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1.2 Die Albedo
Die Albedo ist ein Mass für das Rückstrahlvermögen einer Oberfläche. Sie entspricht dem Verhältnis von reflektiertem zu einfallendem Licht. Sie kann Werte zwischen 0 (kein Licht reflektiert) und 1 (alles Licht reflektiert) annehmen. Sie lassen sich auch in Prozent ausdrücken (0 bis 100 %).
Die Albedo einer Oberfläche hat einen grossen Einfluss auf die Temperaturverhältnisse. Dunkle und raue Oberflächen absorbieren die einfallende Sonnenenergie. Dadurch steigen die Temperaturen der von der Sonne beschienenen Oberflächen kräftig an. Helle und glatte Flächen wirken hingegen wie ein Spiegel. Sie werfen das Sonnenlicht zurück und als Folge davon ist die Erwärmung einer hellen Oberfläche viel geringer als bei einer dunkeln. Beeinflusst wird die Albedo aber auch vom Einfallswinkel der Sonneneinstrahlung. Wenn die Sonne hoch am Himmel steht, hat beispielsweise Wasser eine Albedo von 3 bis 10 %. Ist der Sonnenstand jedoch tief, treffen die Strahlen flacher auf die Wasseroberfläche. Entsprechend werden rund 70 % der anfallenden Energie wieder zurückgeworfen.
Einige Albedo-Werte bei senkrechter Sonneneinstrahlung:
– 70 %
Die Albedo einer Oberfläche bestimmt weitgehend, wie stark sich die Luft über dem Erdboden erwärmt. Die damit entstehenden Temperaturunterschiede haben einen entscheidenden Einfluss für klein- und grossräumige Wetterabläufe.
1.3 Der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen und die Dauer ihrer Einwirkung
Die Erde wandert in rund 149 Millionen Kilometer Entfernung auf einer leicht elliptischen Bahn um die Sonne. Dazu braucht sie rund 365 Tage. Gleichzeitig dreht sie sich innerhalb von 24 Stunden um die eigene Achse, die gegenüber der Umlaufebene um 23,5° geneigt ist (Abb. 3 und 4, S. 18).
Abb. 3: Die mit geneigter Erdachse um die Sonne rotierende Erde ist verantwortlich für die verschiedenen Jahreszeiten.
Die Drehung der Erde um ihre eigene Achse bewirkt Tag und Nacht. Am Tag wird die Erde von der Sonne beschienen und erwärmt, in der Nacht kühlt sie sich ab. Die Erwärmung und die Abkühlung hängen stark von den Bewölkungsverhältnissen und von der Beschaffenheit des Erdbodens ab.
Die Jahreszeiten hingegen sind eine Folge der Neigung der Erdachse zu der Ebene ihrer Bahn um die Sonne. Wenn der Nordpol zur Sonne geneigt ist, herrscht auf der Nordhalbkugel Sommer, während zur gleichen Zeit die Südhalbkugel Winter hat. Sechs Monate später sind die Verhältnisse umgekehrt. Besonders ausgeprägt sind die Jahreszeiten zwischen den Polarkreisen bei 66,5 °N bzw. 66,5 °S und den Polen (Abb. 4).
Abb. 4: Position der Erde während dem Winter auf der Nord- und dem Sommer auf der Südhalbkugel.
In den Gebieten zwischen den Polarkreisen und den Polen erscheint im Winter zumindest an einem Tag die Sonne nicht mehr über dem Horizont. Je weiter man sich den Polen nähert, um so grösser wird die Anzahl der sonnenlosen Tage. An den Polen selbst dauert die Polarnacht sechs Monate.
Im Sommer ist es gerade umgekehrt. Innerhalb der Polarkappe geht die Sonne mindestens an einem Tag überhaupt nicht mehr unter und je näher man dem Pol kommt, umso länger dauert die Zeit, während der es nicht mehr dunkel wird.
Die Energiezufuhr auf der Erde hängt ganz entscheidend von der Sonnenscheindauer ab. Sie schwankt im Schweizer Alpenraum im Jahresdurchschnitt – je nach Region –zwischen 1400 und 2200 Stunden. In den sonnenscheinreichsten Zonen der Erde hingegen scheint die Sonne im langjährigen Mittel doppelt bis dreimal so lange wie bei uns.
Die Abnahme der Temperatur mit zunehmender geografischer Breite ist jedoch hauptsächlich auf die Kugelgestalt der Erde zurückzuführen. In der Nähe des Äquators, in den Tropen, treffen die Sonnenstrahlen mit steilerem Einfallswinkel als in den polaren Regionen auf die Erde. Die auf dem Boden anfallende Energiemenge pro Quadratmeter ist daher am Äquator viel grösser als in den polaren Gebieten. Dazu kommt, dass bei steil einfallenden Sonnenstrahlen der Weg durch die Atmosphäre kürzer ist und entsprechend weniger Strahlung absorbiert und reflektiert werden kann. Wenn die Sonne bei wolkenlosem Himmel 50° über dem Horizont steht, so ist die Energiezufuhr mehr als 12-mal grösser als bei einem Sonnenstand von 5°.
Zwischen den Gebieten in der Nähe des Äquators und den polaren Gegenden herrscht ein Strahlungsungleichgewicht. In den niederen Breiten ist die Sonneneinstrahlung grösser als die effektive Ausstrahlung, während in hohen Breiten die Ausstrahlung die Einstrahlung übertrifft. Bei etwa 35° geografischer Breite halten sich die Ein- und Ausstrahlung etwa die Waage (Abb. 5, S. 20). Wäre der Strahlungshaushalt alleine für die Temperaturverteilung auf der Erde verantwortlich, würde es in den Tropen immer wärmer und in den Polarregionen immer kälter. Das ist aber glücklicherweise nicht der Fall. Grund dafür sind Wind- und Meeresströmungen, die ständig Wärme aus tropischen Breiten polwärts und kältere Luft und kälteres Meerwasser zum Ausgleich äquatorwärts transportieren. Sie sorgen dafür, dass die regional unterschiedlichen Strahlungsverhältnisse ausgeglichen werden und Temperaturen in den verschiedenen Klimagebieten weitgehend konstant bleiben.
Abb. 5: Die von der Sonne kommende Strahlung bewirkt in den äquatorialen Zonen einen Energieüberschuss, in den polaren Breiten hingegen hat es ein Energiedefizit. Luft- und Meeresströmungen sorgen für einen Ausgleich der Energieunterschiede.
1.4 Bewölkung, Luftfeuchtigkeit, Treibhausgase und Trübungspartikel
Nebst der Sonnenscheindauer und der Sonnenhöhe (der Stand der Sonne über dem Horizont) haben aber auch die Bewölkung, der Wasserdampfgehalt der Luft sowie die Treibhausgase (besonders Kohlenstoffdioxid und Methan) und die in der Atmosphäre schwebenden Aerosole (siehe Kasten S. 21) grossen Einfluss auf die Energiebilanz und damit auf die Temperaturverhältnisse an einem bestimmten Ort.
In unseren Breiten ist an der Erdoberfläche beispielsweise bei einer geschlossenen Wolkendecke der von der Sonne kommende Energieeinfall rund viermal geringer als bei wolkenlosen Verhältnissen. Entsprechend steigen die Tagestemperaturen an Tagen mit starker Bewölkung viel weniger an als bei heiterem Wetter. In der Nacht hingegen behindert die Wolkendecke die Abstrahlung. Als Folge davon sinken die Temperaturen in wolkenarmen oder wolkenlosen Nächten markant tiefer als bei bedecktem Himmel. Die nächtliche Abstrahlung ist oft entscheidend, ob eine Schneedecke gefriert, und damit tragfähig wird, oder nicht.
Neben der Bewölkung beeinflussen auch die Aerosole und der Wasserdampfgehalt die Strahlungsverhältnisse. In trockener und sauberer Luft kann die Wärme gut ins Weltall abgestrahlt werden und entsprechend sinken die Temperaturen in der Nacht tiefer. Im Gegenzug steigen die Temperaturen tagsüber stark an, weil die Sonnenstrahlung praktisch ungehindert auf die Erdoberfläche gelangen kann. Bei solchen Verhältnissen sind auch die Sichtverhältnisse ausgezeichnet. Umgekehrt verhält es sich bei feuchter und verschmutzter Luft. Die Maximaltemperaturen sind tiefer, die Temperaturminima höher und die Sichtverhältnisse schlechter.
Aerosole
Aerosole sind Gase, die kleinste feste oder flüssige Schwebestoffe (z.B. Russ- und Salzpartikel, Staub, Nebeltröpfchen) enthalten. Das wichtigste natürliche Aerosol ist die Lufthülle. Aerosole spielen bei den Strahlungsprozessen und als Kondensationskerne bei der Wolkenbildung eine wichtige Rolle. Sie beeinflussen damit Wetter und Klima.
1.5 Auswirkung der Sonnenstrahlung in den Bergen
In den Bergen können sich wegen der Geländeform (z.B. Steilheit und Exposition) sowie wegen der Bodenbedeckung (z.B. Schnee oder Fels), die Strahlungsverhältnisse auf kurze Distanz stark ändern.
Je nach Jahreszeit bewegt sich bei uns der Einfallswinkel der Sonne in einem recht grossen Bereich. Der Winkel zwischen dem Horizont und der Sonne beträgt um die Mittagszeit an einem Sommertag rund 66°, in der Zeit der kürzesten Tage nur noch etwa 19°. Das hat zur Folge, dass steile Nordhänge im Winter während mehreren Monaten im Schatten bleiben.
Nach Süden ausgerichtete Berghänge werden hingegen das ganze Jahr über von der Sonne beschienen und erwärmt, im Winter allerdings deutlich schwächer.
Der resultierende Temperaturunterschied hat Auswirkungen auf die Umwandlung der Schneedecke oder auf die Vegetation. So sind an Südhängen entlang verlaufende Bergpfade viel rascher wieder trocken oder schneefrei als solche, die nur für kurze Zeit oder überhaupt nicht von der Sonne berührt werden.
Wie verschieden die Schneeverhältnisse aufgrund der unterschiedlichen Sonneneinstrahlung sein können, erleben all jene immer wieder, die in den Bergen mit den Skiern unterwegs sind. Nur wer über die nötige Erfahrung verfügt, ist in der Lage, für die Abfahrt die Hänge zu finden, die möglichst günstige Schneeverhältnisse versprechen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass neben der Temperatur auch der Wind und die Luftfeuchtigkeit nachhaltig auf die Umwandlung der Schneedecke wirken.
Die Erwärmung hängt aber auch von der Bodenbedeckung ab. Neuschnee reflektiert die einfallende Sonnenenergie viel stärker als Altschnee oder Eis (siehe Tabelle S. 17). Diese unterschiedliche Erwärmung bewirken mehr oder weniger starke lokale Windströmungen.
Abb. 6: Die Sonne ist hinter einer hochaufgetürmten Quellwolke verschwunden. Dabei sind an den Wolkenrändern fächerartige Strahleneffekte entstanden. Sie können sich nur dann bilden, wenn die Atmosphäre viele kleine Wassertröpfchen oder Staubpartikel enthält.