7 minute read

Schenken

Next Article
Viktor Schauberger

Viktor Schauberger

Schenke mit Geist ohne List! Sei eingedenk, dass dein Geschenk du selber bist! »

Joachim Ringelnatz (1883–1934), dt. Schrifsteller, Kabarettist und Maler

Nachhaltig beglückend

Wieso beschenken wir uns? Nur weil Geburtstag oder Weihnachten ist? Oder weil es Freude macht – dem Beschenkten wie dem, der schenkt? Und welche Geschenke trüben die Freude nicht? Tipps für nachhaltige Geschenke.

Text: Leila Dregger

Wahrscheinlich haben Sie es längst: das perfekte Geschenk für Ihre Liebsten. Ausgewählt, verpackt, nummeriert und beschriftet wartet es auf Weihnachten. Oder nicht? Gehören Sie etwa – wie ich – zu der Spezies der Schenkmüden, denen der Stress und die Erwartungshaltung auf die Nerven gehen? Die dann zwei Tage vorher doch einknicken und schnell im Internet oder in der Einkaufsstrasse nach etwas suchen, das einigermassen passt – und auf keinen Fall weniger kosten darf als das, was Sie erhalten werden? Puh! Wie öde, wie vorhersehbar.

Mein Vorschlag: Machen wir es diesmal anders. Beantworten wir erstmal die Frage: Warum wollen wir eigentlich schenken? Weil Weihnachten ist? Weil es sich so schickt? Weil wir auch etwas bekommen werden? Weil wir niemanden enttäuschen wollen? Vergessen Sie es! Echtes Schenken lässt nur einen einzigen Grund gelten: Freude. Freude auf den Moment, zu überreichen, was Sie so sorgfältig ausgewählt oder ausgedacht haben – oder worüber Sie auf einem Flohmarkt gestolpert sind und gleich wussten: Das ist für ihn oder sie.

Geschenke sollen berühren

Nachhaltig schenken, das bedeutet nicht nur umweltfreundlich und ohne Ausbeutung von Menschen, Tieren und Natur. Sondern: nachhaltig beglückend. Ein nachhaltiges Geschenk in diesem Sinne ist frei gegeben, ohne Erwartungen auf Gegenseitigkeit und Kalkulation. Es darf und soll etwas von mir zeigen und auch von meinem Verhältnis zum Beschenkten. Was sehe ich in ihr? Was bedeutet er mir?

Dazu ein gewagter Vorschlag: Machen Sie sich nicht zum Sklaven von Feiertagen. Schenken Sie, wann immer Sie den Impuls haben. Jeder Tag ist eine Möglichkeit, Ihre Liebe durch ein Geschenk auszudrücken – materiell oder immateriell –, am besten, wenn es das Gegenüber nicht erwartet.

Und umgekehrt: Wenn Sie einmal ausser der Reihe beschenkt werden, halten Sie es ruhig aus. Versuchen Sie nicht gleich, das Geschenk zu erwidern und damit den

Darum geht es beim Schenken: uns wirklich zu berühren. »

Moment zu nivellieren. Lassen Sie sich beschenken, selbst wenn Sie glauben, es nicht «verdient» zu haben. Denn darum geht es beim Schenken: uns wirklich zu berühren.

Und damit wir nicht nur uns Menschen, sondern auch die Erde im Auge haben, machen wir Ihnen im Folgenden einige Vorschläge für Geschenke, die im Einklang mit der Natur stehen und die die Region oder soziale Gerechtigkeit fördern. Es ist nur eine kleine Auswahl. Sie soll Sie inspirieren und auf viele weitere Ideen bringen.

Inspirationen für nachhaltige Geschenke

1. Wohlfühl- und Kosmetikprodukte – fair, sozial, nachhaltig

Kosmetikprodukte sollen unsere Schönheit zum Ausdruck bringen, uns Wohlgefühl und ein Stück Luxus schenken. Aber würden wir uns wohlfühlen, wenn wir wüssten, an welchen Tieren die Hautcreme getestet wurde? Welche Chemie beim Deo zum Einsatz kam und wo Bauern und Kinder sich für die Produkte plagen mussten? Wo die vielen Plastikverpackungen landen? Kaum.

Zum Glück gibt es immer mehr wunderbare Alternativen. Nach vielen Jahren Erfahrung sind biologische Kosmetika längst aus der Alternativecke herausgekommen und bieten die exquisite Pflege für unsere Körper, die wir uns wünschen. Wollen Sie durch Ihr Geschenk zum Trendsetter werden? Dann empfehle ich biologische Marken, ohne Tierversuche, möglichst regional, ohne Plastikverpackung. Wahrscheinlich gibt es auch in Ihrer Umgebung Menschen, die Kosmetik selbst herstellen – machen Sie sich auf die Suche nach ihnen und probieren Sie es ruhig einmal aus!

Oder schenken Sie Shampoo-Stücke statt des gewohnten Flüssigshampoos: All die Plastikflaschen sind nämlich überflüssig. Shampoo-Stücke nehmen darüber hinaus weniger Platz im Gepäck weg, sind ergiebig, ihre Qualität wurde durch Forschung optimiert – und Wasser zum Aufschäumen finden Sie fast überall.

Das wertvollste Getreide.

Aus dem eigenen Bekanntenkreis möchte ich Ihnen nachhaltige und sozial engagierte Kosmetik aus Italien empfehlen: «Felici da matti» – das heisst so viel wie «verrückt vor Glück» – ist eine soziale Kooperation nahe des legendären Flüchtlingsdorfs Riace in Kalabrien. Teresa, ihr Team und ihre Schützlinge mit Behinderung produzieren seit zwei Jahren Seife und starten jetzt mit einer neuen Produktlinie aus festen Haarshampoos und Körperlotionen. Dazu sammeln sie altes Frittieröl aus den Restaurants der Region und verarbeiten es in ihrer kleinen Fabrik mit regionalen Zutaten zu handwerklich gefertigten, biologischen Seifen und Reinigungsmitteln. Das alte Öl wird somit wieder genutzt, was die Meere schont. Ihre Produktreihe Bergolio Eco gibt es auch bei uns in ausgewählten Bioläden.

Am nachhaltigsten und persönlichsten ist es, wenn Sie Kosmetik selbst herstellen. Es gibt unzählige Rezepte für Seifen, Cremes, Deos, Shampoos, Badeöle, Rasierwässer oder Tigerbalsame in Bastelgeschäften, Büchern und im Internet. Die Zutaten dazu finden Sie in der Natur, in Gärten, Apotheken oder Bioläden – oder im Internet, z. B. hier: www.ecco-verde.de. Wenn Sie einmal Freude an der Herstellung finden, werden Sie vermutlich gleich solche Mengen produzieren, dass Sie Ihren ganzen Bekanntenkreis damit beschenken können – und warum auch nicht! Eine originelle Verpackung macht das Geschenk unverwechselbar.

Ein Tipp für die Seifenproduktion: die klassische Herstellung aus Olivenöl und Lauge ist aufwändig und nicht ganz ungefährlich für Neulinge. Besorgen Sie sich stattdessen Rohseife aus Drogerie- und Bastelgeschäften, dazu Düfte nach Wahl und Formen, z. B. Eiswürfelformen – dann geht es ganz einfach.

Von Natur aus ein Öko-Getreide.

Seine langen Halme schützen ihn vor Krankheiten und stellen Unkraut wortwörtlich in den Schatten. Tiefe Wurzeln sind das Fundament seiner Genügsamkeit. So gedeiht UrDinkel ohne Pestizide und ohne intensive Düngergaben bestens. urdinkel.ch

2. Bäume statt Blumen

Sicher, Blumensträusse sind der Klassiker – immer edel, passend zu jeder Gelegenheit, Symbole der Liebe und Freude. Aber wissen Sie auch, mit welchem Aufwand und welcher Chemie Schnittblumen gezüchtet werden? Von wo sie gerade im Winter oft transportiert werden? Jede zweite Rose im heimischen Supermarkt kommt aus einem Land, wo die Menschen unter Lebensmittel- und Wasserknappheit leiden. Ich habe beschlossen, dass sich das für die wenigen Tage, während denen Blumen mein Haus schmücken, nicht lohnt. Wenn Sie Pflanzen schenken wollen, dann habe ich einen anderen Vorschlag: Schenken Sie einen Baum. Zum Beispiel einen Jungbaum für den eigenen Garten. Gemeinsam einen Baum zu pflanzen, ist ein persönliches Geschenk für wirklich lange Zeit. Stellen Sie sich vor, dass Sie im hohen Alter gemeinsam unter dem Baum sitzen werden! Nicht nur Ihre Enkel werden es danken. Die Welt braucht 1000 Milliarden Bäume, um enkeltauglich und klimaneutral zu werden!

Doch welcher Baum passt? Unter dem Stichwort «Klimabäume» finden Sie im Internet – oder auch in der Baumschule – Vorschläge für Bäume, die der wachsenden Belastung durch Dürre und Trockenheit besser standhalten. Neben gärtnerischen Überlegungen gibt es auch persönliche: Das keltische Baumhoroskop (de.wikipedia.org/Keltisches_Baumhoroskop) zeigt, welcher Baum zu welcher Persönlichkeit passt.

Der beschenkte Mensch hat keinen eigenen Garten oder Zugang zu einem Grundstück, wo Bäume gepflanzt werden können? Dann können Sie eine Baumpatenschaft schenken: Bei Treedom, WWF und anderen Organisationen können Sie einen Baum in einem Gebiet pflanzen lassen, wo Aufforstung überlebensnotwendig ist. Mehr z. B. unter www. treedom.net oder, für Deutschland, www.planet-tree.de.

Eine bäumige Geschenkidee der anderen Art, gratis und franko, haben wir auch parat: Sammeln Sie Samen heimischer Bäume und Wildblumen und verpacken Sie sie originell. Sie können den Beschenkten auch zu einer GuerillaGarten-Aktion einladen: Streuen Sie gemeinsam Samen an unwirtliche Orte und freuen Sie sich im Laufe des Jahres auf die (blühenden) Überraschungen.

3. Das Wertvollste schenken: Zeit

Für Ihre Liebsten gilt: Das eigentliche, was Sie schenken können, ist unbezahlbar – sich selbst. Ihre Zeit, Ihre Liebe, Ihre Nähe. Ein Urlaub, ein Wochenende oder ein ungewöhnlicher Ausflug, ein kulinarisches Erlebnis an einem originellen Ort oder ein gemeinsames Abenteuer können unvergessliche Geschenk sein. Vergessen Sie dabei Thailand, New York oder die Kapverden! Schenken Sie stattdessen gemeinsame Zeit in Ihrer Region. Zum Beispiel ein Brunch auf dem Bauernhof: Um die hundert Bauern in der ganzen Schweiz laden regelmässig zum Brunchen ein (www.hofsuche.brunch.ch). Einige Höfe bereiten sogar einen Bio-Buurezmorge vor wie der Bolderhof in Hemishofen (SH) oder die Biohof-Beiz Mausacker bei Romanshorn am Bodensee (TG). Auf den Höfen geniessen Sie fast ausnahmslos selbst erzeugte Produkte. Der Brunch muss in der Regel vorbestellt werden; mehr Informationen finden Sie unter www.brunch.ch.

Ein weiteres Geschenk für kulinarisches und nachhaltiges Vergnügen vor allem für Vegetarier und Veganer ist der Vegipass: Damit können Sie ein Jahr lang zu zweit in ausgewählten Restaurants, Take-aways und Shops in der ganzen Schweiz vergünstigt vegetarisch essen und einkaufen.

Ein cooles Abenteuer ist eine gemeinsame Nacht im Iglu. Dafür müssen Sie nicht in ein Flugzeug steigen oder weit fahren. In der Schweiz gibt es mehrere Igludörfer, die zu beliebten Ausflugszielen im Winter gehören. Das Iglu-Hotel Zermatt ist mit 2700 Metern am höchsten gelegen und befindet sich inmitten des Skigebiets Gornergrat-Rotenboden. 32 Gäste können hier ausprobieren, wie es sich auch bei eisigen Temperaturen gemütlich nächtigen lässt. Ganz besonders geeignet als Geschenk für den oder die Geliebte ist das Liebesnest-Angebot: ein kleines Schlaf-Iglu für zwei Personen, das man errichtet bekommt oder unter Anleitung selbst baut. Und dann: Ganz nah aneinander kuscheln.

Wir hoffen, Sie haben sich inspirieren lassen für Geschenke, die zu Ihnen und zu Ihren Liebsten passen. Wer weiss, auf welche eigenen Ideen Sie noch kommen. Vor allem wünsche ich Ihnen Freude dabei – sowohl beim Schenken als auch beim beschenkt werden!

This article is from: