Juli | 2 - 2012
Durchblick
Schenken
 Diakonische Stiftung Wittekindshof
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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, Freud und Leid liegen im Wittekindshof oft dicht zusammen. Das haben wir gerade in den letzten Monaten wieder erfahren. Da war auf der einen Seite der tragische Tod des zweijährigen Mädchens Fabronya in unserem Familienzentrum in Gronau, der viele zutiefst erschüttert hat. Und außerdem trauern wir natürlich um viele andere Menschen, die wir unterstützt haben (die Älteste von ihnen war 106 Jahre), aber auch um Mitarbeitende. Auf der anderen Seite haben wir gerade in diesem 125. Jubiläumsjahr auch viel Freude. Großen Spaß bereiteten uns die bunten Hüte im Gottesdienst auf dem Jahresfest, die uns so eindrücklich zeigten, wie viele Gemeinsamkeiten es unter den verschiedensten Teilnehmenden gab. Sehr gefreut haben wir uns auch über die zahlreichen Spenden und Geschenke, die wir in diesem und im letzten Jahr wieder erhalten haben. Davon zeugen einige Artikel in diesem Heft und auch der beiliegende Spendenbericht. Tief bewegt hat uns schließlich die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft, auf die wir uns in den letzten Jahren eingelassen haben und die nun zu einer beeindruckenden Studie geführt hat, in der die gesamte Wittekindshofer Geschichte aufgearbeitet ist. Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse finden Sie in dem beiliegenden Sonderheft. Wir sind zutiefst dankbar, dass durch alle schlimmen und weniger schlimmen Zeiten hindurch die Stiftung von Gott bis heute erhalten und bewahrt wurde und Menschen mit Behinderung von ihr in dieser langen Zeit unterstützt werden konnten – mal besser und auch mal schlechter. Wir sind froh, dass viele uns bis heute ihr Vertrauen schenken, dass wir sie unterstützen sollen und dass dies viele Mitarbeitende und auch Ehrenamtliche so zuverlässig tun. So gehen wir reich beschenkt, dankbar und von vielen Gefühlen bewegt durch dieses 125. Jahr des Wittekindshofes und hoffen, dass noch viele gute Jahre folgen.
Ihr Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Vorstandssprecher
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Diakonische Stiftung Wittekindshof Menschenwürde gestalten.
Schenken: „Wie liebende Paare einander selbstverständlich beschenken, kann auch die diakonische Liebesgabe Schenkende wie Beschenkte eigentlich nur bereichern.“
2 Editorial 4 Auf einen Blick Bunt behütet Thema Schenken 6 Geschenkt: Künstler in Berlin 10 Die Faszination des Schenkens 13 Geben und Weitergeben
Wittekindshof 14 Erschütterung und Hoffnung 14 Tödlicher Unfall 15 Meine Fabronya! 16 Hannelore Kraft und Christine Lieberknecht zu Gast 17 Es macht Spaß, solche Menschen kennen zu lernen. 18 Die grüne Karte: „Mama, ich möchte noch spielen!“ 20 Fünf Jahre Wittekindshof in Hamm und im Kreis Warendorf 22 Ein Weg, der in eine inklusive Gesellschaft führt 24 „... da war ich mir sicher!“ 25 Ihre Meinung 25 Ihr Geschenk für eine alte Dame 26 Christian Rüter ist neuer MAV-Vorsitzender 26 Wir trauern 27 Personalentwicklung 28 Aus der Region 29 Impressum 30 Fundraising Ihre Spende bringt Farbe ins Leben 32 Was macht eigentlich … Erika von Loßnitzer? 34 Blick zurück Die ersten Ärzte des Wittekindshofes 36 Einblick (K)eine andere Welt
Noel Matoff
38 Auf ein Wort Ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein …
auf einen Blick Schenken
Bunt beh端tet
Maik Meid
Schenken
Gemeinsam Gottesdienst feiern zum 125. Jahresfest „erinnern – wahrnehmen – gestalten“ am 3. Juni 2012
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Geschenkt: Künstler in Berlin Es gibt Begebenheiten, die haben etwas Märchenhaftes an sich: Da bekommst du etwas geschenkt, womit du überhaupt nicht gerechnet hast! Und du suchst nach dem Trick, der dahinter steckt, damit du am Ende dann doch alles teuer bezahlen musst – und du findest keinen! Es ist wirklich ein Geschenk! Um mal Martin Luther zu bemühen: „ohn all Verdienst und Würdigkeit.“ Daran erinnert mich der Besuch einer Gruppe aus dem Wittekindshofer Kunstatelier im Februar dieses Jahres in Berlin. Wie es dazu gekommen ist? Dr. Erich Marx, ein weithin bekannter Kunstsammler und -förderer, hatte sich anlässlich eines runden Geburtstages von seinen Freunden und allen, die ihm etwas Gutes tun wollten, anstelle von Geschenken eine Spende zugunsten des Wittekindshofer Kunstateliers gewünscht. Und viele haben sich an dieser Aktion beteiligt. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, verantwortlich für weltbekannte Museen, Bibliotheken und Archive vor allem in Berlin, arbeitet seit vielen
Jahren eng mit dem Berliner Kunstmäzen zusammen. Deren Verantwortliche wollten sich mit einer besonderen Aufmerksamkeit an der Geburtstagsaktion beteiligen und schenkten Dr. Marx deshalb einen eigens konzipierten Museumsbesuch in Berlin. Nutznießer davon sollte aber nicht das „Geburtstagskind“ selbst sein – sondern vielmehr eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Atelier der Diakonischen Stiftung Wittekindshof in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen! Und damit es auch wirklich ein herausragendes Geschenk war, umfasste das Paket die Fahrt in die Hauptstadt, Hotelzimmer in Berlin Mitte, Essen im Restaurant und eine Stadtrundfahrt. Die Verantwortlichen der Stiftung luden die Wittekindshofer nicht nur in zwei Museumen ein, sondern gaben den Gästen auch die Möglichkeit, ihre künstlerische Erfahrung zu erweitern, indem sie während des Aufenthaltes zu einem Workshop eingeladen waren, geleitet von einer versierten Kunstpädagogin. Daneben gab es viele Gespräche und wechselseitiges Kennenlernen, an dem sich hochrangige Persönlichkeiten der Stiftung beteiligten. Und auch Dr. Erich Marx, dem das Geschenk zu verdanken war, hatte es sich nicht nehmen lassen, die Wittekindshofer im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin zu begrüßen – und ihnen zu sagen, dass er gerne an seine Zeit in Bad Oeynhausen und seine Erfahrungen mit dem Wittekindshof zurück denkt.
Ein Muss für Berlin-Besucher: Das Foto vor dem Brandenburger Tor; (v.l.) Matthias Haase, Andrzej Socala, Axel Fründ, Erika Georg, (dahinter)
Noel Matoff
Uwe Jauch, Tanja Danne und Oskar Silke
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Axel Fründ (3. v.l.) als aufmerksamer Chronist bei der Stadtrundfahrt: „Das Kanzleramt ist achtmal so groß wie das Weiße Haus. Berlin hat 51 Seen. Dann kamen wir am Berliner Zoo vorbei. Er ist der älteste Zoo von Deutschland.“
Die nachfolgenden Texte über den Berlinbesuch einer Delegation des Wittekindshofer Kunstateliers stammen aus den Tagebüchern, die die Teilnehmer Uwe Jauch und Axel Fründ eigens für dieses Ereignis geführt haben. Die Fotos hat die Berliner Fotografin Noel Tovia Matoff beigesteuert, die gebeten wurde, die Höhepunkte des Besuches für den „Durchblick“ in Bildern festzuhalten.
Dienstag, den 22.2.2012 Nachdem wir das Hotel bezogen hatten, sind wir mit der S-Bahn und dem Bus zur Haltestelle Philharmonie gefahren. Dort sind wir ausgestiegen und zur Gemäldegalerie gegangen. Draußen vorm Museum haben wir ein Gruppenfoto gemacht. Danach gingen wir ins Museum hinein. Dort haben wir uns alle versammelt. Gegen 16 Uhr begann unsere Führung. Anja Birkel leitete sie. Bevor wir durch das Museum geführt wurden, mussten wir unsere Jacken und Taschen an der Garderobe abgeben. Dann hat uns Anja Birkel alles erklärt. In der Gemäldegalerie sind insgesamt 1500 Bilder ausgestellt. In der Wandelhalle haben sie keine Bilder aufgehängt. 1559 hat man in den Bildern oft nach Sprichwörtern gesucht. Solche Bilder gibt es auch von Pieter Breughel. Anja Birkel hat uns erklärt, was die Bilder so bedeuteten und was für Sprichwörter enthalten sind. Zum Beispiel: „Malt den Teufel nicht an die Wand“. Weitere Bilder waren von Peter Paul Rubens, Willem Buytewech, Esaias van de Velde und vielen anderen Künstlern. Wir sind durch verschiedene Räume gegangen. Die Räumlichkeiten hatten alle eine Nummer. Die Nummern waren mit römischen Zahlen ausgewiesen. Dann sind wir in eine Malerwerkstatt gegangen. Dort hat uns Anja Birkel erklärt, wie es dort vor etwa 400 Jahren ausgesehen hat und wie dort gearbeitet wurde. Sie hat erzählt, wie man früher die Farbe hergestellt hat: zum Beispiel das Karminrot aus Blattläusen. Außerdem hat sie uns noch
Gegenstände erklärt. Da war eine Schweineblase. Die war für Farbaufbewahrungen. Dann hat Anja Birkel auch noch besondere Farben vorgestellt. Es gab verbotene Farben, mit denen durfte man nicht malen: das sogenannte Indische Gelb zum Beispiel. Als wir mit dem Durchgang fertig waren, sind wir wieder zur Bushaltestelle Philharmonie gegangen und sind mit dem Bus zur U–Bahnstation Brandenburger Tor gefahren. Von dort sind wir mit der U– Bahn bis zur Haltestelle Friedrichstrasse gefahren. Anschließend sind wir noch in ein Lokal gegangen und haben dort Abendbrot gegessen. Mittwoch, den 23.2.2012 Das Frühstück war die reinste Wonne! Was es da alles gab! Da konnte man sich gar nicht recht entscheiden, was man als erstes nehmen sollte. Natürlich habe ich fast von allem probiert. Nachdem wir mit dem Frühstück fertig waren, gingen wir dann hoch auf die Zimmer, um unsere Jacken zu holen. Dann haben wir uns auf den Weg gemacht in Richtung U-Bahn und sind zum Brandenburger Tor gefahren. Dort machten wir noch schnell ein paar Fotos und gingen dann zur anderen Seite, weil wir dort mit der Fotografin, Frau Matoff, verabredet waren. Sie begleitete uns für einen Tag und machte auch gleich die ersten Gruppenfotos. Nach einer kleinen Unterhaltung ging es dann auch schon wieder los. Wir machten eine Stadtrundfahrt, wo wir viel sehen und viel entdecken konnten.
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„Meine lieben Mitbegleiter wollten lieber einen Spaziergang zum Museum Hamburger Bahnhof machen. Mit meinen Beinen war es zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr das Wahre. Aber Spaß machte es trotzdem, man hat unterwegs viel zu sehen bekommen.“
Nachdem wir dann wieder am Brandenburger Tor angekommen waren, gingen wir dann in ein Café und machten dort eine kleine Rast, weil da ja auch schon Mittag war. Oskar brauchte was zu Mittag, weil es für ihn Zeit war, seine Tabletten einzunehmen. Ich habe eine Cola getrunken und mich dann nach draußen gesetzt und eine Zigarette geraucht. Nachdem dann auch alle wieder so weit
waren, sind wir auch gleich wieder losgegangen, weil wir ja auch noch mit Herrn Dr. Erich Marx verabredet waren. Die Mitbegleiter wollten lieber einen Spaziergang dorthin machen, also mussten wir los. Mit meinen Beinen war das zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr das Wahre – aber Spaß machte es trotzdem. Man hat unterwegs viel zu sehen bekommen.
„Am Hamburger Bahnhof angekommen, da fühlte ich mich fast so, als wäre man selbst eine Prominenz. Es ist eigentlich ziemlich selten, dass Herr Dr. Marx einen persönlich begrüßt.“
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Dann am Museum Hamburger Bahnhof angekommen, da fühlte ich mich fast so, als wäre man selbst eine Prominenz – weil es eigentlich ziemlich selten ist, dass Herr Dr. Erich Marx einen persönlich begrüßt. Ja, wo wir dann am Museum waren, wurden wir recht herzlich von Dr. Erich Max und der Künstlerin Julia Rüther begrüßt. Wir sind dann hineingegangen, haben unsere Jacken abgegeben und haben Herrn Dr. Marx das Geschenk überreicht. Und ich habe ihm angesehen, dass er sich darüber freute. (aus dem Tagebuch von Uwe Jauch) Den Workshop, der im Anschluß an die Besichtigung im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart stattfand, hat Axel Fründ wie folgt erlebt: (…) Danach hat Frau Rüther ihren Koffer aufgemacht und an uns Malunterlagen und Stifte verteilt. Dort haben wir verschiedene Linien gemalt. Zum Beispiel, wenn einer Wut auf einen anderen hat, wie man das mit Strichen und Linien zeichnen kann. Als wir damit fertig waren, mussten wir zu einem Bild die dazu gehörigen Bedeutungen malen: die so genannten Phantasien, die einem dazu einfielen. Dann haben wir uns noch ein weiteres Bild angeschaut, wo dreimal das gleiche Motiv vorkam. Dann hat Frau Rüther ein Blatt an unsere Schuhe gehalten und ist mit einem Stift rübergegangen. Da
sollten wir herausfinden, welche Motive daraus entstehen könnten. Danach sind wir mit dem Aufzug in die 3. Etage in die Malerwerkstatt gefahren. Zuerst haben wir was zu trinken bekommen. Dann konnten wir Bilder malen. Zuerst haben wir uns einen Stempel angefertigt und haben damit Bilder gestempelt. Anschließend haben wir noch eine andere Technik ausprobiert: Auf einem Blatt Papier sollten wir einen Bindfaden oder mehrere Gummiringe verteilen und darauf noch ein zweites Blatt Papier legen und mit einem Wachsmalstift darauf herum malen, so dass ein oder auch mehrere Muster entstanden. Als wir damit fertig waren, konnte, wer wollte, das Bild noch bunt ausmalen. Als die Bilder fertig waren, wurden sie an der Wand aufgehängt. Dann war Feierabend. Wir haben noch aufgeräumt und uns von Frau Matoff und Frau Rüther verabschiedet. Dann haben wir uns ein Lokal ausgesucht zum Abendessen. Das war ein thailändisches Lokal. Schlusssatz aus den Tagebucheintragungen von Uwe Jauch: Wenn mich das nächste Mal einer fragen würde, ob ich wieder nach Berlin möchte, würde ich ja sagen!
Im Museum Hamburger Bahnhof. Museum der Gegenwart: Führung durch die Sammlung Dr. Erich Marx mit der Künstlerin Julia Rüther. Im Hintergrund ein berühmtes Kunstwerk von Andy Warhol.
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„Frau Rüther hat ihren Koffer aufgemacht und an uns Malunterlagen und Stifte verteilt. Dort haben wir verschiedene Linien gemalt. Zum Beispiel, wenn einer Wut auf den anderen hat. …
Die Faszination des Schenkens Dierk Starnitzke, Vorstands sprecher der Diakonischen Stiftung Wittekindshof
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Bedenken Seit 125 Jahren werden vom Wittekindshof Menschen mit Behinderungen in ihrem Leben unterstützt. Das geschah immer unter den Bedingungen der jeweiligen Zeit. Die Stiftung hat dabei an den bewegten Geschehnissen der verschiedenen Epochen der deutschen Geschichte partizipiert. So ist die Unterstützung denn auch manchmal mehr und manchmal weniger gut gelungen. Phasen der starken Zunahme der Unterstützungsmöglichkeiten seit den 1890er Jahren und in den 1970er Jahren stehen Zeiten der systematischen Verletzung und sogar Tötung von Menschen mit Behinderungen entgegen, besonders in den Jahren 1933 bis 1945, die auch der Wittekindshof nicht verhindern konnte. Dass die Stiftung alle Herausforderungen und auch Gefährdungen bis hierher überstehen konnte, ist den vielen Menschen zu verdanken, die diese Arbeit mit getragen haben – vor allem den Mit-
arbeitenden, die seit 1887 oft unter einfachsten und schwierigsten Bedingungen diesen Dienst geleistet haben, aber auch den von ihnen unterstützten Menschen, die diese schwierigen Lebensbedingungen zumeist geduldig ertragen und durchgehalten haben. Schließlich auch den Angehörigen, politischen Institutionen und Kostenträgern, die dem Wittekindshof immer wieder den Auftrag gegeben haben, seine Arbeit für Menschen mit Behinderungen zu tun. Vieles ist diesem Zusammenhang noch zu bedenken und aufzuarbeiten. Wir bemühen uns, dazu beizutragen, nicht zuletzt durch unsere beiden Bücher zur Wittekindshofer Geschichte mit den Titeln „Als wären wir zur Strafe hier“ und „Der das Schreien der jungen Raben nicht überhört“. Schenken Wenn man den 125. Geburtstag feiert, ist das auch ein Anlass zum Schenken. Im bisherigen Verlauf des Jahres ist deshalb so mancher gekommen und hat dem Wittekindshof gratuliert und sogar Geschenke gemacht. Ohne solche Geschenke wäre die Wittekindshofer Arbeit so nicht möglich. Das betrifft vor allem die vielen Spenderinnen und Spender, die in den letzten 125 Jahren durch ihre Gaben die Stiftung unterstützt und damit dazu beigetragen haben, dass vieles an Hilfe ermöglicht werden konnte, was ohne ihre Gaben nicht geschehen würde. Wie das im letz-
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ten Jahr 2011 geschehen ist, können Sie im beiliegenden Spendenbericht lesen. Ich scheue mich nicht, Sie in diesem Zusammenhang herzlich zu bitten, uns zum 125. ein Geburtstagsgeschenk zu machen und unsere Arbeit auch im 126. Jahr ideell und materiell zu unterstützen. Mit jedem Ihrer Beiträge beteiligen Sie sich aktiv am Erfolg unserer Arbeit für die Menschen mit Behinderungen. Die Gabe, das freiwillige Geschenk, das uneigennützige Vermächtnis durchbricht dabei un-
sere geläufige Logik vom „Geben um des Nehmens Willen“. Gaben für die diakonische Arbeit, Geschenke für ein diakonisches Jubiläum sind eben nicht geprägt vom Geist der gegenseitigen Verrechnung, der unser alltägliches Leben und Wirtschaften sonst so durchdringt. Wer ohne Berechnung gibt, befreit sich von den fesselnden Ketten des „Wie du mir, so ich dir“. Wer aus freien Stücken schenkt, ohne Erwartung einer Gegenleistung, der kann darin die Freiheit vom sklavischen Geist des „do ut des“ (des
… Nachdem wir dann mit den Bildern durch waren, nahmen wir auch an einem Workshop teil, wo man verschiedene Dinge ausprobieren konnte. …
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… Als die Bilder fertig waren, wurden sie an die Wand gehängt. Dann war Feierabend.“
„ich gebe, damit du gibst“) genießen. Das Geben und Schenken fasziniert deshalb nicht nur bis heute die Philosophen und Sozialtheoretiker, sondern auch die Liebenden. Im Schenken und beschenkt werden lässt sich etwas von der Freiheit des menschlichen Geistes erahnen, der nicht nur auf Berechnung und eigenen Vorteil aus ist, sondern die Selbstlosigkeit der Liebestat und den Wert des menschlichen Gegenübers genießen kann. So wie liebende Paare oder Familienmitglieder sich selbstverständlich beschenken und dabei im Geben immer noch reicher werden, kann auch die diakonische Liebesgabe Schenkende wie Beschenkte eigentlich nur bereichern. Einen kleinen Eindruck davon können vielleicht auch andere Beiträge in diesem Heft vermitteln.
Im Schenken und beschenkt werden lässt sich etwas von der Freiheit des menschlichen Geistes erahnen, der nicht nur auf Berechnung und eigenen Vorteil aus ist … Ich lade Sie herzlich ein, dieses Geheimnis des beschenkt Werdens im Schenken für den Wittekindshof kennen zu lernen. Das muss dabei nicht nur durch Geld oder materielle Güter geschehen, es kann auch durch ein ehrenamtliches Engagement für unsere Stiftung und die von ihr unterstützten Menschen sein. Ich möchte Sie schließlich ermuti-
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gen, unsere Arbeit auch in anderer Weise zu unterstützen, z. B. durch ein anerkennendes Wort an Mitarbeitende, durch ein Fürbittengebet im stillen Kämmerlein für unsere Arbeit oder auch durch politischen Einfluss für die Stiftung in Ihrem eigenen Wirkungsfeld. Mit solchen Worten und Taten können Sie sich einfügen in die lange Reihe derer, die seit 125 Jahren die Arbeit der Diakonischen Stiftung Wittekindshof fördern, in die Gemeinschaft der glücklichen Geber. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei. Danken Ein besonderes Geschenk an die Stiftung ist jedoch für mich, dass Gott seine gnädige Hand in den letzten 125 Jahren nicht vom Wittekindshof weggezogen hat. Er hat die Stiftung und die in ihr tätigen und von ihr unterstützten Menschen begleitet und bewahrt. Sicherlich ist dabei auch vieles geschehen, was wir als Menschen nur schwer verstehen und annehmen können. Wir können aber fest darauf vertrauen, dass Gott in seinem allumfassenden Erbarmen alles Gewesene und die daran beteiligten Menschen in Zeit und Ewigkeit nicht loslässt – egal, wie positiv oder negativ wir das vergangene Geschehen für uns heute bewerten mögen. Wenn Gottes universales Erbarmen auch allen mit dem Wittekindshof in Verbindung stehenden Menschen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wirklich gilt, so wie es in der Bibel verheißen ist, dann ist das wohl das schönste und größte Geschenk an uns alle.
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Geben und Weitergeben Seit Jahren engagiert sich Marie-Sophie Wetter ehrenamtlich für das Therapeutische Reiten. „Angefangen hat es mit vorsichtigem Fragen. Ihr Pferd hat ebenso wie die acht Wittekindshofer Therapiepferde eine Box in der Reitanlage Lohoff in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen. Marie-Sophie wollte mehr über angemessene und gesunde Pferdehaltung wissen, und uns ist ihr verantwortungsvoller Umgang mit Pferden aufgefallen“, erinnert sich die Wittekindshofer Reitpädagogin Sylvia Niemeier. Aus Fragen und kleinen Handgriffen, die in einer guten Stallgemeinschaft üblich sind, hat sich viel ehrenamtliches Engagement entwickelt. „Marie- Sophie spendet uns viel Zeit und ermöglicht zusammen mit anderen Ehrenamtlichen Höhepunkte wie Turnierbesuche oder den Wittekindshofer Reitertag“, erklärt Reitpädagoge Michael Rahmöller. Aber Marie-Sophie hat sich nicht nur im Stall und im direkten Kontakt mit Pferden und Teilnehmerin-
nen und Teilnehmern des Therapeutischen Reitens engagiert, sondern auch in ihrer eigenen Familie. Erst haben ihre Eltern angefangen, sich auch ehrenamtlich zu engagieren mit ihren eigenen Erfahrungen und Fähigkeiten. Auch die eine oder andere Spende wurde in den letzten Jahren überwiesen. Zum 125-jährigen Jubiläumsjahr der Diakonischen Stiftung Wittekindshof sind sie noch einen Schritt weiter gegangen: „Die MAWE-Wetter GmbH übernimmt eine monatliche Patenschaft für Rayshar, eines der Therapiepferde“, berichtet Stefanie Wetter, die Geschäftsführerin. „Wir wollen etwas dafür tun, dass Menschen mit Behinderung, die im Wittekindshof leben oder arbeiten, regelmäßig an einem Angebot rund um das Pferd teilnehmen können. Die Finanzierung darf kein Ausschlusskriterium sein.“ Mit der Idee einer Patenschaft für ein Therapiepferd konnte Marie-Sophie aber auch ihre Großmutter überzeugen, die Geschäftsführerin der Wigo-Werkzeugdienst Wetter GmbH in Löhne ist. „Wenn Pferde Beziehungen bei behinderten Menschen ermöglichen, zu denen sonst kaum Kontakte aufgebaut werden können, wie es mir Marie-Sophie berichtet hat, dann unterstützen wir das gerne. Beziehungen sind der Schlüssel zur Entwicklung für Firmen und Menschen“, ist Marianne Wetter überzeugt.
Zeit und Geld schenken: Marie-Sophie Wetter engagiert sich ehrenamtlich, die Firmen ihrer Mutter und Großmutter haben Patenschaften für
Jürgen Escher
Therapiepferde übernommen.
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Stellungnahme von Vorstandssprecher Pfarrer Professor Dr. Dierk Starnitzke
Erschütterung und Hoffnung Der tödliche Unfall im Familienzentrum hat uns alle zutiefst erschüttert. Eltern vertrauen uns ihre Kinder an, damit wir sie gut betreuen, fördern und ihnen eine schöne Zeit zusammen mit anderen Kindern ermöglichen. Der einfühlsame Brief von Elina Morasch an die verstorbene Fabronya zeigt mir, dass wir diesen Anspruch wohl auch bei Fabronya bis zum Tage des Unfalls erfüllen konnten. Ich habe das Mädchen leider nicht persönlich kennen gelernt, habe aber nach dem Unfall die große Trauer, das Entsetzen und die Leere bei den Menschen im Familienzentrum gespürt. Für Eltern ist es das
Schlimmste und Härteste, wenn ihnen ein Kind genommen wird und sie es zu Grabe tragen müssen. Ich bin sehr dankbar, dass ich den Eltern und der Familie persönlich bei einem Besuch mein Mitgefühl ausdrücken konnte und bei der großen Trauerfeier sprechen durfte. Das ist nicht selbstverständlich, denn ich bin ja Vorstand in der Stiftung, die das Familienzentrum betreibt, in dem Fabronya einen so schweren Unfall erlitten hat, dass sie an den Folgen gestorben ist. Zurzeit sieht es so aus, dass die Mitarbeiterinnen wahrscheinlich nicht wegen Verletzung der Aufsichtspflicht
angeklagt werden. Das wäre zumindest juristisch eine große Entlastung. Die betroffenen Menschen beschäftigen aber wahrscheinlich weiterhin viele Fragen. Der Unfalltod von Fabronya hat das Leben ihrer Familie ganz entscheidend verändert. Auch im Familienzentrum und vor allem bei den direkt beteiligten Mitarbeiterinnen bleiben Spuren zurück, die wohl niemals mehr ganz verschwinden. Wir müssen zu den alltäglichen Verflichtungen zurückkehren, um den anderen Kindern und Familien zuverlässig die Unterstützung, Begleitung und Förderung zukommen zu lassen, die sie von uns erwarten und benötigen. Nach diesem furchtbaren Tod von Fabronya, der uns bis heute tief be-
wegt, können wir uns eigentlich nur alle an unseren gemeinsamen christlichen Glauben halten: dass Gott sie jetzt zu sich genommen hat. Vor dem Familienzentrum, in dem Fabronya sterben musste, stand eine Tafel. Sie wurde von Menschen aufgestellt, die mit der Familie getrauert haben. Darauf stand: „Gott hat einer Mutter am 2.10.2009 zwei Engel geschenkt. Er nahm einen von diesen Engeln am 30.3.2012 zu sich.“ Treffender kann man diese Glaubenshoffnung nicht zum Ausdruck bringen. Wenn wir nun den einen Engel, Faya, die Zwillingsschwester von Fabronya, weiter vor Augen haben, dann ist das ein ständiges Zeichen dafür, dass der andere Engel, der Faya so ähnlich sieht, hoffentlich schon im Himmel bei Gott ist.
Trauerfeier waren zwischen 1.500 und 2.000 Trauergäste vor allem aus den syrisch-aramäischen Gemeinden in ganz Europa gekommen. Auch die Mitarbeiterinnen des Familienzentrums und viele Eltern haben bei der Beerdigung Abschied von Fabronya genommen. Der Wittekindshofer Vorstandssprecher Pfarrer Professor Dr. Dierk Starnitzke hat während der Trauerfeier eine Rede gehalten. Nach einem persönlichen Besuch bei den Eltern hat er so auch öffentlich das Mitgefühl und die Trauer der Stiftung zum Ausdruck gebracht. Für Kinder und Eltern hat am Tag nach der Beerdigung eine Abschiedsfeier im Familienzentrum Wittekindshof stattgefunden, die Mitarbeiterinnen zusammen mit Pfarrerin Claudia de Wilde für Angehörige verschiedener Religionen vorbereitet und gestaltet hatten. Die evangelische Seelsorgerin, die regelmäßig ins Familienzentrum Wittekindshof kommt, war in den Tagen nach dem Unfall besonders oft im Familienzentrum und hat als Seelsorgerin, Gesprächspartnerin und Beraterin Unterstützung angeboten. Außerdem
wurde den Mitarbeiterinnen externe und interne Beratung und Unterstützung angeboten. Um die Betreuung der Kinder im Familienzentrum sicher zu stellen, hat Ressortleiter Reiner Breder zusätzliche Mitarbeitende aus anderen Arbeitsbereichen des Wittekindshofes im Familienzentrum eingesetzt, da fast alle Mitarbeiterinnen nach dem Unfall zwar relativ schnell wieder im Dienst, aber durch das traumatische Ereignis noch nicht wieder voll belastbar waren. Die Räume im ehemaligen Pfarrhaus werden nicht mehr zur Betreuung kleiner Kinder genutzt. Im benachbarten Stadtteilzentrum des Diakonischen Werkes Gronau wurden Ersatzräume gefunden.
Familienzentrum Wittekindshof in Gronau
Tödlicher Unfall Am 29. März ist die zweijährige Fabronya in der Krippengruppe des Familienzentrums Wittekindshof in Gronau verunglückt. Trotz Erste-HilfeMaßnahmen und Behandlung vor Ort durch den umgehend alarmierten Notarzt ist sie am nächsten Tag im Universitätsklinikum Münster gestorben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen. Anfang Mai hat die Staatsanwaltschaft gegenüber Medienvertretern mündlich einen Zwischenbericht erteilt. Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehe die externe Fachkraft für Arbeitssicherheit, die mehrfach Sicherheitsprüfungen in der Krippengruppe durchgeführt hatte, sowie ein anerkannter Spezialausstatter für Kindertagesstätteneinrichtungen, der das Spiel- und Ruhepodest hergestellt und vor Ort montiert hat. Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen hatte Fabronya beim Spielen ihren Kopf zwischen Zimmerdecke und Oberkante des
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Spiel- und Ruhepodestes gesteckt. Dabei wurde sie eingeklemmt und war so schnell bewusstlos, dass sie sich selbst nicht durch Schreien oder Weinen bemerkbar machen konnte. Die Erzieherin befand sich im Nebenraum und wurde von Fabronyas Zwillingsschwester angesprochen. Die sofort dazu eilende Erzieherin hat das Kind befreit und Erste Hilfe geleistet. Dabei wurde sie von Kolleginnen unterstützt, die sich auch um die übrigen Kinder gekümmert haben. Zum Unfallzeitpunkt befanden sich vier Kinder mit zwei Mitarbeiterinnen im ehemaligen Pfarrhaus, in dem 2008 die Krippengruppe für zehn Kinder eingerichtet worden war. Die übrigen sechs Krippenkinder waren im Hauptgebäude des benachbarten Familienzentrums, um den Snoezelen- und den Planschraum zu nutzen. Fabronya wurde auf dem Friedhof des syrisch-aramäischen Klosters Glane in den Niederlanden beigesetzt. Zur
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Aus einem Brief an Fabronya
Meine Fabronya! Jedes Wort, jeden Satz, jede Frage – alles habt Ihr nachgesprochen. Wenn ich Dich fragte: „Fabronya, wo ist Lebo?“, wiederholtest Du: „Wo ist Lebo?“ Du hast eine kleine Pause gemacht und geantwortet: „Lebo Kindergarten!“ Ja, Ihr beiden habt ganz viel durchs Nachsprechen gelernt. Wie gut und wie weit seid Ihr im Erlernen der deutschen Sprache gekommen, und wie schön klingt es, wenn Ihr Euch mit Mama […] und Papa […] auf aramäisch unterhalten habt. Du kanntest schon alle Farben, konntest bis zehn zählen, Du hast so viele Tiere und Gegenstände in Bilderbüchern und beim Spielen erkannt und benannt. Du warst sehr selbständig und hast vieles versucht, alleine zu tun: Hausschuhe und Söckchen an- und ausziehen, Hände waschen, Zähne putzen, aufs Töpfchen gehen, und, was ganz toll war, beim Essen oder Anziehen hast Du versucht, anderen Kindern zu helfen. Du hast es gelernt zu warten, bis Du drankamst und hast gar nicht geweint, wenn die Schaukel besetzt war oder am Maltisch kein Platz frei war. […] Auch im Garten hast Du so toll gespielt. So aufmerksam hast Du Ameisen, Regenwürmer, Nacktschnecken, die wir im Garten entdeckten, betrachtet. Du hast Dich riesig über die ersten Frühlingsblumen gefreut! Aber deine Leidenschaft waren die Marienkäfer und Schmetterlinge […] Mein Mädchen, ich bin so glücklich, dass ich Dich kurz nach dem schrecklichen Unfall im Traum gesehen habe. Dieser Traum beeindruckt mich bis heute. Ich bin mir sicher, Du hast mir ein Zeichen gegen, dass es
Dir ganz gut geht und Du hast mich, Deine Elina, beruhigt und hast mir geholfen, den unendlichen Schmerz ein wenig zu lindern. Der Gedanke an Dich gibt mir jeden Tag Kraft, mit Deinen Freunden wieder zu spielen, zu basteln, zu lachen…. Deine [Schwester] Faya und Mama waren vor kurzem bei uns zu Besuch. Ich habe sie, Deinen Bruder Lebo und Deine Freundin zum Planschen mitgenommen. Ganz ausgelassen und fröhlich haben die drei im Plansch
becken gespielt. Ein paar Mal hat Faya Deinen Namen erwähnt und „Fabronya ist nicht da“ gesagt!
Von Elina Morasch, Erzieherin in der Krippengruppe des Familienzentrums Wittekindshof in Gronau, in der Ende März die zweijährige Fabronya tödlich verunglückt ist. Im Brief erwähnt die Erzieherin auch deren Zwillingsschwester Faya und ihren großen Bruder Lebo.
Elina Morasch
Es ist so schwer, von Dir zu sprechen, zu erzählen, zu schreiben. Immer wieder sehe ich Deine schönen Augen, Dein hübsches Gesicht, höre Deine Stimme, höre, wie Du immer fragst: „Ich auch, Elina, ich auch planschen?“ Bis auf den Flur folgst Du mir in der Hoffnung, dass ich es mir anders überlege und Dich doch mitnehme. Du hast nicht geweint, als ich Dir immer wieder sagte: „Nein, Schätzchen, heute nicht, aber nächste Woche bist Du und auch Faya dran! O.K.?“ Du warst einverstanden und zufrieden und lässt Dich zurück in den Gruppenraum begleiten. „Nächste Woche, ich und Faya“, sprachst Du nach, und ich machte die Tür zu … „Guten Morgen, Elina!“ habt Ihr mich jedes Mal begrüßt und seid auf dem Flur um die Wette losgerannt, um neue Haarspangen, neue Handschuhe oder von Oma selbst gestrickte Kleidchen zu zeigen. Mama […] hat Euch immer so hübsch gekleidet. Weißt Du noch, ganz am Anfang fiel es Dir und Faya schwer, Euch voneinander zu trennen. Wenn Faya zum Einkaufen gehen durfte und Du bleiben musstest, habt Ihr beide geweint. Dann hast Du Dich aber schneller als Faya beruhigt. Du und Faya, Ihr habt Euch so gut in den Krippenalltag eingelebt. Schon nach ein paar Monaten konntet Ihr die Namen von allen Kindern und Erzieherinnen aussprechen, ganz geschickt wart Ihr im Umgang mit dem Stift, der Prickelnadel und der Schere. Ihr konntet aus dem Glas trinken, mit dem Besteck essen und Butter aufs Brot schmieren. Toll! Auch kleine Aufträge und Bitten von uns habt Ihr verstanden und ausgeführt.
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Bad Oenhausen/Gronau
Anke Marholdt
Hannelore Kraft und Christine Lieberknecht zu Gast
Thüringens Ministerpräsidentin zu Gast in Gronau: v.l. Gronaus stellv. Bürgermeister Rainer Doetkotte, Ressortleiter Reiner Breder, Christine Lieberknecht, MdL Bernhard Tenhumberg, Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Landrat Kai Zwicker, Geschäftsbereichsleiter Michael Bleiber und Arthur Becker, Vorsitzender des Werkstattbeiratrates
SPD- und CDU-Ministerpräsidentin Zwei amtierende Ministerpräsidentinnen mit unterschiedlichen Parteibüchern waren im Abstand von gut zwei Wochen zu Gast in der Diakonischen Stiftung. „Beide Besuche standen im Zusammenhang mit den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und
„Keine Sonntagsreden am Mittwoch!“ waren Teil des Wahlkampfes. Trotzdem haben wir uns gefreut, dass sich die heimischen Landtagsabgeordneten für die Besuche der prominenten Politikerinnen im Wittekindshof eingesetzt haben. Beide Ministerpräsidentinnen sind in Begleitung gekommen. Das hat uns gute Chancen geboten, Kontakte zu pflegen und über die für uns wichtigen Themen ins Gespräch zu kommen“, erklärte Vorstandssprecher Pfarrer Professor Dr. Dierk Starnitzke. Aus Düsseldorf nach Bad Oeynhausen angereist war die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD). Dabei war
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ein Gespräch mit der Wittekindshofer Leitung geplant. Entwickelt hat sich daraus ein für alle Beteiligten beeindruckender Dialog mit Auszubildenden aus dem Berufbildungswerk. Podiumsdiskussion in Gronau Den Wittekindshof in Gronau besuchte die Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU). Hier wurde öffentlich zu deren Vortrag und zur anschließenden Podiumsdiskussion mit dem CDU-Landtagskandiaten Bernhard Tenhumberg und Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke eingeladen. „Wert(los) in die Zukunft? – Welche Werte leiten uns?“ war das Thema der Veranstaltung. Ein Grußwort sprach Arthur Becker, Vorsitzender des Werkstattrates der Wittekindshofer Werkstätten Gronau. Viel Zustimmung fand dabei seine Aufforderung: „Keine Sonntagsreden am Mittwoch!“ Ministerpräsidentin Lieberknecht griff in ihrem Vortrag auf das Buch des Zukunftsforschers Horst W. Opaschowski zurück: „Wir! – Warum Ichlinge
keine Zukunft mehr haben“. Sie betonte, dass die Menschen Verlässlichkeit, Vertrauen und Verantwortung wieder deutlich mehr achten als in den 90er Jahren. Die Spaßgesellschaft ließe eine neue Ernsthaftigkeit erkennen. Als Gründe nannte sie drei „regelrechte Ohnmachtserfahrungen“ in der ersten Dekade des 21. Jahrtausends: die Finanzkrise, Fukushima und die Anschläge vom 11. September 2001. „Es haben sich die Vorzeichen geändert. Dadurch rücken die Menschen enger zusammen“, erklärte die Ministerpräsidentin. Mit Verweis auf Psalm 8, einen der Schöpfungspsalmen im Alten Testament, betonte die frühere Gemeindepfarrerin: „Es geht nicht nur darum, die sieben Taten der Barmherzigkeit zu tun, nicht nur von der Bedürftigkeit, sondern immer von den Potentialen her zu denken, immer von dem her, was in den Menschen steckt.“
Wittekindshof
Hannelore Kraft aus Sicht von BBW-Auszubildenden
Es macht Spaß, solche Menschen kennen zu lernen. Auszubildende und Mitarbeitende im Ausbildungsrestaurant des Berufsbildungswerkes (BBW) Wittekindshofes nutzten den Besuch von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, um Organisationstalent und erlernte hauswirtschaftliche Fertigkeiten in dieser besonderen Konstellation anzuwenden: „Wir sollten ein paar Kleinigkeiten zum Essen für den Besuch vorbereiten. Ich habe solche Besuche schon öfter erlebt. Bei uns in der Schule war die Schulministerin. Doof war nur das Warten. Wir haben uns aufgeschrieben, was wir sagen sollten beim Servieren. Wir haben Obstspieße, kleine Pizzaecken, überbackene Tomate-Mozzarella, kleine Bratlinge vorbereitet – alles ohne Weizenmehl mit Reis- und
Maismehl. Die Honigtomaten haben Frau Kraft am besten geschmeckt. “ Melissa Witkowski, 2. Ausbildungsjahr Hauswirtschaftshelferin „Ich dachte erst, nein, warum ich? Ich habe gefragt, wer ist das denn? Ich habe die noch nie im Fernsehen gesehen, aber auf den Wahlplakaten. Frau Nagel, unsere Chefin, hat gesagt: „Doch, doch, das trau ich Ihnen zu. Sie packen das!“ Alle haben uns Mut gemacht: Ihr schafft das! Dann haben wir eine geraucht – dann kam sie. Im Endeffekt war das gar nicht so schlecht und sie war ganz nett. Jetzt können wir sagen: Hannelore Kraft, ja die kennen wir, mit der haben wir uns schon mal unterhalten.“ Lisa Lockhausen, 2. Ausbildungsjahr Hauswirtschaftshelferin
„Wir mussten mit den Platten reingehen und sagen, was das ist. Ich war total aufgeregt und am Zittern. Frau Kraft hat gesagt, ich soll mich erst einmal hinsetzen. Alle sollten sich hinsetzen, die haben die Runde dann größer gemacht. Im Gespräch ging es dann. Aber ich wusste ja erst nicht, ob die mich so nimmt, wie ich bin. Wir haben ganz offen geredet. Ich habe gesagt, dass ich froh bin, hier im BBW zu sein. Ich war auf der Förderschule. Aus meiner Klasse hat nur einer eine normale Ausbildung gefunden. Mein Bruder hat einen Schulabschluss und hat erst ein Soziales Jahr gemacht und dann ganz viele Bewerbungen geschrieben, aber er hat trotzdem nichts gefunden. Jetzt arbeitet er in einem Getränkemarkt. Er hat soviel getan, aber mit einer Ausbildung hat es nicht geklappt. Herr Rahe (Mitglied
des Landtages, die Redaktion) hat mir seine Karte gegeben und gesagt, dass er ihn unterstützen will. Wir Förderkinder werden sonst so abgestempelt. Auch wenn wir zum Beispiel mit dem Bus zur Berufsschule fahren. Ich finde das nicht gut. Wir machen doch auch richtige Arbeit. Ich muss auch am Wochenende arbeiten. Wenn wir Praktikum machen im Altenheim oder in einer Klinik, bekommen wir auch gute Beurteilungen. Hier im BBW wird uns nun mehr gezeigt und wir haben mehr Zeit. Die Schüler im Bus sagen: Ach, die vom Wittekindshof! Warum sollen die Förderschulen geschlossen werden? Es gibt doch uns Förderkinder! Frau Kraft hat jeden von uns reden lassen und wirklich zugehört. Es macht Spaß, solche Menschen kennen zu lernen. Wenn nächstes Mal wieder Hilfe nötig ist, mache ich das gerne!“ Anna-Lena Koke, 1. Ausbildungsjahr Beiköchin
Hannelore Kraft beim Wunschfototermin mit den Auszubildenden im Wittekindshofer KIZ Volmerdingsen: v.l. Hauswirtschaftsleiterin Bianka Nagel, Lisa Lockhausen, Anna-Lena Koke,
Klaus Schuhmacher
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Melissa Witkowski, Ilker Bayram und Gülistan Agushi
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Wittekindshof
Spezielle Förderermöglichkeit bei Autismus
Die grüne Karte: „Mama, ich möchte noch spielen!“ Was ist Autismus? Und was hat Autismus mit der Arbeit im Wittekindshof zu tun? Melanie Selberg, Diplom-Pädagogin und Expertin für diese Themen, weist zunächst auf die Vielfalt an Erscheinungsformen hin, die ihr bei ihrer beruflichen Befassung mit Autismus begegnen. „Wir sprechen heute besser von Autismus-Spektrum-Störungen – abgekürzt ASS – um das ganze Thema zu erfassen.“ Dabei sind die Diagnosen unterteilt in frühkindlichen Autismus, den atypischen Autismus und das Asperger-Syndrom. Allerdings gibt das noch keine Auskunft über den konkre-
„Autismus-Spektrum-Störungen führen dazu, dass das Miteinander erschwert wird. Jemand verhält sich anders als erwartet.“ ten Förderbedarf. Gemeint ist damit die Vielfalt möglicher Verhaltensweisen, die dazu führen können, dass das Miteinander in einer Gruppe oder einer Familie erschwert wird. „Wir leben in sozialen Kontexten, in denen bestimmte Verhaltensweisen vorausgesetzt werden“, sagt Melanie Selberg: „Häufig ist dieser Kontext für den Betroffenen aber nicht eindeutig – und dann verhält er sich anders, als man es in einer vermeintlich eindeutigen Situation erwarten würde. Dieses Verhalten führt häufig auch bei erfahrenen Mitarbeitern zu Ratlosigkeit – und bringt Eltern und Familienangehörige an ihre Grenzen.“
Besonders herausfordernde Verhaltensweisen oder scheinbare Teilnahmslosigkeit fordern die Mitmenschen stark. „Trotz langer Erfahrung, wir lernen noch dazu“ Intern, also innerhalb der Diakonischen Stiftung, gibt es die Autismusambulanz, wie sie derzeit besteht, seit ca. drei Jahren. „Die Erfahrungen in der praktischen Arbeit reichen allerdings weiter zurück, so dass ich persönlich hier schon auf zehn Jahre Berufserfahrung mit dem autistischen Spektrum komme“, bilanziert Melanie Selberg, um sogleich zu ergänzen: „Wir lernen aber immer noch dazu!“ Als Beispiel für eine Autismus-Spektrum-Störung, wie sie durchaus in einer Familie auftreten kann, beschreibt sie einen Vorgang aus ihrer Berufspraxis: „Es ist eine wiederkehrende Situation am Abend! Der Junge geht ungern ins Bett. Jeden Abend – ohne Ausnahme – fängt er an zu weinen, sobald die Mutter das Zimmer betritt. Bei Körperkontakt schlägt er nach ihr. Meistens verbringt die Mutter zwei Stunden damit, bis der Junge schläft.“ Wie kann eine Autismusambulanz in solch einer Situation helfen? „Hier wäre der erste Ansatz die teilnehmende Beobachtung durch erfahrene Mitarbeiter, eventuell auch mit Aufzeichnung einer Videosequenz. Daran schließt sich eine Analyse an: Was geht der geschilderten Situation voraus? Wie erfährt der Junge das Anliegen seiner Mutter? Versteht er überhaupt, was von ihm erwartet wird? Meint er
vielleicht, das Zu-Bett-gehen sei Teil seines Spielens? Vielleicht gelingt es aber auch der Mutter nicht, deutlich genug zu machen, welches Verhalten sie von ihrem Kind in dieser konkreten Situation erwartet.“ Verständnis und Fachwissen bringen weiter Ein Schritt in die richtige Richtung könnte das gegenseitige Verstehen sein. Dazu kann Fachwissen einen Beitrag leisten: Sobald die Mutter erkennt, dass ihr der Junge nicht wehtun will – sondern dass sein Schlagen in dieser Situation eine Form der Kommunikation darstellen kann – hat sie die Möglichkeit, gelassener darauf zu reagieren. Natürlich reicht Beratung allein nicht aus! Die Strukturierung und Visualisierung der Situation eröffnet beispielsweise weitergehende methodische Möglichkeiten. Im konkreten Fall stellt sich die Frage, wie man Zeit deutlich macht, wenn jemand die Uhr noch nicht kennt. Melanie Selberg und die anderen Mitarbeiter aus der Autismusambulanz könnten es beispielsweise mit Bildern versuchen, die das Zu-Bettgehen anzeigen, oder mit einer Sanduhr, die das Ende des Spielens markiert, sobald der Sand durchgelaufen ist. Aber auch der Junge könnte sein Befinden mit Hilfe von Symbolik verdeutlichen – etwa mit bunten Kommunikationskarten. Rot würde dann bedeuten: „Mama, ich bin soweit!“, während die grüne Farbe besagt: „Mama, jetzt noch nicht. Ich will noch spielen!“
Anke Marholdt
In einer Fachkonzeption sind die Grundzüge für die Beratung bei Autismus-Spektrum-Störungen verbindlich geregelt: ...
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... Danach steht immer die einzelne Person mit ihren individuellen Problemen im Mittelpunkt
Alles in allem habe man in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof mit den Möglichkeiten des TEACCH-Programmes langjährige und gute Erfahrungen. Die Abkürzung steht für „Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“, was auf Deutsch in etwa heißt: „Behandlung und pädagogische Förderung autistischer und in ähnlicher Weise kommunikationsbehinderter Kinder“. TEACCH ist die Methode, die sich bei der internen Unterstützung von Menschen mit ASS im Wittekindshof bewährt hat, so Melanie Selberg: „Ergänzend zu TEACCH nutzen wir ein breites Spektrum an weiteren verhaltenstherapeutischen Methoden.“ In der Wittekindshofer Autismusambulanz ist man sich bewusst darüber,
dass sich die intern gemachten Erfahrungen mitunter von externen Angeboten für Familien und externe Bezugsgruppen unterscheiden. Während intern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten werden, die abends alles hinter sich lassen können, hat die Zusammenarbeit mit externen Bezugspersonen ihre eigene Dynamik. „Dennoch wird intern wie extern mit einem systemischen Ansatz gearbeitet. Dabei ist es uns wichtig, dass unsere Arbeit im System des Betroffenen stattfindet. Wir fahren also ins häusliche Umfeld oder in Kindertagesstätten und Schulen.“ Die Grundzüge für die Beratung bei Autismus-Spektrum-Störungen sind in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof in einer Fachkonzeption verbindlich geregelt. Dort heißt es: „Ausgangs-
punkt aller Angebote für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen ist immer die einzelne Person mit ihren individuellen Problemen“. Ob und inwieweit Beratungsangebote erfolgreich gestaltet werden können, hängt aber nicht in erster Linie von Konzeptionen oder Methoden ab: „Entscheidend für das Gelingen ist jedoch letztlich die Kompetenz und die Bereitschaft aller an der Betreuung Beteiligten …“. Ergänzend zum Wittekindshofer Angebot der Interdisziplinären Frühförderung (IFF) ist es nun möglich, nach gesicherter Diagnose Kindern und Jugendlichen eine gezielte autismusspezifische Förderung auch ambulant anzubieten. Vernetzung und fachliche Weiterbildung sind also auch hier Stichworte, die das neue Angebot zur Regionalversorgung
im Kreis Minden-Lübbecke kennzeichnen. Damit dies weiter bekannt wird, werden seitens der Autismusambulanz auch Fortbildungsveranstaltungen angeboten. Das Thema hat öffentliches Interesse verdient.
Auskünfte zu den Aktivitäten der Autismusambulanz: Diakonische Stiftung Wittekindshof Therapeutische Dienste Dr.-Klevinghaus-Straße 17 32549 Bad Oeynhausen Telefon (0 57 34) 61-22 50 E-Mail-Adresse: praxis-therapiezentrum@wittekindshof.de
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Region West
Fünf Jahre Wittekindshof in Hamm und im Kreis Warendorf zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, hohe Arbeitslosigkeit und einen Strukturwandel nach Schließung aller vier Zechen aus. Der Wittekindshof hat deswegen schon früh eine türkischsprachige Mitarbeiterin angestellt und Informationsmaterial über das Ambulant Unterstützte Wohnen ins Türkische übersetzt. Mittlerweile arbeiten auch zwei Muslima im Team der ambulanten Angebote.
In Hamm fehlte es an Wohnangeboten für Kinder und Jugendliche.
Wohnangebote für Menschen mit geistiger Behinderung sind in Westfalen ungleich verteilt. Viele Teile des Ruhrgebietes sind unterversorgt, während in Kreisen und Städten, in denen große Komplexanbieter wie der Wittekindshof vertreten sind, überdurchschnittlich viele Angebote zu finden sind. „Der Ausbau ambulanter und wohnortnaher Angebote, die Wunschund Wahlfreiheit ermöglichen, sind zentrale Grundsätze in der Weiterentwicklung der Wittekindshofer Angebote“, erklärt Diakon Uwe Thünemann, Ressortleiter Wohnen und Regionalisierung.
„Wunsch- und Wahlfreiheit möglich zu machen, sind Grundsätze bei der Weiterentwicklung unserer Angebote.“ In Verhandlungen mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe wurde deswegen festgelegt, dass der Wittekindshof zukünftig neue Standorte in unterversorgten Regionen aufbaut. Dazu gehören auch Hamm und der Kreis Warendorf. Die Stadt Hamm
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Klinkenputzen und Netzwerkaufbau Klinkenputzen und Kontakte knüpfen in Schulen, auf Wochenmärkten und bei fachspezifischen Veranstaltungen waren erste Schritte, um einen neuen Wittekindshofer Standort aufzubauen. „Auf Initiative des Wittekindshofes haben in Hamm die rund zehn Träger der Eingliederungshilfe im April 2007 eine Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) mit Fachschwerpunkt Menschen mit geistiger Behinderung gegründet, die seitdem wichtige Netzwerkfunktion übernimmt“, erinnert sich die stellvertretende Geschäftsbereichsleitung Monika Hubert, eine erfahrene Mitarbeiterin aus dem Wittekindshof Gronau, die nach Hamm gewechselt ist und die Angebote fast von Anfang an mitentwickelt und aufgebaut hat. Trotz großer Kooperationsbereitschaft mit den vor Ort vorhandenen Diensten und Einrichtungen wurden in der Praxis quantitative und qualitative Grenzen deutlich. Beispielsweise war die Förderschule bereits überbelegt, als neue Schülerinnen und Schüler aus den Wittekindshofer Wohngruppen hinzu kamen. Vor allem für Kinder und Jugendliche mit intensiv herausforderndem Verhalten konnte die Schule kaum angemessene Rahmenbedingungen bieten. Die heilpädagogische und psychologische Begleitung wurde zunächst durch Spezialisten vor Ort wahrgenommen. Es hat sich aber ge-
zeigt, dass der hohe Bedarf nur durch zusätzliche Mitarbeiterqualifikation und einen eigenen Fachdienst sichergestellt werden kann. Ambulante Angebote Anfang 2006 wurden Räumlichkeiten für ein Kontakt- und Informationszentrum (KIZ) in zentraler Innenstadtlage gesucht. Im September 2006 konnte das KIZ in der Ostenallee eröffnet werden. Eine grundlegende Funktion des KIZ war die Förderung des Ambulant Unterstützten Wohnens. Für die ersten vier Klienten konnten noch 2006 Hilfeantragsverfahren eingeleitet werden. Mittlerweile nutzen 14 Frauen und Männer mit geistiger Behinderung und 18 Klientinnen und Klienten mit psychischer Behinderung das Ambulant Unterstützte Wohnen in Hamm/Warendorf. Aufgrund konkreter Nachfragen wurden 2008 erstmals die Begleitete Elternschaft und die Heilpädagogische Familienhilfe angeboten. Beides sind ambulante Angebote in Familien mit behinderten Kindern oder für Eltern mit Behinderung. Außerdem werden seit 2012 zwei Personen im Betreuten Wohnen in Gastfamilien unterstützt. Kontakt- und Informationszentrum Im KIZ wurden offene Treffpunkte, Bildungsangebote für Menschen mit Behinderung, Kurse, Gruppen sowie Beratung und Information angeboten. Das KIZ-Team hat sich bei den Ferienspielen der Stadt Hamm engagiert, daraus hat sich ein fester Treffpunkt für Kinder und Jugendliche mit Behinderung im KIZ entwickelt. Anfang 2012 haben wöchentlich 35 Personen an vier verschiedenen Angeboten im KIZ teilgenommen. Hinzu kommen Gastgruppen. Stationäre Wohnangebote für Kinder und Jugendliche Von Anfang an geplant war auch der Bau eines Wohnhauses. Als Zielgruppe waren zunächst Kinder, Jugendliche
Maik Meid
Wittekindshof
Das Wittekindshofer Wohnhaus in der Schumannstraße, bezogen im April 2010
und Erwachsene im Blick. Vor Ort ist deutlich geworden, dass vor allem für Kinder und Jugendliche Wohnangebote gesucht werden mussten, so dass das Angebot entsprechend angepasst wurde. Im Stadtteil Heesen wurde ein passendes Grundstück gefunden. Baubeginn war Ende Juni 2009. Der Grundstein wurde am 20. August gelegt. Dabei waren Kinder und Jugendliche aus dem Wohnhaus Schleswigstraße, von denen einige später in den Neubau umziehen sollten. Da dringend Wohnangebote für Kinder und Jugendliche mit Behinde-
rung gesucht wurden, wurden schon vor Baubeginn erste Gespräche mit der Hammer Gemeinnützigen Baugesellschaft geführt. In der Schleswigstraße konnte im Dezember 2008 und in der Schumannstraße im April 2010 jeweils ein frisch renoviertes Wohnhaus gemietet werden. Das Kinder- und Jugendhaus in der Schumannstraße ist ein Angebot der stationären Jugendhilfe, die übrigen Häuser bieten Unterstützung im Rahmen der Eingliederungshilfe – auch Kurzzeitwohnen ist möglich. Die Zielgruppen sind ähnlich: Kinder und Jugendliche mit Behinderung und in der Regel mit hohem Unterstützungsbedarf im sozialen Bereich. Nur gut vier Monate nach der Eröffnung des Wohnhauses Schumannstraße wurde Mitte August 2010 der Neubau in der Sulkshege bezogen. Die 24 Einzelzimmer sind in sechs Kleinstgruppen aufgeteilt. Eine Gruppe wird als Heilpädagogischer Intensivbereich (HPI) für Kinder und Jugendliche mit
intensiv herausforderndem Verhalten geführt; hinzu kommen zwei weitere HPI-Plätze in Regelwohngruppen. Fach- und Erfahrungswissen „Insbesondere die Arbeit im Heilpädagogischen Intensivbereich hat gezeigt, dass es nicht einfach ist, Fachwissen und Konzepte vom Gründungsgelände an neue Standorte zu exportieren. Je spezieller die Angebote, desto höher die Anforderungen und desto mehr Erfahrungswissen seitens unserer Mitarbeitenden und Kooperationspartner im pädagogischen, medizinischen, therapeutischen und psychologischen Bereich wird gebraucht“, erinnert sich Dr. Christina Heinrich, die ehemalige Leiterin des Fachdienstes und jetzige stellvertretende Ressortleiterin. Sie hat die Mitarbeitenden in Hamm intensiv geschult und begleitet, bis sich die Angebote stabilisiert hatten, und steht den Experten vor Ort bei Bedarf auch weiterhin beratend zur Seite.
Rückblick und Ausblick Anlässlich eines Gottesdienstes zum 5-jährigen Bestehen des Wittekindshofes Hamm/Warendorf erklärte Bürgermeisterin Ulrike Wäsche, die Mitglied im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration der Stadt Hamm ist, dass sich der Wittekindshof zu einer festen Größe entwickelt habe und insbesondere mit den Angeboten für Kinder und Jugendliche Versorgungslücken geschlossen worden sein. In der Planung für die nächsten Jahre liegen Schwerpunkte im Ausbau der ambulanten Angebote und fließender Übergänge zwischen verschiedenen Unterstützungsformen, aber auch die Weiterentwicklung des Kontaktund Informationszentrums als Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Behinderung.
Anke Marholdt
Fachwissen und Erfahrung sind die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Miteinander von Klienten und Mitarbeiterschaft.
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Wittekindshof
Kontakt- und Informationszentren
Ein Weg, der in eine inklusive Gesellschaft führt Das Leitmotiv Inklusion hat in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof einen hohen Stellenwert. Doch wo findet das heute bereits statt, dass Menschen mit und ohne Behinderungen einander ‚auf Augenhöhe’ begegnen können? Uwe Thünemann, Ressortleiter für Unterstütztes Wohnen, sieht dabei die Wittekindshofer Kontakt- und Informationszentren auf einem guten Weg. Für den „Durchblick“ stellte Klaus Schuhmacher die Fragen und erfuhr dabei, weshalb aus einem Wasserschaden vielleicht doch noch ein Glücksfall werden kann.
Durchblick: Herr Thünemann, die Kontakt- und Informationszentren (KIZ) der Diakonischen Stiftung haben sich zum festen Bestandteil Wittekindhofer Angebote entwickelt. Das jüngste Programmheft weist in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford sieben dieser Begegnungsstätten aus und umfasst 60 Seiten mit unterschiedlichen Veranstaltungen. Welche Grundidee stand denn am Beginn dieser Begegnungsangebote? Uwe Thünemann: Mit den Kontakt- und Informationszentren haben wir gleich mehrere Ziele verfolgt: Wir wollten damit den Prozess der Dezentralisierung von ambulanten und stationären Wohnangeboten in den Städten und Regionen unterstützen. Das sollte durch Begegnungsstätten geschehen, wo Menschen mit und ohne Behinderung einander treffen und ihre Freizeit gestalten können. Und dann wollten wir auch, dass dort Menschen mit und ohne Behinderungen bedarfsgerecht beraten
und informiert werden, wenn sie das möchten.
D: Gab es dafür Vorbilder, oder sind die Kontakt- und Informationszentren eine Wittekindshofer Erfindung? Th: Man kann dabei schon – und auch ein bisschen stolz – von einer Wittekindshofer Erfindung sprechen. Natürlich gab es in verschiedenen Einrichtungen schon eine ganze Anzahl klassischer Beratungsstätten. Doch wer geht schon in eine Beratungsstelle, wenn er seine Freizeit verbringen möchte? Wir haben uns bei den Planungen stark von den Wünschen der Klienten leiten lassen: Ein KIZ sollte einladend sein wie ein schönes Café oder eine gemütliche Kneipe! Es darf auf keinen Fall nach Behinderteneinrichtung aussehen! Schließlich will man seine Freundinnen und Freunde mitbringen und neue Menschen kennenlernen. Die Besucher möchten Spaß
Gemeinsamkeit wird im KIZ großgeschrieben: egal ob beim Fernsehen oder bei MitmachAngeboten, zu denen alle eingeladen sind.
haben und mit anderen etwas unternehmen. Und es sollte jemand da sein, der Information und Hilfen geben kann. All diese Überlegungen fließen ein, wenn ein KIZ aufgebaut wird – und das gelingt uns ziemlich gut, denke ich.
D: Zusammen mit der Westregion – also Gronau, Hamm und Herne – steht nun die Zahl zehn im Raum. Haben Sie mit dieser schnellen Entwicklung von Anfang an gerechnet? Th: Ich glaube, es hat sich am Anfang niemand vorstellen können, dass wir nach verhältnismäßig kurzer Zeit unser zehntes KIZ einweihen können. Aber nun ist das so – und das zeigt, dass diese Begegnungs- und Beratungsangebote eine wichtiger Baustein in der Wittekindshofer Angebotspalette für Menschen mit und ohne Behinderung sind.
Die zehn Kontakt- und Informationszentren der Diakonischen Stiftung Wittekindshof • Gronau/Westfalen, eröffnet 2005 • Bad Oeynhausen, eröffnet 2006 • Herne, eröffnet 2006 • Hamm, eröffnet 2006 • Enger, eröffnet 2007 • Vlotho, eröffnet 2008 • Lübbecke, eröffnet 2009 • Volmerdingsen, eröffnet 2009 • Minden, eröffnet 2011 (wegen Wasserschadens derzeit geschlossen) • Bünde, eröffnet 2011
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D: Gelingt dieses Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung wirklich? Oder sind die KIZ doch eher ein Treffpunkt für Menschen aus dem Wittekindshof? Th: Dazu möchte ich gerne mal aus dem Handlungsleitenden Bild der Stiftung zitieren: „Wir wollen den Mitgliedern der Gesellschaft konkrete Wege zeigen, wie sich die Gesellschaft für die Teilhabe (Inklusion) der Menschen mit Behinderung öffnen kann, beginnend mit der Einbeziehung in gesellschaftliche Aktivitäten und Institutionen. Hierzu machen wir auch Angebote, die Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam nutzen können.“ Bei attraktiven Veranstaltungen, wenn beispielsweise am Sonnabend die Bundesliga übertragen wird, gibt es oft keinen freien Platz mehr – und die Fans unterscheiden nicht zwischen behindert und nicht behindert. Da ist dann ein KIZ ein ganz konkreter Weg, der in eine inklusive Gesellschaft führt.
D: Wo sehen Sie denn künftig noch Bedarf für Nachbesserungen und neue Perspektiven? Th: Ich habe schon den Eindruck, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Umsetzung der KIZ-Idee genau hinhören, was denn die Wünsche der Menschen sind: was sie möchten und was nicht. Das gilt auch für die ständig erfolgende Weiterentwicklung. Konkreten Nachbesserungsbedarf sehen wir in den Kontakt- und Informationszentren in den Städten Hamm und Herne. Dort hat es in der jeweiligen Startphase noch etwas andere Schwerpunktsetzungen gegeben. Künftig soll es auch dort ein gastronomisches Angebot geben. Leider wird es dann mit dem Raumangebot recht eng. Aber wir halten schon Ausschau nach neuen attraktiven Standorten im innerstädtischen Bereich. Dort werden dann auch Räumlichkeiten für unsere Geschäftsstellen entstehen.
Anke Marholdt
Wittekindshof
Ein Café, in dem man ungestört spielen kann, was man möchte – auch Fußball auf dem Tisch.
D: Es war immer schwierig, eine langfristige Finanzierungsperspektive für die Kontakt- und Informationszentren zu erschließen. Ist es hier gelungen, die Refinanzierung dieser Arbeit zu sichern? Th: Die „Aktion Mensch“ hat im Rahmen ihres Förderprogrammes die Aufbauarbeit sehr unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar! Aber dieses Programm ist nun leider ausgelaufen. Die Arbeit bleibt jedoch auf solche Förder- und Unterstützungsprogramme
Verantwortet die KIZ-Idee: Ressortleiter Uwe Thünemann
angewiesen. Wir sind uns aber auch bewusst, dass eine solche Arbeit zurzeit nicht kostendeckend zu organisieren ist. So sind wir froh darüber, dass unsere Arbeit auch über Spenden finanziert wird. Dankbar sind wir aber auch für die Menschen, die unsere KIZ-Angebote ehrenamtlich unterstützen. Das ist eine gute Investition für eine inklusive Gesellschaft. D: In dem Kontakt- und Informationszentrum in Minden hat es Schwierigkeiten mit dem Mietobjekt gegeben. Wie geht es dort nun mit dieser Arbeit weiter? Th: Unser KIZ in Minden heißt ja „Café Klee“. Man könnte meinen, der Name hat uns kein Glück gebracht! Aber vielleicht wird der Wasserschaden am Ende doch noch zum Glücksfall? Wir haben nämlich in der Mindener Königstraße ein sehr attraktives neues Objekt gefunden. Und nicht nur das: Wir werden das KIZ künftig gemeinsam mit der Diakonie Stiftung Salem betreiben. Wir freuen uns schon auf die Zusammenarbeit mit diesem kompetenten Partner. Im Herbst geht es dann wieder los.
D: Es hat immer wieder den Versuch gegeben, andere soziale Gruppen an der Arbeit in den Kontakt- und Informationszentren zu beteiligen. Welche Synergien konnten damit erreicht werden? Th: Von "Versuchen" kann man eigentlich nicht sprechen. Die KIZ-Arbeit ist auch Netzwerkarbeit – und zwar generationenübergreifend. So sind aus Begegnungen Kooperationen entstan-
den, aus Kooperationen Freundschaften und Partnerschaften. Es sind Gruppen und Personen aus Kirche und Diakonie, aus der Politik, aus anderen sozialen Einrichtungen oder auch Vereine, mit denen wir direkt oder indirekt in diesen Kontexten zusammenarbeiten. Das geht vom PC-Kurs für Senioren über Fraktionssitzungen bis zu Kultur- und Vereinstreffen sowie Schul- oder Volkshochschulkursen. Ich schätze mal, dass man auf über hundert Gruppierungen kommt, wenn man alle auflisten wollte.
D: Wo geht die Reise der Wittekindshofer Kontakt- und Informationszentren in den nächsten Jahren hin? Th: Vielleicht haben wir dann einmal das Dutzend voll! Aber ich denke, dann ist die Diakonische Stiftung mit diesen Angeboten überall gut aufgestellt und vernetzt. Zurzeit bauen wir weitere Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen in den KIZen auf. Das geschieht mit Unterstützung unserer Werkstätten und Werkstätten anderer Träger, mit denen wir zusammen arbeiten. Es handelt sich dabei um sehr attraktive Arbeitsplätze, die bei den jungen Leuten sehr begehrt sind. Auf jeden Fall aber gehen wir den Weg in Richtung auf eine inklusive Gesellschaft mit unseren Kontakt- und Informationszentren konsequent weiter.
Typisch KIZ! Die Diakonische Stiftung Wittekindshof unterhält in verschiedenen Städten Kontakt- und Informationszentren (KIZ). Jedes KIZ hat seinen eigenen Charakter. Einige Merkmale treffen auf nahezu alle Standorte zu: • zentrale und gut erreichbare Lage • moderne und gemütliche Räume • Treffpunkt für Menschen mit und ohne Behinderungen • Imbiss und Getränke • Sportübertragungen auf Großbildleinwand • Freizeitangebote für Menschen mit Behinderungen (Kreatives Gestalten, Ausflüge, Spiele, Musik u.a.) • Bildungsangebote für Menschen mit Behinderungen • regelmäßige Gruppenangebote • Informationen und allgemeine Beratung zum Thema Behinderung
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Westfälische Pflegefamilie
„...da war ich mir sicher!“ „Geschafft, die Kinder sind aus dem Haus, haben eine gute Ausbildung und stehen auf eigenen Füßen. Jetzt können wir das Leben genießen.“ Volker Schneider kann sich noch sehr genau an dieses Gefühl erinnern und fing an, Pläne zu schmieden. Er gibt zu, dass es ihn damals genervt habe, als seine Frau von einem Pflegekind gesprochen hat. „Als unsere eigenen Kinder noch klein waren, war das schon einmal ein Thema. Aber man hört so viel über Pflegekinder… Wir hatten uns dagegen entschieden“, berichtet der selbständige Masseur. Vor gut einem Jahr ist er dann doch mit seiner Frau zum Jugendamt gegangen. „Ich wollte ihr
den Gefallen tun und war überzeugt, dass spätestens unser Alter ein Hinderungsgrund ist.“ Aber es kam ganz anders. „Die Mitarbeiterin vom Jugendamt hat uns von Anfang an die rosarote Brille abgenommen. Das hat mich absolut überzeugt. Sie hat nicht nur die schönen Seiten angesprochen, sondern auch Herausforderungen und Schwierigkeiten“, berichtet Volker Schneider, der sich nach mehreren Gesprächen immer besser vorstellen konnte, ein Kind aufzunehmen. Das Alter von Ehepaar Schneider war kein Problem: „Das Alter ist nur ein Kriterium. In diesem Fall haben wir eine Familie mit Erfahrung
gesucht, die auch bereit ist, den Kontakt zur leiblichen Mutter zu gestalten“, berichtet Kerstin Krohn, die in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof Westfälische Pflegefamilien auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet, vermittelt und später begleitet und berät. Im letzten September kam dann der Anruf vom Jugendamt: „Es hat sich gut angehört. Die leibliche Mutter wünscht sich selbst eine Pflegefamilie für ihren Sohn, weil sie erkannt hatte, dass sie ihrem Sohn nicht alles geben kann, was er braucht“, erinnert sich Volker Schneider. Beim Telefonat habe er dann doch zweimal schlucken müssen, als er hörte, dass das Kind behindert sei. „In der Vorbereitungsphase hatten wir die Frage nach einem behinderten Kind außen vor gelassen. Jetzt hat es sich angefühlt, als wenn
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Maurice hat bei Schneiders ein neues Zuhause gefunden: Zusammen sind sie eine Westfälische Pflegefamilie.
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man schwanger ist und erfährt, dass etwas mit dem Kind nicht in Ordnung ist“, berichtet Volker Schneider. Der Anruf vom Jugendamt kam direkt vor einer Urlaubswoche. Ehepaar Schneider hat die Zeit zum Reden auch mit Freunden und Bekannten genutzt. Bei der Vorstellung, ein behindertes Kind aufzunehmen, fühlten sich Schneiders überfordert. Deswegen hatten sie den Termin im Jugendamt zunächst abgesagt. Aber sie wollten den kleinen Jungen kennenlernen und sind trotzdem hingegangen. „Wir haben ein Bild von Maurice gesehen und mehr erfahren und dann doch einen Besuch verabredet. Als ich beim Aussteigen aus dem Auto zum ersten Mal seine Augen gesehen habe, war ich mir 102-prozentig sicher“, erinnert
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Machen Sie mit! sich der mittlerweile durch und durch überzeugte Pflegevater. Seit sieben Monaten lebt Maurice in seiner neuen Familie. Kurz bevor er dort ankam, hatte er gerade laufen gelernt. Das ist deutlich sicherer geworden. Seine Angst vor Wasser ist verschwunden. Auch beim Sprechen gibt es Fortschritte. „Das schönste ist, dass eine Beziehung wächst“, freut sich Christiane Schneider. Wie früher ihre eigenen Kinder fängt auch Maurice damit an, das Zähneputzen und Anziehen am liebsten alleine zu ma-
chen. Und Staubsaugen und andere Alltagsarbeiten möchte er genau wie die Großen erledigen. „Er ist unser Sonnenschein“, erklären Christiane und Volker Schneider, die die Entscheidung für Maurice nicht einen Tag bereut haben. Obwohl das Ehepaar viel Erfahrung mit Kindern hat, ist bei Maurice einiges anders. Sie sind deswegen froh, dass sie alles mit Kerstin Krohn besprechen und beraten können. Die Sozialpädagogin unterstützt auch die Kontakte zur leiblichen Mutter. „Vor kurzem haben wir zusam-
Familienpflege: Der Wittekindshof vermittelt Pflegekinder und begleitet Pflegefamilien, um Kindern und Jugendlichen mit Behinderung eine Alternative zu stationären Wohnangeboten zu bieten. Seit vielen Jahren bewährt sich das Betreute Wohnen in Gastfamilien für Erwachsene. Das Familienpflegeteam sucht weiterhin Familien, Paare und Einzelpersonen, die bereit sind, ein Pflegekind oder einen Gast aufzunehmen. Kontakt: Diakonische Stiftung Wittekindshof, Kerstin Krohn, Tel.: (05734) 61-1555, wpf@wittekindshof.de
men Maurices vierten Geburtstag gefeiert. Es war auch für die leibliche Mutter schön zu sehen, dass es ihrem Sohn gut geht“, erklärt Kerstin Krohn. Fragt man Volker Schneider, ob ihm nicht doch etwas von der erhofften Freiheit nach der Familienphase fehlt, ist die Antwort eindeutig: „Nichts fehlt mir. Wir geben viel, aber bekommen auch sehr viel durch Maurice geschenkt und freuen uns, dass unsere Familie und Freunde Maurice wie ein Familienmitglied annehmen.“
Informationsveranstaltungen: Das Familienpflegteam bietet Informationsveranstaltungen rund um das Thema Westfälische Pflegefamilien und Betreutes Wohnen in Gastfamilien an. Termine: Dienstag, 31. Juli und 4. September, jeweils 19 Uhr im Kontakt- und Informationszentrum Volmerdingsen, Zum Dorfplatz 2, 32549 Bad Oeynhausen.
Leserbrief
Ihre Meinung Mit Interesse habe ich den „Durchblick“ gelesen. Durch die Beiträge kann ich den Weg des Wittekindshofes zum Teil mit verfolgen. Besonders gut gefällt mir der Abschnitt: Was macht eigentlich ... ? Hier zeigen sich die Früchte der Inklusion, die allerdings damals noch nicht so hieß. Allein der gesunde Menschenverstand führte dazu, Max und Andrea diese Chance zu geben. Im Mittelteil vermisse ich jedoch einen Hinweis auf die offizielle Verabschiedung von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein Bild mit einem kurzen Text dazu kann doch
wohl nicht den redaktionellen Rahmen sprengen – oder sind es ehemalige Mitarbeiter nicht mehr wert, erwähnt zu werden? Brigitte Schaub, Bad Oeynhausen Danke für diesen gelungenen Durchblick! Der Geschäftsbereich 5 (Bethanien) gratuliert zu der letzten Ausgabe des „Durchblick“. Eine sehr gelungene und „fesselnde Aufmachung“, finden wir. Dieser Durchblick war in so manchen Gesprächen Thema – und die Resonanz nur positiv.
Wir finden, das hat ein dickes Lob verdient und freuen uns darüber hinaus auf die nächste Ausgabe. Im Auftrag der Geschäftsbereichsleitung und der Mitarbeitenden im Geschäftsbereich Wohnen 5. Christiane Hagemeier Wittekindshof, Volmerdingsen
Ihr Geschenk für eine alte Dame Am 2. Mai – so steht es in den Dokumenten – ist sie 125 Jahre alt geworden: die alte Dame Wittekindshof. Beim Jahresfest hat es deshalb eigens eine Ausstellung gegeben. Man konnte dabei vieles bestaunen, was es in alten Zeiten so gegeben hat. Ein Torfbett (aus Bethel geliehen. Danke!), altes Metallgeschirr, eine frühe Maschine zum Formen von Spekulatius, ein blauer Kittel, wie ihn die Brüder früher im Dienst trugen. „Das gibts ja gar nicht“, konnte man junge Besucher verwundert sagen hören. Und etliche Alte haben sich einfach nur erinnert und den anderen erzählt, was früher noch so alles anders war. Einige Mitarbeiter und Angehörige haben Briefe geschrieben und auf besondere Begebenheiten hingewiesen und Fotos mitgeschickt, die schon leicht gelblich waren wegen des hohen Alters. Kurzum – wir möchten es einfach noch mal probieren und laden Sie ein mitzumachen: Wenn Sie Erinnerungen an den Wittekindshof haben, schreiben Sie sie für uns auf. Auch vermeintliche Kleinigkeiten sind uns wichtig. Wenn Sie Fotos oder Gebrauchsgegenstände aus vergangenen Wittekindshofer Zeiten zur Verfügung haben, lassen Sie es uns bitte wissen. Die gute Resonanz auf die historische Bearbeitung der Wittekindshofer Geschichte, aber auch das beachtliche Interesse an der Ausstellung zeigen, wie groß das Interesse am Leben im Wittekindshof ist. Wenn Sie den Wittekindshof unterstützen und beschenken möchten: Diakonische Stiftung Wittekindshof Öffentlichkeitsarbeit Volmerdingsener Straße 149 32549 Bad Oeynhausen oeffentlichkeitsarbeit@wittekindshof.de
Wittekindshof
MAV
Christian Rüter ist neuer Vorsitzender sowohl der Wittekindshofer Mitarbeitervertretung in der Region Ost als auch der Gesamtmitarbeitervertretung der Diakonischen Stiftung. Die Neuwahlen waren erforderlich geworden, nachdem der bisherigen MAV-Vorsitzende, Diakon Dieter Thormann, zum neuen Abteilungsleiter des Personalwesens bestimmt worden war. Nachdem die Wahlen im Februar bzw. im März erfolgt waren, wurde zwischenzeitlich auch der Amtswechsel vollzogen: Seit Anfang Mai ist Christian Rüter in die Geschäftsstelle der Mitarbeitervertretung in der Pfarrer-KrekelerStraße 27 auf dem Gründungsgelände eingezogen, und Dieter Thormann ist, bedingt durch seine Tätigkeit als Leiter des Personalwesens, aus der Wittekindshofer MAV-Arbeit ausgeschieden. Christian Rüter, der neue Vorsitzende, ist 37 Jahre alt und in Bünde wohnhaft. In der Diakonischen Stiftung arbeitete er zuletzt als Bereichsleiter im Ambulant Unterstützten Wohnen im Geschäftsbereich Wohnen II (SoLe). Nach seiner Schulausbildung hat er zunächst den Beruf des Industriekaufmanns gelernt. Während seines Zivildienstes in der Jugend- und Drogenberatungsstelle in Herford wuchs sein Interesse an der sozialen Arbeit. Er
Verstorbene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Klientinnen und Klienten 9. Februar 9. März 13. März 21. März 30. März 6. April 9. April 15. April 18. April
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Christian Rüter: Telefon (0 57 34) 61–24 40 christian.rueter@wittekindshof.de MAV-Geschäftsstelle Telefon (0 57 34) 61-24 42
Heinrich Rüter Brigitte Seemund Monika Brocke Heinrich Benker Fabryona Saker Frank Hosefelder Silke Wachholz Daniel Ortkraß Ruth Pfingst
21. April 2. Mai 3. Mai 4. Mai 13. Mai 16. Mai 24. Mai 28. Mai 29. Mai
Karin Bergner Ruth Giesler Helene Hellmann Hauke Scholz Erika Trawny Gustav Otling Toni Mundt Heike Genz-Brouwer Wolfgang Hermichen
Stand: 31. Mai 2012
Wir trauern
wollte sich mit und für Menschen engagieren, die sich Beratung, Begleitung und Unterstützung wünschen. 2002 beendete er erfolgreich sein Studium zum Diplom-Sozialarbeiter an der Fachhochschule in Bielefeld. Nach fünfjähriger Berufstätigkeit als Schuldner- und Insolvenzberater bei der Diakonie in Bielefeld begann Rüter 2006 seine Arbeit im Sozialpädagogischen Dienst des Berufsbildungswerks der Diakonischen Stiftung Wittekindshof in Bad Oeynhausen. Im gleichen Jahr wechselte er als Teamleiter in das Stationäre Wohnen auf dem Wittekindshofer Gründungsgelände. Ab Oktober 2007 übernahm Rüter eine neue Leitungsaufgabe im Ambulant Unterstützten Wohnen. Er hat den Basiskurs Kirche und Diakonie absolviert und ist eingesegnetes Mitglied der Diakonischen Brüder- und Schwesternschaft. In die Mitarbeitervertretung wurde Christian Rüter erstmals im Jahr 2010 gewählt. Er wirkte dort besonders im Arbeitskreis Sozialarbeit und Gesundheit mit und brachte seine Fachkenntnisse im Sozialrecht und in der Beratungsarbeit in die MAV-Arbeit ein. Seine Motivation, mit der er damals zur Wahl anzutreten ist, gilt auch heute noch: Es ist ihm ein zentrales Anliegen,
privat
Christian Rüter ist neuer MAV-Vorsitzender
dass die Weiterentwicklung der Diakonischen Stiftung, die durch Begriffe wie Regionalisierung und Dekonzentrierung gekennzeichnet wird, einhergeht mit dem Erhalt und dem Ausbau positiver Arbeits- und Rahmenbedingungen für die gesamte Mitarbeiterschaft in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof: „Als freigestellter Mitarbeitervertreter sehe ich meine Tätigkeit wie ein Dienstleister an der Seite aller Kolleginnen und Kollegen. Die MAV arbeitet verschwiegen. Sie vertritt deutlich individuelle Belange im Interesse der Mitarbeiterschaft“, skizziert Rüter die Grundposition.
Personalentwicklung den Angebote am Vorwerk in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen sowie in Espelkamp und Rahden. Dr. Christina Heinrich ist stellvertretende Ressortleitung für die Angebotsfelder Bildung, Arbeit, Gesundheit und Region West (Kreis Borken). Dem Doppelressort 5/6 (Leitung: Diakon Reiner Breder) ist der Fachdienst zugeordnet, den die Diplom-Psychologin aufgebaut und bereits bisher geleitet hat. Zugeordnet sind ihr Angebote wie der Psychologische Dienst, die Kunst- und Musiktherapie, das Kunstatelier, das Therapeutische Reiten, das Interventionsteam und die Autismusambulanz.
Anke Marholdt
Seit März dieses Jahres werden die beiden Ressortleiter Diakon Reiner Breder und Diakon Uwe Thünemann, die den Großteil der personenbezogenen Wohn- und Unterstützungsangebote für Menschen mit und ohne Behinderung in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof verantworten, durch stellvertretende Ressortleitungen unterstützt: Im Ressort 3 „Unterstütztes Wohnen“ (Leitung: Diakon Uwe Thünemann) übernimmt der Betriebswirt und Diakon André Weber diese Aufgabe. Er war bisher Geschäftsbereichsleiter Wohnen VIII für die Wohnangebote und die Tagesstrukturieren-
Dr. Christina Heinrich
André Weber
Neue Geschäftsbereichsleitung in den Werkstätten Diakon Andreas Nettingsmeier, Diplom-Berufspädagoge, hat zum 1. April die neue Stelle der Geschäftsbereichsleitung Rehabilitation in den Werkstätten in Bad Oeynhausen, Löhne und Espelkamp übernommen. Er trägt die Fachverantwortung für die Arbeitsbereiche für Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung und die Eingliederungs- bzw. Berufswegeplanung. Nettingsmeier ist auch zuständig für die Personal- und Budgetentwicklung und die Angebots-
entwicklung in den Betriebsstätten in Espelkamp und Vorwerk in Volmerdingsen. Ein wichtiges Projekt wird die Öffnung der Wittekindshofer Werkstätten für Menschen mit schweren Behinderungen sein, die bisher an Tagesstrukturierenden Angeboten teilnehmen. Die Projektleitung hat Diakon Norbert Heider übernommen, seit April Bereichsleiter des neuen Arbeitsbereiches für Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung.
Jan Meyer
Gerd Sulewski
Marion Neuper
Veränderungen in den Geschäftsbereichsleitungen Wohnen Diakon Jan Meyer ist seit April neuer Leiter des Geschäftsbereiches Wohnen VIII und damit u.a. für die drei Wohnhäuser im Park von Schloss Benkhausen in Espelkamp und am Vorwerk in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen sowie die dazugehörenden Tagesstrukturierenden Angebote verantwortlich. Schwerpunkte bilden Wohnangebote für Menschen mit herausforderndem Verhalten und Autismus sowie Angebote im Heilpädagogischen Intensivbereich. Diakon Hartmut Wloka hat Ende vergangenen Jahres 2011 die Leitung des Geschäftsbereiches Wohnen X Hamm/Warendorf übernommen. Sein Nachfolger im Geschäftsbereich Wohnen V ist seit 1. Dezember Diakon Gerd Sulewski. Er ist verantwortlich für die Wohnhäuser Bethanien, Marien- und Lazarusheim und die dazu gehörenden Tagesstrukturierenden Angebote. Aus dem bisherigen Geschäftsbereich hat er den Ambulanten Pflegedienst und den Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienst mitgebracht. Neu im Team der Geschäftsbereichsleitung Wohnen V ist die Diplom-Pädagogin und Gesundheits- und Krankenpflegerin Inga Stobbe-Hoeft, die bereits während ihres Studiums im Geschäftsbereich von Gerd Sulewski gearbeitet hat. Sie hatte zuletzt eine Fachstabsstelle im Geschäftsbereich Wohnen VI inne, wo sie stellvertretende Geschäftsbereichsleitung war. In dieser Zeit hat sie einen Studiengang im Bereich der Gesundheitswissenschaften als Master of Public Health abgeschlossen. Ihre Nachfolgerin ist die Diplom-Pädagogin und Diakonin Janaa-Ann Schwennen.
Sie wird sich auch künftig besonders um die Sozialraum- und Angebotsentwicklung in Minden kümmern. Die neu zu besetzende Fachstabsstelle im Geschäftsbereich Wohnen VI mit dem Schwerpunkt der konzeptionellen Ausrichtung der stationären und ambulanten Wohnangebote in Bad Oeynhausen und Minden übernimmt die Diplom-Sozialpädagogin und Sozialbetriebswirtin Katrin Beining. Neue Geschäftsbereichsleitung Wohnen VII ist Marion Neuper. Die Diplom- Sozialarbeiterin verfügt über Qualifikationen in Mediation und im Management Sozialer Organisationen sowie über eine therapeutische Zusatzausbildung. Sie ist verantwortlich für die Wohnhäuser und die Tagesstrukturierenden Angebote am Langenhagen (Häuser Andreas, Simon und Tabea) sowie im Marthahaus. Marion Neuper bringt vielfältige Berufserfahrungen aus Leitungsfunktionen bei diakonischen und anderen freien Trägern sozialer Arbeit in ihre Tätigkeit ein. Neue Abteilungsleitung im Personalwesen Seit April ist Diakon Dieter Thormann Leiter der Abteilung Personalwesen. Zuvor war er 16 Jahre lang für die Arbeit in der Mitarbeitervertretung (MAV) freigestellt, deren Vorsitzender er war. Brigitte Trompka, bisherige Abteilungsleiterin, hat auf eigenen Wunsch andere Aufgaben im Personalwesen übernommen.
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Wittekindshof
aus der Region Gronau Werkstatt-Angebote werden ständig erweitert
Anke Marholdt
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Bünde Punkte und Streifen: Wie man einander näher kommt
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anganhaltender Applaus und eine Rose für alle Mitwirkenden waren der Lohn für sechsmonatige Probenarbeit. 56 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Bünde hatten während dieser Zeit das Musical „Tuishi Pamoja“ erarbeitet. Bei zwei öffentlichen Vorstellungen wurden sie dafür von über 800 Gästen gefeiert. Worum ging es? „Punkte und Streifen passen einfach nicht zusammen“, erklären die Giraffen im Musical und sind überzeugt, dass es am besten überhaupt keine Kontakte mit den Zebras geben sollte. Trotzdem zeigen das
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gestreifte Zebrajungtier Zea und die kleine gepunktete Giraffe Raffi schüchtern Interesse für einander. Die Eltern sehen das gar nicht gerne. Keine gute Basis für „Tuishi Pamoja“, was soviel bedeutet wie: „Wir wollen zusammen leben“. Doch als sich die Erdmännchen einmischen, kommen sie einander näher. Die Inhalte der Aufführung spiegelten sich auch in der Vorbereitung wider, an der viele junge Leute mit unterschiedlichem Alter und Hintergrund beteiligt waren. „Am Anfang war es komisch mit den Jugendlichen aus dem Wittekindshof. Die haben keine Angst und kommen manchmal ganz dicht heran, aber daran hat man sich gewöhnt“, berichtete ein Neuntklässler. Diakonin Dorothea Elges, bei der die Fäden zusammenliefen, be-
richtet, dass die Behinderungen ansonsten kein Thema bei den Proben waren: „Da ging es um Konzentration, Geduld bis zum nächsten Einsatz, das Auswendiglernen der Texte oder die Frage, ob auf der Bühne Kaugummi gekaut werden darf.“ Auf die Frage, ob das Musical „inklusiv“ sei, schmunzelt die Sozialpädagogin: „Es klingt modern, wenn man von Inklusion spricht. Wenn wir ehrlich sind, ist es ein integratives Projekt. Wir müssen noch viele Erfahrungen sammeln, bis Menschen mit und ohne Behinderung wirklich ganz selbstverständlich miteinander leben und wissen, wo sie voneinander profitieren und wie sie einander unterstützen können. Das Musical ist aber ein Mosaikstein auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.“
ie Wittekindshofer Werkstätten bieten in drei Betriebsstätten im Gronauer Westen insgesamt 255 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, darunter 42 Plätze im Berufsbildungsbereich. Die Werkstatt wurde 1975 gegründet, um Arbeitsmöglichkeiten für die Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Wittekindshofer Wohnbereich zu schaffen. Seit fünf Jahren sind die Wittekindshofer Werkstätten für das regionale Einzugsgebiet Gronau und Epe zuständig. Mittlerweile arbeiten 58 Frauen und Männer in den Wittekindshofer Werkstätten, die kein Wohnangebot des Wittekindshofes nutzen. Außer für externe Beschäftigte haben sich die Wittekindshofer Werkstätten Gronau seit 2010 auch für Menschen mit psychischer Behinderung geöffnet. Sie sind vor allem in der neuen Betriebsstätte Schürblick 2 im Arbeits- und Berufsbildungsbereich tätig sind. Eine weitere Öffnung ist gegenüber dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfolgt. Sowohl im Berufsbildungs- als auch im Arbeitsbereich sind Praktika in externen Betrieben und Einrichtungen möglich. Einige Beschäftigte bereiten sich durch entsprechende Fortund Weiterbildungen, Praktika und intensive Zusammenarbeit mit dem Integrationsfachdienst auf eine dauerhafte Tätigkeit auf einem betriebsintegrierten Arbeitsplatz der Wittekindshofer Werkstätten oder dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor.
Wittekindshof
Minden
Wittekindshofer Werkstätten
Dann bin ich zum Pastor gegangen
Berlin direkt
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us Anlass eines Nachtreffens Anfang Juni in den Räumen der Betriebsstätte Sonnenbrede der Wittekindshofer Werkstätten tauschten die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erlebnisse und Erfahrungen anlässlich einer Berlinreise aus. Mit dabei war auch der Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze, der die Gruppe im Oktober letzten Jahres nach Berlin eingeladen hatte. Der Aufenthalt war vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung organisiert worden. Neben einer Stadtrundfahrt durch die Bundeshauptstadt hatten auch Gespräche in Ministerien und Museumsbesuche zu der dreitägigen Veranstaltung gehört. Zu den Programmpunkten des Informationsbesuches zählte die Besichtigung des Reichstagsgebäudes, der Besuch einer Plenarsitzung und der Blick über die Hauptstadt von der Reichstagskuppel aus. Selbstverständlich hatte es sich MdB Schwartze nicht nehmen lassen, die Gäste aus den Wittekindshofer Werkstätten in Berlin zu begrüßen und ihnen die Parlamentsarbeit zu erklären. „Solche Bildungsreisen“, so Geschäftsbereichleiter Ulrich Hagemeier, „gehören immer wieder einmal zum Programm in den Wittekindshofer Werkstätten. Schließlich wird hier nicht nur gearbeitet. Es ist unser Auftrag, Menschen fortzubilden und in allen Lebensbereichen zu befähigen. Da haben wir uns natürlich sehr über die Einladung nach Berlin gefreut. Es ist ganz wichtig, dass die Beschäftigten,
kennt“, sagte Pfarrer Uwe Marczinzik dazu in seiner Laudation für den langjährigen Gemeinde-Mitarbeiter. Dass das Leben von Jochen Peter einen solchen Verlauf nehmen würde, war nicht unbedingt zu erwarten, als er sich vor bereits drei Jahrzehnten dazu entschloss, den Wittekindshof in Volmerdingsen zu verlassen, um nach Dankersen zu ziehen. Dort war er zunächst auf einem Hof als so genannter Pferdejunge beschäftigt. Aber das war auf Dauer nichts für ihn. „Als ich es nicht mehr ausgehalten habe, bin ich zum Pastor gegangen und habe gefragt, ob er nicht Arbeit für mich hat.“ Die gab es im Küsterdienst und so konnte sich Jochen Peter bestens bewähren. Wegen gesundheitlicher Probleme musste er im vergangenen Jahr deutlich kürzer treten und nun auch seinen Abschied nehmen. Die Diakonische Stiftung Wittekindshof hatte verschiedene Vorschläge gemacht, wie eine Unterstützung nach Beendigung der Tätigkeit als Küster in Dankersen aussehen könnte. Jochen Peter hat sich für das Ambulant Unterstützte Wohnen in Minden entschieden und dort bereits eine neue Wohnung in der Innenstadt bezogen. Seiner Kirchengemeinde in Dankersen will er auch weiter verbunden bleiben.
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m Ostermontag wurde Jochen Peter nach 30 Jahren Tätigkeit als Küster der evangelischen Kirchengemeinde Dankersen verabschiedet. Er hatte all das getan, was man von einem guten Küster erwartet: er hatte die Gemeinderäume für Gottesdienste vorbereitet, die Grünanlagen rund um das Gemeindezentrum und auf dem Friedhof gepflegt. Er hatte älteren Gemeindegliedern regelmäßig Kassettenaufnahmen von den Gottesdiensten gebracht und war für manche zu einem wichtigen Gesprächspartner geworden. Er engagierte sich im Kirchenchor und fiel mit einem beachtlichen Namensgedächtnis auf. „Vielleicht bist Du einer der letzten Dankerser Bürger, der noch alle Menschen in Dankersen
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aber auch die sie begleitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Plätze und vor allem die Atmosphäre einmal selbst erleben, die man sonst doch nur aus den Tagesthemen kennt.“ Besonders beeindruckend war für die ostwestfälischen Gäste eine Schifffahrt auf der Spree und später auch noch der Besuch der Gedenkstätte Berliner Mauer. An der Reise hatten neben Beschäftigten aus den Wittekindshofer Werkstätten auch Gäste aus den Herforder Werkstätten, den Lübbecker Werkstätten sowie der Diakonischen Werkstätten Minden teilgenommen.
Impressum Durchblick Zeitschrift der Diakonischen Stiftung Wittekindshof Herausgeber: Pfarrer Prof. Dr. Dierk Starnitzke, Theologischer Vorstand (v.i.S.d.P.) Redaktion: Klaus Schuhmacher Zur Kirche 2, 32549 Bad Oeynhausen klaus.schuhmacher@wittekindshof.de Texte: Die nicht namentlich gekennzeichneten Texte wurden erstellt von Anke Marholdt, Pressesprecherin, und Klaus Schuhmacher. Auswahl und Redaktion: Klaus Schuhmacher Layout: Wilfried Gandras, Hamburg Druck: Druckerei + Verlag Kurt Eilbracht GmbH & Co KG, Löhne Versand: Wiegmann GmbH, Petershagen Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung der Redaktion.
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Wittekindshof Fundraising
Ihre Spende bringt Farbe ins Leben Unsere Freunde und Förderer unterstützen die Arbeit der Diakonischen Stiftung Wittekindshof auf vielfältige Weise: mit Geld- und Sachspenden, Kollekten und Sammlungen, aber auch mit Erbschaften und Vermächtnissen. Im Jahr 2011 waren es insgesamt 306.894,22 Euro. Ihre Spende, ob groß oder klein, bereichert das Leben der Menschen mit Behinderungen und ermöglicht auch ungewöhnliche Angebote. Hier erzählen Menschen mit Behinderungen selbst, wie sie die Angebote und neuen Chancen erleben, die auch Ihre Spende ermöglicht hat:
Mitten im Umbau – die Wittekindshofer Werkstätten „Ich heiße Felix Bilbang und arbeite schon seit ungefähr fünf Jahren in der Küche in den Wittekindshofer Werkstätten in Volmerdingsen. So habe ich den ganzen Umbau hautnah und Tag für Tag miterlebt. Ich weiß, wie es vorher war, und habe die Veränderungen genau verfolgt: Alles ist jetzt viel geräumiger und schöner. Wir haben Platz zum Arbeiten und auch Platz, um in der Pause in der Sonne zu sitzen und andere Kollegen zu treffen. In der neuen Küche der WfbM haben wir jetzt eine Spülstraße, so dass wir das Geschirr viel schneller wieder sauber haben. Das ist richtig professionell, und es macht mir viel Spaß, in der Küche zu arbeiten. Am liebsten arbeite ich bei der Essensausgabe mit. Doch der Umbau ist noch nicht zu Ende, und der Baulärm wird uns wohl noch etwas begleiten. Aber ich freue mich, dass unser Arbeitsplatz schon so schön geworden ist.“
Nach dem Umzug ins neue Schulgebäude „Hey, ich bin Sonja Meier und Schülerin in der Berufspraxisstufe 3. Im vorigen Herbst sind wir in das neue Schulgebäude eingezogen. Im Unterricht und in der Pause hat sich viel verändert: Die B3 hat ein sehr schönes Klassenzimmer mit fünf Computern, auf denen wir mit Lernprogrammen für Rechnen, Lesen und Schreiben arbeiten. Für die große Pause gibt es jetzt einen Kiosk. Dort arbeite ich mit und verkaufe Getränke und Süßigkeiten, zusammen mit meinem Mitschüler Oliver Eikermann. Besonders mag ich es, anderen Schülern, die nicht alleine trinken und essen können, zu helfen und sie zu unterstützen. Doch am meisten freue ich mich immer auf den Gitarrenunterricht. Einmal in der Woche lernen wir hier sehr schöne Lieder, zum Beispiel von Peter Maffay und das Lied von Unheilig ,Geboren um zu leben‘. Dafür muss ich aber noch einige Akkorde üben.“
Dr. Clowns zu Besuch in der Kinderheimat „Hallo, ich heiße Roman Muchamedshin und lebe zusammen mit sechs anderen Kindern in einer Wohngruppe des Hauses Kinderheimat. Für mich ist es das Schönste, wenn einmal im Monat die Dr. Clowns zu Besuch kommen. Sie sehen sehr lustig aus und haben immer viele Überraschungen dabei wie Tröten, Seifenblasen, Papierschlangen und Musikinstrumente. Ich mag es, wenn die Clowns Gitarre spielen und dazu Kinderlieder singen. Von mir aus könnten uns die Clowns viel öfter besuchen.“
Felix Bilbang
Weitere Zahlen, Daten und Geschichten … … wie Ihre Spenden den Menschen mit Behinderungen in der Stiftung Wittekindshof ganz konkret zugutekamen, lesen Sie im Jahresspendenbericht für das Jahr 2011. Sie finden ihn als Beilage zu diesem „Durchblick“.
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Gerne schicken wir Ihnen bei Bedarf weitere Exemplare zu: Diakonische Stiftung Wittekindshof Spenderservice Volmerdingsener Str. 149, 32549 Bad Oeynhausen Tel.: 05734-61-1132 E-Mail: spenderservice@wittekindshof.de
Diakonische Stiftung Wittekindshof Spendenkonten: Volksbank Bad Oeynhausen-Herford BLZ: 494 900 70 Konto: 12 22 00 Stadtsparkasse Bad Oeynhausen BLZ 490 512 85 Konto: 12 22 00
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Sonja Meier
Anke Marholdt
Wittekindshof
Roman Muchamedshin
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J端rgen Escher
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Schenken Was macht eigentlich …
Was macht eigentlich … Erika von Loßnitzer?
„Ich geh gern spazieren, mache gerne weite Wanderungen. Erst am Café Klatsch entlang in die Landgrafenstraße, dann über die Losserstraße zur Oase – kennst Du die? – und dann an dem Flüsschen, an der Dinkel entlang. Da beobachte ich so gern die kleinen Enten, die schwimmen unter der Brücke her. Jetzt kommen auch Blumen, Sumpfdotterblumen, – kennst Du die? – die leuchten so schön gelb!“ Auf die Frage, ob sie mir erlaubt, etwas über ihre Person zu schreiben, kommt dieser lange Gedanke als Antwort aus einem übervollen Herzen. Ich erkläre noch, dass später vielleicht ein Artikel über sie in der Wittekindshofer Zeitung erscheint: „Nur für Gronau – oder auch in Volmerdingsen? Dann kommt da aber mal was Schönes rein!“ Was machen eigentlich diese oder jene Personen…? Was ist aus ihnen geworden? Manche leben selbständig in einer eigenen Wohnung. Einige leben jetzt in Gastfamilien oder werden ambulant betreut. Manche haben ge-
heiratet, manche sind aus dem Wittekindshofer Campus ausgezogen in die heimatnahen Regionen. Manche haben sogar einen Arbeitsplatz in einer „richtigen“ Firma bekommen. Dem Annaheim treu verbunden Erika von Loßnitzer begegnet mir als eine Frau, die heute noch im Annaheim lebt, wo sie vor vielen Jahren hingeschickt wurde. Danach hat sie sich jedes Mal ganz bewusst dafür entschieden, dort zu bleiben, wenn sie ein Angebot für ein Leben in einer anderen Wohnform bekam. Was ist sie für ein Mensch? Was hat sie bewogen, in einem Umfeld zu bleiben, welches sich um sie herum stark veränderte? Mit Stolz in der Stimme erzählt sie, dass sie im vorigen Jahr 80 Jahre alt geworden ist und auch noch 60-jähriges Jubiläum feiern durfte. „Tante Thea, die jüngste von fünf Schwestern meiner Mutti, hat hier in der Nähe in Coesfeld gewohnt. Sie ist sogar 94 geworden! Und ich habe schöne Erinne-
rungen an Urlaube mit Tante Ilse. Die hat mich immer mitgenommen – nach Alassio und Venedig, an die Nordsee und Ostsee, in den Schwarzwald…!“ Im Alter von 20 Jahren kam Erika von Loßnitzer am 28. Dezember 1951 in den Wittekindshof. Sie weiß das Datum noch genau: „Ich wollte eigentlich bei Tante Marianne in Lingen bleiben, aber wir hatten im November ein Gespräch mit Pastor Klevinghaus. Und er meinte, es wären im Moment alle Plätze belegt. So konnte ich erst im Dezember in der Aufnahmestation im Marienheim einziehen.“ Gearbeitet hat sie im großen Schwestern-Speisesaal im Marthahaus in Volmerdingsen. „Da waren wir Serviermädchen und mussten das Essen auftragen und den Saal schön sauber und in Ordnung halten. Ich war auch noch in der Schulstation zum Helfen bei Schwester Henny.“ Nach 21 Jahren in der Haupteinrichtung wurde Frau von Loßnitzer 1972, eine Woche vor ihrem Geburtstag im Juni, nach Gronau geholt. Sie lebte und
Erika von Loßnitzer weiß viel zu erzählen. Seit 1951 lebt sie in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof; seit 1972 ist sie im Gronauer Annaheim Zuhause.
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arbeitete dann im alten Annaheim. Dort gab es zu der Zeit noch Schlafsäle. “Ich habe immer Hausarbeiten gemacht: im Haus der Diakonissen geputzt – auch in der Nähstube gearbeitet – und Fenster geputzt. Mit einer ganz hohen Leiter!“ Seit Mitte der 90er Jahre lebt Erika von Loßnitzer im neu erbauten Annaheim in einem Einzelzimmer in einer Wohngruppe zusammen mit 12 weiteren Männern und Frauen. Alle sind äußerst unterschiedlich in ihren Möglichkeiten zu kommunizieren, in ihren verschiedenen Arten der geistigen und körperlichen Einschränkungen, in ihrem Unterstützungsbedarf. „Ich wollte immer da bleiben, wo ich bin ... mit meinen ganzen Schätzen, mit allem Trubel. Guck mal, ich fühl mich da wohl! Ich kenn’ da doch alle die lieben Mitarbeiter. Die haben mir ein Zimmer angeboten und gesagt: ‚Guck mal, Erika, da hast du Dein eigenes Badezimmer und Deine eigene Toilette‘. Was soll ich damit? Das habe ich doch hier auch – ich teile es zwar mit Irmgard und Jutta, aber das sind doch zwei so liebe Personen!“ „Ich frühstücke in meinem Zimmer. Mittagessen und Abendbrot kann ich auch dort bekommen. Manchmal esse ich auch in der Gruppe mit, dann freut sich meine Freundin Jutta. Ich kann das so machen, wie ich das möchte!“ Den Tag verbringt sie mit Spaziergängen in der näheren Umgebung und Besuchen verschiedener Personen – zum Beispiel im Sekretariat: „Alles meine Freundinnen!“ „Stille Lieben“, fügt sie verschmitzt hinzu. „Ich erkundige mich, wie es ihnen geht und höre
Was macht eigentlich Schenken …
dann die schönsten Geschichten! Mal vom Urlaub im Schnee … und schon ist da wieder etwas zum Freuen. Ich guck auch mal Fernsehen (sie besitzt ein winziges Gerät – älteres Modell!) – keine Krimis – aber gern etwas über schöne Landschaften und Gärten.“ Rege Korrespondenz mit vielen Personen Frau von Loßnitzer erzählt voller Begeisterung von ihrer Teilnahme an verschiedenen Angeboten: “ Wir üben mit unserer Tanzgruppe (sie ist dort treues Mitglied seit fast 30 Jahren) für einen Auftritt in der Stadt.“ Alle 14 Tage verbringt sie den Samstagvormittag im Café Klatsch. Dann werden dort Märchen vorgelesen oder Märchenfilme gezeigt. Singen im Chor bereitet ihr besonders viel Freude, viele Volks- und Kirchenlieder kann sie auswendig. Erika von Loßnitzer führt eine rege Korrespondenz mit vielen Personen: mit der Verwandtschaft, mit ehemaligen Mitarbeiterinnen, Freundinnen, Urlaubsbekanntschaften. Darum sind bei ihr Geschenke in Form von Briefpapier und Briefmarken immer angebracht. „Von Anfang an war Monika B. meine Freundin. Sie war so geschickt mit den Fingern, hat so schön gebastelt und gehäkelt und für meine Puppen wunderschöne Kleider gemacht.“ Sie waren einander treue Freundinnen. In jüngeren Jahren gab es noch den Freund Karl-Heinz, aber als sie merkte, dass ihre Zeit und Kraft nur für eine Person reicht, blieb sie der Freundin verbunden und trennte sich von ihm. Ihre Treue reichte bis zum Tod. Als Monika B. schwer krank wurde und
Maik Meid
Zielsetzung der Diakonischen Stiftung bungen sollen erprobt und erweitert der Wandel spürbar. Es entstanden mehr Wittekindshof ist ein möglichst breites werden. Stationäre Wohnangebote mit Freiräume: Mitsprache und individuelle Spektrum unterschiedlicher ambulant klar erkennbarer Gruppenstruktur und Gestaltungsoptionen und nicht zuletzt und stationär unterstützter Wohnange- vergleichsweise festen Abläufen stehen mehr Rückzugsmöglichkeiten tragen bote. Sie bilden die feste Basis, um ein diesen Zielvorgaben nicht entgegen. entscheidend dazu bei, dass auch in der möglichst selbstbestimmtes Leben füh- Auch sie können eine angemessene stationären Gruppe die individuelle Leren zu können. Fähigkeiten und Bega- Wahl sein. Auch hier ist ein tief greifen- bensgestaltung im Vordergrund steht.
Intensive Kommunikation mit vielen Menschen, an vielen Orten ist ihr Lebenselixier – hier im Gespräch mit Ella Buresch.
viele Jahre als Pflegefall im Rollstuhl verbrachte, verging nicht ein Tag, ohne dass sie Besuch von Erika bekam. Kürzlich verstarb die Freundin. In unseren gemeinsamen Gesprächen durchlebt Erika von Loßnitzer immer wieder die letzten Minuten, die sie gemeinsam mit ihrer Freundin verbrachte, ehe diese (wie so oft in der letzten Zeit) ins Krankenhaus gebracht wurde: „,Atme ruhig ... ein … aus … stirb nicht, mein Mäuschen. Und dann habe ich ihren Puls gefühlt.“ Die Mitarbeiterinnen hatten sich große Sorgen gemacht: Wie würde Erika, deren Lebensinhalt diese
Freundschaft ausmachte, diesen Verlust verkraften? Nach der Beerdigung brachte sie aber nur ihre Bewunderung für Gottes wunderschöne Natur zum Ausdruck und freute sich an den ersten Frühlingsboten auf dem Friedhof: „Der liebe Gott wird schon alles richtig machen.“ „Ich gehe gern in die Kirche oder sehe einen Gottesdienst im Fernsehen. … Früher, da hieß es: ‚Erika, geh Du mit Vati in die Kirche‘… und so ist es geblieben.“ Tief im Glauben verwurzelt, vertraut sie Gottes Wegen. Ich denke, mit diesem Vertrauen weiß sie sich geborgen in Gottes Hand. Sie strahlt
dieses Wissen aus, in ihrem Lächeln und ihrer Freundlichkeit zu anderen Menschen. – Und beharrlich besteht sie darauf, im Annaheim zu bleiben, wo Gottes Wege sie vor mehr als 40 Jahren hingeführt haben, wo sie sich sicher und aufgehoben fühlt und wo sie ein selbstbestimmtes Leben führen kann in einem Rahmen, der für sie passt! Ihre Eindrücke aus den Gesprächen mit Erika von Loßnitzer fasste Diakonin Margarete Grimm zusammen. Sie ist als Mitarbeiterin Fachstab mit wohnübergreifenden Aufgaben im Wittekindshof Gronau.
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Blick zurück
Die ersten Ärzte des Wittekindshofes
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Die medizinische Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner des Wittekindshofes übernahm in den ersten Jahren der angesehene Bad Oeynhausener Arzt Dr. Friedrich Huchzermeyer (18441926). Leider ist über seine Tätigkeit im Wittekindshof nur sehr wenig bekannt. Wahrscheinlich wird Dr. Huchzermeyer nur auf Anforderung von Bad Oeynhausen in den Wittekindshof gekommen sein. Dr. Huchzermeyer war seit Zusammentreten der ersten Wittekindshofer Generalversammlung 1890 Mitglied dieses Gremiums. Auch nachdem er seine Tätigkeit im Wittekindshof beendet hatte, blieb er dem Wittekindshof verbunden, denn auch nach Beendigung seiner Tätigkeit als Hausarzt des Wittekindshofes blieb er bis etwa 1920 Mitglied der Generalversammlung. Da er letztlich wohl pflegebedürftig wurde, kam er schließlich in den Wittekindhof und verstarb dort 1926.
hatte. Das hatte den großen Vorteil, dass der Weg zwischen der Praxis und der Einrichtung nicht mehr so weit war. Die ständig steigende Zahl der Wittekindshofer Patienten hatte zur Folge, dass auch die jährliche Vergütung von Dr. Wellmer beständig gesteigert wurde. Die immer vielfältigeren Aufgaben führten dazu, dass Dr. Wellmer für sich eine leitende Position im Wittekindshof beanspruchte. Dies führte allerdings zu einem getrübten Verhältnis zwischen ihm und dem damals noch nebenamtlichen Anstaltsleiter, Pfarrer Hermann Krekeler. So kam es schon 1895 zu Streitigkeiten. Es fing damit an, dass eine Stadtverwaltung das Ausfüllen von drei Formularen für einen Pflegegeldfall forderte. Dr. Wellmer weigerte sich, dem nachzukommen, da er meinte, in einem formlosen Papier bereits alles Notwendige gesagt zu haben. Daraufhin wurde Hermann Krekeler grundsätzlich: Als „Hausarzt der Anstalt“ sei
Die ersten Ärzte des Wittekindshofes: Sanitätsrat Dr. med. Friedrich Huchzermeyer (1844–1926) aus Bad Oeynhausen, Hausarzt des Wittekindshofes 1887–1892 Dr. med. Rudolf Wellmer (1863–1944) aus Bergkirchen, Hausarzt des Wittekindshofes 1892–1907 Stabsarzt a. D. und Sanitätsrat Dr. med. Ferdinand Dieckmann (1868–1931), erster hauptamtlicher Arzt des Wittekindshofes 1907–1928, von 1920 an leitender Arzt des Wittekindshofes
Nachdem Dr. Huchzermeyer 1892 sein Amt als Hausarzt niederlegt hatte, übernahm dieses Dr. Rudolf Wellmer (1863–1944) aus Bergkirchen, der dort gerade eine eigene Praxis eröffnet
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Dr. Wellmer nicht berechtigt, diese Leistung zu verweigern. „Das Patronat [der Vorstand] und in erster Linie ich haben die Vertretung der Anstalt nach Außen“, wies Krekeler den Arzt zurecht
und drohte als Konsequenz an, dass bei weiterer „Zurückweisung meines Gesuchs unser Verhältnis als gelöst“ anzusehen sei. Dr. Wellmer beschwerte sich darauf beim Patronatsvorsitzenden, Pfarrer Eberhard Delius aus Valdorf. Kein Platz für den Arzt im Patronat Unter anderem wollte er erreichen, dass sein Verhältnis als Anstaltsarzt zu Pfarrer Krekeler so festzulegen sei, dass er nicht unter, sondern neben ihm stehe und seine Position so zu gestalten sei, dass es gegen ärztliche Anordnungen keinen Widerspruch geben könne. Krekeler wandte sich daraufhin ebenfalls an Delius und schrieb ihm, dass die Hausvorstände Angst vor einer größeren Machtbefugnis Wellmers hätten, da dieser sehr herrisch auftrete. Von einer Mitgliedschaft Dr. Wellmers im Vorstand riet er ab. Delius wandte sich nun an seinen Stellvertreter im Vorstand, Pastor Adolf Prieß aus Bergkirchen, und bat ihn, Dr. Wellmer zu beschwichtigen. Delius stand deutlich auf Seiten Krekelers, was sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die im Sommer 1895 folgende Generalversammlung auswirkte. Sie beschloss, dass Pfarrer Hermann Krekeler hauptamtlicher Anstaltsgeistlicher und Anstaltsleiter werden sollte. Dr. Wellmer wurde zum Mitglied der Generalversammlung gewählt und als Mitglied des Ortsvorstandes empfohlen. Zu den Sitzungen sollte er in besonderen Fällen eingeladen werden. Damit hatte Dr. Wellmer wenig erreicht, da seine neue Mitgliedschaft bzw. empfohlene Mitgliedschaft mit
wenigen praktischen Kompetenzen versehen war. Der von ihm angestrebte Sitz im Wittekindshofer Patronat, vergleichbar mit dem heutigen Stiftungsrat, blieb ihm verwehrt. Ein weiterer Beschluss der Generalversammlung 1895 legte fest, dass Dr. Wellmer „in jeder Woche wenigstens einmal die Anstalt besucht“, was einen Hinweis auf die Intensität der Arbeit bis 1895 gibt. Bis dahin war der Arzt wohl eher unregelmäßig und nur bei akutem Bedarf gekommen. Daneben hatte er ärztliche Jahresberichte zu verfassen. Auch wurde ihm aufgegeben, die Angestellten mit ihren Familien medizinisch zu versorgen, Atteste auszustellen und Krankenpflegeunterricht zu erteilen. Die Diskussion um Stellung und Arbeitsbedingungen war Mitte 1895 aber noch längst nicht beendet. Sie fand nunmehr nur auf einer anderen Ebene statt – nicht ohne Konsequenzen auch für Wittekindshof. Schon um 1890 war es bereits in anderen Einrichtungen zu Auseinandersetzungen unter Ärzten, Pädagogen und Geistlichen gekommen, die Ende 1895 schließlich zu verschärften gesetzlichen Regelungen führten. Im Juni des Jahres waren skandalöse Umstände der Betreuung behinderter Menschen im Kloster Mariaberg bekannt geworden. In der Fachpresse wurde dafür eindeutig „das falsche Princip derartiger Anstalten, die unter ‚geistlicher Oberleitung‘ stehen, mit Ärzten, die im ‚Nebenamt‘ ihrer Pflicht nicht genügen können“, verantwortlich gemacht. Auch Krekeler beteiligte sich an dieser Diskussion und geriet dadurch selber in die Kritik.
Blick zurück
Dr. Rudolf Wellmer baute 1897 in Bergkirchen in der Wellenstraße sein Wohnhaus, in dem auch seine Praxis untergebracht war. Dort verstarb er 1944. Dieses Haus mietete der Wittekindshof von 1952 bis 1971 an, um dort eine Frauenstation unterzubringen. Zu Ehren von Dr. Wellmer nannte es der Wittekindshof „Dr-Rudolf-Wellmer-Haus“.
Die gesetzlichen Regelungen betrafen unter anderem die Anstellung hauptamtlicher Ärzte, stärkere Kontrolle durch Besuchskommissionen der königlichen Regierung, genauere Führung von Krankenblättern und anderen ärztlichen Unterlagen sowie die Ausstattung von Räumen. Dr. Wellmers Stellung war durch die Vorgänge nach der Generalversammlung, aber auch durch die gesetzlichen Regelungen sicherlich gewichtiger geworden. Praktisch änderte sich für ihn jedoch wenig, er blieb weiterhin Hausarzt. Königliche Regierung bemängelt die ärztliche Versorgung Zwar steigerten sich auch in den Folgejahren seine Aufwandsentschädigungen weiter, aber von ihm gemachte Verbesserungsvorschläge wurden abgelehnt. Zugleich kam es auch zu Beanstandungen der ärztlichen Versorgung durch die königliche Regierung. So hieß es um 1900, „die regelmäßigen Untersuchungen der Anstaltspfleglinge, sowie die Führung der Krankengeschichten sei ungenügend“. Die weiteren Erhöhungen von Anforderungen seitens der Regierung sowie das Wachstum der Anstalt machten die Schaffung einer Stelle eines hauptamtlichen Anstaltsarztes immer dringlicher. Der Vorstand versuchte jedoch, diese Anstellung solange wie möglich zu verschieben. 1904 wurden Dr. Wellmer schließlich 3000 Mark pro Jahr zugestanden, „damit er in den Stand gesetzt wird, seine Privatpraxis einzuschränken“. So wurde die Forderung nach Festeinstellung eines Arztes wiederum verzögert.
Erst 1906 bekam er die bereits vier Jahre zuvor erwarteten 3600 Mark. Die Unzufriedenheit mit dieser Entwicklung, aber auch andere ihn verletzende Vorkommnisse waren ausschlaggebend für die Kündigung durch Dr. Rudolf Wellmer im Jahr 1907. Danach konzentrierte er sich auf seine Praxis in Bergkirchen. Letztlich waren aber auch die Anforderungen an die medizinische Betreuung der Menschen im Wittekindshof so gestiegen, dass diese nur von einem hauptamtlichen Anstaltsarzt versehen werden konnten. Dies wurde auch nach einem Besuch einer Kommission der Bezirksregierung im November 1906 gefordert. Durch das getrübte Verhältnis zu Dr. Wellmer sah die Leitung der Einrichtung davon ab, ihm diese Stelle anzubieten. Allein die Bewohneranzahl hatte sich in der Dienstzeit Dr. Wellmers von etwa 100 auf über 500 gesteigert. 1907, also zwanzig Jahre nach der Gründung, erhielt der Wittekindshof mit Dr. Ferdinand Dieckmann (18681931) seinen ersten hauptamtlichen Arzt. Während seiner Amtzeit professionalisierte sich die ärztliche Arbeit auf dem Wittekindshof weiter und vergrößerte sich zudem. 1920 wurde eine weitere Arztstelle eingerichtet, so dass Dr. Dieckmann leitender Arzt des Wittekindshofes wurde. 1928, kurz vor Vollendung des Krankenhauses Bethanien, trat Dr. Dieckmann aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand. Damals lebten bereits mehr als tausend Menschen im Wittekindshof. 1931 verstarb er in Berlin. Michael Spehr, Archiv Wittekindshof
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Schenken Einblick
J端rgen Escher
(K)eine andere Welt
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Einblick
Meinen ersten bewussten Kontakt mit der Diakonischen Stiftung Wittekindshof hatte ich genau vor vier Jahren – sechs Jahre nach meiner Praxiseröffnung. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich schon zehn Jahre in Bad Oeynhausen. Zuvor hatte ich mich noch nicht näher mit dieser Einrichtung und ihren Menschen auseinander gesetzt.
Sie lachen, winken, sprechen einen an, haben keinerlei Hemmungen und – das finde ich das Schöne – sie wirken in keiner Weise distanzlos. Sie sind hier ganz offenbar zu Hause! Damals wurde mir die ärztliche Betreuung von Menschen mit Behinderung aus dem Bereich SoLe (Selbstbestimmte offene Lebensräume, Anm. d. Red.) angeboten: aufregend und spannend zugleich, denn eigentlich wusste ich nicht genau, was auf mich zukam. Die Erfahrungen, die ich bis dahin mit Menschen mit Behinderung hatte, lagen ausschließlich im medizinischen Bereich und hatten sich oftmals schwierig gestaltet. Schwierig allein deswegen, weil gerade Menschen mit Behinderung nicht immer in der Lage sind, ihre Beschwerden adäquat äußern zu können. Die Gefahr sah ich darin, ihnen nicht immer gerecht werden zu können. Mitunter hatte mich auch ihr Verhalten etwas verunsichert. Zurzeit betreue ich über 100 Patientinnen und Patienten aus der Diakonischen Stiftung Wittekindshof. Auch wenn es nicht immer einfach ist, sind diese Menschen mit ihrem Verhalten eine Bereicherung: Das Unbeschwerte, das In-Sich-GlücklichSein und die Dankbarkeit sind immer gegenwärtig. Seit fast einem Jahr habe ich neben dem SoLe-Bereich innerhalb des Wittekindshofes zusätzlich noch die Bereiche Sonnenbrede und Marienheim übernehmen können. Wieder entstanden neue Eindrücke und trotz der körperlichen und geistigen Behinderungen wieder das gleiche Erleben: Diese Menschen sind glücklich. Zum Glück! Diese Menschen nehmen selbstverständlich, geben aber genauso selbstverständlich: eine Eigenschaft, die ich in der „normalen Welt“ häufig vermisse. In dem Moment, wo ich auf den Wittekindshof fahre, empfinde ich, dass ich eben in eine etwas „andere Welt“ komme: Bewohnerinnen und Bewohner mit und ohne Rollator, Rollstuhl oder in Begleitung zeigen sich überall auf den Straßen und Wiesen. Sie lachen, winken, sprechen einen an, haben keinerlei Hemmungen und – das finde ich das Schöne – sie wirken in keiner Weise distanzlos. Sie sind hier ganz offenbar zu Hause! Vergleiche ich die Bewohner des SoLe-Bereichs, die ja meistens in Wohnungen in der Stadt leben, mit den Menschen, die innerhalb des Wittekindshofs leben, stelle ich mir manchmal die Frage: „Wer von diesen beiden Gruppen ist hier eigentlich glücklicher?“
Die Bewohner innerhalb des Wittekindshofs leben gut versorgt in ihrer Welt. Bewohner aus dem SoLe-Bereich kommen tagtäglich mit Menschen ohne Behinderung zusammen. Oftmals finden sie wenig Verständnis, auch wenn das meistens nicht ausgesprochen wird. Ich erlebe Menschen mit Behinderung in diesem Punkt als sehr empfindsam. Sie verinnerlichen sehr genau, wenn sie nicht akzeptiert oder respektiert werden. Ich denke, keiner von uns lässt sich gerne belächeln! Dürfen wir ihnen das, wo wir uns für sie verantwortlich fühlen, zumuten? Ein anderes Beispiel: Eine Bewohnerin, die in Bad Oeynhausen in der Stadt lebt, sehe ich häufig bei schönem Wetter alleine spazieren gehen. Sie schaut keinen an, sie läuft über den Asphalt, einfach so vor sich hin. Auf dem Wittekindshofer Gelände hätte sie vielleicht ganz andere Möglichkeiten. Allerdings: Beschwert hat sie sich bis heute nicht, vielleicht empfinde nur ich das? Auf jeden Fall empfinde ich in diesem Moment so etwas wie Mitleid. Andererseits gibt es eine große Anzahl von Bewohnerinnen und Bewohnern im SoLe-Bereich, die offenkundig sehr gut in und mit ihrer Umgebung klar kommen und sich dort wohl fühlen. Unzweifelhaft bedeutet das eine Steigerung ihrer Lebensqualität. Trotzdem sollten wir gut überlegen, wer wo wohnt. Mein Eindruck ist es, dass das Gründungsgelände des Wittekindshofes ein guter Lebensraum für solche Menschen mit Behinderung ist, die sich damit schwer tun, Gefahren für sich alleine abzuschätzen. Eine besondere Herausforderung ist es für mich als Palliativmedizinerin (Palliativmedizin bedeutet die Behandlung von Menschen, deren Erkrankung weit fortgeschritten ist, weiter rasch fortschreitet und deren Heilung nicht mehr möglich ist, Anm. d. Red.), schwerstkranke Menschen innerhalb des Wittekindshofes zu betreuen. Dabei musste ich lernen, dass dies im medizinischen Bereich völliges Neuland ist. So sehr die palliative, also die symptomorientierte Behandlung für Menschen ohne Behinderung in der Gesellschaft akzeptiert ist, ist sie in der Behindertenmedizin noch ein seltenes Thema. Denn hier fehlt uns die Erfahrung. Aber trotzdem müssen wir sie den Bewohnerinnen und Bewohnern anbieten, denn auch sie werden durch die verbesserte medizinische Versorgung älter und deshalb auch altersbedingt krank. Ich habe es bis heute nicht bereut, das Angebot der ärztlichen Betreuung von Menschen aus der Diakonischen Stiftung Wittekindshof anzunehmen. Das Arbeiten mit Menschen mit Behinderung zeigt medizinisch ständig neue Herausforderungen und bietet immer wieder Anlass, das eigene Leben zu überdenken.
Anke Richter ist Fachärztin für Innere Medizin mit hausärztlicher Versorgung sowie Palliativmedizin und hausärztliche Geriatrie. Sie hat in Gießen studiert, danach folgte die Ausbildung zur Fachärztin in Lich bei Gießen. 1998 wechselte sie in das Herz- und Diabeteszentrum nach Bad Oeynhausen. Seit 2002 ist sie dort als niedergelassene Ärztin tätig.
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ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein …
„Endlich mal raus! Raus aus dem täglichen Trott und die woran die Seele sich erquicken kann: das Vorspiel der Seele baumeln lassen!“ So denken viele Menschen, wenn Orgel, die Melodie eines Liedes, die Sonnenstrahlen, die sie in den nächsten Tagen in den Urlaub aufbrechen. Die durch die Kirchenfenster hereindringen, einzelne Wenschönste Zeit des Jahres, wie man sagt. dungen in Gebeten, Gedanken aus der Predigt, die einen Und dann fährt und fliegt man mit der Familie oder weiter beschäftigen und uns etwas Neues sehen lassen. mit einer Gruppe in die ganze Welt, in die verschiedens- Mit all diesen Dingen begegnet uns Gott, um uns zu erten Gegenden: an weite Strände mit weißem Sand, an ein quicken. Was uns sonst umtreibt – Sorge, Ängste, Verletblaues Meer, in die Berge und an die Seen, in faszinie- zungen, aber auch Freude –, das wird mit Gott in Verbinrende Städte mit schöner Architektur und ruhmreicher dung gebracht. Das geschieht, damit wir in unseren SorGeschichte. gen unterbrochen und in unserer Freude gestärkt werden. Der tägliche Kram, der einen zu Hause umgibt, kann Das geschieht, damit wir die Wahrheit über uns erkenfür eine Zeit vergessen werden. Eine Unterbrechung des nen: Ich bin ein Kind Gottes, wir sind Gottes Kinder. So Alltags. „Ich habe mich gut erholt“, sagen viele, wenn sie wie uns mitunter unbeschwerte Kindertage zur Urlaubszurückgekommen sind. Und die Farbe im Gesicht ist fast zeit vor Augen stehen und wir uns gern an sie erinnern, so etwas wie ein Beweis dafür. Gut erholt, und vielleicht so blitzt diese Erkenntnis im Gottesdienst auf. Wir zehren auch wieder ausgerüstet mit viel Freude auf die Aufgaben von ihr. Gelassenheit breitet sich aus. des Alltags. Die Unterbrechung durch den Urlaub tut Gottesdienst heißt ja: Gott dient uns. Er unterbricht uns meistens gut. auf heilsame Weise. Wir erfahren, was uns wirklich trägt Solche Unterbrechung erinnert mich ein wenig daran, bei allem, was wir in unserem Alltag tun und lassen. was in unseren Gottesdiensten geschieht. Das mag überDies können wir nicht wie einen Urlaub buchen – wir raschend klingen. Aber ich glaube, unsere Gottesdienste können es uns nur schenken lassen. Die schöne Pforte tut sind auch eine Art Unterbrechung: notwendig und sehr sich für uns auf. „Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter heilsam. Gottesdienste sind natürlich keine Urlaubsreise. Trost und Licht“, heißt es weiter in dem Lied. Ein neues Und Farbe im Gesicht bekommt man da in der Regel auch Licht fällt auf unser Leben und unseren Alltag. Und damit nicht. verändert sich auch der tägliche Trott. Unser Blick weitet Aber ist es nicht so, dass man auch dort „die Seele sich. Wir entdecken, was alles möglich ist. baumeln“ lässt? Am Anfang eines Gottesdienstes singen Wenn wir aus einem Gottesdienst kommen, sagen wir wir manchmal: „Tut mir auf die schöne Pforte, führt in wohl nicht: „Ich bin gut erholt.“ Aber vielleicht denken Gottes Haus mich ein; ach, wie wird an diesem Orte meine wir: „Ich habe neuen Schwung bekommen.“ Und wir Seele fröhlich sein“. Eine Erquickung für die Seele erhof- gehen fröhlich in den Alltag hinein – von Gottes Licht fen wir uns im Hause Gottes. begleitet. Das geschieht, auch wenn wir da als Gemeinde, als Gemeinschaft versammelt sind, sicherlich auf ganz indiMichael Krause viduelle Weise. Jede und jeder mag etwas anderes finden, Superintendent im Evangelischen Kirchenkreis Herford
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