Baugesetzbuch im Bild

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Das neue Baugesetzbuch im Bild Bröll/ Jäde


Teil 4: BauGB in Wort und Bild Teil 4/2.3.9 Seite 4

Umweltschutzgüter

Verkehrslärm

Natur und Landschaftsschutz

Funktion der öffentlichen und privaten Grünflächen

Grundwasser

Umweltüberwachung der Bauleitpläne

Beobachtungsmethoden

kritische Schwelle

Verkehrzählung in bestimmten Abständen

Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005

Kontakt mit staatlicher Naturschutzbehörde

keine oder unvollständige Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen

bauaufsichtliche Kontrolle

Nichteinhaltung der Bindungen für Bepflanzungen etc. nach § 9 Abs. 1 Nr. 25

Kontakt mit staatlicher Fachbehörde

Risiko von Grundwasserbeeinträchtigung durch Gewerbebetriebe

Schema für Monitoring

4 Wichtig! Keine Sanktionen bei fehlerhaftem Monitoring

Ziel des Monitorings ist es, die Gemeinden in die Lage zu versetzen, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe bei unvorhergesehenen nachteiligen Auswirkungen zu ergreifen. Allerdings wird damit nicht eine Verpflichtung aufgestellt, solche Abhilfemaßnahmen auch durchzuführen. Ob eine Gemeinde gezwungen werden kann, Abhilfemaßnahmen durchzuführen, bemisst sich vielmehr nach der allgemeinen Regel des § 1 Abs. 3 BauGB, wonach ein Bauleitplan zu ergänzen, zu ändern oder aufzuheben ist, wenn dies für die


Umweltüberwachung der Bauleitpläne

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städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Auch muss man bedenken, dass neben planerischen Maßnahmen der Gemeinde als Abhilfe auch Maßnahmen Dritter denkbar sind, z.B. Maßnahmen staatlicher Fachbehörden. Das Monitoring stellt eine eigenständige Verpflichtung nach Abschluss der Planung dar. Es muss nicht mehr bei alten Bauleitplänen durchgeführt werden. Es muss aber entsprechend den Überleitungsvorschriften des § 244 BauGB bei allen Bauleitplänen durchgeführt werden, bei denen das Aufstellungsverfahren nach dem 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet wurde. Es muss auch bei den Bauleitplänen durchgeführt werden, die zwar nach dem alten Recht noch begonnen wurden, die aber nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs in der Fassung des Europarechtsanpassungsgesetzes-Bau zu Ende geführt worden sind. Es gibt keine Sanktionen bei fehlerhafter oder gar unterlassener Durchführung der Überwachungsmaßnahmen. Dementsprechend ist in § 214 BauGB auch die Durchführung des Monitorings nicht als mögliche beachtliche Fehlerquelle aufgeführt. Von Bedeutung für die Rechtswirksamkeit ist lediglich die Anforderung, dass der Umweltbericht in wesentlichen Punkten vollständig zu sein hat, also auch Angaben zu den geplanten Überwachungsmaßnahmen enthalten muss (siehe § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

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Zulassung von Einzelbauvorhaben

4/4.1.3

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Die Beteiligung der Gemeinde bei der Zulassung von Einzelbauvorhaben

Im BauGB konnte der Bund – von einigen verfahrensrechtlichen „Anhängseln“ abgesehen – grundsätzlich nur materielles Bauplanungsrecht regeln, also die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bauvorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sind, woran sie insoweit gemessen werden müssen. Allein dafür besteht auf der Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 Grundgesetz (GG) eine (konkurrierende) Zuständigkeit für die Bundesgesetzgebung („… den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht ohne das Recht der Erschließungsbeiträge …“). Das Baugenehmigungsverfahren gehört demgegenüber zum Bauordnungsrecht, das der Landesgesetzgebung unterliegt. Wer Bauaufsichts- und damit Baugenehmigungsbehörde ist, richtet sich daher nach der jeweiligen Landesbauordnung.

1 BauGB und Baugenehmigungsverfahren

Dabei kommen grundsätzlich folgende Fallgestaltungen in Betracht:

2

• Bauaufsichtsbehörden sind regelmäßig die unteren Verwaltungsbehörden. Das können Staatsbehörden sein – wie etwa in Bayern die Landratsämter als untere Staatsbehörden –, aber auch die Landkreise, wenn ihnen das Landesrecht die Aufgaben als untere Bauaufsichts- und damit Baugenehmigungsbehörde zuweist.

3 Bauaufsichtsbehörden

• Daneben kommen auch Gemeinden als Bauaufsichtsbehörden in Betracht. Dies ist regelmäßig der Fall bei solchen Gemeinden, die keinem Landkreis

4 Gemeinden als Bauaufsichtsbehörden AL795094


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Zulassung von Einzelbauvorhaben

angehören (kreisfreie Städte). Daneben kann das Landesrecht auch vorsehen, dass bestimmte kreisangehörige Gemeinden allgemein untere Bauaufsichtsbehörden sind (wie in Bayern und BadenWürttemberg die Großen Kreisstädte), aber auch, dass Gemeinden, die bestimmte Anforderungen an Größe und/oder Leistungsfähigkeit erfüllen, die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde besonders übertragen werden (sog. Delegationsgemeinden), wobei sich die Übertragung auf alle bauaufsichtlichen Aufgaben erstreckt oder auf einen Teil davon beschränken kann. Ist die Wahrnehmung der bauaufsichtlichen Aufgaben, die an sich staatliche Aufgaben sind, (ausnahmsweise) auf Gemeinden übertragen (sog. Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises oder sog. Pflichtaufgaben nach Weisung), unterliegen diese bei deren Vollzug einer – mehr oder minder stark ausgeprägten – staatlichen (Fach-)Aufsicht, sind also in ihren Entscheidungen nicht ohne Weiteres von staatlichen Eingriffen frei, auch soweit es sich nicht (nur) um die bloße Kontrolle der Rechtmäßigkeit des gemeindlichen Baurechtsvollzugs handelt. 5 Sinn des Einvernehmens

Ist die Gemeinde nicht zugleich untere Bauaufsichtsbehörde, stellt sich für den Gesetzgeber die Frage, wie die aus der gemeindlichen Planungshoheit fließenden Belange der Kommune in das bauaufsichtliche Genehmigungsverfahren so eingebracht werden können, dass diese Planungshoheit wirklich wehrfähig und effektiv geltend gemacht werden kann. Dabei ist der Gesetzgeber von seiner – gewissermaßen – Idealvorstellung ausgegangen, es sei am wünschenswertesten, wenn das gesamte zur Bebauung in einer Gemeinde vorgesehene Gebiet i.S. des § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB qualifiziert überplant wäre (sog. Planmäßigkeitsprin-


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zip). Entsprechend hat der Gesetzgeber der Gemeinde überall dort eine besonders starke Stellung eingeräumt, wo sie entweder überhaupt noch nicht geplant hat, wo sie zwar mit ihrer Planung begonnen, sie aber noch nicht (in Gestalt eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB) zu Ende geführt hat, wo sie zwar schon geplant hat, aber nur in Gestalt eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB), der in der Regelungsdichte hinter dem qualifizierten bzw. dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan des § 30 Abs. 1 und 2 BauGB zurückbleibt, oder wo sie zwar bereits geplant hat, aber von dieser Planung abgewichen werden soll. Folgerichtig fordert § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB darum das gemeindliche Einvernehmen • bei Ausnahmen (§ 31 Abs. 1 BauGB) und Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB), weil hier durch das Einzelbauvorhaben die gemeindliche Planungshoheit erneut gefordert ist (nicht hingegen bei dem geringfügigen Überschreiten von bzw. Zurückbleiben hinter Baulinien bzw. Baugrenzen nach § 23 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BauNVO, weil diese Abweichungsmöglichkeiten bereits gewissermaßen „mit festgesetzt“ sind, in dieser Weise von Baulinien bzw. Baugrenzen „abweichende“ Bauvorhaben also gleichwohl mit dem Bebauungsplan übereinstimmen),

6 … bei Planabweichungen

• bei der Zulassung von Vorhaben während der Planaufstellung (§ 33 BauGB),

7 … bei „Planreife“

• innerhalb des nicht überplanten Innenbereichs (§ 34 BauGB) und

8 … im Innenbereich

• im Außenbereich (§ 35 BauGB), in den beiden letztgenannten Fällen auch unabhängig davon, ob daneben ein einfacher Bebauungsplan nach § 30 Abs. 3 BauGB vorliegt.

9 … im Außenbereich

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Zulassung von Einzelbauvorhaben

10 … grundsätzlich in allen Verfahren

Die Einvernehmenspflicht ist grundsätzlich unabhängig davon, in welchem Verfahren die bauliche Anlage zugelassen wird. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB bedarf es des gemeindlichen Einvernehmens auch dann, wenn diese Zulassung in einem anderen als einem bauaufsichtlichen Verfahren erfolgt, beispielsweise dann, wenn in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren – das nach § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) die Baugenehmigung einschließt (Konzentrationswirkung) – über die Zulassung einer baulichen Anlage entschieden wird. Es muss sich – was freilich von geringer praktischer Bedeutung ist – allerdings bei diesem anderen Verfahren um ein solches handeln, in dessen Rahmen das Bauplanungsrecht überhaupt geprüft wird.

11 Ausnahmen von der Einvernehmenspflicht

Ausnahmen von der Einvernehmenspflicht ergeben sich zunächst in den Fällen der sog. privilegierten Fachplanungen nach § 38 BauGB, weil § 38 Satz 1 BauGB die Anwendbarkeit der §§ 29 bis 37 BauGB – und damit auch des § 36 BauGB – ausschließt. Ferner entfällt – im strengen Sinne – die Einvernehmenspflicht bei den von § 37 Abs. 1 BauGB erfassten besonderen Bauvorhaben des Bundes und der Länder, weil hier das – obwohl erforderlich – fehlende gemeindliche Einvernehmen nur zur Verlagerung der Zuständigkeit für die Genehmigungsentscheidung auf die höhere Verwaltungsbehörde – bei einem dreistufigen Verwaltungsaufbau im jeweiligen Land jeweils die (Bezirks-)Regierung bzw. das Regierungspräsidium – führt. § 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 nimmt ferner aus der Einvernehmenspflicht Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie Ausschachtungen und Ablagerungen einschließlich Lagerstätten aus, soweit diese keine baulichen Anlagen nach § 29 Abs. 1 BauGB darstellen und der Bergaufsicht unterliegen.


Zulassung von Einzelbauvorhaben

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Andererseits zählt § 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB die Fälle der Einvernehmenspflicht abschließend auf; außerhalb dieses Katalogs gibt es für die Zulassung von Vorhaben in Genehmigungsverfahren keine (allgemeinen) Einvernehmenspflichten. Aus dem § 36 Abs. 1 BauGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken kann aber unter Umständen ein Anspruch der Gemeinde auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über bauaufsichtliches Einschreiten folgen: Wird im Gemeindegebiet ein (ungenehmigter und nicht genehmigungsfähiger) Schwarzbau errichtet, darf sich die Bauaufsichtsbehörde nicht über das (planerische) gemeindliche Interesse an dessen Beseitigung hinwegsetzen; sie muss vielmehr die gemeindliche Planungshoheit bei ihrer Entscheidung – etwa über den Erlass einer Beseitigungsanordnung – angemessen berücksichtigen (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 14.04.2000 – 4 C 5.99 –, NVwZ 2000, 1048 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 342 = ZfBR 2000, 486 = NuR 2000, 635 = VwRR BY 2000, 409 = BBB 12/2000, 59 = UPR 2001, 27 = BayVBl. 2001, 22 = BauR 2001, 227 = ZfBR 2001, 120 = VwRR MO 2001, 93 = RdL 2002, 17 = BRS 63 Nr. 115; ausführlich Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 3. Aufl., 2009, Rdnr. 181 f.).

12 Abschließende Regelung

Nicht einvernehmenspflichtig sind – konsequent – Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) oder eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 BauGB), die diesem Bebauungsplan entsprechen, also ohne Ausnahme oder Befreiung (§ 31 BauGB) zugelassen werden können. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass für diese Fälle die Gemeinde bereits im qualifizierten Bebauungsplan abschließend über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieser Vorhaben entschieden hat, sodass dann ihre Planungshoheit nicht nochmals und erneut gefordert ist.

13 Plankonforme Vorhaben einvernehmensfrei

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14 Gemeindliches Informationsrecht

Zulassung von Einzelbauvorhaben

Auch wenn innerhalb des Geltungsbereichs eines qualifizierten Bebauungsplans i.S. des § 30 Abs. 1 BauGB die Gemeinde bereits definitiv und abschließend über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben entschieden hat, kann sie gleichwohl ein Interesse daran haben, auch auf plankonforme – also weder einer Ausnahme noch einer Befreiung nach § 31 BauGB bedürftige – Vorhaben planerisch „zuzugreifen“ – einmal, weil die Gemeinde erst aus Anlass eines konkreten Bauvorhabens erkennen kann, dass sie bauplanungsrechtliche Zulassungsentscheidungen in dem Bebauungsplan getroffen hat, die sie so nicht getroffen hätte, wäre sie sich von vornherein über ihre Reichweite klar gewesen, zum anderen, weil die von der Gemeinde ggf. vor Jahren in dem Bebauungsplan niedergelegte planerische Konzeption nunmehr nicht mehr ihren Vorstellungen entspricht. Wird die Gemeinde bei baugenehmigungspflichtigen Vorhaben nach den Regelungen der jeweiligen Landesbauordnung an einem Baugenehmigungsverfahren beteiligt, kann sie eine geänderte planerische Konzeption durchsetzen, indem sie einen (hinsichtlich ihrer planerischen Absichten entsprechend konkretisierten) Aufstellungsbeschluss für eine Bebauungsplanänderung fasst und darauf gestützt entweder eine Veränderungssperre (§§ 14, 16 ff. BauGB) erlässt oder eine Zurückstellung (§ 15 BauGB) beantragt. Sieht hingegen das Landesrecht bei plankonformen Vorhaben im Geltungsbereich qualifizierter Bebauungspläne (§ 30 Abs. 1 BauGB) keine Beteiligung der Gemeinde an einem Genehmigungsverfahren vor, findet nur ein Anzeigeverfahren bei der Bauaufsichtsbehörde (ohne Einschaltung der Gemeinde) statt oder ist ein Vorhaben überhaupt („schlicht“) genehmigungsfrei, wird diese der Gemeinde bundesrechtlich gegebene Zugriffs-


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möglichkeit landesrechtlich gewissermaßen unterlaufen. Deshalb verlangt § 36 Abs. 1 Satz 3 BauGB, dass die Länder sicherstellen, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 BauGB entscheiden kann. Dabei wird nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die eine Reaktion auf die erweiterten Genehmigungsfreiheiten nach den neuen Landesbauordnungen darstellt, davon auszugehen sein, dass sie die herkömmlich baugenehmigungsfreien (in der Terminologie der neueren Landesbauordnungen: „verfahrensfreien“, vgl. § 61 MBO) Bauvorhaben nicht erfasst, sondern nur größere Objekte, wie etwa Einfamilienhäuser. Sie schafft auch nicht unmittelbar geltende gemeindliche Informationsansprüche, sondern verpflichtet allein die Länder, entsprechende Regelungen zu treffen. Die praktische Bedeutung der Regelung ist gering geblieben, da inzwischen alle landesbauordnungsrechtlichen Regelungen „neuer“ Genehmigungsfreiheiten namentlich im Rahmen der Genehmigungsfreistellungen eine Einbindung der Gemeinde in den Verfahrensablauf vorsehen (vgl. statt aller § 62 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 f. MBO 2002). Einvernehmen bedeutet Zustimmung. Ohne gemeindliches Einvernehmen kann – in vielen Fällen der Einvernehmenspflicht – ein Bauvorhaben – grundsätzlich – nicht genehmigt werden (grundlegend BVerwG, Urt. v. 19.11.1965 – IV C 184.65 –, BVerwGE 22, 342 = BBauBl. 1966, 67 = BayVBl. 1966, 134 = Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 1 = DVBl. 1966, 179 = DÖV 1966, 243 = MDR 1966, 357 = NJW 1966, 513 = VRspr. 18, 313). Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde halten gleichsam jeweils einen notwendigen Schlüssel für die (bauplanungsrechtliche) Zulassung des

15 Einvernehmen = Zustimmung

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Zulassung von Einzelbauvorhaben

Vorhabens in der Hand; nur wenn beide „aufschließen“, kann die Baugenehmigung erteilt werden (woraus zugleich folgt, dass nur das verweigerte Einvernehmen die Bauaufsichtsbehörde bindet, nicht aber auch das hergestellte Einvernehmen sie zur Erteilung der Baugenehmigung zwingt, vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.01.1969 – IV C 121.69 –, DÖV 1970, 349 = VRspr. 21, 671). Ist die Gemeinde selbst Bauaufsichtsbehörde, so gibt es kein „Einvernehmen mit sich selbst“. Die Gemeinde kann auch in diesen Fällen nicht dadurch, dass sie die Erteilung einer Baugenehmigung aus Gründen verweigert, die der Versagung des Einvernehmens gleichkommen, bewirken, dass dann – sofern ein Widerspruchsverfahren (wie etwa in Bayern) nicht durch Landesrecht bereits von vornherein ausgeschlossen ist – entsprechend die Widerspruchsbehörde im auf die Erteilung der Baugenehmigung gerichteten Widerspruchsverfahren des Bauherrn an einer positiven Entscheidung in gleicher Weise gehindert wäre wie ansonsten die Bauaufsichtsbehörde (BVerwG, 6/5 2004, Rdnr. 21). Die Widerspruchsbehörde hat vielmehr in vollem Umfang die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens nachzuprüfen und – ohne vorherige Ersetzung des „Einvernehmens“ – gewissermaßen „durchzuentscheiden“. Im Gegenzug kann die Gemeinde unter Berufung auf ihre Planungshoheit gegen jede (objektive) Rechtswidrigkeit der planungsrechtlichen Beurteilung im Widerspruchsbescheid vorgehen. 16 Verweigerungsgründe

Wann das Einvernehmen von der Gemeinde rechtmäßig verweigert werden kann, sagt – für den vorliegenden Zusammenhang – abschließend § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB, nämlich nur aus den sich aus §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen, also dann, wenn das Vorhaben bereits aufgrund dieser Zulässig-


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keitsvorschriften bauplanungsrechtlich genehmigungsunfähig ist. Die Vorschrift macht deutlich, dass es insoweit nicht darauf ankommt, ob die Gemeinde durch die jeweiligen bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeitsgründe zugleich in eigenen, rechtlich geschützten Interessen (nachteilig) berührt ist, sondern rückt das schon erwähnte Zwei-Schlüssel-Prinzip in den Vordergrund. Das ist aber neuerdings in der Rechtsprechung umstritten. Auch wenn die Regelung des § 36 Abs. 1 BauGB dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit dient, steht der Gemeinde dennoch bei der Entscheidung über das Einvernehmen nicht stets Planungsermessen oder planerische Gestaltungsfreiheit zu. Ob dies der Fall ist – die Gemeinde also bei ihrer Entscheidung über das Einvernehmen in einem gewissen Umfang frei ist –, hängt davon ab, ob die jeweils anzuwendende bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsvorschrift ihr eine solche Freiheit eröffnet (siehe dazu auch BVerwG v. 16.01.1969, o. Rdnr. 15). Das ist beispielsweise bei Ausnahmen und Befreiungen (§ 31 BauGB) anzunehmen, nicht aber bei den rechtlich gebundenen Zulässigkeitstatbeständen, etwa bei der Frage, ob ein Bauvorhaben sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB „einfügt“ oder ob ein Vorhaben im Außenbereich öffentliche Belange „beeinträchtigt“ (§ 35 Abs. 2 BauGB) oder ihm solche Belange „entgegenstehen“. In diesen letztgenannten Fällen kann es immer nur eine richtige und rechtmäßige Entscheidung geben, soweit sich die Gemeinde nicht entschließt, durch bauleitplanerische Schritte die bauplanungsrechtliche Situation zu verändern.

17 Planungsermessen Beispiele

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18 Bindungswirkung versagten Einvernehmens

Zulassung von Einzelbauvorhaben

Die Versagung des Einvernehmens bindet die Baugenehmigungs- und ggf. die Widerspruchsbehörde grundsätzlich auch dann, wenn das Einvernehmen rechtswidrig verweigert worden ist; wird eine Baugenehmigung ohne das erforderliche Einvernehmen erteilt, ist sie auf Anfechtungswiderspruch und -klage der Gemeinde unabhängig davon aufzuheben, ob der Bauherr einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung hat (so auch die ständige und gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, zuletzt BVerwG, 6/5 2008, Rdnr. 22). Für solche Fälle sieht § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB vor, dass dann die nach Landesrecht zuständige Behörde das rechtswidrig versagte Einvernehmen der Gemeinde ersetzen kann. In welchem Verfahren dies zu erfolgen hat, regelt das BauGB (ebenfalls) nicht, sodass sich dies nach Landesrecht richtet. Da die Vorschrift indessen das schwerfällige zweistufige kommunalaufsichtliche Verfahren (erst muss die rechtswidrige Einvernehmensentscheidung beanstandet werden, erst dann kann sie ersetzt werden, gegen beides stehen der Gemeinde – soweit nicht durch Landesrecht, z.B. in Bayern, ausgeschlossen – Widerspruch und Anfechtungsklage zur Verfügung) im Interesse des Bauherrn beschleunigen und vereinfachen will, dessen Anspruch auf Baugenehmigung allein an der rechtswidrigen gemeindlichen Verweigerung des Einvernehmens scheitert, wird davon auszugehen sein, dass diese Ersetzung nach den Regeln des jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensrechts, also durch einen einzigen Verwaltungsakt gegenüber der Gemeinde, erfolgt, der auch mit der Baugenehmigung verbunden werden kann, wogegen dann allerdings selbstverständlich der Gemeinde ggf. der Widerspruch und die Anfechtungsklage zu den Verwaltungsgerichten er-


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öffnet ist. In den meisten Flächenstaaten (Bayern [Art. 67 BayBO], Brandenburg [§ 70 BbgBO], Mecklenburg-Vorpommern [§ 71 LBauO M-V], NordrheinWestfalen [§ 2 Nr. 4 des Ersten Gesetzes zum Bürokratieabbau – Bürokratieabbaugesetz I], Rheinland-Pfalz [§ 71 LBauO], dem Saarland [§ 72 LBO], Sachsen [§ 71 SächsBO), Sachsen-Anhalt [§ 70 BauO LSA] und Thüringen [§ 69 ThürBO] jeweils im Anschluss an § 71 der Musterbauordnung – MBO) bestehen spezielle Regelungen dahingehend, dass die Erteilung der baurechtlichen Genehmigung zugleich das fehlende Einvernehmen ersetzt, wogegen wiederum die Gemeinde vorgehen kann; diese Vorschriften bleiben von § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB unberührt und füllen lediglich den durch diese Regelung gegebenen Rahmen aus. Ob der Bauherr – unabhängig von der Ausgestaltung der Ersetzungsregelung i.E. – einen Rechtsanspruch auf Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens oder jedenfalls einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber hat, ist umstritten. Die Gemeinde kann sich, wenn sie gegen die Einvernehmensersetzung vorgeht, nur dagegen wehren, dass die unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilte Genehmigung gegen das – ihre Planungshoheit konkretisierende – Bauplanungsrecht verstößt; darauf, dass die Einvernehmensersetzung auch in dem „richtigen“ Anlagengenehmigungsverfahren erfolgt, hat sie indessen keinen Anspruch (BVerwG, 6/5 2006, Rdnr. 1). Geht die Bau- bzw. Rechtsaufsichtsbehörde nicht durch Ersetzung des Einvernehmens gegen die Gemeinde vor, muss der Bauherr – nach (soweit nicht – wie z.B. in Bayern – landesrechtlich ausgeschlossen) erfolglosem Widerspruchsverfahren – vor dem Verwaltungsgericht auf Erteilung der Baugenehmigung

19 Rechtsschutz des Bauherrn

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klagen (Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage). Diese Prozedur kann dadurch abgekürzt werden, dass die Bauaufsichtsbehörde unter Hinweis auf die „Sperrwirkung“ des (auch rechtswidrig) versagten gemeindlichen Einvernehmens entweder nicht mehr über den anhängigen Bauantrag – den sie im Übrigen für genehmigungsfähig hält – entscheidet oder ihn ablehnt und dann die Behandlung des vom Bauherrn einzulegenden Widerspruchs verweigert. Der Bauherr kann dann unmittelbar – nämlich in der Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO – das Verwaltungsgericht anrufen, auch ohne die grundsätzlich dafür vorgesehene Dreimonatsfrist verstreichen lassen zu müssen. 20 Gerichtliche „Ersetzung“ des Einvernehmens

Entscheidet das Verwaltungsgericht – gegen die notwendig beizuladende (§ 65 Abs. 2 VwGO) Gemeinde – zugunsten des Bauherrn und verpflichtet den Rechtsträger der Baugenehmigungsbehörde, die begehrte Genehmigung zu erteilen, so bindet diese Entscheidung auch die Gemeinde, weil sie auch ihr gegenüber rechtskräftig wird (§ 121 VwGO). Auf diese Art und Weise „ersetzt“ das (rechtskräftige) verwaltungsgerichtliche Urteil das (rechtswidrig) versagte gemeindliche Einvernehmen (dazu zuletzt BVerwG, 6/5 2003, Rdnr. 12). Die Gemeinde kann allerdings während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitssituation noch zu ihren Gunsten verändern, etwa dadurch, dass sie einen das Vorhaben hindernden Bebauungsplan aufstellt oder eine Veränderungssperre erlässt. In einem solchen Fall kann der Bauherr aber durch das Verwaltungsgericht (inzident) feststellen lassen, dass die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig war; das kann für einen ggf. nachfolgen-


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den Schadensersatzprozess gegen die Gemeinde von Bedeutung sein (dazu auch Rdnr. 22). Demgegenüber hat der Bauherr keine Möglichkeit, die Gemeinde auf Erteilung des Einvernehmens zu verklagen. Der Entscheidungsprozess darüber, ob das Einvernehmen hergestellt wird oder nicht, spielt sich ausschließlich zwischen der Gemeinde und der Bauaufsichtsbehörde ab, die letztlich nach außen hin allein verantwortlich über die Erteilung oder Ablehnung der begehrten Genehmigung entscheidet. Mit anderen Worten handelt es sich bei der Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen um ein bloßes Internum zwischen Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde, auf welches der Bauherr – rechtlich – keinen Einfluss nehmen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.10.1967 – IV C 129.65 –, BVerwGE 28, 145 = DÖV 1968, 324 = JR 1969, 34 = MDR 1968, 442 = NJW 1968, 905).

21 Keine Klage auf Einvernehmen

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Gemeinde ihr einmal erteiltes oder nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fingiertes Einvernehmen nicht mehr „zurücknehmen“ oder „widerrufen“ (BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 24.95 –, BauR 1997, 444 = BayVBl. 1997, 376 = BBauBl. 1997, 440 = BRS 58 Nr. 142 = Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 = DVBl. 1997, 827 = DÖV 1997, 550 = NuR 1997, 243 = NVwZ 1997, 900 = UPR 1997, 252 = ZfBR 1997, 216): Sinn und Zweck der Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sei, dass mit deren Ablauf (auch) im Verhältnis zwischen Bauherrn und Gemeinde Klarheit über das künftige Schicksal des Bauvorhabens bestehe.

22 Bindungswirkung des Einvernehmens

Im entschiedenen Fall hatte die Gemeinde nicht innerhalb der Zweimonatsfrist über das Einvernehmen

Beispiel (1)

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Zulassung von Einzelbauvorhaben

entschieden, sodass das Einvernehmen fingiert war (als erteilt galt). Da mit Ablauf der Zweimonatsfrist zwischen dem Bauherrn und der Gemeinde hinsichtlich des Einvernehmens „alles klar“ sein soll, kann sich die Gemeinde von dem einmal erteilten Einvernehmen nicht mehr lösen. Beispiel (2)

Schwieriger zu lösen ist aber der folgende Fall: Die Gemeinde hat vor Ablauf der Zweimonatsfrist ihr Einvernehmen erteilt. Später gelangt sie zu einer – ihrer Meinung nach – besseren Einsicht. Dann stellt sich die Frage, ob die Gemeinde sich von dem einmal ausdrücklich erteilten Einvernehmen überhaupt nicht mehr lösen kann – oder erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist. Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden. Allerdings spricht viel dafür, dass die Gemeinde sich von einem überhaupt einmal erteilten Einvernehmen nicht mehr lösen kann – also auch vor Ablauf der Zweimonatsfrist nicht mehr. Insgesamt zwingt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Gemeinden – nicht zu Unrecht – zu mehr Sorgfalt und Aufmerksamkeit bei der Einvernehmensentscheidung.

23 Achtung: Haftungsrisiko!

Dies alles ändert indessen nichts daran, dass die Gemeinde gegenüber dem Bauherrn die Amtspflicht hat, über die Erteilung des Einvernehmens rechtmäßig zu entscheiden; eine fehlerhafte, rechtswidrige Entscheidung kann zu Schadensersatzansprüchen des Bauherrn aus Amtshaftung führen (grundlegend BGH, Urt. v. 29.09.1975 – III ZR 40/73 –, BGHZ 65, 182 = BRS 34 Nr. 15 = NJW 1976, 184; zur Mithaftung der Bauaufsichtsbehörde, wenn diese die rechtswidrigen Versagungsgründe der Gemeinde mitträgt oder ihnen weitere – ebenfalls nicht haltbare – Ablehnungsgründe hinzufügt, siehe BGH, Urt. v. 01.07.1993 – III


Zulassung von Einzelbauvorhaben

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ZR 36/92 –, BB 1993, 1910 = BRS 55 Nr. 156 = BauR 1993, 707 = MDR 1993, 1182 = NJW 1993, 3065 = UPR 1993, 442 = ZfBR 1993, 294), und zwar auch dann, wenn die Gemeinde ein Einvernehmen verweigert, das tatsächlich gar nicht erforderlich ist (BGH, 6/5 2002, Rdnr. 26) oder ein nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fingiertes Einvernehmen „zurücknimmt“ (BGH, 6/5 2005, Rdnr. 22). Darin erschöpfen sich aber auch – abgesehen von der Gemeinde selbst – die Schutzwirkungen der Regelungen über die Erforderlichkeit des gemeindlichen Einvernehmens; insbesondere sind diese nicht nachbarschützend (BVerwG, Urt. v. 06.12.1967 – IV C 94.66 –, BVerwGE 28, 268 = BBauBl. 1968, 470 = Buchholz 406.11 § 35 Nr. 60 = DVBl. 1968, 651 = DÖV 1968, 322 = JR 1968, 474 = JuS 1968, 340 = MDR 1968, 521 = VRspr. 1968, 234; auch keine Haftung der Gemeinde bei rechtswidriger Erteilung des Einvernehmens: BGH, BGHZ 99, 262 = BRS 46 Nr. 2 = BauR 1987, 194 = BayVBl. 1987, 284 = JZ 1987, 671 = MDR 1987, 476 = NJW 1987, 1320 = UPR 1987, 103). Das Verfahren bei der Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen regelt teils § 36 BauGB, teils muss auf die Landesbauordnung und das Landeskommunalrecht zurückgegriffen werden. Letzteres – also die jeweilige Gemeindeordnung – gibt insbesondere darüber Auskunft, wer (welches Organ) innerhalb der Gemeinde für die Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen zuständig ist. Allgemein lässt sich dazu nur sagen, dass dies von der Größe der Gemeinde einerseits, der Schwierigkeit des Falls andererseits abhängt. Während in kleinen Gemeinden häufig alle Bauvorhaben – wenn nicht im Gemeinderat, so doch jedenfalls – im (beschließenden) Bauaus-

24 Wer entscheidet über Einvernehmen?

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Zulassung von Einzelbauvorhaben

schuss behandelt werden, entscheidet in größeren Gemeinden häufig schon der Bürgermeister (das ist die Gemeindeverwaltung) auch über das Einvernehmen bei unproblematischen Innenbereichsvorhaben und über kleinere Ausnahmen und (vor allem auch) Befreiungen. Je größer die Gemeinde, umso weiter reicht regelmäßig die Entscheidungsbefugnis des Bürgermeisters (der Verwaltung), umso weniger sind gemeindliche Beschlussgremien (Gemeinde- oder Stadtrat, Ausschüsse) mit den Angelegenheiten befasst. 25 Fiktionsfrist …

Bundeseinheitlich geregelt – nämlich in § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB – ist demgegenüber, unter welchen Voraussetzungen das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt, wenn die Gemeinde es nicht rechtzeitig verweigert. Für die Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens hat die Gemeinde grundsätzlich (nur) zwei Monate Zeit; dabei muss die Einvernehmensverweigerung bis zum Zeitpunkt des Fristablaufs der Bauaufsichtsbehörde zugegangen sein, wofür im Zweifel die Gemeinde die Beweislast trifft. Der Lauf der Frist setzt grundsätzlich voraus, dass der Gemeinde ein Baugesuch vorliegt, das mindestens so vollständig ist, dass die Gemeinde die Versagungsgründe nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB prüfen kann. Aber auch, wenn der Bauantrag in diesem Sinne „bauplanungsrechtlich unvollständig“ ist, kann sich die Gemeinde nicht darauf berufen, wenn sie sich nicht binnen der Fiktionsfrist auf dem landesrechtlich vorgesehenen Wege – in Bayern, wo es eine eigene Befugnis der Gemeinde für eine Nachforderung von Bauvorlagen gibt, selbst, in den anderen Ländern durch Einschaltung der Bauaufsichtsbehörde – um eine Vervollständigung der Bauvorlagen durch den Bauherrn bemüht (BVerwG, 6/5 2004, Rdnr. 23). Im


Zulassung von Einzelbauvorhaben

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Übrigen regelt das Gesetz den Fristbeginn unterschiedlich, weil in einigen Ländern Baugesuche über die Gemeinde einzureichen sind (Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein), in den anderen Ländern unmittelbar bei der Bauaufsichtsbehörde. • Ist durch Landesrecht vorgeschrieben, dass der Bauantrag bei der Gemeinde einzureichen ist, beginnt die Frist mit der Einreichung des (vollständigen) Bauantrags bei der Gemeinde (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kann in diesen Fällen die Frist nicht dadurch (neu) in Lauf gesetzt werden, dass die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag (erneut) der Gemeinde zuleitet (BVerwG, 6/5 2004, Rdnr. 23).

26 … bei Antragstellung bei Gemeinde

• Ist der Bauantrag hingegen bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen, beginnt die Frist nur und erst, wenn die Bauaufsichtsbehörde ausdrücklich um die Herstellung des Einvernehmens ersucht (Halbs. 1).

27 … bei Antragstellung bei Baugenehmigungsbehörde

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Zulassung von Einzelbauvorhaben


Die Außenbereichsvorhaben im Überblick

4/4.6.2

Teil 4: BauGB in Wort und Bild Teil 4/4.6.2 Seite 1

Die Außenbereichsvorhaben im Überblick

§ 35 BauGB unterscheidet – vor diesem Hintergrund – folgerichtig grundsätzlich zwischen zwei Arten von Vorhaben, den privilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 1 BauGB und den sonstigen des § 35 Abs. 2 BauGB. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen beiden Vorhabenarten ergibt sich schon ohne weiteres aus dem Wortlaut des § 35 BauGB: Während – abgesehen von dem Erfordernis der Sicherung der ausreichenden Erschließung – die privilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 1 BauGB nur unzulässig sind, wenn ihnen öffentliche Belange entgegenstehen, so scheitern die sonstigen Vorhaben des § 35 Abs. 2 BauGB bereits dann, wenn sie öffentliche Belange (nur) beeinträchtigten.

1 Privilegierte und sonstige Vorhaben ...

Privilegierte und sonstige Vorhaben unterscheiden sich also durch ihre unterschiedliche Durchsetzungskraft gegenüber den in § 35 Abs. 3 BauGB beispielhaft aufgeführten öffentlichen Belangen. Während sich privilegierte Vorhaben gegen diese öffentlichen Belange regelmäßig durchsetzen, scheitern sonstige Vorhaben regelmäßig an ihnen, wenn sie nur einen öffentlichen Belang überhaupt, wenn auch nur geringfügig spürbar, nachteilig berühren.

2 ... im Verhältnis zu öffentlichen Belangen

In dieser Unterscheidung schlägt sich wiederum das eingangs bereits beschriebene Prinzip des grundsätzlichen Bauverbots im Außenbereich nieder: Neben seiner Erholungsfunktion für die Allgemeinheit ist der Außenbereich für die in § 35 Abs. 1 BauGB aufgezählten privilegierten Vorhaben gleichsam „reserviert“. Man spricht davon, diese Vorhaben seien durch § 35

3 Privilegiert = planartig zugewiesen


Teil 4: BauGB in Wort und Bild Teil 4/4.6.2 Seite 2

Die Außenbereichsvorhaben im Überblick

Abs. 1 BauGB dem Außenbereich planartig zugewiesen, man müsse sich ihre Zulässigkeit also etwa so vorstellen, als ob zugunsten dieser Vorhaben ein (qualifizierter) Bebauungsplan bestünde. Die sonstigen Vorhaben des § 35 Abs. 2 BauGB sind demgegenüber im Außenbereich nach der diesem vom Gesetzgeber zugedachten Funktion grundsätzlich unerwünscht und damit unzulässig; zulässig sind sie hingegen nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn sie die in § 35 Abs. 3 BauGB (nicht abschließend) angesprochenen öffentlichen Belange und damit die mit dem Außenbereichsschutz einhergehenden Zielsetzungen des Gesetzes nicht stören. 4 Gliederung der sonstigen Vorhaben

Die sonstigen Vorhaben des § 35 Abs. 2 BauGB sind aber nochmals in sich gegliedert, und zwar auch hinsichtlich ihrer Durchsetzungskraft gegenüber bestimmten öffentlichen Belangen:

5 Begünstigte Vorhaben

Den in § 35 Abs. 4 BauGB näher beschriebenen sonstigen Vorhaben können – soweit sie im übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sind – die öffentlichen Belange der Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans, die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht entgegengehalten werden, während sie an allen anderen öffentlichen Belangen wie die „schlichten“ sonstigen Vorhaben des § 35 Abs. 2 BauGB scheitern könnten.

6 Vorhaben in Lückenfüllungssatzung

Grundsätzlich sonstige Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB sind auch Vorhaben im Geltungsbereich einer Lückenfüllungssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB. Ihnen können aber – vorbehaltlich anderwei-


Die Außenbereichsvorhaben im Überblick

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tiger Regelung in der Satzung – die öffentlichen Belange einer Darstellung des Flächennutzungsplans als landwirtschaftliche Nutzfläche oder Wald sowie der Entstehung oder Verfestigung (wohl aber der Erweiterung!) einer Splittersiedlung nicht entgegengehalten werden, während sie – wie auch sonst – im Übrigen bereits an der Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs scheitern.

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Teil 4: BauGB in Wort und Bild Teil 4/4.6.2 Seite 4

Struktur des § 35 BauGB

Die Außenbereichsvorhaben im Überblick


Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

6/4

Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 1

Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zum Bauplanungsrecht

§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB

1 Rechtsgrundlage

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.06.2010 – 8 A 2764/09 –, BauR 2011, 252

Fundstelle

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung zur optischen Bedrängung von Windkraftanlagen fest. Die vom Senat aufgestellten „groben Richtwerte“ sollen vor allem eine Orientierung für die Rechtsanwendung geben und eine sichere Beurteilung bei der Einzelfallprüfung ermöglichen.

Leitsätze

Zur optischen Bedrängung eines Wohnhauses, das von einer geplanten Windkraftanlage mit einer Gesamthöhe von rund 150 m6/4lediglich 270 m entfernt ist Aktuelle Rechtsprechungder der Oberverwaltungsgerichte Bauplanungsrecht und damit einen Abstand aufweist, deutlichzumgerinNeue Rechtsprechung ger ist als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage. § 1 Abs. 7 BauGB

6

OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.08.2010 – 10 A 14.07 –, NVwZ-RR 2010, 956

2 Rechtsgrundlage Fundstelle

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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 2

Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

Leitsatz

Führen bauplanungsrechtliche Festsetzungen – wie die eines über Privatgrundstücke führenden Uferwegs – absehbar zu einer planakzessorischen Enteignung (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB), weil die alsbaldige Vollziehung der Planung aus zwingenden städtebaulichen Gründen erforderlich und auch beabsichtigt ist, so handelt es sich nicht mehr nur um eine Angebotsplanung, und die enteignungsrechtlichen Folgen sind – wenn auch ohne Bindung für das nachfolgende Enteignungsverfahren – zumindest überschlägig im Rahmen der Abwägung in den Blick zu nehmen.

3 Rechtsgrundlage

§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB, § 47 Abs. 6 VwGO

Fundstelle

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.08.2010 – 10 S 20.10 –, NVwZ-RR 2010, 965

Leitsätze

Ob der Annahme eines Anordnungsgrundes für den Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegensteht, dass es sich bei einem kaufvertraglich vereinbarten „Zeitfenster“ für die Anordnung des Rücktrittsrechts und die Klärung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens um einen durch den Vertrag entstandenen und damit der Risikosphäre des Antragstellers zuzurechnenden Zeitdruck handelt, ist eine Frage der Vorwerfbarkeit der entstandenen zeitlichen Situation und würde eine bewusste Beeinflussung der prozessualen Lage durch eine entsprechende Vertragsgestaltung im Sinne einer mutwilligen Herbeiführung der Eilbedürftigkeit voraussetzen. Wenn eine Gemeinde im Beschluss über die Veränderungssperre die Flurstücke einzeln aufzählt, müssen diese vollständig sein und mit dem Geltungsbereich,


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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 3

wie er sich aus einem beiliegenden Kartenausschnitt darstellt, deckungsgleich sein. Die Unvollständigkeit der Aufzählung hat den Charakter eines irreführenden Zusatzes, der den Hinweiszweck des § 214 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht erfüllen kann. § 1 Abs. 7 BauGB

4 Rechtsgrundlage

VGH Hessen, Urt. v. 20.08.2010 – 4 C 1726/09.N –, ZfBR 2011, 42 = BauR 2011, 472

Fundstelle

Legt die Begründung eines Bebauungsplans, durch den ein Sondergebiet Photovoltaikanlage festgesetzt wird, im Rahmen der Abwägungsentscheidung hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf ein angrenzendes Wohngebiet die technischen Einzelheiten wie Größe, Höhe und Aufstellwinkel der vorgesehenen Anlage zugrunde, ohne diese Parameter festzusetzen, so kann darin ein Abwägungsfehler liegen, weil der Inhalt des Plans nicht von einer darauf ausgerichteten Abwägungsentscheidung getragen ist.

Leitsätze

Für die Frage, ob ein Mangel im Abwägungsvorgang auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, ist eine konkrete Betrachtung erforderlich. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB

5 Rechtsgrundlage

VGH Hessen, Urt. v. 08.09.2010 – 3 B 1271/10 –, BauR 2011, 301 (LS)

Fundstelle

Für die Frage der Angemessenheit einer Wohnraumerweiterung gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist

Leitsatz

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Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

in Hessen auf die Vorgaben des Wohnraumförderungsgesetzes vom 13.9.2001 sowie auf die Richtlinien über die Förderung selbstgenutzten Wohneigentums des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 26.3.2007 (StAnz. 2007, S. 676 ff.) als Orientierungshilfe zurückzugreifen. 6 Rechtsgrundlage

§ 1 Abs. 4 BauGB

Fundstelle

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.09.2010 – 3 S 324/08 –, DÖV 2011, 122 (LS)

Leitsatz

Die Festsetzung eines Gewerbegebiets ohne jede Einzelhandelsbeschränkung in einer nicht zentralisierten Gemeinde ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 BauGB unwirksam, wenn durch die danach mögliche Agglomeration mehrerer nicht großflächiger Fachmärkte in hohem Umfang überörtliche Kaufkraft gebunden und dadurch zulasten einer höher zentralisierten Nachbargemeinde gegen das Zentrale-OrtePrinzip und das Kongruenzgebot verstoßen wird.

7 Rechtsgrundlage

§ 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BauGB, § 12 Abs. 2 BauNVO

Fundstelle

OVG Saarland, Beschl. v. 23.09.2010 – 2 A 196/10 –, BauR 2011, 302 (LS)

Leitsätze

Nach den §§ 34 Abs. 2 BauGB, 12 Abs. 2 BauNVO 1990 ist auch in einem faktischen Wohngebiet die Zahl zulässiger Stellplätze und Garagen auf den durch die „zugelassene Nutzung“ verursachten Bedarf beschränkt. Da es sich dabei um eine die Baugebietsvorschriften in den §§ 2 ff. BauNVO 1990


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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 5

ergänzende Bestimmung über die Art der baulichen Nutzung handelt, ist die Nichteinhaltung der Begrenzung grundsätzlich geeignet, Abwehransprüche von Nachbarn zu begründen, deren Grundstücke in demselben Gebiet liegen und die daher bei der baulichen Ausnutzung derselben entsprechenden Einschränkungen unterworfen sind. Der „Bedarf“ ist dabei im Sinne der früheren Rechtsprechung zur Reichsgaragenordnung (RGaO) gebiets-, nicht grundstücksbezogen zu beurteilen, und insoweit auch nicht durch die Anzahl notwendiger Stellplätze nach § 47 Abs. 1 LBO 2004 beschränkt. Entscheidend sind dabei die objektiven Gegebenheiten des Vorhabens und des Baugebiets. Ein Abwehranspruch wegen einer Verletzung des im Merkmal des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme lässt sich weder aus einer gesteigerten subjektiven Befindlichkeit des Nachbarn noch aus einer besonderen baulichen Situation auf seinem Grundstück – hier aus einem nach seinem Vortrag zur Grenze hin orientierten Schlafraum – herleiten. Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im Falle der Einhaltung der zur Sicherstellung einer ausreichenden Besonnung, Belichtung und Belüftung von Nachbargrundstücken sowie zur „Wahrung des Nachbarfriedens“ erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen über die Abstandsflächen (§§ 7, 8 LBO 2004) darüber hinaus für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Nachbarn zumindest im Hinblick auf diese Regelungsziele regelmäßig kein Raum. Ob umgekehrt aus jeder Verletzung der „mathematisch-exakte“ Anforderungen stellenden

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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 6

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Abstandsflächenvorschriften gewissermaßen „automatisch“ auf eine bundesrechtliche „Rücksichtslosigkeit“ geschlossen werden kann, erscheint angesichts des an den faktischen Auswirkungen und an dem Gedanken konkreter Unzumutbarkeit orientierten nachbarlichen Interessenausgleichs unter Rücksichtnahmegesichtspunkten zumindest fraglich. 8 Rechtsgrundlage

§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB

Fundstelle

VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.09.2010 – 3 S 1752/10 –, BauR 2011, 148 (LS) = NVwZ-RR 2011, 4 (LS)

Leitsatz

Wie beim bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht kann sich auch im Bauplanungsrecht ein Nachbar nach Treu und Glauben regelmäßig nicht auf die Verletzung solcher nachbarschützender Vorschriften/ Festsetzungen berufen, die er seinerseits nicht einhält, wenn die Verletzung durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen.

9 Rechtsgrundlage

§ 10 Abs. 3 BauGB, § 11 Abs. 3 BauNVO

Fundstelle

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 04.10.2010 – 10 D 30/08.NE –, DÖV 2011, 122 (LS)

Leitsätze

Die Festsetzung einer gebietsbezogenen Gesamtverkaufsfläche für Einzelhandel in einem Bebauungsplan ist unabhängig von den Eigentumsverhältnissen im Plangebiet mangels Rechtsgrundlage unzulässig (vgl. BVerwG, 03.04.2008 – 4 CN 3.07).


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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 7

Verweist eine Festsetzung auf eine DIN-Vorschrift und ergibt sich erst aus dieser Vorschrift, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist, muss der Plangeber sicherstellen, dass die Planbetroffenen sich vom Inhalt der DIN-Vorschrift verlässlich Kenntnis verschaffen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.7.2009 – 4 BN 21.10). § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO

10 Rechtsgrundlage

VGH Bayern, Urt. v. 07.10.2010 – 2 B 09.1287 –, ZfBR 2011, 50

Fundstelle

Zur ausnahmsweisen Zulassung einer Vergnügungsstätte (Spielhalle) von „untergeordneter Bedeutung“ in einem Gewerbegebiet.

Leitsätze

Bei der Auslegung des Merkmals „untergeordnete Bedeutung“ kann bei einem Gewerbegebiet nicht darauf abgestellt werden, ob die Spielhalle kerngebietstypisch ist. § 1 Abs. 3 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB, § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG

11 Rechtsgrundlage

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 12.10.2010 – 3 S 1873/09 –, DÖV 2011, 122 (LS)

Fundstelle

Unter dem Begriff der Stellungnahme i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist auch eine solche eines privaten Dritten zu verstehen. Ob sie ausgelegt werden muss, beurteilt sich danach, ob es sich um eine umweltbezogene Stellungnahme handelt und sie nach Einschätzung der Gemeinde wesentlich ist.

Leitsätze

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Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F. (= § 44 Abs. 1 Nr. 1 n.F.) im Fall von Kollisionsgefahren im Straßenverkehr (vgl. Urt. v. 12.8.2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308) lässt sich auch auf Fälle übertragen, in denen die Gefahr einer Tötung von geschützten Tieren im Zuge der Verwirklichung eines Bebauungsplans besteht. Einem Bebauungsplan mangelt es auch dann nicht an der Erforderlichkeit i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB, wenn zwar ein Verstoß gegen einen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand im Zuge der Umsetzung des Plans nicht auszuschließen ist, aber die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von diesem Verbotstatbestand in Betracht kommt. 12 Rechtsgrundlage

§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB

Fundstelle

VGH Bayern, Beschl. v. 21.10.2010 – 15 ZB 10.461 –, NVwZ-RR 2011, 169 = BauR 2011, 480

Leitsätze

Das wegen der Identität von Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde fehlende Erfordernis des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB lässt die in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB näher umschriebene materielle Rechtsposition der Gemeinde unberührt. Auf diese Rechtsposition muss sich die Gemeinde, die einen sie zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtenden Widerspruchsbescheid anficht, nicht ausdrücklich berufen.


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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 9

§ 1 Abs. 7 BauGB

13 Rechtsgrundlage

OVG Niedersachsen, Beschl. v. 22.10.2010 – 1 ME 145/ 10 –, NVwZ-RR 2011, 52

Fundstelle

Ist ein Bebauungsplan wegen Verletzung des drittschützenden Abwägungsgebots unwirksam, verletzt eine Baugenehmigung, die auf der Grundlage dieses Planes erteilt worden ist, nicht automatisch Drittrechte.

Leitsatz

§ 47 Abs. 2, 2a VwGO

14 Rechtsgrundlage

OVG Niedersachsen, Urt. v. 25.10.2010 – 1 KN 343/07 –, DVBl. 2011, 183 (LS)

Fundstelle

An die Darlegung der Selbstbetroffenheit in einer Einwendung sind auch unter dem Blickwinkel des § 47 Abs. 2a VwGO nur geringe Anforderungen zu stellen.

Leitsätze

Der Senat lässt offen, ob eine Normenkontrollantragsbefugnis eines weit entfernt wohnenden Mieters wegen Zunahme des Verkehrslärms bei einer Vorbelastung von mindestens 70 dB (A) auch dann gegeben ist, wenn die Zunahme unter der Wahrnehmungsschwelle liegt. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag ist nicht gegeben, wenn – zumal bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan – dessen Festsetzungen durch eine Baugenehmigung, welche der Antragsteller selbst nicht mehr anfechten kann, im Wesentlichen ausgeschöpft sind. Das gilt auch dann,

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wenn die Nachbarklage eines Dritten (hier: seiner Mutter als Grundstückseigentümerin) noch anhängig ist und er mit diesem die Abrede getroffen hat, dass dieser seine Nachbarklage nicht ohne die Einwilligung des Normenkontrollantragstellers zurücknehmen wird. 15 Rechtsgrundlage

§ 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 BauNVO

Fundstelle

OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 – 7 A 1298/09 –, ZfBR 2011, 172 = BauR 2011, 475

Leitsätze

Ein über einen Abschiedsraum verfügendes Krematorium ist in einem Gewerbegebiet nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig (im Anschluss an BVerwG, 20.12.2005 – 4 B 71.05 –). Ein solches Krematorium kann jedoch eine in einem Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässige Anlage für kulturelle Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO darstellen. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst nur Anlagen, die einem Gemeinbedarf dienen. Auch eine von einem Privaten in Gewinnerzielungsabsicht betriebene Anlage kann diese Voraussetzung erfüllen, wenn es sich um eine Einrichtung der Infrastruktur handelt, die das Modell privatwirtschaftlicher Leistungserbringung mit einer hoheitlichen Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit verbindet. Der Begriff der kulturellen Zwecke in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist offen für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben und nicht auf traditionelle Erschei-


Teil 6: Neue Rechtsprechung

Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

nungsformen in den Bereichen Wissenschaft und Bildung beschränkt.

der

Teil 6/4 Seite 11

Kunst,

§ 1 Abs. 7 BauGB, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO

16 Rechtsgrundlage

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2010 – 5 S 1291/10 –, DÖV 2011, 167 (LS)

Fundstelle

Trifft eine Gemeinde im Rahmen eines zur Behebung von Fehlern eines Bebauungsplans durchgeführten ergänzenden Verfahrens auch hinsichtlich einer anderen inhaltsgleichen Festsetzung dieses Bebauungsplans eine erneute Abwägungsentscheidung, wird die Frist für einen Normenkontrollantrag auch insoweit erneut in Lauf gesetzt.

Leitsätze

Will eine Gemeinde einer in einem Gewerbegebiet noch stattfindenden, Bestandsschutz genießenden Wohnnutzung bei der von ihr beabsichtigten Verbesserung der Ansiedlungsmöglichkeiten für Diskotheken ein Schutzniveau wie in einem Mischgebiet zubilligen, ist das Abwägungsergebnis fehlerhaft, wenn es hinter dieser eigenen Vorgabe zurückbleibt. Diskotheken als eine Unterart von Vergnügungsstätten sind nicht stets als kerngebietstypische Vergnügungsstätten anzusehen. Vielmehr kommt es für die Beurteilung, ob eine kerngebietstypische Diskothek in Rede steht, auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an.

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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 12

Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

17 Rechtsgrundlage

§ 1 Abs. 6 Nr. 11, Abs. 7, § 4a Abs. 3 BauGB

Fundstelle

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.10.2010 – 5 S 875/09 –, DÖV 2011, 167 (LS)

Leitsätze

Allein der Umstand, dass eine Gemeinde bereits bei der Umsetzung ihres Einzelhandelskonzepts bereits vorhandene konzeptwidrige, jedoch Bestandsschutz genießende Einzelhandelsbetriebe nicht auf den eigentumsrechtlichen (passiven) Bestandsschutz verweist, sondern diese – ohne die Möglichkeit einer Erweiterung – planungsrechtlich absichert, vermag das Gewicht ihres Konzepts in der bauplanerischen Abwägung noch nicht zu mindern, wenn dieses lediglich im Sinne einer Steuerung von Ansiedlungsvorhaben angewandt wird und sich nicht dazu verhält, wie mit dem vorhandenen Bestand umgegangen werden soll. Wird im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach erfolgter Öffentlichkeitsbeteiligung ein Teil des Plangebiets abgetrennt, kann eine erneute Auslegung des ansonsten unverändert bleibenden Entwurfs des Restplans zwar bereits dann erforderlich sein, wenn gerade durch die Abtrennung die Frage der Abwägung hinsichtlich des verbleibenden Planteils neu aufgeworfen wird (wie BVerwG, 29.01.2009 – 4 C 16.07 –, BVerwGE 133, 98). Dies ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn lediglich nicht auszuschließen ist, dass im abgetrennten Planteil einmal Festsetzungen getroffen werden, aufgrund derer auch neue Anregungen hinsichtlich des Restplans veranlasst sein können (Weiterführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Urt. v. 31.07.2007 – 5 S 2103/06 –, VBlBW 2009, 185).


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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 13

§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB

18 Rechtsgrundlage

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.11.2010 – 10 S 31.10 –, LKV 2010, 567 = ZfBR 2011, 161

Fundstelle

Im unbeplanten Innenbereich bedarf es für die Annahme einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche in Form einer privaten Grünfläche deutlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende bauliche Verfestigung der Situation. Diese können in baulichen Arrondierungen der Grünfläche mit abschließendem Charakter sowie weiteren ablesbaren städtebaulichen Zusammenhängen und Bezugnahmen zum Ausdruck kommen.

Leitsatz

§ 212a Abs. 1 BauGB

19 Rechtsgrundlage

OVG Niedersachsen, Beschl. v. 11.11.2010 – 1 ME 193/ 10 –, ZfBR 2011, 176 = NVwZ-RR 2011, 139

Fundstelle

Der Widerspruch eines Nachbarn gegen die baurechtliche Genehmigung eines Kleinkrematoriums hat entgegen § 212a Abs. 1 BauGB aufschiebende Wirkung, weil von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit solcher Anlagen auszugehen und darauf abzustellen ist, nach welchem Regime die Genehmigung richtigerweise hätte erteilt werden müssen.

Leitsatz

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Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 14

Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

20 Rechtsgrundlage

§ 2 Abs. 2, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, § 47 Abs. 6 VwGO

Fundstelle

OVG Sachsen, Beschl. v. 22.11.2010 – 1 B 167/10 – BauR 2011, 564 (LS)

Leitsätze

Das interkommunale Rücksichtnahmegebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB ist kein öffentlicher Belang i.S.v. § 34 BauGB. Die Nachbargemeinde kann sich gegen ein Innenbereichsvorhaben, das sich auf ihre zentralen Versorgungsbereiche auswirkt, nur nach § 34 Abs. 3 BauGB wehren. Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich das Vorhaben auf die zentralen Versorgungsbereiche der Nachbargemeinde nicht schädlich auswirkt. Die Interessenabwägung fällt in diesem Fall zu Gunsten des Vorhabenträgers aus.

21 Rechtsgrundlage

§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB

Fundstelle

VGH Bayern, Beschl. v. 02.12.2010 – 15 ZB 08.1428 –, DVBl. 2011, 170

Leitsatz

Ein die Fragen des Immissionsschutzes umfassender Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Wohnbebauung ist nicht bescheidungsfähig, wenn mangels ausreichender Planunterlagen nicht beurteilt werden kann, wie baulicherseits auf eine vorhandene erhebliche Immissionsvorbelastung Rücksicht genommen werden soll.


Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 15

§ 1 Abs. 9 BauNVO

22 Rechtsgrundlage

VGH Hessen, Urt. v. 16.12.2010 – 4 C 1272/10.N –, ZfBR 2011, 168

Fundstelle

Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten im Mischgebiet ist zulässig, wenn städtebauliche Gründe den Ausschluss insgesamt bzw. besondere Gründe eine sortimentsbezogene Differenzierung rechtfertigen.

Leitsätze

Es stellt ein zulässiges städtebauliches Ziel dar, wenn Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten in innerstädtischen Randlagen ausgeschlossen werden, um die innerstädtische Kernzone zu stärken. Der Gemeinde ist es hierbei gestattet, „zentrumsbildende“ Nutzungsarten, die in der Kernzone bisher nicht oder nur geringfügig vertreten sind, in anderen Gemeindegebieten mit dem Ziel auszuschließen, eventuelle Neuansiedlungen zwecks Steigerung oder Erhaltung der Attraktivität dem Zentrum zuzuführen. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO

23 Rechtsgrundlage

OVG Niedersachsen, Beschl. v. 03.01.2011 – 1 ME 146/ 10 –, DVBl. 2011, 182 (LS)

Fundstelle

Die Nachbarverträglichkeit einer Kinderkrippe (Kindertagesstätte für Kleinkinder zwischen 1 und 3 oder 4 Jahren) beurteilt sich in erster Linie nicht nach der Einhaltung von Orientierungswerten. Maßgeblich

Leitsatz

AL795098


Teil 6: Neue Rechtsprechung Teil 6/4 Seite 16

Aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte

sind vielmehr insbesondere die Grundstückssituation sowie die in der BauNVO getroffene Wertung, wonach Kindertagesstätten als Anlagen für soziale Zwecke je nach Größe auch in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sein können. Der die TA Lärm kennzeichnende Trennungsgedanke gilt hier nicht. 24 Rechtsgrundlage

§ 1 Abs. 7 BauGB

Fundstelle

OVG Niedersachsen, Beschl. v. 04.01.2011 – 1 MN 130/10 –, ZfBR 2011, 154

Leitsätze

Entscheidet sich eine Gemeinde (zulässigerweise), für eine von einem Investor projektierte Biogasanlage keinen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, sondern einen „Angebotsplan“ zu erlassen, muss sich die Abwägungsentscheidung des Rats auf die durch die Planfestsetzungen erlaubten Bebauungsmöglichkeiten beziehen, nicht auf die konkrete Anlagenkonfiguration eines dahinter zurückbleibenden Genehmigungsantrags. Städtebauliche Verträge, mit denen die Gemeinde und der Vorhabenträger die Bebauungsmöglichkeiten für das Plangebiet außerhalb des Planungsverfahrens (d.h. auch der Öffentlichkeitsbeteiligung) einvernehmlich einschränken, sind für die gerichtliche Überprüfung eines Angebotsbebauungsplans ohne Bedeutung.


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