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AUFBRUCH ZU NEUEN UFERN VILLA RENE LALIQUE
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Die Villa, die René Lalique 1920 für sich erbauen liess, wurde aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst. Entstanden ist ein luxuriöses Hotel mit einem Restaurant für Feinschmecker. Das Gourmet-Restaurant steht unter der Leitung von DreiSterne-Koch Jean-Georges Klein, den Weinkeller führt Spitzen-Sommelier Romain Iltis.
1888gegründet, ist Lalique heute ein Aushängeschild der französischen Kristallverarbeitung. Der Gründer, René Lalique, war zunächst Erfnder des modernen
Schmuckstücks und wurde ab 1920 zum Meister der Glaskunst im
Art-déco-Stil. 1921 entstand seine Glasfabrik im elsässischen Wingen-sur-
Moder, wo er ein Jahr zuvor bereits die Villa erbauen liess. Dieses geschichtsträchtige Fachwerkhaus wurde von René Lalique und seiner Familie bewohnt, wenn sie im Elsass weilten. Nach seinem Tod im Jahr 1945 lebten zunächst sein Sohn Marc und später seine Enkelin Marie-Claude dort. Vor ein paar Jahren drohte das hübsche Haus zu verfallen, denn am unbewohnten Haus nagte der Zahn der Zeit. Bei einer Besichtigung verfel
Silvio Denz, Präsident von Lalique, dem Charme des elsässischen Kleinods.
Der Schweizer, der in London Villen saniert, mehrere Weingüter betreibt und die einst serbelnde Kristallwarenfabrik Lalique zu einem Luxusbrand aufbaute, verpasste dem altehrwürdigen Haus kurzerhand ein Facelifting und verwandelte es in ein luxuriöses Hotel mit Spitzenrestaurant.
MODERNER GLASQUADER ALS GOURMETTEMPEL
Ein rechteckiger Bau aus Glas, mit Pfeilern aus rotem Vogesen-Sandstein, erstreckt sich in der Verlängerung der ehrwürdigen Villa, zu der eine Verbindung ganz aus Glas besteht. Der Schweizer Architekt Mario Botta wurde mit dem Entwurf des entschieden modernen Baus beauftragt, in dem das Restaurant, unter Leitung von Jean-Georges Klein, sowie der über 20’000 Flaschen lagernde Weinkeller beheimatet sind. Ein begrüntes Dach bildet eine natürliche Brücke zu den sechs Hektar Park mit überwältigenden Hortensiengruppen, Kastanienbäumen, Birken, Buchen, Eichen, Fichten und
Blauen Zedern. Die Sicht auf diese alten Baumbestände verleiht Ruhe und Gelassenheit. Das Dekor auf den Tischen ist mindestens so imposant wie die Fassade des luftigen Baus. Auf den Tischen stehen 100-PointsWeingläser und Karafen, die der Weinkritiker James Suckling 2012 für Lalique entwarf; die Serviettenringe sind mit einem «Masque de Femme» Kristall bestückt und stammen aus der Zusammenarbeit mit Christofe. Gemeinsam mit Peugeot wurden die 1924 von René Lalique entworfenen Kristall-Gewürzmühlen neu interpretiert (oder neu aufgelegt).
«Es ist besser, nach dem Schönen zu streben, als Luxus zur Schau zu stellen.»
René Lalique
Villa René Lalique, das neue Elsässer Luxushotel und -restaurant des gleichnamigen Kristallherstellers.
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In der Küche wirkt ein fünfzehnköpfges Team unter Führung des früheren Drei-Sterne-Kochs Jean-Georges Klein. Zur Seite stehen ihm ebenfalls seine Frau Nicole, die das Hotel führt und ihre Tochter Julie, die für den Empfang der Gäste verantwortlich ist. Nach seiner Ausbildung an der Hotelfachschule in Strassburg (1967–1969) arbeitete Klein jahrelang als Oberkellner im Restaurant seiner Mutter Lilly, dem «L‘Arnsbourg» in der französischen Region Lothringen. Erst mit vierzig Jahren wechselt er als Autodidakt in die Küche, entdeckt dort seine Leidenschaft und lebt sein Streben nach Perfektion aus. Er übernimmt das Restaurant und wird bereits ein Jahr später, 1988, mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet; der zweite Stern folgt 1998 und der dritte, die höchste Michelin-Auszeichnung, 2002. Seine Gerichte sind farbenfroh und kontrastreich, sowohl für die Augen als auch für den Gaumen. Es ist eine «VierjahreszeitenKüche». «Mein Revier ist die Welt», erklärt Jean-Georges Klein. «Ich nehme ein Gewürz, das von sehr weit herkommt, ein Kräutlein aus dem Wald nebenan, und ich bereite damit einen Fisch zu, der aus dem Mittelmeer stammt – oder auch aus dem Atlantik».
SCHATZKISTE FÜR WEINLIEBHABER
Das neue Gebäude birgt unter dem Restaurant einen ebenfalls von Mario Botta konzipierten Weinkeller. Hier beginnt das Reich von Romain Iltis, Chef-Sommelier der Villa René Lalique. Der mit den Titeln «Meilleur Sommelier de France 2012» und «Meilleur Ouvrier de France 2015» in der Kategorie «Sommellerie» ausgezeichnete Elsässer schloss sich 2012 Jean-Georges Klein im «L’Arnsbourg« an und folgte ihm jetzt in die Villa René Lalique. Sein neues Wirkungsfeld befndet sich in einem der schönsten Weinkeller Europas und umfasst 20’000 Flaschen, darunter einige höchst erstaunliche Exemplare wie ein Château d’Yquem mit dem Jahrgang 1865. Ebenfalls auf der Karte: ausgewählte Weine aus den USA und aus dem Bordeaux-Gebiet, insbesondere sehr alte Sauternes, die zumeist direkt vom Weingut erstanden wurden. Sie stammen aus dem Keller der Familie Denz und wurden über mehrere Generationen optimal gelagert. Schliesslich gibt es auch edle Tropfen aus den «Vignobles Silvio Denz» zu entdecken, von Weingütern also, die Silvio Denz nicht nur in der Gegend von Bordeaux, sondern auch in Spanien und in Italien besitzt. Sie bezeugen die grosse Liebe ihres Besitzers zum Wein.
Auf dem Weg zum Weinkeller hängt eine Arbeit des britischen Künstlers Damien Hirst. Das 14-teilige Werk mit dem Titel «Eternal» ist eine Hommage an René Lalique und zeigt als Schlüsselmotiv in der Zeit eingefrorene Schmetterlinge, ein Lieblingsmotiv des Künstlers, der die Tiere für ihre zeitlose und kurzlebige Schönheit schätzt. Zeitlose Schönheit lässt sich auch der Marke Lalique bescheinigen; in der Villa René Lalique verschmilzt alles zu einem gelungenen Ganzen. ks www.villarenelalique.com
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Das neue Restaurant birgt als Besonderheit einen ebenfalls von Mario Botta konzipierten Weinkeller, geführt von Sommelier Romain Iltis. Der französische Drei-Sterne-Koch Jean-Georges Klein leitet mit seinem fünfzehnköpfigen Küchenteam das Restaurant der Villa René Lalique.
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Mit einer Fläche von 200 m² und vierzig Sitzplätzen steht auch das Restaurant der Villa René Lalique symbolisch für das Know-how und die Expertise des Hauses Lalique.
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Anreise und Ausflugstipps
Das Dorf Wingen-sur-Moder liegt im Herzen des regionalen Naturparks der Nord-Vogesen und ist nur fünf Minuten vom «Musée Lalique» und von der «Manufacture Lalique» entfernt. Nach Strassburg fährt man in einer knappen Autostunde, mit dem Zug erreicht man die Stadt ab dem Bahnhof Wingen-sur-Moder sogar in 35 Minuten. Eine gute Gelegenheit also, um die zahlreichen Strassburger Sehenswürdigkeiten zu entdecken, insbesondere das Münster, das Quartier «Petite France», die Europa-Institutionen und den Bischofspalast (Palais Rohan). Schlösser und andere historische Bauten in der Umgebung lohnen einen Ausfug: die Felsenhäuser von Graufthal etwa oder das Schloss «Petite Pierre» und das hochinteressante Museum über elsässische Kunst und Tradition.
Hotel und Restaurant sind jeweils am Dienstag und Mittwoch geschlossen, das Restaurant zusätzlich auch am Samstagmittag.
Musée Lalique: Eine Hommage an die Glasmacherkunst
Glashütten haben in den nördlichen Vogesen eine lange, bis ins 15. Jahrhundert zurückreichende Tradition. Einen besonderen Schub erfuhr dieser Sektor, als René Lalique 1921 eine Glasfabrik in Wingen-sur-Moder rund 60 Kilometer nordwestlich von Strassburg eröfnete. Seit 2011 gibt es in der kleinen elsässischen Gemeinde ein Museum, welches das Lebenswerk und die Arbeit des Glaskunstgenies würdigt. Mehr als 650 Exponate verdeutlichen die Innovation, die René Lalique der Juwelierkunst brachte. Ein erstaunlicher Film entführt den Besucher an die Weltausstellung in Paris im Jahre 1900 – ein Schlüsseldatum im Leben des Künstlers und für seine Laufbahn als Juwelier entscheidend. Ebenfalls zu bestaunen sind 230 Parfümfäschchen, eine Leihgabe des grossen Sammlers Silvio Denz. Diese Flakons sind nach der Begegnung René Laliques mit François Coty entstanden und bezeugen den Schritt vom Schmuckdesigner zum Glaskünstler. In einem weiteren Film werden dem Besucher die Herstellungsetappen der Kultvase «Bacchantes» erklärt. Die ungewöhnliche Arbeit der Manufaktur-Mitarbeiter wird somit verständlicher. Es werden noch genau dieselben Arbeitstechniken wie einst angewandt, die mitunter familienintern weitervermittelt werden: Einige der Handwerker arbeiten bereits in dritter Generation bei Lalique. www.musee-lalique.com