Das große Werder-Buch – Leseprobe

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DAS GROSSE

VERLAG DIE WERKSTATT

WERDER-BUCH



CHRISTOPH BAUSENWEIN

DAS GROSSE

WERDERBUCH

VERLAG DIE WERKSTATT


Der Autor Christoph Bausenwein veröffentlichte im Verlag Die Werkstatt einige viel beachtete Bücher, unter anderem über den Bundestrainer Joachim Löw. Zuletzt erschien Stuhlfauths Zeiten, ein Buch über den Fußball in den 1920er Jahren.

Bildnachweis firo sportphoto: 46, 51o, 61u, 81 Fotoagentur Horst Müller: Cover (2), 6u, 7u, 17, 19, 21r, 23u, 26o, 27 (3), 53u, 61 (2), 75 (2), 91u, 92u Getty Images: 75u Imago Sportfoto: Cover (2), 2/3, 4, 6o, 18 (2), 21l, 22, 22/23, 24ur, 25o, 26u, 27u, 30l, 31, 32o, 33o, 34u, 35 (2), 36, 37 (2), 38u, 39 (2), 40, 41 (6), 42 (4), 43 (6), 45, 46/47, 47, 48, 49 (2), 50, 51u, 52u, 53o, 54 (2), 55, 56 (2), 57, 58, 59 (7), 60, 61 (5), 62, 63 (2), 64, 65 (2), 66 (4), 67 (2), 68 (3), 69 (2), 70 (2), 71 (6), 74, 75 (3), 76o, 77o, 79, 80u, 82, 83 (2), 84or, 85, 86, 87 (2), 88, 89 (2), 90 (2), 91 (2), 92 (2), 93 (3), 94 picture alliance /dpa: Cover (4), 15o, 25ul, 20, 29, Umschlag-Rückseite Witters Sport-Presse-Fotos: 33u, 84 (2) SV Werder Bremen – Archiv: 10 (2), 11 (2), 12 (2), 13u, 14, 15m, 18o, 23o, 32u, 34o, 38o, 52o, 78 (2) Historisches Sportarchiv Wolfram Dietz: 24 (4), 25 (3); Markus Hein/pixelio.de: 71o; HSV-Museum: 80o; Walter Schumann: 30r; Stadtteilgeschichtsgruppe Mitte / Östliche Vorstadt Bremen: 13o; ullstein bild: 15u; Carl v. d. Walle: 76 Literatur Wenn ihr noch mehr über Werder erfahren wollt, dann schaut doch in unten stehende Bücher. Aus ihnen stammen auch viele Informationen, die dieses Buch enthält. Sven Bremer / Olaf Dorow: Grün-weißes Werderland, Göttingen 2011 Sven Bremer (Hg.): Wunder von der Weser, Göttingen 2013 Harald Klingebiel: Mythos Weser-Stadion, Göttingen 2006 Arnd Zeigler: Lebenslang grün-weiß, Bremen 2007

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 2., aktualisierte Auflage September 2017 Copyright © 2012 Verlag Die Werkstatt GmbH Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen www.werkstatt-verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH Druck und Bindung: Westermann Druck Zwickau ISBN 978-3-89533-933-2


INHALT WERDER: Die coole Größe aus dem Norden

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

DIE KICKER VOM STADTWERDER: Werder 1899 – 1945

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 8

Erste Spiele des „FV“ auf dem „Werder“ / Die 1920er Jahre und die Stadionfrage / Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

DIE NEUE MACHT VON DER WESER: Werder 1946 – 1980

. . . . . . . . . . . . . .

16

Oberliga Nord: Von der „Texas-Elf“ zum Pokalsieg / Bundesliga-Auftakt mit Meisterschaft / Speckflaggen, Fischtrikots und ein Abstieg / DIE BESTEN WERDERANER – Die Stars 1946 – 1980

TRIUMPHE MIT „KÖNIG OTTO“: Werder 1981 – 1995

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

Aufstieg, Vizemeisterschaft und Kutzop-Elfmeter / Zweiter Meistertitel und Wunder von der Weser / Sieg über Maradona und im Pokalfinale / Europapokaltriumph und dritte Meisterschaft / Dritter Pokalsieg und Abschied von Rehhagel / DIE BESTEN WERDERANER – Die Stars 1981 – 1995

SCHAAF-ERFOLGE UND NOURI-HOFFNUNGEN: Werder 1996 bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Trainerkarussell und Schaaf-Lösung / Unerwarteter Pokaljubel und „Pizza-Toni“ / Mit Micoud vom Debakel zum Double / Vizemeister mit Klose und Diego / Europapokalfinale und sechster Coup im DFB-Pokal / DIE BESTEN WERDERANER – Die Stars 1996 – 2011 / Absturz und Umbruch / Pleiten ohne Schaaf und Allofs / DIE BESTEN WERDERANER – Die Stars 1996 – 2017 / Abstiegs-Endspiel mit Skripnik / Aufschwung mit Baumi und Nouri / DIE BESTEN WERDERANER – Die Stars von heute

ALLES RUND UM WERDER

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

Logos, Trikots und Maskottchen / Das Weserstadion / Die Fans und ihre Lieder / Das Nordderby / Rekorde und Ehrungen / Werder-Spieler in der Nationalmannschaft / Werder-Jugend

TRAINERLEXIKON

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

SPIELERLEXIKON

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

WIE WERDE ICH WERDER-PROFI?

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94


Sieg im DFB-Pokal! 2009 gab es für Werder den vorerst letzten Titel zu bejubeln.

Vize-Vizemeister Mit etwas Glück hätte Werder noch viel mehr als vier Meistertitel geholt. Siebenmal landete der SVW auf dem 2. Platz (1968, 1983, 1985, 1986, 1995, 2006, 2008) und ist damit hinter dem FC Bayern (neunmal Zweiter) Vize-Vizemeister. 1983 und 1986 verfehlte Werder bei Punktgleichheit nur wegen des schlechteren Torverhältnisses den Titel.

6

WERDER: DIE COOLE GRÖSSE AUS DEM NORDEN Der SV Werder ist nicht nur einer der erfolgreichsten, sondern auch einer der beliebtesten Fußballklubs in Deutschland. Dafür gibt es gute Gründe: Die Mannschaft in Grün-Weiß zeigt (fast immer) einen mutigen Offensivfußball. Nach großen Siegen neigen die Werderaner nicht zur Angeberei, sondern bleiben stets nordisch cool. Und statt mit viel Geld fertige Stars zu verpflichten, entwickelt man in Bremen lieber selbst Talente. Die Grün-Weißen gehörten 1963 zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga und waren bis auf die Saison

Der bisher einzige europäische Titel: Wynton Rufer mit dem Europapokal der Pokalsieger 1992.


1980/81 immer erstklassig. Unter den langjährigen Trainern Otto Rehhagel und Thomas Schaaf spielten sie fast immer ganz oben mit. In der ewi-

Titel und Erfolge

gen Tabelle der Bundesliga liegt Bremen hinter dem FC Bayern – aber vor dem Hamburger SV – auf Platz 2. Auch im DFB-Pokal erwies sich Werder als „Nummer 1 im Norden“. Der Titelgewinn von 2009 war bereits der sechste in diesem Wettbewerb. Auf internationalem Parkett hat sich Werder mit offensivem und mitreißendem Fußball weit über

Deutscher Meister 1965, 1988, 1993, 2004

Bremen hinaus zahllose Fans erobert. Zwar gelang es nur einmal, einen Titel zu erringen – den Europapokal der Pokalsieger 1992 –, doch die Männer in den grün-weißen Trikots sind für ihre „Wunder von der Weser“ berühmt geworden. Es

DFB-Pokalsieger 1961, 1991, 1994, 1999, 2004, 2009

gab etliche Europapokalspiele, in denen Werder scheinbar aussichtslos zurücklag, um diese dann doch noch mit einer furiosen Leistung umzubiegen. Und so weiß heute jeder: Selbst wenn es mal nicht für einen Titel reicht, sorgt Werder

Gewinner Europapokal der Pokalsieger 1992

auf jeden Fall für Spannung. So auch in der Saison 2016/17, als die Elf von Trainer Nouri in den letzten drei Saisonspielen zwar jeweils drei Tore erzielte, dann aber doch verlor und die Qualifikation für die Europa League knapp verpasste.

Werder Bremen feiert 1965 die erste Deutsche Meisterschaft.


Kurz vor dem allerersten Bundesliga-Tor: Werders Max Lorenz (2. v.r.) kann Lothar Emmerich nicht an der Hereingabe hindern. In der Mitte lauert völlig frei Timo Konietzka.

Schläger gegen Partizan Das EuropapokalRückspiel Werder gegen Partizan Belgrad am 17. November 1965 (1:0) war eine üble Treterei. Als Diethelm Ferner nach einem brutalen Foul in der 80. Minute blutend am Boden lag, drehte Arnold „Pico“ Schütz durch und ging auf den Übeltäter Becajac los. Beide sahen Rot. Nun verfolgte Schütz den „Partizanen“ unter dem Gejohle der Zuschauer durch das ganze Stadion. Als sich Becajac in die Kabine gerettet hatte, musste ein jugoslawischer Reporter „Picos“ Zorn aushalten. Schütz schlug ihm einen Zahn aus.

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1963: Auftakt in der Bundesliga

1965: Erster Meistertitel für Werder

Neben dem Hamburger SV und Ein-

Im

tracht Braunschweig war Werder als

sein Team mit zwei Klasse-Verteidi-

eine von drei norddeutschen Mann-

gern (Horst Höttges und Heinz Stein-

schaften für die neu gegründete Fuß-

mann) sowie einem treffsicheren Stür-

ball-Bundesliga

Gleich

mer (Klaus Matischak). Damit hatte

im ersten Spiel der ersten Saison

er nun ein richtig gut harmonierendes

1963/64 ging es mit einem Pauken-

Team beisammen. Es war eine stimmi-

schlag los. Im Auftaktspiel gegen

ge Mischung aus harten Abwehrrecken

Dortmund schoss der Borusse Timo

(Höttges, Piontek, Steinmann), fleißi-

Konietzka gleich in der 1. Spielminu-

gen Mittelfeldspielern (Ferner, Schütz),

te den Ball ins Werder-Netz. Der Tref-

feinen Technikern (Lorenz, Jagielski)

fer steht bis heute als erstes Tor der

und abgebrühten Stürmern (Matischak,

Bundesliga in den Geschichtsbüchern.

Zebrowski). Kernstück der Mannschaft

Werder gewann das Spiel noch mit 3:2.

war die enorm sichere Beton-Abwehr.

Danach gelang unter dem neuen Trai-

Helmut Jagielski, der sich bei Ballbe-

ner Willi Multhaup eine gute Saison. Die

sitz immer in die Offensive einschalte-

Mannschaft aus bewährten Kräften wie

te, sorgte als Libero für den kreativen

Schütz, Lorenz, Piontek und Jagielski

Aufbau. Und vorne genügte Werder oft

sowie einigen Neuen – Torwart Günter

ein einziges Tor, um zu punkten.

Bernard und Mittelfeldmann Diethelm

Verblüfft registrierte die Konkurrenz,

Ferner – konnte ihr Leistungsvermögen

wie die als Außenseiter ins Rennen ge-

allerdings nicht in jedem Spiel zeigen.

gangenen Bremer am 17. Spieltag die

Am Ende sprang ein 10. Platz heraus.

Tabellenspitze eroberten und dann

qualifiziert.

Sommer

verstärkte

Multhaup


telrennen war praktisch entschieden,

1968: Vom Tabellenende zur Vizemeisterschaft

als Werder am vorletzten Spieltag sein

Nachdem

Heimspiel gegen Dortmund mit 3:0

haup nach dem Titelgewinn zu Borus-

gewann und der Verfolger Köln gegen

sia Dortmund gewechselt war, ging es

Nürnberg nur ein 0:0 holte. Das bedeu-

allmählich bergab. Im Europapokal der

tete zwei Punkte Vorsprung und wegen

Landesmeister schied Werder im Ach-

des besseren Torverhältnisses quasi

telfinale mit 0:3 und 1:0 gegen Partizan

die Meisterschaft. Am letzten Spieltag

Belgrad aus. In der Bundesliga reich-

siegte Werder erneut, Köln verlor einen

te es unter dem neuen Trainer Günter

weiteren Punkt. Werder wurde Meister

Brocker 1965/66 zunächst noch zu

mit drei Punkten Vorsprung. Das Mult-

Rang 4. Dann aber ließen die Leistun-

haup-Team hatte zwar nur 54 Tore und

gen immer dramatischer nach. In der

damit deutlich weniger als die Konkur-

Saison 1967/68 kam es trotz promi-

renten aus Köln und Dortmund erzielt.

nenter Verstärkungen wie dem Gladba-

Es hatte aber auch nur 29 Gegentreffer

cher Stürmer Bernd Rupp zum Absturz

und damit die mit Abstand wenigsten

bis ans Tabellenende. Erst Trainer Fritz

zugelassen.

Langner, der wie ein General eiserne

nicht mehr hergeben wollten. Das Ti-

der

Meistertrainer

Mult-

Disziplin von seinen Spielern forderte, brachte die grün-weiße Truppe wieder 8. Mai 1965: Werder hat soeben sein Heimspiel gegen Dortmund mit 3:0 gewonnen. Die Spieler hören vom Unentschieden in Köln und jubeln.

in Form. Sie spielte nicht schön, aber erfolgreich. Werder sammelte Punkt um Punkt und ergatterte am Ende der

Die schönsten Sprüche „Wir haben einfach nur richtig original gut Fußball gespielt!“ Arnold Schütz auf den Vorwurf, das Meisterteam von 1965 habe oft recht unfair gespielt „Ich war zum einzigen Mal in meinem Leben vom Platz gestellt worden, und mir war alles egal.“ Arnold Schütz zu seinem Ausraster gegen Belgrad „Multhaup hat uns den Libero angeschnackt. Wir konnten erst nichts damit anfangen, weil niemand in Deutschland mit Libero spielte.“ Max Lorenz zum Spielsystem von Werder, das die Bayern später mit dem Libero Beckenbauer kopieren sollten

Spielzeit den 2. Platz hinter dem Meister 1. FC Nürnberg. Deutscher Meister! Werders Meistertrainer Willi „Fischken“ Multhaup mit dem Siegeskranz.

We rd e r 1 9 4 6 – 1 9 8 0

21


Die schönsten Sprüche „Den Titel zu holen mit einem Sieg hier in München – etwas Schöneres gibt es nicht.“ Valérien Ismaël nach dem 3:1 beim FC Bayern „Eigentlich musst du den Roland weghauen und ‚Toni’ auf den Marktplatz stellen.“ Der Werder-Vorstandsvorsitzende Jürgen L. Born bei der Meisterfeier

32. Spieltag 2003/04: Bayern-Torwart Oliver Kahn patzt, Ivan Klasnic erzielt das 1:0.

50

2003/04: Vom PaschingDebakel …

Es folgten weitere berauschende Spiele, etwa ein 4:1 gegen Schalke und ein 4:1 in Köln. Am 16. Spieltag übernahm

Mit dem erfahrenen Torhüter Andreas

Werder nach einem 3:1 in Leverkusen

Reinke und dem französischen Abwehr-

bereits zum dritten Mal in der Saison

chef Valérien Ismaël als Neuzugängen

die Tabellenspitze. Nachdem man auch

startete Werder in die Saison 2003/04.

die vier nächsten Spiele gewonnen hat-

Neu zu Saisonbeginn war auch das

te, betrug der Vorsprung auf den Ver-

Trikot in den Farben Grün und Oran-

folger FC Bayern bereits neun Punkte.

ge. War das vielleicht ein schlechtes

Werder, das insgesamt 23 Spiele in Fol-

Omen? Jedenfalls begann die Spielzeit

ge ohne Niederlage blieb, gab die Tabel-

katastrophal. Im entscheidenden Spiel

lenführung bis zum Saisonende nicht

um die Qualifikation für den UEFA-

mehr ab. Bereits am 32. Spieltag konn-

Pokal musste Werder bei dem öster-

te nach einem 3:1-Erfolg beim FC Bay-

reichischen Außenseiter FC Superfund

ern in München die Deutsche Meister-

Pasching antreten – und verlor mit 0:4.

schaft gefeiert werden. Klasnic, Micoud

Im Rückspiel blieb ein neues „Wunder

und Ailton hatten mit tollen Treffern

von der Weser“ aus. Werder erreichte

einen überheblichen Gegner bezwun-

lediglich ein 1:1 und schied aus.

gen. Nach dem letzten Heimspiel gegen

Trotz dieses miserablen Auftakts lief es

Bayer Leverkusen wurde die Meister-

dann in der Bundesliga wie geschmiert.

schale überreicht, und die Werder-Spie-

Im ersten Saisonspiel fegte Werder

ler und Trainer Schaaf durften sie voller

Hertha BSC mit 3:0 vom Platz. Ailton

Stolz in die Höhe recken! Dass dieses

traf doppelt, und Micoud krönte ein

Spiel und auch die letzte Partie in Ros-

tolles Solo mit einem herrlichen Treffer.

tock verloren gingen, kümmerte keinen. Wichtig war nur, dass Ailton noch seinen persönlichen Erfolg unter Dach und Fach brachte: Er wurde mit 28 Treffern Torschützenkönig.


Begeisterter Empfang in Bremen: Paul Stalteri und Ailton feiern die Deutsche Meisterschaft auf dem Rathausbalkon.

… zum Double-Triumph Nur eine Woche nach dem Ende die-

Die Pokalsieger von 2004

ser grandiosen Bundesliga-Saison, am 29. Mai 2004, hatte Werder vor 72.000

* KLASNIC

Zuschauern im Olympiastadion von Berlin die große Chance, erstmals in

ERNST

** BOROWSKI BAUMANN

der Vereinsgeschichte – und als dritter Verein nach dem 1. FC Köln und dem

AILTON MICOUD

*** SCHULZ

KRSTAJIC

ISMAEL

STALTERI

FC Bayern – das Double zu erringen. Im DFB-Pokalfinale legten Micoud, Ailton & Co. gegen den Zweitligisten Aleman-

REINKE

* 87. VALDEZ

** 88. CHARISTEAS

*** 88. SKRIPNIK

nia Aachen zwar keine Galavorstellung hin, zeigten aber immerhin den unbedingten Willen zum Erfolg. Borowski und Klasnic sorgten bis zum Pausenpfiff für eine beruhigende 2:0-Führung. Aachen kam dann noch einmal heran,

Pokalheld Tim Borowski küsst die Trophäe, an deren Gewinn er großen Anteil hatte.

doch der an diesem Tag überragende Tim Borowski erzielte mit einem technischen Kabinettstückchen das vorentscheidende 3:1. Am Ende hieß es 3:2. Werder hatte nach der Meisterschaft auch den DFB-Pokal gewonnen. Aus der Saison, die mit dem Debakel von Pasching so grauenvoll begonnen hatte, war am Ende die erfolgreichste in der Geschichte Werders geworden!

We rd e r 1 9 9 6 – 2 0 1 2

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DIE BESTEN WERDERANER

DIE STARS VON HEUTE OFFENSIVE Claudio Pizarro Der Mann mit dem fröhlichen Dauergrinsen war sicher einer der größten Werder-Spieler aller Zeiten. Als Pizarro 1999 zu Werder kam, sorgte er gleich für großes Raunen auf den Rängen. Die Fans sahen überragende Technik, schlitzohrige Tricks, Kopfball-, Schuss- und Nervenstärke – schlicht und einfach: Weltklasse! Zusammen mit Ailton bildete der Peruaner eines der gefährlichsten Sturmduos der Bundesliga-Geschichte. Nachdem er vorübergehend zum FC Bayern und anschließend zum FC Chelsea gewechselt war, kehrte er 2008 wieder nach Bremen zurück. Es zeigte sich, dass „Pizza“ von seinen Fähigkeiten nichts verloren hatte: In 77 Spielen schoss er 43 Tore. Nachdem er noch mal zu den Bayern gewechselt war, schlug er 2015 zum dritten Mal in Bremen auf. Der alte Mann (Jahrgang 1978!) traf erneut wie ein junger. Kein anderer ausländischer Spieler hat jemals so viele Tore in der Bundesliga geschossen wie er. Im Sommer 2017 wurde der Vertrag des inzwischen 38-Jährigen nicht mehr verlängert.

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Der 1987 in Kiel geborene FIN BART-

Lange hatten die Bremer im Sommer

ELS (22) ist ein sehr erfahrener Spie-

2017 nach einem „echten“ Mittelstür-

ler. Er kennt die 2. Liga genauso gut

mer gefahndet, der die Lücke schlie-

wie die 1. Liga. Nach einer Zeit bei

ßen könnte, die durch die Abgänge von

Hansa Rostock entwickelte er sich

Gnabry und Pizarro entstanden war.

beim FC St. Pauli zu einem Leistungs-

Sie fanden ihn in Belgien. Der Algerier

träger. Auch im Trikot von Werder ist

ISHAK BELFODIL (29), zunächst für

er seit 2014/15 fast immer erste Wahl.

ein Jahr von Standard Lüttich ausge-

Der fleißige Mittelfeldspieler hat sich

liehen, ist nicht nur ballgewandt, son-

im fortgeschrittenen Alter sogar noch

dern mit seinen 1,91 Metern auch eine

weiterentwickelt und sorgt nun auch

kopfballstarke „Kante“ im Stafraum

als kampf- und laufstarker Stürmer für Torgefahr. Als MAX KRUSE (10) 2016 einen Vertrag in Bremen unterschrieb, hatte er schon einige Länderspiele auf dem Buckel. Wie Pizarro ist auch er ein Rückkehrer: Der gebürtige Reinbeker trug das

Werder-Trikot

schon

zwischen

2006 und 2009. Nach einer Zeit bei St. Pauli, wo er gemeinsam mit Bartels in einer Mannschaft stand, landete er über Freiburg, Mönchengladbach

und

Wolfs-

burg endlich wieder in Bremen. Er bereitet den SVW-Fans mit seinen Tricks, seinem Spielwitz und seinen Torjäger-Qualitäten viel Freude. Mit insgesamt 15 Toren war er in der Saison 2016/17 der beste deutsche Torschütze in der Bundesliga. Gleich viermal traf er beim 4:2-Sieg am 22. April 2017 gegen den FC Ingolstadt.

Torgefährlich: Max Kruse.


YUNING ZHANG (19) wurde von West

Mann, der Werders Offensivspiel va-

Bromwich Albion aus der englischen

riabler machen kann.

Premier League ausgeliehen. Der Mit-

ARON JOHANNSSON (9), ein Na-

telstürmer soll sich langsam an die An-

tionalspieler der USA mit isländischen

forderungen im deutschen Spitzenfuß-

Wurzeln, stürmte zunächst in Däne-

ball gewöhnen.

mark bei Aarhus GF, dann in den Niederlanden bei AZ Alkmaar, um schließlich im August 2015 einen Vertrag in Bremen zu unterschreiben. Weil er

Yuning Zhang

des Gegners. Somit ist er genau der

Justin Eilers

Johannes Eggestein

Aron Johan nsson Poker als Hobby Max Kruse nimmt seit 2014 während der Sommerpause regelmäßig an internationalen Live-Pokerturnieren teil. Er hat dabei schon viel Geld gewonnen, das er für wohltätige Zwecke spendet.

durch eine langwierige Krankheit zurückgeworfen wurde, konnte der wuchtige Offensivmann seine Fähigkeiten in seinen ersten beiden Bremer Jahren

JOHANNES EGGESTEIN (24), jüngerer Bruder von Maximilian, erzielte für die Junioren-Nationalteams des DFB etliche Tore. 2015 war er bei der

Ishak Belfodil

nie so richtig unter Beweis stellen.

U17-WM in Chile zweitbester Torschütze. Im Juni 2016 unterschrieb er als 18-Jähriger einen Profivertrag bei Werder. Der Rechtsaußen JUSTIN EILERS (17) wechselte 2017 von Dynamo Dresden zu Werder, war verletzt, kam zu einigen Einsätzen in der 2. Mannschaft und fiel dann wegen eines Kreuzbandrisses erneut aus. Der junge Chinese

Erfahrener Spieler: Fin Bartels.

We rd e r 1 9 9 6 b i s h e u te

71


Zuschauer und Mitglieder Seit über zehn Jahren verzeichnet Werder immer mehr Stadionbesucher. Lag der Zuschauerschnitt 1999/2000 noch bei knapp 30.000, so liegt der Schnitt seit 2006/07 meist bei über 40.000. Gleichzeitig wurden immer mehr Dauerkarten verkauft. 2004 beschloss der Verein, nicht mehr als 25.000 Stück zu verkaufen. Es sollten weiterhin möglichst viele Fans die Chance haben, ein Spiel zu besuchen. Bei den Mitgliedern hat Werder noch kräftiger zugelegt. Waren es 1999 noch 3.000 Mitglieder, verzehnfachte sich ihre Zahl innerhalb von nur acht Jahren auf über 30.000. Die Erfolge unter Thomas Schaaf haben sicherlich zu diesem rapiden Anstieg beigetragen. Aber auch eine Werbekampagne, die in der Double-Saison 2003/04 durchgeführt wurde, sorgte für mehr Mitglieder. Im Jahr 2017 hatte Werder knapp 37.000 Mitglieder und damit fast so viele, wie Zuschauer ins Stadion passen.

Fans und Sympathisanten Laut Umfragen zählt Werder zu den Vereinen mit dem ublederwerbung im Do Erfolgreiche Mitglie Johan Micoud. Jahr 2003/04 mit

größten Fanpotenzial in der Bundesliga. 2012 ermittelte das Institut Sport+Markt 3 Millionen Werder-Fans, noch weit mehr finden die Bremer „sympathisch“. Einige Tausend Fans sind Mitglieder in einem Fanklub. Die meisten der insgesamt 841 Fanklubs haben sich in Bremen und Umgebung gebildet, aber es gibt auch Werder-Fanklubs in London, Barcelona und St. PetersEin früher häufig gesehenes Bild: Zuschauer, die den Eintritt sparen wollten, auf Zäunen und Bäumen.

78


Peking.

Vereinshymne „Lebenslang grün-weiß“

Für die tollen Choreografien auf den

Anlässlich der Double-Saison 2003/04

Stehplätzen in der Ostkurve sind die

komponierten die Original Deutschma-

Fangruppen der Ultra-Bewegung ver-

cher die Vereinshymne „Lebenslang

antwortlich. Die Gruppen haben Na-

grün-weiß“. Der Refrain lautet: „Hebt

men wie „Infamous Youth“, „Racaille

die Hände hoch, zeigt den Werder-

Verte“ (Grünes Gesindel) oder „Wande-

schal / Wir sind Meister und ham den

rers Bremen“.

Pokal / Werder Bremen, lebenslang

Unabhängig von den Ultras hat sich in

grün-weiß / Wir gehörn zusammen, ihr

der Saison 2015/2016 eine ganz tol-

seid cool und wir sind heiß / Werder

le Initiative entwickelt. Als die Mann-

Bremen, unser Leben lang. / Denn der

schaft

dringend

neue Deutsche Meister kommt wieder

Unterstützung brauchte, organisierten

mal vom Weserstrand.“ Und für den,

Werderfans die „Green White Wonder-

der den Wohl größten Anteil an diesem

wall“. Erst in den sozialen Netzwerken,

Erfolg hatte, sangen die Fans nach der

dann im Stadion, schließlich in der

Melodie des Beatles-Liedes „Hey Jude“:

ganzen Stadt schlug der Mannschaft

„Miii-coud …“. Der Besungene meinte

eine Woge der Zustimmung entgegen.

gerührt, von den Werder-Fans gehe ir-

Ein besonderes Zeichen der bremi-

gendwie etwas Magisches aus.

burg, ja sogar in Nairobi, Bombay und

im

Tabellenkeller

schen Verbundenheit mit Werder, das auch bundesweit für Aufsehen sorgte.

Fan-Unterstützung im Frühjahr 2016: die „Green White Wonderwall“.

Ailton beim HSV Der Ex-Werderaner Ailton kickte 2005/06 beim Nordrivalen Hamburger SV. Als Werder am 34. Spieltag in Hamburg antrat, rettete er seinem Ex-Verein die direkte Qualifikation zur Champions League, als er kurz vor Schluss das leere Bremer Tor nicht traf. Werder gewann mit 2:1 und erreichte den 2. Tabellenplatz, während der Konkurrent aus Hamburg auf Rang 3 abstürzte. Als dann wenig später auf der Homepage des HSV die „Spieler der Saison“ gewählt wurden, sorgten Werder-Fans dafür, dass dort der „Versager“ Ailton an der Spitze stand. Werder-Fans gegen Diskriminierung Alle offiziellen WerderFanklubs haben sich einem Ethik-Kodex verpflichtet. WerderFans lehnen Diskriminierung – etwa aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft oder Glauben – ab und setzen sich dafür ein, dass es in den Stadien nicht zu Gewaltausbrüchen kommt. Der Kernsatz lautet: „Wir respektieren unsere Gegner und deren Fans, das Schiedsrichtergespann sowie unsere Spieler und Zuschauer.“

We rd e r -F a n s

79


Für

Fabniss99

von 9

Welcher Spieler schoss die meisten Tore für Werder? Wer war der erste Bremer Nationalspieler? Und was hat es mit den vier „Wundern von

der Weser“ auf sich? Hier erfahren junge Werder-Fans alles über ihren Lieblingsverein: Von der Vereinsgründung 1899 bis zur spannenden Gegenwart führt sie der Autor durch die Geschichte von Werder Bremen. Er berichtet von sportlichen Triumphen und Tragödien, aber auch von heißen Nordderbys, der Geschichte

des Weserstadions und den erfolgreichsten

Trainern. Von Wynton Rufer über Johan Micoud bis Pizzaro werden natürlich auch die besten Spieler aller Zeiten vorgestellt. Kleine Anekdoten und witzige Sprüche runden dieses große Werder-Buch ab.

ISBN 978-3-89533-933-2 VERLAG DIE WERKSTATT


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