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Bayerisches Staatsorchester · Dreisig · Jurowski
Sa, 19.30 Uhr Werke von Richard Wagner, Robert Schumann und Gustav Mahler
23/10/23
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mo, 19.30 Uhr Gabetta · Franck
Werke von Maurice Ravel, Edouard Lalo und Mélanie Bonis
12/12/23
Wiener Philharmoniker · Thielemann
Di, 19.30 Uhr Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy und Johannes Brahms
13/02/24
Budapest Festival Orchestra · Bronfman · Fischer
Di, 19.30 Uhr Werke von Johannes Brahms
10/03/24
Tschechische Philharmonie · Hadelich · Bychkov
So, 19.30 Uhr Werke von Antonín Dvořák
05/05/24
Orchestre National de France · Kantorow · Măcelaru
So, 19.30 Uhr Werke von Lili Boulanger, Frédéric Chopin und Claude Debussy
13/05/24
Budapest Festival Orchestra · Eberle · Isserlis · Fischer
Mo, 19.30 Uhr Werke von Johannes Brahms
07/06/24
Oslo Philharmonic · Mäkelä
Fr, 19.30 Uhr Werke von Carl Maria von Weber, Jean Sibelius und Alexander Zemlinsky
Veranstaltungen im Abonnement erhältlich. Weitere Informationen unter konzerthaus.at/2324OI
Robert Schumann
Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61
Entstehung 1845–1846
Besetzung 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken, Streichorchester
Uraufführung 5. November 1846 in Leipzig durch das Gewandhausorchester unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy
Erstaufführung im Wiener Konzerthaus 11. Februar 1917 durch das Orchester des Wiener Konzertvereines unter der Leitung von Martin Spörr
Anzahl der bisherigen Aufführung im Wiener Konzerthaus 37
Wie seine Generationsgenossen Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Liszt und Richard Wagner sowie der etwas ältere Hector Berlioz war Robert Schumann einer jener romantischen Komponisten, die die Entwicklung der symphonischen Musik gegen Mitte des 19. Jahrhunderts entscheidend vorantrieben. Innerhalb dieser Gruppe fällt Schumann sogar die Rolle des eigentlichen Symphonikers zu. Anders als Mendelssohn, der trotz mancher formaler Experimente im Grunde an der klassischen Gattungsnorm festhielt, anders als Berlioz und Liszt, die sich ganz auf die Entwicklung der Programmsymphonie und der symphonischen Dichtung konzentrierten, und anders als Wagner, dessen Innovationen in den Bereichen des Orchesterklangs und der Harmonik sich nicht in der symphonischen Musik, sondern im Musikdrama realisierten und erst mit einiger Verzögerung und nur indirekt auf die weitere Entwicklung der Symphonie zurückwirkten, setzte sich Schumann in seinen Symphonien tatsächlich mit der Gattung als solcher und mit der
Veränderung ihrer Norm auseinander. Worin aber bestehen Schumanns Innovationen auf diesem Gebiet? Vor allem darin, dass seine Symphonien eben nicht einem allgemeinen Formschema folgen, sondern dass jede von ihnen – bereits ganz ähnlich wie später diejenigen von Gustav Mahler – eine individuelle Form realisiert. Und wie dann bei Mahler – und anders als bei Berlioz und Liszt – sind diese individuellen formalen Lösungen nicht primär von programmmusikalischen (und damit eigentlich außermusikalischen) Erfordernissen diktiert, sondern Konsequenz einer innermusikalischen Logik der Entwicklung des thematischen Materials. Im Anschluss vor allem an die späten kammermusikalischen Werke Ludwig van Beethovens bemühte sich Schumann in seinen Symphonien um die Herstellung eines möglichst innigen thematischen Zusammenhangs zwischen den Sätzen. Dabei bleiben die Themen und Motive jedoch keineswegs mit sich selbst identisch, sondern unterliegen einem tiefgreifenden Wandel ihres Ausdrucksgehaltes. Sie erleben individuelle Geschichten, erleiden gleichsam ein Schicksal.
Ein Zeitgenosse Schumanns setzte dessen 2. Symphonie mit der Bemerkung herab, diese Komposition sei »durch Mendelssohn verleitet, durch Beethoven geblendet und durch Bach gelähmt« worden. Nun wäre es kein Einzelfall in der Geschichte der Rezeption von Musik, dass eine Kritik genau das an einem Werk bemängelt, was seinen eigentlichen Wert ausmacht. Es ist anzunehmen, dass der literarisch gebildete Schumann mit Friedrich Schlegels Einschätzung vertraut war, nach der »romantische Dichtungen« –zu denen gemäß dem Konzept der Einheit der Künste auch musikalische Texte gehören – »einen desto höheren Wert« hätten, »je mehr sie auf geschichtlichem Boden ruhen«. Die »hohe Wissenschaft echter Kritik« soll nach Schlegel den Künstler lehren, »daß die Blüte und der Kern fremder Geister Nahrung und Same werde für die eigene Phantasie«: In einem romantischen Kunstwerk seien »Genialität und Kritik« miteinander verbunden.
»Romantisch« ist Schumanns Zweite nun zunächst dadurch, dass ihre Gestalt – gemäß Schlegel – auf einer »Synthetisierung aller alten Poesie« beruht. »Alles Neue«, formuliert Schlegel stellvertretend wie maßstabsetzend für eine ganze, bis weit hinein ins 20. Jahrhundert reichende Epoche, »ist Kombination und Resultat des Alten«. Durch zahlreiche Verweise auf unterschiedliche Werke der Kompositionsgeschichte »ruht« Schumanns Zweite, um erneut mit Schlegel zu sprechen, »ganz auf historischem Grunde«. Schon die Tonart teilt sie, wie Schumann selbst hervorhob, mit Wolfgang Amadeus Mozarts »Jupiter-Symphonie«, aber auch mit Franz Schuberts »Großer C-Dur-Symphonie«, die Schumann 1838 in Schuberts Nachlass entdeckt hatte. In der Einleitung greift Schumann auf ein Motiv zurück, das dem Beginn von Joseph Haydns letzter Symphonie entlehnt sein mag. Mit vielen Symphonien Haydns teilt Schumanns Zweite auch die fast monothematische Anlage des ersten Satzes. Die Vertauschung der im 18. Jahrhundert üblichen Abfolge von Adagio und Scherzo geht wohl auf Beethovens Neunte zurück, und von Mendelssohns »Schottischer« mag Schumann dazu inspiriert worden sein, gegen Ende des ganzen Werkes ein neues Thema zu exponieren, das sich im Rückblick gleichsam als die Summe des Ganzen entpuppt.
Eng im Zusammenhang mit Schlegels Vorsatz, durch Umbildung von Bekanntem Neues zu erfinden, steht sein Ideal einer »unauflöslichen Mischung aller Dichtarten und poetischen Elemente«. Auch diese poetologische Vorstellung findet ihren Widerhall in Schumanns Tonsprache. Das fast schon beängstigende Perpetuum mobile des Scherzos erweist sich der »Elfenmusik« aus Mendelssohns Schauspielmusik zu Shakespeares »Sommernachtstraum« ebenso verbunden wie dem siebenten Stück aus seinen eigenen »Kreisleriana«. Seit Anfang der 1840er-Jahre studierte Schumann intensiv die Instrumentalmusik Johann Sebastian Bachs, bei dem er den »Ursprung« des »Tiefcombinatorische[n], Poetische[n] und Humoristische[n] der neueren Musik« ortete. Diese Beschäftigung sollte in vielen seiner Werke ganz unterschiedlicher Genres ihre Spuren hinterlassen. So auch hier: Das expressive Adagio cantabile beschwört offenkundig das Largo der Triosonate aus dem »Musikalischen Opfer«, das B-A-C-H-Motiv erscheint dort mehrfach in kunstvollen Kombinationen im Krebs, der kontrapunktische Mittelteil dieses Satzes zitiert das »Tiefcombinatorische« Bachs wörtlich herbei.
Doch so, wie Schlegel verlangte, einem »Mischmasch von allen anderen Literaturen ohne Zusammenhang« vorzubeugen, und forderte, dass zu jeder poetischen »Verjüngung« des Alten »ein sicheres Vereinigungsprinzip, wodurch alles wieder zum Ganzen
Kultur setzt immer wieder starke Akzente.
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Mit diesen Konzerten gehen die Zyklen »Meisterwerke«, »Grenzenlos Musik« und »Orchester international« für diese Saison zu Ende.
Wir hoffen, dass Sie im Wiener Konzerthaus viele inspirierende und schöne Veranstaltungen erlebt haben, und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen.