Thunersee liebi zum blaettern

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2 /Herbst 2014 /CHF 14.–

Thunersee

i b e i L

Schifffahrt

Kurt Matter

Andreas Sommer

Sagenwelten

Niedliche Exoten am Thunersee


Wenn Herbstmomente zum kulinarischen Genuss werden Herbstmomente erleben und die einzigartige Kombination aus ländlicher Gastfreundschaft und dem besonderen Ambiente eines traditionellen Bauernhauses geniessen. Das können Sie mitten in der Stadt Thun: Im Restaurant Burehuus werden Liebhaber von frischen regionalen Produkten mit Liebe zum Detail kulinarisch verwöhnt. Die herbstlich-kulinarischen Köstlichkeiten im Restaurant Burehuus werden allesamt mit regionalen Produkten – etwa Goldmelisse aus dem eigenen Kräutergarten – kreiert. Gerichte wie «Housis Rinderghackets», «Käthis Nüsslersalat» oder «Fritzlis Wilderer-Terrine» versprechen einzigartige Speisekompositionen und haben zum Ziel, Ihren Gaumen zu verwöhnen – herzlich willkommen im einzigartigen Burehuus mitten in der Stadt Thun. www.burehuus.ch

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Ort im Emmental

männschweiz. liches Fotograf Schwein (Michel)

Ort mit Flugplatz im Kt. BE

1 männliches Schwein

schweiz. DSDSSiegerin (Beatrice) Fluss durch München

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Ort mit Militärflugplatz im Kt. VD

Rollkörper

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Rollkörper

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Bundesamt für Landwirtschaft

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schweiz. Basler DSDSSiegerin Wappen(Beatrice) symbol

Insekt

Gewässer im Tessin

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schweiz. Eidg. InDesigner stitut für † 2004 Geistiges (Willy) Eigentum

Jasskarte Insekt (frz. Blatt)

ohne frz.: Sehververloren mögen

Ort mit Flugplatz im Kt. BE Eidg. Rohrleitungsinspektorat

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Fluss durch München arab. Küstensegelschiff

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schweiz. Rockband

Bundesaltröm. amt für GeburtsLandwirtgöttin schaft

Gewässer im Tessin Wolle der frz.: Angoraverloren ziege

Eidg. Rohrleitungsinspektorat

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Fruchtgetränk

Zugmaschine (Kw.)

Zugmaschine (Kw.)

Autokz. Togo

Schauplatz des Gilgameschs

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Wolle der Angoraziege eh. CHFussballer (Alex)

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schweiz. Koch (Ivo)

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Abendständchen

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eh. CHFussballer (Alex) 13

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schweiz. Koch (Ivo)

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2 raetsel ch

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Princess of Wales † (Kurzf.) Pforte

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Abendständchen

engl. Anrede

türk. Grossstadt

Princess of Wales † (Kurzf.)

Pforte

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sehr anstrengende Leistung

Autokz. Neuseeland Autokz. Togo

Schauplatz des Gilgameschs

Autobahntunnel im Kt. ZH

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altröm. engl. GeburtsAnrede göttin

Fruchtgetränk

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sehr Hauptanstrenstadt v. gende Syrien Leistung

2 Erdzeitalter schweiz. Rockband

arab. Küstensegelschiff

Autobahntunnel im Kt. ZH

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Erdzeitalter

schweiz. HauptDesigner stadt v. †Syrien 2004 (Willy)

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2 raetsel ch

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Lösungswort inklusive vollständiger Adresse und Telefonnummer bis am 30. November 2014 senden an: Restaurant Burehuus, «Rätsel», Frutigenstrasse 44, 3600 Thun. Per Fax an 033 224 08 09 oder per E-Mail an info@burehuus.ch. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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Hohmadpark, Frutigenstrasse 44, CH-3600 Thun Telefon 033 224 08 08, Fax 033 224 08 09 info@burehuus.ch, www.burehuus.ch


Editorial

Jetzt abonnieren!

ThunerseeLiebi – äs isch die vo hieSamenim

Ne u au ch am Ki os k! Die Highlights:

e-liebi.ch mail@thunerse 55 55 336 oder Tel. 033

Nach einem geglückten Auftakt mit der ersten Ausgabe der ThunerseeLiebi freuen wir uns, Ihnen die Herbstausgabe präsentieren zu können. Die zahlreichen positiven Rückmeldungen zur ersten Ausgabe und die vielen Abonnementsbestellungen haben uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dass Träume nicht immer nur Schäume sind, zeigt uns das Beispiel von Verena Wagner, Präsidentin Pro Natura Bern: Neben Wasserbüffeln beweiden noch andere exotische Tiere das Gwattmoos, so etwa Schottische Hochlandrinder. Ihre jeweilige Herkunft könnte nicht unterschiedlicher sein; die einen von den Flussufern Asiens, die anderen aus dem Nordwesten Schottlands. Ein harmonisches Leben nebeneinander auf dem gleichen Fleck Erde zu führen, ist trotz ihrer Andersartigkeit möglich. Tauchen Sie ein in fünf spannende Interviews und lernen Sie niedliche Exoten rund um den Thunersee kennen! Haben Sie dieses Jahr schon frische Felchen gekostet? Die ThunerseeLiebi war für Sie unterwegs und zeigt, wo der Gaumen und auch die Sinne so richtig verwöhnt werden. Sollen die Felchenfilets in klassischer Art zubereitet sein, doch lieber exotisch oder gar mit einem Hauch von Luxus? Geniessen Sie einen frisch zubereiteten Felchen mit entsprechender Aussicht! Auf jeden Fall ein gutes Rezept für einen gelungenen Ausflug!

Asiatische Büffel, schottische Hochlandrinder, südamerikanische Alpaka, irische Dexter-Rinder, mongolische Yaks und ostpreussische Skuddenschafe – alles rund um den Thunersee.

Ob weiss, rosé oder rot, die Weinbauregion am Thunersee steht für einheitliche Berner Qualität – dafür sorgt die AOC.

Wir wünschen Ihnen einen sonnenreichen Herbst und viel Vergnügen bei der Lektüre!

Christine Hunkeler, Weber AG Verlag, Thun/Gwatt PS: Die ThunerseeLiebi gibt es im Abonnement und neu auch an ausgewählten Kiosken rund um den Thunersee!

Drei Produkte, drei Produzenten, drei Geschichten, ein Ziel: die regionale Produktion stärken und in die Zukunft führen.

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EINBLICK

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74 Geschichten mit Tiefgang ‌

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88 Seeliebe 6 Niedliche Exoten am Thunersee 26 Sagenwelten am Wendelsee 30 Kurt Matter und das Oberhofnerli Persönlichkeiten 34 Fritz Hari: Wo Hilfsbereitschaft und

Zusammenhalt grossgeschrieben werden

Gesundheit 40 Heilkraft der Alpen Natur 46 Schönheit und Genuss aus meinem Garten 52 Ein halbes Leben für Kürbisse 60 Mit Herzblut für natürliche Produkte

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Gourmet 64 Fisch gehabt 74 Vielfalt edler Tropfen Kunst & Handwerk 80 Galerie «be-art»: Künstler leben 84 Helene Pflugshaupts Konzentration auf das Wesentliche 88 90 91

Backen & Basteln Apfelstreuselkuchen Ein Windrädli dreht im Herbstwind Der Pilz aus Filz

Geschichte 92 Faulensee – zwei vergessene Kapitel aus der Geschichte

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Bärndütsch Es Träffe z Fulesee

Gute Adressen

108 Kinderrätsel 109 Kreuzworträtsel 110 Veranstaltungen 114

Ausblick & Impressum

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Tierwelten

Niedliche Exoten am Thunersee Christine Hunkeler Verena Wagner, Andreas von Gunten, Adrian Dietrich, Christine Hunkeler, Martin Braun

Wo Skuddenschafe weiden, Wasserbüffel neue Lebensräume schaffen und Gelbbauchunken glücklich durch Pfützen hüpfen. Oder, weshalb nicht jede Weide als Streichelzoo benutzt werden kann.

5 sp an n en d e In te rv ie w s!

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Wasserbüffel und Hochlandrinder

Von den Flussufern Asiens ins Gwattmoos Fragen an Verena Wagner, Präsidentin Pro Natura Bern und Initiantin des Ausbaus im Schutzgebiet «Gwattmösli/Gwattmoos».

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ERENA WAGNER, WESHALB MUSS DIE NATUROASE «GWATTMOOS» BEWEIDET WERDEN?

Das neu gestaltete Gwattmoos und das nebenan liegende kantonale Naturschutzgebiet Gwattmösli werden neuerdings beweidet. Die ausgewählten Tiere sind nicht nur genügsame Futterverwerter und brauchen keine Zufütterung, sondern sie sorgen auch für eine gewisse Dynamik im Gelände. Sie halten die Kleingewässer mit dem Fressen von Wasserpflanzen und dem Begehen derselben frei und mit den Trittspuren schaffen sie neue «Pfützen». Damit schaffen sie genau den Lebensraum, der für die Zielart Gelbbauchunke die idealen wasserseitigen Bedingungen schafft. Die Gelbbauchunke ist eine «Pionierart», die vegetationsarme Tümpel braucht. Durch die Beweidung ersparen wir uns Mäharbeiten und das Abführen von Material – wir müssen also nicht heuen und emden. Auf der nicht beweideten Fläche bleibt uns noch genügend Handarbeit, die von freiwilligen Helferinnen und Helfern geleistet wird.

WARUM KOMMEN GERADE WASSERBÜFFEL UND SCHOTTISCHE HOCHLANDRINDER ZUM EINSATZ? Ich hatte immer einen Traum und der ist mit dieser Art von Beweidung in Erfüllung gegangen. Mir schwebte vor, Wasserbüffel und Schottische Hochlandrinder zur Pflege und zum Unterhalt zusammen auf eine Weide zu bringen. Das ist meines Wissens ein Novum und ein Versuch, der sich nun sehr bewährt. Denn das Gelände ist vielfältig strukturiert mit Klein- und Kleinstgewässern, einem langsam fliessenden Bach und einem alten Röhrichtweiher. Zudem ist der waldseitige Teil vernässt (darum der Name «Gwattmoos/Gwattmösli»), der aufgeschüttete Teil aber auch recht trocken. Wir haben also diverse «Angebote», die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Weidetiere sehr entgegenkommen. Interessanterweise haben sich die Hochlandrinder öfter im tiefen Weiher entlang des Steinhaufenwegs aufgehalten und sich an Schilf und Rohrkolben gütlich getan. Die Wasserbüffel waren etwas wasserscheuer!

ENTSTEHEN DABEI KEINE KONFLIKTE ZWISCHEN 500 KILO UND EINIGEN GRAMM WIEGENDEN KREATUREN? Es gab Bedenken, dass die schweren «Schotten» und Wasserbüffel allenfalls Amphibien

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Wasserbüffel und Hochlandrinder

zertreten oder bei einem allfälligen Bad zerquetschen könnten. Wir haben dann schnell gemerkt, dass diese Sorge völlig unnötig war. Ausgerechnet dort, wo die Weidetiere sich am liebsten im und am Wasser aufhalten, fanden wir die meisten Gelbbauchunken und Wasserfrösche. Zusammenfassend kann man also, für uns überraschend und erfreulich, feststellen: «Wo sich Büffel und Hochlandrinder aufhalten, da sind auch Unken.»

VON WELCHEM HOF STAMMEN DIE TIERE?

«Ich hatte immer einen Traum.»

Die Wasserbüffel stammen von Familie von Gunten aus Amsoldingen, die Hochlandrinder von Familie Braun aus Goldiwil. Beide Tierhalter hatten seinerzeit auf meine Anfrage für eine Zusammenarbeit sehr bereitwillig (und auch etwas neugierig) Hand für diesen Einsatz geboten. Wir stehen während der Weidephase in regem Kontakt. Unsere Erfahrungen und die Ergebnisse aus unseren Erfolgskontrollen werten wir im Dezember aus und legen dabei die Beweidung fürs nächste Jahr fest. Ein Ziel war eine Win-win-Situation für alle Beteiligten – das haben wir bisher erreicht.

Wasserbüffel Der Wasserbüffel gehört zu den Rindern und ist die am weitesten verbreitete und bekannteste Art der Asiatischen Büffel. Vielerorts ist er zum Haustier geworden, wilde Wasserbüffel sind heute eine Seltenheit. Wasserbüffel leben in offenen Feuchtgebieten, in Sumpfwäldern und in dicht bewachsenen Flusstälern. Sie halten sich oft im Wasser oder Schlamm auf, um sich vor Insekten zu schützen oder um sich abzukühlen. Es tragen beide Geschlechter auffällige Hörner, die entweder geradlinig zur Seite weisen oder sich halbkreisförmig nach innen krümmen. Die Hörner der Weibchen sind meist etwas kürzer. Sie können ein Gewicht von 600 bis 1000 kg auf die Waage bringen. Ein Wasserbüffel ernährt sich in erster Linie von Gräsern, daneben auch fast von jeder Art der Ufervegetation. Menschen gegenüber verhalten sich die Wasserbüffel friedlich und wilde Büffel ergreifen in der Regel vor dem Menschen die Flucht. Ursprünglich wurden die Wasserbüffel zum Pflügen von Reisfeldern und als Lasttiere eingesetzt. Milch, Fleisch und Leder werden ebenfalls genutzt. Wasserbüffel können mit den heutigen Hausrindern bei der Menge von Fleisch und Milch je Tier noch nicht ganz mithalten. Die Büffelmilch hat verglichen mit der Kuhmilch einen doppelt so hohen Fettgehalt und eine längere Haltbarkeit. Mozzarella wurde zu Beginn aus Büffelmilch gewonnen, später aber immer mehr aus Kuhmilch hergestellt. Heute ist der Büffelmozzarella sowie andere Milchprodukte wegen ihres Geschmackreichtums auf dem Vormarsch.

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Schottisches Hochlandrind Das Schottische Hochlandrind (Highland Cattle, Kyloe) stammt aus dem Nordwesten Schottlands und ist eine Rasse des Hausrindes. Die ersten Tiere wurden bereits 1884 registriert. Die auffallendsten Rassenmerkmale des Highland Cattle sind der kurze, breite Kopf mit den weit ausladenden, mächtigen Hörnern und das zottige, aber nicht krause Haarkleid. Dieses besteht aus langem, grobem Deckhaar, das gegen Regen schützt, und aus weichem, wolligem Unterhaar, das die Kälte abhält. Die lebhaften Augen sind zum Teil von einem langen, buschigen Haarschopf überdeckt. Die Vielfalt der Farben gilt als Eigenheit des Highland Cattle: als Hauptfarben findet man rot, gelb, schwarz, weiss, grau und gestromt. Ihr Fressverhalten wird durch ihre dickeren Schleimhäute positiv beeinflusst. Was für andere ungeniessbar ist, gehört bei den Highlandern zum Basismenü. Folgende Pflanzen werden von ihnen verspeist und dadurch zurückgedrängt: Schilf, Seggen, Binsen, Molinia (Pfeifengras), Goldruten, Brennnesseln, Brombeeren, Adlerfarn usw. Das kleinwüchsige und relativ leichte Hochlandrind gilt als gutmütig, robust und langlebig. Geeignet ist es für die ganzjährige Freilandhaltung und kalbt auch ohne menschliche Hilfe leicht und viel. Auch als Lieferanten von qualitativ hochwertigem, gesundem und schmackhaftem Fleisch sind Hochlandrinder geschätzt. Highland Beef ist sehr cholesterinarm und enthält durchschnittlich mehr Eiweiss, jedoch rund zwei Drittel weniger Fett als anderes Rindfleisch.

WWW.HIGHLANDCATTLE.CH

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Wasserbüffel und Hochlandrinder

«Wo sich Büffel und Hochlandrinder aufhalten, da sind auch Unken.» FÜR WIE VIELE WOCHEN BIETET DIE WEIDEFLÄCHE DEN TIEREN FUTTER? Die Weidedauer hängt sehr vom Stand der Vegetation im Frühling ab. Wärme, Niederschlag, Wetterverlauf sind daher entscheidend für die Dauer des Futterangebots. Bisher haben wir 4 Hochlandrinder (2 einjährige, 1 Muttertier mit Kalb) und 4 zweijährige Wasserbüffel während 6 Wochen im Mai und Juni im Areal gehabt. Dann wurden die Tiere wieder nach «Hause» gebracht. Im Herbst folgt noch einmal ein mehrwöchiger Weidegang. Wie gesagt, alles hängt von der Futtermenge, land- und wasserseitig, ab.

VERLANGEN DIE WASSERBÜFFEL ZUSÄTZLICHE VERHALTENSREGELN FÜR BESUCHER? Wir haben das Gelände eingezäunt und mit einem Elektrozaun gesichert. Wichtig ist, dass niemand den Weidezaun übersteigt und die Tiere nicht gefüttert werden. Sie würden dadurch krank. Hunde müssen unbedingt an der Leine geführt werden. Im persönlichen Verhalten appellieren wir an den gesunden Menschenverstand und die Eigenverantwortung der Spaziergänger/innen. Die spontanen, positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung zeigen uns, dass die Büffel und Hochlandrinder gar manches Herz erfreuen.

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Begegnungen mit der magischen Natur vor der Haustür

Sagenwelten am Wendelsee Andreas Sommer

Malerisch eingebettet in einen Kranz aus smaragdgrünen Hügeln und firnglänzenden Gebirgsstöcken, mutet der Thunersee selbst wie ein magisches Landschaftsjuwel in einem sagenumwobenen Königreich an. Alte Chroniken nennen das tiefblaue Gewässer an der Pforte zum Alpenland geheimnisvoll den Wendelsee. Es verwundert kaum, dass aus dem Erleben unserer Vorfahren, welche diese Landschaft seit Jahrtausenden bewohnten, ein bunter Strauss von Sagen erwachsen ist, der bis in unsere heutige Zeit fortblüht.

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Sagenwelten

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lackernd erstirbt das letzte Kerzenflämmchen. Undurchdringliche Dunkelheit umfängt mich. Aus der Tiefe dringt nur mehr das Rauschen des Wassers an mein Gehör, das die Höhlenwände vibrieren lässt. Es riecht nach feuchtem Fels. Subtile Lichtimpulse auf meiner Netzhaut sind die letzten optischen Wahrnehmungen, ansonsten bin ich nun anderen, weniger gewohnten Sinnesreizen überlassen. Umso mehr regen sich innere Bilder in mir. Die geheimnisvolle Sagenwelt des Berges erwacht zu magischem Leben, wenn die äusseren Bildeindrücke schwinden. Der gewaltige Drache aus der lokalen Legende, der in grauer Vorzeit unermessliche Schätze in den tiefen Klüften dieser Gebirge gehütet haben soll, nimmt unwillkürlich Gestalt an vor meinem inneren Auge. Genährt durch meine Vorstellungskraft erahne ich funkelnde Zwergenhallen und kristallene Grotten tief unter der wohlvertrauten Erdoberfläche. Wie es wohl meinen Begleitern ergeht in dieser surrealen Dunkelheit? Ob sie den inneren Bilderbogen auch in sich aufsteigen fühlen?

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EINE SAGENREISE IN DEN DRACHENBERG Wir befinden uns tief im Innern der St. Beatus-Höhlen am Thunersee. Tagsüber wandeln hier Touristen aus aller Herren Ländern durch die beleuchteten Gänge dieser grössten ausgebauten Schauhöhle des Berner Oberlandes. Am Abend, wenn der Besucherstrom verebbt und das elektrische Licht erlischt, kehren die schaurig ehrfurchtgebietenden Stimmungen der Drachenhöhle aus der alten Sage wieder ein in dieses Reich der klickernden Tropfsteine und stillen Höhlenseen. Im schummrigen Licht von Kerzenlaternen bin ich mit einer Gruppe von Besuchern gemächlich und schweigend in die ungewohnte Wirklichkeit unter dem Berg hineingewandert. Unterwegs habe ich in gedämpftem Tonfall altüberlieferte Geschichten aus der heimischen Sagentradition heraufbeschworen. Da war die Rede von Druiden und Drachen, von Feenmächten und verborgenen Zwergenschätzen, von gewitzten Hirten und abenteuerseligen Rittern. In der mystischen Atmosphäre der Höhlenwelt entfalten die archaischen Seelenbilder dieser Geschich-


penbewohner. Die Qualitäten der Landschaft und ihrer vielgestaltigen Manifestationen wurden als bildhafte Geschichten geschaut und tradiert.

ten unwillkürlich ihr eigenes Leben. Im unmittelbaren Naturerlebnis und der individuellen Vorstellungskraft verweben sich die vernommenen Worte zu persönlichen inneren Geschichtenreisen, die jeder Lauschende auf seine ureigene Weise durchlebt.

VOM MAGISCHEN WELTBILD UNSERER VORFAHREN Vor ungezählten Menschenaltern erfuhren unsere Altvorderen am Wendelsee die Kräfte der Natur und die Erscheinungen der Landschaft als ein Spiel unfassbarer Mächte, in welches ihre menschliche Existenz auf Gedeih und Verderb eingebunden war. In ihrer magischen Lebensschau verliehen die Menschen der Vorzeit diesen Phänomenen Wesenhaftigkeit und schufen über Generationen hinweg bildhafte Vorstellungen, mit denen sie im Wandel der Jahreszeiten kommunizierten. Erdmännchen und Wildweiblein, Feen und Schratten, Stollenwürmer und unberechenbare Berggeister wie das Hauri und das Hardermannli repräsentierten die Launen der Natur in der Alltagsrealität dieser frühen Al-

Die Landstriche um den Wendelsee haben bis heute nichts von ihrer Schönheit eingebüsst. Zahlreiche Örtlichkeiten, die bereits in unseren Vorfahren erschauernde Ehrfurcht wachriefen, bewegen noch heute Einheimische und Gäste aus der ganzen Welt. Ein solcher Schauplatz uralter Mysterien sind die St. Beatus-Höhlen. Einst als Heiligtum numinoser Naturkräfte in hohen Ehren gehalten, wandelte sich die Lokalität im Zuge der Christianisierung zu einem Wallfahrtsort, wo dem Angedenken an den wunderwirkenden Alpenapostel Beatus gehuldigt wurde. Im Mittelalter spann sich der Wendelsee-Mythos ungehindert fort und wir hören da von kühnen Rittergeschlechtern am Goldenen Hof zu Spiez und von versunkenen Heidenstädten, von begnadeten Minnesängern und der legendären Königin Berta von Hochburgund, die rund um den See einem Weistraum zufolge zwölf Kirchen gestiftet haben soll.

RÜCKVERBINDUNG MIT DEN WURZELN

ANDREAS SOMMER

Nach einer zeitlosen Ewigkeit flammen die ersten Kerzenlichter in der Dunkelheit der Höhle wieder auf. Gleichsam verzaubert leuchten die Augen meiner Begleiter in ihrem Widerschein. Tief in der Unterwelt des Drachenberges bewegt mich dasselbe Anliegen wie auf allen meinen Sagenwanderungen: Ich möchte meinen Gästen den Zugang zu einem magischen Erleben der Landschaft eröffnen. Und dadurch einen Bogen schlagen zurück zu den Wurzeln des Landes und der Seele. Nicht zuletzt wünsche ich mir, ein Scherflein dazu beitragen zu können, dass unsere vielfach nüchterne und abgeklärte Realität des 21. Jahrhunderts wieder vermehrt ein Ort des Zaubers und des Wunders werden darf. Sagenwanderungen erschliessen Tore zu einer ungewohnten und sehr persönlichen Wahrnehmung der Natur vor unserer Haustür. Die Faszination unserer sagenhaften Landschaft wirkt zeitlos. In urferner Vergangenheit genauso wie heute.

lebt mit seiner Familie in Oberhofen am Thunersee. Er arbeitet für die Beatushöhlen-Genossenschaft als Tour Guide. Freiberuflich ist er als Sagenwanderer und Buchautor tätig und entführt seine Gäste in den St. BeatusHöhlen, rund um den Thunersee und im Naturpark Gantrisch in die einheimische Anderswelt. Regelmässig erzählt er hiesige Sagen, Märchen und Mythen im Schloss Oberhofen, im Heidenhaus in Einigen und anderswo in der Region. www.animahelvetia.ch Die St. Beatus-Höhlen sind der Öffentlichkeit auch tagsüber zwischen Ende März und Ende Oktober zugänglich. www.beatushoehlen.ch 29


Schifffahrt

Kurt Matter und das Oberhofnerli Christine Hunkeler

Kurt Matter tanzt gerne auf vielen Hochzeiten. Als grösster Sammler von Drehorgeln und Musikautomaten in Europa hat der preisgekrönte und inzwischen pensionierte Garagier sich spontan entschieden, das «Oberhofnerli» zu kaufen. Seit Mai verkehrt das MS Oberhofen wieder auf heimischem Gewässer.

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as Leben des Thuners Kurt Matter – eines wahrhaft waschechten «Dürrenästlers» – ist geprägt von Zufällen, böhmischer Musik und vielen Ventilen. Heute lebt er mit seiner Frau Ursula im Osthaus des historischen Wichterheer-Gutes in Oberhofen. Auch seine einzigartige Sammlung von Musikautomaten und Drehorgeln ist hier zu sehen.

HERR MATTER, WIE KOMMT MAN AUF DIE IDEE, EIN MOTORSCHIFF ZU KAUFEN? Nicht ich, sondern Gerhard Schmid aus Thun kam auf die Idee. Er hatte von Stefan Wiedmer von der BLS-Schifffahrt BO über Rolf Lemberg erfahren, dass das Schiff in Holland zu verkaufen sei. Er hat sich mit Rolf Lemberg unterhalten und die beiden fanden, dass man das Schiff wieder auf den Thunersee bringen, respektive zurückkaufen sollte. Bei der Frage von Gerhard Schmid, ob ich finanziell auch mithelfen würde, ist der Funke sehr schnell auf mich übergesprungen. Da die Zeit drängte und der Besit-

zer Riks Noorman noch andere Interessenten hatte, hab ich versprochen, den Kauf des Schiffes alleine zu finanzieren, sofern es wieder auf dem Thunersee verkehren dürfe und die BLS es übernehmen und warten würde.

ES GIBT JA NOCH VIELE ANDERE DINGE, DIE MAN KAUFEN KANN. HABEN SIE EIN SPEZIELLES INTERESSE AN SCHIFFEN ODER WESHALB MUSSTE ES GERADE EIN SCHIFF SEIN? Einen Teil meines Herzens habe ich bereits in den Fünfzigerjahren an die Schiffe und ihre Fahrt verloren. Mein Grossvater war Schiffsheizer auf dem Thunersee und als kleiner Junge habe ich ihm oft das Mittagessen vorbeigebracht. Diese äusserst anstrengende, kräfteraubende und nicht ungefährliche Arbeit in den zum Teil dunklen und heissen Kesselräumen der Schiffe hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Verbrennungen und Verbrühungen durch undichte Ventile oder Rohrleitungen kamen damals oft vor. Heute ist dieser Beruf durch

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die Umstellung auf motorbetriebene Schiffe ausgestorben. Als liebevoll spöttischer Sammelbegriff ist die Bezeichnung «Heizer» in der Seemannssprache jedoch für das Maschinenpersonal erhalten geblieben. Auch ich selbst bin als junger Mann während dreier Jahre auf einem Frachtschiff zur See gefahren. Von England nach Afrika und bis nach Südamerika. Angefangen habe ich als Maschinenreiniger und bin bis zum Unteroffizier aufgestiegen.

DAS MOTORSCHIFF OBERHOFEN IST NACH 15 JAHREN «EXIL» IN HOLLAND SEIT DEM 2. MAI WIEDER AUF DEM THUNERSEE UNTERWEGS. IN VERSCHIEDENEN MEDIEN WURDE ÜBER DEN SPEKTAKULÄREN RÜCKTRANSPORT AUF DEM WASSER- UND LANDWEG ZURÜCK AUF DEN THUNERSEE BERICHTET. WENN SIE ZURÜCKSCHAUEN, WÜRDEN SIE SICH NOCHMALS FÜR DIESES PROJEKT BEGEISTERN LASSEN? Ja sicher würde ich es wieder machen! Es ist doch wunderschön zu sehen, wie viele Leute sich für das MS Oberhofen begeistern. Auch ich freue mich jedes Mal, wenn ich das Schiff vorbeifahren sehe.

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Das «Oberhofnerli» ergänzt die Flotte der BLS, bestehend aus acht Schiffen auf dem Thunersee. Es ist ein ideales Charterschiff für Familienfeste, Geburtstagsfeiern, kleinere Hochzeitsgesellschaften sowie für Firmenausflüge von KMU-Betrieben. Der gemütliche Innenraum sowie die überdeckte Bartheke im Mittschiff eignen sich gut für Apérofahrten und Bankette.

PLATZANGEBOT Fassungsvermögen 80 Restauration (Apéro /Snacks) 40 Bankettplätze für Essen 32

Es finden auch einzelne öffentliche Fahrten statt, sodass alle Interessierten das Schiff auf dem Thunersee wieder begrüssen und damit fahren können.

«Ja sicher würde ich es wieder machen!»


Schifffahrt

Eckdaten

MS Oberhofen alias MS Ente 1939 alias MS Vriendschap 1999 1940 kaufte die BLS-Schifffahrt die «Ente». Nach diversen technischen und funktionellen Nachrüstungen und optischen Aufwertungen konnte das auf den Namen OBERHOFEN umgetaufte Schiff am 15. September 1940 den Dienst auf dem Thunersee aufnehmen.

1964 Hauptrevision und Modernisierung des Innenausbaus

1967 Ersatz des alten Sulzer-Dieselmotors

Erbaut 1938/1939 von Escher Wyss & Cie AG in Zürich im Auftrag der Direktion der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich 1939. Herausragende technische Innovation: Antrieb mit Verstellpropeller 3-flüglig. Mit drei identischen Schwesterschiffen zusammen stellte das auf den Namen «Ente» getaufte Eindeck-Motorschiff den Pendelverkehr auf dem Zürichsee zwischen dem rechts- und dem linksufrigen Ausstellungsgelände sicher und beförderte vom 6. Mai bis 29. Oktober 1939 über eine Million Passagiere.

durch ein Detroit-Diesel-Aggregat (GM) 1988/89 Revision auf Stapel 1993/94 Revision auf Stapel 2004 (NL) Hauptrevision, technische und funktionelle Nachrüstungen, raumgestalterische Umbauten 2014 Nachrüstungen gemäss aktuellen CH-Schifffahrtsnormen. Diverse Restaurierungsarbeiten im Aussenund Innenbereich. Das Motorschiff Oberhofen ist nun seit Mai wieder Teil der BLS-Flotte. Bereits von 1940 bis 1999 befand sich das Schiff im Besitz der BLS. Am 10. Mai 1999 wurde es ausgewassert und verkauft. Anschliessend fuhr es als MS Vriendschap (Freundschaft) in Holland.

«Angefangen habe ich als Maschinenreiniger und bin bis zum Unteroffizier aufgestiegen.»

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AUSBLICK IMPRESSUM

AUF DEM TIERFERIENHOF ROTACHEN

HERAUSGEBER: Weber AG Verlag

Die tierliebende Familie Grütter im Portrait zusammen mit ihren Hunden, Pferden und Kleintieren, die sie selber halten und beherbergen.

KONZEPT, REALISATION: Weber AG Verlag, Gwattstrasse 144, 3645 Gwatt, Tel. 033 336 55 55, Fax 033 336 55 56, www.thunersee-liebi.ch, mail@thunersee-liebi.ch LEITUNG: Annette Weber AUTOREN: Peter Brechbühl, Madeleine Hadorn, Christine Hunkeler, Martin Jenni, Heinz Schürch, Andreas Sommer, Beat Straubhaar, Janina Stucki, Hans Suter, Barbara Traber, Andrea Troxler, Annette Weber FOTOS: Martin Braun, Simone Bürkle, Adrian Dietrich, Marcus Gyger, Christine Hunkeler, Rebgesellschaft Thunersee-Bern, Andreas Sommer, Janina Stucki, Andrea Troxler, Andreas von Gunten, Verena Wagner, Annette Weber LAYOUT UND GRAFIK: Nina Ruosch BILDBEARBEITUNG: Adrian Aellig

GEWÜRZE UND IHRE GESCHICHTEN Die Welt der Gewürze bringt uns die Düfte ferner Länder in unsere Küchen, lässt staunen über ihre Vielfältigkeit und fast unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten. «Narde, Safran und Kalmus, alle Weihrauchgewächse, Zimt und Aloe, Myrrhe, alle Arten von Balsamen sind im Garten zu finden.»

BACKEN UND BASTELN An den immer kürzer werdenden Tagen bleiben wir vermehrt in den wohligen vier Wänden, wo meist Kerzen brennen und öfter als sonst ein Duft nach Frischgebackenem in der Luft liegt.

WEITERE THEMEN S chönes vom Atelier

Herz und Hand S chreiner und Goldschmied als Berufung U nter Dampf: das Restaurant Dampfschiff als Tor zur Alltagsflucht S chöne Fleischplatten selber legen

Die nächste ThunerseeLiebi erscheint am 19. November 2014 114

LEKTORAT: Eva Beyeler, Linda Malzacher KORREKTORAT: Heinz Zürcher, Steffisburg INSERATE: Christine Hunkeler AUFLAGE: 20 000 Exemplare ERSCHEINUNGSWEISE: 4 x jährlich (3 x im 2014) DRUCK: Swiss Printers AG, Zofingen VERTEILUNG: Abonnenten, Kiosk, Anwohner um den Thunersee, KKK 1&2, VIPs, Geschäfte, Arztpraxen ABONNEMENTSPREISE: 1 Jahr mit 4 Ausgaben CHF 48.– (inkl. 2,5% MwSt.) 2 Jahre mit 8 Ausgaben CHF 89.– (inkl. 2,5% MwSt.) ISSN-NUMMER: 2296-8504 NÄCHSTE AUSGABE: 19. November 2014 Der Nachdruck sämtlicher Artikel und Illustrationen ist verboten.

Kontakt / Aboservice: Telefon 033 336 55 55, Fax 033 336 55 56 oder mail@thunersee-liebi.ch, www.thunersee-liebi.ch


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