LARS WYSS HEINZ EGLI
GOLD SKI ALPIN
FÜR DIE SCHWEIZ DIE SIEGER
IMPRESSUM Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe. © 2018 Werd & Weber Verlag AG, CH-3645 Thun / Gwatt Autor: Lars Wyss, Werd & Weber Verlag AG Thun Initiant / Projektleiter / Urheber: Heinz Egli, Faulensee Herausgeber: Swiss-Ski, Worbstrasse 52, 3052 Muri Bilder: Keystone, Grubenstrasse 45, 8045 Zürich Werd & Weber Verlag AG Thun: Gestaltung Umschlag / Inhalt: Beni Kern Detailgestaltung / Satz: Susanne Mani Bildbearbeitung: Adrian Aellig Lektorat / Korrektorat: Laura Scheidegger ISBN: 978-3-85932-942-3 www.werdverlag.ch www.weberverlag.ch
INHALTSVERZEICHNIS EDITORIAL: URS LEHMANN 5
PIRMIN ZURBRIGGEN 146
EINLEITUNG 7
MICHELA FIGINI 152 MAX JULEN 158
DANIEL YULE 8
ERIKA HESS 162
DENISE FEIERABEND 14
HEINI HEMMI 168
RAMON ZENHÄUSERN 20
MARIE-THERES NADIG 174
MICHELLE GISIN 26
BERNHARD RUSSI 180
BEAT FEUZ 32
ANNERÖSLI ZRYD 186
WENDY HOLDENER 38
ROGER STAUB 188
LUCA AERNI 44
YVONNE RÜEGG 190
DOMINIQUE GISIN 50
FRIEDA DÄNZER 192
PATRICK KÜNG 56
RENÉE COLLIARD 194
SANDRO VILETTA 62
MADELEINE BERTHOD 196
DIDIER DÉFAGO 68
IDA SCHÖPFER 198
CARLO JANKA 74
GEORGES SCHNEIDER 200
DIDIER CUCHE 80
HEDY SCHLUNEGGER 202
DANIEL ALBRECHT 86
EDY REINALTER 204
SONJA NEF 92
RUDOLF ROMINGER 206
MICHAEL VON GRÜNIGEN 98
ANNY RÜEGG 208
BRUNO KERNEN 104
OTTO FURRER 210
URS LEHMANN 110
RÖSLI STREIFF 212
FRANZ HEINZER 114
DAVID ZOGG 214
CHANTAL BOURNISSEN 120
WALTER PRAGER 216
MARTIN HANGL 124
TABELLE DER SIEGER
218
VRENI SCHNEIDER 130 PETER MÜLLER 136
NACHWORT: HEINZ EGLI 221
MARIA WALLISER 140
DER AUTOR LARS WYSS 223
EDITORIAL: URS LEHMANN
«Gold für die Schweiz» – ein Jubelschrei eines TV- oder Radio-Reporters, der die ganze Schneesportnation in seinen Bann zieht und eine Welle der Begeisterung auslöst! Goldmedaillen im alpinen Skisport wecken grosse Emotionen, nimmt doch der Schnee- und Skisport in der Schweiz seit Jahrzehnten einen besonders hohen Stellenwert ein. Jede goldene Auszeichnung stellt ein Stück Schweizer Sportgeschichte dar. Athletinnen und Athleten werden zu Botschaftern des Skisports, zu Vorbildern für die Jugend und verewigen sich in den Annalen des Sports. Das vorliegende Buch, in welchem sämtliche Schweizer Olympiasieger und Weltmeister des alpinen Skirennsports porträtiert werden, besticht durch bewegende Geschichten rund um die triumphalen Schweizer Gold-Momente. Ergänzt werden sie durch persönliche Anekdoten und Hintergrundinformationen, die bislang nicht öffentlich bekannt waren. In ihrem Werk lassen Heinz Egli und Lars Wyss Erin nerungen wach werden an Höhepunkte des Schweizer Wintersports, an Stars und Legenden, an aussergewöhnliche Menschen und Emotionen. Unvergessen ist die Dominanz des Schweizer Teams an der Heim-WM in Crans-Montana 1987, bei welcher mir als damals 18-jähriger Nachwuchsfahrer die Ehre zuteil wurde, am Rande als Vorfahrer mitwirken zu dürfen. Die skifahrerische Genialität der damaligen Aushängeschilder wie Erika Hess (6 × WM-Gold), Vreni Schneider (3 × Olympia-Gold, 3 × WM-Gold), Maria Walliser (3 × WM-Gold) oder Pirmin Zurbriggen (4 × WM-Gold, 1 × Olympia-Gold), aber auch die unglaublichen Aufholjagden von Sandro Viletta bei der Olympia-Kombination 2014 in Sotschi und von Luca Aerni drei Jahre später in St. Moritz lassen die Herzen der Schweizer Sportfans noch immer höher schlagen. Der Gewinn einer Goldmedaille an Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften verändert das Leben eines jeden Athleten – in der Regel nimmt dies ein Olympiasieger oder Weltmeister erst Tage, wenn nicht Jahre später wahr. Jede Goldmedaille hat ihre eigene, meist spezielle Geschichte. Mit Gold schreibt man Geschichte – nicht nur für sich selbst, sondern auch für sein Land. Olympiasieger oder Weltmeister bleibt man ein Leben lang. Auf meinen WM-Titel 1993 in der Abfahrt von Morioka angesprochen kommen bei mir noch heute wunder bare Erinnerungen und Emotionen hoch: die jahrelange Vorbereitung – zum Teil vor Ort in Japan – zusammen mit meinem Ausrüster Salomon, die unglaublich starke
Vertrauens basis zwischen meinem Servicemann Dany Vaquin, meinem Trainer Sepp Caduff und mir, mein Zimmerkollege und Freund Bruno Kernen, welcher meine Medaille noch ausgelassener feierte als ich selber, die überwältigenden Momente unmittelbar nach der Zieldurchfahrt mit der «1» auf dem Ranglisten-Screen, der intensive Moment auf dem Podest im «Meer» von japanischen Fans, die tausenden Fans bei der Ankunft in Kloten und das rauschende Fest in Rudolfstetten bis in die Morgenstunden. Mit jeder Goldmedaille ist jahrelanges, härtestes Training und viel Schweiss verbunden – zum Teil auch Schmerzen und Verletzungen. Es bedingt ein eingespieltes Team zwischen Athlet, Trainer, Servicemann und Betreuer. Wie jeder Athlet habe auch ich viel in den Sport investiert, dank des WM-Titels aber auch enorm viel bekommen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ohne jene Goldmedaille 1993 wäre ich wohl weder Ski-Experte bei Eurosport noch Präsident von Swiss-Ski … Aufgrund der glorreichen Vergangenheit des Schweizer Skirennsports, die mit dem vorliegenden Buch gewürdigt wird, sieht sich Swiss-Ski stets mit einer hohen Erwartungs haltung konfrontiert. Um dieser gerecht zu werden, gilt es, stets frühzeitig die Weichen richtig zu stellen und für den Ski-Nachwuchs die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen. Schliesslich soll die Schweizer Gold-Geschichte künftig noch um viele Kapitel erweitert werden. Ein besonderer Dank gilt Heinz Egli, langjähriger und hoch geschätzter Wegbegleiter im Präsidium von SwissSki, und Lars Wyss. Sie haben es verstanden, die goldigen Momente des Schweizer Skisports und die damit verbundenen Athleten und Menschen textlich wie auch bildlich auf sympathische Art und Weise zu porträtieren. Das vorliegende Buch erscheint dadurch gleichermassen als Legenden- und Geschichtsbuch des Skisports wie auch als Lexikon der Schweizer Skistars seit den Anfängen des vorigen Jahrhunderts. Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen und beim Schwelgen in goldenen Erinnerungen.
Dr. Urs Lehmann Präsident Swiss-Ski
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EINLEITUNG Der Skirennsport begleitet die Schweizer Nation seit vielen Jahren. Seine Protagonistinnen und Protagonisten sind zu Helden der Nation geworden. In diesem Buch werden diese Heldinnen und Helden porträtiert. Erstmals findet sich ein Buch, welches eine Übersicht über die Höhepunkte der Schweizer Skigeschichte gibt. Die Geschichte beginnt in den 1930er-Jahren, als die Weltmeisterschaften erst gerade geschaffen wurden, und sie führt bis zu den aktuellen Olympischen Spielen im neuen Jahrtausend. So sind es auch die Goldmedaillengewinner an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im Ski alpin, welche in diesem Buch porträtiert werden. «Ski alpin. Gold für die Schweiz. Die Sieger», wie es der Titel erahnen lässt, erzählt von allen Goldmedaillengewinnern der Schweiz an Olympischen Winterspielen und Weltmeisterschaften. In der Chronologie des Buches werden diese Sieger rückwärts aufgeführt; das heisst, wir beginnen bei den jüngsten Siegern und bewegen uns zurück in die Vergangenheit. 25 Skifahrerinnen und Skifahrer haben zum Buch mit spannenden und tiefgründigen Kommentaren zu ihren Karrieren beigetragen – sie bilden das Kernstück und Herz dieses Buches. So möge das Buch der Leserschaft nicht nur einen historischen Überblick geben, sondern einen Einblick in die Seele der Schweizer Skination.
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DANIEL YULE BIODATEN Geboren: 18. Februar 1993 Herkunft: La Fouly (VS) Aktivzeit Weltcup: 2012 – aktiv Disziplin: Slalom, Riesenslalom Anzahl Weltcup-Siege: Podest / Top Ten
MEDAILLENSPIEGEL Olympische Winterspiele Gold Pyeongchang 2018
8
Mannschaft
Daniel Yule im ersten Lauf des Slaloms an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. 9
Daniel Yule im zweiten Lauf des Slaloms von Wengen am 14. Januar 2018.
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DANIEL YULE Daniel Yule stammt von schottischen Eltern ab, die sich in der Schweiz beziehungsweise im Wallis niedergelassen haben; um im Juniorenkader von Swiss-Ski aufgenommen zu werden, liess er sich einbürgern. Erste FIS-Rennen fuhr Daniel Yule im Dezember 2008, und im Europacup kam er erstmals im Januar 2011 zum Einsatz. Schon früh spezialisierte sich Daniel Yule auf die technischen Disziplinen Slalom und Riesenslalom – insbesondere den Slalom.
«Schon als Kind war ich nur fünf Minuten von der Skipiste entfernt und habe jeden Moment mit meinen Freunden auf den Skiern verbracht – das hat einfach Spass gemacht. Und so ist es weitergegangen: Die Resultate wurden immer wie besser und ich musste mich entscheiden, ob ich nun für die Schweiz oder für Grossbritannien fahren werde. Ich bin in der Schweiz geboren und aufgewachsen, folglich war es für mich eine klare Entscheidung Schweizer zu werden.» Daniel Yule
Am 12. Februar 2011 gewann Daniel Yule mit dem Slalom von Val-d’Isère sein erstes FIS-Rennen, und am 16. Januar 2012 holte er im Slalom von Méribel das erste Mal Punkte im Europacup. Am 22. Januar 2012 gab Yule im Slalom von Kitzbühel sein Weltcup-Debüt, er schied jedoch im ersten Lauf aus. Ende Januar desselben Jahres wurde Daniel Yule Junioren-Schweizermeister im Slalom; diesen Titel konnte er ein Jahr später verteidigen. Allgemein gelang es Daniel Yule, sich in der Saison 2012 / 13 im Europacup zu etablieren; er fuhr zwei Mal in die Top Ten. In der Saison 2013 / 14 gewann Yule am 4. Dezember 2013 dann mit dem Slalom von Vemdalen erstmals ein Europacup-Rennen. Auch im Weltcup machte Daniel Yule Fortschritte: Am 6. Januar 2014 fuhr er im Slalom von Bormio auf den 17. Platz und holte sich seine ersten Weltcuppunkte. Kurz darauf, am 24. Januar erzielte er mit Rang sieben sein erstes Top-Ten-Resultat; er verbesserte sich im zweiten Lauf noch von Rang 30. Diese Leistung war insbesondere deshalb bemerkenswert, da Daniel Yule in seinen vorhergehenden neun Weltcup-Rennen, alles Slaloms, nur einmal das Rennen erfolgreich beenden konnte: Am 6. Januar 2014 mit dem erwähnten 17. Platz in Bormio.
«Der Europacup war eine coole Zeit – mit diesen 15 bis 18 Jahren mit deinen Skifreunden unterwegs zu sein. Es war jedoch sportlich auch nicht einfach, da man oft mit viel Rückstand im Ziel ankommt. Man muss viel kämpfen! Die schönen Erinnerungen, die ich mit der Mannschaft erlebt habe, bleiben aber. Das Weltcup-Debüt in Kitzbühel war unglaublich. Kitzbühel ist ein legendärer Ort. Vorher war ich noch an einem Europacup-Rennen in Lenzerheide; ausser den Athleten sind natürlich nicht viele Leute vor Ort – im Weltcup ist das anders. In Kitzbühel war es an der Piste voll, mit Zuschauern, Medien, Journalisten und allem Drum und Dran. Es war auch eine schöne Erfahrung, mit einer hohen Startnummer ohne grossen Druck fahren zu können. Auch wenn ich ausgeschieden bin, habe ich damals viel gelernt und diese Erfahrung hat mir für die Zukunft geholfen.» Daniel Yule
An den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zeigte Daniel Yule im ersten Lauf des Slaloms eine gute Leistung, er schied jedoch im zweiten Lauf aus. Ein Erfolg war aber der Gewinn der Bronzemedaille im Slalom an der Junioren-Weltmeisterschaft 2014 in Jasná.
«Ich war damals gerade zurück aus Sotschi, war also schon an Olympischen Spielen gewesen und hatte einige Punkte im Weltcup sammeln können – entsprechend zählte ich zu den Favoriten. In diesem Sinne war es eine etwas komische Erfahrung, an die JO-WM zurückzukommen und mehr Druck als im Weltcup selbst zu verspüren. Auch wenn eine JO-WM im Endeffekt eher ein Zwischenziel ist, war es aber sicher eine schöne Erfahrung in Jasná eine Bronzemedaille gewinnen zu können.» Daniel Yule
Die Saison 2013 / 14 wurde zu Daniel Yules erfolgreichster Saison im Europacup: In der Gesamtwertung landete er auf Rang zehn und die Slalom-Disziplinenwertung konnte er gar für sich entscheiden. Im Weltcup ging es auch vorwärts: In der Saison 2014 / 15 fuhr Daniel Yule drei Mal auf einen zehnten Platz. Eine neue Bestleistung erzielte Daniel Yule in der Saison 2015 / 16, als er am 6. Januar 2016 im Slalom von Santa Caterina auf den sechsten Rang fuhr.
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Beim Saisonfinale in St. Moritz am 20. März 2016 schien ein Sieg für einmal schon sehr nahe: Den ersten Lauf führte Yule an, jedoch fiel er im zweiten Lauf auf den elften Platz zurück.
«Der Gewinn der Slalom-Disziplinenwertung im Europacup war ein weiteres Zwischenziel, das ich erreichen konnte. Am Anfang der Saison war das noch ein richtiges Ziel, jedoch ist es mit der Zeit immer wie mehr Richtung Weltcup gegangen. Nichtsdestotrotz war es eine Belohnung für eine gute Saison und es zeigte mir, dass ich auf dem richtigen Weg war. Allgemein zeigte es mir auch, dass ich eine Phase der Konstanz erreichte. Ab der Saison 2015 / 16 wurde mein Niveau stetig besser. Es war nicht so, dass mir von einem Tag auf den anderen – auch durch Glück oder im Sinne einer Überraschung – ein grosser Wurf gelang, sondern ich fuhr von Tag zu Tag ein bisschen schneller. Es war, als ob ich ein Haus gebaut hätte: zuerst ein solides Fundament und dann Stein um Stein den Rest.» Daniel Yule
Die Saison 2015 / 16 war mit dem 13. Rang im Slalom-Weltcup und dem 50. im Gesamtweltcup schon erfolgreich verlaufen, doch es gelang Daniel Yule in den kommenden zwei Saisons seine Leistungen noch zu steigern: In der Saison 2016 / 17 war es ein elfter (Slalom-Weltcup) und 34. Rang (Gesamtweltcup), und in der Saison 2017 / 18 verbesserte er sich gar auf den fünften (Slalom-Weltcup) und 22. Rang (Gesamtweltcup). Diese guten Ergebnisse basierten auf regelmässigen Top-Ten-Resultaten. Seine besten Platzierungen waren zwei dritte Plätze: Am 21. Januar 2018 fuhr Daniel Yule in Kitzbühel und zwei Tage darauf, am 23. Januar in Schladming auf das Slalom-Podest.
«Die Erinnerungen an meinen ersten Podestplatz in Kitzbühel sind unglaublich, insbesondere da ich dort mein Weltcup-Debüt gegeben habe. Kitzbühel ist ein sehr schwieriger Hang, der jedoch Kampfgeist belohnt – eine Piste für Kämpfer. Und das entspricht meinem Charakter. Die Sicht war schlecht und während des zweiten Laufs herrschte quasi ein Schneesturm. Der Podestplatz war dann eine riesige Belohnung für mich selbst und alle, die mich bis anhin unterstützt hatten.» Daniel Yule 12
Seinen grössten Erfolg an Grossanlässen bisher feierte Daniel Yule an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Hier gelang es ihm, im Mannschaftswettbewerb mit Wendy Holdener, Ramon Zenhäusern, Luca Aerni und Denise Feierabend die Goldmedaille für die Schweiz zu gewinnen.
«Olympische Spiele sind immer speziell. Man trifft andere Athleten und erlebt andere Sportarten. Wir waren nicht im olympischen Dorf einquartiert, folglich haben wir die Stimmung nicht ganz mitbekommen. Am wichtigsten bleibt jedoch der Wettkampf: Ich war bis zum Teamevent vollständig auf diesen fokussiert. Die Zuschauer und die Atmosphäre rückten folglich in den Hintergrund. Der Slalom ist mir mit dem achten Platz nicht ganz nach Wunsch gelaufen – ich hätte mir mehr erhofft. Entsprechend habe ich die Chance des Teamevents sehr geschätzt. Es ist ein spezielles Erlebnis, die Freude und Enttäuschung mit seinem Team teilen zu können. Sonst ist man mit sich und einer Medaille immer allein. Klar hätte ich gerne eine Medaille im Slalom gewonnen, aber der Teamevent bleibt eine Erfahrung, die mit den Einzeldisziplinen nicht vergleichbar ist. Es ist und bleibt eine olympische Medaille, die Lust auf mehr macht.» Daniel Yule
Mit seinen jungen 25 Jahren steht Daniel Yule die Zukunft noch offen.
«Das Ziel bleibt sicher, eine zweite Disziplin auszubauen: Das wird wohl der Riesenslalom sein. Ich hoffe, dass ich noch nicht mein Bestes gezeigt habe und noch mehr Potenzial ausschöpfen kann. Die aktuelle Saison ist jedoch sehr gut gelaufen und ich hoffe, dass ich an dieses Niveau anknüpfen kann.» Daniel Yule
Daniel Yule im ersten Lauf des Slaloms von Wengen am 14. Januar 2018.
Daniel Yule posiert während einer Pressekonferenz beim Rennen in Adelboden am 6. Januar 2017.
Daniel Yule mit der Schweizer Mannschaft des Teamwettbewerbs an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. V.l.n.r: Luca Aerni, Daniel Yule, Wendy Holdener, Denise Feierabend, Ramon Zenhäusern. 13
DENISE FEIERABEND BIODATEN Geboren: 15. April 1989 Herkunft: Engelberg (OW) Aktivzeit Weltcup: 2008 – 2018 Disziplin: Slalom, Kombination, Super-G, Abfahrt Anzahl Weltcup-Siege: Top Ten
MEDAILLENSPIEGEL Olympische Winterspiele Gold Pyeongchang 2018
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Mannschaft
Denise Feierabend während des ersten Lauf des Slaloms an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. 15
Denise Feierabend fährt den Super-G von St. Moritz am 9. Dezember 2017.
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DENISE FEIERABEND «Mein Vater ist bei einem Gleitschirmunfall gestorben, als ich elf Jahre alt war. Das war eine schwierige Zeit, aber es hat mich mit meiner Schwester und Mutter noch mehr zusammengeschweisst. Das Skifahren wurde mir auch von ihm in die Wiege gelegt. Ab dann war mein Papa bei jedem Rennen dabei und ab und zu hatte ich am Start eines Rennens den Gedanken bei ihm und er gab mir die nötige Kraft und Sicherheit.» Denise Feierabend
Am Start im ernstzunehmenden Renngeschehen war Denise Feierabend spätestens ab dem Jahr 2004, als sie ihre ersten FIS-Rennen bestritt. Auch wenn Denise Feierabend im Januar 2006 zum ersten Mal im Europacup zum Einsatz kam, machte sie aber erst an der Schweizer Junioren-Meisterschaft 2008 in Sörenberg, als sie Juniorenmeisterin im Slalom wurde, richtig auf sich aufmerksam. Diese Leistung verschaffte Denise Feierabend einen Startplatz im Weltcup, sodass sie am 15. Februar 2008 im Slalom von Zagreb ihr erstes Weltcup-Rennen bestreiten konnte; mit der hohen Startnummer 54 fuhr sie auf Platz 18 und holte sich direkt ihre ersten Weltcuppunkte.
«Zagreb war natürlich ein riesen Rennen, um im Weltcup meinen Einstand zu geben. Hinzu kam, dass Janica Kostelić noch aktiv und ganz Kroatien sehr Skisport angefressen war. Ich liebte es immer, an Grossanlässen zu starten; vielleicht habe ich das damals schon bei meinem ersten Weltcup- Rennen gespürt – diesen extra Druck in noch mehr Motivation umzuwandeln. Natürlich war es sehr eindrucksvoll; das ganze Drumherum gab’s zuvor nie. Die vielen Zuschauer, das Medieninteresse, überall Kameras und die ganzen Weltstars – und ich mitten drin: unglaublich!» Denise Feierabend
Am 15. November 2008 fuhr Denise Feierabend im Slalom von Levi, ihrem dritten Weltcup-Rennen, auf den 13. Platz; auch wenn sie in diesem Winter noch dreimal unter die besten 20 fuhr, blieb dies für drei Jahre ihr bestes R esultat im Weltcup. Ein Höhepunkt dieser Saison sollte jedoch die Weltmeisterschaft 2009 in Val-d’Isère werden: Im Slalom erreichte Denise Feierabend den hervorragenden sechsten Rang.
«Dort habe ich zum ersten Mal etwas wirklich Grosses erreicht. Ich konnte es in diesem Moment kaum fassen. Ich weiss noch, dass ich, als ich das Ziel verlassen habe und ich draussen endlich meine Mutter umarmen konnte, Freudentränen geweint habe. Der Hang war alles andere als einfach und ich habe ihn mit Bravour bezwingen können. Eine riesen Erleichterung stellte sich ein. Gemeinsam mit meinen Leuten vor Ort machte ich mich auf den Heimweg. Zu Hause gab es eine kleine Feier. Dieses Resultat gab mir das nötige Selbstvertrauen und die Leichtigkeit, um kurze Zeit später Juniorenweltmeisterin in Garmisch zu werden.» Denise Feierabend
Im Februar 2009 konnte Denise Feierabend ihr erstes Europacup-Rennen gewinnen, und in der Tat rundete sie die Saison mit dem Gewinn des Juniorenweltmeistertitels im Slalom an der Junioren-Weltmeisterschaft 2009 in Garmisch-Partenkirchen ab.
«Das Rennen fand am Gudiberg statt. Die Zieleinfahrt war mitten im Stadion der Olympiaskisprungschanze. Vom Ziel sah man die ganze Rennstrecke. Ich zeigte einen guten ersten Durchgang und hatte bereits die Führung. Der Druck im zweiten Durchgang stieg. Im zweiten Lauf startete ich als Führende; alle warteten auf meinen Lauf und souverän rief ich mein Können ab. Mit einem Vorsprung von 76 Hundertstel entschied ich das Rennen für mich und stand mit Bernadette Schild und Nina Løseth zuoberst auf dem Podest.» Denise Feierabend
In der Saison 2010 / 11 gelang es Denise Feierabend, mit drei Platzierungen unter den besten 15 sich wieder für die kommende Weltmeisterschaft zu qualifizieren. In Garmisch- Partenkirchen hatte sie schon Erfahrungen gesammelt und so gelang ihr an der Weltmeisterschaft 2011 ihr nächster Erfolg: wieder ein sechster Rang, dieses Mal in der Super- Kombination.
«Die guten Erinnerungen an Garmisch, verbunden mit dem Juniorenweltmeistertitel, sind geblieben. Mit einer Prise Extra-Motivation konnte ich an den Start gehen.» Denise Feierabend
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«Diese emotionalen Bindungen verhalfen mir, in den geforderten Rennmodus zu kommen, damit ich den richtigen Tonus in den Muskeln hatte: diesen Flow zu erreichen, in dem alles möglich ist. In der Abfahrt konnte ich über mich hinauswachsen und noch einen draufsetzen, so schaffte ich mir eine Top-Ausgangslage für den Slalom. Im Slalom konnte ich leider nicht ganz an diese Leistung anknüpfen, dennoch gelang mir eine Platzierung unter den besten sechs, was mir wieder ermöglichte, bei der Siegerehrung dabei zu sein. Das sind besonders schöne emotionale Momente.» Denise Feierabend
Am 27. Januar 2012 fuhr Denise Feierabend in der Super- Kombination von St. Moritz ebenfalls auf den sechsten Rang und erreichte somit ihr erstes Top-Ten-Ergebnis im Weltcup. Beim Slalomtraining im Ofterschwang am 1. März 2012 erlitt sie jedoch einen Kreuzbandriss im rechten Knie, was dazu führte, dass sie die ganze Saison 2012 / 13 aussetzen musste.
«Für jeden Skifahrer ist klar: Ein Kreuzbandriss bedeutet eine Rehazeit von sechs Monaten. Dass meine Verletzung dieses Ausmass annahm, musste mir zuerst bewusst werden. Bei mir war das Kreuzband gerissen, hinzu kam ein Aussenbandriss und ein grosser Knorpelschaden. Als mir mein Arzt mitteilte, dass ich neun Monate nicht Ski fahren kann, realisierte ich, dass ich eine ganze Saison aussetzen muss, und das war alles andere als einfach zu akzeptieren. Anderseits fiel auch eine Last weg: Vor allem am Anfang meiner Rehaphase konnte ich nur kleine Fortschritte erzielen, so kehrte eine Ruhe ein und ich hatte bald einen Plan, wie meine Rückkehr funktionieren sollte. Es hat mich wieder bestärkt, meinen eigenen Weg zu finden und zu gehen. Ich war damals schon eine Kämpferin und habe das auch in dieser Zeit erneut gezeigt.» Denise Feierabend
Am 16. November 2013 gab Denise Feierabend beim Slalom von Levi ihr Comeback; sie fuhr direkt auf den zehnten Platz und erzielte somit ihr bestes Ergebnis in dieser Disziplin. Das beste Ergebnis ihrer Weltcupkarriere sollte sie aber am 13. März 2016 in der Kombination von Lenzerheide zeigen: Hier fuhr sie auf den vierten Platz und verpasste 18
knapp das Podest. Diesen Erfolg egalisierte sie am 26. November 2017 im Slalom von Killington; somit wurde auch in dieser Disziplin ein vierter Platz ihr bestes Ergebnis. Der wohl grösste und auch abschliessende Moment in Denise Feierabends Karriere waren jedoch die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang. Hier gelang es ihr, mit Wendy Holdener, Luca Aerni, Daniel Yule und Ramon Zenhäusern im Teamwettbewerb die Goldmedaille zu gewinnen und Olympiasiegerin zu werden.
«Dieser Wettkampfmodus löst in mir ein ganz spezielles Gefühl aus. Nun stehe ich für eine Mannschaft am Start und für die ganze Nation Schweiz. Es kribbelt in mir. Gibt mir eine ganz positive Energie. Diese Dynamik, die am Berg herrscht. Alle Trainer, Physios und Athleten ziehen am gleichen Strang; hinzu kommt noch der Mix aus dem Damen- und Herrenteam. Strategische Entscheidungen werden von den Trainern gefällt. Wer fährt auf welchem Lauf? Gibt es taktische Vorteile? Gegen wenn lassen wir Denise starten, um letztendlich Team für Team zu bezwingen? Und dann stehe ich am Start, alleine, und all das rückt in den Hintergrund, und ich will einfach nur schnell Ski fahren. Die Olympiamedaille ist ein Highlight meiner Karriere und ich darf mich ab sofort und für immer Olympiasiegerin nennen – das hört sich immer noch so unrealistisch an. Ein Traum ging in Erfüllung. Es war so schön zu spüren, wie sich die Leute mit mir gefreut haben und mir diesen Erfolg gönnten.» Denise Feierabend
Denise Feierabend trat am 8. April 2018 vom Skirennsport zurück. Ihr Bauchgefühl habe ihr gesagt, dass nun der richtige Zeitpunkt zum Aufhören sei, im Kopf sei dieser Entscheid aber schwieriger zu akzeptieren gewesen, sagt Denise Feierabend. Nichtsdestotrotz: Sie freue sich nun, ein «normales» Leben zu starten, das sie bis anhin noch gar nicht so gekannt habe.
Denise Feierabend mit Wendy Holdener, Luca Aerni, Daniel Yule und Ramon Zenhäusern (v.l.n.r.) an der Siegerehrung des Mannschaftswettbewerbs an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang.
Denise Feierabend präsentiert stolz ihre olympische Goldmedaille im Mannschaftswettbewerb an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang.
Denise Feierabend während des Abfahrtstrainings an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang.
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RAMON ZENHÄUSERN BIODATEN Geboren: 4. Mai 1992 Herkunft: Visp (VS) Aktivzeit Weltcup: 2012 – aktiv Disziplin: Slalom, Riesenslalom Anzahl Weltcup-Siege: Total 1 (1 City Event)
MEDAILLENSPIEGEL Olympische Winterspiele Gold Pyeongchang 2018 Silber Pyeongchang 2018
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Mannschaft Slalom
Ramon Zenhäusern im ersten Lauf des Slaloms von Wengen am 14. Januar 2018.
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Ramon Zenhäusern auf dem Weg zu seiner Silbermedaille im Slalom an den Olympischen Winterspielen 2018 in ÂPyeongchang. 22
RAMON ZENHÄUSERN Ramon Zenhäusern kommt aus Visp im Kanton Wallis. Gross geworden ist er im Skiclub Bürchen. Aus Bürchen stammt seine Familie, die hier auch ein Chalet besitzt – das «Chalet Märli» –, folglich lernte er in diesem Ort, Ski zu fahren. Heute ist gar der Skilift, an dem er seine Karriere begann, nach ihm benannt. Die Disziplin, die er schon in jungen Jahren favorisierte, war der Slalom. Dies ist bemerkenswert, da er mit einer Körpergrösse von zwei Metern für einen Slalomfahrer äusserst gross gewachsen ist.
«Die Möglichkeit Riesenslalom zu trainieren ist vom Platz her nicht so gegeben wie beim Slalom, und eine Abfahrt zu trainieren gestaltet sich noch als viel schwieriger; diese Situation ist eigentlich in der ganzen Schweiz identisch. Für den Slalom muss man keine Netze spannen, keine Piste absperren – es ist halt weniger gefährlich. Folglich hat es mich nahezu natürlich zum Slalom gezogen. Meiner Meinung nach führt diese Situation übrigens dazu, dass die Konkurrenz im Slalom sehr gross ist. Den Slalom trainieren aus den genannten Gründen viele und entsprechend ist das Niveau hoch.» Ramon Zenhäusern
Im Jahr 2007 stieg Ramon Zehnhäusern als Fünfzehnjähriger mit der Teilnahme an FIS-Rennen erstmals ins ernsthafte Renngeschehen ein, und im Januar 2011 hatte er sein Debüt im Europacup. Am 8. Dezember 2011 konnte er im Slalom von Davos das erste Mal ein FIS-Rennen gewinnen und noch im selben Monat sammelte er die ersten P unkte im Europacup. Sein Debüt im Weltcup gab er am 11. November 2012 im Slalom von Levi, in dem er aber den zweiten Durchgang verpasste. Die ersten Weltcuppunkte konnte er am 13. Januar 2013 am Chuenisbärgli in Adelboden sammeln; hier fuhr er im Slalom auf den 22. Platz. Einen ersten grossen Erfolg feierte Ramon Zenhäusern an der Junioren-Weltmeisterschaft 2013 in Québec. Hier gelang ihm der Gewinn der Silbermedaille im Slalom; nur dem Österreicher Manuel Feller musste er sich geschlagen geben.
«Es war ein wunderschönes Erlebnis. Auch weil meine Eltern zum ersten Mal an ein entferntes Rennen mitgereist sind. Der Slalom hatte eine schwierige Piste mit vielen Spuren und Schlägen. Nicht zuletzt darum ist diese Silbermedaille ein grosser Erfolg gewesen.» Ramon Zenhäusern
Ein weiterer Event, an dem Ramon Zenhäusern reüssiert hat, waren die Winter-Universiaden 2015 in Sierra Nevada. Hier gelang ihm der Gewinn der Goldmedaille im Slalom. Das Wort Universiade ist eine Zusammensetzung aus Teilen der Wörter Universität und Olympiade. Zenhäuserns Teilnahme an der Universiade ergab sich daraus, dass er an der FernUni Schweiz Wirtschaft studiert. Die Universiaden finden alle zwei Jahre statt und vereinen studierende Sportler in einem grossen Wettkampf; wie bei den klassischen Olympischen Spielen gibt es Sommer- und Winterspiele.
«Die Universiaden sind quasi die Olympiaden der Studenten. Es war ein super Erlebnis, es hat mir sogar für meine Karriere geholfen, da die Resultate auch im Europacup gezählt werden und ich Punkte sammeln konnte. Es war interessant um Leute herum zu sein, die mit Sport und Studium die gleichen Interessen verfolgen wie ich. Der Event war sehr gut organisiert und die Stimmung hervorragend. Die Universiaden werden zu unrecht auch fast ein wenig belächelt, denn das Niveau war mit anderen Weltcupfahrern wie Robin Buffet relativ hoch. Nichtsdestotrotz konnte ich den Slalom mit grossem Vorsprung gewinnen. Es war ein super Tag, an dem mir alles aufgegangen ist.» Ramon Zenhäusern
Am 2. Dezember 2015 gelang Ramon Zenhäusern im Slalom von Hemsedal der erste Sieg in einem Europacup-Rennen, im Weltcup hingegen fuhr er zunächst eher ins Mittelfeld und schied häufig aus. Am 10. Januar 2016 gelang ihm im Slalom von Adelboden mit dem siebten Platz die erste Top-Ten-Platzierung. Der Aufstieg in die Weltspitze gelang ihm jedoch in der Saison 2017 / 18: Am 14. Januar 2018 wurde er Vierter im Slalom von Wengen und am 26. Januar Sechster im Slalom von Kitzbühel. Und am 30. Januar 2018 gewann er mit dem City Event von Stockholm sein erstes Weltcup-Rennen.
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«Dieser Sieg kam schon relativ überraschend. Da ging ein Kindheitstraum in Erfüllung. Die Stimmung an City Events ist meistens super, auch damals in Schweden. Und im Final kam ich regelrecht in einen ‹Tunnel›, in eine Art Rausch. Das Finale des Parallelslaloms war gegen André Myhrer, der ja selber Schwede ist, und das Publikum hat natürlich ihn unterstützt. Am Start war es nicht einfach, aber irgendwie haben mich die Rufe für Myhrer noch mehr angespornt, das Rennen zu gewinnen.» Ramon Zenhäusern
Der Höhepunkt von Ramon Zenhäuserns Karriere waren bis jetzt die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang. Favorit für den Slalom war eigentlich der im Gesamtweltcup führende Österreicher Marcel Hirscher, jedoch schied er im ersten Lauf aus, weil er ein Tor verpasste. Ramon Zenhäusern nutzte seine Chance. Zwar musste er sich dieses Mal dem Schweden André Myhrer, der mit 35 Jahren ältester Olympiasieger im Slalom wurde, geschlagen geben, jedoch zeigte Zenhäusern eine hervorragende Leistung und holte sich die Silbermedaille.
Der krönende Abschluss der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang stellte der Gewinn des Mannschaftswettbewerb mit Wendy Holdener, Luca Aerni, Daniel Yule und Denise Feierabend dar, in dem sich Ramon Zenhäusern sein erstes Olympiagold holte. Es sei eine schöne Erinnerung, insbesondere da sich in einem Team alle freuten, während man im Einzelkampf in Konkurrenz stehe, sagt Ramon Zenhäusern. Da er zusammen mit Wendy Holdener die Grundlage für diesen Mannschaftssieg gelegt habe, sei er besonders stolz auf diese Medaille; auch wenn die Silbermedaille im Slalom vielleicht sportlich mehr wert sei, vergolde diese Goldmedaille im Mannschaftswettbewerb die Silbermedaille im Slalom. Ramon Zenhäusern erinnert sich auch speziell daran, dass er am Ende die Ehre gehabt habe, als Fahnenträger die Schweizer Delegation vertreten zu dürfen; dies habe sich wie eine dritte Medaille angefühlt. Die Saison 2017 / 18 war für Ramon Zenhäusern mit Abstand die erfolgreichste Saison. Im Gesamtweltcup landete er auf dem 26. Platz und im Slalom-Weltcup erreichte er den sechsten Rang. In seiner Zukunft kann er noch viel erreichen.
«Der erste Lauf war eine gute, stabile Leistung. Mit dem neunten Rang hatte ich eine gute Chance für den Sprung aufs Podest, aber diese Ausgangslage hatten viele, weil es eng war. Darum wusste ich, dass ich im zweiten Lauf alles geben musste. Aber es ging alles auf und es reichte fürs Podest.
«Den Riesenslalom möchte ich in der Zukunft sicher noch ausbauen. In zwei Jahren wird auch der Parallelslalom als eigene Disziplin eingeführt werden. Das Wichtigste bleibt aber gesund zu bleiben und Freude zu haben am Skifahren – der Rest kommt von allein.
Die Vorbereitung für die Spiele ist auch optimal gelaufen. Ich war schon im letzten Jahr, im Frühling in Korea, um das Gebiet, die Umgebung und die Pisten kennenzulernen. Auch eine Woche vor dem Rennen haben wir in Korea viel trainiert. Überdies war der Schnee recht aggressiv, was mir entgegenkam.
Was mir bleibt in meiner Karriere sind die X Stunden und Erlebnisse, die ich mit meinem Vater erlebt habe. All die Trainings; sei es auch einmal zum Saisonende mit einem ‹Schneetöff› trainieren zu gehen. Das sind schöne Erinnerungen. Mein Vater war und ist mein Trainer und Förderer.»
Letztendlich war es unglaublich, dass es so aufgegangen ist. Dieser 22. Februar war wirklich ein magischer Tag, ein regelrechtes Wintermärchen: Am Abend an der Medaillenzeremonie hat es noch leicht geschneit und gestöbert – es war wirklich ein Wintermärchen.» Ramon Zenhäusern
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Ramon Zenhäusern
Denise Feierabend, Wendy Holdener, Luca Aerni, Daniel Yule und Ramon Zenhäusern (v.l.n.r.) an der Siegerehrung für den Mannschaftswettbewerb an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang.
Während der Schlusszeremonie der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang darf der Gold- und Silbermedaillenträger Ramon Zenhäusern die Schweizerflagge tragen.
Olympiasieger Ramon Zenhäusern wird von seinen Fans in der Schweiz empfangen. 25
MICHELLE GISIN BIODATEN Geboren: 5. Dezember 1993 Herkunft: Engelberg (OW) Aktivzeit Weltcup: 2012 – aktiv Disziplin: Slalom, Riesenslalom, Super-G, Abfahrt, Kombination Anzahl Weltcup-Siege: Podest / Top Ten
MEDAILLENSPIEGEL
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Olympische Winterspiele Gold Pyeongchang 2018
Kombination
Weltmeisterschaften Silber St. Moritz 2017
Kombination
Michelle Gisin fährt den Super-G von Crans-Montana am 4. März 2018. 27
Michelle Gisin feiert an der Siegerehrung ihr Olympiagold in der Kombination an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang.
MICHELLE GISIN Michelle Gisin fuhr ihr erstes FIS-Rennen im November 2008. Am 3. Januar 2011 konnte sie im Riesenslalom von Morzine zum ersten Mal ein FIS-Rennen gewinnen, und schon seit Januar 2010 war sie auch im Europacup im Einsatz.
«Diese Jugendzeit war etwas extrem Schönes. Wir hatten eine super Truppe beieinander, mit genialen Athletinnen wie Joana Hälen, Jasmine Flury und Wendy Holdener. Die Dynamik im Team war hervorragend, und ich hatte grosses Glück, in einem solchen Umfeld heranwachsen zu können. Der Spass kam nie zu kurz, aber es wurde auch sehr fokussiert trainiert; wir waren sehr ehrgeizig und haben uns gegenseitig gepusht.» Michelle Gisin
Während Michelle Gisin sich zu Beginn ihrer Karriere auf die Speed-Disziplinen konzentrierte, verlagerte sie ihren Schwerpunkt mit der Zeit auf den Slalom und Riesenslalom. Dies zahlte sich aus, denn in der Saison 2012 / 13 konnte sie drei FIS-Slalomrennen gewinnen und fuhr auch im Europacup erstmals in die Top Ten. Mit diesen Leistungen erkämpfte sich Michelle Gisin einen Startplatz im Weltcup und gab am 29. Dezember 2012 im Slalom von Semmering ihr Weltcup-Debüt.
«Was das für einen Athleten bedeutet – das kann man sich fast nicht vorstellen. Mit einer gewaltigen Nervosität, aber auch mit relativ grossem Selbstvertrauen bin ich angetreten. Endlich darf man da antreten, wovon man jahrelang geträumt hat; als kleines Mädchen sah man diese grossen Athletinnen am Fernsehen Rennen fahren – ja eben im Weltcup. Ich bin ein riesen Fan von Tanja Poutiainen. Am Start war meine Schwester Dominique bei mir, da ging sie einfach zu Tanja und sagte ihr: ‹Das ist meine kleine Schwester und sie ist ein riesiger Fan von dir.› Das war für mich überwältigend; mit der Zeit gewöhnt man sich an solche Momente, aber wenn das noch nicht Alltag ist, ist es natürlich unglaublich.» Michelle Gisin
Ein Höhepunkt in der Jugendkarriere Michelle Gisins war die Junioren-Weltmeisterschaft 2013 in Québec. Hier gelang es ihr, die Silbermedaille im Slalom zu gewinnen. Es sei ein schwieriges Rennen gewesen, aber der Lohn für eine ambitionierte Zeit, die nicht zuletzt auch die guten Betreuer mitgetragen hätten, sagt Michelle Gisin. Die Saison 2013 / 14 wurde weiterhin zu einer entscheidenden Saison und zum Trittbrett zum weiteren Erfolg in Michelle Gisins Karriere: Mit drei Siegen und drei weiteren Podestplätzen konnte sie die Europacup-Gesamtwertung als auch die Slalom-Disziplinenwertung für sich entscheiden.
«In diesem Jahr war ich das erste Mal in der Weltcupgruppe, habe aber doch fast die ganze Europacuptour mitgefahren. Mir hat es sehr gefallen, die ganze Zeit zu reisen und Rennen zu fahren. Damals ist eigentlich auch der Traum geboren, das Gleiche im Weltcup zu machen. Der Europacup-Slalom in Kirchberg (21. Januar 2014) war wahrscheinlich der beste Lauf meiner Karriere. Zu Promotionszwecken sind auch Weltcupfahrerinnen wie Marlies Schild gestartet. Nichtsdestotrotz konnte ich den zweiten Lauf mit acht Zehntel Vorsprung gewinnen. Das haben die Österreicher wohl nicht so lustig gefunden, dass hier eine so junge Schweizerin gegen solche Legenden gewinnt. Aber für mich war es natürlich ein unglaubliches Rennen.» Michelle Gisin
Michelle Gisin war schon in der Jugendzeit die Disziplinen breit gefahren. Der Slalom blieb natürlich präsent, aber ab der Saison 2016 / 17 wagte sich Gisin wieder vermehrt an die Speed-Disziplinen. Dies zahlte sich wiederum aus, denn am 16. Dezember 2016 gelang ihr mit dem zweiten Platz in der Kombination von Val-d’Isère die erste Podestplatzierung im Weltcup. Diese Leistung konnte Michelle Gisin ein Jahr später am 9. Dezember 2017 im Super-G von St. Moritz bestätigen. Diese Podestplatzierung sei aber wirklich überraschend gekommen, sagt Michelle Gisin, denn im Super-G brauche man Erfahrung und diese habe sie schlicht nicht gehabt. Ein grosser Erfolg gelang Michelle Gisin jedoch schon an der Heim-Weltmeisterschaft 2017 in St. Moritz. Mit fünf Hundertstelsekunden Rückstand hinter der Teamkollegin Wendy Holdener platzierte sich Gisin in der Kombination auf dem zweiten Platz und holte sich ihre erste Silbermedaille an einem Grossanlass. 29
«Für einen Sportler gibt es nichts Schöneres, als in der Heimat reüssieren zu können. Es gab einen riesigen Rummel, jedoch kenne ich St. Moritz schon von klein auf, sodass ich die Rückzugsorte entsprechend nutzen konnte. Es herrschte aber eine unglaublich gute Stimmung, die auch positiv gewirkt hat. Mit dem Abfahrtsgold von Beat Feuz und meinem Doppelsieg mit Wendy – so etwas habe ich wirklich noch nie erlebt. Es läuft mir kalt den Rücken hinab, wenn ich daran denke; so viele Bilder, die ich mit mir mittrage. Nach dem Olympiasieg war es sicher – vor allem wegen diesem Heimgefühl – das schönste Erlebnis.»
Die Zeit war jedoch gut, und ich konnte mit viel Ruhe in den Slalom gehen. Im Slalom habe ich anschliessend die beste Leistung meiner Saison gezeigt, obwohl es vorher nie klappen wollte. Von Anfang an habe ich gepusht – vor allem auf den kurzen Flächen, in denen ich am meisten Zeit herausholen konnte – und im Ziel durfte ich dann Grün sehen.
Der ganz grosse Erfolg für Michelle Gisin kam aber an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang. Während es in St. Moritz nur für die Silbermedaille reichte, konnte sich Gisin in Südkorea die Goldmedaille in der Kombination holen und wurde Olympiasiegerin; Wendy Holdener schaffte es dieses Mal auf den dritten Platz, Zweite wurde die Amerikanerin Mikaela Shiffrin. Dieser Sieg hatte insbesondere deshalb grosse emotionale Bedeutung, da Michelles Schwester Dominique vor vier Jahren in Sotschi die Goldmedaille in der Abfahrt gewinnen konnte.
Michelle Gisin
Michelle Gisin
«Nach dem Olympiasieg von Dominique war Olympia etwas näher gerückt; das Gold war nun in der Familie – vorher war es etwas Unerreichbares. Folglich bin ich mit einem etwas anderen Gefühl nach Pyeongchang als nach Sotschi gereist. In die Abfahrt hatte ich mich schon im Weltcup verliebt, und entsprechend konnte ich mich gut vorbereiten. Ich habe versucht mich gut abzukapseln; ich bin auch nicht an die Eröffnungsfeier gegangen, weil ich für Emotionen sehr empfänglich bin. Der Terminplan wurde wegen den Verschiebungen aber extrem eng. In der Spezialabfahrt ist es dann nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe, dies hat mir aber auch Ruhe gegeben: ‹Wenn es sein soll, dann soll es sein – und sonst nicht›, sagte ich mir. Weil ich aber in der Spezialabfahrt im Zielhang noch leicht gestürzt bin, wurde die Kombi-Abfahrt wegen der Unsicherheit zur grösseren Herausforderung als der Slalom. 30
Dominique trägt einen gewaltigen Anteil an diesem Olympiagold. Sie war in Korea immer für mich da. Dies alles noch einmal erleben zu dürfen war unglaublich – diesen Olympiatitel zusammen in der Familie jetzt quasi teilen zu können ist wunderschön.» Die Saison 2017 / 18 war für Michelle Gisin die mit Abstand erfolgreichste Saison. Für die Zukunft strebe sie den Abfahrts-Weltcup und den Gesamtweltcup an, sagt Michelle Gisin, dem Slalom bleibe sie natürlich treu, aber die Konkurrenz sei gross. Was ihr aber auf jeden Fall in Erinnerung bleibt, sind die Momente sportlicher Grösse und Fairness, die sie in ihrer Karriere erlebt hat.
«Als Tina Maze 2500 Weltcuppunkte sammelte, fuhr ich meine erste Weltcup-Saison (Saison 2012 / 13). Ich wurde im Slalom von Flachau Neunte und Tina Maze – für ihre Verhältnisse – nur Fünfte. Nach dem Rennen stand sie da, war wahnsinnig unzufrieden und starrte den Boden an. Für mich war natürlich dieses so frühe Top-Ten-Ergebnis ein riesen Erfolg – Tina Maze war sich aber gewöhnt, nur auf dem Podest zu stehen. Nichtsdestotrotz: Bevor sie die Szene verliess, drehte sie sich um und sagte zu mir: ‹Congratulations, good job!› Dass eine so grosse Athletin, die so viele Rennen fährt und so einen grossen Rummel geniesst, einen solchen Respekt zeigt, werde ich nie vergessen. Nach diesen Ansprüchen möchte auch ich leben.» Michelle Gisin