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„WIR BRAUCHEN SICHTBARE FRAUEN“

Eva Jacobi, Managerin Internationaler Projekte und institutioneller Beziehungen beim DFB, war eine der Rednerinnen beim Workshop „Female Future Leaders in Football“ im Rahmen der SPOBIS, Europas größtem Sportbusiness-Event, in Düsseldorf. Im Interview geht Jacobi auf bereits erfolgte und noch anzustrebende Entwicklungen im Frauenfußball sowie beim Thema „Frauen im Fußball“ ein.

KickMol!: Zum ersten Mal hat es das Thema „Frauen im Fußball und in Führungspositionen“ in das Programm der SPOBIS geschafft und dem Themenkomplex wurde ein ganzer Workshop gewidmet. Was sagt dies für Dich über die Entwicklung von Frauenfußball in den vergangenen Jahren aus?

Eva Jacobi: Generell bin ich der Auffassung, dass man unterscheiden muss zwischen den beiden Entwicklungsbereichen Frauenfußball und Frauen im Fußball. Beides ist von großer Relevanz, dennoch ist die eine Entwicklung auf die sportliche Ebene mit den Themen „Equal Play“ und „Stellenwert des Frauenfußballs“ bezogen und die andere Ebene beleuchtet das Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen. Im Frauenfußball hat die Entwicklung in den letzten Jahren kontinuierlich an Dynamik gewonnen und er steht aktuell so stark wie noch nie im Fokus. Dabei durften Frauen einst keinen Fußball spielen, aber diese Regelung hat die Frauen nicht gehindert, sich letztlich doch durchzusetzen.

Ihre Leidenschaft und wichtige Vorreiterrolle als Pionierinnen für den Frauenfußball haben für eine Aufhebung des Verbots gesorgt.

Die sportlichen Erfolge der Frauen-Nationalmannschaft haben den weiteren Grundstein gelegt. Durch diese Genese konnten bereits Vorbehalte gegenüber dem Frauenfußball relativiert und neue Fans erreicht werden und viele junge Mädchen haben begeistert ihren Weg zum Vereinsfußball gefunden. Diese jungen Fußballerinnen bringen ein natürliches Selbstverständnis für den Sport und viel Faszination und Leidenschaft mit. Und das sind ganz entscheidende Eigenschaften, die die Entwicklung weitertreiben werden. Denn diese Mädchen sind – zu Recht – überzeugt, dass sie genauso gut Fußball spielen können wie Jungs. Sie leben den Spirit, für den wir uns auf administrativer Ebene einsetzen. Die Themen „Frauenfußball“ sowie auch „Frauen im Berufsfeld Fußball“ stehen mittlerweile mit klarem Selbstverständnis auf der Agenda und können nicht mehr so wie früher belächelt und vernachlässigt werden. Frauen sind in der Vergangenheit selbstbewusst ihren Weg gegangen und werden das auch in Zukunft tun – und so den Fußball insgesamt weiblicher und professioneller machen. Ich bin überzeugt davon, dass Frauen das Zukunftsbild aktiv mitgestalten werden.

KickMol!: Mit Blick ins Auditorium erwähnte DFBVizepräsidentin Sabine Mammitzsch, dass an der Veranstaltung ungefähr 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer teilnahmen. Ist das ein weiteres Zeichen dafür, dass das Thema „Female Leadership“ immer mehr Anklang auch bei männlichen Führungspersönlichkeiten findet?

Eva Jacobi: Im Vergleich hat sich im Zuge der Zeit sicherlich ein Wandel vollzogen. Aber per se ist ein Prozess nie abgeschlossen. Daher ist es wichtig, beständig zu bleiben und in der Lage zu sein, rückständige Entwicklungen zu erkennen und entgegenzuwirken. Bei den Themen „Gender Equality“ und „Diversität“ sowie konkret der Diskussion um Frauen in Führungspositionen bzw. Frauen explizit im Berufsfeld Fußball müssen auch Männer beteiligt werden. Eine Ausgeglichenheit kann man nur erreichen, wenn man in der Waagschale alle gleichwertig berücksichtigt. Dennoch ist es wichtig, insbesondere Frauen zu erreichen, zu motivieren und sie zu fördern. Bei den internationalen Qualifizierungsprojekten des DFB fokussieren wir uns derzeit fast ausschließlich auf Frauen. Im geschützten Raum können sie sich mehr öffnen und entfalten, teilen ihre Erfahrungen und tauschen sich über ihre jeweiligen Herausforderungen aus. Mit unseren Formaten stärken wir ihre Kompetenzen und befähigen die Frauen, dass sie für ihre Überzeugungen einstehen und ihre Ziele mit geduldiger Energie erreichen können. Viele Männer haben auch heute noch das Selbstverständnis, Führung für sich zu beanspruchen. Besonders auffällig ist das in männerdominierten Berufen und Bereichen. Das Umdenken muss auf allen Ebenen erfolgen. Dazu zählt, Mädchen und Frauen zu fördern, aber auch Jungs und Männern die weibliche Stärke zu verdeutlichen. Das fängt bereits mit der Erziehung im

Elternhaus an; das sehe ich jeden Tag bei meinen Kindern sowie auch in unserem Umfeld. Es ist notwendig, dass Mädchen gleichen Zugang wie Jungs in allen Bereichen der Gesellschaft haben. Einer Gesellschaft, in der Leistung von Frauen genauso gewürdigt wird wie die von Männern. In der eine Zukunft anvisiert wird, bei der die Rollenverteilung keine Rolle spielt und Mädchen sowie Jungen auch weibliche Vorbilder haben. Vor diesem Hintergrund brauchen wir sichtbare Frauen in allen Dimensionen, wie Gremien, in Führungspositionen, im Sport, in der Kultur und z.B. auch „Heldinnen“ in Kinderbüchern.

ICH BIN ÜBERZEUGT, DASS FRAUEN DAS ZUKUNFTSBILD

AKTIV MITGESTALTEN WERDEN.

KickMol!: In den Diskussionsrunden wurde immer wieder deutlich, dass Frauen ihre Authentizität und Sensibilität gegenüber ihren Mitmenschen auf ihrem beruflichen Werdegang immer beibehalten sollten und das ein wesentlicher Pluspunkt sei. Inwiefern haben dir diese Eigenschaften den Zugang zu deinem umfangreichen Tätigkeitsfeld erleichtert?

Eva Jacobi: Auf jeden Fall sehr stark! Letztlich habe ich aktuell einen Traumjob. Ich kann meine eigenen Stärken –bei gleichzeitigem Bewusstsein der Schwächen – sowie meine Leidenschaft zum Fußball einbringen und mit den gesellschaftspolitischen Themen verbinden. Dabei bringe ich meine persönlichen und beruflichen Erfahrungen ein: als Frau, als Fußballerin, als Mitarbeiterin im Berufsfeld Fußball seit 17 Jahren, als Mutter sowie als Mensch, dem die soziale Gemeinschaft sowie Wertevermittlung von großer Wichtigkeit sind. Von großem Vorteil sind sicherlich meine internationalen Erfahrungen und mein Interesse und die Offenheit für andere Kulturen und Länder. Der Austausch mit meinen Ansprechpartner*innen im internationalen Kontext sowie auch das Kennenlernen der Teilnehmer*innen aus den Projekten entfachen immer wieder neu meine Leidenschaft für mein Arbeitsgebiet und ich werde nicht müde für Gleichberechtigung einzustehen.

KickMol!: Was kannst Du den Frauen, die zukünftig Führungspositionen anstreben, mitgeben und wovon sollten sie sich auf jeden Fall nicht unterkriegen lassen?

Eva Jacobi: Ich würde auf drei Ebenen motivieren: Eigenbild – Werde dir deiner Stärken bewusst und vertritt und lebe deine Überzeugungen. Kontext – Verhalte dich authentisch und interessiere dich für andere Perspektiven. Zukunft – Traue dich (besonders da, wo du zögerst) und setze dir Ziele. ■

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