Maßtoleranzen im Baualltag

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08198-2001

Ein Bauwerk ohne maßliche Abweichungen herzustellen ist eine Fiktion vieler Bauherren. Deshalb sind die Maßtoleranzen für jeden Bauschaffenden von enormer Wichtigkeit. Sie bilden und definieren den Korridor zwischen hinzunehmender Unregelmäßigkeit und klarem Baumangel. Bis zu welchem Grad sind Abweichungen zu tolerieren? Auf welche Regelwerke können Sie sich berufen und wie können Sie ein Gebäude so planen und bauen, dass Abweichungen sich in verträglichen Grenzen halten? Und ganz wichtig: Wo liegen die Ursachen für Abweichungen? Dieses Fachbuch liefert Ihnen das nötige Praxiswissen. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei die „Toleranznorm“ DIN 18202, die im April 2013 in überarbeiteter Fassung veröffentlicht wurde. Alle Neuerungen und deren Bedeutung für die Baupraxis haben wir für Sie im vorangestellten Kapitel „Die neue DIN 18202: Gegenüberstellung der Neuerungen“ zusammengestellt. Die beiliegende CD-ROM bietet Ihnen weiteres Basiswissen. Nutzen Sie außerdem eine Sammlung aktueller Schadensfälle zu allen neuralgischen Punkten eines Gebäudes: Verbindungsbauteile, Fassade, Fugen, Rohbau, Baugrund etc. Hierbei wird auch der baurechtliche Hintergrund analysiert.

Maßtoleranzen im Baualltag

Am Anfang eines jeden Bauvorhabens werden die Abmessungen und die Lage von Bauwerken und -teilen geplant. Auf dem langen Weg zum fertigen Gebäude drohen jedoch häufig Abweichungen! Grund für Abweichungen können zahlreiche Faktoren sein wie z.B. Messungenauigkeiten, Fehler bei der Fertigung oder beim Einbau sowie äußere Einflüsse wie z.B. Temperatur, Feuchtigkeit oder Lasteinwirkung.

Petra Derler

Sicherer Umgang mit Toleranzen und der DIN 18202 in allen Bau- und Planungsphasen

Sicherer Umgang mit Toleranzen in allen Bauphasen

Maßtoleranzen im Baualltag

Petra Derler

MaSStoleranzen im Baualltag Sicherer Umgang mit Toleranzen und der DIN 18202 in allen Bau- und Planungsphasen inkl. CD-ROM


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Regelbereiche der DIN 18202

Grenzwert für Ebenheitsabweichungen Mit den Grenzwerten für Ebenheitsabweichungen nach Tabelle 3 der DIN 18202 werden die zulässigen Unebenheiten von Böden, Decken, Wand- und Bauteilflächen unabhängig von ihrer Lage festgelegt. Hinweis Es werden nur fünf unterschiedliche Messpunktabstände in der Tabelle 3 der DIN 18202 behandelt. Andere Werte können aber anhand von Diagrammen (Bild 5 und Bild 6 in der DIN 18202) interpoliert werden.

Differenzierungen bei der Ebenheit Untergliedert werden die in dieser Tabelle gestellten Anforderungen nach der Ausführungsart der Bauteiloberflächen, d.h., ob es sich um einen Endzustand „flächenfertig“ oder um einen Zwischenzustand „nicht flächenfertig“ handelt. Weiter wird zwischen Standard- und erhöhten Anforderungen unterschieden. Die Standardanforderungen gelten grundsätzlich, die erhöhten Anforderungen müssen immer gesondert vereinbart werden. ➣ Nicht flächenfertig sind die Oberflächen von Rohbauwänden, Unterseiten von Rohbaudecken und Oberseiten von Rohbaudecken, Unterböden und Unterbetone, die eine weitere Schicht aufnehmen sollen. Achtung Aber auch Oberflächen des Rohbaus können unter die Kategorie „flächenfertig“ fallen, wenn sie den Endzustand darstellen sollen. Das ist der Fall bei Böden für untergeordnete Zwecke (Lagerräume, Keller), aber auch bei Industrieböden.

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Regelbereiche der DIN 18202

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Hinweis In die DIN 18202 wurden monolithische Betonböden in der Tabelle 3, Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen in der Spalte 2b neu aufgenommen. Sie gelten als flächenfertig; erhöhte Anforderungen müssen nicht vereinbart werden. Unter monolithischen Betonböden versteht man Böden, die in einer Schicht auf einen verdichteten Untergrund aufgebracht werden. Die Oberfläche kann direkt genutzt werden oder als Grundlage für eine Beschichtung dienen. Einstreuungen zählen dabei nicht als eigene Schicht. Tab. 3: Maximal zulässige Ebenheitsabweichungen bei nicht flächenfertigen Decken und Böden nach DIN 18202, Tabelle 3 Bauteile

Stichmaße als Grenzwerte [mm] bei Messpunktabständen [m] bis 0,1

bis 1,0

bis 4,0

bis 10,0

ab 15,0

nicht flächenfertige Oberseiten von Decken, Unterbeton und Unterböden

10

15

20

25

30

nicht flächenfertige Wände

5

10

15

25

30

nicht flächenfertige Oberseiten von Decken und Unterseiten von Rohdecken oder Bodenplatten zur Aufnahme von Bodenaufbauten

5

8

12

15

20

Achtung Die Grenzwerte für Ebenheitsabweichung in Tabelle 3, Zeile 2 für nichtflächige Oberseiten von Decken mit erhöhten Anforderungen und auch flächenfertigen Böden mit untergeordneten Anforderungen wurden in der Neuauflage der DIN 18202:2013/04 zweigeteilt (2a/2b), unter Beibehaltung der Werte. Der Zusatz „mit Erhöhten Anforderungen“ wurde gestrichen. Nun als Standardleistungen. D. h. sie müssen ab sofort nicht mehr gesondert vereinbart werden!

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Regelbereiche der DIN 18202

➣ Flächenfertige Oberflächen sind die Ober- und Unterseiten von Decken sowie Wänden im Ausbauzustand. Dazu wird aber auch die Oberfläche von einigen Estrichen, auf die ein Bodenbelag aufgebracht werden soll, gezählt. Grund dafür ist, dass durch die meist dünnen Belagsschichten kaum ein weiterer Ebenheitsausgleich stattfinden kann. Tab. 4: Maximal zulässige Ebenheitsabweichungen bei flächenfertigen Decken und Böden nach DIN 18202, Tabelle 3 Bauteile

Stichmaße als Grenzwerte [mm] bei Messpunktabständen [m] bis 0,1

bis 1,0

bis 4,0

bis 10,0

ab 15,0

flächenfertige Oberflächen für untergeordnete Zwecke, monolithisch Betonböden

5

8

12

15

20

flächenfertige Böden

2

4

10

12

15

flächenfertige Wände

3

5

10

20

25

flächenfertige Böden mit erhöhten Anforderungen

1

3

9

12

15

flächenfertige Wände mit erhöhten Anforderungen

2

3

8

15

20

Ausnahmeregelungen bei der Ebenheit Anders als bei den Grenzabweichungen gelten die Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen jedoch nicht für jeden Einsatzbereich. Ausgenommen sind beispielsweise spritzrau belassene Spritzbetonoberflächen oder die nicht bündige Seite von Einstein-Mauerwerkswänden. Einsatzbereiche, die von den Regelungen in der DIN 18202 ausgenommen sind, werden im Kapitel Grenzen der DIN 18202 ausführlich behandelt.

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Regelbereiche der DIN 18202

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Hinweis Die bündige Seite eines Mauerwerks, dessen Dicke gleich einem Steinmaß ist, soll als Bezugspunkt angegeben werden. Dieser Hinweis wurde neu in die DIN 18202 aufgenommen.

Fluchten bei Stützen In Tabelle 4 der DIN 18202 schließlich werden die zulässigen Grenzwerte für die Fluchtabweichungen bei Stützen vorgegeben. Die Regelungen bezüglich des Fluchtens von Stützen sind nicht neu. Sie sind schon länger bekannt und in der Baupraxis gebräuchlich. Bisher waren sie dem Merkblatt „Toleranzen im Hochbau nach DIN 18201 und DIN 18202“, herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, zu entnehmen. Tab. 5: Maximal zulässige Abweichungen von der Flucht bei Stützen nach DIN 18202, Tabelle 4 Stichmaße als Grenzwerte [mm] bei Messpunktabständen [m]

zulässige Abweichung von der Flucht

bis 3

> 3–6

> 6–15

> 15–30

> 30

8

12

16

20

30

Abb. 5: Fluchtabweichung 59


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