ISSN 18695205
Porträt Wolf Erlbruch – Illustrator und Kinderbuchautor Ausstellung Eric und Jula Isenburger im Zentrum für verfolgte Künste Tanztheater Neueinstudierung: Die sieben Todsünden/Fürchtet Euch nicht Musik Porträt des Kammerchors amici del canto Buchprojekt Anja Eder sucht Wildbienenhelfer
01/ 2 018 J a n u a r - M ä r z / 5. 8 0 €
iStock, Graph JosefLili Muellek © iStock,
VON DER HEYDT
KUNSTHALLE WUPPERTAL-BARMEN
Driss Ouadahi, Les milles et des étoiles, 2009, Courtesy Nadour Sammlung
25.2. - 6.5.2018
Knospe, Spaten und Feines – für die kommende Gartensaison
MIT BEITRÄGEN WEITERER KÜNSTLER
Die beste Zeit 90,3b_127,5h.indd 1
von-der-heydt-kunsthalle.de
Schloss Lüntenbeck 17. und 18. März 2018
Textilmarkt
Schloss Lüntenbeck 2. bis 5. Juni 2011 Öffnungszeiten: 11 bis 18 Uhr Eintritt: 5 €, Kinder bis 12 Jahre frei Anfahrt und Parken: www.schloss-luentenbeck.de
19.11.2017 16:56:16
Bühne frei ...
Das neue Forum für die lokale Kulturszene
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OFFSET COMPANY
Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, eigentümlich und besonders ist sie, die Kunst- und Kulturszene in Stadt und Region. Sie ist pulsierend und schräg zugleich. Das macht ihre Qualität aus und ihr Potenzial. Und das habe ich in meinen elf Jahren als Dramaturgin hier in Wuppertal lieben gelernt. So kennen und schätzen viele Menschen ihre Stadt. Sie vermag zu bewegen und zu berühren. Lokal bis international ist sie präsent, über Grenzen und Kulturen hinweg. Zugleich ist sie sich selbst eine Herausforderung. „die beste Zeit“ als „Das Kulturmagazin im Bergischen Land“ spielt aus meiner Perspektive als Kunstschaffende eine wichtige Rolle, denn sie macht die Kunst- und Kulturszene sichtbar. Darin liegt ihre so unterstützenswerte Bedeutung. Mit viel Engagement baut sie eine Art Brücke für Kunst und Kultur. Sie ist ein Fenster, denn die Texte und Bilder eröffnen neue Blickwinkel und Perspektiven oder erlauben es, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. „die beste Zeit“ ist zugleich ein Spiegel, denn sie erlaubt es, die Kunst durch Beobachtungen neu zu erkennen, zu verstehen und auch zu hinterfragen. Es entsteht eine neue Form von Bewusstheit, die beitragen kann zu all den Veränderungsprozessen, die das Leben an sich, die Menschen, die Kunst und Kultur prägen. Zu der einzigartigen Merkwürdigkeit von Stadt und Region tragen entscheidend vielseitige Künstlerinnen und Künstler bei. Der Kinderbuch-Illustrator Wolf Erlbruch ist einer von ihnen, der sich inspirieren lässt von den komischen und skurrilen Alltagsszenen vor Ort. Für seinen künstlerischen Prozess sind Scheitern und Zweifeln wichtig, sie machen seine Kunst so lebendig. Doch dies trifft auf zahlreiche Projekte aus dem Bergischen zu. Wie sehr die Welt mit Wuppertal und Wuppertal mit der Welt verbunden ist, zeigt sich im Tanztheater, in der Pina Bausch Fellowship oder bei dem Projekt „DANCE! The NELKEN-Line“ der Pina Bausch Foundation. Das ElseLasker-Schüler-Forum in Ascona und auf dem Monte Verità oder auch das Gargonza Arts Projekt im Museum Schloss Morsbroich verweisen darauf, wie wichtig Begegnungsorte und -foren für Künstlerinnen und Künstler sind. Im Bergi-
schen Land ist die Welt im Zentrum für verfolgte Künste in Solingen erfahrbar: mit „Von Frankfurt nach New York“, einer Ausstellung über das Künstlerpaar Eric und Jula Isenburger, und mit „S.O.S. Méditerranée“, einer Präsentation der Graphic Novel von Peter Eickmeyer und Gaby von Borstel. Wie sehr Engagement für Wuppertal steht, zeigt eine eigene Kunst für sich: das hingebungsvoll recherchierte und gestaltete Buch „Wildbienenhelfer“ von Anja Eder. Engagement und Hingabe sind Nährboden und Movens für viele zukunftsweisende Initiativen in der Stadt, so auch für „Freies Netz Werk Kultur e.V.“. Seit über eineinhalb Jahren formiert sich dieser Zusammenschluss von Kunstschaffenden und -interessierten, für den ich selbst aktiv bin. Frei steht hier weniger für eine freie Szene als für eine Freiheit von Kunst und Künstler*innen. Freiheit ist hier kein abstrakter Begriff, sondern setzt ganz pragmatisch im Leben an, wie vor Jahrzehnten von Heinrich Böll im Schauspielhaus gefordert. Der als Mahner, Erinnerer und Aufrüttler bekannte Autor wäre Ende 2017, am 21. Dezember, 100 Jahre alt geworden. Damals wie heute ist die Frage nach Freiheit eng verbunden mit Kunst und Kultur. Wie ein Seismograf wirft die Kunst immer neu und anders, ästhetisch, sinnlich und fordernd Fragen auf und zeichnet Wege. Spartenübergeifend, als Gemeinschaft und im Austausch möchte „Freies Netz Werk Kultur“ Kunst und Gesellschaft mitgestalten und zukunftsweisend mitentwickeln. Einen guten Start ins beginnende Jahr wünscht herzlich Uta Atzpodien
Foto: Dorothea Schwabe
Inhalt 12 Treffen mit Wolf Erlbruch
Ich bin jemand, der immer zweifelt Driss Ouadahi in der Von der Heydt-Kunsthalle
Am Beispiel Architektur Eric und Jula Isenburger
Von Frankfurt nach New York
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Graphic Novel
Liebe deinen Nächsten Christiane Löhr im Skulpturenpark Waldfrieden
ATTRAZIONE
Eva Hild im Skulpturenpark Waldfrieden
ENTITY
Gerd Hanebeck – 1939 bis 2017
Der Traum von Afrika
Interdisziplinäre Förderung junger Künstler*innen
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Gargonza Arts
4 12 20 23 26 28 30 32
„Die sieben Todsünden/Fürchtet Euch nicht“
Von Wegen und Irrwegen auf der Suche nach dem Glück
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Pina Bausch Fellowship
Aus der Welt nach Wuppertal und wieder hinaus
28 2
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Verlängerung: DANCE! The NELKEN-Line
Tanzen durch die Jahreszeiten
Neu gegründet: „Freies Netz Werk Kultur e.V.“
Für den Stoffwechsel unserer Stadt
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Else-Lasker-Schüler Forum in Ascona und auf dem Monte Verità
„… möchte so gern in die Schweiz zurück, genau wie ein Zugvogel“ Mit den Augen eines Tänzers betrachtet
Seniorentanztheater
Streichquartette – vom Barock bis in unsere Zeit
Saitenspiel: Passions-Wochenende „My Fair Lady“ und „Hänsel und Gretel“
Publikumsrenner und Familienstück Der Kammerchor amici del canto
Zehn Jahre begeisternder Vokalklang Tonleiter im Skulpturenpark: CD-Neuerscheinung
John Adams – American Berserk
Wie jeder von uns Wildbienen helfen kann
Wildbienenhelfer gesucht
Ausstellungen, Bühne, Musik, Literatur, Kino
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46 52 56 58
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61 64 66
Kulturtipps Verkaufsstellen
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Impressum
80
79
66 3
Wand im Atelier, Foto: Wolf Erlbruch
Ich bin jemand, der immer zweifelt 4
Treffen mit Wolf Erlbruch
Ein großer Atelierraum: vier Tische, auf jedem Stifte, Pinsel, Schere, Papier. An den Wänden Fotos, Zeichnungen, Entwürfe, Plakate. Zwei Fensterfronten, die hohen Bäume rundum wachsen fast in den Raum. Die meisten Blätter sind noch grün, nur manche lassen schon den Herbst erahnen. Welche Jahreszeit er am liebsten habe? „Winter“, sagt Wolf Erlbruch und lächelt „Kahle Bäume bescheren Licht und Klarheit.“ Wolf Erlbruch ist gerade aus Stockholm zurückgekommen. Er hat dort als erster Deutscher den Astrid-Lindgren-Preis entgegengenommen, die bedeutendste internationale Auszeichnung für Kinder- und Jugendliteratur, eine Ergänzung zum Literaturnobelpreis, mit fünf Millionen Kronen (mehr als eine halbe Million Euro) dotiert. „Eine harte Tour.“ Viele Interviews, täglich Programm, zwölf Tage lang. Überrascht sei er von der Herzlichkeit der Gastgeber gewesen. „Schön und anregend“ fand er vor allem die Lesungen in Schulen. Er habe in vielen Schulklassen mit seinem jugendlichen Publikum diskutiert. Die Auszeichnung an Wolf Erlbruch wurde in den Medien im In-und Ausland ausnahmslos gelobt. „Selten so konsequent geehrt“, schrieb die FAZ. Erlbruch wurde 1948 in Wuppertal geboren. Sein Vater war Textiltechniker „mit viel Sinn für Stoffe, Gewebe, Farben und Genauigkeit“ - eine wichtige Person in Erlbruchs Leben. Geprägt hat seine Kindheit auch der Großvater. Er besaß ein kleines Bauernhaus in Sprockhövel und hielt dort Ziegen, Schafe, Hühner. Keine ländliche Idylle, sagt Erlbruch, er habe dort hartes bäuerliches Leben kennengelernt. Eindrücklich das Schlachten der Tiere - „die Hühner liefen einfach noch weiter, nachdem ihr Kopf abgeschlagen war.“ 5
Illustration aus „Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs“
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Wann begann er zu zeichnen? „Mit zwei Jahren.“ Alles, was er sah, kritzelte er auf Papier, manchmal auf Obsttüten, immer, wenn er draußen war, beim Einkauf mit der Mutter auf dem Markt, im Lebensmittelgeschäft. Erlbruch erinnert sich, dass er schon als Kind ein guter Beobachter war, komische, skurrile Situationen im Alltag erfasste. „Da stand ich wohl oft stundenlang und schaute.“ Wuppertal blieb für ihn immer Lebensmittelpunkt. Warum? Weil Wuppertal eine schräge, komische, merkwürdige Stadt sei mit unverhofften Blicken, seltsamen, auch geheimnisvollen Ecken, immer wieder neu und überraschend - „sie tut nichts dazu, sie ist einfach so.“ Er könne jedenfalls nirgendwo anders arbeiten. Außerdem sei hier immer die Kunst lebendig gewesen. Er habe viele Erinnerungen an die Galerie Parnass mit Happenings und Künstlern wie Vostell, Beuys oder Nam June Paik, „das waren damals für einen jungen Menschen wichtige Erfahrungen“. Dann kam 1973 Pina Bausch nach Wuppertal und machte neues aufregendes Tanztheater. Erlbruch kannte Pina Bausch schon aus Essen. Aber eher „von Weitem“. An der dortigen Folkwangschule (heute Folkwang Universität) hatte er studiert, ebenso wie Pina Bausch vor ihm. Nach dem Studium arbeitete Erlbruch zunächst in der Werbung. Damals sei er beruflich oft in England, meist in London gewesen und habe „die Skurrilität der Engländer“ studieren können. Lehrstunden für den späteren Illustrator. 1990 begann seine Lehrtätigkeit als Professor für Illustration an der Fachhochschule Düsseldorf. Von 1997 bis 2009 schloss sich eine Professur im Fachbereich Architektur/ Design/Kunst an der Bergischen Universität Wuppertal an, und danach lehrte er bis 2011 an der Folkwang Universität. Was hat er seinen Studenten beigebracht?
Kinderzeichnung von Wolf Erlbruch, 1951
Auf die gleiche Frage habe ihm Heinz Edelmann, „der Alleskönner“, dessen Lehrstuhl Erlbruch in Düsseldorf später übernehmen sollte, geantwortet: „Ich habe einem beigebracht, wie man mit der Feder zeichnet. Und einen für die Beschäftigung mit Aquarellfarben gewinnen können.“ Das habe ihn, so Erlbruch, damals „sehr ernüchtert“. Er selbst aber habe den Austausch mit den Studenten als wichtig und auch lehrreich erlebt. Besonders stolz sei er, dass er einen Studenten dazu gebracht habe, „wie der Teufel“ zu lesen. „Und alle habe ich immer wieder dazu ermutigt, alles, wirklich alles immer wieder anzuschauen, als wär’s das erste Mal.“ 7
Der Ruhm als Kinderbuch-Illustrator kam schon früh: vor fast 30 Jahren, 1989, mit seinem zweiten Kinderbuch „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“ (nach einem Text von Werner Holzwarth). In über 30 Sprachen übersetzt, bis heute millionenfach verkauft, wurde die Geschichte vom Maulwurf, der, eine braune Wurst auf seinem Kopf, voller sichtbarer Empörung auf seinen kleinen Beinen von Buchseite zu Buchseite rennt, um zu erfahren, wer der Missetäter war, zum erfolgreichsten Buch. Doch Erlbruch wollte sich nicht ausruhen auf dem Ruhm, sich nicht festlegen lassen, nicht der Routine verfallen, Er suchte neue Mittel und Wege, wollte „sich selbst überraschen“, experimentierte weiter. Die Collagetechnik aus geschnittenen, vergilbten, bedruckten farbigen Papieren, Landkarten, mathematischen Bildtafeln, Rechnungsbüchern, braunen Pappen, karierten Stoffmustern wurde sein unverkennbarer Stil. Das sei ein langer Prozess gewesen, wie er überhaupt an jedem Buch lange arbeite, denn auch Scheitern gehöre zum künstlerischen Prozess. Außerdem sei er jemand, „der immer zweifelt“. Auffallend sind die vielen leeren Flächen auf den Bildern - das mache er bewusst. Leere Flächen als „Orte für eigene Gedanken“. Und immer gibt es auch kleinere Dinge, die die Kinder hinterfragen müssen. Mit den Eltern natürlich. Sie sollen nicht nur vorlesen, sondern auch mit ihren Kindern darüber reden. Heute sind es über 40 Bücher, die Erlbruch illustriert hat. Viele davon nach Texten anderer Autoren, einige der schönsten nach eigenen Geschichten. Zum Beispiel „Nachts“: Der kleine Fons kann nicht schlafen, weckt seinen Vater und geht mit ihm in die dunkle Nacht hinaus, spaziert durch Erlbruchs Wunderland. Während der Vater seinem Sohn immer wieder erklärt, dass alle schlafen und nichts los sei, sieht dieser auf dem mondbeschienenen Spaziergang die seltsamsten Dinge und Lebewesen: Ein Riesenfisch fährt eine Erdbeere in einem Holzkarton spazieren. Eine Maus sitzt in einem Ruderboot, eine Tulpe fährt Rollschuh. Bäume und Sträucher haben Gesichter - das glücklichste Gesicht hat Fons. In all seinen Kinderbüchern und Kinderzimmerkalendern erhebt Erlbruch nie den Zeigefinger, nie sind seine Geschichten und Bilder „pädagogisch“. Dennoch können seine jungen Leser viel über das Leben lernen. Erlbruch begegnet den Kindern nicht von oben herab, sondern auf 8
Skizzen zum KinderzimmerKalender „Zeit“ 2006
9 Plakat für die Wuppertaler Bühnen 1995
Illustration aus „Ente, Tod und Tulpe“
Augenhöhe, ohne sich anzubiedern. Er hat sich Naivität bewahrt, verrät aber nie den Künstler. So gelingt ihm der seltene Spagat, den (Kunst-)Anspruch der Erwachsenen mit der fantasieanregenden Freude der Kinder zu verbinden. Der Beweis: Er bekommt so manchen begeisterten Dankesbrief von älteren Lesern, Dank dafür, dass das „Kind in ihnen“ beim Lesen und Anschauen seiner Geschichten wieder lebendig werde. Ja, darüber freut er sich. Ist Anerkennung wichtig für ihn? „Was ist schon Anerkennung? Sie tröstet mich nicht.“ Wozu Trost? Erlbruch wird 70. Die Kraft lässt nach, ein Naturgesetz. „Das Ungestüme, Unbeschwerte der jungen Jahre ist weg.“ Ist der Tod so, wie er ihn in seinem Buch „Ente, Tod und Tulpe“ darstellt? Sanft und behutsam? Erlbruch korrigiert: Das sei im Buch nur die eine Seite des Todes. „Gleichzeitig 10
aber ist er unerbittlich“ - er komme für jeden unausweichlich. Er habe vor dem Sterben keine Angst. Gibt es ein Danach? „Nein, da kommt nichts mehr.“ Hat er Pläne für neue Bücher? Ja, viele Ideen. Mehr will er nicht sagen. Sicher ist, dass der Kinderzimmerkalender nicht mehr von ihm, sondern wie schon in diesem Jahr von seinem Sohn Leonard gestaltet wird. Er ist sehr begabt, lebt und arbeitet in Leipzig und hat sich längst einen Namen als Illustrator von Kinderbüchern gemacht. Vater Wolf wird wie bisher in Wuppertal seine Geschichten erfinden. Wird weiterhin sein Tier- und Menschenpersonal liebevoll gestalten, inmitten einer Welt voller Rätsel, Geheimnisse und Absurdität - mit dem offenen, unverstellten Kinderblick des Künstlers. Anne Linsel
Skizzen zu „Ente, Tod und Tulpe“
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Brise, 2009, Öl auf Leinwand, 190 x 240 cm. Privatsammlung Krefeld © alle Werkabbildungen: Driss Ouadahi
Am Beispiel Architektur Der aus Algerien stammende Maler Driss Ouadahi mit einem Werküberblick in der Von der Heydt-Kunsthalle Barmen
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Driss Ouadahi, Foto: Amir Ouadahi
Plötzlich war diese Malerei da. Gleich mehrere Künstler betraten in den frühen 2000er-Jahren die Bühne mit ganz neuartigen Gemälden, die anhand geometrischer Strukturen in leuchtender, mitunter neonfarbener Buntheit eine Verschränkung von Fläche und Raum vor Augen führten. In Deutschland entwickelten etwa Martin Kobe, Driss Ouadahi und David Schnell eine solche Bildanlage, die sich in ihrem Tiefenzug selbst aushebelt. Indem die Darstellungen zudem auf den Menschen (als Maß und als erzählerisches Motiv) verzichten und mit der Wiederholung und Variation von Strukturen handeln, scheinen Zustände ohne Zeit und ohne Größenverhältnisse beschrieben. Zu sehen sind architektonische Elemente, im Besonderen aufeinander aufliegende lang gestreckte Achsen, die die Szenerie mit rasanter Geschwindigkeit aufladen. Der lichthell flutende Raum und das ausbalanciert Ortlose tragen zur verführerischen Schönheit der Gemälde bei. Dies und die teils glühende Farbigkeit entsprechen in diesen Jahren dem Virtuellen des Digitalen und der Bildsprache von ScienceFiction-Filmen, die etwa das Binäre des Computers und die artifiziellen Räume des Internets bildgewaltig übersetzen. Referenz für die Malereien aber bleibt die Stadt als Topos für Urbanität, anonyme Machtausübung und Fortschritt. Damit und mit der damit verknüpften emotionalen Aufladung hören freilich die Gemeinsamkeiten auf, zumal die Künstler vor unterschiedlichen Hintergründen begonnen und sich ihre Malereien im Laufe der Zeit verändert haben. 13
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Three trees, 2017 Öl auf Leinwand 180 x 200 cm
Spuren der Wirklichkeit Der Künstler, der über all die Jahre und konträr zum ersten Eindruck konstant der Wiedergabe der sichtbaren Realität verpflichtet blieb, ist Driss Ouadahi. Die Ausstellung, die ab Ende Februar in der Von der Heydt-Kunsthalle zu sehen ist, begründet dies mit seinen gesellschaftskritischen Anliegen. Schon seine Malerei bezieht sich direkt auf Formulierungen der Wirklichkeit. Die malerischen Strukturen - der Auftrag der Farbmaterie, ihre Brüchigkeit mit den harten Kanten und Farbrinnsalen und ihre tektonische Konstruktion - verweisen auf funktionale Hochhausarchitekturen mit ihren Zellen im Maß des Menschen. Für Driss Ouadahi stellt die Nachkriegsmoderne mit der Architektur von Le Corbusier eine wichtige, kritisch analysierte Referenz dar. Ein Moment des Nostalgischen klingt bei den Fassaden noch im zeitweilig pastellfarbenen, locker gestrichenen Farbauftrag an. Driss Ouadahi wurde 1959 im marokkanischen Casablanca geboren, wohin seine Familie während der politischen Unruhen in Algerien gezogen war. 1962, nach der algerischen Unabhängigkeit von Frankreich, kehrt die Familie, die von Berbern abstammt, nach Algier zurück. Driss Ouadahi studiert dort vor allem Architektur. Nach mehreren kürzeren Aufenthalten in Paris hält er sich von 1982 bis 1983 ganz in der Seine-Metropole auf, zieht dann aber wieder, als einer der ersten Studenten der dort neu eröffneten Kunstakademie, nach Algerien. 1988 reist er nach Düsseldorf, um sich an der weltberühmten Akademie einzuschreiben: Michael Buthe nimmt ihn in seine Klasse auf. Seitdem lebt Driss Ouadahi in der Landeshauptstadt. 15
Wichtige Aspekte seiner Malerei, die noch auf seinen Erfahrungen in Algerien und Paris beruhen, sind nach wie vor im Werk präsent. Das betrifft besonders die Auseinandersetzung mit den Strukturen von Architektur - wie dem Ornament, dem Raster und überhaupt der Gestaltung der Fassade -, aber auch mit den Schauplätzen der Gebäude: dem Kontext von Städtebau und der Gestaltung von Wohnraum. Eine wichtige Rolle spielt auch das Tageslicht der südlichen Länder. So malt er in den späten 1990er-Jahren Fassaden als abstrakte, geometrisch ineinander geschachtelte, hell beschienene Felder. Etwas später erfasst er Architektur als stilisiert blockhafte Form, die im Landschaftsraum in die Ferne gerückt ist. Vorgetragen in breiten horizontalen, im Ansetzen gestauchten Pinselstrichen, wirken die Bauten wie aufgeheitzt im Gegenlicht. Schon darin liegt eine Reminiszenz an die Siedlungen in der Wüste, die Driss Ouadahi in langen Aufenthalten in seiner Kindheit kennengelernt hat. Damit aber handeln die Bilder, mit denen er in Deutschland zunächst in Erscheinung getreten ist, von Fragen der Heimat im Urbanen. Er untersucht das anhand beiläufiger und assoziativer Spuren: Nicht die Architektur ist das entscheidende Sujet, sondern Strukturen an dieser; nicht die Landschaft ist ausdifferenziert, aber das Licht in dieser. Gefragt ist immer auch die Perspektive als Einbezug des Betrachters. So formuliert er in seinen Gemälden anschließend eine extreme Nähe zu den Hausfassaden. Er arbeitet die bauliche Substanz in ihrer Sinnlichkeit heraus. Der Blick schweift steil von unten über die massiv wirkenden Kolonnen von Balkonen, oder er stürzt schwindelig aus großer Höhe wie in einen Schacht. Die Malerei demonstriert die Überwältigung und thematisiert Isolation und Klaustrophobie. Dahinter steckt die Vorstellung von Mietskasernen in abgegrenzten Quartieren mit ihrer Gesichtslosigkeit und großen Anonymität der Bewohner, die so schnell in Verwahrlosung und Brutalität münden.
Bilder mit Rastern Ab 2006 findet Driss Ouadahi zu der bildnerischen Form, die seine Kunst bis heute bestimmt. Mittels provisorisch fixierter Abklebungen erzeugt er ein äußerst präzises, dabei sehr malerisches Raster, das zwischen Vergitterung, visuellem Leitsystem und präsentem Gegenüber oszilliert. Ouadahi umschreibt damit die käfigartigen Betonklötze, die sich an der Peripherie von Metropolen befinden - wie er sie in den Banlieues in Algier und Paris erlebt hat - und als unbewohnbare Rohbauten von Immobilienspekulanten zurückgelassen wurden. Als malerisches Prinzip, das Ouadahi in unterschiedlichen Werkgruppen mit wechselndem Grad der Abstraktion, des Collagenhaften, der Farbigkeit und im Hinblick auf Symmetrie und Räumlichkeit ausformuliert hat, befinden sich diese Gebäudekonstruktionen meist im Vordergrund. Der tiefenräumliche Rapport der zeiligen Fächer facettiert den Blick; mitunter ist er als Glasfassade zu begreifen. In diesen Fällen krachen dann Armut und Reichtum am Beispiel Architektur aufeinander. Die vertikal klappenden Flächen mit den pastellfarben schillernden Kanten forcieren den Sog in die Tiefe und leiten weiter in das Geschehen hinter dem Gebäude. Zugleich hält der Bau, der die offene Weite verstellt, auf Abstand. Dahinter treffen - teils collagiert aus eigenem oder fremdem Fotomaterial, teils malerisch erfunden - verschiedene urbane Situationen mit Straßenverläufen, Spielplätzen, Bepflanzungen und Restflächen aufeinander: In ihrer lichtdurchfluteten Komprimiertheit wirken sie fast fotorealistisch und doch wie eine Fata Morgana. Und Driss Ouadahi ist ein grandioser Maler! Erlebnisgesättigt agiert seine Malerei mit Oberfläche und Textur, opak und lasierend und mit tonalen Abstufungen. Sie ist ebenso experimentell wie variabel. Ouadahi konfrontiert Enge mit Weite, Leere mit Fülle und Gleichförmigkeit mit Verschie-
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To the ground, 2007, Öl auf Leinwand, 175 x 220 cm. Sammlung Nadour
denheit. Dadurch schärft er das Bewusstsein für unsere globalisierte Gesellschaft und wirft augenblicklich Fragen auf, welche die Übervölkerung der Städte, die Neudefinition von Peripherie und Zentrum ebenso wie das unvermittelte Aufeinandertreffen unterschiedlicher kultureller Traditionen ansprechen. Ouadahis Werk thematisiert ganz direkt das aktuelle Zeitgeschehen mit seinen Migrationsbewegungen und Flüchtlingsströmen. 17
Ohne Titel (Unterführung), 2017, Öl auf Leinwand, 200 x 240 cm
Zäune und Unterführungen Driss Ouadahi hat auch in anderen Medien gearbeitet: mit Fotografie, Video, Performance und mit Zeichnung, und er hat auch Wandmalereien angefertigt. Aber er hat sich mit den Mitteln der Malerei auch zwei weiteren Sujets zugewandt, die ebenfalls für „Unorte“ stehen, an denen man sich freiwillig kaum aufhält. Auch sie werden in der Von der Heydt-Kunsthalle Barmen zu sehen sein. Sie handeln von Trennung und deren Überwindung mittels Passagen, die für sich Gefährlichkeit ausstrahlen. Sie zeigen Ausschnitte aus gespannten Maschendrahtzäunen, teilweise mit hineingerissenen oder geschnittenen Öffnungen, sowie Unterführungen, 18
die als verwaiste Schächte aus Kacheln das Klaustrophobische erneut aufnehmen, nun aber mit spürbarer Gewalt aufladen. Und auch jetzt spielt die unmittelbare Nähe und die Monumentalität der teils zweiteiligen oder dreiteiligen Gemälde - eine wichtige Rolle. Wir stehen so nah vor den Gittern, dass die Übersicht verloren geht und die Ferne dahinter verschwimmt. Und wir sind von den vier Seiten der Unterführungen umfangen und spüren das Unberechenbare hinter der nächsten Ecke. Architektur, vorgetragen in Rastern, bleibt also auch bei diesen Malereien das bestimmende Motiv. Aber mehr denn
Globale Fragestellungen Es ist eine Qualität der Malerei von Driss Ouadahi, dass all das nie das assoziative Terrain verlässt. Nur als Ton schwingt es leise, aber unüberhörbar mit. Bemerkenswert ist auch, dass er ein traditionelles und konventionelles künstlerisches Medium wählt, um derart brisante Themen differenziert zu vermitteln. Damit gehört Ouadahi, der zwischen Düsseldorf, Paris und Algier pendelt, zu den bedeutenden Malern seiner Generation mit gesellschaftskritischem Impetus. Seine Werke sind international gefragt. Er hat Galerien in San Francisco, Lissabon und Abu Dhabi und wurde zu etlichen wichtigen Themenausstellungen - auch zur zeitgenössischen nordafrikanischen Kunst - etwa im Kunstnernes Hus Oslo, auf den Biennalen in Kairo und Venedig und aktuell im Palais de Tokyo in Paris eingeladen. 2014 wurde er mit dem Preis der Biennale Dakar/Senegal ausgezeichnet. A ciel ouvert, 2016, Öl auf Leinwand, 210 x 180 cm. FRAC Centre Orléans
je geht es um atmosphärische Wahrnehmungen, um einen Ton des Ausgeliefertseins und der Bedrohung. Bei den Zäunen liegt dies im Halten auf Distanz durch die rigorose Trennung vor. Bei den unabsehbaren Tunnels erweist sich die abweisende Enge der Einbahnstraße als Strategie der Unterdrückung. Die Fragen, die überall im Werk von Driss Ouadahi mitschwingen, berühren (zumal vor seinem eigenen biografischen Hintergrund) den Kolonialismus, das Macht- und Gewaltgefüge ethnischer und religiöser Konflikte, allgemeiner: die Suche nach Identität in der Fremde und einem friedlichen, gleichberechtigten Zusammenleben. Dahinter stehen Überlegungen zur Geopolitik, wie die Verteilung der Ressourcen, Ab- und Ausgrenzung, Nomadisierung und Flucht und die Frage nach lebenswürdigen Bedingungen: wie Menschen und ihre Staatsgebilde jeweils miteinander umgehen.
Es war längst überfällig, dass auch in seiner Wahlheimat sein Werk umfassend vorgestellt wird. Die Wuppertaler Ausstellung, kuratiert von Beate Eickhoff, zielt darauf ab, die inhaltlichen Fragen in ihrer Brisanz noch zu vertiefen. Dazu tragen ausgewählte Werke einiger weiterer Künstler aus dem Umfeld von Driss Ouadahi bei, darunter Kader Attia und Mounir Fatmi. Schließlich geht es um die Vielstimmigkeit der Kunst: um ihr Potenzial, Protest und Sorge in wirkmächtigen visuellen Bildern zu transportieren - eine spannende Ausstellung! Thomas Hirsch
Driss Ouadahi
Systeme der Abgrenzung 25. Februar - 6. Mai 2018 Von der Heydt-Kunsthalle Geschwister Scholl Platz 4-6 42275 Wuppertal-Barmen Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr
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Von Frankfurt nach New York Eric und Jula Isenburger
Er Maler, sie Ausdruckstänzerin, seine Muse, sein Modell. Von Wolfgang Gurlitt wird er 1933 in Berlin ausgestellt, kurz darauf fliehen Eric und Jula Isenburger mithilfe des Galeristen ins Exil. Die Odyssee des Ehepaars endet 1941 in New York. Doch von vorne. Erich (später Eric) Isenburger wird 1902 in Frankfurt am Main als Sohn einer jüdischen Bürgerfamilie geboren. 1921 schreibt er sich an der Städelschule und der Universität in Frankfurt ein. Er lernt Jula kennen und zieht mit ihr zunächst nach Wien, dann in das pulsierende Berlin. In den frühen 1930er-Jahren stellt er dort mehrfach erfolgreich aus, u.a. in der Galerie von Wolfgang Gurlitt. Isenburger steht zu Beginn des Jahres 1933 am Anfang einer erfolgsversprechenden Karriere. Dann - im März 1933 - erscheint in „Der deutsche Student“ ein Hetzartikel gegen den jüdischen Künstler. Verfasst von Otto Andreas Schreiber, einem nazitreuen Künstler, der ebenfalls bei Gurlitt ausstellt. Damit gehört Isenburger zu den ersten jüdischen Künstlern, die sich unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 den Repressalien der Nationalsozialisten ausgesetzt sehen. Von einem Tag auf den anderen verändert sich alles: Eric und Jula Isenburger müssen fliehen. Wolfgang Gurlitt ist hier treibende Kraft, denn er rät dem Paar, nach Paris zu gehen, und verhilft ihnen zu Reisepapieren. Wie viele Flüchtlinge, so dachten auch Eric und Jula, dass das Exil eine kurze Episode ist. Tatsächlich jedoch wird es eine Flucht ohne Wiederkehr. Paris, Stockholm, Südfrankreich sowie die Internierungslager Les Milles, St. Nicholas und Camp des Gurs bilden die Stationen in den folgenden Jahren. 1941 erhalten sie durch die Hilfe von Freunden, Verwandten und Migrationsorganisationen ein Visum für die Vereinigten Staaten. Über den Hafen von Lissabon verlassen sie schließlich per Schiff Europa. Mit der Einbürgerung 1949 wird die USA endgültig zur neuen Heimat. 20
In den USA beginnt Isenburger ein weiteres Mal, als Künstler Fuß zu fassen. Vertreten wird er durch die namhafte Kunsthandlung Knoedler. So finden einige seiner Werke Eingang in öffentliche Sammlungen, wie in die des Museum of Modern Art in New York. Er erhält zahlreiche Auszeichnungen, verpasst jedoch den Anschluss an die amerikanische Avantgarde. Dies ist allerdings auch nie seine Intention, denn er bleibt zeitlebens sowohl seinem Stil als auch seinen europäischen Vorbildern treu. Gesellschaftskritisches - wie bei den Zeitgenossen, die in ihren Werken klar Stellung zu politischen und gesellschaftlichen Themen beziehen - sucht man bei Isenburger vergebens. In all der Zeit steht ihm seine Frau Jula, geborene Elenbogen (1908), unterstützend zur Seite. Sie ist seine Muse, sein Modell und beeinflusst durch ihre Arbeit als Ausdruckstänzerin wesentlich Erics künstlerisches Repertoire. Das Sujet des Tanzes und die Gestaltung von Bühnenbildern und Kostümen beschäftigen ihn vor allem in seiner Wiener und Berliner Zeit. Als bevorzugtes Modell porträtiert der Künstler in all seinen Schaffensphasen seine Frau. Aber auch zahlreiche Porträts bekannter Persönlichkeiten sind
Eric Isenburger in seinem Atelier mit dem Porträt von Fritz Klingenbeck, 1929/1930, Isenburger Archiv © Isenburger Archiv, Scan: FotokunstStudio
Eric Isenburger, Jula, 1929, Öl auf Leinwand, Privatsammlung J. N. © Shmuel Elen, Foto: Uwe Dettmar, Frankfurt a. M.
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Eric Isenburger, Figurenkomposition, 1933/34, Öl auf Papier auf Hartfaser, Sammlung Gregory Hahn und Nicolai Baron von Üexküll-Güldenband © Shmuel Elen, Foto: Uwe Dettmar, Frankfurt a. M.
überliefert, so beispielsweise von der Tänzerin und Choreografin Gertrud Kraus, dem Tänzer und Regisseur Fritz Klingenbeck, dem Kunsthändler und Galeristen Wolfgang Gurlitt sowie dem Kunstkritiker und Herausgeber der Kunstzeitschrift „Das Kunstblatt“ Paul Westheim. Diese Werke belegen die weitreichenden Kontakte des Ehepaars Isenburger in die internationale Kunst- und Kulturszene. Ganz bewusst gehen Ausstellung und Katalog daher auf die Tätigkeit beider Künstler ein - ein Paar, verbunden in der Kunst und im Leben. Judith Schönwiesner
Von Frankfurt nach New York Eric und Jula Isenburger
Eröffnung Sonntag, 11. März 2018, 11.30 Uhr Dauer 11. März bis 29. April 2018 Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr Eintritt: 9 €, erm. 4,50 €, bis 18 Jahre ist der Eintritt frei Audioguide: 2 €, als Download kostenfrei Zentrum für verfolgte Künste (im Kunstmuseum Solingen) Wuppertaler Straße 160, 42653 Solingen www.verfolgte-kuenste.de
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Ray of hope midres © Peter Eickmeyer / Splitter Verlag
Liebe deinen Nächsten Graphic Novel von Peter Eickmeyer und Gaby von Borstel
Im Sommer 2016 verbrachten Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer drei Wochen an Bord des Rettungsschiffes MS Aquarius der Organisation SOS MEDITERRANEE. Seit März 2016 ist die Aquarius im Mittelmeer und rettet Menschen aus akuter Seenot. Menschen, die sich in völlig seeuntauglichen Schlauchbooten auf die lebensgefährliche Überfahrt von Afrika nach Europa machen. An Bord nahmen von Borstel und Eickmeyer an Rettungseinsätzen teil. Gaby von Borstel führte Gespräche mit der Crew und mit den Geflüchteten. Peter Eickmeyer fotografierte und zeichnete vor Ort. Die Graphic Novel verdichtet natürlich das Erlebte. Sie bleibt aber immer der Realität treu, ist eine authentische Schilderung der Ereignisse.
SOS MEDITERRANEE wurde im Mai 2015 auf Initiative von Klaus Vogel gegründet und ist eine europaweite zivilgesellschaftliche humanitäre Organisation, die Fliehende ungeachtet der Herkunft, der sozialen, religiösen und politischen Zugehörigkeit aus Seenot rettet. Das Schiff der
Doppelseite der Graphic Novel „Liebe Deinen Nächsten“ © Peter Eickmeyer / Splitter Verlag
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Porträt des Künstlers Uyi © Peter Eickmeyer / Splitter Verlag
Organisation, die MS Aquarius, hält sich seit Februar 2016 im Mittelmeer in internationalen Gewässern vor der libyschen Küste auf. Neben der Rettung der Flüchtlinge und deren medizinischer Erstversorgung durch den Kooperationspartner Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) dokumentiert SOS MEDITERRANEE das humanistische Drama, will über die Lage der Fliehenden im Mittelmeer informieren. Die Graphic Novel bezieht als illustrierte Reportage Stellung und stellt zunächst das Schiff, seine Besatzung und den Alltag der Rettungsmission vor. Neben der Schilderung der zunehmend dramatischeren Ereignisse gibt es genug Raum für Nahaufnahmen Einzelner. Die Geretteten zeigen ihr Gesicht und erhalten eine Stimme. Menschen mit eigener Geschichte und eigenen Wünschen, nicht reduziert auf eine amorphe Masse von Flüchtlingen mit all den negativen Assoziationen wie Not, Armut, finanzielle Belastung, Gefahr durch Terrorismus. Sind die Zeichnungen anfangs computerkoloriert, markiert der erste Rettungseinsatz, die Konfrontation mit der dramatischen Wirklichkeit zugleich einen stilistischen Bruch. Nun sind die Bilder mit Gouachefarben handkolorierte Tuschebilder, und der direkte Kontakt mit den Fliehenden zwingt die Autoren, den cleanen, etwas distanzierten Ausdruck zu verlassen, sich vollständig einzubringen. 24
Mit einem der Rettungseinsätze kam Uyi, ein junger Nigerianer, an Bord. Er hatte seine Fluchtgeschichte in Bildern festgehalten, die er jedoch alle zurücklassen musste. An Bord zeichnete er ununterbrochen. Auch die verlorenen Bilder tauchten ein zweites Mal aus dem Gedächtnis auf: Bilder von seinem Heimatdorf, von Städten auf seiner Fluchtroute, von Grenzüberquerungen mit Motorrädern, von der Fahrt in überfüllten Trucks durch die Sahara und von der Fahrt auf dem Schlauchboot.
Zeichnungen von Uyi, der junge Nigerianer zeichnete an Bord der MS Aquarius seine Fluchtgeschichte
Cover und Doppelseite der Graphic Novel „Liebe Deinen Nächsten“ (Splitter Verlag) © Peter Eickmeyer / Splitter Verlag
Das Bibelzitat „Liebe deinen Nächsten“ als Titel ist eine klare Aufforderung an das christlich orientierte Europa, seine Asyl- und Einwanderungspolitik menschlich zu gestalten. Niemand sollte gezwungen werden, sein Leben auf der Flucht vor Gewalt und Armut zu riskieren. Die Abschottung Europas schränkt die möglichen Fluchtwege der Hilfesuchenden ein. Die Grenzen werden immer perfekter ausgerüstet und nach außen verlagert. Europa wird zu einer Festung. Zugleich wird aber auf das titelgleiche Buch von Erich Maria Remarque verwiesen. Remarque hat sich in seinem literarischen Werk hauptsächlich mit zwei Themen beschäftigt: dem Krieg und dem Exil. „Liebe deinen Nächsten“ ist sein erster Roman über Flüchtlinge. Er spielt im Zweiten Weltkrieg und schildert die Schicksale von deutschen Emigranten, die in keinem Land willkommen sind. Sie werden innerhalb Europas immer wieder von einem Land in das nächste abgeschoben. Oft nachts, zu Fuß, mit dem Auto oder mit dem Zug. Sie existieren nicht mehr als Menschen. Sie sind Schattenwesen, deren Zuhause die Grenze ist. Einige zerbrechen daran, andere finden eine Zukunft außerhalb Europas. Der englische Titel, unter dem das Buch zuerst im Exil erschien, lautet „Flotsam“. Zu Deutsch „Strandgut“, mit einem durchaus negativen Beigeschmack. Man könnte es auch mit Abschaum übersetzen. Remarque hat nichts an Aktualität verloren. Anmerkung vom Kurator des Zentrums für verfolgte Künste, Jürgen Kaumkötter: Der „Rückbezug in die Gegenwart“ deckt sich mit den Zielen des Zentrums für verfolgte Künste. Mit seiner Kunstsammlung, vor allen Dingen mit der Literaturdauerausstellung, zeigt das Zentrum die Strukturen von diktatorischer Gewalt und die Auswirkungen von menschenverachtendem Terror auf das Leben.
Zwangsmigration ist als einzige Möglichkeit der Rettung ein Kontinuum. Das Exil ist ein politisches Territorium. Als nach 1933 viele Intellektuelle, vor allem Juden, Kommunisten, Schriftsteller*innen und Journalisten ihr Leben nur durch Flucht vor den Nationalsozialisten retten konnten, waren sie - wie Erich Maria Remarque es beschreibt - nicht willkommenes Strandgut in Europa und der Welt. Heute ist dieses Exil ein strahlendes Leuchtfeuer für Demokratie, Widerstand und Freiheit. Heute sind diese Emigranten die Guten. Wie anders und zugleich ähnlich ist die Sicht auf die Zwangsmigration aus den Bürgerkriegen in Afrika und dem Nahen Osten. Menschen, die mit dem Mut der Verzweiflung ihre Heimat verlassen. Werden diese Emigranten irgendwann auch die Guten sein? Die Zeichnungen des Künstlers Uyi oder die Karikaturen von Talal Nayer sind jenseits aller Reportagen, Aufzeichnungen und Filme ein unmittelbares emotionales Gedächtnis der humanen Katastrophe. Das Zentrum für verfolgte Künste ist der Ort, ihre Kunst zu sammeln, zu bewahren und zu zeigen. Jürgen Kaumkötter
S.O.S. Méditerranée Auf Rettungsfahrt im Mittelmehr an Bord der Aquarius Eröffnung Donnerstag, 19. April 2018 Uhrzeit steht noch nicht fest Dauer 19. April bis 14. Juli 2018 Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr Eintritt: 9 €, erm. 4,50 €, bis 18 Jahre ist der Eintritt frei Zentrum für verfolgte Künste (im Kunstmuseum Solingen) Wuppertaler Straße 160, 42653 Solingen www.verfolgte-kuenste.de 25
Fotos: Salvatore Mazza
ATTRAZIONE Christiane Löhr im Skulpturenpark Waldfrieden vom 3. März bis 1. Juli 2018
Christiane Löhr, 1965 in Wiesbaden geboren, lebt in Prato und Köln. Sie war Meisterschülerin von Jannis Kounellis, ist international durch zahlreiche Einzelund Gruppenausstellungen bekannt, u. a. war sie Teilnehmerin der Biennale von Venedig 2001.
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Die Skulpturen von Christiane Löhr wirken eigentümlich hinsichtlich der einfachen Materialien, die entgegen unserer gewohnten Sichtweisen benutzt werden. Ihre Arbeit entsteht aus dem direkten Kontakt mit der Natur, aus der sie ihr Material entnimmt: Samenstände verschiedener Pflanzen (Disteln, Kletten, Efeu) werden für kleine Skulpturen verwendet, die an Gebrauchsgegenstände oder Architekturen erinnern und Pferdehaar benutzt sie für „Zeichnungen“ im Raum, deren Dimension von Handgröße bis zur wandfüllenden Installation variiert. Die Künstlerin scheint einer dem Material innewohnenden Geometrie zu folgen; so zeigen sich die Objekte wie wundersame Beispiele einer imaginären Architektur, überraschend leicht und fragil, aber gleichzeitig kraftvoll und stabil.
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ENTITY Eva Hild im Skulpturenpark Waldfrieden vom 24. März bis 24. Juni 2018
Mit ihren organischen Skulpturen hat die schwedische Bildhauerin Eva Hild (*1966) eine Position in der internationalen Kunstszene geschaffen und ist weltweit in bedeutenden privaten und institutionellen Sammlungen vertreten. Wie sie KĂśrper und Raum, Kraft und Zerbrechlichkeit, Anwesenheit und Abwesenheit zum Ausdruck bringt, fasziniert an ihrer Kunst immer wieder zutiefst.
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Fotos: Anna Sigge
„Meine Skulpturen sind Druck und Bewegungen ausgesetzte Körper. Einfluss, Druck, Dehnung. Auf diesen Begriffen fußen meine laufenden Projekte, deren Themen sich in großen, dünnwandig gebauten Skulpturen mitteilen. Sie reflektieren unterschiedliche Grade internen oder externen Drucks und wie sich infolgedessen die Wahrnehmung des inneren und äußeren Raums verändert oder herausgefordert wird. Auf der einen Seite gibt es die Masse in dünnen Schichten, die in einer mäanderartigen, geschlossenen Bewegung verläuft. Auf der anderen Seite gibt es den leeren Raum, worin Luft und Licht Volumen bilden, die durch die Umrisse der Masse beschrieben werden.
Meine Faszination gilt dem Verhältnis zwischen innerlichen und äußerlichen Wirklichkeiten, dem Dualismus zwischen Innen und Außen, Inhalt und Form, Gefühl und Gestalt, Eindruck und Ausdruck. Meine Arbeit reflektiert meine inneren Formenlandschaften. Körper, in denen Anwesenheit und Abwesenheit zusammenkommen.“
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Gerd Hanebeck (rechts) und Jürgen Schmidt-Büchele im gemeinsamen Atelier Obergrünewalder Straße, etwa 1979, Foto: van Santvoort
Der Traum von Afrika 30
Der Weg zu Gerd Hanebecks Atelierhaus führt auf den Elberfelder Ölberg, durch das Vorderhaus betritt der Besucher im Hinterhof einen wie verwunschen wirkenden Garten mit einem riesigen Kirschbaum, kleineren Bäumen, wild wachsenden Pflanzen, Rankengewächsen an schutzbietenden Mauern, mittendrin ein kleiner Teich.
Überall dazwischen, wie selbstverständlich, finden sich Skulpturen und Objekte, die Gerd Hanebeck aus Fundstücken und Materialien unterschiedlicher Herkunft eigensinnig neu formiert und gestaltet hat. Schon hier trifft man auf seltsam anmutende Kult- und Wächterfiguren, die auf die Beschäftigung des Künstlers mit afrikanischer Kultur hinweisen. Schlangen oder Eidechsen tauchen in Hanebecks Arbeiten auf, Zeichen und Symbole afrikanischer Stämme. Betritt man die Wohnräume des Künstlers, eine steile Treppe über dem Atelier gelegen, begegnen einem Objekte entfernter afrikanischer Kulturen: mit viel Leidenschaft über Jahre Gesammeltes wie Masken, Figuren, Fetische oder Gebrauchsgeräte. Sie mischen sich mit Schöpfungen von eigener Hand. Das Haus ist erfüllt von einer fremden geheimnisvollen Welt. Doch obwohl Gerd Hanebeck zeitlebens seiner Faszination für afrikanische Kulturen nachgegangen ist und sich besonders intensiv mit den Mythen und Riten der westafrikanischen Dogon und Senufo beschäftigt hat, hat er selbst niemals einen Fuß auf diesen Erdteil gesetzt. Er sagte dazu: „Die Reise nach Afrika ist für mich ein Traum - aber manche Träume sind schöner, wenn sie unerfüllt bleiben.“ Sicher ist die Inspiration durch Afrika thematisch nur ein Teil von Gerd Hanebecks künstlerischer Entwicklung. Seine frühen Buchobjekte gehen auf Anregungen im Werk von Antoni Tàpies und von Joseph Beuys zurück. Als leidenschaftlicher Hörer von Jazz hat er eine eindrucksvolle
Reihe von Objekten zu Musikerporträts geschaffen. Auch der Flug und das Fliegen hat ihn bis zuletzt umgetrieben, vielfältig in großformatig gemalten Bildern einer Reihe mit dem Titel „Lilienthal“ dokumentiert. Geboren am 3. Januar 1939 in Remscheid, besuchte Gerd Hanebeck ab 1959 die Werkkunstschule Wuppertal und studierte bei dem bekannten Maler Prof. Ernst Oberhoff. An der Werkkunstschule begegnete er auch Peter Brötzmann, der ebenfalls aus Remscheid kam und an der WKS Grafikdesign studierte. Zu dieser Zeit lernte ich Gerd Hanebeck und Peter Brötzmann kennen. Musikbegeistert, wie wir waren, hörten wir nächtelang mit anderen Jazz-Infizierten die neuesten Schallplatten, hockten auf primitiven Holzkisten und abgenutzten Sofas in einer Künstlerbude. Freitagabends spielte Brötzmann Saxofon im Hinterzimmer einer Arbeiterkneipe in Wichlinghausen. Das Publikum waren die Freunde von der Werkkunstschule. Dietrich Rauschtenberger saß am Schlagzeug, Peter Kowald kam später dazu. Damit begann die Wuppertaler Free-Jazz-Ära. Gerd Hanebeck war immer dabei. Als er seine zukünftige Frau Bärbel kennenlernte, gehörten beide fortan zur Wuppertaler Kunst- und Jazzszene. 1971 erhielt Gerd Hanebeck, zusammen mit Peter Brötzmann, den Von der Heydt-Preis der Stadt Wuppertal. Gerd Hanebeck ist am 27. Oktober 2017 gestorben. Ein Freund ist gegangen - still und friedlich! E. Dieter Fränzel
Objekt Gerd Hanebeck Foto: Helmut Steiler
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Burg vom Weg aus, Foto: Michael Faust
Gargonza Arts
Projekt zur interdisziplinären Förderung junger Künstler*innen Preisverleihung am 11. März 2018 im Museum Schloss Morsbroich
Was ist das für ein Gefühl? Vier junge Menschen, sich als Künstler*innen fühlend und bezeichnend, fahren durch eine Landschaft, die ihnen wie eine Traumgegend vorkommt, die an Märchenerzählungen aus der Kindheit erinnert, eine in imaginierten Erzählbildern gesehene Gegend. Rechts und links bewaldete, in Serpentinen geführte Straßen über Hügel, Nadelkurven um einen Zypressenhain, schlängeln sich, bis nach einer kurzen geraden Strecke ein Ortsschild nach rechts zeigt: CASTELLO DI GARGONZA. Eintauchen in den Wald in noch kleineren, engeren Kurven, plötzlich erscheint ein Turm, dessen Form eindeutig auf das Mittelalter schließen lässt. Noch sehen die vier es nicht, aber bald erkennen sie das Castello, das Burgdorf aus dem 14. Jahrhundert. 32
Gargonza wird für mich immer dieser vom Wind umspülte Hügel in absoluter Freiheit sein. Das pure Leben. Ein Modell vollkommen losgelöst vom Alltag einer leistungsorientierten Realität. Was zählt, ist der innere Antrieb, das Schöpfen aus dem Zusammensein. Frank Illing, Preisträger Architektur 2014 So oder ähnlich beschreiben die ankommenden Stipendiat*innen des Gargonza Arts Awards ihre jeweilige Ankunft an dem Ort, wo sie nach der Preisverleihung wieder aufeinandertreffen, wo die Stipendienzeit beginnt. Dort sollen sie nach der Vorstellung der Organisatoren des Vereins zur Förderung der Künste InterArtes e.V. etwas erfahren, das sie so woanders nicht bekommen: Inspira-
tion durch die Landschaft, die Burg, durch das Zusammenleben und -arbeiten mit ihren Kolleg*innen. Diese kommen alle aus verschiedenen Backgrounds: Die vier Kunstdisziplinen bildende Kunst (mit allen Sparten), Architektur (Baukunst), Komposition (Musik) und Literatur mit den verschiedenen Genres begegnen sich auf engstem Raum in den Künstlerhäusern des Projekts. Eine Zeit werden sie im Künstlerhaus von Castello di Gargonza verbringen, eine weitere im noch abgelegeneren Gehöft Le Capanne in Sinalunga. Sie werden voneinander abhängig sein, ihre üblichen Arbeitsabläufe werden gestört, aber sie werden durch das Kennenlernen der anderen Herangehensweisen auf neue Ideen gebracht werden. Ein Weg der Inspirationsfindung.
Schloss Morsbroich Foto: Michael Faust
Fünf Jahrgänge waren seit 2012 schon mit den Stipendien des Vereins InterArtes auf Gargonza. Seit 2016 wird der Gargonza Arts Award alle zwei Jahre vergeben. Die sechste Künstlergruppe trifft am 10. März 2018 im Atelier von Mary Bauermeister in Rösrath zu einem „Einführungswochenende“ zusammen und wird am 11. März um 11.30 Uhr im Spiegelsaal des Museums Schloss Morsbroich bei der öffentlichen Preisverleihung mit den einzelnen Gargonza Arts Awards gekürt. Am 3. April beginnt ihre Stipendienzeit in der Toskana. Die jungen Künstler*innen werden vier Wochen auf Gargonza leben und anschließend in das nahegelegene Podere Le Capanne, Sinalunga, ziehen, wo sie bis Ende Juni arbeiten. Sie werden nach Florenz und zum Giardino di Spoerri reisen, werden in Rom die Villa Massimo besuchen und deren Stipendiat*innen kennenlernen. Das Gargonza Projekt ist das Akademieprojekt des kleinen Kreises: vier ausgewählte Stipendiaten, die man in der Hoffnung nach Gargonza schickt, dass in der Zusammenarbeit die Künste miteinander in Berührung treten. Hanns-Josef Ortheil, Kurator Literatur Die Bekanntgabe der einzelnen Preisträger*innen - der Gargonza Arts Award ist ein Preis, der in Form eines Stipendiums vergeben wird - erfolgt Anfang des Jahres. Die Besucher werden am 11. März die Preisträger*innen mit einigen Werken erleben können. Sie werden sehen können, dass die Kurator*innen des Projektes - diesmal u.a. Daniela Seel (Literatur), Peter Eötvös (Komposition) und Nikolaus Bienefeld (Architektur) - mit größter Sorgfalt ausgewählt haben: Die Kriterien sind weit und eng zugleich: Die bis 35 Jahre zählenden Künstler*innen sollen außerordentlich begabt sein, gleichzeitig am Beginn ihrer Karriere stehen wie schon durch Besonderes in ihrer jeweiligen Kunst auf-
Mary Bauermeister, Foto: Julian Faust
gefallen sein, sie müssen teamfähig sein und sich durch individuelle Persönlichkeit auszeichnen. Drei Monate werden sie in der Toskana verbringen, bevor Ende Juni in Italien die Endpräsentation stattfindet. Erneut zu erleben sind sie dann im Herbst im Kunstverein Leverkusen auf Schloss Morsbroich in einer speziellen „Präsentation der Stipendiat*innen Gargonza Arts 2018“. Von der Gargonza-Idee, schöpferische Menschen zusammenzubringen, bin ich sehr begeistert und überzeugt. Es ist fundamental wichtig, dass Kreativität nicht im Kästchendenken stecken bleibt, sondern sich im interdisziplinären Austausch intensiviert und erweitert. Dafür ist Gargonza Arts exemplarisch. Heinz Holliger, Kurator Komposition Michael Faust www.gargonza-arts.de 33
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Foto: Jochen Viehoff
Von Wegen und Irrwegen auf der Suche nach dem Glück Das Tanztheater Wuppertal bringt im Januar Pina Bauschs legendären Doppelabend „Die sieben Todsünden/Fürchtet Euch nicht“ in einer Neueinstudierung im Wuppertaler Opernhaus auf die Bühne
Der Brecht-Weill-Abend „Die sieben Todsünden/Fürchtet Euch nicht“ war 2008 das letzte Stück, das Pina Bausch mit ihrem Ensemble noch selbst in Wuppertal neu einstudiert hat. 2009 war es in Moskau und zuletzt bei den Berliner Festspielen zu sehen. Fast zehn Jahre später und mehr als 40 Jahre nach seiner Uraufführung setzt es die neue Intendantin Adolphe Binder als programmatisches Zeichen auf den Spielplan ihrer ersten Saison. Die Neueinstudierung wird mit besonderer Spannung erwartet. Denn dieser Doppelabend von 1976 gilt als Meilenstein im Werk von Pina Bausch. Hier verbindet sie erstmals in einem abendfüllenden Werk auf ganz neuartige Weise Tanz mit Gesang, Sprache, szenischer Darstellung und einprägsamen Bildern - es ist ein furioser Reigen von schrillen, verstörenden, melancholisch komischen und tief bewegenden Momenten. Das Bühnenbild, bei dem u. a. der Originalabguss einer Wuppertaler Straße zum Einsatz kommt, schuf seinerzeit Pina Bauschs kongenialer Arbeits- und Lebenspartner Rolf Borzik. Dem ersten Teil liegt Bertolt Brechts einziges Ballettlibretto „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“ zur Musik von Kurt Weill zugrunde. Im Mittelpunkt steht das Mädchen Anna („Anna II“), das angetrieben von seiner Schwester („Anna I“) und der kleinbürgerlichen Familie aufbricht, um Geld anzuschaffen für ein „kleines Häuschen in Louisiana“. Der zweite Teil „Fürchtet Euch nicht“ ist eine Collage von Pina Bausch zu Musik und Songs von Kurt Weill und Bertolt Brecht, die schon deutlich das Prinzip ihrer späteren Werke erkennen lässt. Hier greift sie in freier Form Motive auf wie die Glückssuche der Mädchen, die Verlockungen der Glitzerwelt, sexuelle Ausbeutung und Gewalt, setzt wahre Sehnsüchte und falsche Hoffnungen in Szene - schonungslos, voller Spott, aber auch voller Mitgefühl.
Eine Besonderheit des Stücks liegt in der herausragenden Bedeutung des Gesangs. Dabei hat Mechthild Großmann von der Uraufführung an das Stück mit geprägt - sie ist nun erstmals nicht mehr dabei. Für den „großen“ Gesangspart hatte Pina Bausch unter anderem mit Ute Lemper und Meret Becker stets prägnante Persönlichkeiten gewinnen können. Diesmal übernimmt die in Berlin lebende und aus München stammende Sängerin, Performerin und Schauspielerin Cora Frost den Part der „Anna I“ in „Die sieben Todsünden“. Für den Part von Mechthild Großmann in „Fürchtet Euch nicht“ kommt Therese Dörr vom Schauspielhaus Bochum. Beide sehr physische Darstellerinnen mit kraftvoller Stimme und sinnlicher Präsenz. Seit Herbst arbeiten die Probenleiterinnen Josephine Ann Endicott und Julie Shanahan mit dem Ensemble und den Gästen in mehreren Phasen an der Neueinstudierung. Beide bringen dafür viel Erfahrung mit, beide haben die Rolle der „Anna II“ getanzt, die jetzt von Stephanie Troyak und Tsai-Chin Yu übernommen wird. Endicott sogar in der Urbesetzung 1976. Wie gehen sie an diese anspruchsvolle Aufgabe heran? „Wie immer. Wir fangen vorne an“, beantwortet Julie Shanahan die Frage trocken. Konkret heißt das: „Gemeinsam Videos aus verschiedenen Jahrzehnten anschauen und dann anfangen, die Schritte zu lernen.“ Von dort bis zum Ende, an dem das Stück mit all der mitreißenden Kraft, die ihm innewohnt, auf der Bühne wieder lebendig werden soll, ist es freilich ein langer Weg. „Wir sind die lebendigen Erinnerungen. Der Schatz von Pina steckt in uns drin. Man kann Videos anschauen, aber ein Video kann nicht ersetzen, was wir dem Stück geben können mit unserem Wissen, unseren Gefühlen und Erfahrungen. Wir waren da. Wir sind ein Teil des Stücks“, sagt Endicott eindringlich. Ihre Erfahrungen gibt sie jetzt nicht nur an ihre Rollennachfolgerin weiter, sondern an alle Mitwirkenden. „Und dabei bin ich gnadenlos“, bekennt Jo Ann. Zufrieden ist sie erst, wenn der Funke wirklich zündet und sie sich sicher ist: „Jetzt stimmt’s.“ 35
Julie Shanahan, Foto: Claudia Kempf
Cora Frost, Foto: Martin Steffen
Das hat inzwischen auch Cora Frost erfahren - und schätzt es sehr. „Der Blick von außen ist ganz wichtig“, weiß sie. „Und Jo Ann zu erleben, ist einfach mitreißend.“ Cora Frost ist seit fast drei Jahrzehnten mit eigenen Liedprogrammen erfolgreich bundesweit unterwegs. Um die Nummern des Duos Kurt Weill/Bertolt Brecht hatte sie dabei allerdings bislang einen Bogen gemacht: „Jede Sängerin, die sich profilieren will, singt doch Weill/Brecht. Mir war das immer irgendwie unangenehm“, sagt sie offen. Jetzt aber ist es an ihr, auch so bekannten Liedern wie dem „Barbara Song “ oder „Moon of Alabama“ neues Leben einzuhauchen. Dass sie im Casting für die Gesangsrolle ausgewählt wurde und nun zum ersten Mal in einem Pina-Bausch-Stück mitwirken wird, freut sie sehr. „Ich wollte als junges Mädchen immer selber tanzen“, erzählt sie. „Und Pina war für mich immer etwas ganz Entferntes, ganz Wunderbares, Unerreichbares.“ Durch die Arbeit am Stück erlebe sie auch die Musik neu, sagt Frost. „Es ist, als würde man durch die Zeiten fallen. Das verbindet sich mit dem Heute.“ Es sei die Gabe von Pina, dass sie diesen Zeittunnel so öffnen und einen so mitnehmen könne. Neben Cora Frost und Therese Dörr wirken weitere Gäste bei der Produktion mit. Ebenfalls vom Schauspielhaus Bochum kommt Jürgen Hartmann, der bereits zwei Mal in seiner Karriere als Schauspieler des Jahres nominiert war. Für die Wuppertaler gibt es ein Wiedersehen mit der bekannten Charakterdarstellerin Ingeborg Wolff, die 16 Jahre lang Mitglied des Ensembles der Wuppertaler Bühnen war. Vom Ensemble der Wuppertaler Oper sind die Sänger Mark Bowman-Hester, Sangmin Jeon, Sebastian Campione und Simon Stricker mit dabei. Schauspielerinnen und Schauspieler, Sängerinnen und Sänger, Ensemblemitglieder aus mehreren Generationen Tanztheater Wuppertal und schließlich die Musikerinnen und Musiker müssen am Ende zusammenfinden: Der Brecht-Weill-Abend ist eines der wenigen Stücke von Pina Bausch, die für eine Aufführung mit Orchester konzipiert sind. Es spielt das Wuppertaler Sinfonieorchester unter Leitung von Jan Michael 36
Therese Dörr, Foto: Martin Steffen
Horstmann, der bereits seit vielen Jahren regelmäßig die Aufführungen der Bausch-Stücke mit Orchester dirigiert.
Wie aber steht es mit der Aktualität des Brecht-Stücks, das 1933 in Paris uraufgeführt wurde, und mit Pina Bauschs Interpretation von 1976? „Pina Bausch legte Brechts Ballade ganz als Geschichte der ihren Körper und ihre Gefühle ausbeutenden Frau aus. Bauschs Interpretation atmet ganz sicher den feministischen Zeitgeist der 70er-Jahre“, heißt es in einer Zeitungskritik. Weder Endicott noch Shanahan können die Kritik teilen. Sie hätten seinerzeit gar nicht über mögliche Interpretationen des Brecht-Stoffs geredet, erinnert sich Jo Ann: „Das ist alles in der Musik, in den Texten und in der Choreografie da. Als Tänzer brauchen wir nicht mehr. Wir haben Pina verstanden, haben verstanden, wo das Stück hin will. Aber wir haben nie viel geredet.“ - „Die Ausbeutung von jungen Frauen ist heute so aktuell wie damals“, findet Julie, „überhaupt geht es um so viel in diesem Stück.“ Es geht um Leben und Tod. Um die Sehnsucht, Liebe zu finden. „Das hat mit uns allen zu tun. Gewalt, Liebe, Freude. Es wiederholt sich alles.“ Weil Pina Bausch genau das herausarbeite, sei es auch wie alle ihre Stücke zeitlos, ist Jo Ann überzeugt. „Die halten ewig.“ Dafür zu sorgen, dass es auch heute mit den jetzigen Tänzern wieder genauso kraftvoll, lebendig und frisch wirkt wie damals, das sei jetzt ihre Aufgabe. Und da hinzukommen, ist nicht einfach: „Ein starkes Feingefühl bis in den kleinsten Finger ist erforderlich. Eine lohnenswerte Aufgabe in jeder Hinsicht.“ Dass „Pinas Tänzer“, die alten wie die jungen, die dafür nötige Hingabe aufbringen, daran besteht allerdings kein Zweifel. Anne-Kathrin Reif Der Brecht-Weill-Abend „Die sieben Todsünden/ Fürchtet Euch nicht“ wird aufgeführt am 21., 23., 24., 26., 27. und 28. Januar 2018 im Opernhaus Wuppertal, jeweils 19.30 Uhr, sonn- und feiertags 18.00 Uhr Karten www.pina-bausch.de oder Reservierungstelefon Kulturkarte 0202 563 76 66
Josephine Ann Endicott, Foto: Uwe Schinkel 37
Antonio Ssebuuma Bukhar und Mohamed Yousry Shika gingen als Pina Bausch Fellows 2017 nach Auckland/Neuseeland und nach New York. Im Mirker Bahnhof berichten sie von ihren Erlebnissen. Foto: Sala Seddiki, ©Pina Bausch Foundation
Sie kommen von weit her, und sie gehen wieder in die Welt hinaus. Für alle gibt es aber eine gemeinsame Schnittstelle, und die heißt Wuppertal. Das gilt sowohl für die Stipendiaten wie für die Jurymitglieder des Pina Bausch Fellowship for Dance and Choreography, das die Kunststiftung NRW und die Pina Bausch Foundation nun bereits zum dritten Mal realisieren. Im November 2017 trafen sich die koreanische Choreografin Eun-Me Ahn, die indische Tänzerin und Choreografin Shantala Shivalingappa und der chilenische Kurator Enrique Rivera in Wuppertal, wo eine zugleich schöne und schwierige Aufgabe auf sie wartete: Als neue Jury für das Pina Bausch Fellowship mussten sie entscheiden, wer für den Jahrgang 2018 ein Stipendium erhält. Alle zwei Jahre wechselt die Besetzung der Jury, sodass es immer wieder einen neuen, frischen und einfach anderen Blick auf die Bewerber gibt, die auch dieses Mal wieder aus aller Welt kommen. Die Tänzerin Ana Laguna, Yorgos Loukos, künstlerischer Leiter der Oper von Lyon, und die Kuratoren Christophe Slagmuylder bzw. Myriam De Clopper hatten diese Aufgabe für die ersten beiden Vergaberunden 2016 und 2017 übernommen. Salomon Bausch, Vorstandsvorsitzender der Pina Bausch Foundation, freut sich sehr über die Zusammensetzung der aktuellen Jury: „Es ist eine große Ehre, dass wir wieder solch außergewöhnliche Persönlichkeiten für die Jury ge38
Aus der Welt nach Wuppertal und wieder hinaus Stipendiaten des Pina Bausch Fellowship for Dance and Choreography aus zwei Jahrgängen kommen nach Wuppertal, um über ihre Erlebnisse und ihre Pläne zu berichten winnen konnten. Ich erlebe die drei als sehr unterschiedlich, und ich glaube, das ist gut für die Auswahl der Stipendiaten. Alle drei haben einen sehr offenen und zugleich klaren Blick auf die Potenziale, die Kreativität, auf Mut und Entschlossenheit.“ Denn Mut und die Entschlossenheit, neue künstlerische Wege zu gehen, sind zentrale Ziele des Pina Bausch Fellowship. Es ermöglicht Tänzerinnen und Tänzern, Choreografen und Choreografinnen für die Dauer von drei bis sechs Monaten die Zusammenarbeit mit selbst gewählten Kooperationspartnern, um auf diese Weise neue künstlerische Ausdrucksformen kennenzulernen, neue Methoden zu erproben oder sich gänzlich neue künstlerische Betätigungsfelder zu erobern - und das ohne Altersbeschränkung und weltweit. Diese Ausrichtung ist für ein Stipendienprogramm ungewöhnlich, vielleicht sogar bislang einzigartig. Geht es doch bei anderen Programmen zumeist um die Förderung junger Talente am Beginn ihrer Karriere, verbunden mit der Erwartung an konkrete Ergebnisse, die am Ende vorzuweisen und zu präsentieren sind. Das Pina Bausch Fellowship gibt den Stipendiaten dagegen die Freiheit, sich in für sie neuen Bereichen auszuprobieren, und will sie ermutigen, noch unerforschte Wege zu gehen. Vortanzen muss am Ende keiner - aber etwas mitbringen und präsentieren sollen auch die „Pina Bausch Fellows“. Nach ihren Stipendien-Aufenthalten an den unterschiedlichsten Orten der Welt, kehren sie zum Ende eines jeden Jahrgangs zurück nach Wupper-
tal, um über ihre Erfahrungen und Erlebnisse öffentlich zu berichten. Erstmalig fand dies im Januar 2017 statt, als die ersten vier Stipendiaten Ayelen Parolin, Euripides Laskarides, Jared Onyango und Anton Valdbauer dem Publikum im Wuppertaler Opernhaus in sehr individuellen Lecture Performances einen Eindruck davon vermittelten, was sie bei und mit ihren Kooperationspartnern u.a. in Neuseeland, Norwegen, Italien und Deutschland erlebt hatten. Auch die beiden Stipendiaten des Jahres 2017 Mohamed Yousry Shika aus Ägypten und Antonio Ssebuuma Bukhar aus Uganda stellten dort ihre Pläne und Ideen sowie ihre Kooperationspartner vor. Sie kehren nun nach Wuppertal zurück, um mit unterschiedlichen Formaten über ihre Erfahrungen in New York und Neuseeland zu berichten, und treffen dabei wiederum auf ihre Nachfolger, die sich mit ihren Projekten und Partnern öffentlich vorstellen werden. So werden ganz nebenbei internationale Beziehungen geknüpft, und „Fellows“ wie Publikum gewinnen schon hier spannende Einblicke in ganz unterschiedliche Arbeitsweisen von Künstlerpersönlichkeiten weltweit.
format, bei dem das Publikum mit den neuen Stipendiaten ins Gespräch kommt, während gemeinsam Gemüse für das Abendessen geschnippelt wird. Und am Ende darf gemeinsam bis in die Nacht getanzt werden ... Anne-Kathrin Reif
Für die Präsentationen hat die Foundation nun neue Grundlagen geschaffen: Nach einem Tag mit geschlossenen Workshops für Schülerinnen und Schüler sowie Tanzstudierende ist der Abschlusstag unter dem Motto „Meet the Fellows!“ im Mirker Bahnhof eine Einladung an alle Interessierten, die Stipendiaten hautnah zu erleben und kennenzulernen. Zum Beispiel bei einem Koch- und Talk-
Abschlusspräsentationen der Fellows 2017
Freitag, 26. Januar 2018
Geschlossener Fellowship-Tag Workshops für Schülerinnen, Schüler und Tanzstudierende Samstag, 27. Januar 2018
Offener Fellowship-Tag im Mirker Bahnhof 16.00 bis 17.30 Uhr
Meet the Fellows! Schnibbeltalk mit den neuen Fellows 2018 18.00 Uhr
Gemeinsames Abendessen Suppe von allen für alle! 19.30 bis 21.30 Uhr
Final Lectures ab 21.30 Uhr
Dance with us! Tanz in die Nacht, mit Beats aufgelegt von den Fellows Infos und Anmeldung unter: fellowship.pinabausch.org
Pina Bausch Fellowship 2018 – Die Jury Die koreanische Choreografin Eun-Me Ahn studierte zeitgenössischen Tanz in Seoul und New York. Mit ihren Arbeiten stand sie im Rahmen von Pina Bauschs Festen auch in Wuppertal auf der Bühne. Im September 2017 war ihre Choreografie „Ahnsim Dance“ mit blinden und sehenden Tänzern beim Düsseldorf Festival zu Gast. Die Tänzerin und Choreografin Shantala Shivalingappa ist in Indien geboren und in Paris aufgewachsen. Bei ihrem Meister Vempati Chinna Satyam erlernte sie die klassische indische Tanzform Kuchipudi und performte auf wichtigen Festivals in Europa und den USA. Sie arbeitete u. a. mit Peter Brook und Bartabas und wirkte als Gasttänzerin in mehreren Stücken von Pina Bausch mit.
Von links nach rechts: Eun-Me Ahn, Foto: Sanghoon, Shantala Shivalingappa, Foto: Koen Broos, Enrique Rivera, Foto: Enrique Rivera
Enrique Rivera ist Kurator und audiovisueller Forscher aus Chile. 2003 gründete er die Person Gallery in Santiago und rief später das Archiv für Videokunst am Kulturzentrum La Mondea ins Leben. Aktuell leitet Rivera die „Bienal de Artes Mediales de Chile“ und verantwortet u.a. ein Forschungsund Residenzprogramm für Kunst und Astronomie.
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Szenenfoto der „echten“ Nelken-Line. „Nelken. Ein Stück von Pina Bausch“ 30. Oktober 2013. Foto: Ulli Weiss © Pina Bausch Foundation
Tanzen durch die Jahreszeiten Hunderte von Menschen in aller Welt haben schon bei dem Projekt „DANCE! The NELKEN-Line“ der Pina Bausch Foundation mitgemacht. Jetzt geht es in die Verlängerung – und soll auch die Jüngsten ansprechen.
Im Frühling ist das Gras niedrig. Im Sommer wächst es, und die Sonne steht hoch am Himmel. Im Herbst fallen die Blätter. Im Winter frieren wir. Brrrr! Und dann beginnt alles wieder von vorn ... Mit wenigen prägnanten
Video-Tutorials selbst einzustudieren und einen Videoclip von dem Ergebnis auf der Webseite der Pina Bausch Foundation hochzuladen, um die ganze Vielfalt dieser NELKENReihen mit anderen zu teilen.
Gesten stellen die Tänzerinnen und Tänzer den Ablauf der Jahreszeiten dar, während sie zum West End Blues von Louis Armstrong in einer langen Reihe voranschreiten. Weltbekannt ist die Jahreszeiten-Reihe aus Pina Bauschs Stück „Nelken“ von 1982 - auch durch ihre Präsenz in dem Film „Pina“ von Wim Wenders. Was passiert aber, wenn man einen so markanten Ausschnitt aus einer Choreografie von Pina Bausch mit anderen Menschen teilt? Was machen Pina-Bausch-Fans, Profis, Laien, Kinder, Senioren, Tanzbegeisterte in den verschiedensten Ecken der Welt aus der berühmten Vorlage? Diese Frage gab den Anstoß für ein einzigartiges Projekt, das die Pina Bausch Foundation in Kooperation mit den Fernsehsendern ZDF und Arte im Frühjahr 2016 ins Leben gerufen hat: DANCE! The NELKEN-Line by Pina Bausch. Alle waren (und sind immer noch) eingeladen, die „Jahreszeiten-Reihe“ mithilfe eines
Tanzbegeisterte auf der ganzen Welt sind diesem Aufruf inzwischen gefolgt: Im November 2017 konnten sich die Initiatoren bereits über das 100. Video freuen - und immer wieder kommen neue dazu. „Es ist fantastisch, auf wie unterschiedliche Weise die Menschen die Vorlage aufgreifen“, sagt Projektleiterin Kathrin Peters begeistert und freut sich, dass das ursprünglich auf ein Jahr angelegte Projekt bis Mai 2018 verlängert werden konnte. Den Auftakt mit dem allerersten Video machte 2016 die Pina-BauschGesamtschule in Wuppertal. Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, Eltern, die Schulleitung und sogar der Schulkoch reihten sich ein und tanzten gemeinsam für das Video mit. Zum 50. „Geburtstag“ des Wuppertaler Schauspielhauses schlängelten sich dann im September 2016 rund 350 Menschen, angeführt von der Tänzerin Julie Anne Stanzak, über den Vorplatz des Gebäudes. Eine der
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GLANZSTOFF Ensemble tanzt die NELKEN-Line, Foto: Uwe Schinkel, © GLANZSTOFF
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Foto oben: Die Pina-Bausch-Gesamtschule in Aktion, Foto: Sala Seddiki, © Pina Bausch Foundation Foto unten: Die NELKEN-Line in Rennes, Frankreich, Foto: Nadine Brulat
ersten Teilnehmergruppen war die Glanzstoff-Akademie der inklusiven Künste in Wuppertal, die aus einem Workshop mit Stanzak eine ganz eigene Inszenierung mit fantastischen Kostümen und aufwändiger Maske entwickelte. Doch Pina Bauschs Tanztheater bewegt bis heute ungebrochen nicht nur die Menschen in Wuppertal, sondern in der ganzen Welt - und das spiegelt sich auch in den Beiträgen zu „DANCE! The NELKEN-Line“. Videos kommen aus Chile, China, England, Frankreich, Irland, Italien, Kolumbien, Polen, Rumänien, den USA, aus Taiwan und etlichen weiteren Ländern. Und natürlich haben auch deutschlandweit bereits viele Tanzgruppen, Schulen und Initiativen am Projekt teilgenommen. Die meisten haben die Reihe mithilfe des Video-Tutorials, in dem Julie Anne Stanzak die Gesten erklärt, selbst einstudiert und Videos vom schlichten Handyclip bis zum professionell geschnittenen Tanzvideo hochgeladen. Es gab aber auch von der Pina Bausch Foundation organisierte Workshops und Kooperationen mit Festivals, so mit dem Tanztreffen der Jugend 2016 im Rahmen der Berliner Festspiele oder mit dem Dublin Dance Festival, wo rund 300 Menschen die „NELKEN-Line“ zum Abschluss des Festivals im 42
Stadtpark getanzt haben. Eine Kooperation mit dem Verein Blinde und Kunst e.V. aus Köln warf die Frage auf, wie man das Projekt auch blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich machen kann. Wie lernt man die Gesten? Und wie kann man mit anderen eine Reihe tanzen, ohne sich zu verlieren? So entstand eine Fassung des Tutorials mit Audiodeskription und eine kreative Lösung: „Erst haben wir die Bewegungen über das audiodeskribierte Tutorial und zusätzliche Erläuterungen sehender Freunde gelernt. Wir haben uns dann mit einem dunkelgrünen Band um die Hüften verbunden, um Kontakt zueinander halten zu können. Danach haben wir das Band zerschnitten und sind ,frei’ weitergetanzt,“ erzählt Siegfried Saerberg vom Verein Blinde und Kunst e.V. „Die Herausforderung, blind die Nelkenreihe von Pina Bausch zu tanzen, haben wir als großes Vergnügen empfunden“, sagt er. Für Kathrin Peters ist dies ein besonders schönes Beispiel dafür, wie der Anstoß, den das NELKEN-Line-Projekt geben kann, weitergetragen wird und Menschen in jeglicher Hinsicht „in Bewegung“ bringen kann. „Über die Freude am Mittanzen bekommt man überdies einen lebendigen Zugang zur Arbeit von Pina Bausch“, sagt die Projektleiterin. „Daraus entsteht häufig die Lust auf mehr, zum Beispiel Stücke anzuschauen oder sich grundsätzlich intensiver mit Tanz zu beschäftigen.“ Nach der so erfolgreichen ersten Projektphase dreht die Pina Bausch Foundation das Ganze 2018 noch einen Schritt weiter: Workshops rund um das Nelkenprojekt für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren in Kindergärten und Schulen sollen gezielt auch die Jüngsten zum Mitmachen anregen. Eine Mappe mit Begleitmaterial wird dazu Hintergrundinformationen zur Nelkenreihe, zur Arbeit Pina Bauschs und zum internationalen Projekt „DANCE! The NELKEN-Line“ sowie Anregungen und Impulse für die eigene Umsetzung bereithalten. Auf Musik hören, Rhythmus und Bewegungen koordinieren, Gesten verstehen und einüben und bei all dem auf die anderen achten - eine ganze Menge können auch Kinder dabei lernen. Und nicht zuletzt auch noch sehr viel Spaß haben. Anne-Kathrin Reif Alle Informationen zum Projekt DANCE! The NELKEN-Line auf der Webseite der Pina Bausch Foundation www.pinabausch.org Sämtliche Videos sind einzusehen unter https://vimeo.com/channels/nelkenline Wer einen Workshop buchen möchte, kann sich unter nelkenline@pinabausch.org melden.
Für den Stoffwechsel unserer Stadt Der neugegründete Verein „Freies Netz Werk Kultur e.V.“. Ein Porträt
Es ist ein Tag im April 2016. Wie jedes Jahr hat das Wuppertaler Kulturbüro die freie Szene zum Fachgespräch „Tanz/Theater/ Film“ geladen. Dieses Mal stellt der Kulturort LOCH, ehemals SOMMERLOCH und im März 2017 als Jazzclub LOCH eröffnet, seine Räume im ehemaligen Bücherschiff zur Verfügung. Einmal im Jahr initiiert das Kulturbüro diese Treffen mit Repräsentant*innen der reichen Wuppertaler Kunst- und Kulturszene und bietet Einblicke in Förderprogramme, Kulturbudgets oder auch „baurechtliche Besonderheiten von Veranstaltungsorten“. Seine Leiterin Monika Heigermoser und Urs Kaufmann haben nicht nur an diesem Tag ein offenes Ohr für die freischaffenden Künstler*innen der Stadt. Ein solcher Austausch zwischen Kulturverwaltung und freier Szene ist nicht überall selbstverständlich. Dennoch: Als an diesem Tag nach lebhafter Diskussion der Abschied mit den Worten „Wir sehen uns in einem Jahr wieder“ formuliert wird, fragen sich einige der Anwesenden: Warum eigentlich erst in einem Jahr? Und warum nur auf Initiative des Kulturbüros? - Eine Gruppe von Teilnehmer*innen bleibt noch beisammen, und der Austausch geht weiter. Ein Gefühl der Aufbruchstimmung wird spürbar. Es ist die Geburtsstunde dessen, was sich nur ein Jahr später in der Gründung des gemeinnützigen Vereins unter dem bewusst sperrigen Titel Freies Netz Werk Kultur e.V. manifestieren wird.
von Milton Camillo. Ein Worldcafé wird veranstaltet: An sechs Tischen bilden sich Gruppen zu Fragestellungen wie: Was wollen wir erreichen?, Was kann ich beitragen? Oder: Wie können wir uns in der Öffentlichkeit zeigen und austauschen?. Ein Treffen in kleinerem Kreis kurz darauf hat Organisationsformen und rechtliche Fragen zum Inhalt. Von Anfang an offenbart bereits der lose Zusammenschluss sein Potenzial: Zu nahezu allen Fragen finden sich kompetente Fachleute in den eigenen Reihen, potenzieren sich im regen Austausch die Erfahrungen der Einzelnen. Welche Organisationsform eignet sich für das Vorhaben am besten? Ein lockerer Stammtisch oder doch ein Verein? Diese Fragen werden in einem Zweiten Großen Treffen, wieder in großer Runde, im Kronleuchterfoyer des Opernhauses verhandelt. Und plötzlich geht alles ganz schnell. Es ist die Gunst der Stunde. Wann, wenn nicht jetzt? Ein vorläufiger Name wird in den Raum gerufen, der den Spagat verdeutlicht: Freies Netzwerk - und gleichzeitig: Ein e.V. soll es sein. Arbeitsgruppen bilden sich, die in den darauffolgenden Wochen Ergebnisse formulieren zu den Themen Selbstdarstellung, Satzung, Finanzen und Design. Große Der Vorstand (v.l.n.r.): Tine Lowisch, Zara Gayk, Uta Atzpodien, Lars Emrich und Christian von Grumbkow, Foto: Claudia Scheer van Erp
Zunächst im LOCH, dann im Neuen Kunstverein beginnen Kulturschaffende, sich in unterschiedlichsten Konstellationen zu treffen. Der Wunsch nach einem interdisziplinären Austausch sowie einer stärkeren Vernetzung wird lebhaft greifbar. Stetig wächst der Kreis derer, die sich zu den Treffen an wechselnden Kunst- und Kulturorten versammeln. Schließlich erfolgt aus dem Kern der Gruppierung die Einladung zum Ersten Großen Treffen in den Atelierräumen 43
Peter Grabowski im Mirker Bahnhof, Foto: Claudia Scheer van Erp
Treffen finden im Atelier von Christian von Grumbkow und in der Kunststation im Bahnhof Vohwinkel statt. Dort wird endgültig über den Namen abgestimmt: Freies Netz Werk Kultur. Das Treffen im Mai 2017 im Café Swane bringt den Durchbruch. Manch eine*r hätte es der losen Zusammenkunft an Individualisten fast nicht zugetraut, doch dann geschieht es wie von selbst: „Freies Netz Werk e.V.“ gründet sich als gemeinnütziger Verein. Unter den Gründungsmitgliedern findet sich der aktuelle Vorstand. Es wird ein bewegender Abend, der Anfang ist gemacht. Was ist seither passiert? Wie versteht sich dieser spartenübergreifende Zusammenschluss aus Künstler*innen, Kulturschaffenden, Journalist*innen, Kulturmanager*innen, Veranstalter*innen und Kulturinteressierten?
„Kunst und Kultur regen den Stoffwechsel unserer Stadt an“, hatte es der in Oberbarmen aktive Performer Roland Brus von der Mobilen Oase bei einem World Café für das Selbstverständnis selbstbewusst in Worte gefasst. „Sie verbessern die Lebensqualität und gestalten das Selbstporträt von Stadt und Region.“ Das Freie Netz Werk versteht sich als interdisziplinäres Bündnis für alle, die eine starke und vielfältige Kultur in Wuppertal und Umgebung wollen. Impulse, Referate, Austausch, das Teilen von Ressourcen, Probenräumen, technischer Ausrüstung, Weiterbildungs44
angebote, der Austausch über kulturpolitische Debatten, die Bildung einer Interessenvertretung, die auch in politischen Gremien sitzt, das Erheben und Bereitstellen von Daten zur Situation der freischaffenden Künstler*innen - nur wenige der zahlreichen Vorhaben, die sich das Freie Netz Werk auf die Fahnen geschrieben hat, lassen sich hier aufzählen. Es möchte ein Dialogpartner für Politik und Verwaltung sein und das gesellschaftliche Kunst- und Kulturleben bereichern. Mit seinem monatlichen Jour fixe wandert der Verein durch die Kulturorte der Stadt. Jedes dieser Treffen beginnt mit einer Vorstellung des Ortes durch seine Gastgeber*innen. Schlaglichter werden auf spezifische Themen gesetzt, Gastreferenten zu Vorträgen eingeladen. Zum Beispiel: Mirker Bahnhof, Utopiastadt. Der ehemalige Wartesaal dritter Klasse ist gut gefüllt beim ersten Jour fixe nach der Vereinsgründung, es ist ein Monat nach den Landtagswahlen in NRW. Zu Gast ist der kulturpolitische Reporter Peter Grabowski. Sein Vortrag ist ein aufrüttelnder Blick hinter die Kulissen der Kulturpolitik. Für viele Künstler*innen ist dies eine neue Perspektive, obwohl sie doch tagtäglich mehr oder weniger von den Entscheidungen abhängen, die dort getroffen werden. So zitiert Grabowski denn auch einen Slogan, der vor den Wahlen auf den Plakaten von Helge Lindh zu lesen war: „Demokratie ist keine Zuschauer-Veranstaltung.“ Ein Ruck scheint
durch die Anwesenden zu gehen. Es hilft nichts, in der Abgeschiedenheit der eigenen Kunst sein Süppchen zu kochen, sich ansonsten aus der Tagespolitik herauszuhalten und sich dann zu wundern. Grabowski fordert eindringlich dazu auf, sich als Künstler*in an den Debatten zu beteiligen, zumindest sich gut über sie zu informieren. Ortswechsel: das Foyer des leer stehenden Schauspielhauses. Schon allein das Zusammentreffen an diesem mit Vergangenheit aufgeladenen Ort lässt starke Gefühle aufkommen. Manch eine*r denkt womöglich an Heinrich Bölls Rede „Die Kunst muss zu weit gehen“ zur Einweihung im Jahr 1966. Matthias Frense, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Ringlokschuppens in Mülheim an der Ruhr, begeistert mit seinem Vortrag über eines der Arbeitsfelder seines Produktionshauses, das seit zehn Jahren intensiv partizipatorische Projekte im Stadtraum initiiert. Wie können Orte und künstlerische Projekte Akzente setzen für die Menschen und die Stadtentwicklung? Als Christian Koch, Projektgeschäftsführer für das Pina Bausch Zentrum, Einblicke in den Stand der Planungen gewährt, kommt Erregung unter den zahlreichen Teilnehmer*innen auf. Wie können wir uns einbringen? Was ist in dieser Stadt alles möglich? Und was können wir gemeinsam schaffen?
Ein starker, Mut machender Anfang ist gemacht. Kulturschaffende der Stadt und darüber hinaus solidarisieren und organisieren sich. Arbeits-, Projekt- und Interessen-
gruppen entstehen. Erste Projekte werden über „Freies Netz Werk Kultur e.V.“ abgewickelt und vorangetrieben. Die Resonanz innerhalb und außerhalb der Stadt nimmt zu. So findet der Zusammenschluss bereits Erwähnung beim Bundesforum des Bündnisses Freie Darstellende Künste Anfang November 2017 in Berlin, Einladungen anderer regionaler Netzwerke folgen. „Was die Kunst braucht“, so Böll in seiner berühmt gewordenen Rede, „ist Material. Freiheit braucht sie nicht, sie ist Freiheit; es kann ihr einer die Freiheit nehmen, sich zu zeigen. Freiheit geben kann ihr keiner; kein Staat, keine Stadt, keine Gesellschaft kann sich etwas darauf einbilden, ihr das zu geben oder gegeben zu haben, was sie von Natur ist: frei.“ Der Kern von Freies Netz Werk Kultur zeigt sich bei jedem Aufeinandertreffen neu: Es ist die persönliche Begegnung, das sich Zusammenfinden von Persönlichkeiten. Sie alle eint das Verlangen nach Austausch und gegenseitiger Inspiration. Die Synergien, die dabei frei werden, könnten imstande sein, der „Freiheit der Kunst“ im Sinne Bölls zum Leben zu verhelfen: Gegebene Freiheit ist für sie keine, „nur die, die sie hat, ist oder sich nimmt.“ Torsten Krug Torsten Krug ist Theaterregisseur, Sänger und Autor. Er lebt seit 2006 in Wuppertal.
The art of tool making 45
Der Monte Verità auf einer alten Postkarte
„… möchte so gern in die Schweiz zurück, genau wie ein Zugvogel“ Zukunftsweisendes Else-Lasker-Schüler Forum in Ascona und auf dem Monte Verità
Else Lasker-Schüler, Franz Marc und der große Kabarettist der Weimarer Rebublik Walter Mehring, sie alle waren auf dem Monte Verità bei Ascona. Mit dem XXll. Else-Lasker-Schüler-Forum kehrten sie an jenen legendären Ort zurück, der in vielerlei Hinsicht zum Labor der Moderne wurde. Ein Blick zurück auf die Geschichte des Bergs und auf das Literaturforum. „Als ich das erste Mal auf den Monte Verità kam, ahnte ich nicht, dass dieser Berg ein Schicksalsort für mich werden sollte. Und so staunte ich, als ich Jahre nach meinem ersten Besuch auf dem Berg über mich las, dass der Monte Verità mit meinem Leben untrennbar verknüpft sei“, schrieb Walter Mehring an seine Eltern. Mehring war einer der exponiertesten Autoren der von Herwarth Walden herausgegebenen Zeitschrift „Der Sturm“, dem wegweisenden Zentralorgan des Expressionismus, und später der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen Weltbühne. In der Weimarer Republik kämpfte Mehring, 1917/18 noch Mitbegründer der Berliner Dada-Sektion, mit Gedichten, Liedern und satirischer Prosa gegen Militaris46
mus, Antisemitismus und gegen den aufkeimenden Nationalsozialismus. Was führte einen politisch denkenden Kopf an einen damals so entlegenen Ort im Tessin? Mehring war nicht der einzige Exponent der expressionistischen Generation, der von dem landschaftlich zauberhaft gelegenen Hügel über dem Lago Maggiore bei Ascona angelockt wurde. In wechselnden Personenkonstellationen wurden seit 1900 auf dem Monte Verità neue Lebens- und Wirtschaftsformen ausprobiert. Schnell wurde der Monte bekannt und zeitweise überrannt vom Adel des europäischen Künstler- und Geisteslebens: Der Maler Hans Arp, der Dadaist Hans Richter, die Anarchisten Erich Mühsam und Mikail Bakunin, die Blauen Reiter Alexej Jawlensky, Marianne Werefkin, Franz Marc sowie dessen Ehefrau Maria und auch Paul Klee, sie alle besuchten den Monte Verità oder ließen sich dort gleich eine Zeit lang nieder. Im Kraftfeld dieses Ortes und seiner Personen wurden sie zu künstlerischen Prozessen angeregt. Der Schwede Viking Eggeling und der deutsche Maler Hans Richter entwickelten die ersten abstrakten Filme.
Carl Weidermeyer errichtete für die Ausdruckstänzerin Charlotte Bara das Teatro San Materno
Eduard von der Heydt als „Buddha vom Monte Verità“, um 1930, Foto: Privatarchiv
Hermann Hesse therapierte seine Alkoholsucht auf dem Monte mit Aquarellmalerei. Gropius und Lázló MoholyNagy waren hier; der Bauhausarchitekt Emil Fahrenkamp errichtete im Auftrag von Eduard von der Heydt auf dem Monte Verità ein Hotel, Carl Weidermeyer für die Ausdruckstänzerin Charlotte Bara das Teatro San Materno. So war der Berg über eine Generation eine Kommune der Sinnsucher und Lebensreformer. Vertreter des Vegetarismus, der Theosophie, des Dadaismus, aber auch des Bauhauses lebten und arbeiteten hier zeitweise zusammen. Was hatte der Monte Verità, dass er Exponenten so unterschiedlicher Geistesbewegungen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gleichermaßen anzog? Was diese verschiedenen Menschen zum Monte Verità lockte, war vermutlich neben seiner landschaftlichen Schönheit gerade seine Weltabseitigkeit. Es bedurfte eines Rückzugsortes, um die Idee vom Neuen Menschen abseits von Kapitalismus und Kommunismus zu erfinden. Was die unterschiedlichen alternativen Bewegungen einte, war die Suche nach einem dritten Weg jenseits von Fließbandproduktion und bürgerlicher Enge. Eine Idee, die selbst Bauhauskünstler, die an universellen Formen kollektiven Lebens und Wohnens arbeiteten, anschlussfähig machten an die auf dem Monte Verità gelebte Kommunarde, träumten doch auch die Bauhäusler noch immer den alten Schiller‘schen Traum von der „ästhetischen Erziehung“ des Menschen. Mitten im Herzen Europas, an der Schnittstelle zwischen nordischer und mediterraner Welt, war der Monte Verità ein Platz wie geschaffen - neben Capri und Taormina -, zum dritten Sehnsuchtsort der europäischen Intellektuellen, Künstler und Dichter zu werden. 47
Else Lasker-Schüler als Prinz Jussuf
Aus heutiger Sicht erscheint die Fülle der damals auf dem Berg der Wahrheit begonnen Bewegungen wie eine Blaupause für die gesellschaftlichen und künstlerischen Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Mühelos lassen sich Querverbindungen zu der Studentenrevolte der 68erGeneration ziehen, zu den Experimenten der Kommune K1, den Hippies, zu ökologischen Bewegungen und in der Kunst sowohl zu Beuys‘ Idee der Kunst als Sozialer Plastik als auch zu Hundertwassers vegetativer Malerei. Selbst die jüngeren Konzepte von New Work und Smart Consumption des austroamerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann knüpfen an die Motivation und Vorstellungswelt der lebensreformerischen Strömungen an, die u. a. vom Monte Verità ausgegangen sind.
1933 Nachdem Else Lasker-Schüler im Jahr 1933 von SATruppen in Berlin auf offener Straße geschlagen worden war, entschließt sie sich zu emigrieren und strandet mit Albert Ehrenstein und Erich Maria Remarque am Monte Verità. Für die jüdische Dichterin aus Deutschland bedeutet die Schweiz, dass sie den Holocaust überleben kann, aber es sind auch Jahre der Demütigung, denn die Schweiz erlässt - wahrscheinlich auf politischen Druck der Nationalsozialisten - ein Publikationsverbot, unmittelbar nach der Uraufführung ihres visionären Stücks über die Aussöhnung der Weltreligionen „Arthur Aronymus und seine Väter“ im Zürcher Schauspielhaus. Sie wird dort zur Persona non grata. Nach ihrer dritten Reise nach Palästina 1939 darf sie nicht wieder in die Schweiz einreisen. Sie sitzt in Jerusalem fest, ihrem letzten Wohnort. Der Aufenthalt von Else Lasker-Schüler und einigen ihrer Freunde auf dem Monte Verità war der Anlass für die ElseLasker-Schüler-Gesellschaft, ihr XXII. Forum in Ascona und auf dem Berg der Wahrheit stattfinden zu lassen. Ohnehin gibt es neben der in Elberfeld geborenen Dichterin weitere Verbindungslinien, die von der Schwebebahnstadt hinauf auf den Tessiner Monte führen: 1926 kaufte der Wuppertaler Kunstsammler Eduard von der Heydt den Monte Verità, 48
ließ dort für sich eine bescheidene Villa und durch den Bauhausarchitekten Emil Fahrenkamp ein Hotel errichten, in dessen Aufzügen die Gäste, Bilder von Picasso aus der Sammlung des Barons betrachtend, in die höher gelegenen Etagen schwebten. Und auch die Wuppertaler Tanzikone Pina Bausch besuchte den Monte Verità, angelockt von den früheren Aufenthalten der Pionier*innen des Ausdrucktanzes wie Rudolf Laban, Charlotte Bara, Isadora Duncan und Mary Wigman, die hier auftraten und sich inspirieren ließen. Viele gute Gründe, diesen Spuren zu folgen! Heiner Bontrup
Forum Else Lasker-Schüler Eröffnet wurde das
Forum durch seinen Schirmherrn Manuele Bertoli, Präsident des Staatsrates des Tessin, vergleichbar einem Ministerpräsidenten in Deutschland. Er wies in seinem kurzen, prägnanten Statement eindringlich auf die Notwendigkeit hin, kulturhistorisch bedeutende Orte wie etwa das Teatro San Materno, Ascona, durch finanzielle Förderung lebendig zu erhalten, damit dort wie anderenorts zeitgenössische Kunst, Tanz und Theater weiterhin stattfinden können. In Kunst und Kultur spiegele sich immer auch die geistige Auseinandersetzung mit den großen und bewegenden Themen der Zeit, so Bertoli, und nahm eindeutig Bezug auf die Diskussion um die Migration. Kaum ein anderer Ort sei daher so geeignet für die Absichten, die die Initiatoren des Forums, insbesondere Hajo Jahn als Vorsitzender der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft, mit dieser Veranstaltungsreihe verfolgten. Sowohl die Vorträge in der kleinen, aber feinen Biblioteca populare des Weltdorfes am Lago Maggiore als auch die Stücke, aufgeführt im Teatro Materno, zeigten in sehr unterschiedlicher Form einen zeitgemäßen Umgang mit dem literarischen und künstlerischen Erbe der Dichterin aus Elberfeld. Programmatisch in dieser Hinsicht war der brillante Vortrag der Schweizer Literaturhistorikerin und -kritikerin Beatrice von Matt, die am Beispiel von Lasker-Schülers Zürcher Prosaprojekts, eines fiktiven Tagebuchs der Dichterin im Schweizer Exil, die Modernität ihrer Texte herausarbeitete. Der Vortrag zeigte die filmische Montagetechnik auf, in der scheinbar banale Alltagsbeobachtungen wie etwa die der schachspielenden Männer im Zürcher Literatencafé
Tiziana Arnaboldi, Leiterin des Teatro San Materno, Manuele Bertoli, Schirmherr des XXII. Else-Lasker-Schüler Forums und Präsident des Staatsrates des Tessin, Tanja Jahn, Dolmetscherin und Hajo Jahn, Vorsitzender der Else-Lasker-SchülerGesellschaft, Foto: Katja Jahn
Odeon für die Dichterin zu Chiffren für die Kriegsherren werden, die Europa schon bald in das Schlachtfeld des Zweiten Weltkrieges verwandeln sollten. Auf andere Art beschäftigte sich Professor Iso Camertin mit einem Grundthema jeden Exils: der Angst. Aus einem großen Wissensfundus schöpfend, extrahierte Camertin in der Kunst und Philosophie unterschiedlicher Zeiten die Angst als Conditio humana, die im Exil besonders wirksam wird. Welche Kraft die Angst und der menschliche Wunsch, ihr Ausdruck zu verleihen und sie zu reduzieren, hat, erläuterte der vor Querverweisen sprühende Camertin u. a. anhand der Philosophie Kierkegaards und Lacans, der Kunst der Expressionisten und der Opernmusik. Auch so lässt sich die politische Aktualität der Dichterin darstellen. 49
Szene aus „Der Blaue Reiter ist gefallen oder: Europa am Abgrund“, Chrystel Guillebeaud, Foto: Daniel Schmitt
Der Blaue Reiter ist gefallen oder: Europa am Abgrund Ein Stück über Else Lasker-Schüler und Franc Marc in Zeiten des Krieges
In Zürich veröffentlichte Else Lasker-Schüler das Stück „IchundIch“, in dem sie Figuren der Zeitgeschichte wie etwa Goebbels und Hitler in die Figurenwelt von Goethes Faust montierte. Ästhetisch knüpft dieses Theaterstück an den Transpersonalismus und die Auflösung von Raum und Zeit in „IchundIch“ an. Ausgangspunkt des Stücks von Heiner Bontrup ist die Künstlerfreundschaft zwischen Else Lasker-Schüler und Franz Marc, aus der sich ein einmalig schöner und berührender Bild- und Briefwechsel ergab, der mit dem Tode des Malers vor Verdun 1916 abrupt endete. Das Stück mit der Pina-Bausch-Tänzerin Chrystel Guillebeaud, den Schauspielern Margaux Kier und Olaf Reitz setzt dieser Freundschaft ein Denkmal. Das ernsthafte Spiel von Kier und Guillebeaud als zwei Personifikationen von Else und Olaf Reitz als Franz Marc lässt den engen künstlerischen Austausch und die tiefe persönliche Verbundenheit der beiden Künstler lebendig werden. Bewegend sind die Momente aufrichtigen Mitdenkens im Kunstkosmos 50
des jeweils anderen und die Auseinandersetzung über den Krieg, dessen Verlauf und Folgen so ganz anders waren als von der jungen, kriegseuphorischen Generation 1914 angenommen. Jan Marc Reichow am Flügel und Charles Petersohn an der Soundmaschine spiegeln die Erlebniswirklichkeit der Protagonisten einfühlsam auf musikalischer Ebene. Stücke von Ravel, Bartók, Borodin und Cage wurden von Jan Marc Reichow zu einer das Bühnengeschehen atmosphärisch verdichtenden Musik arrangiert und von Petersohn mit realitätsgesättigten Sounds unterlegt. Historische Schlaglichter setzte neben weiteren Vorträgen die beeindruckende Walter-Mehring-Revue Mit der Güte des Menschen war’s diesmal nichts von Karen Krauthammer, in der Isabella Rossi, Helmut Vogel und Daniel Fueter die Zuschauer mitnahmen auf eine fast einhundert Jahre währende Zeitgeschichte auf der Grundlage des Schicksals und der Texte dieses großartigen Kabarettisten und Sprachartisten. Aufmerksam folgten die Zuschauer mit hohem Tempo und feinem Gespür dem Trio, das Texte, Songs und Lebensstationen dieses Berliner Weltbürgers spannungsreich präsentierte.
Szenen aus „Der Blaue Reiter ist gefallen oder: Europa am Abgrund“, oben: Olaf Reitz, unten: Chrystel Guillebeaud und Margaux Kier, Fotos: Daniel Schmitt
Am Eröffnungsabend des Forums boten die Berliner Pianistin Peggy Voigt und die Sängerin Carola Kruntz, der Biografie der Dichterin folgend, Vertonungen von ElseLasker-Schüler-Gedichten dar, die die Musikalität und den fein gesponnen Humor der Dichterin überraschend freilegten. Einen direkten Gegenwartsbezug schuf die Theater-/Musik-Video-Performance Credo zu den drei Weltreligionen des Künstlerteams Die Redner aus Saarbrücken am Abschlusstag des Forums: eine Reise in die Welt des Glaubens, in die Welt des Absoluten der Wünsche und der elementaren Sehnsüchte der Menschen. Eine künstlerische Spurensuche im Deutschland von heute vor dem Hintergrund der drei Weltreligionen, die das Forum mitten in die Diskussion um den Umgang mit heutigen Flüchtlingen führte. Es bleibt zu hoffen, dass die Impulse des XXII. Else-LaskerSchüler-Forums, das vom Auswärtigen Amt gefördert wurde, Kreise ziehen: als Ansporn für die Literaturgesellschaft, die Modernität Else Lasker-Schülers auf dem literarischen Feld weiter freizulegen, ihr Potenzial in zeitgenössische ästhetische Formen und Möglichkeiten zu übersetzen und - last but not least - politisch zu wirken. Ulla Backes Graziella Rossi, Helmut Vogel, Daniel Fueter in der Literarischen Revue „Mit der Güte des Menschen war’s diesmal nichts“ von Karen Krauthammer, Foto: Tanja Jahn
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Probenfoto: Thomas Luther
Seniorentanztheater Mit den Augen eines Tänzers der Kompanie Claudio li Mura betrachtet Seit fünf Jahren gibt es das Seniorentanztheater Wuppertal Claudio li Mura. Ich bin dabei und will davon berichten. Ich starte im November 2017. Da gab es zwei Werkstattaufführungen der tanzenden Senioren aus Wuppertal im Düsseldorfer Theatermuseum am Hofgarten. Auf der feinen, aber ziemlich kleinen Bühne gab es die Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren: Das gemeinsam einstudierte neue Stück Träume tanzen wurde an jedem der beiden Termine jeweils von einem Teil der Kompanie aufgeführt. So konnte ich, gemeinsam mit den anderen Zuschauern, zum ersten Mal eines unserer Stücke „von außen“ anschauen, konnte wahrnehmen, wie Bilder und Soloparts von unterschiedlichen Menschen trotz einheitlicher Regie ganz unterschiedlich ausgefüllt wurden, konnte den Assoziationsraum der Fantasie betreten, den die Bilder dem Betrachter eröffnen, konnte eintauchen in die Intensität 52
von Akteuren voller Erfahrungen und gelebten Lebens und nebenbei darüber nachdenken, welche Erfahrungen ich als Teil der Seniorenkompanie gemacht habe.
Der Wink des Schicksals? Vor vier Jahren saß ich am Schreibtisch, checkte mein Konto im Internet und stellte fest, dass zum ersten Mal eine Überweisung von der Deutschen Rentenversicherung angekommen war. Das war der erste Beweis dafür, dass ich jetzt Pensionär war. Der zweite folgte wenige Minuten später. Eine alte Freundin rief an. „Wir brauchen Männer“, sagte sie und erklärte, dass sie seit Neuestem beim Seniorentanztheater Wuppertal von Claudio li Mura mitmache und dass es dort - wie zu erwarten - einen gewaltigen Frauenüberschuss gebe. Zufall, krude Idee oder Wink des Schicksals? Auf jeden Fall Grund genug, am folgenden Mittwoch zum nächsten Treffen der Kompanie zu gehen, um zu ergründen, was der Lebensabend in Wuppertal für mich zu bieten hat.
Gelebtes Leben tanzen, um Lebenskunst wahrnehmbar zu machen - ich konnte schon nach einigen Proben verstehen, dass dies sozusagen die Intention des Choreografen der Kompanie ist. Aber wie konnte ich mich dort einbringen? Man sagt, ältere Menschen kann man nicht mehr ändern. Da ist zum einen etwas dran, aber wer die Arbeit des Seniorentanztheaters anschaut, lernt schnell, dass diese erworbene Verhaltenssicherheit und sogar die gelebte Unsicherheit auf der Bühne eine beträchtliche Kraftquelle sind, besonders deshalb, weil erfahrene Menschen vielleicht manchmal illusionsloser sind, aber keineswegs weniger sensibel. Denn: Enttäuschte Hoffnung und erfülltes Glück, zielstrebige Entschlossenheit oder solide Wut, sie werden gerade aus der Erfahrung heraus umso tiefer empfunden. Sie sehen auf der Bühne und in den Gesichtern der Tänzerinnen und Tänzer auch ganz anders aus, wenn diese solche Gefühle ein Leben lang unzählige Male empfunden haben und wenn ein Regisseur mit großem Herzen und scharfen Augen wie Claudio li Mura es schafft, diese Erfahrungen künstlerisch sichtbar zu machen. Daran musste ich denken, als ich in Düsseldorf zum ersten Mal Seniorentanztheater-Zuschauer war.
Ein großes Abenteuer Zudem ändern sich alle Menschen, gleich welchen Alters, wenn sie etwas grundlegend Neues erfahren, und Seniorentanztheater ist für die Akteure ohne jede Ausnahme ein großes Abenteuer: der Eintritt in eine radikal offene Kunstform und die Erfahrung, vom Choreografen so angenommen zu werden, wie man ist. Außerdem ist Bühnenarbeit generell und Tanztheater im Besonderen eine Erfahrung von emotionaler und körperlicher Nähe, und dies zu Menschen außerhalb des gewohnten Bereiches von Familie und engster Bekanntschaft. Wer über sechzig ist, hat sich oft damit abgefunden, dass in dieser Sphäre die Luft dünner wird. Im Seniorentanztheater gibt es eine für alle Tänzerinnen und Tänzer überraschende Schubumkehr aus der Isolation. Aber man muss Mut zu tänzerischem Agieren und Mut zur Nähe aufbringen, wo man sich vielleicht schon auf wachsende Distanz eingerichtet hatte. Für diese Mutprobe des sich Einlassens wird man aber auch belohnt. Wenn ich mich frage, was die Akteure vom Wuppertaler Seniorentanztheater seit Jahren und über zahlreiche Stücke beisammenhält, dann ist die Erklärung wohl die Erfahrung, dass man hier gemeinsam an einer Kunst mit einer ganz großen Offenheit arbeitet, wie sie durch die Heran-
gehensweise von li Mura gestiftet wird: Jede Eigenheit und jede Art und Weise zu agieren und sich zu bewegen ist willkommen und eine Bereicherung. Wer Freude an Bewegung und Agieren hat, der wird unterstützt und gefördert. Im Durchschnitt sind das übrigens für Männer und Frauen unterschiedliche Orte. In der Kompanie gibt es unter den Akteurinnen eine Menge Tanzerfahrung aus Kursen, Schulen und Workshops. Lange Zeit stellten sie, wie nicht anders zu erwarten, eine solide Zweidrittel-Mehrheit. Aktuell ist dieses Verhältnis aber schon fast ausgewogen. Das liegt nicht nur an aktiver Werbung um das weniger tänzerische Geschlecht, sondern auch an der aufregenden Selbsterfahrung, von der viele Tänzer berichten können - auch ihren Freunden und Bekannten. Die Erfahrung, im vierten Quartal des Lebens künstlerisch am Verhältnis zwischen Biografie, Körperlichkeit und Lebensgefühl arbeiten zu können, dafür angenommen zu werden, wie man ist und sogar mit Auftritten Applaus und Anerkennung zu gewinnen, das ist für viele Frauen eine beglückende Entwicklung dessen, woran sie vielfach schon lange gearbeitet haben. Für die meisten Männer ist es eine Sensation aus dem Nichts, mit der sie nicht gerechnet haben. Da ist eine Aufgabe, so umfangreich wie die Arbeit in Technik, Handel, Erziehung, Konstruktion oder Management, die sie beruflich geprägt haben und teilweise noch prägen, die aber gleichzeitig in der Lage ist, sie selbst noch einmal zu verändern. Die Aufgabe besteht eben auch darin, Aspekte des eigenen Lebens zu tanzen, in Bewegungskunst zu verwandeln. Das haben sie noch nie gemacht, und deshalb ist das Abenteuer Tanz für die Männer vielleicht noch aufregender als für ihre Mitstreiterinnen.
Wie macht man Seniorentanztheater? Da treffen sich Leute, proben und ändern dies und jenes nach vorgegebenen Stichworten des Choreografen, und nach einem Monat oder einem Jahr kommt etwas ganz Tolles dabei heraus: ein neues Stück. Wenn Musiker und insbesondere Jazzer etwas ausprobieren, dann „jammen“ sie. Wenn das Seniorentanztheater etwas ausprobiert, dann agieren die Tänzer gemeinsam im großen Saal des Nachbarschaftsheims am Wuppertaler Platz der Republik, wo sonst Kurse, Bürgertreffen, Feiern und große Familienfeste stattfinden. Das ist ein wunderschöner Raum mit runder Stuckdecke und historischen Glasmosaikfenstern, in denen auch deren edle Spenderinnen und Spender aus dem 19. Jahrhundert verewigt sind. 53
Szenenfoto aus dem Stück „Stimmen aus der Stille“, Foto: Antje Zeis-Loi
Ich erinnere mich an die Erarbeitung eines Bildes für unser vorletztes Stück Gazhebo, mit dem wir im Mai 2016 im Wuppertaler Opernhaus auf der Bühne standen. „Du kommst auf eine Party, auf der du niemanden kennst und wo auch niemand bereit ist, von dir Notiz zu nehmen“ - das ist die Aufgabe des Regisseurs. Jeder und jede agiert in dieser vorgestellten Situation ganz unterschiedlich: verzagte Blicke, trotzig gekreuzte Armen, verlegene Handbewegungen im Gesicht, Suche nach Augenkontakt oder Rückzug an den Rand des Geschehens. Die Situation wird zunehmend beklemmender. Lähmung und schlecht Laune machen sich breit - alles ganz echt, besonders deshalb, weil die zwei Dutzend Menschen hier genau wissen, wie sich solch eine blöde Situation anfühlt. Claudio li Mura hat gesehen, was er sehen wollte: die lebenserfahrenen Antworten von Tänzerinnen und Tänzern auf eine choreografische Aufgabenstellung. Bei der Wiederholung dieser kleinen Szene beginnt die Gruppe bereits zu agieren. Die einen schauen hin, die anderen schauen weg. Einige machen sich suchend auf den Weg, andere machen sich aus dem Staub. Daraus hat li Mura eine mehrteilige Szene über das Auf und Ab des Kontakts zwischen Menschen entwickelt. Da kommen einzelne Sonderlinge auf die Bühne, und alle hantieren etwas ratlos oder skurril an ihrem mitgebrachten Kissen: reden oder schmusen mit ihm, drehen es zwischen den Händen oder wischen auf dessen Oberfläche herum. Dann kommt schmissige Musik - ein Impuls, mit 54
den Kissen gemeinsam etwas anzustellen: in die Luft werfen und dabei zur Musik tanzen. Dann bricht die Musik und damit die Verbindung zwischen den Tänzern ab; die Kissen gleiten auf den Boden, Lähmung und Peinlichkeit machen sich breit, einige Tänzerinnen bemühen sich vergeblich um Kontakt, einige Tänzer stehen trotzig mit verschränkten Armen, andere lassen den Kopf hängen. Zum Schluss nimmt jeder sein Kissen mit spitzen Fingern und geht von dannen. In Kultursendungen berichten Schriftsteller manchmal über die Entstehungsgeschichte ihres neuesten Romans. Die einen erzählen von einem Plan, den sie sich vorher gemacht haben und den sie dann Schritt für Schritt mit Worten und Sätzen gefüllt haben. Die anderen haben eine ganz andere Erfahrung gemacht: Die Geschichte und die handelnden Personen erhalten im Fortgang des Geschehens immer mehr Eigenleben, und der Autor wird mehr und mehr zum Chronisten einer Handlung, die sich erst im Prozess des Schreibens entwickelt. Manchmal seien sie selbst gespannt, wie die Sache ausgeht. Die Erarbeitung der Stücke der Tanztheater-Senioren ist von genau dieser Art, allerdings wahrscheinlich dynamischer, denn der Choreograf und Regisseur hat es nicht mit 26 Buchstaben zu tun, sondern mit der sensiblen Sicht auf 20 oder 30 Darsteller, die nicht nur ihre physische Präsenz und ihre tänzerischen Fähigkeiten auf die Bühne bringen, sondern ihre Persönlichkeit als Ganzes.
Bilder für die persönliche Interpretation Tanztheater-Bilder sind oft im Kern sehr elementar und gleichnishaft, und so wählen der Choreograf und die Tänzer Bilder, also Allegorien, um sich verständlich zu machen - gern auch recht drastische. Bei meiner Erfahrung als Seniorentanztheater-Zuschauer habe ich sie gesehen, die Tänzerin, die wild grimassiert und sich gleichzeitig hinter ihrem Stuhl versteckt, die sterbenden Vögel, die erst inmitten einer Gruppe blinder, tastender Tänzer wieder zum Leben erwachen, oder den Bauarbeiter, der stoisch Sand aus Eimern schüttet, während rund um ihn Tänzer beginnen, ihre Kindheitsträume darzustellen. Der Inhalt oder die Handlung von Tanztheater-Choreografien ist in dieser Weise oft schwebend und interpretierbar. Dass sie meistens nicht Szenen oder Akte heißen, sondern Bilder, hat in mehrfacher Hinsicht gute Gründe. Erstens wollen die Tänzer durch die Kunst der Bewegung ihr Inneres außen sichtbar machen, also ein Bild davon schaffen. Zweitens entzieht sich die Tanztheater-Aufführung oft einer eindeutigen Interpretation wie ein Bild einer Ausstellung, welches natürlich in unterschiedlicher Weise wahrgenommen und interpretiert werden kann; so ist es ganz natürlich, dass jeder Tanztheater-Zuschauer wie der Besucher einer Kunstausstellung mit seiner ganz persönlichen Interpretation der dargebotenen Kunst nach Hause geht. Es ist wichtig, Bilder für die grundlegenden, existenziellen Themen zu finden und damit Menschen künstlerisch zu bewegen. Tanztheater-Aufführungen entwickeln so ihre tiefe, manchmal sogar verstörende Kraft, weil hier
Saitenspiel So. 21.01.2018, 18.00 Uhr Werke von Evaristo Dall’Abaco Johann Sebastian Bach Max Reger Ernst Toch Jean Sibelius Alberto Ginastera Ernest Bloch
Peter Bruns, Violoncello
nicht nur ein Ensemble etwas aufführt, sondern Menschen sich selbst in Situationen ganz und gar zeigen. Die Bewegungskunst ist dabei das Medium, um sichtbar zu machen, „nicht, wie Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt“ - wie es die Erfinderin dieser Kunst, Pina Bausch, immer wieder erklärt hat. Dieser Prozess hat ein äußerst vitales Eigenleben, auch und ganz besonders, wenn die Tänzer 60 sind und älter. Träume tanzen ist mein viertes Stück beim Seniorentanztheater Wuppertal, nach Stimmen aus der Stille, Zero + Ich und Gazhebo.
Zum ersten Mal habe ich in dem kleinen Theater in Düsseldorf die Möglichkeit gehabt, auch als Zuschauer die gezeigten Bilder zu verarbeiten und damit ein wenig an meinem persönlichen Tanz des Lebens zu arbeiten - während der Vorstellung und durchaus noch in den Tagen danach. Wenn es uns, den Tänzerinnen und Tänzern und unserem Regisseur auch bei den nächsten Vorstellungen gelingt, solch einen Impuls zu setzen, dann haben wir unser Publikum erreicht. Hans-Dieter Westhoff Premiere: „Ode an Tersicore“ So sind wir Ein Tanztheaterstück von Claudio li Mura Mi., 7. und Do., 8. Februar 2018, 19.30 Uhr Theater am Engelsgarten Engelsstraße (Historisches Zentrum), 42283 Wuppertal Einheitspreis 15 Euro
…mit Joseph Haydn und Sofia Gubaidulina
in der Historischen Stadthalle Wuppertal
So. 22.04.2018, 18.00 Uhr Joseph Haydn Streichquartett B-Dur op. 1/1 „Jagd“ Maurice Ravel Streichquartett F-Dur Claude Debussy Streichquartett g-moll op. 10 Joseph Haydn Streichquartett h-moll op. 33/1
Mandelring-Quartett
Passions-Wochenende 2018 Sa. 17.03. und So. 18.03.2018 Streichquartette von Joseph Haydn Sofia Gubaidulina Johann Sebastian Bach Claude Debussy Dmitri Schostakowitsch Franz Schubert Peter Tschaikowsky
Klenke Quartett Prisma Quartett Auryn Quartett
Alle Saitenspielkonzerte 2017/2018: VVK: KulturKarte • Tel. 02 02.5 63 76 66 • Veranstalter: Historische Stadthalle Wuppertal GmbH • Mit freundlicher Unterstützung von Detlef Muthmann
www.saitenspiele.eu
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Saitenspiel: Passions-Wochenende Ein Wochenende im Zeichen des Streichquartetts – vom Barock bis in unsere Zeit
Kammermusik-Mäzen Detlef Muthmann veranstaltet in seiner Konzertreihe „Saitenspiel“ in der Historischen Stadthalle Wuppertal am 17. und 18. März 2018 drei Konzerte in einer sehr persönlich geprägten Programmauswahl. Joseph Haydn steht im Fokus der Saitenspiel-
Saison 2017/18 - und mit seinen Sieben letzten Worten unseres Erlösers am Kreuze auch am programmatischen Höhepunkt des Passions-Wochenendes. Muthmann kombiniert den Wiener Klassiker allerdings mit Streichquartetten der tatarischen Komponistin Sofia Gubaidulina, die 1931 in Tschistopol geboren wurde und zu den bedeutendsten Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit zählt.
Gubaidulinas Wesen und Musik sind von einer tiefen, christlichen Spiritualität durchdrungen. In der Sowjetunion konnte sie mit ihren Kompositionen nur ein Schattendasein führen, fand in dieser Isolation aber zu einer ganz eigenen Musiksprache. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie mit Filmmusik. Im Zuge der Perestroika und vor allem durch den Einsatz des lettischen Violinvirtuosen Gidon Kremer wurde ihre berührende Musik in den 1980er-Jahren im Westen sehr bekannt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion siedelte die Komponistin nach Deutschland über und lebt seit 1992 in der Nähe von Hamburg. Neben den vielfältigen Einflüssen aus den reichen Volksmusikkulturen Russlands und Mittelasiens steht ihre Musik fest in europäischen Traditionen: Johann Sebastian Bach und Franz Schubert sind für sie ebenso wichtige Ideale wie Anton Webern und vor allem Dmitri Schostakowitsch. In den
Sofia Gubaidulina, © F. Hoffmann La Roche Ltd.
drei Konzerten des Passions-Wochenendes ist Sofia Gubaidulina jeweils mit einem Werk aus drei unterschiedlichen Schaffensperioden vertreten: den Streichquartetten Nr. 1 und Nr. 2 (von 1971 und 1987) und den Reflections on the Theme B-A-C-H (von 2002). Die ersten beiden Konzerte vereinen Gubaidulina und ihre musikalischen Vorbilder: Bach mit ausgewählten Fugen und Chorälen, Schubert mit seinem frühen C-Dur-Quartett, Schostakowitsch mit seinem erschütternd düsteren, späten Streichquartett Nr. 13. Ein weiteres Schlaglicht auf das Ausdruckspotenzial russischer Musiktradition setzen zwei Streichquartette von Peter Tschaikowsky: das leichtfüßige D-Dur-Quartett Nr. 1 und das klagend-elegische esmoll-Quartett Nr. 3, das aber auch mit einem versöhnlichheiteren Schluss aufwartet. Das Eröffnungskonzert am 17. März (um 18 Uhr) wird vom Leipziger Klenke Quartett bestritten, das unter anderem für seine Tschaikowsky-Einspielungen hervorragende Presseresonanz erhielt. Ein Wiedersehen mit dem neu formierten Prisma Quartett, dem Gründungsensemble der Konzertreihe Saitenspiel, bietet der zweite Konzerttermin am 18. März (um 11 Uhr).
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Klenke Quartett, Foto: Marco Borggrefe
Den Widerspruch von Leiden und Hoffnung loten - allerdings ganz im Geiste einer aufgeklärten Balance von Verstand und Empfindung - auch Joseph Haydns Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze im dritten Konzert aus. Die faszinierenden musikalischen Meditationen entstanden als Auftragswerk für die Karfreitagsliturgie im Dom zu Cadiz im Jahre 1787. Für die Aufführungen im Mendelssohn Saal der Historischen Stadthalle Wuppertal werden die sieben Adagios durch die literarischen Interpretationen der Sieben letzten Worte Jesu von Walter Jens verbunden. Mit dem Auryn Quartett steht am 18. März (um 18 Uhr) ein Ensemble von Weltrang auf der Bühne, das Haydns Sieben letzte Worte bereits mit Walter Jens selbst aufgeführt und auf CD eingespielt hat. Detlef Muthmann konnte es sich daher kaum vorstellen, den 2013 verstorbenen Philologen durch einen Schauspieler zu ersetzen. Stattdessen lud er das Jugendtheater lutzhagen als Rezitatoren ein: Sieben Jugendliche unterschiedlichen Alters werden diese Texte von Walter Jens zwischen „Leidenssturm“ und „Hoffnungsbeben“ lesen, einstudiert durch Theaterleiter Werner Hahn. Das Wochenende des vorletzten Fastensonntags vor Ostern, des sogenannten Passionssonntags, ist ein besonderes Datum, um diese drei einzigartigen Konzerte nach Wuppertal zu bringen. Nirgendwo sonst sind diese Programme in dieser Kombination zu hören. So verdient das Projekt eine zahlreiche Zuhörerschaft! Elisabeth von Leliwa
Prisma Quartett, Foto: Janine Kühn
Samstag, 17. März 2018, 18 Uhr JOHANN SEBASTIAN BACH Auswahl aus „Die Kunst der Fuge“ BWV 1080 FRANZ SCHUBERT Streichquartett in C-Dur D 46 SOFIA GUBAIDULINA Streichquartett Nr. 2 PETER TSCHAIKOWSKY Streichquartett Nr. 3 es-moll op. 30 Klenke Quartett Sonntag, 18. März 2018, 11 Uhr JOHANN SEBASTIAN BACH Ausgewählte Choräle SOFIA GUBAIDULINA Streichquartett Nr. 1 DMITRI SCHOSTAKOWITSCH Streichquartett Nr. 13 B-moll op. 138 PETER TSCHAIKOWSKY Streichquartett Nr. 1 D-Dur op. 11 Prisma Quartett Sonntag, 18. März 2018, 18 Uhr SOFIA GUBAIDULINA Reflections on the Theme B-A-C-H WALTER JENS Meditationen über die „Sieben letzten Worte“ JOSEPH HAYDN Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob:XX/1b Auryn Quartett Jugendtheater lutzhagen Rezitationen Werner Hahn Einstudierung
Informationen und Tickets: www.saitenspiele.eu Ort: Historische Stadthalle Wuppertal
Auryn Quartett, Foto: Manfred Esser
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Szene aus „My Fair Lady“, Foto: Wil van Iersel
Zweite Saison im Opernhaus für Berthold Schneider
Publikumsrenner und Familienstück „My Fair Lady“ und „Hänsel und Gretel“ Der Intendant eines Opernhauses muss unterschiedliche Publikumsschichten ansprechen und außerdem versuchen, den Kreis der Besucher zu erweitern. Wenn man die bisher gespielten Premieren Revue passieren lässt, scheint Berthold Schneider das auch in seiner zweiten Saison zu gelingen. Das Risiko, anspruchsvolle neue Stücke oder avancierte Regie zu bieten, muss eingegangen werden, sollte aber abgefedert werden durch Stücke und Inszenierungen, die ein volles Haus garantieren. 58
Gut nachvollziehbar war also, dass der anspruchsvollen ersten Premiere der Saison mit der Gegenüberstellung von Wagner und Heiner Goebbels ein Publikumsrenner folgte: My Fair Lady von Frederick Loewe, nach der ausgeflippten Rocky-Horror-Show in der Saison vorher ein Musicalklassiker. Die Aufführung kam beim Wuppertaler Publikum sehr gut an. Regisseur Cush Jung hatte seine Arbeit im klassischen Sinne verstanden, hatte Massenszenen und Rollenprofile aber bis in alle Einzelheiten konsequent und publikumswirksam durchgearbeitet. Auch die Kostüme waren in der Zeit angesiedelt, in der das Stück spielt. Jung hatte aber auch auf Feinheiten der Musik geachtet hatte, so z.B. gegen Schluss, wenn Vater Doolittle „Bringt mich pünktlich zum Altar“ singt. Einerseits wird die Szene revueartig ausgeweitet, dann aber wird die Stelle, in der die schmissige Musik plötzlich leise und choralartig erklingt, deutlich herausgestellt. Längere Sprechszenen werden breit, aber pointiert ausgespielt, sodass Entwicklungen der Charaktere durchaus deutlich werden. Die ursprüngliche Fassung war in sprachlicher Hinsicht offenbar leicht modernisiert und erweitert (beim Pferderennen zeigte das Publikum beim Loriot-Zitat „Ja, wo laufen sie denn?“ hörbare Freude) und durch kleine Gags angereichert. Die Inszenierung Jungs, schon am Pfalztheater Kaiserslautern mit großem Erfolg gezeigt, beginnt mit einem Knalleffekt: Das Orchester, das die Ouvertüre noch auf dem Podium vor dem Vorhang spielt, verschwindet samt Dirigent dann plötzlich im Orchestergraben. Den Unterschied bei einer wieder aufgenommenen Inszenierung machen natürlich die Darsteller. Und die waren in der Wuppertaler Premiere alle von allerhöchster Qualität. Das lag nicht nur an den hervorragenden schauspielerischen Leistungen, sondern vor allem daran, dass jedes Wort, egal ob gesungen oder gesprochen, bis in die letzte Reihe deutlich zu verstehen war. Fast alle Darsteller kamen aus dem Wuppertaler Ensemble. Stellvertretend für alle: Professor Higgins war der Schauspielintendant Thomas Braus, der wieder einmal zeigen konnte, dass er nicht nur ein hervorragender Schauspieler ist, sondern auch professionell singen kann. Brillant der Chor, aus dem heraus auch viele kleinere Rollen besetzt wurden. Eine Überraschung war das Extra-Ballett der Wuppertaler Bühnen, fast zwanzig junge Tänzerinnen und Tänzer, die vom Gesellschaftstanz bis zum Cancan alles konnten.
Szene aus „My Fair Lady“, Foto: Wil van Iersel
Studienleiter Michael Cook dirigierte und kitzelte aus seinen gut aufgelegten Musikern etliches heraus. So hörte man ein wunderbar bluesiges Klarinettensolo und ein Tubasolo mit kaum glaubhafter Virtuosität, und die Blechbläser verbreiteten gekonnt Bigband-Atmosphäre. Auch das Bühnenbild (Christoph Weyers) war intelligent ausgedacht. Es bestand aus gerüstartigen Stahlkonstruktionen in unterschiedlichen Größen und Formen, die die unterschiedlichen Schauplätze so weit wie möglich andeuteten. Eine Kamera mit Knalleffekt machte immer wieder Fotos, fror damit bestimmte Augenblicke ein und blendete die Bilder dann am Schluss auf einem Zwischenvorhang ein. Minutenlanger Beifall, ein großer Musicalabend. Am 9.12.2017 dann die nächste Premiere, Humperdincks Hänsel und Gretel, oft als Weihnachtsstück missverstanden; es wird aber auch hier im Jahr 2018 mehrmals gespielt. In der Wuppertaler Inszenierung von Denis Krief ist es in der Tat aber eine Oper für die ganze Familie. Vor allem in musikalischer Hinsicht. Schließlich dirigierte die neue Generalmusikdirektorin Julia Jones ihre erste Opernproduktion in Wuppertal. Schon das Vorspiel war ein Genuss: Butterweicher, aber genauer Einsatz der Hörner gleich am Anfang, die verschiedenen Motive der Oper waren klar herausgearbeitet, alle Instrumentengruppen vereinigten sich zu einem differenzierten Klangbild. Im Verlauf der Oper konnten sich Sänger und auch der Kinderchor auf sängerfreundliches, unterstützendes Dirigat verlassen. Sehr erfreulich war auch der selbstbewusst agierende und absolut tonsichere Kinderchor der Wuppertaler Bühnen (Einstudierung Markus Baisch). Auch die Sänger gaben ihr Bestes, allen voran die beiden Hauptdarsteller, Catriona Morison in der Hosenrolle des Hänsel und Ralitsa Ralinova als Gretel. Sie sangen nicht nur schön und wortverständlich, sondern gaben auch 59
ihren Charakteren deutliches Profil. Alejandro MarcoBurmester gefiel als Besenbinder Peter, Belinda Williams als seine Frau Gertrude. Nina Koufochristou sang sowohl Sand- als auch Taumännchen, und Mark Bowman-Hester konnte in einer weiteren Paraderolle (nach dem Vater Doolittle in „My Fair Lady“) als böse Hexe glänzen. Bemerkenswert: bis auf zwei Ausnahmen alles Mitglieder des neuen Wuppertaler Opernensembles!
Szenen aus „Hänsel und Gretel“, Fotos: Bettina Stöß
Denis Krief hatte die Inszenierung besorgt, war aber auch verantwortlich für Bühnenbild, Licht und die Kostüme. Alle Szenen zeichneten sich aus durch lebendige, genaue und nachvollziehbare Personenregie, auch schon für jüngere Opernbesucher. Einige interessante Akzentuierungen sind aber doch zu nennen. Wald und Hütte waren nicht so weit voneinander entfernte Orte. Schon in der ersten Szene konnte man durch Öffnungen der Hüttenwand den Wald sehen. Die halb fertigen Besen des Besenmachers, der Korb mit dem Feuerholz und auch das Dach der Hütte blieben auch auf der Bühne, wenn die Handlung im Wald spielte, so, als würde man diese als Traum erleben. Und wie nah Gut und Böse nebeneinander sind, zeigte sich dadurch, dass die Speisekammer der Besenbinderhütte sich später in den Feuerofen verwandelte, in dem die Hexe verbrannt wurde. Gewalt wurde aber nicht krass herausgestellt. Bedrohliches, aber gemäßigt, fand vor allem auf Videoflächen statt, so der sich ständig bewegende, dadurch unheimlich wirkende Wald, der aber nicht naturalistisch dargestellt wurde, oder angedeutete Grausamkeiten angesichts allgemein bekannter Vorstellungen von Hexen. Nach der Pause war der Wald, in dem die Kinder schlafen, verschwunden, auf den Videowänden erschienen erst unscharfe Farbflecken, die beim Schärferstellen dann zu Süßigkeiten wurden und so das Hexenhäuschen assoziieren ließen. Interessant ist auch die Art und Weise, wie Krief die 14 Engel einsetzte, die den Schlaf von Hänsel und Gretel bewachen sollten.
Fazit: eine gelungene Produktion, familienfreundlich, auch für junge und erstmalige Besucher geeignet, lebendig, interessant, mit eigenen Akzenten. Zu einem gelungenen Gesamtkonzept gehört natürlich auch, dass erfolgreiche Stücke weiter gespielt werden. Das geschah schon im letzten Jahr mit der sensationellen Neuinszenierung von Rigoletto durch Timofej Kuljabin. Im Februar folgen noch drei Aufführungen der erfolgreichen Three Tales von Reich/Korot. Und man kann sich schon auf Hoffmanns Erzählungen im weiteren Verlauf der Saison freuen. Zum Schluss noch ein Hinweis: Nicht nur in Wuppertal wird gutes Musiktheater gemacht. Nebenan, in Hagen, ist gerade Frau Luna von Paul Lincke herausgekommen. Das Stück spielt im Jahr 2023, direkt nach der endgültigen Aufgabe der Berliner Flughafens BER. Eine witzige, intelligente, absolut sehenswerte Inszenierung! Fritz Gerwinn 60
Zehn Jahre begeisternder Vokalklang Der Kammerchor amici del canto
Generalprobe für das 2. Familienkonzert im Dezember 2017 (Weihnachtsoratorium für Kinder) in der Historischen Stadthalle Wuppertal mit dem Sinfonieorchester Wuppertal und den amici del canto, Foto Willi Barczat
„Der Chor singt inspiriert, kraftvoll und ausdrucksstark.“ „Das Beste, was ich seit Langem gehört habe … Dass ihr den Mut und die Musikalität bewiesen habt, euch mit euren Stimmen so selbstverständlich und so großartig zwischen diesen musikalischen Welten zu bewegen, hat bei uns Überraschung, Fröhlichkeit und Bewunderung hervorgerufen … Die Brecht/Eisler-Lieder fand ich natürlich besonders toll. Ihr habt mit so viel Herz und Elan gesungen, dass die Botschaft mit Macht rüberkam. Vielen Dank … Also das haben wir noch nicht gehört. Ich glaube, dass die Gänsehaut nicht von der sehr kalten Kirche kam, sondern von diesen wunderbar ineinander fließenden Stimmen.“ So weit einige „Stimmen der anderen“, nämlich von Zuhörerinnen und Zuhörern des Kammerchors amici del canto, entnommen dem virtuellen Gästebuch des Chores. Es scheint also offensichtlich eine gute Idee gewesen zu sein, dass sich Ende 2008 einige passionierte Sängerinnen und Sänger aus Wuppertal und dem Bergischen Land gemein-
sam mit Martin Lehmann, dem damals frisch gebackenen Leiter der traditionsreichen Wuppertaler Kurrende, entschlossen haben, den Kammerchor amici del canto ins Leben zu rufen, um klassische Chormusik aller Epochen so hörbar werden zu lassen, dass daraus ein Klangerlebnis werden kann. Eines, das Zuhörer und Mitwirkende gleichermaßen inspiriert. Mit diesem Anspruch treten die 20 Sängerinnen und 15 Sänger des Kammerchors bis heute vor ihr Publikum. Als Martin Lehmann 2011 zum künstlerischen Leiter des renommierten Windsbacher Knabenchors berufen wird, wählt der Chor Dennis Hansel zu seinem Nachfolger. Der Professor für Chorleitung an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf fasst seine bisherigen Erfahrungen mit dem Chor so zusammen: „Mir gefällt die Arbeit mit den amici del canto sehr. Vor allem freue ich mich darüber, dass der Name des Ensembles auch Programm ist: Hier musizieren Menschen, die 61
Die amici del canto neben der Kuppel des „Felsendoms“ (Temppeliaukio-Kirche) in Helsinki, Finnland, 2012, Foto: Birgit Pardun
vielerlei musikalische Begabungen und Qualitäten mitbringen, sei es aus ihrer Chor- oder Orchestervergangenheit oder aus ihren musikalischen Berufen, Menschen, die gerne aus tiefstem Herzen und voller Lust singen und die auch gern zusammen feiern, essen, trinken und reisen. Kurz: Hier musizieren Menschen, für die ,miteinander singen‘ zugleich ,miteinander leben‘ bedeutet, mit deutlichen Ansprüchen an das musikalische Niveau der Arbeit, aber mit ebenso deutlichen Ansprüchen an den Umgang miteinander. Ich glaube, dass unsere Zuhörerinnen und Zuhörer das wahrnehmen, wenn sie zu unseren Konzerten kommen und dass sie auf diese Weise selbst zu amici del canto werden. Das jedenfalls wäre mein Wunsch.“ Die Arbeit am Klang geschieht in allwöchentlichen Proben und an zusätzlichen regelmäßigen Probenwochenenden. Gegen den Trend, Sängerinnen und Sänger unregelmäßig zu Projekten zusammenzutrommeln. Und wer einmal aufgenommen wurde, mag nicht mehr gehen. So sichert die 62
Kontinuität der Stimmen die Kontinuität des Klangs. Geerdet im bergischen Städtedreieck kann der Chor mittlerweile auf eine große Zahl von Auftritten in ganz Deutschland und dem europäischen Ausland zurückblicken. Zu den Höhepunkten dieser auswärtigen Auftritte zählen Konzerte in den Münstern von Bad Doberan und Straßburg, den Domen zu Regensburg und Salzburg, dem Felsendom in Helsinki und jüngst im Rahmen der Internationalen Chorgala in der Kulturkirche Neuruppin.
Was erwartet die Zuhörer in den Konzerten der amici? Vokalmusik aller Epochen, angefangen von der Gregorianik bis in die Jetztzeit, Geistliches ebenso wie Weltliches. In thematisch strukturierten Programmen begeben sich die amici dabei musikalisch auf Spurensuche „Zwischen den Welten“ oder „Im Garten der Aphrodite“, sie besuchen „Shakespeare“ und reisen in das Jahr „1685“, in dem Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Domenico Scarlatti geboren wurden. Sie singen
„Gegen den Krieg“ und über einen „Neuen Himmel“ und die “Alte Erde“. Dabei erklingen dann etwa vokale Preziosen der Barockzeit wie das „Lamento d´Arianna“ Claudio Monteverdis und das zehnstimmige „Stabat Mater“ Domenico Scarlattis. Oft wird es romantisch, wie bei Felix Mendelssohn-Bartholdys facettenreichen Psalmvertonungen und spätromantisch - so bei Johannes Brahms‘ energischen „Fest- und Gedenksprüchen“ oder bei Peter Cornelius‘ opakem „Requiem“. Unter den modernen Komponisten, die die amici zu Gehör bringen, finden sich beispielhaft Benjamin Britten, Zoltan Kodaly, Paul Hindemith, Einojuhani Rautavaara und Knut Nystedt. Und immer wieder: Bach, Johann Sebastian Bach. Pur (Weihnachtsoratorium, Motetten), aber auch zeitgenössisch reflektiert (etwa durch Heinz Werner Zimmermann, Dieter Schnebel oder Sven David Sandström). Niemand genügt sich selbst, auch kein Kammerchor. Deshalb sind die amici dankbar für eine Vielzahl musikalischer Partner, seien es Ensembles oder einzelne Musikerpersönlichkeiten, mit denen sie in den vergangenen Jahren musizieren durften. In solch künstlerischem Zusammenwirken ist der Chor besonders der Kammerphilharmonie Wuppertal unter der Leitung von Prof. Werner Dickel sowie den Dozenten und Studierenden der Robert-SchumannMusikhochschule Düsseldorf verbunden, namentlich Anja Paulus und ihrer Gesangsklasse sowie dem Oratorienchor unter der Leitung von Prof. Timo Nouranne. Darüber hinaus verbindet die amici eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Bergischen Blechbläser-Ensemble. Avantgardistisch gestalten sich Begegnungen mit dem Klangprojekt „Harp Art Lab“ aus Halmstadt in Schweden im Frühsommer 2014 und der Komponistin und Improvisationskünstlerin Carolin Pook im Herbst 2015. Beim Konzert „Ohne Worte“ im August 2015 in der Citykirche Wuppertal konzentriert sich der Chor auf pure Klänge. Die Texte hierzu spricht der Wuppertaler Rezitator Olaf Reitz. In den zehn Jahren seit der Gründung haben sich Traditionen entwickelt, die die amici nicht missen wollen. Insbesondere die jährlichen Adventssingen im Heliosklinikum in Wuppertal-Barmen zählen dazu, aber auch Auftritte bei den „Viertelklängen“ im bergischen Städtedreieck sind zu nennen. Gute Tradition ist es auch, jungen Instrumentalisten die Möglichkeit zu geben, die Konzerte des Chors mit ihrer Kunst zu bereichern.
Zum Schluss der Blick auf Kommendes. Im Jubiläumsjahr 2018 stehen vier Programme auf der Agenda der amici.
Den Auftakt bilden am 17. und 18. Februar 2018 zwei Aufführungen des Requiem von Gabriel Fauré gemeinsam mit Studierenden der Robert-Schumann-Hochschule für Musik Düsseldorf. Die Konzerte finden statt im Kulturzentrum Immanuel in Wuppertal-Barmen und in der Kirche St. Antonius in Düsseldorf-Oberkassel. Am 25. und 26. Mai 2018 treffen die amici in der Historischen Stadthalle am Johannisberg Albert Hammond und seine Band sowie das Sinfonieorchester Wuppertal. Am 30. Juni und 1. Juli 2018 bringen die amici das Oratorium Elias von Felix Mendelssohn-Bartholdy im Kulturzentrum Immanuel in Wuppertal-Barmen und in der Kirche St. Antonius in Düsseldorf-Oberkassel zu Gehör; musikalische Partner dabei sind der Clara-Schumann-Kammerchor Düsseldorf und die Deutsche Rhein-Philharmonie. Und last but not least bitten die amici am 7. Oktober 2018 zu ihrem A-cappella-Jubiläumskonzert Best of adc. Lutz-Gerald Göbel
Einsingen im Mendelssohn Saal der Wuppertaler Stadthalle, Foto: Willi Barczat Gruppenbild in der Historischen Stadthalle (nach der Generalprobe für das 2. Familienkonzert), Foto Birgit Pardun
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John Adams – American Berserk CD-Neuerscheinung im Rahmen der Konzertreihe TONLEITER im Skulpturenpark
Liviu Neagu-Gruber, Axel Heß, Michael Hablitzel und Jens Brockmann im Pavillon des Skulpturenparks Waldfrieden, Foto: Claudia Scheer van Erp
„Meine Musik ist sehr amerikanisch und lebt vom musikalischen Puls.“ John Adams, einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten, wollte Musik machen, die ihn als Amerikaner widerspiegelt. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg für zeitgenössische Komponisten eher ungewöhnlich. Viele Jahre galt es als rückschrittlich, wenn Komponisten einen Stil entwickelten, der Rückschlüsse auf die jeweilige nationale Identität zuließ. Ganz anders bei John Adams: Er wuchs in einem Haushalt auf, in dem „keine Unterschiede zwischen Benny Goodman und Mozart gemacht wurden“. Als Kind spielte Adams in einer der typisch amerikanischen Blaskapellen Klarinette. Später wurde er vom Jazz, von der Minimal Music und auch von der Rockmusik geprägt. Von Anfang an strebte Adams danach, aus „dem Kompost des amerikanischen Lebens eine neue Sprache zu formen“. Gleichzeitig gelang es Adams, Formen und Gesten der mitteleuropäischen Tradition in seine Musik zu übernehmen und dabei mit typisch amerikanischen Elementen zu versehen. 64
Auch weil Musik für Adams zuallererst eine Gefühlskunst ist, beherrscht er in seinen Werken das Vokabular der Spätromantik und schafft daraus zusammen mit Rhythmus und Sinnlichkeit seines amerikanischen Lebens eine Musik, die sich aufgrund ihrer Ausdruckstiefe und ihrer Brillanz weltweit einen Platz in den Konzertsälen erobert hat. Im Rahmen der Konzertreihe TONLEITER im Skulpturenpark Waldfrieden wurde jetzt die CD American Berserk veröffentlicht. Seit Beginn der Konzertreihe standen immer wieder Werke des amerikanischen Komponisten auf dem Programm. Gleich zu Beginn der Reihe im Jahr 2009 wurde das Streichquartett John’s Book of Alleged Dances aufgeführt, und gerade erst im vergangenen Frühjahr präsentierten Majella Stockhausen und Holger Groschopp im Rahmen eines Konzertes im gläsernen Pavillon des Skulpturenparks das Klavierduo Hallelujah Junction. So lag es nahe, eine CD herauszubringen, auf der sich einige der wichtigsten Klavier- und Kammermusikwerke Adams’ wiederfinden. Alle Werke zeichnen sich durch rhythmische Komplexität, große Spannungsbögen oder halsbreche-
rische Tempi aus. An die Interpreten - neben den beiden Pianisten sind auf der CD vier Mitglieder des Sinfonieorchesters Wuppertal zu hören - werden hohe Anforderungen an Präzision und instrumentale Fähigkeiten gestellt. Erschwerend für die Interpreten, aber gleichzeitig für den Hörer besonders interessant und reizvoll, ist die von Adams in seinem Streichquartett vorgesehene CD-Zuspielung mit digitalen Klängen eines präparierten Klaviers. Nach dem Vorbild von John Cage präparierte Adams ein Klavier mit Alltagsgegenständen wie Schrauben, Bolzen, Radiergummis oder Dichtungsband. Die auf dem Klavier so erzeugten neuen, klirrenden, tackernden oder dröhnenden Klänge digitalisierte Adams und ordnete sie in rhythmisierten Loops an, die wie ein zwergenhaftes Perkussionsorchester klingen und zu denen dann das Streichquartett seinen Part spielt - keine geringe Herausforderung an die vier Streicher, da jede individuelle Interpretation der Tempi gegenüber der CD-Zuspielung zu einem undefinierten Durcheinander führen könnte. Für Adams war Minimal Music in der Form, wie sie sich in den 60er-Jahren entwickelt hatte und zu der das früheste Werk auf der CD („China Gates“) noch am ehesten gerechnet werden kann, in ihrer Vielfältigkeit zu beschränkt. Er fand zu einer neuen Ästhetik, die expressiver sein sollte: „Jazzig, langsam, schnell, laut sanft - all diese Unterschiede darin sind mir wichtig.“ Gleichzeitig muss der Groove stimmen und auf den Punkt sitzen, wie es Adams selbst sagt, im Gegensatz zur mitteleuropäischen Tradition, in der es immer eine gewisse Elastizität in Ausdruck und Tempo gibt. Die nun vorliegende CD American Berserk wurde als SACD produziert, ist aber auf jedem normalen CD-Player abspielbar. Auf einem SACD-Player kommt man darüber hinaus in den Genuss einer neu entwickelten 3-D-Aufnahmetechnik. Dabei handelt es sich um eine Kunstkopf-Aufnahme in dreidimensionaler Klangqualität. Wenn man die 3-D-Version über Kopfhörer wiedergibt, wird man durch dieses einzigartige Verfahren quasi direkt an den Ort des Geschehens versetzt, so als würde man die Aufnahme live miterleben. Gerald Hacke, Gerald Hacke ist Klarinettist und Künstlerischer Leiter der Reihe TONLEITER im Skulpturenpark Waldfrieden.
John Adams, Foto: Deborah O’Grady
John Adams – American Berserk American Berserk für Klavier (2001) China Gates für Klavier (1977) Road Movies für Violine und Klavier (1995) John‘s Book of Alleged Dances für Streichquartett und CD-Zuspielung (1994) Liviu Neagu-Gruber Violine Axel Heß Violine Jens Brockmann Viola Michael Hablitzel Violoncello Majella Stockhausen Klavier Holger Groschopp Klavier
Die CD (inkl. 52-seitigem Booklet) ist im Skulpturenpark Waldfrieden und im Handel für 19,00 € erhältlich. 65
Wildbienenhelfer gesucht Wie jeder von uns Wildbienen helfen kann, steht in dem Buch von Anja Eder Alfred C. Hawkins hatte offensichtlich keine Ahnung von der Bedeutung seines Fundes. Ein tropfengroßes Stück Bernstein mit einem eingeschlossenen Insekt, gefunden auf einer seiner Exkursionen in den 1920er-Jahren in New Jersey. Nichts Besonderes für einen Geologen. Die Probe verschwand neben Tausenden anderen im Magazin eines Museums. Dort blieb sie und kümmerte niemanden - mehr als ein halbes Jahrhundert lang. Dann fiel das Fossil in die Hände der Bienenforscher Charles Michener und David Grimaldi. Sie interessierte das im Bernstein eingeschlossene Insekt, und sie analysierten es mit moderner Technik. Das Ergebnis war sensationell: eine Biene, mindestens 75 Millionen Jahre alt und somit aus der Zeit, als die großen Dinosaurier die Landmasse der Erde bevölkerten. Es ist bis heute das älteste gefundene Fossil einer Biene. Was die Forscher besonders erstaunte: Das Exemplar war hoch entwickelt und zeigte frappierende Ähnlichkeit mit heute lebenden Bienenarten. Es handelte sich um eine Arbeiterin, die - wie bei heutigen Honigbienen und einigen Hummelarten - selber keine Eier legen konnte. Dies deutet auf die biologische Arbeitsteilung, die staatenbildende Insekten auszeichnet. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass die Evolution der Bienen zu dieser Zeit schon mehr oder weniger auf heutigem Stand war. Das bedeutet auch, dass schon sehr viel früher die ersten Insekten der Gattung Biene ihren Flug gestartet hatten. Schätzungen gehen in die frühe Kreidezeit vor etwa 200 Millionen Jahren. Doch es ist nicht allein diese unvorstellbar lange Zeit, die die Bedeutung der Bienen für die Entwicklung der Natur 66
beschreibt. Denn Bienen stehen mehr als jede andere Gattung für einen der erfolgreichsten und dauerhaftesten Kooperationsmechanismen in der Geschichte der Evolution: die Bestäubung. Der Austausch von Pollen als Samenzellen markiert eine entscheidende Errungenschaft in der Entwicklung der Pflanzenwelt. Er ist das Äquivalent zur sexuellen, zweigeschlechtlichen Vermehrung in der Tierwelt und begann vor etwa 300 Millionen Jahren. Der Austausch und die Rekombination des genetischen Materials zweier Exemplare ist der Garant für die Ausbildung neuer Varianten in der nächsten Generation und somit für die ständige Anpassung und Weiterentwicklung. Dirk Peters
Wildbienen – Die unbekannten Wesen Kaum einer kennt sie - ihre Vielfalt ist atemberaubend. Auch in unseren heimischen Gärten. Aber: Die unersetzlichen Bestäuber sind ernsthaft bedroht. Wie jeder von uns Wildbienen helfen kann, steht in dem Buch Wildbienen-Helfer. Wie erkenne ich Wildbienen und welche Pflanzen brauchen sie? Das sind die Themen dieses Buches. Nach Monaten gegliedert, führt es durch die Wildbienensaison. Es schärft den Blick für die teilweise recht unscheinbaren Wildbienenarten und unsere heimischen Blühpflanzen. Ein Buch für Entdecker und alle, denen unsere Artenvielfalt am Herzen liegt. Es macht jeden – der will – zum Wildbienenhelfer. Denn letztlich kann man nur schützen, was man kennt.
Rostrote Mauerbiene Osmia bicornis (Männchen)
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In den vergangenen dreieinhalb Jahren ihrer Arbeit an diesem Projekt hat Anja Eder erfahren, dass die wenigsten Menschen Wildbienen überhaupt kennen. Dabei gibt es allein in Deutschland über 560 Wildbienenarten. Selbst in ihrem kleinen Garten im Zentrum von Wuppertal konnte sie eine ungeahnte Vielfalt entdecken. Mit Geduld und Ausdauer begann sie die Beobachtung und Fotografie der millimeterkleinen Insekten. Nun kann sie kaum ohne ihre Kamera durch die Natur wandern. Die Faszination dieser verborgenen Welt lässt sie nicht mehr los. Außerhalb ihres Gartens konnte sie einige seltene Exemplare fotografieren. Auch diese werden in dem Buch vorgestellt, in der Hoffnung, dass die Seltenen nicht noch seltener werden.
Unsere Bestäuber – Insekten ohne Zukunft? Nach Belieben verändert der Mensch seine Umwelt und bedient sich freizügig an allem, was unser Planet an wunderbaren Geschöpfen und Pflanzen hervorgebracht hat. Dabei geht er äußerst effizient und gefährlich naiv vor. Ressourcen werden bedenkenlos verbraucht, komplexe Ökosysteme empfindlich gestört. Das ist nicht neu, diese Haltung 68
zeichnet den Homo sapiens seit eh und je aus. Doch wenn es nun um das Verschwinden der Insekten geht, ist einer der wichtigsten Bausteine unseres Ökosystems betroffen. Ohne Insekten, die unsere Natur bestäuben, wird es schwierig mit der Nahrung für Millionen Menschen. Eine Flora und Fauna ohne natürliche Bestäubung mag sich keiner vorstellen. „Allein in Nordrhein-Westfalen ist in den vergangenen 15 Jahren die Biomasse der Fluginsekten um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.“ (Quelle: NABU 01/2016)
Vermutet werden bislang als hauptsächliche Ursachen: die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung der Verlust und die Verinselung von Lebensräumen der flächendeckende Einsatz von Insektiziden der Stickstoffeintrag aus der Massentierhaltung Von einer weitreichenden Vergiftung unserer Insekten wird inzwischen ausgegangen. Der Einsatz bestimmter Insektizide, wie unter anderem sogenannter Neonicotinoide*, gilt als wahrscheinlicher Auslöser für das Insektensterben. Studien belegen, dass Lernvermögen und
Orientierungsfähigkeit der Insekten gestört werden. Findet etwa die Honigbiene nicht zu ihrem Volk zurück, bedeutet das für sie den sicheren Tod. Auch die Wildbiene wird ihre Brutstätten und Nester nicht wiederfinden. *„Neonicotinoide sind eine Gruppe von hochwirksamen Insektiziden. Die synthetisch hergestellten Wirkstoffe binden sich an die Rezeptoren der Nervenzellen und stören die Weiterleitung von Nervenreizen. Neonicotinoide wirken auf die Nervenzellen von Insekten weit stärker als auf die Nerven von Wirbeltieren und werden zur Blattbehandlung, als Beizmittel und zur Bodenbehandlung eingesetzt.“ (Quelle: NABU / Dramatischer Rückgang der Fluginsekten)
Anja Eder ist selbständige Grafikdesignerin. Mit ihrem Partner Michael Römer führt sie unter dem Namen picnicdesign ein Büro für Visuelle Kommunikation. 2010 erhielten A. Eder und M. Römer für ihren Entwurf der Leuchtenserie „Moonjelly“ den reddot design award.
Einige fragen sich vielleicht, wie eine Designerin dazu kommt, ein Buch über Wildbienen zu realisieren. Welche Triebfeder führt dazu, ein solches Projekt über dreieinhalb
Jahre fast im Alleingang zu stemmen? Es ist die Empathie für Tiere. Die genaue Beobachtung der Insektenwelt ließ Anja Eder erkennen, dass etwas nicht stimmt. Die offensichtlich mit Pestiziden behandelte Blühpflanze im eigenen Garten brachte den Stein ins Rollen. Hier wurde die unmittelbare Wirkung der Nervengifte deutlich. Die weitreichende Bedrohung eines, bis dahin kaum bemerkten Kosmos, ließ sie nicht mehr ruhen ...
Wildbienen Helfer Herausgeber Anja Eder Text Anja Eder, Dirk Peters, Michael Römer Idee und Konzeption Anja Eder, Michael Römer Gestaltung, Illustration und Umsetzung Anja Eder Fotografie Anja Eder 248 Seiten, Hardcover, Verlag: TiPP 4 GmbH, Rheinbach Printed in Germany, 1. Auflage © 2018 Verlag TiPP 4 GmbH, www.tipp4.de ISBN 978-3-9439691-9-1 Buchbestellung unter www.wildbienen-garten.de/shop Ein Euro pro verkauftes Buch geht an das Projekt Zukunft für Wildbienen & Co der Deutschen Umwelthilfe. 69
Kulturtipps AUSSTELLUNGEN: Von der Heydt-Kunsthalle Geschwister Scholl Platz 4-6, 42275 Wuppertal-Barmen So., 25. Febr. bis So., 6. Mai 2018
Systeme der Abgrenzung Malerei von Driss Ouadahi mit Beiträgen weiterer Künstler
Galerie GRÖLLE pass:projects Friedrich-Ebert-Straße 143e, 42117 Wuppertal Sa., 20. Jan. bis So., 25. Febr. 2018
cut/uncut
Volker Saul – Papierarbeiten Eröffnung: Sa., 20. Januar 2018, 19 Uhr Foto: Jürgen Grölle
RAUM 2 Friedrich-Ebert-Straße 143e, 42117 Wuppertal Samstag, 20. Januar bis Sonntag, 25. Februar 2018
Stereo Palm
Olga Grigorjewa und Henrike Pilz Grafiken und Objekte Eröffnung: Sa., 20. Januar 2018, 19 Uhr Sa., 3. März bis So., 14. April 2018
Jaana Caspary : Charlotte Perrin : Jonas Hohnke
Neuer Kunstverein Wuppertal Hofaue 51, 42103 Wuppertal Fr., 19. Januar bis Sa., 3. März 2018
Phantasmidae
Norbert Kraus/Thomas Seidel Eröffnung: Fr., 19. Januar 2018, 19 Uhr Der Titel der Ausstellung spielt auf den wissenschaftlichen Namen „Phasmiden“, der sogenannten Gespenstschrecken, an. Charakteristisch für diese Insekten sind ihre überdurchschnittliche Größe und ihre interessante, sonderliche Gestalt. Norbert Kraus benutzt Grafiken des 18. Jahrhunderts als Grundlage seiner Computeranimationen bzw. Videos, welche den Gestaltwandel und die Bewegungen der Insekten zeigen. So werden aus Kraus´ fiktiven Animationen und Kompositionen geheimnisvolle Bilder im fantastischen Sinne. Phantasien, in denen das Wunderbare und das Monströse, das Schöne und das Unheimliche aufeinandertreffen. Freitag, 16. Februar 2018, 19 Uhr Im Rahmen der Ausstellung:
Verführungen – Animationen, Soundkompositionen und Gespräch mit Norbert Kraus und Thomas Seidel Fr., 16. März bis Mi., 2. Mai 2018
Ben Greber
Schreck, Still aus phantasmidae, 2017
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Georg Baselitz, Druckgrafik Foto: Jochen Littkemann, Berlin
Museum Morsbroich Gustav-Heinemann-Straße 80, 51377 Leverkusen Fr., 13. Okt. bis So., 4. März 2018
Georg Baselitz
Heulende Hunde Druckgrafik 1964-2017 Mit der Übersetzung in die Grafik unterzog Baselitz seine Bildideen einer Probe. Um sie in der für die Druckgrafik nötigen Einfachheit auszuführen, musste er zum Kern einer bildnerischen Idee vordringen. So konnte er sehen, wie weit jene Werke „nicht nur zufällig“, sondern „so demonstrativ sind, daß man sie übertragen kann“ (Baselitz 1989). Das Museum Morsbroich verfügt über eine der umfangreichsten Sammlungen an Druckgrafik von Georg Baselitz. Für die Ausstellung werden die
herausragenden Eigenbestände der 1960er- bis 1990er-Jahre ergänzt durch eine zusammen mit Georg Baselitz getroffene Auswahl von Werken aus der jüngeren und aktuellen DruckgrafikProduktion.
Ins Blaue Art Gallery
Do., 25. Jan. bis So., 29. April 2018
Doris Faassen Eröffnung: So., 18. Feb. 2018, 16 Uhr „Doris Faassen entmystifiziert die Darstellung der Nacktheit der Frau und bewahrt Distanz. Sie bereitet unaufgeregt und ohne Sentimentalität die Rückkehr ins Paradies vor.“ Thomas Hirsch Öffnungszeiten ab 19. Februar: So., Di., Do., 14 bis 18 Uhr An den Sonntagen ist die Künstlerin anwesend.
Gegen die Strömung. Reise ins Ungewisse
Alles geschieht auf Reisen zum ersten Mal. (Matthias Politycki 2017) Gegen die Strömung. Reise ins Ungewisse zeigt 17 internationale Positionen der zeitgenössischen Kunst, die sich mit dem Reisen als existentiellem Wagnis auseinandersetzen – gegen alle Widerstände und trotz des ungewissen Ausgangs.
Kunstmuseum Solingen Wuppertaler Straße 160 42653 Solingen-Gräfrath Sa., 10. Febr. bis So., 4. März 2018 SKosmos Jahresausstellung 2018 Solinger Künstler Eröffnung: Sa., 10 Februar 2018, 18 Uhr Tim Kurzbach Begrüßung Gisela Elbtracht-Iglhaut Einführung Dania Vierkötter Querflöte Freitag, 23. Februar 2018, 20 Uhr
SKosmos-Abend
Klaus Viehe (1Live) legt auf
Ins Blaue Kulturwerkstatt e.V. Verein für kulturelle Bewegung Siemensstraße 21, 42857 Remscheid So., 18. Febr. bis So., 4.März. 2018
Geburt einer Mandarine
Eine Fortsetzung und eine Kooperation mit anderen Städten ist angedacht. Öffnungszeiten ab 12. März: So., Di., Do., 14 bis 18 Uhr Dienstag, 13. März 2018, 19 Uhr Filmvorführung aus der Reihe
„Wuppernachbarn“
von Thomas Seibel Begleitend zur Ausstellung von Caroline Schreer, in Kooperation mit dem Freien Netz Werk Kultur.
So., 11. März bis So., 25. März 2018
WUPPERTAL – ich seh’ dich
Caroline Schreer Eröffnung: So., 11. März 2018, 16 Uhr Die Fotoreihe „Wuppertal – ich seh dich“ zeigt meinen Blick auf eine eigenwillige, uneitle und facettenreiche Stadt. Meine Stadt! Der rote Faden – die grafische Reduktion oftmals kalter und morbider Fassaden, die durch ihre triste Anmutung eine ganz eigene Ästhetik entwickeln. Wuppertal als fragmentarisches Puzzle, das sich aus Gegensätzen, Spiegelungen, neuen und alten Fassaden sowie Licht und Schattenspielen zusammensetzt.
Doris Faassen, Geburt der V., 2015, Acryl auf Leinwand, 100 x 140 cm
Foto: Evangelos Koukouwitakis
galerie#23 Frohnstraße 3, 42555 Velbert-Lgb. Sa., 3. Febr. bis So., 15. April 2018
Evangolos Koukouwitakis
Eröffnung: Sa., 3. Febr. 2018, 18 Uhr Der in Griechenland geborene Fotokünstler Evangelos Koukouwitakis zeigt in der galerie#23 neben seinen Vanitas-Stillleben florale Bildkompositionen und menschliche interagierende Körper, die durch Langzeitbelichtung miteinander verschmelzen. Orientieren sich die Stillleben an Werken des Barocks zeigen seine anderen Werke verschiedene übereinander gelagerter Bildebenen. Bestimmend bei allen Werken ist der Lichtführung und das Spiel mit Unschärfen, der den Betrachter in andere Welten begleitet.
Fotograf: Marcus Faahsen, Nettetal
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obachten. Vielleicht bekommen Sie dabei Lust, selber zu drucken und sich für Workshops anzumelden. Aktuelle Informationen unter: www.wuba-galerie-brigittebaumann.de
Stadtsparkasse Wuppertal Islandufer 15, 42103 Wuppertal Mi., 21. März bis Fr., 18. Mai 2018
Am Arrenberg – Kunst, Quartier und Künstler Galerien und Ateliers in Unterbarmen Sa., 24. Febr. 2018 von 14 bis 18 Uhr So., 25. Febr. 2018 von 12 bis 17 Uhr
1. Unterbarmer Druck-Kunst-Tage
In 14 verschiedenen Galerien und Ateliers an der historischen Friedrich-Engels-Allee und in der unmittelbaren Umgebung finden die 1. Unterbarmer-Druck-Kunst-Tage statt. An diesen beiden Tagen zeigen zahlreiche Künstler Ihre Arbeiten aus dem weiten Feld der Druck-Kunst. Klassische und moderne Verfahren bieten einen großen Spielraum an künstlerischen Möglichkeiten. Diese Vielfalt können Sie auf der Grafikbörse an den verschiedenen Ausstellungsorten kennenlernen, bewundern und kaufen. Sie haben die Möglichkeit einige Künstler bei der Arbeit zu be-
In der Reihe Kunst in der Sparkasse sind Arbeiten von Marlies Germaine Batz, Jaana Caspary, Olaf Faustmann, Nataly Hahn, Andreas Komotzki, Susanne Meier zu Eissen-Rau und Martin Voss im Kundenforum zu sehen. Seit einigen Jahren zeigt die Künstlergruppe Arrenberg in unterschiedlichen Formationen ihre Kunst in Ausstellungen vor Ort und in anderen Wuppertaler Stadtteilen. Entstanden ist die Reihe aus einem ehemaligen Fotoprojekt, das Frederick Mann ins Leben gerufen hat. Die Anziehungskraft des Quartiers auf zahlreiche Kunstschaffenden, die ihre Ateliers hier haben, äußert sich in Malerei, Bildhauerei, Fotografie und Videokunst. Musik und Galerien sind ohnehin seit vielen Jahren präsent, schon in den 80er-Jahren der „Kunstraum“ im ehemaligen Weinkontor, später die Galerie Epikur und heute die Galerie Grölle.
Ausstellung in der Stadtsparkasse: Am Arrenberg - Kunst, Quartier und Künstler
DruckStock Ort für freie Grafik Fr.-Engels-Allee 173, 42285 Wuppertal So., 4. März bis Sa., 31. März 2018
Sichtweisen
Radierungen von Alvar Siefert Eröffnung: So., 4. März 2018, 11.30 Uhr Die schwarzweiß Radierungen des Musikers Alvar Siefert können nicht als „dekorative Kunst“ oder „leichte Kost“ konsumiert werden. Abgesehen von der ästhetischen Qualität betreffen die Inhalte den nachdenklichen Betrachter. Siefert zeigt sich in seinen Arbeiten als scharfsinniger Beobachter des Menschseins und mit kritischem Blick auf bedrückende Umstände unserer Zeit.
Radierung von Alvar Siefert
BÜHNE: Wuppertaler Bühnen Theater am Engelsgarten Engelsstraße, 42283 Wuppertal Premiere: Do., 29. März 2018, 19.30 Uhr
Mädchen in Not
von Anne Lepper Baby will nicht mehr funktionieren, einverstanden sein und auf die Perspektive Gatte, Haus und Kinder zusteuern. Sie möchte ihr eigenes Leben führen und machen, was sie will! Mit einer Puppe als Mann – oder besser noch mit zweien – könnte sie beispielsweise sehr schön nach Italien fahren. Die Suche nach geeigneten Exemplaren, die Babys Ansprüchen genügen, gestaltet sich schwierig.
Wuppertaler Bühnen Opernhaus Wuppertal Kurt-Drees-Straße 4, 42285 Wuppertal Donnerstag, 29. März 2018, 19.30 Uhr Samstag, 31. März 2018, 19.30 Uhr Sonntag, 1. April 2018, 18 Uhr Montag, 2. April 2018, 18 Uhr
Masurca Fogo
Ein Stück von Pina Bausch In Koproduktion mit EXPO 98 und Goethe-Institut Lissabon, Uraufführung 1998 Wiederaufnahme Samstag, 3. Februar 2018, 20 Uhr Sonntag, 4. Februar 2018, 20 Uhr Sonntag, 11. Februar 2018, 20 Uhr
Three Tales
Video-Oper von Beryl Korot und Steve Reich Die Oper „Three Tales“ – drei Geschichten von Steve Reich ist ein bahnbrechendes Werk des ausgehenden 20. Jahrhunderts, das inhaltlich und formal neue Wege beschreitet. Die Aufführung der Oper Wuppertal wird das dokumentarische Werk in einer installativen Situation mit dem Publikum auf der Bühne erlebbar machen. In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln.
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Premiere Samstag, 10. Febr. 2018, 19.30 Uhr Montag, 12. Febr. 2018, 19.30 Uhr Samstag, 17. Febr. 2018, 19.30 Uhr Sonntag, 25. Febr. 2018, 18.00 Uhr Mittwoch, 7. März 2018, 19.30 Uhr
Pension Schöller
von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby Wer ist hier eigentlich verrückt und wer normal? Philipp Klapproth scheint das ganz genau zu wissen und begibt sich auf einen exotischen Trip in ein Etablissement, das er für eine moderne Irrenanstalt hält: die Pension Schöller! Premiere Samstag, 3. März 2018, 19.30 Uhr Sonntag, 11. März 2018, 19.30 Uhr Freitag, 23. März 2018, 19.30 Uhr
Julietta
Lyrische Oper von Bohuslav Martin „Alles Reale erscheint fiktiv, und alle Fiktionen nehmen die Gestalt von Realität an“, schreibt Bohuslav Martin im Vorwort zu Julietta. Die Erinnerung an eine junge Frau lässt Michel nicht los. Jahre später kehrt er zurück an den Ort ihrer flüchtigen Begegnung. Doch die Stadt hat sich verändert. Alle Menschen, die hier wohnen, haben ihr Gedächtnis
verloren. Sie leben in einer Realität, die nach unzuverlässigen Prinzipien funktioniert. Auf der Suche nach Julietta verliert sich Michel in der surrealen Welt seiner eigenen Erinnerung. Die Reise durch das innere Archiv wird zum Drahtseilakt zwischen An- und Abwesenheit, Vermögen und Unvermögen, Wahrheit und Illusion.
MUSIK: Historische Stadthalle Johannisberg 40, 42103 Wuppertal Sonntag, 14. Januar 2018, 11 Uhr Montag, 15. Januar 2018, 20 Uhr 5. Sinfoniekonzert:
Stenhammar, Rachmaninow & Korngold Sonntag, 21. Januar 2018, 18 Uhr Mendelssohnsaal, Saitenspiel: Peter Bruns Violoncello Sonntag, 18. Februar 2018, 11 Uhr Montag, 19. Februar 2018, 20 Uhr 6. Sinfoniekonzert:
Messiaen, Dorman & Mozart Vivi Vassileva Percussion
06.12.16 13:56
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Samstag, 17. März 2018, 18 Uhr Mendelssohnssaal, Saitenspiel:
Klenke Quartett
Johann Sebastian Bach Auswahl aus „Die Kunst der Fuge“ BWV 1080 Franz Schubert Streichquartett in C D 46 Sofia Gubaidulina Streichquartett Nr. 2 Peter I. Tschaikowski Streichquartett Nr. 3 es-Moll op. 30
Peter Kowald Gesellschaft/ ort e.V. Luisenstraße 116, 42103 Wuppertal
cine:ort: Charles Lloyd – Arrows into Infinity
(Doku USA 2012) Der Dokumentarfilm vermittelt Einblicke in das Leben des großartigen Saxofonisten, Gespräche mit Weggefährten und viel faszinierende Musik. Donnerstag, 26. Febr. 2018, 20 Uhr In der Reihe Soundtrips NRW:
Soundtrip Deep 13
Sonntag, 18. März 2018, 11 Uhr Mendelssohnssaal, Saitenspiel:
Donnerstag, 1. März 2018, 20 Uhr
cine:ort: Victoria
Prisma Quartett
Johann Sebastian Bach Ausgewählte Choräle Sofia Gubaidulina Streichquartett Nr. 1 Dmitri Schostakowitsch Streichquartett Nr. 13 B-Moll op. 138 Peter I. Tschaikowski Streichquartett Nr. 1 D-Dur op. 11
Donnerstag, 1. Febr. 2018, 20 Uhr
Donnerstag, 11. Jan. 2018, 20 Uhr
cine:ort „John Cage – Journeys in Sound“
Regie: Sebastian Schipper, D 2015 Mit einer Einführung von Michael Rüsenberg. Ein in nur einer Einstellung gedrehter Thriller, entstanden mit viel Improvisation – ein irrsinniges Experiment und aufsehenerregender Film. Mittwoch, 21. März, 20 Uhr
Florian Herzog Trio „Just another foundry“
Jugendtheater lutzhagen Rezitationen Werner Hahn, Einstudierung Sofia Gubaidulina Reflections on the Theme B-A-C-H Walter Jens Meditationen über die „Sieben letzten Worte“ Joseph Haydn „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“
Film und Gespräch Ein Filmporträt (USA 2012) über einen der einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts und großen Anreger der Fluxus- und Happeningbewegung. An der anschließenden Gesprächsrunde nehmen teil: Tony Cragg bildender Künstler Matthias Neumann Musiker und Fotograf Uwe Fischer-Rosier Musiker und Musikpädagoge Matthias Burkert Musiker, langjähriger musikalischer Mitarbeiter von Pina Bausch Moderation Michael Rüsenberg.
Peter Ehwald und Ensemble ~su im ort
Samstag, 27. Jan. 2018, 20 Uhr
Samstag, 13. Jan. 2018, 16.30 Uhr
Peter Ehwald und Ensemble ~su kreieren zusammen eine musikalische Welt, die zwischen „klassischer“ Musik aus Korea, traditioneller Musik koreanischer Schamanen, Jazz und zeitgenössischer improvisierter Musik liegt.
Internationales Singer/Songwriterund Folk-Festival u.a. mit: Joscha David Mohs, Jonas David, Gregor McEwan, Town of Saints, Johanna Amelie, Till Fabian, Roosmarijn, Hello Piedpiper. Eintritt frei. Um Spenden wird gebeten.
Sonntag, 18. März 2018, 18 Uhr Mendelssohnssaal, Saitenspiel:
Auryn Quartett & lutzhagen
Foto: Nicole Müller
Peter Ehwald und Ensemble ~su
Dem jungen Kölner Trio Florian Herzog, Kontrabass, Jonas Engel, Saxofon, Anthony Greminger, Drums, geht es in ihrer Musik um Vielfalt, Wohlgestalt und die eigenen Wurzeln. Die SZ befand: „So sieht die Zukunft des Jazz in Deutschland aus.”
Café Hutmacher im Mirker Bahnhof Mirker Straße 48, 42105 Wuppertal
Melodica Festival Wuppertal #1
Jazz Club im Loch
Brenda Boykin
Samstag, 13. Januar 2018, 20 Uhr
Frederik Köster Quartett
Sommerplatte
Hanno Busch Gitarre Tobias Philippen Tasteninstrumente Claus Fischer Bass Florian Bungardt Schlagzeug Samstag, 27. Januar 2018, 20 Uhr Makkro im LOCH, Foto: Peter Tümmers
Samstag, 10. Februar 2018, 20 Uhr
Ecke Ekkehardstraße/Plateniusstraße 42105 Wuppertal
Makkro
Christian Lorenzen Klavier Oliver Lutz E-Bass/Synthesirer David Helm Bass Thomas Sauerborn Schlagzeug Fabian Arends Schlagzeug Janning Trumann Posaune
Samstag, 17. Februar 2018, 20 Uhr Frederik Köster Trompete Sebatsian Sternal Klavier Joscha Oetz Bass Jonas Burgwinkel Schlagzeug Samstag, 3. März 2018, 20 Uhr
WIO - Wuppertaler Improvisationsorchester
Samstag, 24. März 2018, 20 Uhr
Dennis Göbel Quartett Denis Göbel Saxofon Sebastian Sternal Klavier Martin Gjakonovski Bass Silvio Morger Schlagzeug
Peter Brötzmann und Wolfgang Schmidtke im ADA. Foto: Süleyman Kayaalp
Cafe ADA Wiesenstraße 6, 42105 Wuppertal Sonntag, 28. Januar 2018, 19 Uhr
Jazz-Workshop
Peter Brötzmann Saxofon/Klarinetten Wolfgang Schmidtke Saxofon/Klarinetten Roman Babik Klavier Dieter Manderscheid Kontrabass Peter Weiss Schlagzeug Unter dem neuen Label „wuppertal JAZZ workshop“ treffen drei Generationen Jazz aus Wuppertal – Peter Brötzmann, Wolfgang Schmidtke und Roman Babik – auf ihre rheinischen Kollegen Dieter Manderscheid und Peter Weiss. Sie führen damit eine Tradition fort, die vor mehr als einem halben Jahrhundert ihren Anfang nahm, und beleben sie neu.
Kreativtechniken Renovierungen Fassaden Böden u.v.m.
Malermeister Maximilian Schmitz Wotanstraße 15 42117 Wuppertal Büro 0202 39 32 942 Mobil 0178 39 59 337 www.renovierungen-wuppertal.de
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Freitag, 23. Februar 2018, 20 Uhr
Klezmeyers Modern Klezmer
Carmen Souza, Foto: Künstler
BürgerBahnhof Vohwinkel Bahnstraße 16, 42327 Wuppertal
Die Musik der Klezmeyers ist weit gereist – die drei Berliner Instrumentalisten verbinden Klezmer mit Flamenco, Tango, Jazz und arabischen Rhythmen. Im virtuosen Zusammenspiel entsteht eine Musik, die ihre traditionellen Wurzeln nicht verleugnet, aber immer wieder aufs Neue überrascht. Donnerstag, 22. März 2018, 20 Uhr
Do., 18. Januar 2018, 20 Uhr
Carmen Souza Trio Creology
Carmen Souza vereint in ihrer Musik verschiedene künstlerische Einflüsse: die kreolische Tradition aus dem Land ihrer Eltern, den sehnsuchtsschweren Fado Portugals und eine Vielzahl weiterer Klänge, die ihr Vater, ein Seemann, von seinen Fahrten mitbrachte. Darunter Musik von Nina Simone oder Música Popular Brasileira. Die quirlige Jazzszene ihres Wohnortes London tut ein Übriges. Freitag, 16. Februar 2018, 20 Uhr
The Rad Trads Jazz & Americana
Drei kraftvolle Bläser treffen auf eine treibende Rhythmusgruppe und stemmen die enthusiastischen Auftritte der New Yorker Luftikusse. Zwischen Americana, Jazz und Rhythm & Blues changiert das Sextett lässig und bleibt dabei funky.
Schwebeklang Klangkosmos Weltmusik Internationale Musikkulturen in Wuppertal
David Becker – Jazz Guitar
Lutherstift
David Becker spielte mit Größen wie Miles Davis, Chick Corea, Joe Diorio, Attila Zoller und Larry Coryell. Elf Alben hat er veröffentlicht, zwei wurden für einen Grammy nominiert. Zeitweilig lebte Becker in Wuppertal. Er kehrt zurück, um sein jüngstes SoloAlbum The lonely road zu präsentieren, das nicht nur Puristen begeistert.
Schusterstraße 15, 42105 Wuppertal
Klezmeyers, Foto: Künstler
Do., 18. Januar 2018, 18 Uhr Gharbaïn Marokko/Frankreich Klassik und Folk aus dem Maghreb Abdalatef Bouzbiba Gesang, Violine, Rabab Thomas Loopuyt Oud, Lothar Nordine Boussetta Darbuka, Bendir, Tar
Vaca Mariposa, Foto: Künstler
Hauptkirche Unterbarmen Martin-Luther-Straße 16, 42285 Wuppertal Do., 15. Februar 2018, 18 Uhr
Vaca Mariposa
Lieder aus Venezuela Venezulanische Musik ist eine unendliche Liebesgeschichte der Klänge, Rhythmen, Stimmen, Melodien, aber auch der Sprache, des Gesangs und der Poesie. In Venezuela singt man fast immer und überall: in der Natur, während der Arbeit und im Alltag – von Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Dunkelheit. Venezulanische Musik ist eine unendliche Liebesgeschichte der Klänge, Rhythmen, Stimmen, Melodien, aber auch der Sprache, des Gesangs und der Poesie. In Venezuela singt man fast immer und überall: in der Natur, während der Arbeit und im Alltag - von Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Dunkelheit.
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Kulturzentrum Immanuelskirche
Das Programm: (unter Vorbehalt)
Sternstraße 73/Von-Eynern-Straße 42275 Wuppertal
Sonntag, 8. April 2018, 19 Uhr Vernissage, Ausstellung
uptown classics 2
Kammerorchester des Wuppertaler Sinfonieorchesters Manuela Randlinger-Bilz Harfe Nikolai Mintchev musikalische Leitung und Solist
Salzburger Sinfonie, Nr. 3 Wolfgang Amadeus Mozart Divertimento in F-Dur, KV 138 Carl Ditters von Dittersdorf Konzert für Harfe und Orchester
L’inverno
Antonio Vivaldi Violinkonzert in F-Moll op. 8 Nr. 4
La Casa del Diavolo
Luigi Boccherini Sinfonie in D-Moll op. 12 Nr. 4
CityKirche Elberfeld (Alte reformierte Kirche) Kirchplatz 2, 42103 Wuppertal
Birgit Pardun/Christian Knust
Dienstag, 10. April 2018, 19 Uhr
Viola Special 2
Schumann, Takemitsu, Feldman, Brahms Werner Dickel Viola Jee-Young Phillips Klavier Mittwoch, 11. April 2018, 19 Uhr
Charles Ives Concord Sonata
Kammerchor amici del canto Beethoven Opus 111 Florence Millet Klavier Donnerstag, 12. April 2018, 19 Uhr
Improvisation
Wolfgang Schmidtke Saxofon Christian Lillinger Schlagzeug Bernd Kuschmann Rezitation Freitag, 13. April 2018, 19 Uhr
Kinder lesen Texte
So., 8. bis Sa., 14. April 2018
Pergolesi, Stabat mater
Ein internationales Festival Musik – Bild – Literatur
Samstag, 14. April 2018, 19 Uhr
Das Festival Assoziationen versteht sich interdisziplinär und genreübergreifend. Es möchte vermeintlich Fremdes verbinden und zu einem neuen Erstaunen einladen. MusikerInnen, MalerInnen, SchauspielerInnen und BesucherInnen verschiedener Generationen betreten gemeinsam bekanntes und unbekanntes Terrain. Die Begegnung mit dem jeweils anderen verbindet. Im besten Fall öffnet sie Ohren, Augen und Herzen neu. Prof. Werner Dickel Künstlerische Leitung Erhard Ufermann Organisation
Raumkomposition für Solo-Cello und Ensemble Susanne Müller-Hornbach Solo-Cello Bach Goldberg-Variationen Jee-Young Phillips Klavier
Assoziationen
Gerhard Müller-Hornbach, Insound
Im Anschluss: Abschluss um 22 Uhr im Kerzenschein:
Schubert, Streichquintett
Phoebe Rosochacki, Christopher Huber, Werner Dickel, Susanne Müller-Hornbach, Michael Hablitzel
RINKE TREUHAND GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft · Steuerberatungsgesellschaft · Wall 36 · 42103 Wuppertal · 0202 2496-0 · www.rinke.eu
Freitag, 9. Februar 2018, 19.30 Uhr
LITERATUR: Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal Genügsamkeitsstraße, 42105 Wuppertal Di., 16. Januar 2018, 18 Uhr
Lyrik von Rose Ausländer Lesung, Musik und Projektionen Lesung Julia Wolff und Uta Atzpodien In der Sprache fand sie ihre Heimat, die jüdische Lyrikerin Rose Ausländer. Aus der Sprache, in Worten und Gedichten schöpfte sie Kraft, um einem Leben voller Herausforderun-
KARUSSELL
gen zu begegnen und nicht daran zu zerbrechen. Weich und spröde zeichnet Rose Ausländer mit ihren Worten Wege. Aus schmerzvollen Erfahrungen entstehen tiefe Einsichten, wenn sie zwischen Ländern, Sprachen und Kulturen wandert oder sich der Welt des Alterns stellt. Lesung, Musik und Projektion laden ein, die Lyrik der vor 30 Jahren gestorbenen Dichterin eindrücklich zu erleben. Musik: Xylon-Quintett Alexandra Donner Flöte Da-Yong Zhang Oboe Michael Winkhaus Klarinette Renée Winkhaus Horn Johannes Mertens Fagott Videoprojektionen Meritxell Aumedes Dramaturgie Uta Atzpodien
Bergische Zeitschrift für Literatur Ausgabe 7 | November 2017 | 12 €
Mittwoch, 7. März 2018, 19.30 Uhr
PROSA | LYRIK | ESSAY | KUNST von Pierre Dietz, Alexander Eilers, Maja Loewe, Udo Meyer, MariaOdoevskaya, SAID, Claudia Scheer van Erp, Claire Walka, Wolf von Wedel u.v.a. Sie erhalten KARUSSELL überall im Buchhandel oder beim Bergischen Verlag: www.BergischerVerlag.de Aktuelle Infos: www.facebook.de/ZeitschriftKarussell
Zum Gedenken an die Deportation der Wuppertaler Sinti und Roma vor 75 Jahren Vortrag von Dr. Karola Fings, Köln Am 3. März 1943 wurden Wuppertaler Sinti und Roma vom Klingholzberg nach Auschwitz deportiert. Auch wenn die Geschichte der Wuppertaler Sinti und Roma nur unzureichend erforscht wurde, nehmen wir dieses Datum zum Anlass, uns mit dem „Bild der Zigeuner“ und seinen schrecklichen Folgen im Nationalsozialismus und zum Teil bis heute zu beschäftigen. Der Vortrag untersucht in einem historischen Längsschnitt die Ursachen für die Herausbildung der stereotypen Bilder und kontrastiert sie mit der vielfältigen Lebenswelt der Betroffenen. Aufgezeigt wird dabei auch, wie mittelalterliche und frühneuzeitliche Zuschreibungen von „Fremdheit“, „Bettelei“ und „Nichtsesshaftigkeit“ bis in die Gegenwart hinein wirkungsmächtig blieben.
Verweile doch
Eine Suche nach „dem Anderen“
KINO: Skulpturenpark Waldfrieden Hirschstraße 12, 42885 Wuppertal
Filme zur Kunst Der Erfolg rechtspopulistischer Parteien ist, wie die Wahlen in den USA, Frankreich und Deutschland gezeigt haben, ein Phänomen, das fast alle westlichen Demokratien betrifft. Hier wie dort wird diese Entwicklung mit der wachsenden Unzufriedenheit einer Wählerschicht erklärt, die trotz des gesamtwirtschaftlichen Erfolges von prekären Arbeitsverhältnissen und zunehmender Verarmung betroffen ist und die sich durch keine der etablierten Parteien mehr repräsentiert fühlt. Angesichts dessen ist es nicht übertrieben, von einer Krise des Parteiensystems zu sprechen. Dieser beunruhigende Trend veranlasst die Macher von Filme zur Kunst in diesem Jahr eine Auswahl von Filmen zu zeigen, die verschiedene Aspekte des Verhältnisses zwischen Kunst und Politik beleuchten. Freitag, 26. Januar 2018, 20 Uhr
Chance 2000 – Abschied von Deutschland
von Kathtrin Krottenthalern und Frieder Schlaich im Anschluss: Filmgespräch mit Thomas Braus, Intendant der Wuppertaler Bühnen Freitag, 2. Februar 2018, 20 Uhr
Neo Rauch – Gefährten und Begleiter von Nicola Graef Freitag, 9. Februar 2018, 20 Uhr
Bilder finden
von Benjamin Geissler Freitag, 16. Februar 2018, 20 Uhr
Manifesto
von Julian Rosenfeld Original mit deutschen Untertiteln
„die beste Zeit“ Das Kulturmagazin im Bergischen Land erhalten Sie ab sofort bei:* Wuppertal Elberfeld Begegnungsstätte Alte Synagoge Genügsamkeitsstr., 42105 Wuppertal, (0202) 5 63 28 43, www.alte-synagoge-wuppertal.de Bloom Event Thomas & Sabine Haase, Friedrich-Ebert-Str. 66, 42103 Wuppertal, (0202) 97 11 37 23, facebook:@bloomevent.de Bürobedarf Illert Grabenstraße 4, 42103 Wuppertal, (0202) 9 76 58 08, www.buero-illert.de Buchhandlung v. Mackensen Fr.-Ebert-Str. / Ecke Laurentiusstr. 12, 42103 Wuppertal, (0202) 30 40 01, www.mackensen.de Buchhandlung Thalia Wuppertal City-Arkaden, Alte Freiheit 9, 42103 Wuppertal, (0202) 69 80 30, www.thalia.de Glücksbuchladen Kerstin Hardenburg, Friedrichstraße 52, 42105 Wuppertal, (0202) 37 29 00 58, www.gluecksbuchladen.de Katis am Wall Deutsche Post Wuppertal, Wall 32-34, 42103 Wuppertal, (0202) 69 81 73 35, www.katis-shops.de Kunstgalerie Hashemi / Rathausgalerie, Karlsplatz 165, 42105 Wuppertal, (0202) 4 29 74 67, kunsthashemi@yahoo.de Lichtbogen (Wohn- und Objektbeleuchtung), Karlstr. 37, 42105 Wuppertal, (0202) 2 44 34 40, www.lichtbogen-wuppertal.de Milia‘s Coffee Ecke Burgstraße 13 / Kirchstraße 10, 42103 Wuppertal, (0202) 7 59 58 58, www.daswuppertal.de/milias/ Ticket-Zentrale Klaus Hübel, Armin-T.-Wegner-Platz 5, 42103 Wuppertal, (0202) 45 45 55, www.ticket-zentrale-wuppertal.de Utopiastadt / Mirker Bahnhof, Mirker Str. 48, 42105 Wuppertal, (0202) 39 34 86 57, www.utopiastadt.eu Von der Heydt-Museum / Museumsshop, Turmhof 8, 42103 Wuppertal, (0202) 563 6231, www.von-der-heydt-museum.de Wuppertal Barmen Bücherladen Jutta Lücke Hünefeldstraße 83, 42285 Wuppertal, (0202) 8 83 53 Café und Buchhandlung im Barmer Bahnhof Winklerstraße 2, 42283 Wuppertal, (0202) 59 53 85,www.joliso1904.de DruckStock Ulrike Hagemeier, Fr.-Engels-Allee 173, 42285 Wuppertal, (0151) 57 66 46 14, www.druckstock-hagemeier.de Immanuelskirche, Wuppertal-Barmen, 42275 Wuppertal, (0202) 64 19 69, www.immanuelskirche.de Köndgens Wupperliebe Werth 94, 42275 Wuppertal, (0202) 2 48 00 50, www.wupperliebe.de, www.buecherwuppertal.com Musikhaus Landsiedel-Becker Höhne / Ecke Werther Hof, 42275 Wuppertal, (0202) 59 21 57, www.landsiedel-becker.de Skulpturenpark Waldfrieden Hirschstraße 12, 42285 Wuppertal, (0202) 3 17 29 89, www.skulpturenpark-waldfrieden.de Wuppertal Cronenberg Buchhandlung Nettesheim Hauptstraße 17, 42349 Wuppertal, (0202) 47 28 70, www.nettesheim.de Wuppertal Ronsdorf Ronsdorfer Bücherstube Christian Oelemann, Staasstraße 11, 42369 Wuppertal, (0202) 2 46 16 03, www.buchkultur.de Wuppertal Vohwinkel Buchhandlung Jürgensen Vohwinkeler Straße 1, 42329 Wuppertal, (0202) 73 09 42, www.buch-juergensen.de Friseursalon Capilli Heinrich Wermann, Manteuffelstr. 2, 42329 Wuppertal, (0202) 30 13 22, www.capilli.de Remscheid Buchhandlung Thalia Remscheid Alleestr. 74, 42853 Remscheid, (02191) 59 15 50, www.thalia.de Solingen Kunstmuseum Solingen / Museumsshop, Wuppertaler Str. 160, 42653 Solingen, (0212) 25 81 40, www.kunstmuseum-solingen.de Sprockhövel Galerie Nasenberg Mittelstraße 97, 45549 Sprockhövel, (02339) 120 623, (0171) 2 83 05 25, www.galerie-nasenberg.de Leverkusen Schloss Morsbroich / Museumsshop, Gustav-Heinemann-Str. 80, 51377 Leverkusen, (o214) 8 55 56 28, www.museum- morsbroich.de * bis zum Redaktionsschluss bekannt
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Kammermusikwerke von Detlev Glanert
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