Als Popi nie da war – Leseprobe

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Als

Horst Bläsig Alex Leppert

VERLAG DIE WERKSTATT

Popinieda war

ber ü n e s is W s e r a b t Unverzich eig w h c s n u a r B t h E i ntra c


Vorwort Es hätte alles so traumhaft schön sein können: Rückkehr in die Bundesliga kurz vor dem Tag, an dem sich der Gewinn der Deutschen Meisterschaft durch Eintracht Braunschweig zum 50. Mal jährte. Doch leider konnte auf der bewegenden Jubiläumsparty am 3. Juni 2017 in der Braunschweiger Stadthalle kein frischer Aufstieg der Löwen gefeiert werden. Der Ausgang der Saison 2016/17 ist bekannt: Um einen Punkt und fünf Tore verpasst der BTSV den direkten Sprung in die Eliteklasse des deutschen Fußballs. Nach einem herausragenden Spieljahr muss Eintracht den Bundesliga-Absteigern VfB Stuttgart und Hannover 96 den Vortritt lassen. Das schwer begreifbare 0:6 am vorletzten Spieltag in Bielefeld stößt Braunschweig von Platz zwei. Und erstmals in der Zweitliga-Geschichte reichen 66 Punkte nicht zum direkten Aufstieg. In der Relegation bekommen es die Blau-Gelben mit dem schier übermächtigen Nachbarn VfL Wolfsburg zu tun. Das Hinspiel (0:1) verlieren sie durch eine doppelte Fehlentscheidung von Schiedsrichter Sascha Stegemann: Der von Mario Gomez verwandelte Handelfmeter ist ein schlechter Witz, das vorangegangene Handspiel von Gomez bleibt dagegen ungeahndet. Im Rückspiel an der Hamburger Straße (ebenfalls 0:1) bedeutet Vieirinhas Treffer das Scheitern des Außenseiters. Die 2009 wiedereingeführte Relegation hat sich erneut als Rettungsschirm für sportlich gescheiterte Finanzgrößen der Bundesliga bewährt. Eintracht muss deswegen keine Trauer tragen. Denn mehr als 50 Jahre nach dem Titelgewinn ist der BTSV kein in die Bedeutungslosigkeit abgestürzter Klub, der nur noch von seiner Vergangenheit zehrt. Ganz im Gegenteil: Nach sportlich und wirtschaftlich schweren Zeiten in den 1990er und 2000er Jahren, nach drohendem Absturz in die 4. Liga und zu befürchtendem Bankrott gehören die Blau-Gelben seit 2011 zum festen Inventar der Deutschen Fußball Liga (DFL). Die Saison 2017/18 ist Eintrachts siebte in Folge in einer der beiden höchsten Profi-Spielklassen. Und schlechter als Rang acht in der 2. Bundesliga hat die Mannschaft von Trainer Torsten Lieberknecht in diesem Zeitraum nie abgeschnitten. 2013 gelingt, nach 38 Jahren, für eine Saison sogar die kaum mehr für möglich gehaltene Rückkehr ins BundesligaOberhaus – mit der in Braunschweig magischen Zahl von 67 Punkten. Doch Eintracht hat nicht nur sportlich eine hervorragende Entwicklung genommen. Ein konstanter Zuschauerschnitt oberhalb der 20.000er-Grenze (bei einem Fassungsvermögen des Stadions von 23.325), Dauerkarten-Verkäufe im Bereich von 16-18.000, steigende Mitgliederzahlen (im Dezember 2017 ist die 5.000er-Marke überschritten), die Errichtung eines modernen Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) im Sportpark Kennel (die U19 gewinnt 5


2017 den DFB-Pokal) und die von der Eintracht-Braunschweig-Stiftung nachhaltig wahrgenommene soziale Verantwortung machen den niedersächsischen Traditionsverein zu einem lebendigen, angesehenen und gut aufgestellten Profiklub, der schuldenfrei ist und nicht mehr über seine Verhältnisse lebt. Diese positive Gesamtentwicklung ist das bleibende Verdienst der aktuellen Vereinsführung um Präsident Sebastian Ebel, von Soeren Oliver Voigt, dem Geschäftsführer der ausgegliederten Kapitalgesellschaft, vom Sportlichen Leiter Marc Arnold und von Trainer Lieberknecht. Ebel und der 1. Vizepräsident Rainer Ottinger sind seit 2007 im Amt, Voigt, Arnold und Lieberknecht seit 2008. Miriam Herzberg, Leiterin der Abteilung Medien und Kommunikation sowie Geschäftsführender Vorstand der Stiftung, ist seit fast zwölf Jahren bei Eintracht. Diese im deutschen Profifußball außergewöhnliche Kontinuität verkörpern auf dem Rasen Spieler wie Ken Reichel (seit 2007), Dennis Kruppke (2008–2015, seit Dezember 2017 Organisatorischer Leiter des NLZ) und Mirko Boland (seit 2009). Dass der BTSV nicht in den Niederungen des Amateurfußballs verschwunden ist und trotz der sportlich missratenen Saison 2017/18 gute Perspektiven für einen dauerhaften Platz unter den Top 25 in Deutschland besitzt, ist aber vor allem das Verdienst der Fans. Sie haben den Löwen auch in gruseligen Regionalliga-Zeiten mit Niederlagen in Hoisdorf, Herzlake und Cloppenburg die Treue gehalten. Und sie sind der Garant dafür, dass in Braunschweig weiter der Sport und nicht der Kommerz im Vordergrund steht. An der Hamburger Straße wird Fußball mit Herzblut gelebt und nicht als Event konsumiert. Den Fans des BTSV ist dieses Buch mit dem unverzichtbaren Wissen über Eintracht Braunschweig gewidmet. hob

Unter den Top 25 Ken Reichel bringt den feinen Unterschied auf den Punkt. „In der vergangenen Saison wäre der Ball wahrscheinlich reingegangen“, sagt Eintrachts Kapitän. Doch am Abend des 15. Dezember 2017 kracht Reichels linke Klebe aus 20 Metern an den Pfosten. Den Nachschuss setzt der gebürtige Berliner aus Nahdistanz über das Tor. 0:1 verliert Eintracht Braunschweig am 122. Gründungstag des Vereins das letzte Spiel des Jahres zu Hause gegen Fortuna Düsseldorf. Die Löwen, vor einem Jahr zum selben Zeitpunkt mit 34 Punkten aus 17 Spielen Zweitliga-Spitzenreiter, überwintern (mit 22 Punkten aus 18 Spielen) auf Platz 14 – bei nur vier Zählern Vorsprung auf den ersten DirektAbstiegsplatz. Erstmals seit 2008 bleibt die Mannschaft von Trainer Torsten Lieberknecht weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Und Lieberknecht gesteht gegenüber der „Braunschweiger Zeitung“ ein: „Die Situation 6


Zwischen Harz und Heideland



Im geteilten Deutschland betätigt sich Eintracht sogar als Fluchthelfer. Michael Polywka, 22-jähriger Nachwuchsauswahlspieler der DDR, trifft am Rande des Intertotorundenspiels von Carl Zeiss Jena in Braunschweig seine West-Verwandtschaft und kommt ins Grübeln, ob er sich nicht in die Bundesrepublik absetzen sollte. Polywka fährt nach dem 3:2-Sieg der Thüringer zunächst zurück nach Jena, doch vier Wochen später haben sein Cousin aus Salzgitter und Eintracht-Trainer Helmuth Johannsen alles vorbereitet. Vor dem Spiel der Jenaer bei AIK Stockholm macht sich der Mittelfeldspieler aus dem Staub, wird von seinem Cousin in Empfang genommen, übernachtet in der bundesdeutschen Botschaft und fliegt am nächsten Tag, mit gültigen Papieren ausgestattet, nach Hamburg. Von dort bringt ihn Johannsen auf die Insel Helgoland, wo Polywka bis nach Eintrachts Rückspiel in Jena versteckt wird. Auch Polywka trifft eine einjährige Sperre, weshalb er das Meisterjahr 1966/67 mit den Füßen scharrend nur auf der Tribüne miterlebt. Als Stacheldraht und Mauer in Deutschland 1989 endlich gefallen sind und Eintracht auch für die Fußballfans aus Sachsen-Anhalt mühelos zu erreichen ist, können die Blau-Gelben davon kaum profitieren. Sie sind zur falschen Zeit in der falschen Spielklasse. Mit dem Abstieg in die Drittklassigkeit 1993 und dem Bundesliga-Aufstieg des VfL Wolfsburg vier Jahre später verlagern sich die sportlichen Gewichte in der Region. Gerade junge Leute aus der Altmark treiben die Neugier und Lust auf erstklassigen und internationalen Fußball in dieser Zeit in die Arme des VW-Klubs. Das emotionale Herz im früheren niedersächsischen Zonenrandgebiet ist Eintracht trotzdem geblieben. hob

Hannover Fußballspiele zwischen den beiden niedersächsischen Erzrivalen gibt es bereits seit dem 17. Juni 1900, als die fünf bzw. vier Jahre zuvor gegründeten Klubs erstmals aufeinandertrafen. Mit 11:1 fertigten die Braunschweiger die Gäste ab, deren Torwart sich zur Halbzeit entnervt auswechseln ließ. Das erste Pflichtspiel-Derby fand 1905 auf dem Magdeburger VictoriaPlatz statt, als beide Vereine in der Vorrunde um die Deutsche Meisterschaft ums Weiterkommen kämpften. Braunschweig siegte 3:2 nach Verlängerung, Rudolf Detmar schoss in der 110. Minute das entscheidende Tor. Bis zum Ersten Weltkrieg spielte die Eintracht in Partien um die Norddeutsche Meisterschaft noch sechsmal gegen 96. Eindeutige Bilanz aus Braunschweiger Sicht: sechs Siege. Ab 1920 wurden die Ligen überregionaler, somit kam es zum regelmäßigen Aufeinandertreffen beider Teams. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bestritten die Blau-Gelben (vorerst als TSV) eines ihrer ersten offiziellen Spiele gegen: Hannover 96. In deren 20


Radrennbahn-Stadion gab es am 1. Januar 1946 ein 2:1 für die Gastgeber. Das „Rückspiel“ am 20. Januar 1946 gewannen die Hannoveraner trotz eines 2:4-Halbzeitrückstands noch mit 6:4. Auch wenn Hannover 1954 Deutscher Meister wurde – in jeweils 15 Jahren, die beide Vereine der 1947 gegründeten Oberliga Nord angehörten, hat die EinBundesliga. Braunschweig statt Hannover in der tracht eine etwas bessere Bilanz (1,08 zu 1,05 Punkten im Schnitt). Und in den beiden letzten Saisons vor der Bundesliga-Einführung 1963 lag klar Braunschweig vorn. Die Verschwörungstheorie, der „kleine“ Nachbar sei den Landeshauptstädtern nur dank Mauschelei vorgezogen worden, klingt zwar spannend, steht aber sicher auch für ein damals überzogenes Selbstverständnis in Hannover. Ebenso ist die These, Manfred Wuttich habe Eintracht mit seinem 1:0-Siegtreffer in Hannover bereits am 10. Februar 1963 in die Bundesliga geschossen, eine – zugegeben schöne – Legende. So richtig in die Meisterschafts-Suppe spuckten die 96er der Eintracht in deren Triumph-Saison 1966/67. Nach einem 4:2 in der Hinrunde schoss Hans Siemensmeyer beim 1:0 im Rückspiel die Braunschweiger in eine Krise. Die hatten am Ende nur gegen den Derby-Rivalen beide Spiele verloren. Und noch mal war es Hannover 96, das die Eintracht so richtig ärgerte. Im Bundesliga-Abstiegsjahr 1973 retteten sich die Roten am letzten Spieltag durch ein sensationelles 4:0 in Wuppertal, während Braunschweig mit 1:2 gegen Düsseldorf verlor und statt der 96er den bitteren Gang in die Regionalliga antreten musste.

Bunte Mischung: Horst Wolter, Hans Siemensmeyer (96) und Hennes Jäcker.

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Große Sympathie füreinander hatte es in den beiden Fan-Lagern schon seit den 1980ern nicht mehr gegeben. So richtig heiß wurde die Derby-Stimmung aber erst in den beiden gemeinsamen Jahren in der drittklassigen Regionalliga ab 1996. Nach dem 1:0-Sieg durch Asamoahs Tor in Braunschweig 1998 trennten sich die Liga-Wege beider Klubs bis 2013. Einzige Ausnahme: der Eintracht-Pokaltriumph 2003. Von da an bis zum 0:1 im bislang letzten Zweitliga-Spiel 2017 durften sich die Blau-Gelben Derbysieger nennen. Rund dreizehneinhalb Jahre lang, exakt 4.918 Tage – Rekord! Alle Pflichtspiele gegen Hannover 96 seit Kriegsende 1945 Datum 02.06.1946

Liga Oberliga

H/A A

Erg. 1:3

Tore Eintracht Burdenski

29.12.1946

Oberliga

H

5:0

04.05.1947 21.09.1947

Oberliga Oberliga

A H

2:1 5:0

11.01.1948

Oberliga

A

1:3

02.10.1949 26.03.1950

Oberliga Oberliga

A H

1:2 3:1

19.11.1950

Oberliga

H

5:2

28.01.1951 07.10.1951

Oberliga Oberliga

A H

0:0 3:3

16.03.1952 06.09.1953 14.02.1954 12.12.1954 30.01.1955 11.12.1955

Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga

A H A H A H

1:3 1:5 2:0 1:0 2:1 3:2

08.01.1956 14.10.1956 24.02.1957 17.11.1957

Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga

A A H A

1:2 0:2 0:1 2:6

02.03.1958 07.12.1958 25.01.1959 30.08.1959 03.04.1960 18.09.1960 03.04.1961 15.10.1961

Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga Oberliga

H A H H A A H H

2:0 1:1 2:1 1:0 0:2 1:2 1:0 2:2

04.03.1962

Oberliga

A

3:3

Ender 2, Rohrberg 2, Hagenacker die Torschützen sind leider nicht zu ermitteln Rohrberg 2, Ender, — Schemel 2 Broschat Winkeler, Glowalla, Meng Bloch Loth, Tkotz Wahrendorf, Kerfers, Tkotz Schemel Wahrendorf, Bloch, Tkotz, Loth Wöhler 3 — — Laupenmühlen 2, Wewetzer 2, Loth Thamm Sürth Müller, Tkotz 2 Herz Tkotz 4, Wewetzer Herz 2 — Patzig — Hellwig 2 Zielinski Herz 2, Kellermann, Tkotz Wozniakowski Hellwig Wewetzer 2 — Wieczorek, Schicks — Wewetzer Hellwig, Ö. Meyer Fastnacht, Baumgartner 2, Kellermann 3 Ö. Meyer, Herz — Thamm Schicks Thamm 2 Wewetzer Brase — — Gollnow, Schicks Thamm Heiser, Kellermann W. Weiß — Schrader, Hartz 2 Blumenberg Gerwien, Moll, Schmidtke 2, Meyer Schrader

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Tore Hannover Berner, Pöhler, Hossung —


14.10.1962

Oberliga

H

3:0

10.02.1963 26.09.1964 13.02.1965 11.09.1965 12.02.1966 12.11.1966

Oberliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga

A A H H A A

1:0 2:2 2:2 2:1 1:1 2:4

Wuttich, Moll, Gerwien Wuttich Dulz, Ulsaß Maas, Krafczyk Bäse, Ulsaß Krafczyk Ulsaß, Maas

29.04.1967 14.10.1967 16.03.1968 16.11.1968 23.05.1969 23.08.1969 03.03.1970 31.10.1970 08.05.1971

Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga Bundesliga

H A H A H H A A H

0:1 1:1 0:1 1:1 3:3 1:1 2:0 0:1 0:4

— Ulsaß — Kaack Weiß, Grzyb, Maas Gersdorff Gersdorff, Grzyb — —

01.09.1971 19.02.1972 05.07.1972 26.07.1972 25.11.1972 26.05.1973 25.10.1975

Bundesliga Bundesliga Ligapokal Ligapokal Bundesliga Bundesliga Bundesliga

H A H A A H H

3:0 0:3 1:0 3:2 1:2 3:2 3:2

17.04.1976 26.09.1980 20.03.1981 12.09.1986 03.04.1987 28.07.1989 25.11.1989

Bundesliga 2. Bundesliga 2. Bundesliga 2. Bundesliga 2. Bundesliga 2. Bundesliga 2. Bundesliga

A A H A H H A

0:2 1:1 2:0 0:1 0:0 1:0 0:3

Bründl 2, Gerwien — Gersdorff Gersdorff 3 Hellfritz Gersdorff 2, Haun Erler, Frank, Hollmann — Geiger Worm, Tripbacher — — Holze —

05.09.1990 28.03.1991

2. Bundesliga 2. Bundesliga

H A

0:1 0:3

— —

21.09.1991 08.12.1991 01.08.1992

2. Bundesliga 2. Bundesliga 2. Bundesliga

H A H

1:3 1:1 3:2

28.02.1993 30.08.1996

2. Bundesliga Regionalliga

A H

1:0 3:2

12.02.1997

Regionalliga

A

0:4

Holze Probst Loechelt, Aden, Kretschmer Heskamp Maric, Bicici, Kolakovic —

09.11.1997 07.05.1998 29.10.2003 08.11.2013 06.04.2014

Regionalliga Regionalliga DFB-Pokal Bundesliga Bundesliga

A H H A H

1:1 0:1 2:0 0:0 3:0

06.11.2016 16.04.2017

2. Bundesliga 2. Bundesliga

H A

2:2 0:1

Dehne — Thomas, Rische — Kumbela, Nielsen, Hochscheidt Reichel, Hernandez —

— — Rodekamp 2 Nix, Gräber Mülhausen Siemensmeyer Siemensmeyer 2, Poulsen, Bandura Siemensmeyer Straschitz Rodekamp Skoblar Zobel 2, Loof Brune — Keller Berg, Siemensmeyer, Reimann, Keller — Bertl, Keller, Berg — Reimann, Beichle Reimann, Mrosko Blau, Siemensmeyer Weber, Hayduk Stiller, Milewski Bebensee — Surmann — — Radojewski, Pagelsdorf, Heemsoth Heisig Surmann, Wojcicki, Eckel Friedemann 2, Groth Surmann Koch, Schjönberg — Milovanovic, Eigentor Lange Eigentor Pfannkuch, Manzi, Kovacec 2 Milovanovic Asamoah — — — Harnik, Karaman Füllkrug

Bilanz: 74 Spiele, 29 Siege, 18 Remis, 27 Niederlagen, 108:110 Tore

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Flutlichtpokal 1957 erhielt das Eintracht-Stadion als erste Anlage in Norddeutschland Flutlicht. 168 Strahler beleuchteten das Spielfeld mit 200.000 Watt. Am 18. September wurde das Flutlicht mit einem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf (4:0) eingeweiht. Ein Jahr später nahmen die Blau-Gelben an der zweiten (und letzten) Auflage des Flutlichtpokals teil. Beim Flutlichtpokal galt eine ganz besondere Regel: Bei Tor- und Punktgleichheit im direkten Vergleich zählte das bessere Eckenverhältnis. So war Eintracht Frankfurt 1957 erster Sieger des Wettbewerbs geworden. Der Flutlichtpokal setzte sich als Turnier nicht durch – wohl auch, weil keineswegs immer unter Flutlicht gespielt wurde. Beim Braunschweiger Heimspiel gegen Frankfurt (0:3) etwa blieben die Strahler ausgeschaltet. Ebenso beim 4:3-Sieg in Berlin, das dortige Stadion am Gesundbrunnen hatte noch nicht mal eine dementsprechende Anlage. In Berlin wäre Flutlicht gar nicht so schlecht gewesen, denn als die Partie bei der Viktoria zu Ende ging, war es bereits ganz schön duster. Der Grund: Die Gäste aus Braunschweig hatten mit ihrem Bus auf der Transitstrecke durch die DDR eine Panne gehabt. Dadurch kamen sie erst eine halbe Stunde nach dem eigentlich vorgesehenen Spielbeginn an, konnte die Partie erst um 19.40 Uhr beginnen. Auch bei der Fahrt zum Finale nach Offenbach lief längst nicht alles wie geplant – obwohl die Eintracht diesmal mit dem Zug anreiste. Denn: Der Mannschaftskoffer wurde beim Umsteigen in Kreiensen nicht mit umgeladen. Folge: Auch diese Partie begann mit Verspätung, Braunschweig spielte in blauen Trikots und schwarzen Hosen, die ebenso wie die Schuhe ausgeliehen worden waren. Einige Spieler trugen nicht einmal Strümpfe. In der Pause war der Koffer dann endlich da, mit der eigenen Ausrüstung lief es sofort bes„Flutlicht-Meyer“. 42


ser. Die Eintracht holte ein 0:3 auf, verlor letztlich jedoch 3:5. Aber immerhin mit Strümpfen. Zum Einsatz kamen bereits vier Spieler der Meistermannschaft von 1967. Hennes Jäcker und Youngster Jürgen Moll gehörten 1958 ohnehin schon zum Kader. Wolfgang Brase und Klaus Meyer sollten 1959 fest dazustoßen. Obwohl er in drei Flutlichtpokal-Spielen (als Rechtsaußen) eingesetzt wurde, erhielt der spätere Verteidiger Meyer übrigens nicht durch den Flutlichtpokal seinen Spitznamen „Flutlicht-Meyer“. Den hatte er schon am 14. April 1958 bekommen, als er – natürlich unter Flutlicht – gegen Vienna Wien sein Debüt gefeiert hatte. Und noch eine Anekdote aus dem längst vergessenen Pokalwettbewerb. Im Halbfinale gegen Phönix Lübeck gelang Siegfried Krause innerhalb von nur 25 Minuten ein „Quattrick“ – er traf in der ersten Halbzeit nacheinander zum 2:0, 3:0, 4:0 und 5:0. In seinen acht Pflichtspielen zwischen 1957 und 1959 sollte dem aus der eigenen Reserve aufgerückten Außenstürmer hingegen nur ein mickriges Tor gelingen. Eintracht Braunschweig im Flutlichtpokal:

Gruppenspiele 28.05.1958 01.06.1958 14.06.1958 28.06.1958 Halbfinale 01.08.1958 Finale 08.08.1958

Eintracht Frankfurt –Eintracht Braunschweig Eintracht Braunschweig – Viktoria 89 Berlin Eintracht Braunschweig – Eintracht Frankfurt Viktoria 89 Berlin – Eintracht Braunschweig

1:2 (1:1) 3:1 (0:0) 0:3 (0:2) 3:4 (1:1)

Eintracht Braunschweig – Phönix Lübeck

8:0 (6:0)

Kickers Offenbach– Eintracht Braunschweig

5:3 (3:0)

Eingesetzte Spieler

Justus Eccarius 6 Spiele/0 Tore, Hennes Jäcker 6/0, Siegfried Krause 6/5, Jürgen Moll 6/2, Heinz Patzig 6/2, Klaus Peter 6/0, Werner Thamm 6/3, Winfried Herz 5/3, Rolf Kassel 5/0, Heinz Güttgemanns 4/0, Klaus Meyer 3/0, Ötti Meyer 3/2, Otto Bode 2/0, Horst Gorges 2/0, Herbert Hofmann 2/1, Horst Wenker 2/0, Ludwig Winkler 2/1, Wolfgang Brase 1/0, Erwin Bruske 1/0, Achim Werner 1/0 ale

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Eintrachts Meisterjahr 1967

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nach Braunschweig zurück, doch trotz einer imposanten Aufholjagd in der Rückrunde kann er den erneuten Absturz der Löwen in die Drittklassigkeit nicht abwenden. Peter Vollmann: Der aus dem Bergischen Land stammende, von Fortuna Köln gekommene Coach legt gleich in seiner ersten Saison die Grundlagen für einen der schönsten Momente in Eintrachts jüngerer Vereinsgeschichte: die Rückkehr in die 2. Bundesliga nach neun langen Jahren durch Pioruneks Last-Minute-Tor am 18. Mai 2002 gegen Wattenscheid 09. Danach arbeitet Aufstiegsheld Vollmann glücklos und ist im Oktober 2002 schon wieder weg, weil entlassen. Michael Krüger: Der wegen seiner Vergangenheit als Spieler und Coach von Hannover 96 anfangs kritisch beäugte Niedersachse verschafft sich durch seine gute Arbeit schnell Respekt und Anerkennung. Krüger führt eine junge Mannschaft 2005 von der Regionalliga in die 2. Bundesliga, wo er 2005/06 eine Super-Hinrunde hinlegt und mit Eintracht die Klasse hält. In der Folgesaison wird er Opfer einer Kopflos-Schnellschuss-Aktion der Vereinsführung und nach nur sechs Spieltagen vor die Tür gesetzt. hob

Torhüter Alle in Punktspielen eingesetzten Eintracht-Torhüter von der Wiedergründung 1945 bis zur Verpflichtung von Hennes Jäcker 1956:

Bloemink, Willi Knäblein, Heinz Ahlbrecht, Gustav Fähland, Helmut Mende, Günther Mettke, Herbert Dietzel, Kurt Laue, Günther Axnick, Helmut Bräutigam, Walter Jeschke, Heinz Senftleben, Werner Hums, Heinz Winneke. Alle in Punktspielen eingesetzten Eintracht-Torhüter seit 1956:

Hennes Jäcker: Der Westfale mit der hohen Stirn kam 1956 vom 1. FC Köln und war jahrelang die unumstrittene Nummer eins. Unter anderem stand er auch in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1958 im Tor. Neun Jahre später holte er (seit 1965 nur noch als Reservist) die Meisterschaft dann wirklich. Anschließend beendete er seine Karriere, kehrte später aber als Präsident zurück. Jäcker starb 2013. Horst Wolter: Die Karriere des späteren Nationalspielers (und WM-Teilnehmers von 1970) begann 76


in der Jugend als Feldspieler. Erst durch intensives Training mit Altmeister Hennes Jäcker bekam er seine Klasse, die er nach Verletzungsproblemen ab 1965 auch regelmäßig zeigen durfte. In der Meistersaison 1966/67 musste er in 32 Partien nur 23-mal hinter sich greifen. Burkhard Öller: Der Peiner lieferte sich zwischen 1967 und 1971 einen Zweikampf mit Wolter, hatte unterm Strich aber stets das Nachsehen. Nach 32 Partien in Blau-Gelb ging es weiter zu Hannover 96. Öller starb 2014. Bernd Franke: Der „Adler“ ist bis heute einer der absoluten Kultspieler der Eintracht. Von 1971, als er Horst Wolter ablöste, bis 1985 war er die Nummer eins, hatte aber immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Zehn Jahre lang gehörte er auch zum DFB-Kader, doch sein einziges großes Turnier war die WM 1982, bei der er im Finale auf der Bank saß. Uwe Hain: Der ewige zweite Mann hinter Franke kam zwischen 1974 und 1982 nur zu 39 Spielen und wechselte daher zum HSV. Als er 1987 von dort zurückkehrte, wurde er die Nummer eins und stand als Leistungsträger bis zu seiner Suspendierung 1991 jedes Mal im Tor. Wolfgang Hoinza: Der im Kreis Peine beheimatete Keeper hatte als Ersatz für Bernd Franke keine Chance. Nur einmal durfte er in der Regionalliga-Saison 1973/74 auflaufen. Eckhard Vofrei: Spektakulärer geht es nicht – der damalige Reservemann der Amateurelf kam am 4. Oktober 1975 im Bundesliga-Topspiel bei Borussia Mönchengladbach in die Partie, weil sich Uwe Hain verletzt hatte. In einem besseren Trainingspulli half er mit, das 0:0 zu halten. Waldemar Josef: Sollte ab 1982 Bernd Franke beerben und stand unter anderem beim berühmten 0:10 in Gladbach zwischen den Pfosten, ging aber nach seiner einzigen Saison als Stammtorwart (1985/86) lieber als Halbprofi zum VfL Wolfsburg. Jörg Hoßbach: Hütete zwischen 1983 und 1988 insgesamt 65-mal das Tor. Stammspieler war er aber nur in der Zweitliga-Abstiegssaison 1986/87. Wechselte als dritter Mann zum HSV und später nach Wolfsburg. Rainer Wilk: Kam 1986 aus Bielefeld, stand in seiner einzigen Saison aber lediglich viermal im Tor. Mathias Hain: Als dritter Keeper feierte er 1991 sein Debüt, weil Bruder Uwe suspendiert worden war. Von 1994 bis zu seinem Wechsel nach Fürth 1998 war er dann stets die Nummer eins. Auch bei Arminia Bielefeld wurde er zur Legende, heute trainiert er die Keeper beim FC St. Pauli. 77


Oliver Lerch: Beerbte nach drei Jahren als Reservist 1991 den suspendierten Uwe Hain. Wechselte nach dem Nicht-Wiederaufstieg 1994 zum FC Gütersloh. Burkhard Kick: Der frühere Wolfsburger stand 1994/95 nur einmal im Braunschweiger Gehäuse. Als Feldspieler wurde er in jener Saison jedoch stolze dreimal eingewechselt. David Dschanelidse: Der Georgier durfte 1994 nur einmal ran, als Mathias Hain Rot gesehen hatte. Er kassierte in dieser Partie aber noch drei Tore und ging 1995 zurück nach Georgien. Jan Spoelder: Der ewige Ersatzmann kam zwischen 1995 und 2005 nur zu 18 Einsätzen. Im Jahr 2000 wurde „Manni“ (weil Manta-Fahrer) zudem mangels Personal einmal als Feldspieler eingewechselt. Sascha Kirschstein: Der Nachwuchsmann stand zwischen 1999 und 2002 viermal im Tor. Für den HSV bestritt er später sogar Champions-League-Partien. Uwe Zimmermann: Kam als 36-Jähriger vom VfL Wolfsburg und feierte am Ende seiner drei Braunschweiger Jahre den lang ersehnten Zweitliga-Aufstieg. Unvergessen sind „Zimbos“ Rettungsaktionen im entscheidenden Spiel gegen Wattenscheid 09. Philipp Laux: Der frühere Dortmunder wurde 2002 kurz vor dem ersten Spiel geholt, hatte aber von Beginn an mit Form- und Verletzungsproblemen zu kämpfen. 2003 wurde er Sportinvalide und war später als Psychologe unter anderem für den DFB tätig. Alexander Kunze: Der Leipziger kam 2002, war aber nur 2003 ein halbes Jahr lang als Keeper gesetzt. In seinen letzten beiden Jahren bis 2006 kam er zu keinem Einsatz mehr. Heute ist er Torwarttrainer der Braunschweiger. Thorsten Stuckmann: Mit dem Pokalerfolg gegen den 1. FC Kaiserslautern 2003 begann auch die lange Ära Stuckmann, in der der Westfale fortan fast vier Jahre am Stück jedes Spiel mitmachte. Später machte er sogar noch in England Karriere. Adrian Horn: War nach seiner ersten Saison 2007/08 im Jahr darauf nur noch zweiter Mann hinter Fejzic. Als Personal-Trainer machte er später unter anderem seinen Ex-Kollegen Deniz Dogan fit. Jasmin Fejzic: In seiner zweiten Saison 2008/09 schaffte der Bosnier den Durchbruch, danach musste die Leihgabe aber wieder zurück zur SpVgg Greuther Fürth. 2015 kehrte er zurück nach Braunschweig und wurde nach dem Abgang von Gikiewicz 2016 die neue Nummer 1. Nico Lauenstein: Der Nachwuchsmann durfte 2008/09 nur zwei Partien absolvieren, eine davon war das legendäre 5:5 gegen Fortuna Düsseldorf. Marjan Petkovic: War von 2009 bis 2011 maßgeblich am ZweitligaAufstieg beteiligt, kassierte in der Aufstiegssaison sogar nur 22 Tore in 38 78


Vereinsinterne Torschützenkönige (Meisterschaftsspiele)

1947/48 Schemel (13), 1948/49 Schemel (14), 1949/50 Schemel (17), 1950/51 Thamm (16), 1951/52 Hirschberg (9), 1952/53 Oberländer (36), 1953/54 Herz (13), 1954/55 Thamm (12), 1955/56 Herz (17), 1956/57 Wozniakowski (14), 1957/58 Thamm (23), 1958/59 Thamm (20), 1959/60 Thamm (10), 1960/61 Thamm (12), 1961/62 J. Moll (26), 1962/63 J. Moll (23), 1963/64 J. Moll, Wuttich (je 8), 1964/65 Ulsaß (12), 1965/66 Ulsaß (17), 1966/67 Ulsaß (14), 1967/68 Ulsaß (10), 1968/69 H. Weiß (15), 1969/70 E. Maas (9), 1970/71 Ulsaß (18), 1971/72 Bründl (10), 1972/73 Gersdorff, Bründl (je 9), 1973/74 Gersdorff (35), 1974/75 Gersdorff (15), 1975/76 Frank (16), 1976/77 Frank (24), 1977/78 Breitner (10), 1978/79 Nickel (16), 1979/80 Worm (8), 1980/81 Worm (30), 1981/82 Worm (17), 1982/83 Keute, Zavisic (je 7), 1983/84 Worm (8), 1984/85 Worm (10), 1985/86 Plagge (13), 1986/87 Buchheister (14), 1987/88 O. Schmäler (13), 1988/89 Buchheister (8), 1989/90 Buchheister (13), 1990/91 Aden (14), 1991/92 Aden (13), 1992/93 Aden (19), 1993/94 S. Meißner (14), 1994/95 Pasulko (8), 1995/96 Koctürk (14), 1996/97 Kolakovic (19), 1997/98 Kolakovic (18), 1998/99 Deffke (10), 1999/2000 Weetendorf (13), 2000/01 Weetendorf (16), 2001/02 Teixeira (19), 2002/03 Choji (8), 2003/04 Mazingu (12), 2004/05 Kuru (24), 2005/06 Bick (8), 2006/07 Atem, Rische, Schweinsteiger (je 3), 2007/08 L. Fuchs (10), 2008/09 Onuegbu (7), 2009/10 Kruppke (15), 2010/11 Kumbela (19), 2011/12 Kruppke, Kumbela (je 10), 2012/13 Kumbela (19), 2013/14 Kumbela (9), 2014/15 Nielsen (8), 2015/16 Khelifi (8), 2016/17 Kumbela (13). ale

Jokertore Der allererste Joker-Torschütze in einem Eintracht-Pflichtspiel traf gleich doppelt: Jaro Deppe am 28. September 1968 (über ein Jahr, nachdem Auswechslungen erlaubt worden waren) gegen die Bayern. Die Partie ging trotzdem 2:3 verloren. Und Deppe musste bis Ende April 1969 auf seinen nächsten Einsatz warten. Drei Joker-Tore in einem Spiel erzielten nur drei Akteure. Der in der Halbzeit eingewechselte Domi Kumbela traf in der ansonsten wenig erquicklichen Bundesliga-Saison 2013/14 beim 4:2 gegen den HSV dreifach. Jacob Thomas brauchte nach seiner Einwechslung am 12. Februar 2000 im Regio98


nalliga-Duell gegen Meppen nur 21 Minuten – und schaffte beim 5:0 obendrein einen Hattrick. Dieser gelang auch Lars Fuchs, der erst in der 61. Minute ins Spiel kam, am 29. August 2004 beim Regionalliga-5:0 in Münster. Am 14. August 2007 traf Joker Fuchs in der zweiten Hälfte erneut dreimal – allerdings „nur“ beim NFV-Pokalspiel in Ölper, das ebenfalls mit 5:0 gewonnen wurde. Doppelpacks als Joker gelangen Jaro Deppe (68/69 gegen Bayern und 71/72 in Bielefeld), „Bubi“ Bründl (75/76 im Pokal in Freudenstadt), Norbert Stolzenburg (76/77 im Uefa-Cup gegen Holbaek), Harald Nickel (78/79 auf Schalke), Günter Keute (82/83 gegen Bremen), Olaf Schmäler (87/88 gegen Altona), Thomas Seeliger (89/90 gegen Darmstadt), Uwe Kienert (95/96 gegen Wilhelmshaven), Daniel Teixeira (02/03 gegen Oberhausen), Ahmet Kuru (04/05 im NFV-Pokal bei Freie Turner), Marco Calamita (09/10 gegen Wuppertal und im NFV-Pokal in Ölper), Mirko Boland (10/11 im NFV-Pokal bei Arminia Hannover) und Emil Berggreen (14/15 gegen FSV Frankfurt). Die meisten Joker-Tore in einer Saison erzielte 1995/96 Uwe Kienert. Der damalige Halbprofi war parallel Vollstreckungsbeamter – und bei der Eintracht Vollstrecker vom Dienst. Achtmal traf er nach einer Einwechslung in der Regionalliga, dazu einmal auch im NFV-Pokal. Besonders erfolgreich war er zwischen dem 17. März und dem 16. Mai 1996, als Joker Kienert siebenmal vollstreckte. Die Saison 1995/96 mit ihren 15 Joker-Toren (13 Regionalliga, 2 NFVPokal) führt das Spielzeiten-Ranking dennoch nicht an. 17 Treffer von Einwechselspielern gab es 2010/11 (elf in der 3. Liga und sechs im NFV-Pokal). In dieser Saison gab es auch die meisten verschiedenen Joker-Torschützen, nämlich elf. Zehn Spieler trafen noch in der Minute der Einwechslung für die Eintracht ins Tor: Jaro Deppe (71/72 in Bielefeld), Günter Keute (80/81 gegen Essen), Uwe Reinders (87/88 gegen Havelse), Werner Dreßel (89/90 in Meppen), Goran Radojevic (93/94 in Emden), Leo Maric (96/97 in Norderstedt), Milos Kolakovic (97/98 gegen Lüneburg), Marco Calamita (08/09 im NFV-Pokal in Ölper), Orhan Ademi (12/13 gegen Köln) und Pierre Jaro Deppe. Merkel (12/13 in Aalen). Das späteste Joker-Tor vor dem Abpfiff ist noch gar nicht lang her. Suleiman Abdullahi traf am 5. Februar 2017 in der sechsten Minute der Nachspielzeit zum 1:2 gegen St. Pauli. In der jeweils dritten Minute einer Nachspielzeit waren Thomas Piorunek (01/02 gegen Wattenscheid), Daniel Teixeira (02/03 99


in Mainz) sowie Marco Calamita (10/11 gegen Stuttgart II) erfolgreich. In der 92. Minute war es Patrick Schönfeld (17/18 gegen Darmstadt). Fait-Florian Banser (08/09 gegen Düsseldorf) sowie Kingsley Onuegbu (10/11 gegen Wehen) und Steffen Bohl (11/12 in Wehen) trafen jeweils in der ersten Minute der Nachspielzeit. Diese wurde früher nicht statistisch erfasst, so dass einige der sieben 90.-Minute-Joker (Maric, Kolakovic, Tyszkiewicz, Weetendorf, Thomas, Lemke, Pfitzner) möglicherweise ebenfalls erst nach Ablauf der 90 Minuten trafen. Die kürzeste Spielzeit eines erfolgreichen Jokers hatte Steffen Bohl. Er wurde am 11. Februar 2012 beim Drittliga-Spiel in Wehen in der 90. Minute eingewechselt und traf eine Minute später zum entscheidenden 2:0. Jeweils in der 89. Minute kamen die Torschützen Daniel Teixeira (02/03 in Mainz) und Dennis Lemke (10/11 im NFV-Pokal in Havelse). Pierre Merkel, der übrigens alle seine vier Eintracht-Tore als Joker machte, war dabei dreimal erst spät (81., 84., 86.) eingewechselt worden. Ebenfalls spät (86.) kam Fait-Florian Banser am 10. Mai 2009 ins Spiel, bevor er beim legendären 5:5 gegen Düsseldorf noch zum Ausgleich traf – und noch später kam Patrick Schönfeld am 3. November 2017 gegen Darmstadt ins Spiel (88.), auch er traf noch zum Ausgleich. Erstaunlich: Jokertore machten 35-mal aus einem Remis einen Sieg, aber nur 21-mal aus einem Rückstand noch ein Remis. Zweimal einen Siegtreffer als Einwechselspieler – das gelang nur Bent Jensen (72/73 in Oberhausen und im Ligapokal gegen den HSV), Bernd Buchheister (85/86 gegen Osnabrück, 87/88 gegen Norderstedt), Uwe Kienert (95/96 gegen Lüneburg und VfL 93), Daniel Teixeira (02/03 gegen Oberhausen und in Trier) sowie Kosta Rodrigues (07/08 in Oberhausen und Essen). Zweimal den finalen Ausgleichstreffer erzielten die Joker Fait-Florian Banser (08/09 in Goslar/NFV-Pokal und gegen Düsseldorf) sowie Pierre Merkel (11/12 beim FSV Frankfurt, 12/13 in Aalen). Als Eintracht-Debütant eingewechselt und auf Anhieb ein Tor: Goran Radojevic (93/94 in Emden), Pierre Merkel (11/12 beim FSV Frankfurt), Orhan Ademi (12/13 gegen Köln) und zuletzt Christoffer Nyman (16/17 gegen Nürnberg) glückten zum Einstand jeweils ein Joker-Tor. Eingewechselt (17.), Tor geschossen (62.) und vom Platz geflogen (72.) – so erging es Peer Posipal am 1. Mai 1986 beim 1:4 im Zweitliga-Spiel bei den Stuttgarter Kickers. Den wohl berühmtesten Joker-Doppelpack gab es am 18. Mai 2002. Im finalen Regionalliga-Aufstiegsspiel gegen Wattenscheid traf der erst in der 38. Minute für den verletzten Daniel Teixeira gekommene Dirk Weetendorf zum 1:1 (40.). Dann machte der in der 66. Minute für Jacob Thomas eingewechselte Thomas Piorunek in der Nachspielzeit per Kopf das 2:1, das den Aufstieg bedeutete. 100


Alle Jokertore in der Bundesliga Datum 28.09.1968 08.04.1969 11.10.1969 21.04.1970 14.03.1970 14.11.1970 28.11.1970 26.06.1972 29.09.1972 07.10.1972 18.11.1972 21.11.1972 28.11.1972 13.09.1975 06.12.1975 06.11.1976 19.03.1977 16.12.1978 10.02.1979 08.04.1982 17.09.1982 30.10.1982 24.09.1983 29.10.1983 04.02.1984 31.03.1984 12.05.1984 27.10.1984 09.02.1985 05.10.2013 15.02.2014

10.05.2014

Spieler Deppe Deppe Berg Deppe Grzyb Ulsaß Saborowski Saborowski Deppe Deppe Jensen Bründl Bründl Jensen Konschal Konschal Bründl Konschal Handschuh Stolzenburg Nickel Nickel U. Krause Keute Zavisic Keute Keute Keute Keute Keute Studzizba Keute Plagge Plagge Kumbela Kumbela Kumbela Kumbela Hochscheidt

Gegner (Heim/Auswärts) Bayern München (H) Bayern München (H) Alemannia Aachen (H) Eintracht Frankfurt (H) Hamburger SV (H) Borussia Dortmund (A) 1. FC Kaiserslautern (A) Bayern München (H) Arminia Bielefeld (A) Arminia Bielefeld (A) Rot-Weiß Oberhausen (A) 1. FC Köln (A) 1. FC Köln (A) MSV Duisburg (A) Hamburger SV (H) Eintracht Frankfurt (H) Fortuna Düsseldorf (H) Eintracht Frankfurt (H) Hertha BSC (H) Karlsruher SC (H) Schalke 04 (A) Schalke 04 (A) 1. FC Köln (A) VfB Stuttgart (H) VfL Bochum (A) Werder Bremen (H) Werder Bremen (H) Eintracht Frankfurt (H) Bayer Uerdingen (H) VfL Bochum (H) 1. FC Kaiserslautern (A) Fortuna Düsseldorf (H) Bayer Leverkusen (A) VfB Stuttgart (H) VfL Wolfsburg (A) Hamburger SV (H) Hamburger SV (H) Hamburger SV (H) TSG Hoffenheim (A)

rein 18. 18. 46. 46. 63. 57. 12. 67. 46. 46. 77. 46. 46. 25. 13. 46. 46. 55. 46. 61. 49. 49. 75. 66. 46. 46. 46. 19. 8. 73. 57. 55. 69. 66. 71. 46. 46. 46. 73.

Tor 34. (1:0) 89. (2:3) 71. (1:0) 89. (3:1) 88. (3:0) 82. (1:2) 71. (1:0) 82. (1:1) 46. (1:0) 59. (3:0) 78. (1:0) 53. (1:3) 62. (2:3) 80. (2:3) 53. (1:1) 62. (2:0) 81. (3:1) 79. (2:0) 65. (2:1) 69. (3:2) 54. (1:2) 83. (4:4) 82. (1:3) 88. (2:0) 65. (2:0) 62. (2:1) 66. (3:1) 45. (2:2) 67. (1:2) 84. (3:1) 61. (1:3) 87. (4:1) 88. (3:0) 75. (3:0) 86. (2:0) 51. (1:1) 61. (2:1) 85. (3:2) 88. (1:3)

Ende 2:3 2:3 2:0 3:1 3:0 2:2 1:0 1:1 7:1 7:1 1:0 3:4 3:4 2:3 1:1 2:1 3:1 2:0 2:2 3:3 4:4 4:4 1:3 2:0 2:0 3:1 3:1 4:3 1:2 3:1 1:3 4:1 3:0 3:1 2:0 4:2 4:2 4:2 1:3

Zahl aller Pflichtspiel-Jokertore der Eintracht-Vereinsgeschichte: 278 Bundesliga 39 2. Bundesliga 76 3. Liga 21 Regionalliga (2. Liga) 7 Oberliga (3. Liga) 16 Regionalliga (3. Liga) 70

Aufstiegsrunde 1 Europapokal 4 DFB-Pokal 14 Niedersachsen-Pokal 28 Ligapokal 2 Stand 15. März 2018

101


Rote Laterne Hugo hieß der Mann. Hugo Dausmann. Kaum einer wird den heute 75-Jährigen noch kennen. Für Rot-Weiß Oberhausen stürmte er und schoss in der Bundesliga-Saison 1969/70 insgesamt 15 Tore. Zwei davon am vierten Spieltag. 6. September 1969: Eintracht Braunschweig begeht ein kleines Jubiläum, bestreitet gegen RWO das 200. Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte – und steht beim Abpfiff von FIFA-Schiedsrichter Kurt Tschenscher aus Mannheim erstmals auf dem letzten Tabellenplatz. Günter Karbowiak (12.), Gert Fröhlich (12.) und eben jener Hugo Dausmann (32., 66.) haben den Löwen das Jubiläum vermiest. Bis zum Saisonende steckt Eintracht im Abstiegskampf, trägt auch nach dem sechsten und siebten Spieltag (0:4 gegen Bayern München beziehungsweise 0:1 in Mönchengladbach) die Rote Laterne. Am Ende reicht es gerade so zum rettenden drittletzten Platz. Bundesliga-Schlusslicht ist der BTSV danach zehn Jahre lang nicht mehr. Selbst in der Abstiegssaison 1972/73 nicht. 1979/80 aber kommt es für die überalterte Mannschaft knüppeldick. 15 Runden lang ziert das „Altersheim der Bundesliga“ das Tabellenende, erstmals am 22. September 1979 nach dem 1:2 bei Aufsteiger Bayer Uerdingen. Vier Punkte aus den ersten elf Spielen lassen nichts Gutes erahnen. Und als die letzten acht Auswärtsspiele allesamt verlorengehen, ist der zweite Abstieg nach 1973 nicht mehr abzuwenden. Schon fünf Runden vor Schluss steht er fest. 1984/85 steht Eintrachts durch den drastischen Sparkurs von Günter Mast nicht mehr erstligareife Mannschaft an 19 von 34 Spieltagen auf dem letzten Platz. „Wir haben zu viele routinierte Fußballer verloren und sie nur durch Amateure ersetzen können“, klagt Trainer Aleksandar Ristic schon vor Saisonbeginn. Ganz bitter beginnt für die Löwen das erste Jahr nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga 1993. Durch das 2:5 bei Kickers Emden am ersten Spieltag stehen sie in der Oberliga Nord gemeinsam mit dem VfL Herzlake am Tabellenende. Einen glatten Fehlstart legt Eintracht 2007/08 in der so wichtigen Qualifikationssaison zur 3. Liga hin. Erst im neunten Spiel gelingt mit dem 5:0 gegen Energie Cottbus II (Tore: Schembri/2, Danneberg, Henn, Koitka) der erste Dreier, der einem Befreiungsschlag gleichkommt. Zuvor hatten die Löwen in der 19er-Liga alle vier Heimspiele verloren, dabei 13 Gegentreffer kassiert (0:1 gegen Kickers Emden, 1:3 gegen Babelsberg, 3:5 gegen den 1. FC Union Berlin, 1:4 gegen den Wuppertaler SV) und wochenlang die Rote Laterne getragen. An dieser Last hat Eintracht bis zum – glücklichen – Saisonende zu knabbern. 160


ab 2006 der Futsal-Cup unter der Regie des DFB ausgespielt. Seit 2013 firmiert er offiziell als Deutsche Futsal-Meisterschaft. Auch Eintracht hat inzwischen Futsal als eigenständige Abteilung in ihrem Sportangebot. „Eintracht Futsal“ spielt – als einer von acht Klubs – in der Regionalliga Nord, der höchsten deutschen Spielklasse, belegte dort zum Jahreswechsel 2017/18 Platz drei. Populär geblieben sind die klassischen Hallenturniere als Freizeitspaß und Benefiz-Events. Alljährlicher Winter-Höhepunkt in Braunschweig ist das von der Ultra-Gruppe „Cattiva Brunsviga“ veranstaltete „Turnier für den guten Zweck“ in der Turnhalle „Alte Waage“. Mehr als 1.500 Zuschauer kamen am 13. Januar 2018 zur achten Auflage. Den Anpfiff übernahm traditionell Cattiva-Patenkind Jannes, zu dessen Gunsten das Turnier 2011 ins Leben gerufen worden war. Der 13-Jährige ist von Geburt an schwerstbehindert. Durch die Spenden konnten Jannes schon mehrere Therapien finanziert werden. Insgesamt kamen beim Cattiva-Turnier über die Jahre hinweg mehr als 100.000 Euro zusammen. Mittlerweile werden die Spendengelder auch anderen guten Zwecken zugeführt. So geht 2018 ein Teil des Geldes an „Herzkind e.V.“, einen Verein, der Familien unterstützt, deren Kinder mit Herzfehlern zur Welt gekommen sind. Auch das Projekt „Weihnachten für alle“, das Wohnungslose und Hilfsbedürftige unterstützt, wird aus dem Veranstaltungserlös bedacht. 2018 nahmen rund 20 Teams in vier Gruppen an dem Turnier teil, darunter Mannschaften befreundeter Fangruppen aus Magdeburg und Basel. „Das ist schon der Wahnsinn“, wird Rico Liebetrau von „Cattiva Brunsviga“ auf www.eintracht.com zitiert. „Man trifft hier nicht nur seine Leute aus dem Stadion, sondern lernt auch deren Familien kennen und hat zusammen einen tollen Tag. Dass man dabei auch noch etwas Gutes tut – etwas Besseres gibt es eigentlich gar nicht.“ hob

Trikots, Werbung und Sponsoren Ginge es nur um den Sport, wäre der 24. März 1973 nie und nimmer als ein historischer Tag in die Geschichte der Bundesliga eingegangen. Schon gar nicht aus Braunschweiger Sicht. Eintracht, der Tabellen-13., trifft auf Schalke 04, den 17. Schmucklos 1:1 endet die Partie vor 16.000 Zuschauern. Und doch stehen die Profis von Eintracht Braunschweig an diesem Sonnabend im Fokus. Fernsehkameras und Fotoapparate sind auf die Trikots gerichtet. Auf denen prangt erstmals ganz offiziell der Hirschkopf, das Firmenlogo von „Jägermeister“, und nicht mehr der rote Löwe. Ein bahnbrechendes Novum in Deutschlands höchster Spielklasse. 186


Fünf Jahre lang jeweils 100.000 Mark lässt sich Günter Mast, der Jägermeister-Geschäftsführer aus Wolfenbüttel, den Werbespaß kosten. Die klamme Eintracht braucht das Geld. Vereinsboss Ernst „Balduin“ Fricke ist froh, 1972 einen potenten Geldgeber, noch dazu aus der Region, gefunden zu haben. Doch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) stellt sich zunächst quer. Das hohe Gut Fußball sei fern von jedem Geld, argumentieren die alten Herren in der DFB-Zentrale. „Der macht aus unserer Bundesliga eine Kneipe“, wettert Generalsekretär Hans Paßlack gegen Mast, der den monatelangen Rechtsstreit um den Hirschkopf auf der Brust amüsiert betrachtet. „Das war das, was ich wollte“, sagt Mast später über seinen Marketingcoup, der plötzlich in aller Munde und ein Medienthema ist. Und der umtriebige Geschäftsmann findet eine pfiffige Lösung im Clinch mit dem DFB: Der Hirsch soll das offizielle Wappen der Braunschweiger Lizenzspieler werden. Am 9. Januar 1973 stimmt eine außerordentliche Mitgliederversammlung des Vereins mit überwältigender Mehrheit (146 JaStimmen bei zwei Enthaltungen und sieben Gegenstimmen) dafür und nimmt damit Abschied vom traditionellen Klubsymbol. Erst ab dem 1. Juli 1987 wird das Löwenwappen bei den Profis zurückkehren. Die Premiere der neuen Eintracht-Trikots zieht sich allerdings hin. 18 Zentimeter soll der Durchmesser des neuen Emblems betragen. Der DFB aber will die Kontrolle behalten und beginnt ein Machtspiel. Nur 14 Zentimeter Durchmesser und die Initialen E und B für Eintracht Braunschweig, so lautet die trotzige Ansage aus Frankfurt am Main. Die Schiedsrichter sind angehalten, gar nicht erst anzupfeifen, wenn ein Jägermeister-Trikot zu sehen ist. Die neuen Shirts bleiben im Schrank. Auch die geplante Heimpremiere am 27. Januar 1973 gegen Kickers Offenbach scheitert am Veto des DFB, der es wenige Stunden vor dem Anpfiff nach Braunschweig übermittelt. Dabei hat Schiedsrichter Walter Eschweiler, die rheinische Frohnatur, schon mit einem Maßband die Größe des Logos penibel vermessen und geurteilt: „Sitzt, passt, wackelt und hat Luft.“ Erst am 27. Februar 1973 gibt der Verband grünes Licht und genehmigt den (verkleinerten) Hirschkopf. Für Mast ist die Rechnung aufgegangen. Bis Mai 1973 zahlt er die Gesamtsumme von 500.000 Mark an den Verein aus und intensiviert in den folgenden Jahren seine mit Eintracht verbundenen Werbemaßnahmen. Der Kommerzialisierung des Fußballs hat er mit dem Hirschkopf auf der Brust eine neue Qualität gegeben. Am 30. Oktober 1973 gibt der DFB auf seinem Bundestag in Berlin die anfangs verpönte Trikotwerbung offiziell frei. Zur Saison 1974/75 starten daraufhin fünf weitere Bundesliga-Vereine mit der Werbung „am Mann“: der Hamburger SV („Campari“), Bayern München („Adidas“), Fortuna Düsseldorf („Allkauf “), Eintracht Frankfurt („Remington“) und der MSV Duisburg („Brian Scott“). 187


Für Eintracht ist die Partnerschaft mit Jägermeister zunächst ein Segen. Sie führt aber in eine zunehmende Abhängigkeit von Mast, der keinen Hehl daraus macht, dass ihn Fußball gar nicht interessiert. So ist letztlich auch der Millionentransfer Paul Breitners 1977 von Real Madrid nach Braunschweig mehr eine famose PR-Aktion denn eine sportlich sinnvolle Tat. Mast verschafft sich immer mehr Einfluss im Verein, vergrößert seine Macht (im November 1983 wird er Präsident) und versucht auch noch, Eintracht in „SV Jägermeister“ umzubenennen. Die Mitgliederversammlung stimmt dem Ansinnen am 14. Dezember 1983 sogar zu. Angesichts der Verbindlichkeiten von ca. fünf Millionen Mark bleibt ihr auch kaum eine andere Wahl. Die totale Entschuldung bis 1986 verspricht Mast und erpresst die blau-gelbe Familie: entweder die Umbenennung oder der Konkurs. Die „Revolution“ verhindert der Niedersächsische Fußball-Verband. Er droht der Eintracht für den Fall der Namensänderung im Vereinsregister mit dem Ausschluss ihrer Jugend- und Amateurmannschaften vom Spielbetrieb. Alkohol-Werbung im Nachwuchsbereich sei nicht zu akzeptieren. Für Mast hat sich die neuerliche PR-Aktion auch ohne den Gang zum Amtsgericht ausgezahlt. Er befindet sich ohnehin auf dem Rückzug, fährt einen knallharten Sparkurs und vergiftet mit seiner grobschlächtigen Art die Atmosphäre im Verein. Als er im Dezember 1985 nach einer Abstimmungsniederlage auf der Mitgliederversammlung Eintracht den Rücken zukehrt, stehen die Löwen vor einem sportlichen Scherbenhaufen, der eineinhalb Jahre später erstmals in die Drittklassigkeit führt. Der Trennung von Günter Mast folgt 1987 mit „Eintracht 100“ ein völlig anderes Konzept. Der neue Eintracht-Präsident Harald Tenzer bildet einen 188


Sponsorenpool von Unternehmen aus dem Raum Braunschweig. Zwischen 10.000 und 50.000 Mark pro anno kostet die zunächst auf drei Jahre angelegte Mitgliedschaft bei „Eintracht 100“. Mehr als 50.000 Mark Jahresbeitrag sind nicht gewollt, niemand soll mehr eine dominierende Rolle übernehmen können. Bis 1989 steigt die Zahl der beteiligten Unternehmen auf 86. „Eintracht 100“ ist bis heute Partner des Vereins. Anfang 2018 weist die Liste der beteiligten Unternehmen mehr als 190 (!) Namen auf. Ein für die wirtschaftliche Zukunft des BTSV bedeutsames Datum ist der 24. September 1992. An diesem Tag verkündet die Volkswagen-FinanzGmbH (seit 1994 Volkswagen Financial Services AG), eine hundertprozentige Tochter der Volkswagen AG, ihren Einstieg bei den Löwen. Zur Absicht, „mit der Eintracht langfristig den sportlichen Weg gemeinsam zu gehen“, gehört auch die Ankündigung, als Trikot-Sponsor zur Verfügung stehen zu wollen. 1998 wird sie in die Tat umgesetzt, läuft Eintracht mit dem Trikot-Aufdruck „Volkswagen Bank“ auf. Bis heute ist Volkswagen Financial Services als einer von vier Exklusiv-Partnern (neben Hauptsponsor Seat Deutschland) den Blau-Gelben treu geblieben. 1995 steigt Jochen Staake, Eintracht-Fan aus Lengede von Kindesbeinen an, mit seiner Supermarkt-Kette „V-Markt“ als Trikotsponsor ein. Der Unternehmer erwirbt sich große Verdienste um die Eintracht, wirbt auch mit „Staake Investment“ (2001–2002) und „Getränke drive 24“ (2007–2009) auf den Spielerjerseys. „Wir hätten nicht überlebt, wenn er uns nicht geholfen hätte, das eine oder andere Problem zu lösen“, sagt Eintracht-Präsident Sebastian Ebel 2009 über Staakes Engagement. „Staake Investment & Consulting“ gehört aktuell ebenfalls zu den Exklusiv-Partnern des BTSV. hob 189


Kuriose Anekdoten und unverzichtbares Wissen über die Braunschweiger Eintracht „Popi nie da“ nannten die Fans an der Hamburger Straße einst einen ihrer blau-gelben Helden, weil er ständig verletzt war. Spielte er jedoch, verzückte Danilo Popivoda sogleich die Herzen der Zuschauer, die ihn lauthals feierten. Nur eine von zahlreichen Anekdoten um die Braunschweiger Löwen, die in ihrer Historie auch optisch einiges hergaben: schillernde Figuren mit auffälliger Haarpracht oder markanten Bärten, historische Wimpel, rare Eintrittskarten, eine Bierdose aus dem Meisterjahr 1967. Horst Bläsig und Alex Leppert, zwei erfahrene SportSport journalisten und Eintracht-Fans, haben die wichtigsten sowie kuriosesten Ereignisse und Storys rund um Niedersachsens Kultverein zusammengetragen. Eine wilde Reise durch über 120 Jahre Eintracht-Geschichte, zum Schmunzeln und Staunen, zum Angeben und Erinnern, zum Entdecken und sich verlieren.

ISBN 978-3-7307-0364-9 VERLAG DIE WERKSTATT


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