Dampfblatt Nr30

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Nr. 30 / Mai 2018

Dampf-Blatt www.dampferfreunde.ch — info@dampferfreunde.ch — facebook.com /dampferfreunde

«Eh – di Junge, die si nümm wie früecher!»

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Dampfer-Fahrplan 2018

3

DS Lötschberg

«Es war eine sehr i­ ntensive Zeit» 4 Was machen die Seeleute im Winter? Käpt’n Dampferli

5

Willkommen an Bord, liebe Kinder 8

Spiezerli

Das Spiezerli nimmt Gestalt an 10 Was 1901 sonst noch geschah

10

Gefängnisausbruch auf der Blümlisalp

12

BLS «Wir sind stolz auf die Dampfschiffe»

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«Ich kannte alle Kapitäne beim Namen» 14

Es war einmal …

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Unterstützen Sie unseren Verein

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Leserfoto 15


2  Dampf-Blatt Nr. 30 E DI T OR I A L

«Eh – di Junge, die si nümm wie früecher!» Stopp, lieber Leser, liebe Leserin aus nah und fern, stopp! Bevor Sie weiterlesen, blättern Sie zuerst weiter, auf Seite 5 oder 7, schauen Sie sich mal die Fotos an …

«Eh – di Junge, die si nümm wie früecher!» Nein, wirklich nicht, da ist eine verschwo­rene Gruppe von Handwerkern an der Arbeit. Die warten nicht einfach auf den Feierabend, damit es dann endlich Sonntag werde. Die Bilder erzählen von der gröberen Überholung des Lötsch. Um genauer zu sein: Sie erzählen uns davon, wie umfangreich, wie vielfältig die nötigen Arbeiten im Winter 2017/2018 in der Werft Interlaken Ost waren. Mir nötigen diese Bilder schlicht und einfach Respekt ab. Wer hat denn nur annäherungsweise eine Ahnung, was es heisst, die Stromversorgung zwischen alten genieteten ­Spanten zu erneuern, Schiffsdecks in alter Manier zu kalfatern, ohne Platzangst in den engen Kessel hineinzukriechen, morsch ­gewordenes Holz auszuwechseln, tief unten auf dem Rücken liegend die Schale zu ­streichen, quasi den ganzen Dampfer über sich …? Spüren Sie auch den Berufsstolz dieser mehrheitlich jüngeren Handwerker? Jeder ist in seinem Metier ein Spezialist, in der besonderen Umgebung des über hundert ­Jahre alten Metall- und Holzhaufens auch immer ein wenig Künstler, Tüftler, Experte. Jeder trägt auf seine Art dazu bei, die immer wieder einmaligen Probleme zu lösen. Und jeder ist auch im Winter Teil einer Mannschaft. Es geht eben nicht nur darum, den Poller links neu zu streichen, die Kabel streng nach Elektroschema zu verdrahten, Rohre zu schweissen, Bänke zu schreinern. Es gilt, dazu beizutragen, dass aus dem «Metall- und Holzhaufen» wieder das schönste Brienzersee-Dampfschiff wird, «dr Lötsch» wieder ausfahren kann zur Freude von uns allen.

Gleiches gilt für das Team vom Thunersee: Dort ist es die MS Berner Oberland, die überholt wurde. Anderes Schiff, andere Crew, gleicher Einsatzwille. Vergessen wir nicht: Auch die Motorschiffe unserer Oberländer Seen sind nicht mehr frisch ab Fabrik, sind technisch deutlich in die Jahre gekommen. Und nota bene: Wenn ich vom Schlosser schreibe, dann könnte es genau so gut eine Schlosserin sein, die hinter der Schweiss­ brille wirkt. Lassen Sie sich inspirieren von den Bildern, vom Topteam der beiden Seen. Lassen Sie sich dazu verleiten, eine Frühsommerfahrt zu unternehmen auf der frisch renovierten Lötschberg, der «BeO» oder jedem ­anderen Schiff der Flotte.

David-André Beeler, Präsident Freunde der ­Dampfschifffahrt Thunerund Brienzersee. Titelbild: Das Dampfschiff

Und wenn Sie unser Dampf-Blatt dazu inspiriert, einen Beitrag als Mitglied, Gönner oder Spender auf unser Vereinskonto zu überweisen, dann wäre das «durchaus im Sinne des Schreibers». Wir vom Verein tragen dazu bei, dass die arbeits- und kostenintensiven Arbeiten auch künftig erfolgen können, die Dampfer erhalten bleiben und das Schiff Spiez im Sommer 2018 definitiv in der Werft Thun-Dürrenast mit viel Berufsstolz saniert werden kann. Danke – und: «Di Junge si halt ou so wie früecher – nume angersch … guet!»

Lötschberg wird mit Muskelkraft in die Werft gezogen und positioniert. Fotograf: Christoph Hurni

Impressum Auflage: 30 000 Exemplare Freunde der Dampfschifffahrt Thuner- und ­Brienzersee, Postfach 55, 3602 Thun

David-André Beeler

info@dampferfreunde.ch www.dampferfreunde.ch facebook.com/dampferfreunde An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet: David-André Beeler und Daniel ­Barben; Christoph ­Hurni (­Foto­grafie); Bernhard Hunziker, Laura Scheidegger (Werd & ­Weber AG, Gwatt), Heinz Zürcher ­( Korrektorat). Layout und Illustrationen: Sonja Berger (www.weberagentur.ch)


Dampf-Blatt Nr. 30  3 T E R M I N E

&

Z E I T E N Kinderparty auf dem DS Blümlisalp

Dampfer-­Fahrplan 2018

11. Mai bis 12. Oktober 2018 Mittwoch und Freitag

Änderungen vorbehalten. In Ausnahmefällen verkehrt ein Motorschiff.

T H U N ER SEE

BR I EN Z ER SEE

DS Blümlisalp mit Spielkajüte

DS Lötschberg mit Spielkajüte

10. 5. bis 14. 10.  2018 sonntags ­Nieder­horn­express mit Anschluss an die Niederhornbahn

19. 5. bis 23. 9. 2018 täglich

Thun Beatenbucht Beatenbucht Thun

ab 10.10 an 10.57 ab 10.58 an 12.20

Interlaken Ost Brienz Brienz Interlaken Ost

ab 11.07 an 12.20 ab 12.40 an 13.53

ab 14.07 an 15.20 ab 15.40 an 16.53

Abendrundfahrten DS Blümlisalp mit Spielkajüte 10. 5. bis 14. 10.  2018 täglich Thun Interlaken West Interlaken West Thun

ab 12.40 an 14.49 ab 15.10 an 17.20

Feierabendfahrten

30. 6. bis 1. 9.  2018 jeden Samstag Interlaken Ost Brienz Brienz Interlaken Ost

ab 19.07 an 20.20 ab 20.40 an 21.53

Schweizer Dampftage

10. 5. bis 22. 9.  2018 (ohne 1. August) Dienstag bis Samstag Rundfahrt via Beatenbucht mit Halt an ­allen Stationen gemäss Fahrplan

29. Juni bis 1. Juli 2018 Schweizer Dampftage in Brienz mit Besichtigung Depot Brienz Rothorn Bahn, Dampfwalzen, Dampfbooten und dem Dampfschiff Lötschberg.

Thun Thun

Infos: www.schweizer-dampftage-brienz.ch

ab 18.40 an 21.20

Mehr Infos unter www.bls.ch/dampfschiff

oder bei der BLS Schifffahrt: Telefon 058 327 48 11

Kinder können eine Party auf dem Dampfschiff feiern. Wir dekorieren die Dampfer­kabine kunterbunt und neben tollen ­Spielen servieren wir einen feinen Imbiss. Natürlich gibts auch Kuchen und ein ­Geschenk für alle und der kleine Gastgeber darf zum ­Kapitän auf die Brücke und mit ihm zusammen das Schiff steuern. Thun ab 12.40 Uhr Interlaken West an 14.49 Uhr oder Interlaken West ab 15.10 Uhr Thun an 17.20 Uhr Anmeldung: BLS Schifffahrt, Tel. 058 327 48 11

Riverboat Jazz Night Freitag, 17. August 2018 Das DS Blümlisalp wird zur Konzertbühne für einen stimmungsvollen Abend mit der Full Steam Jazzband. Thun ab 19.10 Uhr Thun an 21.45 Uhr Vorverkauf: bls.ch/schiffticket

Whisky Schiff Brienzersee Freitag, 14. September 2018 Lassen Sie sich auf dem MS Jungfrau in die Welt des Whiskys entführen und degustieren Sie exklusive Sorten aus Schottland und unserer ­Region. Dazu wird Ihnen ein passendes Menü ­serviert. Interlaken Ost ab 19.10 Uhr Interlaken Ost an 21.50 Uhr Schiff offen bis 23.00 Uhr Fahrpreis inkl. Menü und Degustation CHF 135.– Vorverkauf: bls.ch/schiffticket


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L Ö T S C H BE RG

«Es war eine sehr intensive Zeit» Das Dampfschiff Lötschberg verbrachte den Winter im Trockendock in Interlaken. Es galt, ein Leck abzudichten, das Ruder zu flicken, die Elektronik des Dampfkessels auf den neusten Stand zu bringen, den Bordgenerator zu ersetzen und zahlreiche weitere Unterhaltsarbeiten vorzunehmen.

Kapitän und Elektriker Martin Schild erzählt, wie er den Winter in der Werft verbracht hat. Wie hast du den Winter in der Werft erlebt? Es war eine sehr intensive Zeit. Auf einem Schiff, bei der Lötschberg speziell, stellen sich die Probleme nicht ab der Stange. Deshalb gibt es auch keine Lösungen ab der Stange. Im Sommer sind wir zwar auch viel am ­Arbeiten. Aber man ist am Abend fertig und fängt am Morgen neu an. In der Werft hingegen ist man mehrere Monate an einem Projekt dran. Es tauchen immer neue Probleme auf, an denen man herumstudiert. Das Projekt war so gross, dass wir externe Partner hinzugezogen haben. Das Klischee von den Seeleuten, die im Winter am Strand liegen, ist halt schon nicht ganz zutreffend …

Ein Projekt war, neue Strom-Generatoren ins Dampfschiff einzubauen. Was ist das ­Besondere daran? Der alte Generator hatte schon 20 Jahre auf dem Buckel. Wir haben jetzt zwei Diesel­ generatoren eingebaut. Es sind die ersten auf dem Brienzersee mit einer Abgasaufbereitungsanlage, die die neusten Vorgaben erfüllt. Braucht die Lötschberg mehr Strom als ein Motorschiff? Ja, ganz klar. Vorab für den Brennermotor, aber auch für die diversen Pumpen im ­Maschinenraum. In der Werft gelten andere Hierarchien als auf dem See. Wie geht ihr damit um? Auch wenn es hierarchisch anders läuft: Wir sind darauf angewiesen, dass wir zusammen reden, dass wir zusammen arbeiten. Wenn wir das nicht machen, gibt es ein Chaos. Es gibt zum Beispiel Orte auf dem Schiff, wo nur einer aufs Mal arbeiten kann. Im Sommer stehst du in der Uniform im S­ teuerhaus, im Winter arbeitest du in Überkleidern im Schiffsbauch. Wie ergeht es dir dabei? Es ist schön, wir haben zwei Berufe in ­einem! Man kann im Winter etwas dafür tun, dass man im Sommer ein schönes, sicheres und gut funktionierendes Schiff hat. Das bringt Abwechslung. Aber es war ein intensiver Winter und ich freue mich auf die ­Saison!

Kapitän und Elektriker Martin Schild.


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L Ö T S C H BE RG

WA S M ACH EN DI E SEEL E U T E I M W I N T ER?

1

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3

4

5

Schiffe sind ein bisschen wie Menschen,

(1) Martin Huber, Maschinist und Sanitär­

(3) Simon Hinni, Heizer und Schlosser,

je älter sie werden, desto mehr Pflege

installateur: «Im Winter der Bewahrer des

beim Entfernen des Riffelblechs auf dem

­benötigen sie. 35 Personen haben an und

Bewährten, Unterhalter der Dampfmaschine

Streichbalken. (4) Jürg Lüthi, Heizer und

auf der Lötschberg gearbeitet. Wir stellen

und der Dampfkessel.» (2) Ilona Dietrich,

Mechaniker: «Im Winter sorgen wir d ­ afür,

einige vor.

­M atrosin und Malerin: «Im Winter sind wir

dass das Rad auch im nächsten Sommer noch

die Kosmetiker der Schiffe, kümmern uns um

rund läuft.» (5) David Lorenzo, Heizer und

deren Schönheit innen und aussen.»

Zimmermann, beim Abschleifen des 1.-Klasse-­Decks.


6  Dampf-Blatt Nr. 30

1 2

(1) Das Dampfschiff Lötschberg wird von

Danach geht es an die Renovation des

Hand mit Muskelkraft in die Werfthalle

Schiffes, zum Beispiel: (3) die Fugen auf

gezogen und in die richtige Position

den Decks neu ausgiessen, (4) das Abgas-

­gebracht, damit es beim Abpumpen des

rohr schweissen, (5) die Wasserauf­

Wassers auf den vorbereiteten Sätteln

bereitung einrichten oder (7) das Schiff

­aufliegt. Dabei geht es um Zentimeter.

neu streichen. Während rund fünf Mona-

Links und rechts bleibt kaum eine Hand-

ten sah es auf der Lötschberg aus wie

breit Platz frei. (2) Sobald das Wasser

auf ­einer Baustelle. (6) In der Spielkajüte

­abgepumpt ist, muss der ganze Unterwas-

herrscht während dieser Zeit Pause.

serteil des Schiffes mit Hochdruck von ­A lgen und Schmutz gereinigt werden. Das sind immerhin 500 Quadratmeter.

Weitere Fotos von Christoph Hurni finden Sie hier


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8  Dampf-Blatt Nr. 30 K Ä P T ’ N

DA M PF E R L I

Willkommen an Bord, liebe Kinder!

Die Reise auf dem Dampfschiff ist ein unvergessliches Erlebnis. Es gibt viel zu entdecken. Ein Blick in den Maschinenraum, wo die Dampfmaschine stampft, oder vom Freideck das Leben auf dem und um den See beobachten. Unsere Spielkajüten-Leiterin zeigt dir gerne unser Spiel- und Bastelparadies.

Finde die 10 ­ Unterschiede Während die Passagiere an der Ländte auf die Blümlisalp warten, kannst du die 10 Fehler im zweiten Bild suchen.

Wem gehört welches Werk zeug? Einige Handwerksleute haben ihre Werkzeuge und Maschinen im Trockendock verloren. Findest du heraus, wem was gehört? Trage es in der Liste des Fundbüros ein.

Fundbü Bohrmas Hammer Schraube Schraube Farbe und

Fritz

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Dampf-Blatt Nr. 30  9 K Ä P T ’ N

DA M PF E R L I

Wettbewerb

Gewinne eine Kinderparty auf dem Dampfschiff ­Blümlis­alp, Bücher aus dem Werd & Weber Verlag oder Gutscheine von Franz Carl Weber. Käpt’n Dampferli hat auf der Lötschberg aufgeräumt. Was hat er im Kamin alles gefunden? Zeichne es auf den Gerümpelhaufen. Male die Zeichnung aus und lass ­dabei deiner Fantasie freien Lauf. Vorname Nachname

Einsendeschluss

31. Juli und 15. Oktober 2018 Gib deine Zeichnung in der ­Spielkajüte ab oder schicke sie an: Freunde der Dampfschifffahrt ­ Thuner- und ­Brienzersee, Postfach 55, 3602 Thun.

Strasse/Nr. PLZ /Ort Alter

Dieser Wettbewerb wird durch die Freunde der Dampfschifffahrt organisiert. ­Teilnahmeberechtigt sind Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


10  Dampf-Blatt Nr. 30 SPI E Z E R L I

Das Spiezerli nimmt Gestalt an Das Spiezerli kommt als Dampfschiff zurück auf den T ­ hunersee. Seit seiner Jungfernfahrt im Jahr 1901 wurde das Schiff mehrmals drastisch umgebaut. Eine historisch richtige Version gibt es nicht. Wie also soll das Schiff künftig aussehen? Darüber debattieren ­Spezialisten der Dampferfreunde. Wir stellen den Stand der Arbeit in diesem Frühjahr vor.

WA S 1901 SONST NOCH ­G ESCH A H

Das Dampfschiff Spiez hatte seine ­Jungfernfahrt im Jahr 1901. Damals lief das grösste Passagierschiff vom Stapel, die ersten Nobelpreise wurden vergeben und Louis Armstrong kam auf die Welt.

Das Spiezerli wurde ursprünglich als ­Halb­salon­schiff gebaut. Entsprechend lag der Salon etwas tiefer als das Einstiegsdeck. Dieses war hinten und vorne offen. Vor dem Zweiten Weltkrieg erhielt das Schiff geschlos­sene Aufbauten für den Winter­ betrieb. ­Diese bleiben künftig erhalten und bieten Platz für Vierertische (hinten) und Zweier ­tische (­vorne).

Das Spiezerli erhält wieder eine Dampf­ maschine. Diese wird zusammen mit dem Kessel neu gebaut. Dank dem Fortschritt der Technik wird der Betrieb wirtschaftlicher und umweltfreundlicher.

■■ In Belfast läuft die Celtic als damals grösstes Passagierschiff der Welt vom Stapel. In der gleichen Werft ­wurde später die ­Titanic gebaut.

■■ Walt Disney, der spätere Trickfilm-­ Produzent und ­Erfinder von Micky Maus, wird geboren.

­Preisträgern gehört der Schweizer Henry Dunant für die Gründung des Roten Kreuzes.

■■ Der schwedische König verleiht zum ersten Mal Nobelpreise. Zu den

■■ Frank Hornby lässt ein Metallbau-Spielzeug patentieren, das unter dem Namen

Das Schriftbild des Namenszugs SPIEZ ist seit Inbetriebnahme des Schiffes unverändert geblieben.

Meccano zum grossen Erfolg wird. ■■ Zwei deutsche Meteo­rologen erreichen in einem ­Gasballon die Weltrekordhöhe von 10 800 Metern.


Dampf-Blatt Nr. 30  11 SPI E Z E R L I

Das Spiezerli erhält wieder einen typischen Dampfschiff-Kamin. Dieser verschwand, als die Dampfmaschine 1952 durch einen Dieselmotor ersetzt wurde. Wo früher das Kassenhäuschen war, wird ein behindertengerechtes WC mit ­W­ickeltisch eingebaut.

Bei der Jungfernfahrt verfügte das Spiezerli noch über kein Steuerhaus, es wurde erst nachträglich eingebaut und über die Jahre verändert. Es wird beibehalten, aber mit moderner Technik bestückt. So wird der Kapitän sogar die Dampfmaschine fern­steuern können. Das Spiezerli erhält an dieser Stelle eine Bar. Dank Catering wird man auf dem Schiff ­essen können.

Kosten von total Fr. 4,85 Mio Noch zu decken 1,05 Mio Wir dürfen mit ­einem namhaften Beitrag vom ­Lotteriefonds rechnen.

4 Zugesichert IG Spiezerli 0,5 Mio

Bereits gesammelt 3,3 Mio 3

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die rechteckigen Fenster durch Bullaugen ersetzt. Das wird wieder rückgängig gemacht. So erhalten die Passagiere im Unterdeck­ salon einen einmaligen Ausblick auf den See, knapp oberhalb der Wasseroberfläche.

Den Unterdecksalon gibt es seit der Jungfernfahrt. Der Innenausbau muss neu ­gemacht werden. Da es keine historischen ­Fotografien gibt, wird eine stimmig empfundene Einrichtung gesucht, in der sich auch heutige Passagiere wohl fühlen. Die Treppe zum Unterdeck­salon ist im Original erhalten.

Wir sind im Endspurt! Da die Dampferfreunde zwischenzeitlich 330 000 Franken an Blümlisalp und Lötschberg bezahlt haben, sind wir auf jede Spende angewiesen.

2

1 ■■ Die spätere Schau­spielerin und Sängerin Marlene Dietrich kommt zur Welt.

aus Übersee. Damit ist die erste Funk­ verbindung über den Atlantik hergestellt.

■■ Auf Neufundland empfängt der Italiener Guglielmo ­Marconi erstmals drahtlose Signale

■■ Die Schweizer Schriftstellerin ­Johanna Spyri ( ­Heidi) stirbt.

■■ Thomas Manns ­Gesellschaftsroman Buddenbrooks wird in zwei Bänden veröffentlicht. ■■ Die ersten beiden Kapitel von Arthur Conan Doyles Hound of the Baskervilles

erscheint. Die Fans atmen auf – Sherlock Holmes ist ­zurück. ■■ Der spätere US-­ amerikanische Jazz­ trompeter und Sänger Louis Armstrong wird geboren.

■■ Der vor allem durch seine Opern berühmt gewordene italienische Kom­ ponist Giuseppe Verdi stirbt.


12  Dampf-Blatt Nr. 30 DS

BL Ü M L I S A L P

Gefängnisausbruch auf der Blümlisalp Wo früher auf dem Dampfschiff gezecht wurde, spielen heute Kinder. Die betreuten Spielkajüten auf den Dampfschiffen Blümlisalp und Lötschberg sind in der Schweiz einmalig. Wir haben sie besucht.

Die Mauer kracht mit Getöse zusammen. Der Gefangene springt aus seiner Zelle und rast auf einem Rollbrett davon. Schon heult der Motor eines Polizeiautos auf. In der ­Ferne pfeift ein Dampfschiff. Kinderhände stellen den Ausbrecher widerwillig zurück in die Zelle. Für Raffael und Gabriel endet hier die Fahrt in der Spielkajüte der Blümlisalp. Die Spielkajüten auf den Dampfschiffen Blümlisalp und Lötschberg sind in der Schweiz einmalig: Während die Erwachsenen die Schifffahrt geniessen, werden die jungen Passagiere kostenlos von geschultem Personal betreut. Pro Jahr besuchen 6700 Kinder die beiden Spielkajüten. Die Kosten belaufen sich auf 42 000 Franken. Die Dampferfreunde übernehmen davon 30 000 Franken (2017). «Polizeistation und Drachenburg gehören zu den beliebtesten Spielsachen», sagt Edith Liechti. Sie ist eine der zwölf Frauen, die sich die Betreuung der Spielkajüten teilen. Daneben arbeitet sie für eine Tagesschule. «Die Atmosphäre auf dem Dampfschiff ist ­anders», vergleicht sie. «Es kommt zu vielen interessanten Begegnungen.» Oft auch mit fremdsprachigen Kindern. «Das ist kein Problem. Spielen können wir auch ohne ­Worte. Wichtig ist aber, dass ich mich mit den Eltern verständigen und abmachen kann, wann sie ihr Kind abholen», sagt Edith Liechti. Wegen der Gefahren auf einem Schiff dürfen die Kinder die Spielkajüten nicht alleine verlassen.

Edith Liechti mit Gabriel und Raffael in der Spielkajüte der Blümlisalp.

«Die Kinder sind unsere Gäste von morgen und wir möchten diese möglichst früh für die Schifffahrt begeistern», sagt Karin Graf. Sie ist bei der BLS für die Spielkajüten verantwortlich. Diese seien für die BLS sehr wichtig und ergänzten die anderen Familien­ angebote, wie die Spielecken auf den Motor­ schiffen oder die Kinderschiffe. «Wenn ein Kind von sich aus zu spielen ­beginnt, ist das das Beste», sagt Edith Liechti. Wenn es nicht auf Anhieb klappt, begleitet sie die Kinder, zeigt ihnen die Spielsachen oder bastelt mit ihnen. Für stille Kinder stehen auch Bücher zur Verfügung. Manchmal muss die Betreuerin den Kindern auch die Regeln in Erinnerung rufen. «Gerade in Gruppen werden sie manchmal übermütig.» Die Spielkajüte eignet sich für Kinder von vier bis zwölf Jahren. «Ältere dürfen auch kommen.»

Ursprünglich befand sich in der Unterdeck-­ Kajüte im Vorschiff auf den beiden Dampfschiffen Blümlisalp und Lötschberg ein ­Restaurant zweiter Klasse mit rund 30 Sitzplätzen und einer Bar. Doch den Passagieren wurde der Komfort und das Dampfschiff-­ Erlebnis wichtiger, sie wollten nicht mehr unter Deck reisen, sodass in den 90er-­ Jahren die Spielkajüten eingerichtet wurden. «Es hat Spass gemacht in der Spielkajüte», ­bilanzieren Raffael und Gabriel. «Besonders die Polizeistation ist cool.» Lange wird der Gefangene nicht in seiner Zelle schmoren müssen, bis die beiden Buben wieder ­kommen, um ihn zu befreien.


Dampf-Blatt Nr. 30  13 BL S

«Wir sind stolz auf die Dampfschiffe» Weniger Schiffe, dafür besser ausgelastet und komfortabler: Die BLS Schifffahrt richtet ihre Flotte für die nächsten 20 Jahre neu aus. Wir haben beim Leiter Schifffahrt Claude Merlach nachgefragt, was das für die Dampfschiffe bedeutet.

Die BLS hat eine neue ­Flottenstrategie. War es schwierig, diese zu ­definieren? Wir haben eine Ist-Analyse gemacht: ­Welche Schiffe haben wir und in welchem Zustand sind sie? Danach haben wir überlegt, was wir in Zukunft brauchen. Die Flottenstrategie ergab sich aus dem Dreieck Technik, Markt und Finanzen. Natürlich gab es viel zu ­diskutieren. Welches sind die wichtigsten Punkte? Extrem wichtig ist, dass wir überhaupt eine Flottenstrategie haben. Jetzt wissen wir, was wir mit unserer Flotte wollen, und können effizient arbeiten. Wir werden die Flotte reduzieren, weil wir Schiffe haben, die schlecht ausgelastet sind. Dadurch werden Mittel frei, die wir in die verbleibenden Schiffe investieren können; und zwar so, dass die Kunden etwas davon bemerken. Was werden die Passagiere als erstes bemerken? Wir haben diesen Winter unter anderem das Hauptdeck der Bubenberg neu gestrichen und die Böden erneuert. Der Linoleumboden war noch aus der Gründerzeit des Schiffes. Auf der Beatus und der Jungfrau haben wir neue WC-Anlagen gebaut. Die Brienz hat neues Mobiliar erhalten.

Claude Merlach, Leiter Schifffahrt BLS.

Die Berner Oberland in der neuen Werft.

Wie passen die Dampfschiffe in diese Flottenstrategie? Wir sind stolz auf die Dampfschiffe. Das sind unsere Flaggschiffe. Sie passen zu unserer Flotte, sie sind unsere Aushängeschilder, wir lieben sie, die Kunden auch. Die BLS will die Schiffe häufiger im Winter fahren lassen. Auch die Dampfschiffe? Der Winterdampf auf der Blümlisalp ist etwas ganz Tolles. Daran werden wir festhalten. Jedoch brauchen die Dampfschiffe relativ viel Unterhalt. Wir müssen fast in jedem Winter daran arbeiten. Und die Dampfschiffe sind recht teuer im Einsatz, gemessen an der Nachfrage, die wir im Winter haben. Punktuell kann ich mir vorstellen, dass wir den Winterdampf aus­ bauen, insbesondere mit der Lötschberg auf dem Brienzersee. Aber es soll etwas Besonderes bleiben.

Im Frühling wurde die neue Werfthalle eingeweiht. Was sind die nächsten Projekte? In zwei Jahren möchten wir die Inneneinrichtung der Berner Oberland komplett erneuern. Ein Highlight wäre, wenn wir auf dem Brienzersee ein neues Schiff in Betrieb nehmen und eine Grosssanierung der Bubenberg oder der Stadt Bern machen könnten. Diese Projekte hängen natürlich auch von der Finanzierung ab, die noch nicht gesichert ist. Warum die Auswahl Bubenberg oder Stadt Bern? Grundsätzlich sind beide Schiffe gleich­ wertig. Zwar fährt die Bubenberg im Gegensatz zur Stadt Bern. Aber sie ist in schlechtem Zustand, eine komplette Sanierung wird notwendig. Bei beiden Schiffen müsste ein ähnlich hoher Betrag investiert werden. Der Entscheid ist noch offen.


14  Dampf-Blatt Nr. 30 U NSE R E

M I T G L I E DE R

«Ich kannte alle Kapitäne beim Namen» Als kleiner Junge durfte er das Steuerrad der Blümlisalp drehen helfen, heute besitzt Christoph Zürcher eine Postkartensammlung von Thunersee- und Brienzersee-Dampfern, die über 600 Stück umfasst.

Vor gut 20 Jahren hat Christoph Zürcher die ersten Postkarten erstanden. Er war damals oft in Londoner Antiquariaten und fand so Karten, die um 1900 von englischen Touristen in der Schweiz nach Hause geschickt wurden. Die Leidenschaft für den Thunersee und Dampfschiffe begann bereits in seiner Kindheit. Er wuchs in Merligen auf und bekam als Bub jedes Jahr ein Abi für den Thunersee geschenkt. So verbrachte er in der S­ aison alle freien Nachmittage auf den Dampfern, wie der Stadt Bern, den beiden Schwesterschiffen Beatus und Bubenberg, der ­Helvetia, dem Schraubendampfer Spiez und natürlich dem «modernen» Salondampfer Blümlisalp, bis heute sein Lieblingsschiff. Bald kannte er alle Kapitäne und Matrosen beim Namen und durfte manchmal sogar ins Steuerhaus und am Steuerrad drehen helfen. Mittlerweile hat Christoph Zürcher seine ­gesamte Sammlung digitalisiert. «Es ist leich­ ter, auf den digitalen Kopien Details zu ­erkennen. Ich kann die Scans aufhellen, die abgebildeten Schiffe vergrössern und diese

Sind Sie ein ­leidenschaftlicher Dampferfreund? ­ elden Sie sich bei uns, wir stellen in jeder M Ausgabe des Dampf-Blatts ein Mitglied vor. info@dampferfreunde.ch

Christoph Zürcher mit einem Teil seiner Sammlung.

so besser identifizieren.» Denn er kennt ­jedes Dampfschiff, das je den Thuner- oder Brienzersee befuhr. So fand er eine Thuner Postkarte, die ein Schiff zeigte, welches nie auf dem Thunersee fuhr. Er konnte es als Schwyz vom Vierwaldstättersee identifizieren. Zürcher erklärt: «Viele der Postkarten sind Collagen aus mehreren Bildern und oft stark bearbeitet.» Es gebe oft das genau gleiche Sujet, aber in unterschiedlichen Färbungen oder mit verschiedenen Schiffen. «Die schönsten Karten sind aber die, die aus einer echten Fotografie bestehen. Fotografen wie Arthur Baur oder Jean Moeglé schufen grossartige Schiffsporträts vor der Uferlandschaft des Sees.»

Das Sammeln ist dank des Internets heute einfacher: Zürcher muss nicht mehr Antiqua­ riate durchstöbern, um gute Karten zu finden. Er hat online Suchabos hinterlegt, sodass er eine Benachrichtigung erhält, wenn eine Karte auf den Markt kommt, und sofort ­mitbieten kann. Noch immer verbringt er viel Zeit auf den Seen. Er macht jeden Sommer mindestens eine Fahrt mit allen Dampfschiffen. «Mit ­allen Dampfschiffen in der ganzen Schweiz, versteht sich!», wie er lachend anfügt. Sturmfahrten sind ihm am liebsten. Historische Postkarten auf Seite 16 sowie auf facebook.com/Dampferfreunde


Dampf-Blatt Nr. 30  15 L ESE R SE I T E

Leserfoto Die Blümlisalp mit etwas Neuschnee im ­Hintergrund, fotografiert bei Merligen. «Auf der rechten Thunersee-Seite ist das fast die einzige Möglichkeit, das Dampfschiff auf der morgendlichen Rundfahrt mit sonnen­ beschienener Seite zu fotografieren», sagt Foto­graf Ernst Mischler. Danke für die tolle Aufnahme! Haben auch Sie ein tolles Foto von unseren Dampfschiffen geschossen? Dann teilen Sie es bitte mit uns, entweder direkt auf ­unserer Facebook-Seite facebook.com/Dampferfreunde

oder per E-Mail an info@dampferfreunde.ch

F R E U EN SI E SICH M I T U NS Ü BER DI E SCHÖNST EN DA M PF SCH I F F E ­ PI EZ ER L I, BLÜ M L ISA L P U N D L Ö T SCH BERG S

Das Spiezerli ist eine echte Rarität. Es gehört zu den letzten noch erhaltenen Schraubendampfern. Seine Jungfernfahrt hatte es im Jahr 1901 auf dem Thunersee.

Die Blümlisalp war bei der Jungfernfahrt 1906 das stärkste und eleganteste Schiff auf den Berner Oberländer Seen. Noch heute ist sie die Königin des Thunersees.

Die Lötschberg ist das Bijou vom Brienzersee. Als letzter Schaufelraddampfer aus der Fabrik von Escher Wyss, floss 1914 nochmals alles Herzblut in das Schiff.


16  Dampf-Blatt Nr. 30 F E R N ROH R

AUSBL IC K

Es war einmal …

Dampf-Blatt Nr. 31

Historische Postkarten aus der Sammlung von Christoph Zürcher (siehe auch Seite 14). Oben: Bubenberg (1874–1963) vor Spiez: Das Bild zeigt den Bauzustand des Dampfers zwischen 1892 und 1900.

Links: Stadt Thun (1856–1929) im Aare­ becken vor der Hofstettenländte im Zustand nach 1906. Rechts: Beatus (1871–1964) und Helvetia (1889–1959) in Interlaken-­West. Das Bild zeigt den Zustand der beiden Schiffe um 1911.

ER SCH EI N T I M OK T OBER 2018 Warum die Blümlisalp im Winter in die Werft muss Wie das Spiezerli auf den Thunersee zurückkommt

Die Dampferfreunde Thunerund Brienzersee haben sich zum Ziel gesetzt, die beiden letzten bernischen Raddampfer Blümlis­ alp und Lötschberg sowie den einzigartigen Schraubendampfer Spiez zu erhalten.

W I E KÖN N EN SI E ­U NSER E Z I EL E ­U N T ER ST Ü T Z EN?

Wir benötigen Ihre Spende, weil Dampfschiffe in Betrieb und Unterhalt teurer sind als Motorschiffe. Zudem gilt es, das Wissen über Dampftechnik zu erhalten und zum Beispiel Personal auszubilden, das Dampfmaschinen bedienen und reparieren kann. Ausserdem möchten wir die nächste Ge­ neration an Bord holen, damit sie in Zukunft Sorge zu unseren schönen Dampfschiffen trägt.

■■ Überweisen Sie einen Gönnerbeitrag, jede Summe ist willkommen. Wir erfassen Ihre Adresse und werden Ihnen künftig ­gerne das Dampf-Blatt zustellen. Wenn Sie zwei Jahre nacheinander nichts überweisen, wird Ihre Adresse aus der Datenbank gelöscht. Spenden sind nach kantonalen Richtlinien steuerlich abzugsfähig.

■■ Für die Renovation des Schrauben­ dampfers Spiez suchen wir zudem noch Mäzene, Stiftungen und Firmen. Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung! Ihre Freunde der Dampfschifffahrt ­Thuner- und Brienzersee. Spenden auf PC-Konto mit IBAN CH68 0900 0000 3022 9418 4 Weitere Informationen auf dampferfreunde.ch


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