel verfolgt, rasch Zweifel an der Wahrhaftigkeit dieser Darstellungen. Wohin sind sie unterwegs, haben sie ein Ziel? Ausgangspunkt seiner Zeichnungen mit dem Kugelschreiber sind Fotovorlagen, die durch stockfleckenähnliche Abschleifungen eher wie alte Erinnerungen erscheinen und deren Stimmungen vielfach an den „Film Noir” oder Stills der „Nouvelle Vague” erinnern. Sein Werk ist von imponierender Vielseitigkeit: „Allein das Material!”, hat sich der große Cartoonist Hans Traxler einmal bewundernd geäußert. „Aquarell auf Schiefer, Kugelschreiber auf Resopal! Sind Sie ein Masochist, Herr Mönster? Und wie wollen Sie das noch steigern? Buntstift auf Götterspeise, Sepia auf Ponys?“ In Oldenburg geboren, zieht es Jub Mönster – nach Beendigung seiner Ausbildung zum Bankkaufmann – 1970 an die Hochschule für Gestaltung in Bremen, wo er Bildhauerei, Film und Malerei studiert. Mehr als 60 Einzelausstellungen und rund 100 Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland, zahlreiche Buchveröffentlichungen und mehr als 50 großformatige Wandmalereien sind seitdem entstanden. Jub Mönster erhielt für seine künstlerische Arbeit Stipendien – ihm wurden mehrfach Preise in diversen Wettbewerben zuerkannt. 2016 wurde er in den exklusiven Deutschen Künstlerbund aufgenommen.

Ben Becker

Thomas Ruff

Franz Gertsch

Ilya Kabakow

A. R. Penck

Gottfried John

Heino Ferch

Lou Reed

David Hockney


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Kunst

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Kunst

Der Begriff der Dynamik kommt aus dem Griechischen und bedeutet Kraft. In der Musik versteht man darunter die Differenzierung von Tonstärke. Rhythmische Umsetzung von Geschichten – spielt das in Ihrem bildnerischen Werk eine Rolle, Herr Mönster? Natürlich! Gerade bei der Entstehung der Kugelschreiberzeichnungen, den verschiedenen Strichstärken und Tintenlagen ist dies von grundlegender Bedeutung. Überraschenderweise gibt es scheinbar einen meinem Wesen und Handgelenk angenehmen Rhythmus des Strichelns und Krakelns, der gleichbleibend schonend und beruhigend wirkt,

und der es mir ermöglicht, diese doch sehr aufwendigen Zeichnungen mit relativer Gelassenheit zu einem Ende zu bringen. Auch in der Malerei spielt die Dynamik gerade im Hinblick auf die unterschiedlichen Bildhintergründe und den jeweiligen, andersartigen Maltechniken eine Rolle – dies sowohl abhängig von den diversen Farbzusammensetzungen bzw. -sorten und den Möglichkeiten wirkungsdifferenzierter Farbaufträge. Der Journalist und Literaturkritiker Dr. Uwe Wittstock hat einmal gesagt: „Weshalb eine Musik, die ursprünglich nach Sonnenuntergang gespielt und gesungen wurde, den Namen Blues erhielt, leuchtet beim Betrachten dieser Bilder Mönsters unmittelbar ein.” Ist Musik Ihr Thema? Ja, unbedingt! Wie bei vielen Malern! Viele meiner Kolleginnen und Kollegen beherrschen ein Instrument und blicken auf frühere öffentliche Auftritte zurück. Ich selbst war Sänger einer Beatband und habe viel Zeit in Jazzklubs verbracht. Ich glaube, ich habe niemals eine

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Arbeit ohne „musikalische Begleitung” gefertigt und irgendwie hat der jeweilige Rhythmus immer wieder seinen Weg auf die Leinwand gefunden. Nicht umsonst wird in der Malerei von Farbklängen, Rhythmen und Harmonien gesprochen. Ohne Chet Baker, Miles Davis, Charles Mingus oder Christian Scott verlässt kein Werk mein Atelier. Sie werden dieses Jahr 70. Ihr Schaffen ist ungebrochen vielschichtig. Was sind Ihre nächsten Pläne? Gesund bleiben und die Augen offen halten! Nach all den Jahren und mit einigermaßen geschultem Blick kann ich mich diebisch freuen, mich nicht mehr zu langweilen. Es gibt noch viel zu tun! Im Frühjahr wird es eine Einzelausstellung im Kunstverein Eschwege geben, gefolgt von einem weiteren Solo in der Galerie Schemm in Münster und von einer Vernissage in Graz, Österreich, im Haus der Kunst zum Jahresende. Zurzeit bin ich in sechs Gruppenausstellungen in der Bundesrepublik vertreten und bereite gerade meinen bildnerischen Beitrag für die geplante Themenausstellung „Wider das Böse” vor, die ab 2020 in mehreren Städten Deutschlands gezeigt werden wird. Gleichzeitig möchte ich noch mehr Zeit finden, Kolleginnen und Kollegen in ihren Ateliers zu besuchen – etwas Wunderbares, Einzigartiges, etwas, das mich sehr stark berührt, völlig unabhängig vom Bekanntheitsgrad des Artisten. D www.jubmoenster.de www.facebook.com/jub.monster

Kunsthistoriker Dr. Jürgen Schilling 2016 anlässlich der Ausstellungseröffnung von Jub Mönster im Kunstverein Potsdam: „Jub Mönster gelingt es bravourös, die negative Einschätzung, welche Walter Koschinsky in seinem Standardwerk über die Zeichnung in Hinblick auf den Gebrauch des Kugelschreibers als Zeicheninstrument formuliert, zu widerlegen ‚Zeichnungen mit Kugelschreiber (wiesen) einen durchwegs toten Strichcharakter auf. Und alle Künstler, die ursprünglich rasch nach der neuen Erfindung gegriffen hatten, sind längst wieder zu den alten Zeichenfedern zurückgekehrt’. Jub Mönster sah dazu keine Veranlassung. Denn er kann einfach zeichnen und malen sowieso.“


Passion | #02 | 19

Medizin

Wenn das Herz aus dem Takt gerät Ein Gespräch mit Dr. Michelle Ortak

Neben den biologischen Rhythmen, die weitestgehend einer inneren Uhr folgen, sind viele andere Rhythmen willkürlich: Der Wechsel von Ruhe und Aktivität, der Wechsel von Kontakt und Rückzug, Nahrungsaufnahme, Schlafenszeiten etc. Manche Menschen singen, musizieren, tanzen, üben rhythmische Sportarten, rezitieren Gedichte, meditieren oder pflegen andere Rituale.

Dr. Michelle Ortak, 43, gebürtige Hamburgerin, Studium der Humanmedizin am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, im Anschluss Facharztausbildung zur Internistin und Kardiologin am Universitären Herzzentrum Hamburg. Niedergelassene Kardiologin in Elmshorn. www.kardiologie-ortak.de

Wie sehr der Mensch nun aber in der Lage ist, diese willkürlichen Rhythmen – oder oft Unrhythmen – mit den inneren festgelegten Rhythmen in Einklang zu bringen oder trotz Unrhythmus der Lebensbedingungen die inneren Rhythmen aufrechtzuerhalten, oder ob die Stressoren des Lebens dieses fragile System der Rhythmen stören oder zerstören – das alles ist eine der wichtigsten Fragen, die über Gesundheit und Krankheit entscheiden. Wir haben uns mit der Internistin und Kardiologin Dr. Michelle Ortak zusammengesetzt, um über die Rhythmen des Organismus zu sprechen. Frau Dr. Ortak, man sagt, Rhythmen sind Ordnungssysteme des Organismus, die Basis unseres Lebens. Hirngrundaktivität, Nervenaktivität, Flimmerepithelrhythmus, Darmperistaltik, elektrische Widerstandsschwankungen in der Haut, Verdauungsrhythmen, die Rhythmen jedes Organs, die vielen

hormonellen Rhythmen, Schlaf-Wach-Rhythmus, um nur wenige zu nennen. Greift da der Begriff Rhythmologie – also die Lehre von der elektrischen Erregung und der dadurch gesteuerten Pumpfunktion des Herzens – nicht zu kurz? Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich so. Meine Sichtweise als Internistin und insbesondere Kardiologin ist da natürlich eine etwas andere. Da sich im Leben und insbesondere im Organismus viele Dinge im Rhythmus befinden, erscheint die Rhythmologie des Herzens auf den ersten Blick ein kleiner Bereich zu sein, obwohl alle Funktionen im Körper in einem Regelkreis arbeiten und hierbei auch der Begriff Rhythmologie zutrifft. Jedoch erscheint die Rhythmik des Herzens am bedeutungsvollsten, da das Organ Herz doch unmittelbar mit dem Leben und somit dem Weiterleben gleichgesetzt wird. Eine akute Störung der Herzaktion, zum Beispiel beim Myokardinfarkt, kann maligne, also bösartige Rhythmusstörungen wie Kammerflattern und Kammerflimmern auslösen und unter Umständen zum unmittelbaren Tode führen. Daher erscheint es auch vielen Menschen als sehr bedrohlich, wenn sie Rhythmusstörungen im Bereich des Herzens verspüren. Es gibt jedoch auch viele „gutartige“ Formen von Herzrhythmusstörungen, die nicht lebenseinschränkend sind. Die Patienten hierüber aufzuklären und vielen die Angst zu nehmen, ist auch ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Ich habe kürzlich gelesen, dass in einer über 20 Jahre laufenden Studie in Italien eine gleichbleibende Gruppe von Nonnen in einem Kloster regelmäßig untersucht wurde. Gleichzeitig wurden auch Frauen

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Maschinen

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Der Herzschlag der Maschinen außerhalb des Klosters über denselben Zeitraum regelmäßigen Untersuchungen unterzogen. Der Unterschied war im Wesentlichen der, dass die Nonnen im Kloster einen strengen und gleichbleibenden Rhythmus lebten. Jeden Tag zur selben Zeit aufstehen, die Mahlzeiten, die Arbeits- und Kontemplationszeiten waren immer dieselben, die Wochen glichen sich. Außerhalb des Klosters herrschten diese Rhythmen nicht vor, und nur wenigen mag es gelungen sein, bei den wechselvollen Ansprüchen des Alltages einen eigenen und stabilen Rhythmus mit vergleichbar starken Ritualen zu leben. Das herausragende Ergebnis war der kontinuierliche Anstieg des Blutdruckes bei den Frauen außerhalb des Klosters, während der Blutdruck bei den Nonnen über die 20 Jahre konstant im Normbereich verblieb. Können Sie die Ergebnisse Ihren Erfahrungen nach bestätigen? Das Resultat ist für mich nicht verwunderlich, da ich tagtäglich Patienten sehe, die Blutdruckprobleme haben – meistens ausgelöst auch durch enorme Stressbelastungen im Alltag, seien es familiäre Gründe oder, noch häufiger, durch den Beruf. Besonders sind hier Menschen gefährdet, die im Schichtdienst arbeiten und einen unregelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus durchleben. Durch die kontinuierliche Ausschüttung von Stresshormonen entgegen dem inneren zirkadianen Rhythmus im Körper reagiert das Kreislaufsystem durch eine dauerhafte Verengung der Gefäße, sodass ein erhöhter Blutdruck auch irgendwann manifest, also chronisch werden kann. Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, können in jungen Jahren diese Stressbelastungen auf den Körper gut kompensieren. Jedoch brechen die Kompensationsmechanismen mit zunehmendem Lebensalter zusammen, insbesondere wenn durch Alterungsprozesse die Gefäßelastizität nachlässt und die Gefäße starrer werden. Aber nicht nur der SchlafWach-Rhythmus, sondern auch falsche Essgewohnheiten mit der Ausbildung von Übergewicht tragen sehr stark zur Entwicklung eines Bluthochdrucks bei. Daher ist die wichtigste und erste Therapiemaßnahme ein „Lifestyle Change“. Durch die veränderten Rhythmuseinflüsse sind also unsere Lebensrhythmen nicht mehr im selben Sinne stabil wie noch im 19. Jahrhundert. Heißt das, dass unser heutiges hektisch ungeordnetes Leben „Taktgeberinnen“ wie Sie erst nötig gemacht hat? Ich sehe mich nicht als Taktgeberin, sondern kläre – wie alle meine Kollegen – die Menschen über ihren Gesundheitsstatus auf. Vielen Menschen ist tatsächlich nicht klar, warum es bei ihnen zu einer gravierenden Herzerkrankung gekommen ist. Viele realisieren auch nicht, dass sie alle Risikofaktoren innehaben, die gefäßschädigend wirken, und ändern erst ihren Lebensstil, wenn sie ein einschneidendes Ereignis wie einen Herzinfarkt erleiden. Viele wissen leider auch erst hiernach ihren Körper und ihre Gesundheit zu schätzen. Wichtig ist mir in der Behandlung meiner Patienten, diese über den Istzustand ihres kardiovaskulären Status oder über ihre Erkrankung aufzuklären und geeignete Therapiemaßnahmen in Abhängigkeit vom Befund individuell zu empfehlen.

Wie sieht es in der Forschung aus? Können Patienten in der Kardiologie mit neuen Behandlungsmethoden oder medizintechnischen Hilfsmitteln wie ultramodernen Schrittmachern rechnen? In der Kardiologie können wir – und das tun wir auch schon seit vielen Jahren erfolgreich – einen unregelmäßigen Rhythmus wie zum Beispiel Vorhofflimmern mit einer Ablationstherapie behandeln. Hierbei werden mittels Hochfrequenzstrom – also Hitze – oder Kryotherapie – Kälte – elektrisch aktive Herzmuskelbereiche stillgelegt und so elektrische Ströme sozusagen wieder in die richtige Bahn gelenkt. Im Bereich der Schrittmachertherapie, also bei Patienten, bei denen ein sehr langsamer Herzrhythmus vorliegt, können wir durch die Implantation eines Schrittmachers den normalen Rhythmus des Herzens wiederherstellen. Mittlerweile wird in Deutschland seit 2015 sogar ein „Mini“-Schrittmacher über eine Vene in der Leiste im Herzen implantiert. Dieser Schrittmacher kommt ganz und gar ohne Elektroden aus. Durch die direkte Implantation des Herzschrittmachers in den Herzmuskel kann eine

unschöne Wunde im Bereich der Brust, wo normalerweise das Schrittmacheraggregat sitzt, vermieden werden. Die Forschung ist ja insbesondere in der Medizin unaufhaltsam und so schnell in der Entwicklung, dass sicherlich in naher Zukunft noch weitere innovative Therapien zur Verfügung stehen werden. Und welche vorbeugenden Maßnahmen empfehlen Sie als Medizinerin? Da in der heutigen Zeit ein stresserzeugender Lebensstil die Hauptursache von Bluthochdruck ist und Bluthochdruck den Rhythmus des Herzens unter Umständen aus dem Takt geraten lässt, ist ein sehr guter Therapieansatz, den Stress durch regelmäßige sportliche Aktivität zu bewältigen, da hierdurch Stresshormone sehr gut abgebaut werden können und eine gute Kreislaufregulation stattfinden kann. Ein guter Nebeneffekt ist dabei die Fett- und Zuckerverbrennung und somit die Gewichtsreduktion. Viele Menschen bewegen sich zu wenig und können den „inneren Schweinehund“ abends nach der Arbeit nicht besiegen. Was kann man dazu sagen? Es ist und bleibt die Selbstdisziplin als Antrieb zum gesünderen Leben. Frau Dr. Ortak, vielen Dank für das Gespräch. D

Frequenzen aus dem Drucksaal Wer die Werkshallen von BerlinDruck betritt, bekommt es mit einem Wirrwarr an unterschiedlichen Rhythmen zu tun. Alle Maschinen haben ihren eigenen Herzschlag, es schiebt und klopft, hämmert und zischt. Je neuer die Maschinen, desto schneller die Frequenzen. War es früher ein Slowfox, so bekommen wir heute Technorhythmen präsentiert. Unsere Heidelberg Speedmaster XL 106 zum Beispiel bedruckt 18.000 Bogen pro Stunde, das sind fünf Bogen pro Sekunde und 16.000 Bogen pro Stunde mehr als bei dem schon in die Jahre gekommenen Heidelberg Zwei-Farb-Zylinder aus dem Jahre 1965. Der Heiderberg Tiegel schaffte seinerzeit nur 1.000 Bogen in derselben Zeit. Was heute zählt, ist eben Geschwindigkeit, die allerdings nicht zulasten der Qualität gehen darf. In der Weiterverarbeitung/Buchbinderei zählt auch eine immer höhere Taktzahl.

Auf der Londoner Weltausstellung von 1851 wurde die erste Falzmaschine des Erfinders Black vorgestellt. Die Konstruktion bestand noch aus Holzteilen und war nur für zwei Brüche eingerichtet, stündlich falzte sie annähernd 1.000 Bogen. Die bewährte Stahlfolder®-BH/ CH-Falzmaschine von Heidelberg überzeugt durch hohe Zuverlässigkeit, stabile Produktivität und verlässliche Falzqualität. Ihr Rhythmus ist im Vergleich zur Maschine von Black um einiges schneller: 7.000 bis 9.000 Bogen pro Stunde!

Mit einem Sammelhefter werden die vom Offsetdruck oder von einer Falzmaschine angelieferten einzelnen Falzbogen mit ca. 10.000 Takten pro Stunde weiterverarbeitet und als Endprodukt Hefte, Broschüren und Magazine hergestellt. Heidelberg hat den Sammelhefter Stitchmaster ST 450 auf der Ipex 2006 vorgestellt. Mit einer Leistung von bis zu 14.000 Takten pro Stunde verarbeitet der Sammelhefter unbeschnittene Papierformate. Die Sammelhefttrommel Uni-Drum 350 des Herstellers Ferag belegt mit einer maximalen Leistung von 40.000 Exemplaren pro Stunde den ersten Platz. Am Ende zählt eben doch: Zeit ist Geld!


Passion | #02 | 19

Marke

Markena rbei mit Soun t d

Tonmeister Ersson

DER TON MACHT DIE MARKE Fotografie: Michael Jungblut

Eine konsistente Corporate Identity (CI) ist für Unternehmen Erfolgsfaktor Nummer eins. Damit aber eine CI glaubwürdig ist, bedarf es einer einheitlichen Außendarstellung. Nicht nur der Look – das Corporate Design – und die Produkte oder die Dienstleistungen müssen überzeugen. Unser Gehirn nimmt eine Marke erst dann als ganzheitlich überzeugend wahr, wenn es auf mehreren Bewusstseinsebenen angesprochen wird, wenn wir die Markenbotschaft mit mehreren Sinnen erleben. Wir verknüpfen die einzelnen Sinneseindrücke zu einem Bedeutungsmuster. Wir erhalten ein vollständiges, multisensorisches Bild. Vor diesem Hintergrund ist Sound Branding für die Markenwahrnehmung immens wichtig.

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Marke

Früher ging man davon aus, dass Einsicht und bewusste Überzeugung unser Verhalten bestimmen. Spezialisten des Neuromarketings wissen heute, dass die unbewussten, also impliziten Ziele der Menschen die wahren Kauftreiber sind. Wie Olaf Hartmann in seinem Buch Touch! schreibt: „Explizit verkaufen ist out, implizit kaufen lassen ist in. Drei grundlegende Erkenntnisse leiteten die Trendwende im Marketing ein und veränderten die Sicht auf die Wahrnehmung des kaufenden Menschen: 1. Es gibt keine Qualität außer die wahrgenommene. 2. Der Bauch entscheidet, der Kopf rechtfertigt. 3. Der große Erfolg steckt in den kleinen Details.“

#02 | 19 | Passion

Zu Besuch bei bunch in Berlin-Charlottenburg

Wenn man Andreas Ersson, Tonmeister bei bunch sound in Berlin, auf die sogenannten kleinen Details anspricht, fällt seine Antwort etwas länger aus,

als erwartet: „Die Vorstellungen von Sound-Design beschränken sich oft nur auf den Bereich Musik. Oder aber auf ein spezielles Audiologo.“ Ein Audiologo sei eine kurze Melodie oder Klangabfolge. Bekannte Beispiele für Audiologos, die heute von jedem Kunden mit einer Marke assoziiert werden, seien Audi oder auch die Deutsche Telekom. Bei der Telekom bestünde dieses einprägsame Soundlogo aus fünf aufeinanderfolgenden „Ding“-Tönen. Ersson weiter: „Eine Marke aber hat eine Sound-DNA, die mehr Details berücksichtigt, die bestenfalls aus den drei Elementen Sprache, Sound FX – das meint Geräusche und Atmosphäre – und Musik besteht. Die Sprachebene ist die explizite Informationsebene, mit Sound FX holt man die Szenerie des Films in eine Realität und die musikalische Ebene

SMART – Sound-Design für Smart TVC „Sweater”, Agentur: BBDO Berlin, Filmproduktion: Mutter & Vater. vimeo.com/314737135


Passion | #02 | 19

Marke

transportiert Emotion.“ Die professionelle Bearbeitung aller Details mache am Ende den Unterschied. Die Wahl des „richtigen Sprechers“ und die detailverliebt produzierte Sound-Atmosphäre sind von größter Bedeutung und mit größter Energie – und dem passgenauen Budget – zu realisieren.

Shell – Sound-Design für Shell ClubSmart TVC, Agentur [M]Studio/Mediacom, Filmproduktion: Truemates vimeo.com/314727429

Beispiele seiner Arbeit zeigen, was Ersson meint. Der Werbespot für Shell beeindruckt mit sattem Sound, treibendem Rhythmus, bester Stimme und am Ende auch der passenden Musik für eine eher jüngere Zielgruppe. Der YAPITAL-Erklärfilm – auch visuell aus dem Hause bunch – zeigt sehr deutlich, wie die drei Sound-Elemente aus einer virtuellen Welt etwas real Erspürbares machen. Die Filme zeigen eindrucksvoll, wie sehr Sound Branding zu einer Markenidentität beitragen kann. Obwohl es den meisten Kunden gar nicht bewusst ist, beeinflussen solch akustische Marken-DNAs ganz erheblich die Wahrnehmung einer Marke.

Andreas Ersson, 40, ist schwedischer Tonmeister – in Hamburg aufgewachsen. „Beavis“ hat mit seinen Sounddesigns zahllose nationale und internationale Preise (ADC-Nägel, Cannes Lions etc.) von der Bühne geholt. Heute leitet er den Sound- und Postproductionbereich in seiner Agentur bunch. Nebenbei ist er überdies erfolgreicher Sprecher. www.bunch-sound.com www.bunch-voices.com vimeo.com/201844919

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Ähnlich wie beim Corporate Design und visuellen Branding erfordert die Komposition einer solchen Sound-Identität ein großes Maß an Erfahrung und Kompetenz. Als studierter Sound Engineer hat Ersson jahrelang beim Radio und später in einem der führenden auf Werbe-Sound spezialisierten Tonstudios in Hamburg gearbeitet. Seit sieben Jahren führt Ersson als Tonmeister den Sound- und Postproductionbereich in seiner Agentur bunch in Berlin-Charlottenburg. Mit einem Pool von Komponisten, Sprechern und Filmleuten arbeitet er unter anderem für IKEA, Mercedes-Benz, Nivea, VW, Jack Wolfskin und Zurich. Während bei der Konzepterstellung eines visuellen Designs Kernelemente der Marke grafisch einfließen, ist die Frage nach dem Corporate Sound, also dem Klang einer Marke, weit abstrakter. „Es genügt nicht, eine Abfolge an Tönen à la Telekom zu kreieren und zu hoffen, dass der Kunde diese Abfolge im Laufe der Zeit mit dem Unternehmen in Verbindung bringt“, weiß Ersson. „Dazu braucht man neben dem Wissen und Können auch das richtige Equipment und einen perfekten Raum. Das macht man nicht mal eben vom Sofa aus." D

YAPITAL – 3D Erklärfilm aus dem Hause bunch. Alles per Handy bezahlen so einfach geht´s! vimeo.com/145856477

„Werbung muss Emotionen wecken, um erfolgreich zu sein, und welches Mittel wäre dazu besser geeignet als Sound?“, fragt Kundenberater Björn Gerlach. „Ein Bild, ein Klang, ein Duft und eine Form – je professioneller jeder einzelne Sinn bedient wird, desto größer ist die multisensuale Verstärkung der Markenbotschaft!“

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Prozesse

GUT ZUM DRUCK

Wie läuft‘s?

DER DRUCKPROZESS IN EINZELNEN SCHRITTEN Lieferanten beauftragen

Druckanfrage Angebot verschicken Lieferantenanfrage

Kundenberatung

Papier bestellen

Kapazitäten prüfen

Auftragsbestätigung

Druckdaten prüfen

DRUCKVORSTUFE

C M Y K

Proof erstellen Dummy erstellen

Imprimatur Druckplatten belichten

Daten

Proof

Druckfreigabe

Dummy

Druckbogen ausschießen

DRUCK

Veredeln

WEITERVERARBEITUNG

Zusammentragen, heften & binden Verpacken

Schneiden & falzen

Belegexemplare archivieren National International

€ VERSAND Ein- & auslagern

Rechnung

Just in time Wir bei BerlinDruck arbeiten nach unseren eigenen Rhythmen. Alles läuft Hand in Hand. Wir nennen das Auftragsmanagement. Es wird dafür gesorgt, dass Ihre angeforderten Drucksachen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zur Verfügung stehen.

VERWALTUNG

Job anlegen

START

#02 | 19 | Passion

FINALE

Nachbesprechung

Natürlich gibt es dafür die richtige Software für Druckereien. Sie unterstützt die typischen Produktions- und Geschäftsprozesse in Druckvorstufe, Druck und Weiterverarbeitung. Es werden alle Bereiche des Druckens berücksichtigt. Eine Druckereisoftware bildet die Kalkulation, das Auftragsmanagement, die Fakturierung und Nachkalkulation ab. Sie unterstützt unter anderem die Materialwirtschaft bis hin zur Produktionsplanung und -steuerung. In der Regel berücksichtigt die Software auch Schnittstellen für Dateiformate, die einen direkten Datenaustausch zwischen verschiedenen EDV-Systemen und den dahinterliegenden Produktionsanlagen ermöglichen. Für uns zählt aber mehr noch als der Einsatz einer professionellen Software der Mensch. Knapp 50 Kollegen bei BerlinDruck wissen genau, was sie tun – ob in der Verwaltung, in der Druckvorstufe, im Drucksaal oder in der Weiterverarbeitung. Hinzu kommt der enge Kontakt zu Ihnen, unseren Kunden. „Das oberste Ziel unseres Unternehmens ist es, eine langfristige und partnerschaftliche Beziehung zu unseren Kunden aufzubauen und ihnen erstklassige Produkte zu liefern. Wir begegnen unseren Kunden auf Augenhöhe und sind der Überzeugung, dass unser Erfolg von der Nähe zu unseren Kunden abhängt.“ So steht es in unserer Unternehmensmission. Unser Schaubild zeigt: Alles beginnt und endet mit einem Gespräch. Dabei reden wir mit Ihnen selten über Qualität. Denn die Basics wie Termintreue, Zuverlässigkeit und eben Qualität gelten nicht nur bei uns als gesetzt.


Passion | #02 | 19

Menschen bei BerlinDruck

Rhythmus im Blut

RIO DE JANEIRO 9.821 KM Fotografie: Michael Jungblut

Vor 70 Jahren verdrängte der Straßenkarneval der Samba-Schulen in Rio de Janeiro den bürgerlichen Karneval im Zentrum der Millionenmetropole. Die 44 Samba-Schulen Rios sind gut organisierte Vereine mit teilweise mehreren Tausend Mitgliedern, die die Vorbereitung, die Proben, aber auch soziale Aufgaben in ihrem jeweiligen Stadtteil übernehmen. Die ersten Samba-Schulen in Deutschland wurden in den späten 1970er-Jahren gegründet, seit den 1980er-Jahren gab es einen Boom. Hochburgen des deutschen Sambas sind Köln, Berlin, Hamburg, München und Bremen. Der Bremer Samba-Karneval wurde von der Schweizer Künstlerin Janine Jaeggi 1985 ins Leben gerufen und hat sich seitdem wesentlich weiterentwickelt. Am Samstag neun Tage vor Rosenmontag ziehen über 100 Samba-Gruppen durch die Stadt. Anke Klein und Katja Lindemann sind jedes Jahr dabei.

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Menschen bei BerlinDruck

#02 | 19 | Passion

Es ist ein unglaubliches Hochgefühl, wenn wir als Team perfekt „abliefern“.

Anke Klein mit Tamborim und Katja Lindemann an der hohen Surdo. Jede Woche wird geprobt. Das Erlernen der verschiedenen Instrumente erfordert sehr viel Geduld und Taktgefühl.

Anke Klein 51 Jahre In Wulmstorf bei Thedinghausen geboren, arbeitet Anke Klein seit 13 Jahren als ausgebildete Sekretärin am Empfang von BerlinDruck. Sie ist das erste Gesicht für jeden Besucher und die gute Seele für ihre KollegInnen.

Ein Thema beim Bremer Samba-Karneval vor einigen Jahren war Heimat.

Wie kam es dazu? Anke Klein liebt Festivals und Veranstaltungen, bei denen es musikalisch und rhythmisch so richtig zur Sache geht. So auch vor einigen Jahren auf einem Straßenfest. „Damals zog eine Samba-Truppe an uns vorbei. Ich war begeistert. Plötzlich kam ein Typ auf mich zu und gab mir seine Trommelsticks. Was sollte ich tun? Ein kleiner Schubs von meinem Mann: ‚Das wolltest du doch schon immer.‘ Dann habe ich den Spaß mitgemacht.“ Auf dem Weg nach Hause hat Klein den Mann wiedergetroffen: „Hast du das schon mal gemacht?“ – „Nein, ich kann das gar nicht!“ – „Du hast das gut gemacht. Komm doch mal vorbei. Dienstags proben wir mit der Truppe in Morsum.“ Der Mann, der sie ansprach, ist ihr heutiger Musiklehrer Christian Auer. „Und dann bin ich zur Probe gefahren.“ Seit sechseinhalb Jahren ist Anke Klein bei Banda Colorada nun schon dabei. Mit null Ahnung von Musik – wie sie selbst sagt – hat sie nach und nach gelernt, das Tamborim, die Agogo, eine brasilianische Doppelglocke, und die technisch anspruchsvolle Timba zu spielen. Das brauche viel Disziplin – und Geduld im persönlichen Umfeld. „Als ich mit der Agogo geübt habe, war mein Mann nicht zu Hause“, lacht Klein. Katja Lindemann, die zweite SambaSpielerin bei BerlinDruck, war immer Fan vom Samba-Karneval in Bremen. So wurde sie kurzerhand von Frau Klein angeheuert und ist inzwischen auch schon fünf Jahre dabei. Lindemann spielt von Anfang an die hohe Surdo, die das Fundament einer Trommeltruppe bildet. Surdo ist Portugiesisch und bedeutet „taub“. Einer Legende nach wurden diese Basstrommeln für die „tauben Europäer“ erfunden, damit auch sie die schwierigen Rhythmen hören können. Samba wird in fast ganz Brasilien ge-

Anke Klein als Protagonistin beim 34. Bremer Samba-Karneval am 22. Februar diesen Jahres. Wer mehr sehen will, scannt einfach den QR-Code ein. bit.ly/2UpLx1r

Katja Lindemann 48 Jahre In Bochum geboren, ausgebildet zur Handbuchbinderin, arbeitet Katja Lindemann seit über 20 Jahren als Buchbindergesellin bei BerlinDruck. Sie leitet den Bereich der Weiterverarbeitung.


Passion | #02 | 19

spielt und getanzt. Die Musik entstand aus einer Mischung aus Choro, einem brasilianischen Musikstil, der Ende des 19. Jahrhunderts als Fusion von populärer europäischer Musik und der Musik afrikanischer Sklaven entstand, und Batuques, die in den Vorstädten von Rio gespielt wurden. „Einmal Karneval in Rio – das wäre ein Traum!”, sind sich Klein und Lindemann einig. Aber es bleibt erst einmal bei Auftritten in Wildeshausen und anderswo. Und wenn es Sommer wird, gibt es jedes Jahr in Bad Bergen interessante Workshops. „Das ist sehr inspirierend. Da fährt man mit vielen tollen Eindrücken nach Hause“, schwärmt Lindemann. Die Trommeltruppe Banda Colorada hat um die zwanzig Mitglieder – die Instrumente gehören allen. Wenn man einsteigt, spielt man erst die kleinen Instrumente. Das hilft, die Grundlagen zu lernen. Christian Auer schreibt die Stücke, die eingeübt werden, gern selber. Er hört bei den Proben sehr genau hin. „Es dauert schon mal ein halbes Jahr, bis man ein Stück als Gruppe nahezu perfekt spielen kann. Alles muss passen,

Leserbriefe Danke für die Zusendung der Passion! Dazu passt, dass wir gerade heute einem Kunden geraten haben, wieder mehr hochklassige Printmedien einzusetzen – für die Wertschätzung der Kunden und damit erfolgreiche Akquisition. Damit meinen wir nicht Briefmailings – das muss schon etwas Besonderes sein. Ich kenne zwar nicht euer Budget für das Magazin, bin aber davon überzeugt, dass sich jede Seite lohnt. Da bleibt was hängen. Hermann Westermann D Ich gratuliere zum geglückten Spurwechsel. Mit dem neuen Magazin ist es Ihnen sehr schön gelungen, eine Brücke von der heutigen schnelllebigen und digitalen Zeit zur Tradition und Passion herzustellen. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg mit der handwerklichen Tradition, und glauben wir Herrn Norbert Möller, wenn er sagt: „Wenn es aber um Entschleunigung, Genuss, ‚die schönen Dinge’ geht, ist Print so aktuell wie vor zwanzig Jahren." Beste Grüße Joachim Holljes

das braucht halt seine Zeit“, meint Anke Klein. „Wenn man dann nach Monaten ‚perfekt abliefert‘, ist das ein ganz besonderes Hochgefühl.“

PS Und ganz nebenbei habe ich in der „Passion" auch noch erfahren dürfen, dass Frau Holste geheiratet hat.

Danke für das tolle Magazin. Für Menschen (wie mich), die beim Lesen und Schmökern gerne etwas in der Hand halten, ein echter Genuss. Allein das Papier! Bei unserem nächsten gemeinsamen Job sollten wir mal über das Material nachdenken. Vielleicht könnte man die Texte zu den Bildern in einem etwas größeren Schriftgrad setzen?! Lieben Gruß Annette Schneider

D

Herzlichen Dank für die „Passion“. Wieder eine sehr interessante Lektüre. Das vorgestellte Buch über Schaubilder und Schulkarten habe ich mir gleich bestellt. Herrlich. Und viele gute Erinnerungen. Liebe Grüße Ursula Buschmann

D

Vielen Dank für die neue Passion! Ein Magazin mit vielen Versprechen: Das Versprechen, originäre Inhalte präsentiert zu bekommen, die aus dem Einerlei hervorstechen. Das Versprechen, wirklich inspiriert zu werden. Und das Versprechen, durch klare Gestaltung an die Hand genommen zu werden – kurz das Versprechen: Alles wird gut! Ich freue mich auf die nächste Ausgabe! Herzliche Grüße, Stefan Littke

Ihre Ansprechpartner bei BerlinDruck Hedda Berlin Telefon +49 (0) 421 43871-0 hedda@berlin.sc Reinhard Berlin Telefon +49 (0) 421 43871-0 reinhard@berlin.sc Sonja Cordes Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-21 sonja.cordes@berlindruck.de Ralf Deharde Kundenberatung Telefon +49 (0) 421 43871-27 Mobil +49 (0) 172 8438713 ralf.deharde@berlindruck.de Björn Gerlach Kundenberatung Telefon +49 (0) 421 43871-24 Mobil +49 (0) 172 9438717 bjoern.gerlach@berlindruck.de Nele Gores Mediengestalterin Telefon +49 (0) 421 43871-22 nele.gores@berlindruck.de Katrin Harjes Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-30 katrin.harjes@berlindruck.de Stephan John Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-25 stephan.john@berlindruck.de Anke Klein Sekretariat, Zentrale Telefon +49 (0) 421 43871-0 anke.klein@berlindruck.de Ilka König Mediengestalterin Telefon +49 (0) 421 43871-50 ilka.koenig@berlindruck.de Dietmar Kollosché Kundenberatung Büro Hamburg Telefon +49 (0) 40 5714-6486 Mobil +49 (0) 172 8438714

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Der Anspruch eines guten Ergebnisses gelte schließlich für ihre Arbeit bei BerlinDruck, sind sich Katja Lindemann und Anke Klein einig. D

Dirk Lellinger Leitung Druckvorstufe Telefon +49 (0) 421 43871-23 Mobil +49 (0) 172 8843717 dirk.lellinger@berlindruck.de Katja Lindemann Leitung Buchbinderei Telefon +49 (0) 421 43871-38 katja.lindemann@berlindruck.de

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Banda Colorada kann natürlich zu Veranstaltungen gebucht werden. Anke Klein steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung. www.banda-colorada.de

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Vorschau Unser Sommer-Heft #3 hat das Thema „Erster!“ – und das meinen wir nicht nur im sportlichen Sinne. Lesen Sie über die Medialegende Thomas Koch und was ihn heute so umtreibt. Lernen Sie im Insidergespräch Bertram Schmidt-Friderichs und seinen Verlag Hermann Schmidt Mainz kennen. Lassen Sie sich von Reinhard Berlin in die weite Welt entführen und lernen Sie wieder einige von uns bei BerlinDruck besser kennen. In der Zwischenzeit freuen wir uns auf Ihre Anregungen und Ihr Feedback – gern an: passion@ quintessense.de

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Gedanken

#02 | 19 | Passion

Rhythmus macht die Welt berechenbar Gedanken von Dr. Christian Ankowitsch

Dr. Christian Ankowitsch, 59, österreichischer Journalist, Moderator und Bestsellerautor. Zuletzt im rowohlt Verlag erschienen: Die Kunst einfache Lösungen zu finden, 304 Seiten, EUR 18,– ISBN 978-3737100106 www.ankowitsch.de

Sonnenaufgang-Sonnenuntergang-einatmen-ausatmen-Frühling-Sommer-Herbst-Winter-aufwachen-einschlafen-Ebbe-Flut HieristdaserstedeutscheFernsehenmitderTagesschau-EINSzwei-drei-EINS-zwei-drei ... In welchem Lebensbereich wir uns auch bewegen – Rhythmus spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Meist bekommen wir davon nichts mit. Das ändert sich erst, wenn wir aus dem Rhythmus geraten oder wenn er uns auf die Nerven geht. Und das kommt so. Zum Wesen rhythmischer Phänomene gehört deren Berechenbarkeit. Aufgrund der steten Wiederkehr des Gleichen sind wir davon überzeugt, dass jeden Morgen die Sonne aufgeht, dass abends die Nachrichten kommen, dass wir beim Gehen einen Schritt vor den anderen setzen, wir uns beim Walzertanzen im Dreivierteltakt bewegen und dass uns vor dem Einschlafen etwas vorgelesen wird. In all diesen Fällen wissen wir also nicht nur, wie wir uns verhalten sollen (aufstehen, tanzen, zuhören), sondern auch, was als Nächstes passiert (der Sonnenuntergang, die Schritte auf zwei und drei, die abendliche kuschelige Viertelstunde mit den Eltern). Das heißt: Rhythmisch strukturierte Ereignisse sind berechenbar und deren Abläufe lassen sich vorhersagen. Wer von der Welt erwartet, dass sie ihm möglichst viel Abwechslung bescheren möge, wird das ziemlich langweilig finden. „Nicht schon wieder!“ Doch wer sich die Mühe macht, ein wenig genauer hinzusehen, wird feststellen, dass die Vorteile rhythmischer Phänomene eindeutig überwiegen. So wird zum Beispiel jeder, der nach Entspannung sucht, das monoton-rhythmische Schlagen der Wellen nicht nur willkommen heißen, sondern auch genießen. Wer schon einmal Babys in den Schlaf gewiegt, Nächte zu Technoklängen durchgetanzt oder an einem Trommelseminar teilgenommen hat, der weiß, welch hypnotische, meditative oder beruhigende Wirkung die gleichförmige Abfolge stets Desselben auf uns haben kann. Und in der Regel auch hat.

Die Wirkung solch einfach strukturierter Abläufe beschränkt sich freilich nicht auf den Einzelnen. Vielmehr sind rhythmische Prozesse dazu geeignet, uns mit anderen auf ungeahnte Weise zu verbinden. So haben Untersuchungen gezeigt, dass sich der Herzschlag von Menschen synchronisiert, die miteinander singen oder musizieren. Was für ein wunderbar einfaches Mittel, ein wenig Frieden zu schaffen. Eine weitere Qualität rhythmisch auftretender und ablaufender Ereignisse ist deren Verlässlichkeit. Wer jeden Tag zur selben Zeit im Job erscheint, wer jedes Jahr zu Weihnachten den Christbaum schmückt und wer – ohne dass es irgendwelcher Verabredungen bedürfte – jeden Dienstagnachmittag vor der Schule steht, um das Kind zum Sport zu bringen, der mag nicht sonderlich originell erscheinen. Aber er strahlt etwas ungleich Wichtigeres aus: Verlässlichkeit. Und damit Sicherheit. Klar strukturierte Tagesabläufe, berechenbares Verhalten und ritualisierte Abläufe sind aber nicht nur für Kinder lebensnotwenig, sondern auch für das Funktionieren unserer Gesellschaft von existenzieller Bedeutung. Denn wer in bestimmten Momenten absolut Erwartbares tut, der reduziert die Komplexität unserer chronisch chaotischen Welt. Er wird für die anderen berechenbar und erspart ihnen die Mühe, darüber nachzudenken, was sie tun sollen; aufgrund ihrer Erfahrungen wissen sie es ganz einfach. Und noch etwas leistet ein rhythmisches Verhalten: Es stärkt das wechselseitige Vertrauen. Denn nur wenn wir immer wieder die Erfahrung machen, dass auf das eine das andere folgt, dass erst das Zähneputzen, dann das Vorlesen und schließlich das Schlafen kommt, wächst in uns das Gefühl der Sicherheit: „Alles unter Kontrolle“, sagen wir uns, „alles läuft wie gewohnt.“ Irgendwann freilich haben wir einen soliden Vorrat an Berechenbarkeit angelegt. Dann wird es Zeit, ein wenig Durcheinander in den gewohnten Rhythmus des Lebens zu bringen. Indem wir zu improvisieren beginnen, ein paar ganz und gar unrhythmische Ausreißer produzieren oder uns vorzustellen versuchen, was wäre, wenn eines Tages die Sonne nicht mehr untergeht. D


Passion | #02 | 19

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