Miteinander kochen – Leseprobe

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Nici Friederichsen (Hrsg.)

Miteinander

KOCHEN Rezepte aus der Heimat von Geflüchteten und Wegbegleitern

4,–

inkl. 1 ¢ Spende


Nici Friederichsen (Hrsg.)

Miteinander kochen Rezepte aus der Heimat von GeflĂźchteten und Wegbegleitern

VERLAG DIE WERKSTATT


Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Kubba spezial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Spargelquiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Stralsunder Fischtopf und Birnensuppe mit Klüten. . . 18 Burek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Exotische Möhrensuppe mit Kokospesto . . . . . . . . . . 27 Kartoffelsalat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Taboulé . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Ägyptische Mulokya . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Qurma Palaw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Pizzavarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Kochkäse mit Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Shisbarak und Ozie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Marokkanische Hochzeitstajine . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Birnen, Bohnen und Speck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Bulani . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Dolma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Fruchtig süße Tajine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Linsenköfte mit Zaziki . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82




Vorwort

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ie Idee, ein Kochbuch mit Rezepten von Menschen zu machen, die ihre Heimat verlassen mussten, ist sicher nicht neu. Aber es ist eine gute Möglichkeit zu zeigen, wie viele Menschen in Deutschland sich nicht nur mit dem Thema Integration beschäftigen, sondern diese auch leben. Mich haben die Teilnehmer an einem Sprachkurs, den ich ehrenamtlich begleitet habe, dazu inspiriert. An jedem Abend in der Woche haben sie in ihren Unterkünften gemeinsam gekocht. Gerichte aus der Heimat, deren Geschmack und Geruch Erinnerungen aufleben ließen, die beim Essen dann Gemeinschaft und manchmal auch Trost bedeuteten. Mit der Idee im Gepäck bin ich dann über viele kleine Umwege beim Verlag Die Werkstatt gelandet. Auf der Leipziger Buchmesse haben Bernd Weidmann und Christoph Schottes vom Verlag und ich (Krankenschwester, Sozialwirtin und Trauerbegleiterin) mit Handschlag besiegelt, dieses Kochbuch zu machen – unser kleiner Beitrag zum Thema Integration. Der Verlag, der sonst seinen Schwerpunkt bei Sportbüchern hat, unterstützte mich mit seinem Buch-Knowhow, später kamen noch die Spezialisten für Ernährung und Garten vom pala-verlag dazu. Also machte ich mich auf die Suche nach Menschen, die ein Gericht aus ihrer Heimat mit mir kochen und aus ihrem Leben berichten wollten. In diesem Sommer habe ich viele kulturelle Eigenheiten aus unterschiedlichen Ländern kennengelernt. Das war möglich, weil mir eine große Gastfreundschaft entgegengebracht wurde. Egal wo ich angefragt habe, irgendwo kannte immer jemand einen anderen, der wiederrum eine Idee hatte, wer für dieses Kochprojekt in Frage kommt. 6


So bin ich dann von Ost nach West und von Nord nach Süd gereist und habe – genau wie die Teilnehmer in diesem Buch – alles auf mich zukommen lassen. Denn es ist wirklich so einfach. Gemeinsam einkaufen, schnippeln, vorbereiten, kochen und dabei viel über die Menschen und das Gericht lernen und anschließend gemeinsam essen. Das war mitunter überraschend, nachdenklich, witzig, improvisiert, herzlich und immer lecker! Damit Sie als Leser auch eine bildliche Vorstellung der Gerichte und der gemeinsamen Zubereitung bekommen, haben mir professionelle und Hobbyfotografen ebenfalls ihre Zeit und ihr Auge geschenkt. Für mich war diese Zeit in jedem Fall ganz besonders. Meine persönlichen Lieblingsbeschäftigungen wie Kochen, Fotografieren, Schreiben und Begegnungen mit Menschen waren in diesem Sommerprojekt vereint und haben mich mehr als einmal tief bewegt. Dank der großen Unterstützung und dem selbstlosen Einsatz aller Beteiligten ist am Ende dieses Kochbüchlein zustande gekommen. Egal wo wir herkommen, wie wir leben, was uns ausmacht – für uns alle gilt: „Kochen ist auch Heimat.“ Ihre Nici Friederichsen



Kubba spezial von Hasan Asfour aus Aleppo (Syrien) Fotos: Edda Wilkening

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Zutaten 1 Tasse Bulgur 2 Zwiebeln Rapsöl zum Anbraten 50 g Walnüsse 1 Frühlingzwiebel 2 EL süße Paprikapaste 1 TL scharfes Paprikapulver 1 gehäufter TL gemahlener Kreuzkümmel 2 TL Salz 2 TL Granatapfelmelasse Salatblätter (beispielsweise Romana-Salat) Cocktailtomaten und Walnusshälften zum Garnieren Petersilien- oder Korianderblätter zum Garnieren

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Zubereitung 1. Den Bulgur mit etwa der doppelten Menge heißem Wasser übergießen und etwa 90 Minuten einweichen. Wenn nötig, immer wieder etwas Wasser dazugeben. 2. Die Zwiebeln schälen, klein schneiden und sehr langsam im Rapsöl braten. 3. Die Walnüsse klein hacken und beiseitestellen. 4. Die Frühlingszwiebel putzen und fein schneiden. 5. Alle Gewürze zu dem fertig gequollenen Bulgur geben und mit Zwiebeln, Walnüssen und Frühlingszwiebeln gut vermengen. 6. Den Bulgur (mit der Hand oder mit zwei Löffeln) portionsweise auf kleinen Salatblättern anrichten. Vor dem Servieren nach Belieben mit Cocktailtomaten, Walnusshälften und etwas glatter Petersilie oder Korianderblättern verzieren.

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M

eine Reise beginnt in Burgwedel und ich werde mit Hasan Asfour kochen. Edda Wilkening hat den Kontakt für mich hergestellt. Hasan lebt seit sechs Monaten in Deutschland und hat Edda in ihrer Kirchengemeinde kennengelernt. Die beiden haben sich sofort gut verstanden und schon bald gab es die erste Anfrage an Hasan, ob er wohl ein Geburtstagsessen für 20 Personen kochen könnte. Seit diesem Event sind die beiden befreundet und treffen sich ganz regelmäßig. Hasan spricht sehr gut Englisch und übt fleißig an seinem Deutsch. Edda ist für ihn wie eine zweite Mutter – welch ein Glück für Hasan. Wir beginnen mit einem gemeinsamen Einkauf in einem kleinen Fachgeschäft für arabische Zutaten. Nicht nur zehn verschiedene Arten von Bulgur, sondern Gewürzpasten, Weinblätter und kiloweise köstlich aussehendes Fladenbrot finden sich hier. Wir erklären in einer Englisch-Hand-FußGoogle-Übersetzer-Unterhaltung Inhaber und Kunden, was wir vorhaben. Dank Smartphone findet Hasan schnell alles, was wir brauchen. Das Erste was ich lerne, ist, dass Syrer gerne für mehr Personen kochen, als potentielle „Esser“ da sind. So gehen wir am Ende mit vollgepackten Taschen zu unserem Treffpunkt. Hasan strahlt in der Küche große Ruhe aus, sofort ist spürbar, dass er das schon hundertmal gemacht hat. Im Gespräch erzählt er mir von Zuhause. Hasan ist vor sechs Monaten aus Aleppo geflohen. Den Bachelor in Economy hat er schon in der Tasche und jetzt möchte er den Master machen, erzählt er mir in perfektem Englisch. Für die Prüfungen an der deutschen Universität lernt er viel. Auch deutsche Vokabeln fließen schon manchmal mit in die Konversation: „This Kubba ist so lecker.“ Wir lachen viel und ich darf auch assistieren. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen und wir fragen uns weiter gegenseitig aus. Schon mit zehn Jahren hat Hasan neben seiner Mutter am Von der Mama daheim abgeguckt: Herd gestanden, geschaut, gefragt, geköstliche Kubba. lernt. Heute kocht er gerne für viele 12


Einkaufen, schnippeln, im Kochtopf rühren – dank Hasan Asfour ganz entspannt!

Gäste. Wenn mal etwas Wichtiges fehlt oder er eine Frage hat, dann wird die Mama, die in Istanbul lebt, per WhatsApp kontaktiert. Bei der Zubereitung werden die Zutaten mit allen Sinnen geprüft. Das scheint typisch Hasan zu sein, denn bevor etwas zu dem inzwischen eingeweichten Bulgur in den Topf wandert, wird es genauestens inspiziert oder probiert. An dieser Stelle lerne ich noch etwas Typisches: Es fehlt noch dieses und jenes, ich fahre noch einmal los, die Nachbarin hilft aus oder es wird improvisiert. Aber all das beschleunigt nur bei mir den Puls, da ich am Abend noch unsere Austauschschülerin abholen muss und ich mich frage, ob es bei den abgemachten drei Stunden bleibt. Von Hasans Gelassenheit kann ich mir gedanklich schon einmal eine Scheibe abschneiden. Bei mir zu Hause angekommen, berichte ich meiner Familie und der Austauschschülerin aus Frankreich später voller Freude von meinem ersten Kocherlebnis. Dabei essen wir Lasagne (Italien), Baguette (Frankreich), Bulgur à la Hasan (Syrien) und trinken ein Gläschen Wein (Südafrika) und Apfelsaft (deutsche Streuobstwiese). Dabei sprechen wir deutsch, französisch und englisch und manchmal auch mit Hand und Fuß wie heute Mittag. 13




Kochen bedeutet Heimat –

ganz besonders gilt das für die vielen Geflüchteten, die inzwischen bei uns leben. Nici Friederichsen hat einen Sommer lang viele von ihnen besucht, mit ihnen und mit ihren Unterstützern gekocht, ihnen zugehört und neue Welten entdeckt. Daraus wurde ein Projekt mit mehr als 50 Beteiligten, die alle unbeirrt den Weg der Integration gehen. In diesem Buch finden Sie ihre Rezepte und Geschichten. Autorin, Verlag und alle anderen Mitwirkenden verzichten auf ein Honorar – so kann pro verkauftem Buch ein Euro gespendet werden. Der Erlös geht je zur Hälfte an den Bundesverband der Tafeln und an den Bundesverband Trauerbegleitung.

ISBN 978-3-7307-0296-3 VERLAG DIE WERKSTATT


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