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Kultur an Bord MS Schwan mit 23 Zuger Kulturpersönlichkeiten

Kultur an Bord MS Schwan mit

23 Zuger Kulturpersönlichkeiten

und Bildern von Andreas Busslinger

Impressum

Alle Angaben in diesem Buch wurden vom Autor nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und von ihm und dem Verlag mit Sorgfalt geprüft. Inhaltliche Fehler sind dennoch nicht auszuschliessen. Daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autor noch Verlag übernehmen Verantwortung für etwaige Unstimmigkeiten.

Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.

© 2024 Weber Verlag AG, 3645 Thun/Gwatt 2. Staffel

Autor: Heinz Amstad

Herausgeber: Schiffs-Agentur Zug

Weber Verlag AG Leitung und Projektleitung: Annette Weber-Hadorn Gestaltung und Satz: Salomé Mettler

Korrektorat: Alexandra Widmer

ISBN 978-3-03818-650-2 www.weberverlag.ch

Der Weber Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2025 unterstützt.

Kultur an Bord MS Schwan

mit 23 Zuger Kulturpersönlichkeiten

und Bildern von Andreas Busslinger

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

«Willkommen an Bord des Oldtimers Schwan auf dem Zugersee» – mit diesen Worten darf ich jeweils die Gäste auf der Apérofahrt begrüssen, bevor die eingeladene Kulturpersönlichkeit das Zepter übernimmt. Der Gast bekommt inhaltlich eine «Carte blanche» und bestimmt den Themen folgend auch den Kurs des Schiffes. Für die Darbietungen bleibt der Schiffsmotor stumm oder die Kulturpersönlichkeit wünscht einen Landgang, um uns an für sie wichtigen Orten ein kulturelles Erlebnis zu bieten. Die Zuger Kulturpersönlichkeit erzählt in ungezwungener Form aus ihrem Leben, demonstriert ihren Bezug zum Zugersee oder zur Schifffahrt und kommt mit den Fahrgästen ins Gespräch.

Seit 16 Jahren tuckert das über 100-jährige Schiff zwei bis vier Mal im Jahr an einem Donnerstagabend über den landschaftlich reizvollen Zugersee. Bis 2012 unter der Ägide der SGZ, dann unter dem Patronat der Schiffs-Agentur, organisiere und moderiere ich jeweils die rund 100-minütigen Ausfahrten, die öffentlich sind. Die Kombination von Kultur, Apéro und Schifffahrt hat sich dabei als stimmiges Format erwiesen. Das intime Ambiente des kleinen MS Schwan strahlt eine spezielle Atmosphäre aus und ermöglicht den auftretenden Kulturschaffenden einen stimmigen Rahmen. Als «Bühne» dient eine Schiffsbank, der Kapitänshocker oder die Bartheke. Die Kulisse ist einmalig: vor dem

Kulturgast das Publikum – rundum Wasser und am Horizont die Stadt Zug und Cham, der Zugerberg und die Rigi in wechselnden Perspektiven und Wetterstimmungen.

Wer als Zuger Kulturpersönlichkeit an Bord der «Schwan» die Fahrgäste unterhält und einen Einblick in ihr Schaffen gibt, hängt in den meisten Fällen von meinen persönlichen Vorlieben, Bekanntschaften und aktuellen Begegnungen ab. Die 23 jüngsten «Portraits» sind also im Hinblick auf den gesamten Kulturraum Zug unvollständig, subjektiv und intuitiv ausgewählt. Nichtsdestotrotz sind sie Zeitzeugen einer kulturellen Vielfalt, die mit einigen Namen Weltklasseniveau erreicht hat, während die geneigte Leserschaft andere vielleicht (noch) gar nicht kennt. Für mich ist es beeindruckend, auf so engem Raum, wie ihn der Kanton Zug bietet, einer so breiten Palette von Kulturschaffenden zu begegnen; aufgrund meiner Wunschliste der noch einzuladenden Gäste könnte man wöchentlich ausfahren.

Dieses Buch ist ein buntes Kaleidoskop von Impressionen, das als Ganzes seine Wirkung und Stärke zeigt. Es versteht sich als Zeitdokument. Denn die Texte und Bilder sind Momentaufnahmen der Begegnungen und Eindrücken am Tag des «Geschehens». Anschliessend ist die Entwicklung dieser Persönlichkei-

ten weiter gegangen: stürmisch, stetig, erfolgreich oder erfolglos, und leider weilen bei Drucklegung dieses Buches nicht mehr alle Kulturpersönlichkeiten unter uns.

Literat, Schriftsteller, Poet, Autor, Journalist – Fotografin, Malerin, Bildhauerin, Designerin – Comedy, Kabarett, Zauberei – Musikerin, Sängerin, Musicaldarstellerin, Tänzerin, Komponistin, Dirigentin – Kunstschaffender, Kulturträger, Kulturverantwortlicher und Kulturförderer: In unserer Welt, getrieben von Arbeit und Leistung, Zeitma-

nagement und Geld, Effizienz und Erfolg, bedeutet Kultur für mich Zeit zu reflektieren, sinnieren, geniessen und Raum für Emotionen. Zusammen mit meinen Gästen lasse ich mich jedes Mal berühren von den wunderbaren Geschichten und Begegnungen mit den Kulturpersönlichkeiten an Bord.

Heinz Amstad

PS. Von 2009 bis 2016 waren weitere 22 Kulturpersönlichkeiten zu Gast auf der «Schwan». Ob sie in einer «Staffel 1» in einem anderen Buch dokumentiert werden, wäre mein Wunsch, ist aber offen.

Eine Perspektive vom MS Schwan aus: Zuger Kulturpersönlichkeiten werfen ab und zu auch kritische Blicke auf Zug.

Carlo Meier –Schriftsteller

Der Föhn bläst heute, am 11. Mai 2017, bis ins Zugerland, was selten vorkommt. Auf Wunsch unseres Spezialgastes steuern Schiffsführer René Simmen und Aspirantin Simone Küttel Buonas an, und gelangen so trotz des böigen Südwindes in eine ruhige Bucht. Zwar stürmt es hier auch, aber im Schutz der Halbinsel gibt es keinen Wellengang wie auf dem See, wenn wir jeweils die Fahrt unterbrechen, um dem «Special-Guest» zuzuhören. An Bord befindet sich der Zuger Autor Carlo Meier. Seine Bestseller sind die Kaminski-Kids – sie umfassen inzwischen 20 Bände und gehören zu den grossen Erfolgsgeschichten der Schwei-

zer Kinder- und Jugendliteratur. Bereits in drei Sprachen übersetzt sind die Bücher heute ein Selbstläufer, beliebt und empfohlen von Pädagogen und Literaturgesellschaften. Rezensenten loben, dass seine Werke besonders realitätsnah seien. Er recherchiert Inhalte eins zu eins bei Fachleuten und bei der Polizei. Für den neusten Krimi für Erwachsene «Hope Road» hat er sogar einige Zeit in London gelebt: «Es ist mein vierter Krimi für Erwachsene.» Ausstrahlungen seiner Drehbuchverfilmungen im ZDF, SF, ORF und weiteren Sendern sowie in Kinos vieler Länder zeugen vom internationalen Interesse seines

Der Salon vom MS Schwan bietet eine ungezwungene Atmosphäre für den Mix aus Apéro, Unterhaltung und Kultur.

Schaffens. Meier: «Wenn der Funke auf die Jugendlichen überspringt, dann motoviert mich das, weiterzuschreiben».

Seine Ausführungen hier auf dem MS Schwan erzeugen viele Lacher – seine Geschichten über die Geschichten, die er schreibt, erzählt er geradlinig, unterhaltsam und nie um eine Pointe verlegen. Ich habe das Buch anschliessend gelesen und fühlte mich in der Tat an den Ort des Geschehens versetzt.

Der 1961 in Zug geborene und hier lebende Autor hat im letzten Winter den ersten Band einer Trilogie namens Paradise Valley lanciert. Carlo Meier bedient sich in diesem Werk stark der Filmsprache: schnelle Wechsel, klare Schnitte, ein spannungsgeladenes Kino zum

Carlo Meiers verschmitztes Lachen finden die Leserin und der Leser in seinen Büchern wieder so auch in «Hope Road», dem köstlichen Krimi für Senioren.

Lesen. Noch bevor das Buch erschienen ist, wird es bereits preisgekrönt und erhält den Zentralschweizer Literaturpreis. Die Erwartungen sind also hoch. Wie geht der Autor mit diesem Druck um? Meier: «Das gibt Schub, das motiviert. Diese Art Druck ist für mich positiv.» An Bord der «Schwan» hält er die 2000. Lesung («von Hamburg bis Locarno») und signiert im Anschluss seine zwei mitgebrachten Titel Hope Road und Paradise Valley. Die Fahrgäste sind begeistert und wir stossen auf seinen Jubiläumsanlass an – 2000 Lesungen, das darf gefeiert werden.

Ruppiger Zugersee dank Föhnböen draussen – pointenreiche Erzählungen

dank Carlo Meier drinnen

Verena Voser –Bildnerische Künstlerin

Beim zweiten Event des Jahres 2017, am 8. Juni, ist eine experimentierfreudige Kulturpersönlichkeit mit an Bord. Die in der Westschweiz aufgewachsene und mit Unterbrüchen seit bald 50 Jahren in Zug lebende Verena Voser ist bildnerische Künstlerin. Ihre Technik in der Verbindung verschiedener Materialien hat sie stets weiterentwickelt. Für ihre aktuellen Arbeiten trägt sie flüssiges Porzellan auf Japanpapier auf und schafft so Linienstrukturen. Pigmente und Grafit sorgen für Farbfelder, und Bienenwachs ergibt die erwünschte Transparenz.

Die Künstlerin wünscht sich vom Schiffsführer Marco Bisegger als ersten Zwischenhalt das Freibad Seeliken. «Meine

erste Begegnung mit dem Zugersee war schmerzhaft. Im Sommer 1969 trat ich hier in der Seeliken auf einen rostigen Nagel, der die Hauptschlagader traf», erinnert sich Voser an ihr allererstes Bad im See.

Mit Blick stadtwärts erklärt sie den Gästen, dass der Zugerberg und der Zugersee viel mit der Kunst gemeinsam hätten: «Kunst ist nicht zweckgebunden, hat keinen praktischen Sinn. Kunst bietet Raum für Zeit und Langsamkeit und damit für Erfahrungen, für Empfindungen, für das Denken. Hier sehe ich Paral-

Verena Voser: «Kunst bietet Raum für Zeit und Langsamkeit» – so wie MS Schwan.

lelen zum Zugerberg und zum Zugersee. Kunst muss nicht auf den ersten Blick schön sein, aber sie soll Schönheit erfahrbar machen, die Wahrnehmung von Ästhetik auslösen. Das tun der See und der Berg auch.»

MS Schwan tuckert weiter in Richtung Buonas. Vom Schiff aus sieht Zug ganz idyllisch aus. Für Verena Voser ist aber klar: «Wir haben jetzt keine Sicht auf Strassenzüge, die durch die Internationalisierung jegliche Identität verloren haben. Beim Gang durch die Poststrasse, Baarerstrasse, Gubelunterführung, an Parktower und Uptown vorbei, zum Feldhof und zum Feldpark bis in die Nordstrasse bleibt die ganze Trostlosigkeit an den Schuhsohlen kleben. Diese geballte Hässlichkeit gilt es aber zu relativieren, denn nebst dem sichtbar Hässlichen ist stets auch das unsichtbar Schöne da. Oder umgekehrt.»

Das wunderschöne Wetter von heute unterstreicht ihre Aussage und gibt Gegensteuer zur realistischen Einschätzung ihrer Stadt. «Nur die Kunst schafft es, die Schönheit und die Hässlichkeit zusammenzufügen. Das Sichtbare mit dem Unsichtbaren zu verbinden. In meiner Kunst verknüpfe ich Gegensätze.»

In Buonas angekommen offenbart Verena Voser ihre Liebe zu Feuerstellen: «Feuer fasziniert mich. Mangels Hauses mit Garten zieht es mich in den Wald oder an den See, wo liebevoll gestaltete Plätze zum Feuern einladen. Das Brennen von Tonerde und Porzellan stand übrigens ganz am Anfang meiner Kunst. Der Wandel von der weichen, geschmeidigen Tonerde hin zum harten, starren Produkt hatte damals seinen ganz besonderen Reiz für mich.»

Aufmerksame Zuhörende lauschen den Ausführungen von Verena Voser.

Sie zeigt anhand mitgebrachter Werke ihre intensive und hochstehende Auseinandersetzung mit Themen und Materialien.

Verena Voser

Julian von Flüe –Musiker, Akkordeonist

Ein virtuoses musikalisches Feuerwerk gibt es auf der «Schwan» am 7. September 2017: Dieser «schwimmende» ApéroAbend ist der Musik gewidmet und einem ebenso virtuosen wie eigenwilligen Künstler, der zugleich auch Lebenskünstler ist: Julian von Flüe. Der 22-jährige Hünenberger ist gelernter Sattler, liebt Oldtimer und kann trotz seines jugendlichen Alters von seiner Musik und seinem vielseitigen handwerklichen Können leben. Seit 12 Jahren ist er auf Bühnen präsent, tritt konzertant auf Kleinbühnen auf, stimmungsmachend in Skihütten, souverän auf Open-Air-Bühnen und ist allzeit bereit

für Familien- und Firmenfeiern. Seine Ursprungsfamilie hat ihn musikalisch geprägt: Zusammen mit seinem Vater und seinen zwei Geschwistern spielte er auch in der erfolgreichen Familienkapelle «Folka».

Nach seinem Erstlingswerk – der CD mit dem Titel «D’Bärge uf», 2015 – lernte Julian von Flüe 2016 die grossen Bühnen und Produktionen inklusive TV-Auftritten kennen. Zur einjährigen Tournee mit Marc A. Trauffer meint er: «Da habe ich sehr viel profitiert und auch gelernt.» Dennoch sagte er nach rund 70 erfolgreichen Konzerten der Trauffer-Formation

Julian und sein Instrument wirken wie eins: weder Noten noch Blicke auf den Diskant (Melodientastatur) stören die Einheit.

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