6 minute read

Entwicklungen bei intelligenten Batterien, die den Markt für industrielle E-Mobilität beleben

TechnologieInterview

E-Mobilität bietet spannende Möglichkeiten für die Zukunft, nicht nur für einen saubereren und nachhaltigeren Personen- und öffentlichen Verkehr, sondern auch für eine Vielzahl industrieller Anwendungen wie mobile Roboter, einschließlich fahrerloser Transportfahrzeuge (AGVs) und Drohnen. Hagen Götze, Senior Director Marketing bei Avnet Abacus, spricht mit Marc Eichhorn, Product Marketing Manager Batteries, darüber, wie die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich aussehen.

Hagen Götze: Wir erhalten immer mehr Anfragen von Kunden, die Anwendungen in vielen unterschiedlichen Märkten wie Lagerautomatisierung, Smart Farming, professionelle Rasenmäher, Unterwasserforschung usw. entwickeln, was unserer Meinung nach auf die Forderung nach effizienteren Lieferketten, höherer Produktivität und Umweltbelange zurückzuführen ist. Auch Corona hat die Aufmerksamkeit auf die zunehmende Automatisierung gelenkt. Marc Eichhorn: Ja, insbesondere im Hinblick auf die Lagerautomatisierung soll der AGV-Markt in den nächsten fünf Jahren um über 31% jährlich (CAGR) auf mehr als 13 Mrd. US-Dollar wachsen. Mit neuester Datenanbindungstechnik und der Fähigkeit, große Datenmengen (Big Data) zu speichern und zu analysieren, bieten diese Fahrzeuge enorme Möglichkeiten, Prozesse zu rationalisieren und zu optimieren. Darüber hinaus haben sich einige wichtige Fortschritte in der Batterietechnik ergeben, die die Kosteneffizienz und Benutzerfreundlichkeit verbessern.

HG: In der Vergangenheit wurden Blei-Säure-Batterien für eine Vielzahl von kleinen Elektrofahrzeugen wie Golfwagen und Gabelstapler verwendet. Was ändert sich jetzt? ME: Blei-Säure-Batterien haben sich in der Tat bewährt und stellen in vielen Fällen immer noch eine zufriedenstellende Lösung dar. Vor allem sind die Kosten niedriger als bei Alternativen wie Lithium, und sie sind thermisch stabil. Für neue Anwendungen oder die erstmalige Elektrifizierung ist Lithium jedoch in der Regel die richtige Wahl, da die Technik einen größeren Betriebsbereich und niedrigere Betriebskosten mit sich bringt. Die Energiedichte und die Zykluslebensdauer sind deutlich höher, während das Gewicht geringer ist. Schutzschaltungen sind natürlich obligatorisch, obwohl intelligente Funktionen wie Kommunikation und Systemmanagement in der Regel ebenfalls integriert sind. HG: Können Sie etwas zur besten Lithiumchemie für die E-Mobilität sagen? ME: Es gibt zwei wesentliche Lithium-Techniken für E-Mobilitätsanwendungen: Lithium-Nickel-ManganKobalt-Oxid (NMC), das auch in Consumer-Elektronik und Elektrowerkzeugen verwendet wird, und Lithium-EisenPhosphat (LiFePO4). Während NMC die höchste Energiedichte bietet, stellen LiFePO4-Batterien eine vier- bis zehnfache Zykluslebensdauer bereit, sodass die Wahl von den Prioritäten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit abhängt. HG: Welche anderen Faktoren sollten berücksichtigt werden?

ME: Die Entscheidung für eine Standardbatterie oder eine Sonderanfertigung kann einen großen Einfluss auf das Projektergebnis haben. Eine kundenspezifische Batterie kann so aufgebaut sein, dass sie eine bestimmte Spannung liefert oder einer bestimmten physikalischen Form oder Abmessung entspricht. Auf der anderen Seite sind einmalige Entwicklungskosten (NRE) und Kosten für die Produktzulassung zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann der gesamte Prozess eine Ablenkung für das Entwicklungsteam darstellen. Wenn das Know-how eines Unternehmens beispielsweise in den Bereichen Präzisionslandwirtschaft oder Materialwirtschaft liegt, sollte man sich auf seine speziellen Kompetenzen oder sein marktspezifisches IP konzentrieren, um das Endprodukt vom Wettbewerb abzuheben. HG: Eine handelsübliche Batterie ist also wahrscheinlich am schnellsten auf den Markt zu bringen, sorgt für den schnellsten Umsatz und ist am kostengünstigsten? ME: In den meisten Fällen ja. Außerdem können Sie Muster sofort ab Lager und dazu ein passendes Ladegerät erhalten, das sofort einsatzbereit ist. Ich freue mich, dass VARTA kürzlich zwei Serien von Standardbatterien eingeführt hat, die sich sehr gut für neue E-MobilityAnwendungen eignen. Diese anwendungsspezifischen Batterien der Serie ASB sind sowohl mit Li-Ionen- als auch LiFePO4-Chemie und mit einer Nennspannung von 24 und 48 V erhältlich. Die Easy-Block-LiFePO4-Serie umfasst Batterien mit einer Kapazität von bis zu 14,5 kWh und einer Lebensdauer von bis zu 10.000 Zyklen.

Die zweite Serie (Easy Blade) profitiert von der höheren Energiedichte der Li-Ionen-Chemie und bietet eine Kapazität von bis zu 37,5 kWh bei einer Lebensdauer von etwa 1200 Zyklen. HG: Was können Sie uns noch dazu sagen? ME: Da es sich um eine serienmäßige Produktlinie handelt, verfügen die Akkus über integrierte Sicherheitsfunktionen und sind gemäß IEC 62133-2:2017 und UN38.3 vorzertifiziert. Selbstverständlich werden die Zellen gemäß UL 1642 getestet. Die Batterien können über den robusten CANOpen-Standard kommunizieren, was das Design-In vereinfacht. HG: Was ist mit dem Ladegerät? ME: Hier hat VARTA mit Delta-Q eine Partnerschaft geschlossen. Eine skalierbare Lösung basiert auf einem Ladegerät-Design, das mit vorinstallierter Firmware geliefert wird und das Stapeln von bis zu sechs Einheiten ermöglicht, um eine Reihe von Systemleistungsanforderungen zu erfüllen. Das bedeutet, dass Kunden bei Bedarf ein für sie fertiggestelltes Ladegerät am nächsten Tag erhalten können. Wie die Akkus ist auch das Ladegerät nach einschlägigen Sicherheitsnormen zertifiziert. Dazu gehören UL 1564 und EN 60335. HG: Und wenn die Geräte/Akkus sich im Einsatz befinden? ME: Intelligente Batterien wie VARTA ASB ermöglichen Fernüberwachung und vorausschauende Wartung, die wir durch unsere Avnet-IoTConnect-Cloud-Lösungen unterstützen. Dies ermöglicht auch zukünftige Geschäftsmodelle wie „Battery as a Service“. HG: Zu einem kompletten Elektrifizierungsprojekt gehört mehr als die Batterie. Wie kann Avnet Abacus seinen Kunden sonst noch helfen, eine erfolgreiche Lösung zu finden?

ME: Zu den wichtigsten Herausforderungen beim Systemdesign gehören eine geeignete Leistungselektronik und Isolierung um die Batterie herum sowie die Gewährleistung einfacher und robuster Signal- und Leistungselektronik-Verbindungen. Ein anderer unserer Lieferanten, AVX, bietet halbleiterbasierte Schalter für Anwendungen bis 48 V, die eine ideale Ergänzung zu VARTAs ASB sind. Die Schalter befinden sich zwischen dem Batterie-Management-System (BMS), dem Fahrzeug und dem Ladegerät, um Schutz zu bieten und die Batterie bei Bedarf elektronisch sicher zu trennen. Diese Schalter bieten einen viel schneller wirkenden Schutz für die Batterie als herkömmliche mechanische Relais und können intelligente Funktionen wie das Vorladen unterstützen. Sie können bis zu 85% leichter sein, haben eine viel längere Lebensdauer und sind außerdem leise im Betrieb.

HG: Sie erwähnten Signal- und Stromanschlüsse? ME: Ja, Batteriewechselmodule wie die BSM-Serie von Amphenol sind hier die Lösung. Die intelligenten Funktionen von Lithiumbatterien erfordern Strom- und Signalverbindungen, sodass das Zusammenführen dieser im selben Steckverbinder Zeit beim Stecken und Trennen spart. Die BSM-Serie bietet eine Selbstkorrektur für Positionsabweichungen von bis zu ±2 mm in X- und Y-Richtung und bis zu ±5 mm in der Z-Achse, um ein schnelles und sicheres Stecken zu ermöglichen. Sie sind in verschiedenen Leistungsstufen bis zu 600 VDC und 100 A erhältlich.

HG: Das Entwicklungstempo der Batterietechnik wird als recht langsam empfunden. Gibt es irgendetwas Neues am Markt, das frischen Wind bringt? ME: Sie haben Recht, Fortschritte erscheinen hier eher langsam vonstatten zu gehen, obwohl es immer wieder Verbesserungen und Optimierungen gibt, die etwas mehr aus dem Bestehenden herausholen. Aber jetzt hat VARTA eine neue Reihe von Li-Ionen-Zellen eingeführt, die den Anforderungen an schnelles Aufladen gerecht werden – was in der E-Mobilität wichtig ist. Bei diesen Zellen mit der Bezeichnung V4Drive handelt es sich um 21700-Zellen (21 mm Durchmesser x 70 mm Höhe), die in weniger als sechs Minuten vollständig aufgeladen sind, während sie die Temperatur unter +35 °C halten und eine stabile Lebensdauer gewährleisten. Sie sind so konzipiert, dass sie regenerative Energie effizient aufnehmen und auch bei niedrigen Temperaturen hervorragende Leistungsfähigkeit bieten. Mindestens eine renommierte Fahrzeugmarke arbeitet mit VARTA zusammen, um diese Zellen für Fahrzeuge der nächsten Generation zu entwickeln. Sie sind auch ideal für Anwendungen wie Elektrowerkzeuge und kabellose Geräte.

HG: Und Avnet Abacus kann den Kunden helfen, diese Technologien zu nutzen? ME: Ja, wir stellen die ASB-Akkus und die zugehörigen Ladegeräte bereit, und unsere Entwickler arbeiten mit Kunden und VARTA zusammen, um die Design-InAnforderungen zu erfüllen. Es gibt zahlreiche Referenzdokumente, darunter ein umfassendes technisches Handbuch und eine Design-In-Anleitung für Ladegeräte, die unverbindlich zur Verfügung stehen. Bei den V4Drive-Akkus wird die Produktion dieses Jahr hochgefahren, um Hauptkunden zu beliefern. Die serienmäßige Verfügbarkeit für den Massenmarkt beginnt 2023.

Typische Anwendung für die ASBBatteriemodule von VARTA INTERVIEWTechnologieInterview 25

Avnet Abacus’ MasterclassSerie Leistungselektronik

Sechs der klügsten Köpfe und größten Akteure im Bereich Leistungselektronik diskutieren über die neuesten Herausforderungen bei der Implementierung von Stromversorgungssystemen

This article is from: