Beat Straubhaar
Philipp Abt

Beat Straubhaar
Philipp Abt
Hanspeter Latour
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© 2014 Weber Verlag AG, CH-3645 Thun/Gwatt 3. Aufage 2024
AUTOREN
Texte, Lektorat und Bildauswahl: Beat Straubhaar, Weber Verlag AG Konzept und Idee: Philipp Abt, www.wortschaft.ch
WEBER VERLAG AG
Gestaltung und Satz: Nina Ruosch
Bildbearbeitung: Adrian Aellig Korrektorat: Heinz Zürcher
BILDNACHWEIS auf Seite 4
ISBN 978-3-03818-549-9
www.weberverlag.ch
Der Weber Verlag wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2021–2025 unterstützt.
Beat Straubhaar
Philipp Abt
Hanspeter Latour
BILDNACHWEIS
Da ein Grossteil der verwendeten Bilder aus privaten Fotobüchern stammt, konnte in einigen Fällen der Fotograf nicht mit Sicherheit bestimmt werden.
HANSPETER LATOUR Seiten 6, 12 (unten), 15, 16, 22, 27 (unten), 31, 34 (unten), 37, 38, 41, 42, 45, 53, 54, 61, 72 (oben), 108 (unten), 128, 133, 138, 143 (unten), 160, 186, 189, 195, 218, 226, 227, 229
BEAT STRAUBHAAR Seiten 10, 108 (oben), 143 (oben), 155 (oben), 158 (oben), 169 (oben), 180, 223 (unten), 235, 239, 242, 243, 244
REUTERS Cover (Pascal Lauener)
PETER BICHSEL Seite 9
THUN-THUNERSEE TOURISMUS Seite 12 (oben)
ARCHIV FC THUN Seite 19
GETTY IMAGES Seiten 27 (oben, Bongarts), 78 (Bongarts), 91 (oben, Warren Little), 178 (oben, AFP), 178 (unten, Bongarts), 183 (Bongarts), 230 (oben, Bob Thomas)
KEYSTONE Seiten 34 (oben, Photopress-Archiv), 72 (unten, Gaëtan Bally), 174 (Sigi Tischler), 223 (oben, Alessandro Della Bella), 233 (Walter Bieri)
ERNST SCHÖNI Seite 48
STADTARCHIV THUN Seite 57 (oben)
ANDREAS BLATTER, BERNER ZEITUNG Seiten 58 (unten), 62, 169 (unten), 230 (unten)
KURT AEGERTER Seiten 57 (unten), 58 (oben)
HEINZ-DIETER FINCK Seite 86
FRESHFOCUS Seiten 87 (unten, Andy Müller), 238 (Andreas Meier)
RAINER BOLLIGER, ST. GALLER TAGBLATT Seite 91 (unten)
ANTON GEISSER Seite 97
PATRIC SPAHNI Seiten 112, 114
SCHWEIZER RADIO UND FERNSEHEN SRF Seiten 119, 136, 155 (unten), 246 (Merly Knörle)
WALTER L. KELLER, BLICK Seiten 124, 150
JOACHIM THIES, FOTOGRAF Seite 131
URS BAUMANN, BERNER ZEITUNG Seite 158 (unten)
KURT REICHENBACH Seite 162
PAOLO FOSCHINI Seite 202 (oben)
RAPHAEL GALLIKER, HÄGENDORF Seite 202 (unten)
IMAGO/GEISSER Seite 203
WOHN- UND ARBEITSGEMEINSCHAFT GWATT Seiten 208, 212, 214, 215
CHRISTOF MÖRI, Bildermachermoeri.ch Seite 240
Latour, der Gooli: Vorwort von Peter Bichsel 7
Der Ball im richtigen Tor und der Mensch im Zentrum. 11
Mit «Schutte» gross geworden. 13
Balljunge, Stifti, Juniorennati. 21
Von Verletzungen und Treffern mitten ins Herz. 32
Die Lehrzeit als Trainer. 46
Der lange Weg zurück. 56
Fussball, ohne Wenn und Aber. 65
Der Pfff, die Gemmi und ein Stadtplan. 77
Anrufe von unterwegs und aus der Heimat. 88
Die Vision 2002, gezeichnet und umgesetzt. 102
Ein Spruch wird Kult. 115
Lagerfeuer, Wein und Läckerli für alle. 137
Fussballer im Park und in der Autowaschanlage. 153
Latour de Suisse. 164
Über Heuschrecken zu Geissböcken. 172
Bergdoktor, Klosterfrau und Gangsterjäger. 181
Ehre, wem Ehre gebührt. 193
Der beste Götti der Welt. 204
Von Königen, Bösen und Gehörnten. 216
Osterhase und Nothelfer in schwieriger Mission. 228
«… ds Füür am Brönne bhaute!» 237
Der Handschlag: Nachwort von Christoph Sterchi 246
Eine aussergewöhnliche Trainerkarriere 248
Mein Dank 248
VORWORT VON PETER BICHSEL
An einem Herbsttag 2013 versammelte sich eine grosse Gruppe von Leuten im Solothurner Stadion, um hier am Rande des Spielfelds die Urne von Theres Schreier beizusetzen. Sie, das Grosi, wie sie von allen genannt wurde, hatte hier in der Beiz des Clubs über sechzig Jahre gearbeitet, bis ins hohe Alter eine bewundernswerte, eine schöne Frau, agil und schnell wie eine junge Frau, schlagfertig, fröhlich –besorgt für alle und alles, wirklich das Grosi für eine halbe Welt, die Welt des Solothurner Fussballs, die ihre Welt war, und sie war die Seele dieser Welt.
Um ihr Grab standen Männer und Frauen, die sich trauernd erinnerten. Und diese Leute erinnerten auch selbst, sie erinnerten an die Geschichte und an die Geschichten des Fussballclubs Solothurn. Unter ihnen Hanspeter Latour, einer der ganz wenigen ehemaligen Trainer hier. Und was mich überraschte, die einzige ehemalige Mannschaft, die hier mit vielen Spielern vertreten war, war seine damalige Mannschaft, die – wie sollte es anders sein – nicht nur gute Erinnerungen an ihren Trainer Latour hatten, aber Erinnerungen an eine gute Zeit, an die Zeit von Latour und Grosi.
Hanspeter Latour war 1983 als Trainer zum FC Solothurn gekommen als Nothelfer, denn der FC kämpfte gegen den Abstieg in die zweite Liga. Unter Latour gelang ihm der Ligaerhalt und bereits vier Jahre später spielte er für eine Saison in der Nationalliga B. Nach dem Abstieg entschied sich der FC, Latour als vollamtlichen Trainer anzustellen, und Latour kündigte dafür eine sichere und gute Stelle in einem Bundesbetrieb. Für beide Teile ein sehr mutiger, wenn nicht gar übermütiger Schritt. Hätten sie mit Hanspeter Latour damals nur einen guten vollamtlichen Trainer gefunden, es wäre wohl schiefgelaufen, aber sie fanden in ihm einen Prof, einen Vollprof, einen Manager, der sich nicht nur um Mannschaft und Training kümmerte, sondern um alles, er schrieb Konzepte, gestaltete und redigierte Matchprogramm und Clubzeitung, kümmerte sich um das ganze Umfeld. Nicht einfach, dass er ein Prof war, machte ihn aus, sondern, dass er hartnäckig und energisch alles um sich herum professionalisierte. Und dieses Umfeld steckte er weit. Er entwarf ein Juniorenförderungskonzept gleich für den ganzen Kanton. Es hat heute noch seine Wirkung und viele gute Früchte hervorgebracht.
Mit solchen Ansprüchen an sich selbst und an alle Beteiligten macht man sich nicht nur Freunde. Latour wollte auch nicht Freunde machen, er wollte Fussball machen. Ich glaube, Fussball war für ihn ein Leben lang so etwas wie eine Utopie – zum vornherein nicht erreichbar, aber desto trotz erstrebenswert, dieser total gute, total schöne, total sehenswerte Fussball. «Nein», sagte er mir damals einmal, «Sport auf diesem Niveau hat mit Gesundheit nichts zu tun.» Also Härte – harte Arbeit. Und Hanspeter Latour privat: ein angenehmer, besonnener Bürger, ein aufmerksamer Gesprächspartner mit einer Neigung zur Philosophie, zum Hinterfragen, selbst seinen geliebten Fussball hinterfragt er. Er legt Wert auf gute Sitten und versucht das auch vorzuleben. Und derselbe Latour als Trainer am Spielfeldrand, bis zur letzten Sehne seines Körpers und bis zur Verrücktheit engagiert, meist knapp am Durchdrehen und das auch lauthals darstellend. Kaum ein Spieler auf dem Feld schien so engagiert zu sein wie er, und so sah er es auch selbst und war nicht nur erregt, sondern regte sich auch auf, als ginge es um Leben und Tod. Als wären der Private und der Prof zwei ganz verschiedene Menschen.
Hanspeter Latour war als aktiver Fussballer Torwart oder Torhüter. Das hat ihn wohl geprägt. Die beiden Wörter, die genau dasselbe bezeichnen, klingen so verschieden wie wenn sie die Bezeichnung für Verschiedenes wären. Der Torwart streng, gerecht und auch selbstgerecht wie ein Schulhausabwart, der seinen Kasten sittenstreng rein hält. Der Torhüter, der seinen Kasten liebevoll behütet, ihn nicht eigentlich rein hält, sondern ihn beschützen will vor dem bösen Ball des Feindes. Die zwei Seelen in der Brust des Goolis. Denn Latour ist auch durch und durch Schweizer und das Wort Gooli, das zwar aus dem Englischen stammt, ist durch und durch ein schweizerdeutsches Wort. Es strotzt von Gemütlichkeit, von Behaglichkeit, Beschaulichkeit. Durchaus vorstellbar, dass auch unsere Bezeichnung Gooli schuld daran ist, dass der Schweizer Fussball immer wieder hervorragende Torhüter hervorgebracht hat. Sie kommen aus einer anderen sprachlichen Welt und bringen ihre guten Nerven mit aus der Behaglichkeit des Wortes Gooli.
Hanspeter Latour hat als Gooli angefangen, ist dann Torhüter und Torwart geworden und trägt die drei Seelen der drei Bezeichnungen in seiner Brust.
Etwas ist den drei verschiedenen Schlussmännern allerdings gemeinsam: Sie schreien. Sie stehen fast am Spielfeldrand. Sie beobachten das Spiel engagiert und organisieren die Verteidigung – immer kurz vor der totalen Verzweifung.
Es ist relativ selten, dass ehemalige Torhüter Trainer werden. Weshalb eigentlich nicht? Sie, die schon als Aktive immer das ganze Spiel vom Rand aus beobachtet haben und engagiert verfolgten und organisierten, der behagliche Gooli – dä wo Sorg het –, der strenge und kompromisslose Torwart und der vertrauenswürdige Torhüter – oder einfacher, die drei so Verschiedenen zusammengefasst in einem Sammelbegriff: «Hanspeter Latour».
Und Latour, der Treue: Ein Herbsttag 2013. Latour ist zurückgekommen auf «seinen» Fussballplatz, um teilzunehmen an der Urnenbeisetzung vom Grosi, von jener Frau, die das Umfeld, das Latour erfolgreich professionalisierte, von der anderen Seite als Liebhaberin gestaltete, die oft auch die tapferen jungen Amateure, die jetzt auch anwesend waren, getröstet hat, wenn sie unter dem konsequenten Professionalismus ihres Trainers litten, die auch den Trainer tröstete, wenn er seine Pläne nicht durchsetzen konnte. Ein Plan übrigens ist mir erst viel später aufgefallen. Latour, der alle Lehrgänge und Diplome bereits hinter sich hatte, hat damals 14 Jahre lang ganz bewusst im Selbststudium seine Lehre als Trainer gemacht. Die Diplome reichten ihm nicht, er wollte es lernen. Und der Lehrling war erfolgreich, erreichte wieder die Nationalliga B, und Latour war wieder weiter am Lernen. Seine Spieler, die auch zur Beerdigung kamen, sind Amateure, Liebhaber geblieben und treffen sich immer noch wöchentlich zum Fussballspielen, nicht in einem Verein, sondern einfach so zum Tschutte, die Treuen. Hanspeter Latour sehe ich inzwischen am Fernsehen als Fussballexperten. Seine Stimme erinnert mich immer noch ein wenig an den ehemaligen Fanatiker, aber in Wirklichkeit, so scheint mir, hat er die Seite gewechselt, auch er ist zum Fussballliebhaber geworden, zum Amateur, und Liebhaberei hat auch mit Treue zu tun. Hanspeter Latour hat sich letztlich dann doch für den beschaulichen Gooli entschieden.
Am Anfang war es bei mir der Ball, welcher mich faszinierte. Genauer gesagt ein Fussball.
Später kamen Mitspieler, Gegner, Schiedsrichter, Funktionäre und fussballbegeisterte Menschen verschiedenster Nationen aus unterschiedlichen Branchen und Schichten dazu. Aus mir und dem Fussball entstand eine Leidenschaft, welche mir durch die Kontakte in der Fussballwelt einen erfüllenden Lebensinhalt ermöglichte.
Dieses Buch soll nicht in erster Linie eine Biografe sein. Keine Erfolgsstory. Kein Fussballsachbuch und schon gar keine Abrechnung irgendwelcher Art.
Sie als Leser erfahren, was mir als Spieler und insbesondere als Trainer in 1000 Pfichtspielen in verschiedensten Ligen und Spielklassen von Bedeutung war und mir in Erinnerung geblieben ist. Was ich wollte, was ich dabei dachte, wie ich es machte, damit hoffentlich der Ball am Schluss im richtigen Tor lag und der Mensch dabei stets im Zentrum blieb.
Philipp Abt hatte die Idee zum Buch und erstellte das Konzept dazu. Beat Straubhaar verfasste in Zusammenarbeit mit mir die Texte. Peter Bichsel erfüllte mir den Wunsch eines Vorwortes. Die Herausgabe des Buches übernahm der Werd & Weber Verlag in Thun. Herzlichen Dank für die tolle Teamarbeit.
Das Buch ist für einmal der Ball. Unser Team hofft damit ein Tor zu erzielen.
Falls Sie als Leser – schmunzelnd, nachdenkend, staunend, lachend –das so empfnden, dann haben Sie den Match gewonnen.
Herzlichst,
Ihr Hanspeter «Pudi» Latour
… dem 2004, als 57-Jährigem, der Titel «Berner Oberländer des Jahres» verliehen wurde.
«Das regt mi hüt no uf. 2:0 verlore u wär überhoupt nid nötig gsy», erzählt Hanspeter Latour seinem Gegenüber. Den rechten Arm über dem Tisch auf- , den linken in der Hüfte eingestützt – voller Engagement, jedes Detail präsent – beleuchtet er eine Episode seiner Karriere. Als ob es gestern gewesen wäre.
Die Leidenschaft und Motivationskraft, die später zu einem Markenzeichen von Hanspeter Latour wurde und ihn als Fussballtrainer bis in die Bundesliga führte, begann in Thun.
«Wenn ich, bis zur heutigen Zeit, als ‹Berner Oberländer› bezeichnet werde, dann stimmt dies eigentlich nur zur Hälfte. Denn Thun ist ‹nur› Ausgangspunkt ins Berner Oberland und die Menschen in ihrem Wesen eher städtisch.»
«I bi aber e Thuner wo stouz isch, wenn är aus Bärner Oberländer bezeichnet wird.»
So war es naheliegend, dass ihn der in der Zeit als Trainer des FC Thun verliehene Titel «Thuner des Jahres» weniger überraschte als die 2004 überreichte Auszeichnung als «Berner Oberländer des Jahres». Einen gewissen Stolz, als «Berner Oberländer» bezeichnet zu werden, sollte Hanspeter Latour immer verspüren und diese Freude hat er auch gerne weitergegeben. Zum Beispiel als es im Campus des Grasshopper-Club Zürich einmal darum ging, zwei durch ihn fnanzierte Tribünenstühle zu beschriften. Da liess er dann nicht etwa «Latour» oder «Gränni» darauf verewigen – sondern, heimatverbunden wie er ist, «BEO» für Berner Oberland.
«Wenn ich heute auf meine Jugendzeit zurückblicke, darf ich sagen, dass ich glücklich aufwachsen durfte. Ich war der jüngste Sprössling unserer fünfköpfgen Familie. Meine beiden älteren Schwestern verspürten deutlich weniger Bewegungsdrang als ich. Beide übten sich beispielsweise mit der Geige, waren mit der Frisur beschäftigt oder probierten Kleider vor dem Spiegel, während ich dem Ball nachrannte. Trotz diesen unterschiedlichen Freizeitbedürfnissen mochten wir uns sehr gut. Rückblickend darf ich sagen, dass sie gelegentlich gar –ohne mein damaliges Wissen – wie zwei Schutzengel auf mich aufpassten. Der reichlich späte Dank sei ihnen hiermit gewiss.»
Mit «Schutte» gross geworden.
Für Hanspeter wäre damals eine Blockföte bestimmt gewesen. Aber diese interessierte ihn wenig oder besser ausgedrückt überhaupt nicht. Dies zum Leidwesen seiner Lehrerin in der Unterstufe. Eines Tages galt es, eine Aufführung für die Eltern einzustudieren. Für die verschiedenen Rollen im Spiel brauchten die Schüler ihre Musikinstrumente. Natürlich musste auch gesprochen und gesungen werden. Den Rollen entsprechend wurde auch die Kleidung bestimmt.
«Als Fräulein Zimmermann, die Lehrerin – ja damals sagte man noch Fräulein – die Rollen verteilte, kam ich als Letzter an die Reihe. Warum wohl? Das damals schon etwas in die Jahre gekommene Fräulein Zimmermann schaute nicht in erster Linie, wer sich im Turnunterricht auszeichnete oder in der Pause am meisten Bewegung brauchte. Ich sage bewusst Bewegung, denn Fussballspielen war damals auf dem Schulhausareal verboten. Die Lehrerin freute sich vor allem über Kinder, welche gerne musizierten… – da war ich ja bekanntlich nicht dabei.»
Die Lehrerin glaubte auch nicht an Hanspeters gesangliche und sprachliche Qualitäten und stufte ihn als eher schüchtern ein. So erhielt er ein grosses Stück grünes Krepppapier, welches zu einem doppelseitigen Dreieck geheftet und mit Schlitzen für Augen und Mund versehen wurde. Die Kreation musste er sich überstülpen und war so, eine Tanne darstellend, ein Teil der Kulisse. Ohne einen einzigen Mucks während der ganzen Aufführung, alleine am vermeintlichen Waldrand stehend. Ob seiner Rolle war er nicht glücklich, auch wenn es für ihn als einzigen Schüler nichts zu üben gab und ihm nach den Schulstunden mehr Zeit fürs «Schutten» blieb.
«Dä cha leider kes Instrumänt u isch ender e Schüche.
Am beschte isch är e Teil vor Kulisse u markiert dr Waudrand!»
«Doch da waren noch meine Eltern. Was würden die sich denken, wenn sie an die Aufführung kämen? Diesen Moment wollte ich mir und ihnen ersparen. Was mir übrigens auch gelang. Ich erzählte nichts von der Aufführung und die Einladung dazu liess ich verschwinden. Vielleicht gelang es auch nur deshalb, weil Fredi, mein Klassenkamerad aus der Nachbarschaft, dicht hielt und meine Eltern während der ganzen Schulzeit kaum Kontakt zur Lehrerschaft hatten. Dies wohl auch, weil ich auf Grund verschiedener Wohnungswechsel bald in Thun und dann wieder in Steffsburg zur Schule ging.»
Hanspeter war wichtig, dass neben der Schule genügend Zeit fürs «Schutten» blieb. Der abgeschlagene Zahn ist eine Folge davon.