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Die aus der Reihe tanzen
Die Klassik haben sie »im Blut«. Die »Lust am Spielen« haben sie in den Fingern. Und das X? Das tragen die sieben Herren des Vienna Berlin Music Club nicht nur im Namen, das haben die Philharmonix auch im Programm. Mehr, genauer: das Beste davon am 23. April im Großen Saal
VON MARTINA FLECK-REGENFELDER
Frack tragen sie nicht. Fliege auch nicht. Stattdessen: T-Shirts, dunkle Anzüge, schwarze Lackschuhe. Und: ein rotes Sakko. Das gehört dem Bratschisten. Das ist, seitdem der »einfach mal damit aufgetaucht ist«, Teil der Bühnengarderobe. Und das stand auch Pate für einen Namen, der (mehr als) Programm ist: Philharmonix, mit einem (sakko-) roten X am Schluss.
Und was stand am Anfang? »Sieben begeisterte Musiker«. Genauer: drei Wiener Philharmoniker (Klarinettist Daniel Ottensamer, Bratschist Thilo Fechner und Bassist Ödön Racz), zwei Berliner Philharmoniker (Geiger Noah Bendix-Balgley und Cellist Stephan Koncz), ein Wiener Pianist (Christoph Traxler) und ein Wiener Violinist (Sebastian Gürtler). Letzterer singt auch (manchmal), ersterer moderiert auch (immer), und einer, nämlich Cellist Stephan Koncz, spielt auch mal Triangel, Melodica oder Shaker. »Aber sonst bleibt jeder bei seinem Instrument«, lacht Daniel Ottensamer. Und auch wenn die Besetzung eine sehr spezielle ist, fehlt da »nichts«: »Wir können alles spielen, was wir wollen!«
Alles, das ist bei den Philharmonix »Filmmusik bis Schönberg«, das ist John Williams und Coldplay (»da hatten wir ein tolles Projekt im Wiener Konzerthaus, mit hundert Sängerknaben auf der Bühne – das wollen wir wieder machen«), das ist Anton Bruckner (»beim letzten Konzert haben wir Bruckners Vierte in der Kammermusikfassung gespielt«) und Arnold Schönberg. Vor allem aber: Das ist ganz viel Eigenes.
Falco, Fugen, Filmmusik: Wir stellen uns bewusst keine Grenzen auf
»Wir haben zwei große Komponisten bei uns«, erzählt Daniel Ottensamer (und meint Stephan Koncz und Sebastian Gürtler), »die schreiben auch für große Orchester», die schreiben aber auch für jedes der Abo-Konzerte, die die Philharmonix dreimal im Jahr im Großen Saal des Wiener Konzerthauses spielen. Da gibt’s auch keine gedruckten Programmhefte. Dafür gibt’s jedes Mal »ein komplett neues Programm«. Und dafür wird auch »das ganze Jahr geschrieben, das ist ein Haufen Arbeit.« Und: Das wird auch immer ans Publikum angepasst, soll heißen: »Wir wechseln manchmal auch mitten im Programm!« Dafür braucht’s dann auch einen Moderator. Dafür braucht’s »ganz viel Lust am Spielen«. Und: Dafür braucht’s ganz viel Können.
»Egal ob Pop oder Volksmusik: Der Qualitätsanspruch muss ganz hoch sein«, meint der Philharmonix-Klarinettist. Dafür sind »herausragende Musiker« notwendig, und außerdem auch echte Freundschaften. »Viele von uns kennen sich seit Ewigkeiten«, so Ottensamer, »wir sind eine richtig eingeschworene Gruppe«. Nur so könnten sie auch »eigene Wege erarbeiten«: »Wenn wir ›nur‹ Mozartquintette spielen würden, wär’s was anderes.« Überhaupt sei die Konkurrenz oder gar Feindschaft zwischen Europas wichtigsten philharmonischen Orchestern, den Wienern und den Berlinern, eine Erfindung »von außen«. Schließlich war auch einer der Philharmonix erst bei den einen (in Wien) und ging dann zu den anderen (nach Berlin).
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Und wie war das jetzt mit dem X? Sitzt das zwischen Wien und Berlin? Oder steht das gar zwischen E und U? »Damit kann ich gar nichts anfangen«, erklärt Daniel Ottensamer. Schon Bernstein habe gesagt, es gäbe keine E- und keine U-Musik, sondern nur gute und schlechte Musik. »Und wir wollen gute Musik machen – das ist unsere Einteilung!« Und das X? Das stehe für das Unkonventionelle. »Es muss etwas sein, das aus der Reihe tanzt.«
Was das für das »Best of« am 23. April heißt? »Wir haben noch keine Ahnung«, lacht der Klarinettist. Aber: »Wir haben einen Klassiker, das ist Stings ›Englishman in New York‹, den wollen wir endlich mal wieder in Wien spielen. Und wir werden sicher unseren Beethoven-Swing spielen.«
Und sonst? Sind sie mit ihrem »Best of« auf Tour. Und bringen »im April oder im Mai« schon ihr viertes Album heraus: »Baltica«. Das würden die Sieben auch gern »dort spielen, wo die Musik herkommt«, im Baltikum. Aber erst spielen sie (wieder) in Wien. Ohne Frack. Ohne Programmheft. Aber mit rotem Sakko. Und mit »ganz viel Lust am Spielen«.
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KONZERTTIPP
23/04/25 Mi, 19.30 Uhr · Großer Saal
Philharmonix
»Best of Philharmonix«
Karten unter: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/61997