HOAI-Erläuterungen
Teil 3/3 § 3
Dr. Hartmann
§3
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Leistungen und Leistungsbilder
Rdn.
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Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................V1 Verordnungstext.......................................................................................................... 1 1 Neuerungen durch die HOAI 2009.................................................................... 3 2 verbindliches Preisrecht und unverbindliche Regelungen ......................... 4 3 Planungsänderungen ......................................................................................... 5 4 Besondere Leistungen ....................................................................................... 7 5 Leistungsbilder, Leistungsphasen.................................................................... 8 6 Wirtschaftlichkeit der Leistung ........................................................................ 8 7 Erörtern der Ergebnisse..................................................................................... 8
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Inhaltsverzeichnis
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§3
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Leistungen und Leistungsbilder
(1) Die Honorare für Leistungen sind in den Teilen 2 bis 4 dieser Verordnung verbindlich geregelt. Die Honorare für Beratungsleistungen sind in der Anlage 1 zu dieser Verordnung enthalten und nicht verbindlich geregelt. (2) Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags im Allgemeinen erforderlich sind, sind in Leistungsbildern erfasst. Andere Leistungen, die durch eine Änderung des Leistungsziels, des Leistungsumfangs, einer Änderung des Leistungsablaufs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers erforderlich werden, sind von den Leistungsbildern nicht erfasst und gesondert frei zu vereinbaren und zu vergüten. (3) Besondere Leistungen sind in der Anlage 2 aufgeführt, die Aufzählung ist nicht abschließend. Die Honorare für Besondere Leistungen können frei vereinbart werden. (4) Die Leistungsbilder nach dieser Verordnung gliedern sich in die folgenden Leistungsphasen 1 bis 9: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung (Bauüberwachung oder Bauoberleitung), 9. Objektbetreuung und Dokumentation. (5) Die Tragwerksplanung umfasst nur die Leistungsphasen 1 bis 6. (6) Abweichend von Absatz 4 Satz 1 sind die Leistungsbilder des Teils 2 in bis zu fünf dort angegebenen Leistungsphasen
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Verordnungstext
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zusammengefasst. Die Wirtschaftlichkeit der Leistung ist stets zu beachten. (7) Die Leistungsphasen in den Teilen 2 bis 4 dieser Verordnung werden in Prozentsätzen der Honorare bewertet. (8) Das Ergebnis jeder Leistungsphase ist mit dem Auftraggeber zu erörtern.
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§ 3 setzt sich aus §§ 2 und 5 a.F. zusammen, nimmt aber auch inhaltliche Bestandteile der Leistungsbilder auf. Die Neuregelung wirft eine Reihe von Zweifelsfragen auf. § 3 Abs. 1 bringt eine grundlegende Unterscheidung zwischen preisrechtlichen und nicht verbindlichen Teilen der Verordnung. Nur die Honorare für die in den Teilen 2 bis 4 erfassten Leistungen stellen bindendes Preisrecht dar. Davon zu unterscheiden sind Honorare für weitere Leistungen, die in der Anlage 1 zusammengefasst sind. Das Honorar für diese Leistungen ist frei vereinbar. In den Leistungsbildern sind nur noch Leistungen iSd bisherigen Grundleistungen erfasst. Der Begriff „Grundleistungen“ wird nicht mehr verwendet, § 3 Abs. 2 spricht nur von „Leistungen“. Nach § 3 Abs. 2 S. 2 sind andere Leistungen, die durch eine Änderung des Leistungsziels, des Leistungsumfangs, eine Änderung des Leistungsablaufs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers erforderlich werden, von den Leistungsbildern nicht erfasst und gesondert frei zu vereinbaren und zu vergüten. Das Honorar für Besondere Leistungen ist nunmehr frei vereinbar. Besondere Leistungen sind in der Anlage 2 beispielhaft aufgeführt (§ 3 Abs. 3). Wie bisher gliedern sich die Leistungsbilder in neun Leistungsphasen (§ 3 Abs. 4), bei der Tragwerksplanung in sechs Leistungsphasen (§ 3 Abs. 5) und bei der Bauleitplanung in bis zu fünf Leistungsphasen (§ 3 Abs. 6). Wie bisher werden die Leistungsphasen in Prozentsätzen der Honorare bewertet (§ 3 Abs. 7). Die einzelnen Bewertungen sind bei den jeweiligen Leistungsbildern festgesetzt.
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1 Neuerungen durch die HOAI 2009
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Nach § 3 Abs. 8 ist das Ergebnis jeder Leistungsphase mit dem Auftraggeber zu erörtern. Diese Regelung ist im Allgemeinen Teil neu. 2 verbindliches Preisrecht und unverbindliche Regelungen
Die HOAI 2009 hat den Anwendungsbereich der preisrechtlichen Regelungen wesentlich eingeschränkt: zum einen durch die Trennung in verbindliche und nicht verbindliche Teile der Verordnung (§ 3 Abs. 1), zum andern durch die freie Vereinbarkeit der Honorare für Besondere Leistungen (§ 3 Abs. 3). Nur die Honorare für die in den Teilen 2 bis 4 erfassten Leistungen stellen bindendes Preisrecht dar: f f f f f f f f f f f f f
Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild (§ 33), Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild Leistungsbild
Flächennutzungsplan (§ 18), Bebauungsplan (§ 19), Landschaftsplan (§ 23), Grünordnungsplan (§ 24), Landschaftsrahmenplan (§ 25), Landschaftspflegerischer Begleitplan (§ 26), Pflege- und Entwicklungsplan (§ 27), Gebäude und raumbildende Ausbauten Freianlagen (§ 38), Ingenieurbauwerke (§ 42), Verkehrsanlagen (§ 46), Tragwerksplanung (§ 49), Technische Ausrüstung (§ 53).
Die Leistungsinhalte der Leistungsbilder sind in den Anlagen 4 bis 14 zusammengestellt, sie sind Bestandteil der preisrechtlich verbindlichen Regelungen. Davon zu unterscheiden sind Honorare für weitere Leistungen, die der Verordnungsgeber – fachlich falsch1 – als Bera-
1
Vgl. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 6. – Das räumt inzwischen auch die Bundesregierung ein, vgl. Aussagen der Vertreter des BMVBS auf einer Tagung des AHO am 25.11.2010 in Berlin.
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tungsleistungen bezeichnet. Sie sind in der Anlage 1 zusammengefasst: f f f f f
Leistungsbild Umweltverträglichkeitsstudie, Leistungen für Thermische Bauphysik, Leistungen für Schallschutz und Raumakustik, Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau, vermessungstechnische Leistungen.
Die dort angegebenen Honorare tragen nur empfehlenden Charakter. Das Honorar für diese Leistungen ist frei vereinbar. Treffen die Vertragsparteien keine Honorarvereinbarung, stellt sich die Frage nach der üblichen Vergütung iSd § 632 BGB. Die in den Anlagen angegebenen Beträge hatten zwar früher preisrechtlichen Charakter. Dies sagt jedoch noch nichts darüber aus, dass diese Beträge heute die übliche Vergütung darstellen. Vielmehr wird die übliche Vergütung mithilfe sachverständiger Beratung im jeweiligen Einzelfall ermittelt werden müssen2. § 3 Abs. 2 S. 1 entspricht § 2 Abs. 2 a.F. In den Leistungsbildern sind jedoch nur die bisherigen Grundleistungen enthalten. Der Begriff ist entfallen, § 3 Abs. 2 spricht nur noch von „Leistungen“. Neu ist die Regelung in § 3 Abs. 2 S. 2. Nach dieser Vorschrift sind andere Leistungen, die durch eine Änderung des Leistungsziels, des Leistungsumfangs, eine Änderung des Leistungsablaufs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers erforderlich werden, von den Leistungsbildern nicht erfasst und gesondert frei zu vereinbaren und zu vergüten. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist unklar. Nicht dazu gehören jedenfalls Planungsänderungen, die aufgrund von Planungsfehlern des Auftragnehmers erforderlich sind; hierfür fällt keine zusätzliche Vergütung an. Allgemein lässt
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Vgl. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 8.
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3 Planungsänderungen
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sich der Anwendungsbereich dadurch bestimmen, dass es sich um Leistungen handelt, die auf Umstände aus der Sphäre des Auftraggebers zurückgehen3. Die Formulierung „andere Anordnungen“ lässt den Anwendungsbereich vage werden. Allerdings steht dem Auftraggeber nicht ohne Weiteres ein Anordnungsrecht ähnlich §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 5 VOB/B zu4. Die HOAI kann kein Anordnungsrecht begründen. Maßgebend ist vielmehr das Vertragsrecht. Ist im Einzelfall ein solches Anordnungsrecht gegeben, greift § 3 Abs. 2 S. 2 ein. Missverständlich ist die Formulierung, dass die anderen „Leistungen“ gesondert frei zu vereinbaren und zu vergüten „sind“. Die HOAI kann als Preisrecht keine derartigen Verpflichtungen begründen. Mit dieser juristisch unsauberen Formulierung ist gemeint, dass für diese Leistungen die Möglichkeit der freien Honorarvereinbarung eröffnet ist5. Die Auslegung des Begriffs „andere Leistungen“ ist streitig. Hierzu wird eine Reihe unterschiedlicher Meinungen vertreten, ebenso zu der damit in Zusammenhang stehenden Frage nach der Vergütung, falls eine Honorarvereinbarung nicht getroffen wurde6. Berücksichtigt man, dass die Formulierung vom Statusbericht 2000plusArchitekten/Ingenieure beeinflusst wurde7, sind unter anderen Leistungen die in § 3 Abs. 2 S. 1 genannten Leistungen zu verstehen, die im Vergleich zum vertraglich bestimmten Leistungssoll änderungsbedingt anfallen. Das Honorar für die Leistungen ist frei vereinbar8.
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5 6 7 8
Vgl. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 15. Vgl. Meurer: BauR 2004, 904. – A.A. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 16; Motzke: NZBau 2010, 17, 139; Werner/Pastor: Rdn. 1012. Vgl. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 17; Motzke: aaO (FN 4) S. 140. Vgl. die Übersicht bei Motzke: NZBau 2011, 80 f. Näher dazu Motzke: aaO (FN 6) S. 82 ff. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage richtet sich das Honorar für wiederholt erbrachte (Grund-)Leistungen daher nicht mehr nach dem Honorarschema der HOAI, krit. dazu Motzke: aaO (FN 4) S. 140 ff.
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§ 3 Abs. 2 S. 2 eröffnet Spielräume für flexible Honorarvereinbarungen. Zugleich sind Missbräuche in Drucksituationen nicht auszuschließen. Der Verzicht auf die Schriftform schafft nur vordergründig Erleichterungen. Der Architekt oder Ingenieur muss die Voraussetzungen seines Honoraranspruchs nachweisen. Zeithonorare könnten interessant werden. Die Abrechnung nach Nachweis ist allerdings nicht konfliktfrei und schafft überdies dem Auftraggeber keine Kostensicherheit. → Empfehlung daher: Vor Übernahme der Leistungsverpflichtung das Honorar schriftlich vereinbaren. Vorzuziehen sind Festpreise nach Stundensätzen aufgrund Vorausschätzung des Zeitbedarfs. Das Honorar für Besondere Leistungen ist nunmehr frei vereinbar (§ 3 Abs. 3). Damit sind die früheren, teilweise komplizierten Regelungen entfallen9. Es gibt keinerlei Beschränkungen hinsichtlich Inhalt, Zeitpunkt und Form. Für den Auftragnehmer bedeutet das gleichwohl weiterhin, dass er die Beauftragung und die Vergütung darlegen und beweisen muss. Wurde keine Vergütung vereinbart, richtet sich das Honorar nach der üblichen Vergütung iSd § 632 Abs. 2 BGB. Besondere Leistungen sind in der Anlage 2 zusammengestellt. Die Aufzählung ist wie bisher nicht abschließend. In der Praxis kommt tatsächlich eine Vielzahl Besonderer Leistungen vor. Aus der Anlage 2 ergibt sich allerdings eine Ausnahme von der freien Vereinbarkeit.
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Ebenso Abgrenzungsfragen, z.B. ob die Besonderen Leistungen typisch berufsbezogene Leistungen von Architekten oder Ingenieuren sein müssen oder ob die Leistungen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators nach der BaustellV Besondere Leistungen darstellen.
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4 Besondere Leistungen
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Unter Punkt 2.6.5, 2.6.6 und 2.6.7 der Anlage 2 finden sich Besondere Leistungen, die ganz oder teilweise an die Stelle von Grundleistungen treten. Daher wird dann die Besondere Leistung „ganz oder teilweise“ Grundleistung. Diese Systematik ist unverändert geblieben. Das Honorar für diese Besonderen Leistungen ist nicht frei vereinbar, sondern richtet sich nach der entsprechenden Leistung. § 8 Abs. 2 ist analog anzuwenden. 5 Leistungsbilder, Leistungsphasen
Wie bisher gliedern sich die Leistungsbilder in neun Leistungsphasen (§ 3 Abs. 4), bei der Tragwerksplanung in sechs Leistungsphasen (§ 3 Abs. 5) und bei der Bauleitplanung in bis zu fünf Leistungsphasen (§ 3 Abs. 6). Ebenfalls wie bisher werden die Leistungsphasen in Prozentsätzen der Honorare bewertet (§ 3 Abs. 7). Die einzelnen Bewertungen sind bei den jeweiligen Leistungsbildern festgesetzt.
6 Wirtschaftlichkeit der Leistung
Nach § 3 Abs. 6 S. 2 ist die Wirtschaftlichkeit der Leistung stets zu beachten. Diese Regelung ist deplatziert. Warum diese nur für die Bauleitplanung gelten soll und nicht für alle Leistungsbilder, ist allenfalls als Redaktionsversehen zu erklären10. Außerdem handelt es sich hier um eine schuldrechtliche Verpflichtung, an die sich keine preisrechtliche Folge knüpft11.
7 Erörtern der Ergebnisse
Nach § 3 Abs. 8 ist das Ergebnis jeder Leistungsphase mit dem Auftraggeber zu erörtern. Diese Regelung ist im Allgemeinen Teil neu. Sie wird damit begründet, dass in den bisherigen Leistungsbildern bei der Bauleitplanung und der Landschaftsplanung z.T. festgelegt war, dass die Ergebnisse der Leistungsphasen mit dem Auftraggeber abzustimmen sind12. Diese Leistung war tatsächlich an manchen Stellen aufgeführt, z.B. § 46 Abs. 2 Nr. 3 a.F., sie wird in § 3 Abs. 8 10 11
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Vgl. Anlage zum Einführungserlass des BMVBS vom 18.08.2009. A.A. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 36, die die Wirtschaftlichkeit für honorarrechtlich beachtlich halten. Vgl. amtl. Begr. BR-Drucks. 395/09, S. 161.
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aber unvollständig umgesetzt. „Erörtern“ ist weniger als „abstimmen“. Ordnet man die Vorschrift als schuldrechtliche Verpflichtung ein, dann ist sie von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckt13. Im Hinblick darauf, dass eine ähnliche Regelung in der HOAI a.F. vorhanden war, könnte man sie als vor die Klammer gezogene Leistung begreifen und ihr honorarrechtliche Bedeutung beimessen14. Dies scheitert jedoch an der Honorarsystematik. Bei Nichterbringung müsste das Honorar gemindert werden. In den Leistungsphasen, die mit Prozentsätzen bewertet sind, ist diese Leistung jedoch nicht enthalten. Damit fehlen jegliche Maßstäbe für eine etwaige Honorarreduzierung.
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Vgl. Scholtissek: NJW 2009, 3057, 3060. Vgl. Locher/Koeble/Frik: § 3 Rdn. 38.
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Teil 3/3 § 3 Seite 9
Teil 3/3 § 3 Seite 10
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