Panorama Zeitschrift

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Bildung Beratung Arbeitsmarkt

PANORAMA Nr. 6 2012

FOKUS

Internationale Zusammenarbeit Jobs in der Entwicklungshilfe und im humanitären Einsatz sind begehrt. Sie versprechen Abenteuer und eine sinnstiftende Arbeit. Doch die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Auf dem Arbeitsmarkt der IZA sind qualifizierte Fachkräfte mit beruflicher und persönlicher Erfahrung gesucht.

BERUFSBILDUNG

Lehrlingslöhne sind ein Abbild der branchenüblichen Saläre Wer als Lernender viel verdient, wird auch nach dem Lehrabschluss eine dickere Lohntüte haben. Im Einzelfall kann es aber auch anders aussehen.

BERUFSBERATUNG

Arbeitsmarktdaten als Entscheidungshilfe Die Berufswahl fällt man meist aufgrund seiner Neigungen. Kenntnisse der Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt können den Entscheid beeinflussen.

ARBEITSMARKT

Romands und Tessiner bleiben länger arbeitslos In der lateinischen Schweiz dauert die Stellensuche durchschnittlich sieben Wochen länger als in der deutschen Schweiz – aus kulturellen Gründen.

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Studienreise 2013 nach Barcelona Innovatives Spanien – gefordert in Berufsbildung und Arbeitsmarkt Studienreise nach Barcelona 6. bis 9. Mai 2013 Arrangement

* ! # ' Transporte, Hotel in Barcelona inkl. Frßhstßck, ein gemeinsames Abendessen mit spanischen KollegInnen, Referentenhonorare, Vorbereitung und Durchfßhrung der Reise. Kosten CHF 1 200.– pro Person (Basis Doppelzimmer) Teilnehmende max. 25 (nach Reihenfolge der Anmeldungen) ( ! # ! # ( ! ! "! " ! (RAV, LAM) ( # ! " ( # ! "# und LaufbahnberaterInnen Reiseleitung Karl Giezendanner, Berufsund Laufbahnberater, Basel, info@giezendannerberatung.ch Sprachen Informationen und Anmeldeformular %%% "# ! Anmeldung bis 10. Januar 2013 an: SDBB, PANORAMA-Studienreise Haus der Kantone Postfach 583 3000 Bern 7 info@sdbb.ch

GrenzĂźberschreitend Bildungs- und Arbeitsmarktsysteme kennenlernen Vom 6. bis 9. Mai 2013 fĂźhrt das SDBB in Zusammenarbeit mit der ch Stiftung die PANORAMA-Studienreise nach Barcelona durch. Spanien sieht sich vor riesige Herausforderungen gestellt. Eine rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit und eine praktisch handlungsunfähige Wirtschaft lassen die Situation dramatisch erscheinen. Barcelona ist aber nicht nur eine Traumdestination fĂźr den Tourismus; die dortigen BehĂśrden stellen sich den Herausforderungen auf besonders innovative Art und Weise und gehen mit Massnahmen wie der ÂŤCitĂŠs des mĂŠtiersÂť und ÂŤPorta 22Âť Wege in Richtung der Interinstitutionellen Zusammenarbeit. Die Teilnehmenden erhalten einen Einblick in die Situation und Herausforderungen fĂźr Berufsbildung, BSLB und Arbeitsmarkt, sie diskutieren LĂśsungsansätze mit ihren Fachkol $ " " #! ! " #! % & #! # ) " Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Programm und Inhalt Duales Berufsbildungssystem fĂźr Spanien – Erfolgsrezept oder Illusion? 5 $)!:#,/)" $) - ,/!- $' /)"--3-. ( /) $ !*,(+'7) $) + )$ ) 5 41 $-+, #$" $&/'./, '' & /!(7))$- # ,/!- /- $' /)" ) # ( / ' ) 3-. ( 5 $)!:#,/)" , / ' ) ,/!- /- $' /)" ) # /.- # ( /-. , 5 ,/!- $' /)"-, !*,( $) /2 ( /," $) /&/)!.-(* '' !:, $ ,/!- /- $' /)" ÂŤCitĂŠ des mĂŠtiersÂť und ÂŤPorta 22Âť – Bollwerke gegen die Wirtschaftskrise 5 ÂŤ $.8 - 8.$ ,-Âť 6 $) $))*0 .$0 , " $) $ #./)" , ). ,$)-.$./.$*) '' ) /- ( ( ) , $. ,/!- /) ./ $ ) /) /! #) , ./)" $. , $' /)" $) )4$ ,/)" (- #/'/)" /) . '' )-/ # / # 0*) , $.-'*- ) '' - /). , $) ( # 5 ÂŤ *,.

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www.panorama.ch/Studienreise

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Internationale Zusammenarbeit

FOKUS

5 Editorial: Offene Horizonte

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Gesucht: Qualifizierte Fachkräfte mit Berufserfahrung Stellen in der internationalen Zusammenarbeit sind begehrt. Doch es werden hohe Anforderungen wie Tertiärabschluss und Berufserfahrung verlangt.

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Das Gewerbe als treibende Kraft In Burkina Faso unterstützt die DEZA die Modernisierung von Berufslehren.

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Ein bunter Mix von Hard und Soft Skills Inter­nationale Kompetenz hängt stark vom jeweiligen Kontext ab.

BERUFSBILDUNG 13 14

Kurz & bündig

Potenzial und Grenzen des dualen Modells in Entwicklungsländern Trotz seiner Stärken lässt sich das helvetische Berufsbildungsmodell nicht ohne Anpassungen in den Partnerländern implementieren.

Lehrlingssaläre sind ein Abbild der Fachkräftelöhne Wer als Lehrling viel verdient, wird auch nach dem Lehrabschluss eine dickere Lohntüte haben. Im Einzelfall kann es aber ziemlich anders aussehen.

16 Cocon-Studie: Eine Betriebslehre macht tüchtig Eine Ausbildung im Betrieb fördert Motivation und Durchhaltevermögen. 17 Prüfungstermin für Gebäude- und Personenschützer Sicherheitsfachleute können eine Ausbildung auf Tertiär-B-Stufe abschliessen. BERUFSBERATUNG 19

Kurz & bündig

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Arbeitsmarktdaten als Entscheidungshilfe bei der Berufswahl 130 neue Informationsblätter listen zentrale Arbeitsmarktinformationen auf.

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Veränderungskompetenzen fördern Berufsberater sollten die Bedeutung beruflicher Übergangsprozesse erkennen.

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Geschlechtsunterschiede in der Berufswahl Ungleichheiten in Ausbildung und Beruf können sowohl auf gesellschaftliche als auch auf biologische Ursachen zurückgeführt werden.

ARBEITSMARKT

25 Kurz & bündig

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Serie «RAV im Porträt» Die RAV Porrentruy und Wolhusen nutzen die Vorteile eines kleinen Teams.

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Unternehmen sind auch Kunden Valentin Lagger vom Seco zur Kampagne «Machen Sie den RAV-Check».

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Romands und Tessiner länger arbeitslos In der lateinischen Schweiz dauert die Stellensuche aus kulturellen Gründen durchschnittlich sieben Wochen länger als in der Deutschschweiz.

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Startrampe in die Arbeitswelt Das Solothurner Migrationsprojekt betreut Personen mit Ausweis F und B.

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Mehr Innovation oder weniger Qualität? Die Ausschreibung von Arbeitsmarktmassnahmen ist umstritten.

AUSBLICK

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FOKUS

«Die Berufsbildung ist weltweit wieder zurück auf der Agenda der Entwicklungspolitik.» Markus Maurer, Institut für Erziehungswissenschaft der Uni Zürich — Seite 8

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Aufschlagbilder: Niklaus Spoerri

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Editorial

Offene Horizonte — Wir leben in einer globalisierten Bildungs- und Arbeitswelt, und die internationalen Dimensionen von Konkurrenz und Wettbewerb prägen zunehmend den hiesigen Arbeitsmarkt. Viele Lernende und Studierende, Arbeitnehmerinnen und Selbständige tun sich schwer damit, wie die Diskussionen um die Personenfreizügigkeit mit der EU zeigen. Denn der grenzenlose Arbeitsmarkt erfordert für eine er­Nick Manouk Chefredaktor

folgreiche Karriere noch mehr Flexibilität, höhere Qualifikationen, internationale Aufenthalte, interkulturelle Kompetenz und zusätz­ liche Sprachkenntnisse. Für andere ist die internationale Zusammenarbeit eine ausgesuchte Bereicherung. So gilt eine Stelle in der Entwicklungszusammen­ arbeit oder in der humanitären Hilfe als berufliches Eldorado. Da kann man in einem exotischen Land «etwas Sinnvolles tun» und sich vielleicht erst noch «selber verwirklichen.» Kein Wunder, übersteigt die Nach­frage nach diesen Jobs bei Weitem das Angebot. Manche Träume zer­platzen bereits beim Lesen der Stellenanzeigen, denn die Anforderungen an die Bewerberinnen und Bewerber sind hoch. Lesen Sie in dieser Ausgabe, wie der Arbeitsmarkt der internationalen Zusammenarbeit (IZA) beschaffen ist und wie die offizielle Schweiz Erfolgsprodukte wie die duale Berufsbildung in Entwicklungs- und Schwellen­ ländern zu implementieren versucht. Der Begriff Panorama steht für die unverstellte Sicht in die Ferne von einem erhöhten Standpunkt aus. Er passt deshalb gut zum Fokus

Ergänzende Infos auf www.panorama.ch Auf unserer Website finden Sie zu allen Beiträgen dieser Ausgabe weiterführende Weblinks und Literaturhinweise.

dieser Ausgabe. Er soll aber auch unter einer neuen Redaktionsleitung weiterhin als Inspirationsquelle und Verpflichtung dienen, den Leserinnen und Lesern von PANORAMA einen hochwertigen Überblick zu verschaffen über die aktuellen Trends in Berufsbildung, in der Berufs- und Laufbahnberatung sowie im Arbeitsmarkt. —

Das Titelbild und die ganzseitigen Bilder wurden im Kantonalen Labor Zürich fotografiert.

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FOKUS Internationale Zusammenarbeit

Der Arbeitsmarkt der IZA

Gesucht: Qualifizierte Fachkräfte mit Berufserfahrung Stellen in der internationalen Zusammenarbeit (IZA) sind sehr begehrt. Für einen Posten werden aber hohe Grundanforderungen wie Tertiärabschluss und Berufserfahrung verlangt. Von Noëmi Wertenschlag und Philippe Frossard. Noëmi Wertenschlag ist Kommunikationsverantwortliche im Zentrum für Information, Beratung und Bildung für Berufe der internationalen Zusammenarbeit (Cinfo).

— Viele Stellensuchende konsultieren die Stellenangebote im Bereich internationale Zusammenarbeit auf dem Webportal von Cinfo. Von 2005 bis 2010 hat cinfo jährlich zwischen 2700 und 3100 Suchanfragen gezählt. Im «Bericht zum Schweizer Arbeitsmarkt IZA 2010», den cinfo in Zusammenarbeit mit dem Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) erstellt hat, wurden deren Merkmale analysiert. 57% der Personen interessieren sich vorrangig für eine Stelle in der Entwicklungszusammenarbeit und 2% für eine Tätigkeit in der humanitären Hilfe. Die verbleibenden 41% sind weniger fokussiert. Sie können sich eine berufliche Laufbahn in beiden Bereichen vorstellen. Der Arbeitsmarkt, der diese Kandidatinnen und Kandidaten interessiert, um-

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Angebot und Nachfrage Der Arbeitsmarkt der IZA entwickelt sich mehr und mehr zu einem «Nachfragemarkt», das heisst, die IZA-Arbeitgeber

Vergleich zwischen Angebot und Nachfrage 2010: Spezialisierungen

31%

30

Stellenangebote Stellenbewerber

28%

25

23%

20 15

fasst Stellen in den Organisationen der IZA, soweit diese ihren Sitz oder eine Niederlassung in der Schweiz haben und dort Personal rekrutieren. 2010 hat der Schweizer Arbeitsmarkt der IZA 4300 Fachkräfte beschäftigt, was 3681 Vollzeitstellen entspricht, davon 62% in der humanitären Hilfe. Zwei Drittel der Fachkräfte werden von den vier Hauptarbeitgebern der IZA beschäftigt: dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), Ärzten ohne Grenzen, der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und der Stiftung Terre des hommes.

22%

19%

18%

16%

15% 13%

12%

10 5 0

4%

Soziales

Wirtschaft / Recht

Naturwissen- Internationale schaften Beziehungen

Medizin / Gesundheit

3%

Erziehung / Bildung

Das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bei der Spezialisierung variiert je nach Bereich der IZA sehr stark.

können zwischen einer Vielzahl von Kandidaten auswählen. 2010 wurde bei 85% der ausgeschriebenen Stellen ein Tertiärabschluss verlangt; 93% der Kandidaten verfügten über einen solchen. Bei 37% der Vakanzen wurde keine Berufserfahrung in der IZA verlangt, aber nur 26% der Stellensuchenden brachten keine entsprechende Erfahrung mit. Analog zur Situation auf dem gesamten Schweizer Arbeitsmarkt ist die Nachfrage nach Fachkräften in bestimmten Bereichen sehr gross (siehe Grafik). Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage besteht vor allem in den Gebieten Mathematik, Informatik, Wissenschaft und Technik (Ingenieure). Sie zeichnet sich auch im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen ab. Entwicklung der Anforderungen Das Interesse am Arbeitsmarkt der IZA hat sich nicht verändert, obwohl sich dieser in der Schweiz, im Ausland und bei den internationalen Organisationen verändert hat. Qualifikationen auf hohem Niveau werden verlangt. Die Personalrekrutierung wird internationaler, und die Organisationen stellen häufiger Fachkräfte vor Ort ein. Die Tendenz, lokales Personal einzustellen, zeigt sich vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit, weniger in der humanitären Hilfe, ganz im Sinne des Grundsatzes der Hilfe zur Selbsthilfe. In der Schweiz tendiert die Rekrutierung vermehrt zu Stellen in den Bereichen Koordination, Management und Erwachsenenbildung. Diese Entwicklung geht mit höheren Anforderungen einher. Mehrere Jahre

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Nachwuchsprogramme Berufserfahrung nach dem Studium, wenn möglich im Ausland, sind unerlässlich. Für die meisten Stellen wird ausserdem Erfahrung in der IZA verlangt, und ohne Sprachkenntnisse kommt man nicht aus. Diese müssen zum jeweiligen Einsatzland passen. Zusätzlich zur verlangten Qualifikation und Berufserfahrung sind oft Kenntnisse in den Bereichen Verwaltung, Projektentwicklung, Mediation, interkulturelle Kommunikation, Beratung, Berufsbildung und Erwachsenenbildung nötig. Der Werdegang, der auf eine Tätigkeit in der IZA vorbereitet, muss facettenreich sein. Beharrlichkeit ist ein Teil davon. Auch über die Problematik der Entwicklung und der Verbesserungen der Nord-Süd-Beziehungen sollte man sich bereits Gedanken gemacht haben. Weiter müssen die Kandidatinnen und Kandidaten bereit sein, bei ihrem Einsatz in der IZA Sicherheitsrisiken auf sich zu nehmen, Herausforderungen für das Familienleben zu akzeptieren und mit der unsteten Situation ihrer Laufbahn, die nicht klar vorgezeichnet ist, umgehen zu können.  — www.cinfo.ch

Tätigkeiten in der IZA Der Arbeitsmarkt der IZA umfasst vier Hauptgebiete: • die Entwicklungszusammenarbeit (fachlich und/oder wirtschaftlich) • humanitäre Hilfe (Hilfe für die Bevölkerung bei Naturkatastrophen oder im Umfeld von Krisen und Konflikten) • die Entwicklungspolitik (Mittel und Massnahmen der IZA auf natio­naler oder internationaler Ebene) • Friedensförderung (Konfliktprävention, Abbau von Spannungen) und Menschenrechte (diplomatische Interventionen, Koordination zwischen Staaten)

Übersetzung: Myriam Walter

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Mehr Schweizer Wissen für Finanzinstitutionen Multilaterale Entwicklungsbanken bieten Einstiegs- und Karrieremöglichkeiten in interna­tionalen Organisationen. Von Jacqueline Breidlid. Sie ist Praktikantin bei Cinfo.

—  Die meisten Entwicklungsbanken bieten ein sogenanntes Young Professionals Programme (YPP) oder International Professionals Programme (IPP) an. Diese anspruchsvollen Nachwuchsprogramme richten sich an junge, zielstrebige Leute, die sich künftig in Führungspositionen sehen. Nur wenige Schweizerinnen und Schweizer machen davon Gebrauch. Grund dafür ist nicht, dass Schweizer weniger qualifiziert oder geeignet wären, sondern weil die entsprechenden Arbeitgeber und Karrieremöglichkeiten wenig bekannt sind. Dabei gäbe es gerade für Einsteiger lohnende Angebote. Zu den Aufnahmekriterien gehören ein Hochschulabschluss, ausgezeichnete Sprachkenntnisse, ein Maximalalter von 32 Jahren und zum Teil einige Jahre Berufserfahrung. Multilaterale Entwicklungsbanken suchen nicht nur Finanzspezialisten, sondern auch Fachleute aus Bildung, Gesundheit, Sozialwissenschaften und Ressourcenmanagement. Diese beraten etwa Regierungen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu Fragen wie Korruptionsbekämpfung und Verwaltungsreformen oder sie koordinieren Projekte in Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Armutsbekämpfung. Weitere Möglichkeiten zum Einstieg bieten Praktika sowie beispielsweise das Legal Associates Programme oder das Junior Professional Associates Programme der Weltbank. Letzteres ähnelt den Nachwuchsprogrammen, setzt aber nur einen Bachelor-Abschluss und weniger Arbeitserfahrung voraus. Das Legal Associates Programme ist für frischgebackene Juristinnen und Juristen konzipiert und ermöglicht diesen, ein bis

zwei Jahre beim Rechtsdienst der Weltbank mitzuarbeiten. Auch die interamerikanische Entwicklungsbank IDB bietet Praktika und das Research Fellows Programme an, in dem Hochschulab­ solventinnen und -absolventen erste Arbeits­erfahrung sammeln, bevor sie über ein allfälliges weiteres Studium entscheiden. Während diese Programme vor allem erste Arbeitserfahrung und Einblicke in die Organisationen bieten, sind andere darauf ausgerichtet, den Bedarf an Nachwuchs der multilateralen Entwicklungsbanken zu decken. So rotieren im IPP der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung EBRD die zwölf Teilnehmenden während sechs Monaten in drei Abteilungen des Londoner Hauptsitzes und verbringen danach fünf Monate in einem Einsatzland. Die Bank investiert stark in die fachliche und persönliche Entwicklung der jungen Leute und möchte diese daher als Nachwuchskräfte an sich binden und behalten. Jedes Programm hat andere Bewerbungsfristen und Aufnahmekriterien. Interessierte müssen sich detailliert darüber informieren und abschätzen können, ob sie diese erfüllen. Cinfo, das Schweizer Kompetenzzentrum für Arbeit in der internationalen Zusammenarbeit, ist vom Staatssekre­tariat für Wirtschaft Seco beauftragt, Arbeitsmöglichkeiten bei multilateralen Entwicklungsbanken bekannt zu machen und Kandidierende bei der Bewerbung zu unterstützen.  —

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FOKUS Internationale Zusammenarbeit

Bildungspolitische Strategien

Potenzial und Grenzen des dualen Modells in Entwicklungsländern In jüngerer Zeit steigt der Druck auf die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit, das duale Berufsbildungsmodell zu exportieren. Trotz unbestrittener Stärken lässt es sich jedoch ohne Anpassung an die Gegebenheiten des Partnerlandes nicht nachhaltig implementieren. Von Markus Maurer. Er ist Oberassistent am Institut für Erziehungswissenschaft (Lehrstuhl für Berufsbildung) der Universität Zürich.

—  Nachdem die Berufsbildung in der Entwicklungszusammenarbeit während fast zweier Jahrzehnte ein eigentliches Schattendasein gefristet hat, ist sie nun wieder weltweit zurück auf der Agenda der Entwicklungspolitik. Grundschulbildung sei zwar – so die wieder stärker verbreitete Auffassung – zweifellos sehr wichtig, doch oft noch keine genügende Basis für den Übertritt junger Menschen in den Arbeitsmarkt. Sie sollte deshalb auch in Schwellen- und Entwicklungsländern durch berufliche Bildung ergänzt werden. Die Berufsbildung hatte freilich bereits in früheren Jahrzehnten der Entwicklungspolitik Hochkonjunktur. Insbesondere die Weltbank erachtete während langer Zeit berufliche Bildung und höhere technische Bildung als eine wichtige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. In den 1980er-Jahren begann sie ihre Haltung jedoch zu revidieren: Bildungsökonomische Studien hatten nämlich deutliche Hinweise darauf geliefert, dass in Entwicklungsländern die Ertragsraten beruflicher Bildung, vor allem wegen ihrer in der Regel vergleichsweise sehr hohen Infrastrukturkosten, geringer ausfielen als jene der Grundschulbildung. So senkte nun die Weltbank, und mit ihr viele andere westliche Geberländer, die Ausgaben für die Berufsbildung in der Entwicklungszusammenarbeit. Wenig nachhaltig In der Schweiz und in Deutschland war der Rückgang der Ausgaben in der Berufsbildungszusammenarbeit zunächst

etwas weniger spürbar. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit lag dies besonders daran, dass diese seit Jahren vor allem auf das im Vergleich zu vollschulischer Ausbildung günstigere und stärker praktisch orientierte duale Ausbildungsmodell gesetzt hatte. Der Fokus hatte dabei zunächst auf mehrjährigen, auf Berufe in Industrie und Gewerbe ausgerichteten Ausbildungen gelegen, die in Betrieben und Schulen stattfanden. Später kamen dann auch Bemühungen dazu, dual organisiertes berufliches Lernen durch Reformen auf Systemebene zu unterstützen, so etwa durch den Aufbau korporatistischer Verbandsstrukturen. Evaluationen der späten 1990erJahre machten jedoch deutlich, dass vielen dieser Vorhaben wenig Erfolg beschieden war, insbesondere auch was die Nachhaltigkeit der Projekte betraf. Diese etwas ernüchternden Resultate führten – zusammen mit dem globalen Trend hin zur Unterstützung der Grundbildung – auch in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu einem klaren Bedeutungsverlust der Berufsbildung. Kontextorientierter Ansatz der DEZA In der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit spielte das duale Modell niemals eine derart zentrale Rolle. Bis etwa in die Mitte der 1990er-Jahre lag der Fokus der Berufsbildungszusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) vor allem auf der Unterstützung von modellhaften Berufsschulen, die Jugendlichen mit einer gewissen Grundbildung – welche in der

Regel nicht zu den Ärmsten gehörten – zu Facharbeitskräften für Industrie und Gewerbe ausbildeten. Mit der stärkeren Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit auf die Armutsreduktion liess sich diese Strategie jedoch nicht mehr rechtfertigen, weshalb die Berufsbildung insgesamt auch bei der DEZA deutlich an Bedeutung verlor. Gleichzeitig begann die DEZA hingegen, in kleinerem Rahmen Berufsbildungsprojekte zu unterstützen, die im ländlichen Raum und oft mit einem Bezug zum informellen Wirtschaftssektor umgesetzt wurden. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde nun also das duale Modell für die DEZA etwas wichtiger und somit auch für die von ihr verpflichteten Umsetzungsorganisationen wie etwa Helvetas, Swiss Intercooperation oder Swisscontact. So gibt es in einigen Partnerländern Bemühungen, das

Berufsbildung für die Welt Im Oktober ist der 10. Weltbildungsbericht der Unesco erschienen. Er widmet sich schwergewichtig der (Berufs-)Bildung und dem Übertritt der Jugendlichen in die Arbeitswelt in armen Ländern. Beschrieben werden politische Strategien und Programme, die benachteiligten Jugendlichen jene Kompetenzen vermitteln, die diese brauchen, um als Arbeitnehmende, Bauern oder Kleinunternehmerinnen ein Auskommen zu finden. EFA Global Monitoring Report. Youth and Skills. Putting education to work. Unesco Publishing, Paris 2012.

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Lernen in den Betrieben der informellen Wirtschaft zu fördern und dieses, je nach Land, auch zu ergänzen durch die Vermittlung von berufsorientiertem Theoriewissen und von Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten. Diese Strategie, die ganz deutlich von der Idee des dualen Modells durchdrungen ist, ist tatsächlich gerade für jene Kontexte sehr relevant, in denen die Grundschulbildung von geringer Qualität und die Zahl der Schulabbrecher sehr hoch ist. Zweifellos ist es auch so, dass die Begünstigten solcher Projekte nach ihrer Ausbildung eine Stelle finden oder im angestammten Betrieb weiterarbeiten können. Doch die armutsreduzierende Wirkung solcher Vorhaben ist, so zeigte auch eine jüngere Evaluation der Berufsbildungsaktivitäten der DEZA, nicht immer gegeben: So lässt sich für dual ausgerichtete Programme kaum je ein Anstieg der Löhne oder eine durch das Vorhaben ausgelöste Reduktion der Arbeitslosigkeit nachweisen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen hat die DEZA versucht, immer auch Vorhaben zu unterstützen, die nicht auf das duale Modell setzen, sondern auf die Verbesserung vollzeitschulischer Ausbildungen, die letztlich die bestehende Realität in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern darstellen. Ausbildungsbildungsprojekte werden also grundsätzlich eher kontextbezogen und im Hinblick auf die Erreichung bestimmter Zielgruppen entworfen und nicht mit der Absicht, ein Ausbildungsmodell zu exportieren. Steigender Druck Der Druck auf die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit, im Bereich der Berufsbildung stärker auf die Verwendung des dualen Modells zu setzen, steigt aber. Zunächst ist da das Interesse von Entwicklungs- und Schwellenländern, welche die innerbetriebliche Ausbildung stärken und mit schulbasierter Aus­ bildung verknüpfen möchten und sich deshalb für das duale Modell interessieBild: Simon Junker

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College in Bangladesch: Duale Projekte haben nicht immer eine armutsreduzierende Wirkung.

ren. Doch gibt es auch in der Schweiz eine wachsende Zahl von Stimmen, die den Mehrwert des dualen Modells für ausländische Bildungssysteme unterstreichen. Besondere Prominenz erreichte etwa das Plädoyer Rudolf Strahms für die Verwendung des dualen Modells in den Ländern Nordafrikas, um so einen Beitrag zur Senkung der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit zu leisten. Der Druck wird auch durch das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) erhöht. Dieses zielt nämlich mit einem Projekt darauf ab, Fachkräfte in Indien unter Verwendung des Modells der dualen Schweizer Berufsbildung auszubilden. So durchliefen bis 2011 im Rahmen des in Zusammenarbeit mit einigen in Indien tätigen Schweizer Firmen umgesetzten Pilotprojekts 200 Lernende eine zweijährige berufliche Grundbildung. Während des eigentlichen Projekts soll dann immerhin eine Million Fachkräfte gemäss dem dualen Modell ausgebildet werden. Klärung der Strategie tut not Die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit steht also unter einem Er­ wartungsdruck, das duale Modell zu ex­ portieren. Doch trotz der plausiblen Attraktivität des Modells bleibt dessen

Verwendung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit letztendlich eine heikle Angelegenheit. Häufig sind die Voraussetzungen für eine nachhaltige Implementierung des Modells kaum gegeben, auch was die Bereitschaft von Gewerbetreibenden betrifft, Ausgaben im Bereich Ausbildung als Investition zu verstehen. Insofern erscheint die kontext­ orientierte und zielgruppenorientierte Strategie der DEZA grundsätzlich zielführender zu sein als die Absicht, tiefgreifende Probleme in den Ausbildungssystemen von Partnerländern mit einem Modell aus einem hoch industrialisierten Land lösen zu wollen. Dennoch ist es wichtig, dass sich die offizielle Schweizer Entwicklungszusammenarbeit auch auf Strategieebene mit dem dualen Modell auseinandersetzt. Sie könnte so deutlich machen, wie sie sich zum dualen Modell grundsätzlich stellt, wie dieses in unterschiedlichen Kontexten Verwendung finden könnte und was von solchen Vorhaben erwartet werden dürfte. Eine solche Klärung entspräche auch einem Bedürfnis der Partnerländer.  —

M. Maurer et al.: Evaluation SDC’s Vocational Skills Development Activities. Zürich 2012. Download der Studie unter www.admin.ch/ dokumentation>externe Studien

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FOKUS Internationale Zusammenarbeit

Berufsbildung in Burkina Faso

Das Gewerbe als treibende Kraft Im Osten Burkina Fasos unterstützt die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) den lokalen Handwerkerverband dabei, die Berufslehren zu modernisieren. Von Ambroise Tapsoba und Lea Zanola. Ambroise Tapsoba ist Programmbeauftragter Berufsbildung im Schweizer Kooperationsbüro in Burkina Faso, Lea Zanola ist Mitarbeiterin des Focal Point Arbeit und Einkommen der DEZA.

—  Burkina Faso zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. 70 Prozent der stetig wachsenden Bevölkerung können weder lesen noch schreiben, denn die Einschulungsraten sind niedrig und fast die Hälfte der Kinder verlassen die Schule, ohne die Primarschule abgeschlossen zu haben. Das Bildungssystem ist eines der schwächsten weltweit und schafft es nicht, die Abgänger auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen vorzubereiten. Schätzungsweise 400 000 junge Leute suchen jährlich Arbeit, ohne eine solide Schulbildung, geschweige denn eine Berufsausbildung durchlaufen zu haben. Sie finden Arbeit bei kleinen Handwerksbetrieben, meist informell, oft über viele Jahre ohne Lohn, ohne gezielte Weiterbildung und ohne Aussicht auf einen formellen Nachweis der praktisch erworbenen Kompetenzen. Hier setzt die DEZA an. Im Osten Burkina Fasos unterstützt sie den Handwerkerverband «Union des Artisans du

Gulmu» (UAG), sich zu organisieren und wichtige Funktionen wahrzunehmen. Der 3000 Handwerker umfassende Verband ist momentan daran, die handwerklichen Lehren zu modernisieren und nach Berufsfeldern zu strukturieren. 200 Jugendliche jährlich absolvieren nun eine zwei- bis dreijährige Lehre, beispielsweise als Mechaniker, Metallbauerin, Schreiner, Coiffeuse, Schneider, Weberin oder in der Lebensmittelverarbeitung. Durchaus nach Schweizer Vorbild wird der Verband eng in die Ausarbeitung der Lehrpläne und -programme, die staatlich anerkannte Zertifizierung der Abschlüsse sowie die Weiterentwicklung und Qualitätssicherung der Ausbildung mit einbezogen. Auch die Struktur der Lehre orientiert sich am Schweizer dualen Modell und umfasst neben der Praxis (vier Tage) nun auch theoretischen Unterricht. Um hierfür nicht neue Bildungszentren bauen zu müssen, wer-

Im Osten von Burkina Faso: Angehende Metallbauer im betrieblichen Teil ihrer Ausbildung.

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den grössere Betriebe beim Ausbau von Räumlichkeiten und mit Unterrichtsmaterial unterstützt. Um die pädagogische Qualität sicherzustellen und das lokale Gewerbe zu stärken, ist die Weiterbildung der Lehrmeister und Ausbildner ein fester Programmbestandteil. Sowohl die Berufsausbildung als auch die Weiterbildung erfolgt auf Französisch und in der Lokalsprache und wird mit Alphabetisierungs-Unterricht ergänzt, weil die Lehrkräfte selbst oft weder lesen noch schreiben können. Ausdehnung aufs ganze Land Die Arbeit der DEZA und der UAG beginnt Früchte zu tragen: Fünf weitere Regionen Burkina Fasos haben bereits Berufsausbildungen dieses Typs eingeführt, wodurch weitere 600 Jugendliche pro Jahr ausgebildet werden können. Eine Verankerung auf nationaler Ebene ist vorgesehen. Erfolgsfaktoren sind sicher der Einbezug des Gewerbes zur Sicherung der Relevanz der Ausbildung, die staatlich anerkannte Zertifizierung und natürlich die Qualität der auf Praxis und Theorie basierenden Lehre. Eine Rolle spielt wohl auch, dass der Verband die Lehrabgänger bei der Arbeitssuche oder auf dem Weg in die Selbständigkeit unterstützt. Schliesslich ist das DEZAProgramm wohl nicht zuletzt auch deshalb erfolgreich, weil die Eltern der Lehrlinge mit einbezogen werden. Nur wenn diese von der Wichtigkeit einer soliden Ausbildung ihrer Kinder überzeugt sind, hat dieses Modell eine Chance.  —

www.cooperation-suisse.admin.ch/burkinafaso

Bild: DEZA

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Internationale Kompetenz

Ein bunter Mix von Hard und Soft Skills Wer im Ausland arbeitet oder bei einer multinationalen Organisation tätig ist, braucht inter­nationale Kompetenz. Was das konkret heisst, hängt stark vom jeweiligen Kontext ab. Aber es gibt einen gemeinsamen Kern. Von Frank Wittmann. Er ist Leiter Weiterbildung & Dienstleistung am Departement Soziale Arbeit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

—  Ein Blick in die Stellenanzeiger zeigt: Immer mehr Funktionsbezeichnungen sind in Englisch geschrieben, manche Inserate ganz in Englisch abgefasst. Anforderungen wie Auslandserfahrung und Fremdsprachenkenntnisse sind heute die Regel. Internationale Kompetenz umfasst aber mehr: Sie wird definiert als die­ jenigen Dispositionen, Wissensbestände, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die es Individuen ermöglichen, effektiv und angemessen mit anderen Menschen in einem internationalen Kontext zu interagieren. Dies setzt bestimmte Kombinationen von Fach-, Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen voraus. Fachkompetenzen werden häufig auch als «Hard Skills» bezeichnet, während sich für die Methoden-, Sozial- und Per­sön­ lichkeitskom­petenzen der Begriff «Soft Skills» ein­gebürgert hat. Hard und Soft Skills bedingen sich jedoch gegenseitig. Zur internationalen Fachkompetenz gehören international relevantes Fachwissen und das Wissen über andere Länder und Kulturen. Dieses Wissen ist aber erst nützlich, wenn Menschen auch die Fähigkeit haben, es in fremde Kontexte zu übertragen, dort anzuwenden und weiterzuentwickeln. Dazu zählt, dass eine gemeinsame Sprache gesprochen wird. Reflexionsfähigkeit ist zentral Im Bereich der «Soft Skills» ist Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und ihre Sicht der Dinge zu verstehen, eine wichtige Voraussetzung. Nur wer anderen MenBild: Conradin Frei

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tigen Situationen handlungsfähig und probieren kreative Lösungen aus.

Im internationalen Kontext sind Empathie und Kooperationsfähigkeit zentral.

schen zuhören und einen Dialog auf Augenhöhe etablieren kann, wird ein vertieftes Verständnis ihrer Lebens- und Arbeitswelt erhalten. Empathie setzt eine gute Selbstwahrnehmung voraus. Die eigenen Werte, Gefühle, Routinen, Lebens- und Kommunikationsstile zu erkennen, zu verstehen und zu relativieren, ermöglicht eine offene und tolerante Haltung gegenüber Menschen mit anderen Werten, Gefühlen und Routinen. Weiter gehört zum Arbeiten im internationalen Kontext, mit Unsicherheit konfrontiert zu sein. Häufig bleibt im Dunkeln, was andere Menschen denken. Die Ergebnisse des Tuns bleiben manchmal lange unsichtbar. International kompetente Menschen sind daher mental darauf vorbereitet, Unerwartetem zu begegnen, und sie bleiben in mehrdeu-

Kooperationen eingehen Eine weitere Komponente von internatio­ naler Kompetenz ist Kooperationsfähigkeit – schliesslich geht es in der modernen Arbeitswelt um die Fähigkeit, mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen erfolgreich zusammenzuarbeiten. Viele Organisationen achten bei ihrer Teamzusammenstellung gezielt auf eine internationale Mischung. Hintergrund dafür ist, dass heterogene Teams häufig kreativer und innovativer sind als homogene Gruppen. Abschliessend ist das «Networking» zu erwähnen. Damit ist nicht etwa das Sammeln von Visitenkarten und die Anhäufung von Freunden auf Online-Plattformen gemeint. Vielmehr geht es um die Fähigkeit, Beziehungen zu Menschen aus anderen Ländern aufzubauen und zu vertiefen. In den internationalen Arbeitswelten geht es häufig darum, dieses professionelle Beziehungsnetzwerk für sich arbeiten zu lassen, um etwas zu erreichen, was ein Individuum nicht alleine erreichen kann. Dazu ist es nötig, beim Verfolgen der Eigeninteressen Fairness walten lassen und auf Gegenseitigkeit bedacht zu sein. Nachhaltig sind Beziehungen nur, wenn alle Beteiligten von den Kontakten profitieren.  —

F. Wittmann, M. Bauer, K. Kloser: Internationale Kompetenz – Der Weg zu erfolgreichen Berufslaufbahnen im In- und Ausland. SDBB Verlag, Bern 2012.

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BERUFSBILDUNG

«In Branchen mit hohen Löhnen für die Fachkräfte­finden sich auch hohe Lehrlingslöhne.» Stefan C. Wolter, Bildungsforscher an der Universität Bern — Seite 14

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STUDIE

Mehr Nachwuchs im Gesundheitswesen Vor neun Jahren beschloss die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), die Diplommittelschulen in Fachmittelschulen umzuwandeln. Der Kanton Bern zieht nun eine sehr positive Bilanz. Die meisten Ausbildungen in den Bereichen Gesundheit, soziale Arbeit, Kunst und Pädagogik sind auf der Tertiärstufe angesiedelt. Die berufliche Erstbildung liefert jedoch nicht genug Kandidatinnen und Kandidaten für diese Studiengänge. Die Fachmittelschulen sorgen somit für die Sicherung des Nachwuchses in den Gesundheits- und Sozialberufen. Die Ausbildung zur/zum Fachfrau/-mann Gesundheit und die Fachmittelschulen ergänzen einander. Die beiden Bildungswege richten sich an eine jeweils andere Zielgruppe und eröffnen eine andere Berufslaufbahn. Die Lehrgänge sind meist einem Gymnasium angegliedert und verursachen somit nur geringe Zusatzkosten. Sie bilden einen Baustein zur Lösung des Nachwuchsproblems in den Bereichen Gesundheit, soziale Arbeit und Pädagogik. Der Fachmittelschulbericht des Kantons Bern ist nun zum Schluss gekommen, dass diese Schulen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung eines auf Tertiärstufe ausgebildeten Nachwuchses in diesen Bereichen leisten. pyp V. Pfister, M. Battaglia: Fachmittelschulbericht. Die Fachmittelschulen im Kanton Bern, Mittelschul- und Berufsbildungsamt Abteilung Mittelschulen, Bern, 2012. Download: www.erz.be.ch

ERFOLG

Das erste Berufsbildungsgesetz wird 100 Jahre alt Im Jahr 1912 beschloss der Kanton Tessin zwei Gesetze, die die Berufsbildung entscheidend prägten: das Lehrlingsgesetz und das Berufsbildungsgesetz. Das Tessin war zwar kein Pionier auf diesem Gebiet – in einigen Kantonen der Romandie gab es bereits ähnliche Gesetze –, spielte aber doch eine führende Rolle. Das erste Schweizer Gesetz über die Berufsbildung wurde erst am 26. Juni 1930 verabschiedet; in Kraft trat es am 1. Januar 1933. Heute werden in 2646 Lehrbetrieben und Vollzeitschulen mehr als 3000 Lernende ausgebildet; 3300 Studierende besuchen die Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI). pyp

Bild: zvg | Übersetzung: AHA Translation

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WEB

Die besten Lehrbetriebe kununu ist eine Plattform zur Bewertung von Arbeitgebenden. Auch Auszubildende können ihren Lehrbetrieb benoten. So kann man zum Beispiel die Ausbildungsverantwortlichen, die Arbeit, die Karrierechancen und das Betriebsklima beurteilen. Die Resultate zeigen, dass die Qualität eines Lehrbetriebs stark davon abhängt, wie gut die Zusammenarbeit zwischen den Lernenden und ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen ist. Kriterien wie Beruf oder Thematik spielen bei der Bewertung eine geringere Rolle. pyp www.kununu.com

ZAHL

- 4,3% Die Lehrlingsknappheit wird sich in den nächsten Jahren verschärfen. Gemäss den drei Szenarien, die das Bundesamt für Statistik für die Jahre 2012 bis 2021 berechnet hat, wird die Zahl der Lernenden im 1. Lehrjahr bis 2018 sinken. Bezogen auf 2011 beträgt der Rückgang im mittleren, sogenannten Referenzszenario -4,3%. Anschliessend ist wieder mit einer Zunahme zu rechnen (+1,5% bis 2021). Etwas verzögert wirkt sich dies auch auf die Abschlüsse aus. Bis 2013 werden mehr Personen ein Fähigkeitszeugnis oder Attest erwerben (+3,1%), danach weniger (-4,5%). Die Anzahl Berufsmaturitäten wird vermutlich bis 2015 zunehmen (+12,6%), bevor auch sie sich verringert (-3,8%). am

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BERUFSBILDUNG

Lehrlingssaläre

Ein Abbild der Fachkräftelöhne Die Faustregel ist einfach: Wer als Lehrling viel verdient, wird auch nach dem Lehrabschluss eine dickere Lohntüte haben. Im Einzelfall kann es aber ziemlich anders aussehen. Dafür ist eine ganze Reihe von Faktoren verantwortlich. Von Mirjam Strupler, wissenschaftliche Assistentin, und Stefan C. Wolter, Leiter der Forschungsstelle für Bildungsökonomie an der Universität Bern

Unqualifizierte Arbeit wird entschädigt Neben der Höhe des künftigen Fachkräftelohns beeinflussen aber noch andere Faktoren den Verdienst der Lernenden. Das lässt sich am relativen Lehrlingslohn

ten nahe an den Löhnen der gelernten Arbeitnehmenden liegen. Zum anderen zeichnen sich Hochlohnberufe meistens dadurch aus, dass die hohen Saläre eine Entschädigung für eine auf Kompetenzen basierende höhere Wertschöpfung darstellen. Diese Kompetenzen müssen aber zuerst ausgebildet werden, und dies bedeutet, dass der Lehrbetrieb mehr Geld für die Ausbildung in die Hand nehmen muss. Dafür müssen wiederum die Lernenden auf Lehrlingslohn verzichten. Allerdings ist diese Einbusse während der Lehre verkraftbar, denn die rund 11 000 Franken, welche ein kaufmännischer Angestellter während der Lehrzeit weniger verdient als ein Restaurationsfachmann, hat er nach der Lehre aufgrund des später höheren Lohnes in acht Monaten wieder aufgeholt.

zeigen. So wird das Verhältnis zwischen Fachkräftelohn und Lehrlingslohn bezeichnet. Ein Beispiel: Verdient die ausgediente Fachkraft 5000 Franken und die Lernende 1000 Franken, so liegt der relative Lehrlingslohn bei 20 Prozent. Diese relative Grösse sinkt mit steigendem Lohn. Mit anderen Worten: Lernende verdienen relativ zum eigenen Fachkräftelohn in jenen Berufen am meisten, in denen die Löhne tief sind (siehe Grafik). Dieses Bild lässt sich durch zwei Faktoren erklären: Zum einen werden Lernende in Tieflohnberufen während der Lehre dafür entschädigt, dass sie einen leicht höheren Anteil an unqualifizierten Tätigkeiten ausüben müssen, deren Erledigung die Betriebe aber viel Geld gekostet hätte, weil in den Tieflohnbranchen die Löhne von ungelern-

Facharbeiterlohn und relativer Lehrlingslohn im letzten Lehrjahr (2009)

40 40

Relativer Lehrlingslohn im letzten Lehrjahr

— Lehrlingslöhne unterscheiden sich je nach Beruf recht deutlich. Während eine angehende Gärtnerin im ersten Lehrjahr im Durchschnitt 500 Franken als Monatslohn nach Hause trägt, verdient der lernende Koch schon über 1000 Franken. Die Lehrlingslöhne bilden zum grössten Teil die Löhne ab, welche die Lernenden verdienen werden, wenn sie ausgelernt haben. Hohe Lehrlingslöhne finden sich also in Branchen und Betrieben mit hohen Fachkräftelöhnen und umgekehrt. Das geht aus den Daten hervor, die für die dritte Erhebung von Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung aus betrieblicher Sicht (vgl. PANORAMA 3/2012) erhoben wurden. Analysiert wurden die Lehrlingslöhne von über 2000 ausbildenden Betrieben. Durchschnittlich verdienen Lernende in der Schweiz im 1. Lehrjahr etwas über 10 Prozent und im letzten Lehrjahr etwas über 20 Prozent des jeweiligen Facharbeiterlohnes. Grosse Unterschiede in den Lehrlingslöhnen bereiten die Lernenden schon darauf vor, dass sie einmal auch als Gelernte berufsabhängig ganz unterschiedliche Zahlen im Lohnausweis sehen werden. Die Lohnunterschiede auf dem Arbeitsmarkt hängen nicht nur von Beruf und Branche ab, sondern auch von der Betriebsgrösse. Auch dies spiegelt sich in den Löhnen der Lehrlinge wider: Sie verdienen in KMUs weniger als in Grossbetrieben.

35 35

Restaurationsfachmann Maurer

30 30 25 25

Koch

MPA Gärtner Detailhandelsfachmann

20 20

4000 4000

Schreiner Elektroinstallateur Informatiker Kaufmann FaGe Polymechaniker Elektroniker Dentalassistent

Automobilfachmann

15 15 10 10

FaBe Zimmermann

Maler Automechatroniker Logistiker

4500 4500

5000 5000

5500 5500

Sanitärinstallateur

6000 6000

Monatlicher Facharbeiterlohn (in Franken)

Hochbauzeichner

6500 6500

7000 7000

Die höheren Ausbildungskosten in Hochlohnberufen führen zu einem tieferen relativen Lehrlingslohn.

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Es gibt eine gewichtige Ausnahme von diesem Bild. So liegt der relative Lehrlingslohn eines Maurers deutlich über dem Niveau, den man für das entsprechende Facharbeiterlohnniveau erwarten dürfte. Hier wird die Erklärung aber einfach sein. Ohne hohe Lehrlingslöhne dürfte es schwierig sein, Schulabgängerinnen und -abgänger für einen physisch derart fordernden Beruf begeistern zu wollen. Ungleiche Entwicklung über die Lehrjahre Unterschiede zwischen den Lehrberufen zeigen sich auch bezüglich der Entwicklung der Lehrlingslöhne im Lehrverlauf. Während sich der durchschnittliche Lehrlingslohn vom ersten bis zum letzten Lehrjahr verdoppelt, steigt der Lohn der Köchin nur gerade um 50 Prozent an, der Lohn des medizinischen Praxisassistenten (MPA) hingegen beträgt am Ende der Lehrzeit das Zweieinhalbfache des Erstlehrjahreslohnes. Sieht man aber vom Spezialfall der MPA-Ausbildung ab, gilt folgende Regel: Je höher der Fachkräftelohn, desto grösser fällt der Anstieg des Lehrlingslohnes im Lehrverlauf aus. Dies hängt damit zusammen, dass in diesen Fällen die Einstiegslöhne der Lernenden relativ zu anderen Berufen tief liegen, weil in den Hochlohnberufen vor allem zu Lehrbeginn viel Ausbildung betrieben wird und die Lernenden nur beschränkt im Betrieb produktiv zum Einsatz kommen. Vermehrt Leistungslöhne Nicht nur bei den Erwachsenen, sondern auch schon bei den Lernenden hat der Leistungslohn Einzug gehalten. Obwohl im Durchschnitt erst 14 Prozent der ausbildenden Betriebe leistungsabhängige Komponenten bei den Lehrlingslöhnen kennen, betreffen die Leistungslöhne schon über 20 Prozent der Lernenden, da diese Form der Entlöhnung bei Grossfirmen verbreiteter ist als bei kleinen Unternehmen. Auch ist die Verbreitung

Höchste und tiefste Lehrlingslöhne

Beruf

Lohn im 1. Lehrjahr

Maurerin Koch

Lohn im letzten Lehrjahr

1039 2010 993 1524

Restaurationsfachfrau 978 1532 Zimmermann

744 1391

Detailhandelsfachfrau 739 1139 (…) Dentalassistent

518 1198

Gärtner

507 1262

Schreinerin

500 1273

Hochbauzeichnerin

450 1050

Medizinischer Praxisassistent

387

1249

Die Differenzen zwischen den 22 untersuchten Berufen sind beträchtlich: Die Gesetze von Angebot und Nachfrage spielen auch bei den Lehrlingslöhnen.

derzeit noch sehr unterschiedlich auf die einzelnen Berufe verteilt. Auffällig ist, dass leistungsabhängige Löhne vor allem in jenen Lehrberufen verbreitet sind, bei denen die Ausbildungsbetriebe tendenziell Nettokosten bei der Ausbildung auf sich nehmen (so kennen bei den Polymechanikerinnen, den Informatikern oder den Elektronikerinnen mehr als die Hälfte der Lernenden eine solche Entlöhnungsform). Dies deutet darauf hin, dass dort, wo die Betriebe mit der Ausbildung vor allem auch eine Selektion der künftigen eigenen Fachkräfte betreiben, die Leistungslöhne schon während der Ausbildung als Instrument eingesetzt werden, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Löhne werden selektiv steigen Derzeit besteht auf dem Lehrstellenmarkt in der Schweiz ein Lehrstellenüberhang. Dieser wird in den nächsten Jahren bei gleichbleibender Wirtschaftslage eher noch zunehmen, das heisst, ausbildungswillige Firmen werden es immer schwerer haben, Schulabgängerinnen für ihre Lehrstellen zu finden. Von diesem Rückgang werden aber lange

nicht alle Betriebe und Lehrberufe gleich betroffen sein, und es ist daher absehbar, dass Betriebe und Berufe, die bei den Lehrstellensuchenden weniger stark in der Gunst stehen, am schnellsten gezwungen sein werden ihre Lehrlingslöhne anzuheben. Dass Angebot und Nachfrage auch auf dem Lehrstellenmarkt spielen, zeigt eine kürzlich gemachte Untersuchung von Mühlemann/ Wolter aus dem Jahre 2011: Lehrbetriebe, die sich in ihrem lokalen Arbeitsmarkt einer grossen Zahl von Mitbewerbern ausgesetzt sehen, welche Lernende für dieselben Lehrberufe suchen, mussten schon immer signifikant höhere Lehrlingslöhne bezahlen.  —

M. Strupler, S. Wolter: Die duale Lehre: eine Erfolgsgeschichte – auch für die Betriebe. Ergebnisse aus der dritten Kosten-Nutzen-Erhebung der Lehrlingsausbildung aus der Sicht der Betriebe. Rüegger Verlag. Zürich / Chur, 2012.

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BERUFSBILDUNG

Kompetenzentwicklung

Eine Betriebslehre macht tüchtig Eine Ausbildung im Betrieb spornt Lernende dazu an, sich anzustrengen. Mittelschulen dagegen scheinen Motivation und Durchhaltevermögen eher zu hemmen. Das zeigen die Resultate des Kinder- und Jugendsurvey Cocon. Von Sybille Bayard und Monika Staffelbach. Die beiden Soziologinnen arbeiten am Jacobs Center for Productive Youth Development der Uni Zürich.

— Der Weg, den Jugendliche nach der obligatorischen Schulzeit einschlagen, prägt die Entwicklung ihrer produktiven Kompetenzen. Das zeigen Ergebnisse des Schweizerischen Kinder- und Jugendsurvey Cocon. Unter produktiven Kompetenzen werden Ressourcen verstanden, die eine effiziente und effektive Handlungsausführung ermöglichen. Dazu gehören die Anstrengungsbereitschaft und das handlungsorientierte Ressourcenmanagement, welches das Anpacken und Erfüllen von Aufgaben beinhaltet. Die Jugendlichen mussten sich zum Beispiel zu Aussagen äussern wie: «Auch bei einer mühsamen Arbeit gebe ich nicht auf, bis ich ganz fertig bin.» Obwohl diese Selbsteinschätzungen aufgrund subjektiver Wahrnehmungen nicht unbedingt mit den «effektiven» Kompetenzen übereinstimmen, bestimmen sie das Handeln der Jugendlichen.

Cocon ist eine repräsentative Längsschnittstudie des Jacobs Center for Productive Youth Development der Universität Zürich. Sie wird durch den Schweizerischen Nationalfonds unterstützt und untersucht seit 2006 die Lebensverhältnisse und die psychosoziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Deutsch- und Westschweiz aus einer Lebensverlaufsperspektive. Die hier präsentierten Ergebnisse basieren auf Selbsteinschätzungen der ersten (2006, 15-jährig) und der dritten Befragungswelle (2009, 18-jährig).

Jugendliche, die mit einer Berufslehre beginnen, zeigen eine markante Steigerung der Anstrengungsbereitschaft zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr. Bei Jugendlichen, die im schulischen Kontext (Gymnasium, Fachmittelschule, schulische Berufsausbildung) verbleiben, stagniert diese hingegen (siehe Abb.). Lernende im Betrieb verbessern ebenfalls ihr Ressourcenmanagement, während bei Jugendlichen im schulischen Kontext sogar ein Rückgang zu verzeichnen ist. Dass Lernende im Betrieb ihre produktiven Kompetenzen höher einschätzen, führen wir darauf zurück, dass sie in ein Team eingebunden sind, klar definierte Aufgaben haben und Verantwortung für ihr Tun tragen. Das unmittelbare Feedback auf ihre Leistung motiviert und spornt an. Bei Jugendlichen in schulischen Ausbildungen wird hingegen Anstrengung und Aufgabenerfüllung im Peers-Kontext eher mit Strebertum in Verbindung gebracht, was zu stagnierenden bis sinkenden Einschätzungen beitragen könnte. Misserfolg als Ansporn? Auch Jugendliche, die den Übertritt in eine zertifizierende Ausbildung der Sekundarstufe II erst nach einer oder mehreren Zwischenlösungen schaffen, schätzen sich höher ein. Da die Berufslehre die häufigste Anschlusslösung nach einer Zwischenlösung ist, dürften die gleichen kontextbezogenen Argumente zutreffen, wie sie bereits weiter oben dargestellt worden sind. Beim Ressourcenmanagement haben diese Jugendlichen den niedrigsten Ausgangswert mit der stärksten Steigung. Der verspätete Übertritt nach gewissen Misser-

Anstrengungsbereitschaft

5,4 5,2 5

Berufslehre schulische Ausbildung mit Zwischenlösung nicht in Ausbildung

4,8 4,6 4,4 4,2 4,0 3,8 3,6 3,4

15-jährig

18-jährig

Die Skala der Kompetenzeinschätzungen reicht von 1 (sehr tief) bis 6 (sehr hoch).

folgen wirkt sich demnach besonders motivierend aus. Auf den ersten Blick erstaunlich: Auch Jugendliche, die den Übergang in eine zertifizierende Ausbildung bis zum 18. Lebensjahr nicht geschafft haben, schätzen ihre produktiven Kompetenzen zum zweiten Messzeitpunkt höher ein. Sie führen möglicherweise ihren fehlenden Ausbildungsplatz auf ihre persönlichen Defizite zurück. Sie setzen nun einen stärkeren Fokus auf Anstrengung und Aufgabenerfüllung, da sie vermutlich merken, dass ein Einstieg in eine zertifizierende Ausbildung nur noch mit einem hohen Einsatz gelingen kann. —

www.cocon.uzh.ch

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Höhere Berufsbildung

Prüfungstermin für private Sicherheitsfachleute Die Angestellten in der privaten Sicherheitsbranche werden aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern rekrutiert. Seit gut 10 Jahren können Gebäude- und Personenschützer eine Ausbildung auf der Tertiär-B-Stufe abschliessen. Von Peter Knutti. Er leitet im SDBB die Abteilung Medien Berufsbildung.

­   Die Nachfrage nach Bewachungs- und — Ordnungsdiensten, etwa an Kultur- und Sportveranstaltungen oder in Einkaufszentren, nimmt zu. Die entsprechenden Bedürfnisse werden nur teilweise von staatlichen Institutionen wie der Polizei abgedeckt. Entsprechend wächst die private Sicherheitsbranche. 2011 erreichte die Zahl ihrer Beschäftigten 18 000, was ca. 10 000 Vollzeitstellen entspricht. Sie stieg in den letzten Jahren jeweils um rund 5 Prozent. Der Umsatz der Branche lag 2011 bei 854 Millionen Franken. Für die Tätigkeit in der Sicherheit gibt es keine formelle Ausbildung in der beruflichen Grundbildung. Die Beschäftigten werden von den Firmen intern eingeführt und ausgebildet, zum Teil mit ausführlichen Programmen. Um die fachliche Qualifikation der Mitarbeitenden sicherzustellen, wurden zwei Berufsprüfungen geschaffen: Fachmann/ -frau für Sicherheit und Bewachung (FSB) und Fachmann/-frau für Personen- und Objektschutz (FPO). Für die Prüfungszulassung müssen die Kandidaten einen Lehrabschluss oder eine gleichwertige Ausbildung mitbringen und mindestens zwei Jahre Berufspraxis haben. Verlangt wird ausserdem ein Strafregisterauszug. 2001 schlossen die ersten Fachleute ihre Prüfung ab. An der Praxis orientiert Die Prüfungen sind zu einem grossen Teil praktisch. Es werden konkrete Situationen simuliert. Folgende Fachgebiete werden geprüft: • Sozialkompetenz (z. B. Verhalten in aus­ ­serordentlichen Situationen)

• Branchenkunde (Gefahrenlehre, Bewachungsobjekte, Personen- und Gepäckkontrolle usw.) • Fachkunde (bei FSB z. B. Sicherheits-, Schliess- und Alarmsysteme, Lösch­ systeme, Gebäudetechnik, Notfall • Betriebskunde und Recht Die Kandidatinnen und Kandidaten werden von ihren Arbeitgebern auf die Prüfung vorbereitet. Der Träger der Ausbildung, der Verband Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungsunternehmen (VSSU), betreibt seit 2012 für die Angestellten seiner Mitgliedsfirmen eine Online-Lernplattform für die Prüfungsvorbereitung. Rund ein Drittel aller Beschäftigten ist vollzeitbeschäftigt. Nur für diese gut 5000 Personen macht die Berufsprüfung Sinn. Bisher habe 1391 Personen einen eidg. Abschluss. Ein guter Teil der Festangestellten hat somit bereits einen Fachausweis in der Tasche. Von Securitas bis Broncos Dem VSSU gehören 77 Mitgliederfirmen an. Mehr als 90 Prozent aller Angestellten von privaten Sicherheitsunternehmen sind bei diesen VSSU-Mitgliedern beschäftigt. Die grösste Firma im Verband ist die Securitas (41 Prozent der Beschäftigten), die zweitgrösste Firma ist die Protectas (ca. 15 Prozent). Zu den Mitgliedern gehören aber auch kleinere Organisationen wie etwa die Broncos Security AG, die aus einer Berner Töffbande hervorgegangen ist und unter anderem für den Sicherheitsdienst am Gurten-Musikfestival zuständig ist. Mit der Unia hat die VSSU einen Gesamt­

arbeitsvertrag ausgehandelt, der vom Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt wurde. Damit sind neben den Mitgliedern des VSSU alle Unternehmen mit mehr als 10 Angestellten an die Bestimmungen gebunden. Vorläufer des heutigen GAV war ein Haus-GAV, den die Securitas schon in den 1930er-Jahren abgeschlossen hatte. Konkordate über private Sicherheitsdienstleistungen Gemäss Wolfram Manner, Direktor des VSSU, gibt es in der Sicherheitsbranche schwarze Schafe, die die Voraussetzungen für die Führung eines seriösen Betriebs nicht erfüllen und oft rasch wieder aufgelöst werden. «Leider gibt es Firmen, die sich nicht an die im Gesamtarbeitsvertrag festgelegten Löhne halten. Diese Firmen schädigen ihre Mitarbeiter und die ganze Branche.» Um diesen Missständen zu begegnen, haben die Westschweizer Justiz- und Polizeidirektoren 1996 ein Konkordat verabschiedet, das die Mindestanforderungen definiert, die Sicherheitsunternehmen und ihre Angestellten erfüllen müssen, um von den Behörden eine Bewilligung zu erhalten. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) hat vor zwei Jahren ein nationales Konkordat verabschiedet, das 2014 operativ werden wird. Das Konkordat wird auch eine gesamtschweizerische Regelung der Aus- und Weiterbildung für Angestellte und Geschäftsführer festlegen.  — www.vssu-campus.ch

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BERUFSBERATUNG

«Den Entscheid für einen Beruf fällt man aufgrund seiner Neigungen, doch Kenntnisse des Arbeitsmarktes können ihn beeinflussen.» Michael Morlok, Büro «B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung» — Seite 20

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STUDIE

Berufswahlbereitschaft bringt Erfolg 84 Prozent der Jugendlichen, die ab Sommer 2010 im Kanton Aargau das 10. Schul­ jahr besuchten, hatten im Mai 2011 eine Lehrstelle gefunden. Die bei der Lehr­ stellensuche erfolgreichen Jugendlichen unterscheiden sich in den soziodemogra­ fischen Merkmalen (Geschlecht, Herkunft, Schultyp) nicht von den erfolglosen Jugendlichen. Hingegen zeigten sich Unterschiede in der Berufswahlbereitschaft: Auf der Lehrstellensuche erfolgreiche Jugendliche hatten signifikant höhere Werte als erfolglose Jugendliche in allen Dimensionen des Fragebogens «Aussagen über meine berufliche Situation ABS». Die Dimensionen des Fragebogens lauten Selbstbild, Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Berufswelt, Zuordnungskom­ petenz, Entscheidungskompetenz, Entschiedenheit und Realisierungskompetenz. Die Autorinnen und Autoren der Untersuchung, drei Studierende der Berufsbera­ tungsausbildung NABB-11, schliessen daraus, dass die Berufswahlbereitschaft einen Einfluss auf den Erfolg bei der Lehrstellensuche hat.  sk S. Ballmer, A. Miravete, Ph. von Wartburg: Jugendliche auf Lehrstellensuche im 10. Schuljahr im Kanton Aargau. Masterarbeit im NABB-11, 2011.

WEB

Lehrlinge geben Auskunft Die Webseite Yousty bietet nebst Berufs­ beschreibungen, offenen Lehrstellen und Bewerbungstipps auch Communi­ ty-Funktionen und die Möglichkeit der Online-Bewerbung. Die CommunityFunktionen umfassen unter anderem Beiträge von Lernenden der inserieren­ den Firmen: Die Lehrlinge berichten über ihre eigenen Erfahrungen auf der Lehrstellensuche und über die «Son­ nen- und Schattenseiten» des Berufs aus ihrer Sicht. Die Webseite ist privatwirt­ schaftlich geführt und finanziert sich über kostenpflichtige Firmenprofile.  sk www.yousty.ch

ERFOLG

Kompass gewinnt Worlddidac Award Kompass, ein Test zur Lehrlingsselek­ tion und Berufsorientierung der Firma Nantys AG und der WKS KV Bildung Bern, gewinnt in der Kategorie Infor­ mations- und Kommunikationstechno­ logie einen Worlddidac Award 2012. Der Preis der Bildungsbranche wird alle zwei Jahre an verschiedene Produk­ te verliehen, die durch eine Lehrerund Expertenjury ausgewählt werden. Beurteilt werden unter anderem der pädagogische Wert, das Design und die Nachhaltigkeit der Produkte.  sk www.worlddidac.org

KOPF

Ein CV als Videospiel Daniel Sternlicht hatte eine originelle Idee, um seinen Lebenslauf aus der Masse herauszuheben: Er gestaltete ihn als Computerspiel. Auf seiner Website präsentiert der junge israelische Webdeveloper eine Figur in einem Univer­ sum, das den Videospielen nachempfun­ den ist. Mit der Computertastatur oder Maus betritt der «Spieler», d. h. der Arbeitgeber, drei Gebäude. Jedes Haus präsentiert eine Facette von Daniel: seine Kompetenzen, seine bisherige Arbeit und seine Pro­jekte. Nach der Erkundung der Laufbahn des Webdesigners können Arbeitgebende an Bord eines Schiffes mit Daniel Kontakt aufnehmen.  jc www.danielsternlicht.com

Bild: Iris Krebs | Übersetzung: AHA Translation

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BERUFSBERATUNG

Berufswahl

Arbeitsmarktdaten helfen bei der Entscheidungsfindung Es existieren vielfältige Informationen zum Arbeitsmarkt. Die Interpretation ist aber selbst für Fachpersonen schwierig. 130 neue Informationsblätter schaffen Abhilfe. Von Joannis Avramakis und Thomas Eichenberger, Beratungsdienste Aargau, sowie David Liechti und Michael Morlok, Büro B,S,S., Basel

— Auch erfahrene Beratungspersonen geraten bei solchen Fragen manchmal in Verlegenheit: Ein Jugendlicher möchte erfahren, ob das angestrebte Berufsfeld wächst oder schrumpft. Seine Eltern und die Lehrpersonen haben andernorts nur ungenaue und erst noch sehr unter­ schiedliche Auskünfte erhalten. Oder: Ein erwerbsloser Informatiker will wissen, in welchen Branchen andere Informatiker arbeiten. Er erhofft sich davon Ideen, wo er sich auch noch bewerben könnte. Arbeitsmarktdaten sind im Internet zu finden: Das Bundesamt für Statistik berichtet beispielsweise regelmässig von den Resultaten der Schweizerischen Ar­ beitskräfteerhebung (SAKE) und der Be­ schäftigtenstatistik (BESTA). Das Staats­ sekretariat für Wirtschaft Seco stellt detaillierte Zahlen zur Arbeitslosigkeit zur Verfügung. Zu vielen Themen rund

Arbeitsmarkt Geisteswissenschaften

5%

4%

3%

2%

1% Geisteswissenschaften Alle Berufe 0% 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Überraschende Erkenntnis: Unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit bei Geisteswissenschaftern. Quelle: B,S,S.

um den Arbeitsmarkt und die Beschäfti­ gung existieren also reichhaltige Infor­ mationen. Für das interessierte breite Publikum – und selbst für Fachpersonen von RAV oder Berufs­, Studien­ und Lauf­ bahnberatung – sind berufsspezifische Daten aber schwierig zu erhalten, zu analysieren und zu interpretieren. Das Wichtigste auf einen Blick Um dem Informationsbedürfnis der Öf­ fentlichkeit besser entsprechen zu kön­ nen, haben die Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf Aargau und das Büro «B,S,S. Volkswirtschaftliche Bera­ tung» einfach lesbare Informationsblät­ ter zu rund 130 Berufsfeldern erarbeitet. Auf jeweils zwei Seiten sind Zahl und Entwicklung der Arbeitsplätze, Ausmass und Entwicklung der Arbeitslosigkeit sowie Qualifikationsstruktur und Bran­ chenverteilung zusammengefasst und grafisch dargestellt. Welche Aussagen aufgrund der Blät­ ter möglich sind, zeigen zwei Beispiele: • Unterschiede innerhalb einer Branche: Die Baubranche schätzen viele als kon­ junktur­ und saisonabhängig ein und die Arbeitslosigkeit als eher hoch. Die Informationsblätter zeigen jedoch, dass es dabei sehr auf das engere Be­ rufsfeld und die Funktion ankommt. Das Berufsfeld «Heizung/Lüftung» wird von Konjunkturzyklen und der Jahreszeit viel stärker beeinflusst als das Berufsfeld «Elektroinstallationen». Auch von der Arbeitslosigkeit ist das erstgenannte Berufsfeld stärker als das zweite betroffen. Im Berufsfeld «Bau­ leitung» schliesslich gibt es kaum Ar­ beitslosigkeit.

• Unerwartete Ähnlichkeiten von Be­ rufsfeldern: Viele Ratsuchende haben Bedenken betreffend Beschäftigungs­ aussichten nach einem geisteswissen­ schaftlichen Studium. Seit 2006 entwi­ ckelt sich die Zahl der Arbeitsplätze aber sowohl in den Naturwissenschaf­ ten als auch in den Geisteswissen­ schaften überdurchschnittlich, und die Arbeitslosigkeit liegt in beiden Be­ rufsfeldern unter dem Durchschnitt. Stellenwert für die Beratung Entscheide für einen Beruf, ein Studium oder eine Laufbahn fällt man weiterhin mit Vorteil basierend auf Interessen und Fähigkeiten. Fragen zum Arbeitsmarkt tauchen aber nicht erst im Verlauf des Erwerbslebens auf. Mithilfe der oben beschriebenen Daten kann ein breites Publikum abschätzen, wie sich der Ar­ beitsmarkt entwickelt hat. Im Einzelfall können diese Informationen genauso wichtig sein wie Interessen, Fähigkeiten, Qualifikationen oder Werthaltungen. Aus diesem Grund sollten die Fachperso­ nen der Berufs­, Studien­ und Laufbahn­ beratung, die ihre Kundschaft kompe­ tent informieren möchten, die aktuelle Situation und Entwicklung in den Be­ rufsfeldern kennen. Die Informations­ blätter helfen ihnen dabei. Sie sind kostenlos erhältlich und werden viertel­ jährlich aktualisiert. Es ist geplant, sie mit weiteren Kennziffern und Grafiken zu ergänzen. —

www.beratungsdienste-aargau.ch>Infozentren> Ausbildungsfinder

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Eine Theorie der Übergänge

Veränderungskompetenzen fördern Berufliche Laufbahnen sind geprägt von Transitionen. Berufsberater sollten deshalb verstehen, welche Prozesse beim Eintritt in die Arbeitswelt, bei beruflichen Veränderungen oder beim Eintritt ins Pensionsalter ablaufen und welche Bedeutung diesen Übergängen zukommt. Von Tania Zittoun, Professorin für Psychologie und Erziehungswissenschaft an der Universität Neuenburg, und Jonas Masdonati, Professor an der Abteilung für Grundlagen und Praxis der Erziehungswissenschaft, Universität Laval in Québec, Kanada

—  Der gegenwärtige Wandel von Wirt­ schaft und Gesellschaft wirkt sich auch auf unsere Lebensläufe aus. Sie sind heute weniger linear und vorhersehbar als früher. Berufliche Laufbahnen bein­ halten in zunehmendem Masse Brüche und Richtungswechsel, die sowohl Un­ gewissheiten als auch Chancen mit sich bringen. Ein Übergang ist als Anpassungspro­ zess an neue Arbeits- oder Lebensbedin­ gungen zu verstehen und besteht aus drei Veränderungstypen: • der Neudefinition der Identität, • dem Erwerb von neuen Kompetenzen und Fertigkeiten sowie • der Konstruktion von Sinn und damit der Einordnung der Ereignisse in die eigene Biografie. Die betroffenen Personen können auf verschiedene Ressourcen zurückgreifen, die diesen Prozess unterstützen. Dazu gehören Institutionen, Einzelpersonen, eher symbolische Ressourcen oder die eigenen Erfahrungen – und natürlich auch Berufsberater und Berufsberaterin­ nen. Aus einer Reihe von Studien erga­ ben sich drei Arten von Übergängen mit jeweils unterschiedlichen Bedeutungen: • der Eintritt in die Arbeitswelt, • Veränderungen während der berufli­ chen Laufbahn und • der Eintritt ins Rentenalter. Nun gilt es zu definieren, wie Berufsbe­ rater diese verschiedenen Übergänge begleiten können. Komplexe Veränderungsprozesse Am Übergang von der Schule in die Ar­ beitswelt steht heute immer seltener die Entscheidung für einen Beruf, den man Übersetzung: Rahel Hefti

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danach ein Leben lang ausführt. Der Übergang wird immer komplexer, be­ sonders für Jugendliche, die mit einem nicht linearen beruflichen oder sozialen Eingliederungsprozess konfrontiert sind (Eingliederungsmassnahmen, Lehrab­ bruch usw.). Berufsberaterinnen und -berater können ihre Klienten insbeson­ dere dabei unterstützen, diejenigen So­ zialkompetenzen zu erlangen, die ihnen helfen, am Arbeitsplatz akzeptiert zu werden und eine berufliche Identität zu entwickeln. In einem oft instabilen Um­ feld ist es sinnvoll, Veränderungskompe­ tenzen und Anpassungsstrategien zu fördern. Sie ermöglichen es, mehrere denkbare und wünschenswerte Zu­ kunftsszenarien zu formulieren und die Ungewissheit zu ertragen. Dadurch er­ leichtern sie die Sinnkonstruktion. Durch die erhöhte Flexibilität der Arbeitswelt kommt es auch während der beruflichen Lauf bahn immer häufi­ ger zu Übergangsprozessen. Einige Er­ werbstätige stehen am Rand des Arbeits­ marktes und erleben abwechselnd Phasen von unsicherer, oft gering ge­ schätzter Arbeit, Arbeitslosigkeit, Wei­ terbildung und Auffrischung von Kennt­ nissen. Berufsberater können diese Personen dabei unterstützen, die aus der Erfahrung gewonnenen Erkennt­ nisse zu nutzen und so die gesellschaft­ liche Anerkennung und den Zugang zu langfristigen Arbeitsverhältnissen zu verbessern. Zudem können Berufsbera­ ter die Sinnkonstruktion durch die Ein­ ordnung von beruflichen und anderen Lebensbereichen in die Biografie beglei­ ten und zur biografischen Selbstrefle­ xion anregen.

Ressourcen aufzeigen Beim Übergang ins Rentenalter treten oft noch voll leistungsfähige Menschen aus dem Erwerbsleben aus und müssen für die nächsten zwanzig oder gar dreissig Jahre neue Beschäftigungen finden. Mit der Pensionierung verlieren die Men­ schen oftmals ihr soziales Netz, und es kann sie das Gefühl beschleichen, dass die erlangte Erfahrung nicht mehr ge­ schätzt wird. Es stellt sich die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebenswegs. Be­ rufsberaterinnen und -berater können die Vorbereitung auf diesen Übergang begleiten, die Klienten zur Reflexion der erlangten Kompetenzen und Erfahrun­ gen anregen, die Ausrichtung auf neue Themenbereiche fördern, Massnahmen vorschlagen, die den Übergang erleich­ tern, den Zugang zu neuen Tätigkeiten, Kontakten, befriedigenden Beziehungen und symbolischen Ressourcen ebnen und damit die Sinnkonstruktion festigen. Bei all diesen Übergangsprozessen kön­ nen Berufsberater auch Ansprechperso­ nen für Institutionen und gesellschaft­ liche Akteure sein und sie für die Bedeutung der Übergänge für die Iden­ titätsentwicklung und die Befindlich­ keit der Betroffenen sensibilisieren. Betroffene Personen können zudem da­ durch unterstützt werden, dass man ihnen mögliche zur Verfügung stehende Ressourcen aufzeigt. Diese finden sich oft ausserhalb der Erwerbswelt, im sozi­ alen oder familiären Engagement, in Hobbys oder im kulturellen Bereich.  — Der Text ist eine Zusammenfassung eines längeren Beitrags, der in der französischen Zeitschrift «O.S.P.» erschien.

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BERUFSBERATUNG

Geschlechtsspezifische Berufsinteressen

Erklärungsansätze jenseits der Sozialisationstheorien Geschlechtsunterschiede in der Berufswahl können auf verschiedene gesellschaftliche Mechanismen zurückgeführt werden (PANORAMA 5/2012, Seite 22). Empirische Studien weisen aber darauf hin, dass die Differenzen auch biologische Ursachen haben. Von Benedikt Hell und Katja Pässler. Sie arbeiten an der Hochschule für Angewandte Psychologie der Fachhochschule Nordwestschweiz.

—  Bereits sehr früh lassen sich deutliche Geschlechtsunterschiede in den Berufs­ wünschen von Mädchen und Jungen nachweisen. Die Social Role Theory führt die Entstehung dieser Berufswün­ sche auf das Vorhandensein eines soge­ nannten «Korrespondenz-Bias» zurück: Individuen schreiben bestimmten Be­ rufsrollen bestimmte Fähigkeiten und Merkmale zu. Gleichzeitig gehen sie da­ von aus, dass jede Person, die diesen Be­ ruf ausübt, auch über diese Fähigkeiten und Merkmale verfügt. So kann bei­ spielsweise die Beobachtung, dass es mehr männliche Ingenieure gibt, zum Trugschluss führen, dass Männer über Charakteristika verfügen, die sie für die­ sen Beruf prädestinieren. Diese Vorstel­ lung kann dazu führen, dass Frauen weniger stark darauf vertrauen, dass sie die notwendigen Anforderungen dieses Berufes erfüllen und sie diese Berufsop­ tion daher weniger oft berücksichtigen. Tatsächlich mangelt es nicht an Be­ legen, dass die Berufswahl ganz mass­ geblich durch die Sozialisation beein­ flusst wird. Die zeitlich und geografisch recht stabilen Unterschiede in der Be­ rufswahl bei Frauen und Männern werden aber nicht komplett durch die Erziehung und durch gesellschaftliche Zwänge gesteuert. Starke Unterschiede Nach J. L. Holland lassen sich Indivi­ duen anhand von sechs grundlegenden Interessentypen charakterisieren: prak­ tisch-technisch, forschend, sprachlichkünstlerisch, sozial, unternehmerisch und systematisierend-ordnend. Die Aus­

prägung der individuellen Interessen kann zum Beispiel über Interessentests gemessen werden. Diese bilden das sozi­ ale Interesse durch Fragen ab wie: Unter­ richten Sie gerne? Beraten Sie gerne an­ dere Menschen? Das technische Interesse wird erfasst, indem danach gefragt wird, ob sich die Person gerne mit tech­ nischen Geräten auseinandersetzt oder ob sie Interesse daran hat, Dinge zu re­ parieren. Jeder der sechs Interessen­ typen zeichnet sich durch bestimmte berufliche Interessen und Einstellungen aus und präferiert bestimmte berufliche Tätigkeiten und Umwelten. Übereinstimmend finden aktuelle Überblicksarbeiten für die beiden Di­ mensionen praktisch-technisches Inter­ esse und soziales Interesse die grössten Geschlechtsdifferenzen. Es stellt sich die Frage, wie sich diese Unterschiede in den beruflichen Inter­ essen von Frauen und Männern im Ver­ gleich zu anderen Geschlechtsunter­ schieden einordnen lassen. Die grössten Geschlechtsunterschiede finden sich hinsichtlich der körperlichen Kraft: Männer können zum Beispiel Wurfge­ genstände wesentlich weiter schleu­ dern als Frauen. Zwei weitere Bereiche, in denen sich sehr deutliche Ge­ schlechtsunterschiede zeigen, sind die Sexualität (zum Beispiel Masturbations­ häufigkeit) und die Aggressivität. In den meisten anderen untersuchten Verhal­ tensbereichen, auch im Bereich der ko­ gnitiven Fähigkeiten, unterscheiden sich die Geschlechter nicht wesentlich. Die Geschlechtsunterschiede in der Prä­ ferenz des praktisch-technischen oder

des sozialen Interessenbereichs jedoch gehören zu den grössten Geschlechts­ differenzen überhaupt und sind von der Grössenordnung vergleichbar mit den Differenzen im Bereich der Sexualität und Aggressivität. Biologische Ursachen wahrscheinlich Es steht ausser Zweifel, dass der Soziali­ sation bei der Ausbildung der berufli­ chen Interessen eine bedeutende Rolle zukommt. In den letzten Jahren wurden aber auch starke und empirisch solide abgestützte Argumente formuliert, die dafür sprechen, dass die beobachteten Differenzen Ursachen jenseits der Sozia­ lisation haben: • Frühe Interessen: Bereits in den ersten Lebensmonaten zeigen Säuglinge ge­ schlechtsspezifisch ausgeprägte Inter­ essen. Das frühe Auftreten dieser Un­ terschiede lässt Sozialisationseffekte

Frauenmangel in der Technik Massnahmen gegen den Frauenman­ gel in technischen Berufen sollten schon in der Primarschule erfolgen. Denn meist entscheiden sich Mäd­ chen bereits in der Schulzeit gegen die Ingenieurwissenschaften – und nicht erst unmittelbar vor Studienbe­ ginn, wie eine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Studie zeigt. C. Bieri et al.: «Geschlechts(un)typische» Berufswahl. Zürich 2012. Mehr zum gleichen Thema auch unter www.nfp60.ch

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nahezu ausschliessen. Weibliche Säug­ linge interessieren sich eher für so­ ziale Objekte (Gesichter), männliche Säuglinge interessieren sich eher für mechanische Objekte (zum Beispiel Mobiles). 12 Monate alte Jungen fixie­ ren Videos von sich bewegenden Autos länger als sich bewegende Gesichter, bei den Mädchen verhält es sich genau anders herum. In einigen Experimen­ ten wurden solche Differenzen bereits ab dem ersten Tag nach der Geburt festgestellt. • Interkulturelle Gemeinsamkeiten: Ge­ schlechtsspezifische Interessendiffe­ renzen treten interkulturell nach ei­ nem sehr ähnlichen Muster auf. Dies betrifft frühe geschlechtsspezifische Interessen, die sich im Spiel von Kin­ dern zeigen, und auch berufliche Inter­ essen. • Interessen und Androgene: Untersu­ chungen mit Frauen, die unter dem adreno-genitalen Syndrom (AGS) lei­ den, liefern starke Belege für einen Zu­ sammenhang zwischen dem pränata­ len Hormonspiegel und der Aus­prägung geschlechtsspezifischer Interessenmus­ ter. AGS geht auf die pränatale Über­ produktion von Androgenen zurück. Frauen, die unter diesem Syndrom lei­ den, weisen pränatal einen erhöhten Testosteronspiegel auf, erhalten aber postnatal Hormonpräparate, sodass sie das für Frauen typische Androgenmass erreichen. Interessanterweise zeigen diese Frauen später typisch männliche Berufsinteressen und neigen eher zu praktisch-technischen Berufen. • Begrenzte Wirksamkeit selbst ex­ tremer Sozialisations-«Experimente»: Eines der vorrangigen Ziele der Kib­ buz-Bewegung war die Aufhebung tra­ ditioneller Rollenverteilungen. Dies sollte durch die Zentralisierung von hauswirtschaftlichen und erzieheri­ schen Aufgaben erreicht werden. Aus­ serdem wurde Wert auf eine ge­ schlechtsneutrale Kindererziehung gelegt. Selbst dieser aussergewöhnlich Bild: Iris Krebs

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Die vollständige Egalisierung der Geschlechterverteilung in sozialen und technischen Berufen ist unwahrscheinlich, da auch biologisch geprägte Geschlechtsdifferenzen einen Einfluss haben.

egalitäre Ansatz führte nicht zur Ab­ kehr von geschlechtstypischen Berufs­ verteilungen. • Genetische Einflüsse auf Interessen: Be­ rufliche Interessen sind zu einem ge­ wissen Anteil auch genetisch beein­ flusst. So haben beispielsweise getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge ähn­ lichere Interessen, als Geschwister, die adoptiert wurden und gemeinsam auf­ gewachsen sind. Eine genetische Beein­ flussung muss zwar nicht bedeuten, dass auch die Geschlechtsdifferenzen genetisch begründet sind, aber ange­ sichts der geschilderten Befundlage wäre eine genetische Mitverursachung der Geschlechtsdifferenzen mehr als plausibel. Vollständige Egalisierung fraglich Zur Erklärung der berichteten Ge­ schlechtsunterschiede können u. a. evo­ lutionsbiologische Ansätze herangezo­ gen werden. Speziell die sehr deutlichen Unterschiede im Interesse an sozialen Tätigkeiten – im Wesentlichen also das Interesse am Helfen, Unterstützen, Er­

ziehen und Lehren – können anhand dieser Ansätze erklärt werden. Die dargestellten Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: Ers­ tens werden im Bereich der beruflichen Interessen regelmässig sehr grosse Mit­ telwertdifferenzen zwischen Frauen und Männern festgestellt. Sie gehören zu den am stärksten ausgeprägten Geschlechtsunterschieden überhaupt. Zweitens zeigen Ergebnisse aus unter­ schiedlichen Forschungsrichtungen, dass es sich dabei möglicherweise um biologisch geprägte und durch die Sozi­ alisation verstärkte Geschlechtsdifferen­ zen handelt. Diese Befunde lassen es mehr als fraglich erscheinen, ob es sinn­ voll ist, auf eine vollständige Egalisie­ rung der Geschlechterverteilung in sozialen oder technischen Berufen hin­ zuarbeiten. Nichtsdestotrotz gilt es, ins­ besondere in Beratungssettings, die Rolle der gesellschaftlichen «Überfor­ mung» im Blick zu behalten und in Fäl­ len, in denen dies angezeigt ist, die schädliche Wirkung stereotyper Vorstel­ lungen zu durchbrechen.  — PANORAMA 6 | 2012 — 23

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ARBEITSMARKT

«Bei den Wertvorstellungen zu Arbeit und sozialer Sicherheit ist der Röstigraben ziemlich tief.» Rafael Lalive, Arbeitsmarktforscher an der Universität Lausanne— Seite 29

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WEB

Bessere Übersicht – mehr Information Die vom Staatssekretariat für Wirtschaft betreute Website treffpunkt-arbeit.ch präsentiert sich in neuer Aufmachung. Das Wichtigste vorweg: Der Relaunch ist vollauf geglückt. Die neue Version ist umfassend, übersichtlich, benutzerfreundlich. Stellensuchende erhalten kurze, praxisnahe Bewerbungstipps oder können sich rasch einen Überblick über alle Arbeitsmarktmassnahmen vom Motivationssemester über Ausbildungspraktika bis hin zur Förderung der selbständigen Erwerbstätigkeit verschaffen. Die berufliche Vorsorge während der Arbeitslosigkeit, das Vorgehen nach der Aussteuerung, die Leistungen bei der Arbeitssuche im Ausland sind nur eine winzige Auswahl der eindrücklichen Themenfülle. Hilfsmittel wie die Checkliste zur Standortbestimmung ermuntern die Stellensuchenden zudem zur Eigeninitiative. Ebenso wertvoll ist der Service für Arbeitgeber. Der neu geschaffene RAV-Check informiert unter dem Titel «Alles zur Stelle» in kurzer, attraktiver Form über die vielfältigen Dienstleistungen der Arbeitslosenversicherung wie z. B. kostenlose Inserate auf der Kandidatenplattform, Eignungsabklärung oder Einarbeitungszuschuss. Darüber hinaus widerspiegelt die Website die stark verbesserte, unkomplizierte Zusammenarbeit mit der privaten Arbeitsvermittlung. Fazit: treffpunktarbeit.ch ist für Stellensuchende, Arbeitgeber und Personalverleiher ganz einfach unerlässlich. vm www.treffpunkt-arbeit.ch

ZAhL

2370 So viele Stellensuchende mit Doktortitel verzeichnete die Arbeitsmarktstatistik im September 2012. Unsere deutschen Nachbarn nennen dieses Phänomen «Doktor Arbeitslos». Davon betroffen sind vor allem Absolventinnen und Absolventen aus Geistes- und Sozialwissenschaften wie Historiker, Sprachwissenschaftler, Psychologen oder Soziologen. Eine erfolgreiche Universitätskarriere ist folglich noch längst keine Arbeitsplatzgarantie. Die RAV versuchen, diesen hoch qualifizierten Arbeitslosen mit gezielten praxisorientierten Arbeitsmarktmassnahmen den Weg in die Berufswelt zu ebnen. Oft bleiben aber bloss eine Umschulung und/oder ein Quereinstieg. vm

Bilder: zvg | Übersetzung: AHA Translation

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ERFOLG

Forschung und öffentliche Meinung Bewerbende aus Genf haben bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz als Grenzgänger. Dies geht aus einer empirischen Studie des Observatoire Universitaire de l’Emploi (OUE) hervor. Die Bewerbenden befinden sich in geografischer Nähe und sind verfügbar, die Arbeitgebenden kennen die Titel – dies sind nur einige mögliche Erklärungen für diesen Trend. Seit ihrer Veröffentlichung wird die Studie in der Presse und in der Öffentlichkeit lebhaft diskutiert. Auch auf verschiedenen Websites wird sie von zahlreichen Bloggern kommentiert – und für politische Zwecke genutzt! pf

BuCh

Fair qualifiziert? Personalbeurteilungen sind in der Arbeitswelt ein Dauerbrenner. Unter dem Titel «Fair qualifiziert?» informiert eine kürzlich erschienene Publikation Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber, was ein korrektes Arbeitszeugnis enthalten muss und wie Personalfachleute einen Zeugnistext interpretieren. Die beiden Autorinnen halten auch die Grundregeln bei Referenzauskünften fest. Zudem wird anhand von konkreten Beispielen und Formulierungshilfen aufgezeigt, wie Mitarbeitergespräche für alle Beteiligten zu einer Chance werden können. vm G. Baumgartner, I. Bräunlich Keller: Fair qualifiziert? Beobachter Buchverlag, Zürich, 2012.

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ARBEITSMARKT

Serie «RAV im Porträt»

Pragmatische Lösungen stets im Vordergrund Die RAV Porrentruy und Wolhusen nutzen die Vorteile eines kleinen Teams. Sie sind überschaubar, beweglich und können sich neuen Situationen rasch anpassen.  —  Von Barbara Rebsamen

porrentruy

Wolhusen

Trotz sinkender Arbeitslosigkeit keine Entlassungen Porrentruy ist einer von drei Standorten des «RAV Jura», zu dem auch Delémont und Saignelégier gehören. Diese Organisationsform habe viele Vorteile, berichtet RAV-Leiterin Nicole Gigon. Beispielsweise gibt es spezialisierte Personalberater, die für alle «Filialen» arbeiten: Einer davon kümmert sich um Arbeitslose kurz vor der Aussteuerung, einer ist zuständig für die Berufsberatung und ein weiterer für Klienten mit gesundheitlichen oder sozialen Problemen. Zudem können bei Engpässen unkompliziert Mitarbeitende ausgetauscht werden, da die Prozesse und Strukturen überall gleich sind. Diese Einheitlichkeit wird einerseits gewährleistet, weil die drei Standorte betreffend Grösse und Kundschaft sehr ähnlich sind, und andererseits, weil die Gesamtleitung bei einer einzigen Person liegt. In den vergangenen zwei Jahren ist die Arbeitslosenquote im Kanton Jura von 5,1% auf 3,0% gesunken. Diese schnelle konjunkturelle Erholung sei der wirtschaftlichen Struktur der Region zu verdanken, meint Nicole Gigon. Fast die Hälfte aller jurassischen Arbeitsplätze finden sich in der Industrie, die meisten davon in der Uhrenindustrie. Das erklärt auch die eher niedrige Zugangsquote von Arbeitslosen. Aktuell sind die meisten Klienten des RAV Porrentruy Industrieangestellte mit Schweizer Pass, der Anteil an Grenzgängern nimmt aber stetig zu und stellt die Organisation vor neue Herausforderungen. Trotz der stark sinkenden Arbeitslosenzahlen mussten im RAV Jura bis jetzt keine Mitarbeitenden entlassen werden. Das sei richtig, findet Nicole Gigon, denn die verbleibenden Dossiers seien schwierig und arbeitsintensiv. Die sechs Personalberatenden im RAV Porrentruy sind jeweils für eine Branche zuständig und betreuen momentan je ungefähr 100 Stellensuchende. Vielseitigkeit und Eigenverantwortung der Berater werden grossgeschrieben: Sie dürfen beispielsweise Sanktionen von bis zu 15 Tagen aussprechen und sind nebst den Stellensuchenden auch für Arbeitgeberkontakte und die Akquisition von Vakanzen verantwortlich.

Intensiver Austausch bringt Erfolg Gemessen am Einzugsgebiet wäre das RAV Wolhusen das zweitgrösste der fünf RAV im Kanton Luzern. Betrachtet man hingegen die Anzahl der Mitarbeitenden und der betreuten Stellensuchenden, ist es das kleinste. RAV-Leiter Herbert Lustenberger sieht sein Team mit fünf Personalberatern und zwei Sachbearbeiterinnen als Erfolgsfaktor: «Ich bin immer nahe bei meinen Leuten und spüre schnell, wenn irgendwo der Schuh drückt.» Lustenberger legt viel Wert auf eine aktive Führung, eine gute Teamkultur und eine stetige Verbesserung der Arbeitsqualität. Alle zwei Monate bespricht er z. B. mit jedem seiner Berater dessen rund hundert Versicherte. Auch durch Fallanalysen und gegenseitige Dossier-Kontrollen im Team werden Ideen ausgetauscht und optimale Lösungen für schwer vermittelbare Klienten gefunden. Das RAV Wolhusen gibt sich zudem regelmässig verbindliche Leistungsziele. Seit zwei Jahren sind dies die Themen «Langzeitarbeitslosigkeit und Wiederanmeldungen»: Wie kann die Qualität der Bewerbungen verbessert werden? Wie sieht ein optimaler Support für Langzeitarbeitslose aus? An solchen und ähnlichen Fragen wird intensiv gearbeitet. «Wir haben momentan eine sehr hohe Durchlaufquote», erzählt Herbert Lustenberger, «viele melden sich immer wieder an, da sie nur Temporärjobs finden.» Mit der Schliessung der zwei grössten Firmen hat die Region in den letzten Jahren ungefähr 600 Arbeitsstellen verloren. Seither ist es vor allem für Hilfskräfte schwierig geworden, in der näheren Umgebung einen festen Arbeitsplatz zu finden. Immer öfter decken die Unternehmen die Spitzen mit befristeten Anstellungen ab. «Auch wenn auf dem Land enge nachbarschaftliche Kontakte bestehen, müssen die lokalen KMU auf ihre Rendite schauen», weiss Herbert Lustenberger. Eine gute Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern wird entsprechend grossgeschrieben: Alle Personalberater haben zu mindestens 30 Firmen Kontakt und besuchen oder kontaktieren diese regelmässig.

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Grafik: Andrea Lüthi

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Sensibilisierungskampagne

Unternehmen sind auch Kunden Die Unternehmen nutzen bei der Personalrekrutierung die Dienstleistungen der RAV zu wenig. Nun hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Informationskampagne gestartet. Valentin Lagger, Kommunikationsbeauftragter des Seco, gibt Auskunft. Interview: Philippe Frossard

PANORAMA: Unter dem Titel «Machen Sie den RAV-Check» hat das Seco im Oktober 2012 eine Sensibilisierungskampagne gestartet. Können Sie die wichtigsten Punkte dazu erläutern? Valentin Lagger: Das Seco hat zur Lancierung der Kampagne eine Broschüre mit dem Titel «Alles zur Stelle» herausgegeben. Wir wenden uns damit an die Arbeitgebenden, um diesen unsere Leistungen und unser Engagement näherzubringen. Die Broschüre wurde an 85 000 von den kantonalen Arbeitsmarktbehörden ausgewählte Unternehmen verteilt. Weiter wurde das Portal www.rav-check.ch eingerichtet, das sich speziell an Unternehmen richtet. Broschüre und Portal enthalten wertvolle Informationen über die Leistungen der RAV zugunsten der Unternehmen. Diese können auf dem Webportal freie Stellen melden und über die anonymisierte Suchmaschine nach geeigneten Kandidaten suchen, die in den RAV eingetragen sind. Auf diese Weise arbeiten sie direkt mit HR-Fachleuten zusammen, was Zeit spart und administrativen Aufwand verringert. Warum wurde die Kampagne ins Leben gerufen? Fast die Hälfte der Unternehmensleiter und HR-Verantwortlichen kennen das Dienstleistungsangebot der RAV nicht. Das hat eine im Frühjahr 2011 durchgeführte Umfrage ergeben, bei der 4633 Unternehmen befragt wurden. Andererseits sind 88% der Arbeitgebenden, die mit den RAV zusammenarbeiten, mit deren Leistungen zufrieden. Das noch brachliegende Vermittlungspotenzial ist demnach gross. Bild: zvg | Übersetzung: Myriam Walter

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Zeigt die Kampagne, dass die RAV zwei Kundengruppen haben: die Stellensuchenden und die Unternehmen? Ganz genau. Die Unternehmen bezahlen die Hälfte der Prämien an die Arbeitslosenkassen. Sie tragen folglich zu einem grossen Teil bei, dass Erwerbslose eine finanzielle Entschädigung erhalten und von Eingliederungsmassnahmen profitieren können. Weiter sieht das Gesetz vor, dass Unternehmen Anrecht auf Leistungen durch die RAV haben, z. B. bei der Vermittlung. Von einer guten Zusammenarbeit zwischen den RAV und den Unternehmen profitieren die Erwerbslosen, da sie dadurch einfacher eine neue Stelle finden. Deshalb ist die sorgfältige Vorselektion der vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten bei einer Vakanz eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Unternehmen. Heisst das, dass nur die Besten davon profitieren? Überhaupt nicht. Unsere Kampagne zielt auch darauf ab, über die verschiedenen Arbeitsmarktmassnahmen (AMM) zu informieren: Praktika, Einarbeitungs­ zuschüsse, Ausbildungszuschüsse oder die Vermittlung von befristeten Anstellungen und Zwischenverdiensten. Wenn AMM gewährt werden können, sollen sie auch eingesetzt werden. Gelingt eine Stellenvermittlung dank dieser Massnahmen, ist das ein Erfolg sowohl für den Kandidaten wie auch für die Arbeitslosenversicherung. Und dann steht in der Bezeichnung «RAV» der Buchstabe «V» für «Vermittlung». Davon sollen insbesondere Erwerbslose – auch wenig qualifizierte – profitieren. Ihnen

Valentin Lagger: «Auch Unternehmen haben gesetzlichen Anspruch auf Leistungen der RAV.»

fehlen oft die Mittel, um effizient nach einer Stelle zu suchen. Woran erkennen Sie, ob die Sensibilisierungskampagne erfolgreich ist? Wenn die Unternehmen sich daran erinnern, was das Label «Machen Sie den RAVCheck» bedeutet. Das lässt sich feststellen, indem der Verlauf der Kontakte zwischen den Unternehmen und den RAV überprüft wird. Auch daran, ob die Zahl der gemeldeten vakanten und wiederbesetzten Stellen steigt. Weiter evaluieren wir im nächsten Jahr die Situation anhand einer Umfrage bei den Unternehmen, um vor Ablauf der Kampagne im Jahre 2015 gezielte Korrekturen anbringen zu können. Der grösste Erfolg ist allerdings darin begründet, dass die kantonalen Arbeitsmarktbehörden von Beginn weg am Aufbau und an der Umsetzung der Kampagne beteiligt waren.  — PANORAMA 6 | 2012 — 27

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Normen, Werte und Arbeitslosigkeit

Romands und Tessiner bleiben länger arbeitslos In der lateinischen Schweiz dauert die Stellensuche durchschnittlich sieben Wochen länger als in der Deutschschweiz. Diese Diskrepanz ist vor allem durch kulturelle Unterschiede begründet. Von Viktor Moser

Doch lässt sich das Verhalten bei der Stellensuche beeinflussen? Immerhin stellen die Forscher fest, dass die RAV bei enger Führung und vermehrten Sanktionen die Suchintensität ihrer Klienten verbessern können. Einen indirekten Hinweis liefert auch die Tatsache, dass die Kantone Jura, Genf, Neuenburg, Freiburg und Wallis 2011 prozentual am wenigsten Sanktionen verfügen. Laut Rafael Lalive lassen sich die sozialen Normen bezüglich Arbeit – wenn überhaupt – nur sehr langfristig ändern. Zusammen mit seinen Forscherkollegen plädiert er deshalb dafür, in der Vereinbarung zwischen Seco und Kantonen bei der Wirkungsmessung die kulturellen Unterschiede als neuen Faktor zu berücksichtigen. Diese Idee wird zurzeit vom zuständigen Gremium geprüft. — B. Eugster, R. Lalive, J. Zweimüller: Does Culture matter for Unemployment? Evidence from the Roesti Border. The Economic Journal, 2012.

Abstimmungsverhalten nach Distanz zur Sprachgrenze (in km)

Ja

45

45%

40

40%

35

35%

30

30%

Gemeinden in der Deutschschweiz Gemeinden in der Romandie

25%

25

Kulturelle Einflüsse entscheidend Die Autoren stellen hingegen fest, dass die Wertvorstellungen bezüglich Arbeit und sozialer Sicherheit dies- und jenseits des Röstigrabens wesentlich voneinander abweichen. Während die Lateiner wirtschaftlichen Erfolg eher auf Glück oder Vitamin B zurückführen, sehen ihre Landsleute aus der Deutschschweiz darin primär das Ergebnis von harter Arbeit und eigener Entscheidungsfähigkeit. Der unterschiedliche Stellenwert von Arbeit zeigt sich auch in einer Umfrage des International Social Survey Programme aus dem Jahre 2005. Die Aussage: «Ich würde weiterarbeiten, auch wenn ich genügend Geld hätte», bejahten 70 Prozent der Deutschschweizer, aber bloss 50 Prozent der Romands und Tessiner. Noch deutlicher kommen die Mentalitätsunterschiede im Abstimmungsverhalten zum Ausdruck. Bei der Abstimmung über die Ferieninitiative 2012 betrug bereits nach zehn Kilometern Distanz zur Sprach-

grenze der Jastimmen-Anteil auf der lateinischen Seite 38 Prozent, auf der deutschsprachigen 33 Prozent (siehe Grafik). Noch markanter sind die Differenzen mit jeweils über zwölf Prozentpunkten bei den Arbeitszeitinitiativen 1988 und 2002 sowie bei der Ferieninitiative 1985. Die kulturellen Merkmale wirken sich auch beim Bewerbungsverhalten aus. Während die Deutschschweizer in erster Linie auf eigene Initiative setzen, erwarten die Stellensuchenden in der lateinischen Schweiz eine stärkere Vermittlung durch die RAV. Der Lausanner Wirtschaftsprofessor Rafael Lalive hat für dieses Phänomen eine Erklärung: «Lateiner haben allgemein weniger den Eindruck, ihr Geschick beeinflussen zu können. Da bietet sich eher eine Anspruchshaltung an.» Die aktivere Stellensuche bei den Deutschschweizern ist auch darauf zurückzuführen, dass diese ein grösseres familienexternes Beziehungsnetz aufweisen.

Ja (%)

— In der lateinischen Schweiz sind Stellensuchende durchschnittlich sieben Wochen länger arbeitslos als in der deutschsprachigen Schweiz. Eine kürzlich aktualisierte Studie der drei Arbeitsmarktfachleute Beatrix Eugster, Rafael Lalive und Josef Zweimüller geht den Gründen für die unterschiedliche Dauer der Arbeitslosigkeit nach. Als Erklärung für die ungleiche Dauer der Arbeitslosigkeit fällt die Gesetzgebung von vornherein weg. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz gilt für die ganze Schweiz. Auch das Stellenangebot ist beidseits des Röstigrabens praktisch identisch.

−100 -100

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Ferieninitiative 2012: Markante Unterschiede im Stimmverhalten dieseits und jenseits des Röstigrabens. Quelle: Seco

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Migrationsprojekt Solothurn

Startrampe in die Arbeitswelt Mit einer Vermittlungsquote von über 80 Prozent gehört das Migrationsprojekt des Kantons Solothurn zu den erfolgreichen Anbietern von Integrationsmassnahmen. Sein Zielpublikum sind Personen mit Ausweis F und B. Von Franziska Schönauer, Leiterin des Migrationsprojektes Solothurn

—  Das Migrationsprojekt startete 2010 mit 24 Jahresarbeitsplätzen. Gut zwei Jahre später hat es die Teilnehmerzahl fast verdreifacht. Ziel des Angebotes ist es, vorläufig aufgenommene Personen und Flüchtlinge (F-Ausweis) sowie anerkannte Flüchtlinge (B-Ausweis) in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Die meisten Teilnehmenden stammen aus Eritrea, Somalia und Sri Lanka. Als Trägerorganisation stützt sich die Genossenschaft Regiomech Zuchwil auf das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer von 2008. Sie beschäftigt zwei Migrationsfachpersonen mit einem Pensum von insgesamt 170 Stellenprozenten. Diese vermitteln pro Jahr durchschnittlich 60 Festanstellungen, was einer Vermittlungsquote von gut 80 Prozent entspricht. Da das Arbeitsbewilligungsverfahren für Arbeitgeber kosten- und zeitintensiv ist, sind temporäre Beschäftigungen eher die Ausnahme. Qualifizierung und Lebenshilfe Die angebotenen Qualifizierungen umfassen u. a. Metallbearbeitung und Montage, Holzbearbeitung sowie Küchen-, Reinigungs- und Umgebungsarbeiten. Von Anfang an hat die Regiomech mit vergleichbaren Institutionen kooperiert, um den Fächer an Angeboten zu ver­ grössern. Darüber hinaus ist sie mit Fachstellen wie den Sozialdiensten oder der Folter- und Opferhilfe vernetzt. Zusätzlich zur Qualifizierung trägt die praktische Lebenshilfe wesentlich zum Erfolg bei. In Workshops lernen die Teilnehmenden das schweizerische Bildungswesen kennen, was ihnen ermöglicht, den eigenen Bildungs- und ArbeitsBild: Regiomech Zuchwil

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Qualifizierung und Lebenshilfe: Genaues Arbeiten gehört zum Rüstzeug für den Arbeitsmarkt.

weg besser einzuordnen. Sie werden auch mit dem System der Sozialversicherungen, der Schuldenberatung oder mit elementaren Fragen der körperlichen und mentalen Gesundheit vertraut. So lernen sie anhand praktischer Aufgaben, gesund und budgetgerecht zu kochen. Oder sie erfahren, wie Kleider schonend gewaschen und geflickt werden. Neben internen Deutsch- und einem Sprachförderkurs mit einer Schauspielerin erhalten die Teilnehmenden einen umfangreichen Bewerbungssupport, der auch eine Strategie beinhaltet. Jugendliche haben zudem die Möglichkeit zu Selbststudium und Nachhilfeunterricht in Deutsch und Rechnen. Ein weiterer Schlüssel für die hohe Vermittlungsquote sind Schnuppereinsätze und Praktika in Firmen des ersten Arbeitsmarktes. Diese führen viel häufiger zu einer Festanstellung als das blosse Verschicken von Bewerbungsdossiers. Es versteht sich von selbst, dass die Akqui-

sition von geeigneten Arbeitgebern eine Daueraufgabe ist. Fördern, aber auch fordern Doch es gibt auch Rückschläge. Dazu zählen schwierige Teilnehmende, die letztlich nur auf finanzielle Kürzungen durch die Sozialdienste reagieren. Die «Führung über das Portemonnaie» ist oft der einzig gangbare Weg, selbst wenn sich Politiker und Sozialarbeiter mit solchen Massnahmen schwer tun. Es lässt sich auch nicht bestreiten, dass sich Arbeit für die Betroffenen manchmal gar nicht «lohnt». Die Sozialhilfe ist für sie naheliegender als die Mühsal einer niederschwelligen Berufstätigkeit. Das Prinzip von Rechten und Pflichten wird dabei mitunter arg strapaziert. Vor dem Hintergrund staatlich garantierter Unterstützung bedarf es oft viel Überzeugungskraft, um die Teilnehmenden zu eigenverantwortlichem Handeln zu motivieren.  — PANORAMA 6 | 2012 — 31

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ARBEITSMARKT

Submission von Arbeitsmarktmassnahmen

Mehr Innovation oder weniger Qualität? Einzelne Kantone schreiben Arbeitsmarktmassnahmen öffentlich aus. Diese als Submission bezeichnete Praxis ist umstritten, wie eine Umfrage in den Kantonen Zürich und Bern zeigt. Was die einen als Preisdumping bezeichnen, beurteilen die andern als transparentes Vorgehen. Von Viktor Moser

—  Die Kantone Zürich, Bern, St. Gallen und Luzern wenden bei Arbeitsmarktmassnahmen (AMM) das Submissionsverfahren an. Der Kanton Solothurn wird dieses Vorgehen in den nächsten Jahren schrittweise einführen. Demgegenüber hat Genf von öffentlichen Ausschreibungen wieder Abstand genommen. Allein schon diese kurze Übersicht macht deutlich, dass die Submission von AMM umstritten ist. PANORAMA hat zu dieser Frage die Meinungen von AMMAnbietern und Entscheidungsträgern aus den Kantonen Zürich und Bern sowie die Position des Verantwortlichen für AMM beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eingeholt. Kontinuität bleibt auf der Strecke Die befragten Anbieter räumen ein, dass dank Submissionen der Markt offener und dynamischer werde. Durch das Mitwirken am Ausschreibungsprozess akzeptierten sie indirekt die Spielregeln. «Wichtig sind transparente, verbindliche Kriterien, die wenig Ermessensspielraum für die Beurteilenden offen lassen», sagt Guglielmo Bozzolini, Leiter der Ausbildungsorganisation ECAP. Gleichzeitig heben er und andere den Unterschied zu Bauvorhaben hervor, wo Submissionen am gebräuchlichsten sind. «AMM sind nicht mit Bausubmissionen zu vergleichen», meint Heinz Schenkel vom Zürcher Kursanbieter c-mp stellvertretend für seine Branche. Im Gegensatz zum AMM-Umfeld sei das Baugewerbe durch Gesamtarbeitsverträge stark reglementiert, ergänzt Jürg Fassbind, Leiter des Kompetenzzentrums Arbeit in Bern.

«Wir verfassen fast täglich Ausschreibungen», gibt Werner Mock, Geschäftsführer der Stiftung Arbeitsgestaltung, zu verstehen. Das Submissionsverfahren absorbiere einen (zu) grossen Teil der Arbeitszeit; auch deshalb, weil die Laufzeiten zu kurz seien. Gemäss Mock lässt sich «bei Angeboten, die im Dreijahresrhythmus laufen, keine kontinuierliche Qualität erarbeiten». Bei neuen Produkten sei ein Jahr für den Aufbau, ein weiteres für die Vertiefung und ein drittes für Modifikationen erforderlich. Zudem gehe extrem viel Know-how von Fachleuten verloren, wenn – wie beispielsweise in Bern – ein langjähriger Auftrag an einen Konkurrenten vergeben werde. «Wir mussten 25 Kursleiterinnen und Kursleiter entlassen, die dank Weiterbildungen und Praxiserfahrungen den Arbeitsmarkt, das Zielpublikum und die wichtigsten Ansprechpartner bestens kennen», präzisiert Mock. Heinz Schenkel, dessen Organisation im Kanton Zürich vor allem Kaderkurse angeboten hatte, weist ebenfalls auf den Kompetenzverlust hin. Seine Kursleiter hätten operative Erfahrungen und enge Kontakte zu HR-Abteilungen mitgebracht. Dieses Potenzial liege nun brach. «Vernetzung ist das A und O», bestätigt auch Jürg Fassbind. Durch Auftragsverluste würden sorgfältig aufgebaute «Beziehungsgeflechte, etwa mit den RAV oder mit Arbeitgebern, zerschnitten.» Einig sind sich die Anbieter auch darin, dass die kurzen Laufzeiten überdies Engpässe bei der Raumbestellung und der Infrastruktur auslösen würden.

Konzept und Preis stark gewichtet Entscheidend sei nicht die Frage, ob Submissionen durchgeführt würden, sondern nach welchen Kriterien, erklärt Guglielmo Bozzolini. Alle Anbieter halten fest, dass Konzepte einen viel zu gros­ sen Stellenwert hätten. Diese liessen sich trefflich abschreiben oder man könne ohne Weiteres einen temporären «Konzeptschreiber» engagieren. Das Konzept allein sage noch nichts über die Qualität des Angebotes aus. Eine zweite Hauptkritik ist aus Sicht der Organisatoren die übermässig starke Gewichtung des Preises, in Bern mit 40 Prozent, in Zürich mit 20 bis 30 Prozent. Tendenziell werde der Auftrag einfach an den billigsten Mitbewerber vergeben, was de facto zu einer Art Lohndumping führe. Bisher erbrachte Leistungen und letztlich auch die Qualität seien sekundär. «Wir können Qualität und Erfahrung anbieten, beim Preis sind wir als Stadt nur bedingt konkurrenzfähig», betont Jürg Fassbind. Heinz Schenkel doppelt nach, wenn er moniert, dass in Zürich die neuen Auftragnehmer von Kaderkursen Kursleiter aus Deutschland zu extrem niedrigen Honoraren beschäftigen würden. Entsprechend sei die Qualität. Ohne Kenntnisse des schweizerischen Arbeitsmarktes würden die Inhalte hinuntergerasselt. Sein Fazit: «Für wenig Geld wird null Gegenleistung eingekauft.» Fairness und Professionalität In ihren Stellungnahmen halten die Verantwortlichen aus den Kantonen Zürich und Bern als Erstes fest, dass es bei der

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Submission von AMM keine Wahlfreiheit gebe. Durch die kantonale Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen seien sie dazu verpflichtet. Sowohl Edgar Spieler, Bereichsleiter Arbeitsmarkt beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA), als auch Adrian Studer, vorsitzender Geschäftsleiter beco Berner Wirtschaft, erklären unmissverständlich, dass sie auch inhaltlich hinter den Submissionen stehen würden. Auf diese Weise werde die faire Gleichbehandlung aller Anbieter gewährleistet. Adrian Studer: «Die Verfahren sind offen und transparent. Alle Unternehmen können sich um Aufträge bewerben. Die Auswahl des besten Angebotes erfolgt aufgrund nachvollziehbarer Kriterien.» Edgar Spieler fügt bei, dass das AWA «den Einkauf von AMM basierend auf Rückmeldungen von Stellensuchenden, der RAV, der Anbieter sowie ausgehend von den Anforderungen des Arbeitsmarktes überprüft und bei Bedarf anpasst». Diese Praxis gilt auch im Kanton Bern. Der Wettbewerb belebe Preis und Qualität. Er trage zu einer professionelleren Beschaffung bei und verlange von allen Beteiligten permanent eine gründliche Reflexion, die die Qualität der AMM fördere. Bei den Laufzeiten handle es sich um einen Kompromiss zwischen den Anforderungen des Auftraggebers und den Interessen der Anbieter. Wie in einem privatwirtschaftlichen Betrieb könne auch bei AMM eine gewisse Fluktuation sinnvoll sein, denn, so Spieler, «langjährige Erfahrungen garantieren noch nicht, dass man sich auf neue Anforderungen und entsprechende Veränderungen gut einstellen kann». Preis ist kein Tabu Zu den beiden Vorwürfen «Überbewertung der Konzepte» und «Preisdruck» haben Studer und Spieler eine klare Meinung. Ein qualitativ hochstehendes Konzept sei «das Kernelement der Offerte» und eine notwendige, wenn auch nicht Bilder: T. Parel, M. Grünig

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hinreichende Voraussetzung für deren Realisierung. Im Kanton Zürich würden deshalb die Anbieter von AMM durch die verantwortlichen Fachleute des AMM eng begleitet. Für beide Kantone ist der Preis ein wichtiges Kriterium. «Wir sind verpflichtet, im Interesse der versicherten Personen die uns zur Verfügung stehenden Mittel sparsam einzusetzen», betont Adrian Studer. Bei öffentlichen Ausschreibungen sei eine Gewichtung von 40 Prozent üblich. Auch Edgar Spieler erachtet den Preisdruck nicht als übermässig: «Oft erhalten Anbieter mit einem hohen Preis und einer hohen Qualität den Zuschlag.» Seco verzichtet auf Obligatorium Aus der Sicht von Tony Erb, Leiter des Ressorts Arbeitsmarktmassnahmen beim Seco, bilden die AMM keinen Markt im Sinne des Binnengesetzes. Die Frage, ob die Kantone bei der Akquisition einer AMM die Bestimmungen des öffentlichen Beschaffungswesens anwenden müssen, sei von seiner Abteilung genau untersucht worden. Man habe die entsprechende Gesetzgebung, Rechtslehre und Rechtsprechung untersucht und drei Rechtsgutachten beigezogen. Mangels einer abschliessenden Antwort nehme

das Seco von einem Obligatorium für Submissionen von AMM auf Bundesebene Abstand. «Es soll den kantonalen Behörden freistehen, ein Verfahren zu wählen, mit dem sie die Vorgaben an Transparenz sowie an den wirtschaftlichen und wirksamen Einsatz der Subventionen am besten erfüllen können», erklärt Tony Erb. Zu beachten ist seiner Meinung nach, dass es nur eine begrenzte Zahl von Anbietern gebe, die die erforderliche Qualität aufbringen könnten. Ob Submissionen oder nicht, die kantonalen Amtsstellen hätten in jedem Fall die Lohnpolitik der Anbieter und die Anrechenbarkeit der Kosten im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu überprüfen. Hohe Priorität hat für das Seco die Schaffung eines internen Kontrollsystems (IKS) bei den Anbietern. Das IKS garantiere eine rechtkonforme Verwendung der Subventionen und müsse daher von den Amtsstellen kontrolliert werden. Tony Erb: «Submissionen ersetzen das IKS bezüglich interner Regelungen, Prozessabläufe, Marktpreise, Preisstruktur und Organisation nicht.» Im Gegenteil, das Seco hat es sich zum Ziel gesetzt, den Wirkungsgrad von IKS zu optimieren.  —

Umstrittene Submissionsverfahren: Arbeitsmarktmassnahmen lassen sich nicht mit Bauvorhaben vergleichen.

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IMPRESSUM

BERUFE MIT ZUKUNFT

Herausgeber Schweizerisches Dienstleistungszentrum Berufsbildung | Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung SDBB in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. Mit Unterstützung des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie BBT. Anschrift SDBB, Redaktion PANORAMA Haus der Kantone Speichergasse 6, Postfach 583 CH-3000 Bern 7 Tel. 031 320 29 63 Internet www.panorama.ch E-Mail redaktion@panorama.ch

Fachfrau, Fachmann Brauchtum EFZ Wie heisst eigentlich der rot gewandete Geselle, der uns im Dezember regelmässig über den Weg läuft? Nikolaus, Weihnachtsmann – oder sogar Santa? Und wen hat er da bei sich, mit der Rute? Schmutzli, Knecht Ruprecht – oder sogar den bösen Krampus? Darf man Letzteren im Zeitalter von Alterslimiten für alles Mögliche den Kindern überhaupt noch zumuten? Und was ist mit dem Christkind? Ist der 24. Dezember wirklich noch alleine sein Tag – oder ist dieses Monopol aufgrund der Expansionspolitik des Weihnachtsmanns ho-ho-hochoffiziell Geschichte? Mit solchen Fragen beschäftigen sich Fachfrauen und Fachmänner Brauchtum jetzt, am Ende des Jahres. Doch auch sonst haben sie viel zu tun: Sie beraten Vereine, Unternehmen, Gemeinden und sogar kirchliche Organisationen beim Durchführen von Feiertagen und traditionellen Volksfesten. Ihre fundierten Kenntnisse im Brauchtum ermöglichen es ihnen, solche Anlässe unverfälscht-ursprünglich durchzuführen – aber auch das Gegenteil. Die Berufsleute kennen alle Facetten des Brauchtums, also auch jene Elemente, die aus anderen Kulturkreisen oder aus zeitgenössischen Strömungen stammen. Der Beruf verbindet ethnologisches Basiswissen mit fundierten Kenntnissen im Event-Management. Egal ob russisch-orthodox oder fürs vorstädtische Hip-Hop-Kollektiv – Fachleute Brauchtum lassen für alle Bedürfnisse ein passendes Weihnachtsfest steigen. Die Berufsleute beschränken sich nicht auf schweizerische oder christliche Bräuche. Die berufliche Grundbildung gibt es in vielen Fachrichtungen, wie indigene Völker, Nahost und Fernost. Wer eine solche Fachrichtung wählt, braucht tiefes Verständnis und enge Verbundenheit zum entsprechenden Kulturkreis. pek

AUSBLICK

PANORAMA NR. 1

2013 erscheint am 22. Februar

Immigrantinnen Niedrigqualifizierte und schlecht bezahlte Arbeit ist bei Migrantinnen weit verbreitet. Sie sind in typischen Frauendomänen wie Reinigung, Hausarbeit, Pflege oder Textilindustrie tätig. Eine fehlende Ausbildung, aber auch Diskriminierung behindern ihre berufliche Integration. Einblicke in ein prekäres Berufsumfeld. 34 — PANORAMA 6 | 2012

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Redaktion Nick Manouk (nm), Chefredaktor Andreas Minder (am), Berufsbildung Pierre-Yves Puippe (pyp), Formation Stefan Krucker (sk), Berufsberatung Jean-Noël Cornaz (jc), Orientation Viktor Moser (vm), Arbeitsmarkt Philippe Frossard (pf), Marché du travail Kolumne Heinz Staufer (hs), Peter Kraft (pek) Produktion Anne Payot (ap) Layout Manuela Boss (mb) Bilder Niklaus Spoerri, Zürich Die Bilder zwischen den Kapiteln und das Titelbild inspirieren sich an den 22 Berufsfeldern (nach Zihlmann). In dieser Nummer: Chemie (Laborant/in) Verlag, Inserate und Vertrieb Weber AG Verlag Gwattstrasse 125 CH-3645 Thun/Gwatt Tel. 033 336 55 55 Fax 033 336 55 56 panorama@weberag.ch Abonnemente u.baumgartner@weberag.ch; Tel. 033 654 15 15 Adressänderungen bitte direkt dem Verlag mitteilen. Preise Die Fachzeitschrift PANORAMA erscheint zweimonatlich in Deutsch und Französisch. Einzelausgabe: CHF 19.– (Ausland EUR 15.–) Jahresabonnement (6 Ausgaben): CHF 92.– (Ausland EUR 78.–) Jahreskombiabonnement (deutsche und französische Ausgabe): CHF 111.– (Ausland EUR 93.–). ISSN: 1661–9552, 26. Jahrgang

Illustration: Lea Huber

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