Vorschau Frühjahr 2017

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Ausgezeichnet mit dem

Kurt-Wolff-Preis 2012

Frühjahr 2017

Juri Andruchowytsch / Christoph W. Bauer Blütenpracht / Paul-Henri Campbell Emil Julius Gumbel / Dany Laferrière Lyrik-Taschenkalender 2018 Isolde Ohlbaum / E.C. Osondu Poesie der Nachbarn: Serbien Marion Poschmann / Antoine de Rivarol Zwiesprachen – Lyrik Kabinett


AfrikAWunderhorn | Nigeria E.C. Osondu

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Dieses Haus ist nicht zu verkaufen

Currency

Roman

Gelächter, Löffelklappern und Geschmatze dringen hinaus auf die Straße, Musik und Schüsse. Stimmen sind zu hören, die von Ndozo und Fanti und all den anderen Waisen, Witwen und Verwandten, die unter dem Dach des Großvaters Zuflucht gesucht und Arbeit gefunden haben. Es ist ein Haus, das in E.C. Osondus Romandebüt zur Hauptfigur avanciert, das zum Schauplatz wird und zum Symbol für das Vergehen der Zeit - aber alles andere als ein gewöhnliches. Begehbar wie separate Zimmer werden die einzelnen Schicksale seiner Bewohner und durch sie das Panorama eines Arbeiterviertels mit seinen Routinen und Bräuchen in einer namenlosen afrikanischen Großstadt aufgerollt. Es wird gehandelt und gefeilscht, gestritten und gekreischt, geheiratet und geliebt. Lebhaft geht es zu, zuweilen überschlagen sich die Ereignisse, doch durch die kindlich wache Erzählstimme bekommen auch Kindstötung, Totschlag und Diebstahl unverstellt ihren Platz, und die sich zahlreich zu Wort meldenden, aber namenlos bleibenden Nachbarn und Anwohner übernehmen die vermittelnde Rolle des Chors in der griechischen Tragödie. In Dieses Haus ist nicht zu verkaufen erschafft E. C. Osondu einen allegorischen und surrealen Mikrokosmos, ein Schwanken zwischen Apokalypse und Hommage. Er webt seinen Romanstoff aus schlichten Sätzen, die der jungen Erzählstimme Glaubwürdigkeit verleihen, und schöpft aus dem Reichtum des oralen Erzählens. Voller Humor und traditionellem Liedgut, sowie Mythen, Fabelwesen und Magie atmet der Roman bei aller Schwere der Themen eine große Lebendigkeit. E.C. Osondu wurde in Nigeria geboren. Er ist nicht nur als Autor und Verleger aktiv, sondern engagiert sich auch im Verband Nigerianischer Autoren. Für seine Erzählung Waiting erhielt er 2009 den Caine-Preis. Seit 2004 lebt Osondu in den USA und lehrt am Providence College als außerordentlicher Professor u.a. Kreatives Schreiben. Maria Hummitzsch, geboren 1982, studierte in Leipzig, Lissabon und Florianópolis Übersetzung, Psychologie und Afrikanistik. Sie übersetzt aus dem Englischen und Portugiesischen, u. a. David Garnett, David Foster Wallace und Imbolo Mbue. Indra Wussow, Herausgeberin der Reihe AfrikAWunderhorn, studierte Literaturwissenschaft, lebt in Johannesburg/Südafrika und auf Sylt. Sie arbeitet als Autorin, literarische Übersetzerin und Kuratorin für verschiedene internationale Einrichtungen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Dialog zwischen Wissenschaft und Kunst. 2002 gründete sie auf Sylt die von ihr geleitete Stiftung kunst:raum sylt quelle. 2008 eröffnete die Stiftung eine Dependance in Johannesburg.

E.C. osondu diEsEs haus ist niCht zu vEr kaufEn

Zehn Tage im Leben Südafrikas, verteilt über vier Jahrzehnte von 1970 bis 2010 in denen aus Südafrika ein anderes Land wurde. Ein Kaleidoskop südafrikanischer Wirklichkeiten, in dem sich fiktive Charaktere mit realen Personen mischen. Ein wichtiges Buch, das tiefe Einblicke darüber gibt, wie das Land am Kap sich von der Apartheid befreite. »In bestechender Prosa und einem guten Auge für die Details lässt Vermessenes Land den Leser mit dem Gefühl zurück, sich auf eine Reise in das Vertraute gemacht und dabei etwas völlig Neues entdeckt zu haben.« — Aminatta Forna

Reihe für zeitgenössische afrikanische Literatur Herausgegeben von Indra Wussow

E.C. Osondu Dieses Haus ist nicht zu verkaufen Roman Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch ca.190 Seiten, gebunden EUR 24,80 (D), 25,50 (A) ISBN 978-3-88423-550-8 Ebook 978-3-88423-551-5 Erscheint im März 2017

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roman

Für uns hatte Onkel Currency den besten Job der Welt – er verbrannte Geld. Sein Job bestand darin, Bündel alter, zerrissener Geldscheine oder eingestellter Währung in einen gigantischen Ofen zu schmeißen. Und außerdem schmiss er mit Geld nur so um sich. Wie sollte er auch respektvoll mit Geld umgehen, wo er doch jeden Tag Geld verbrannte? Wir hörten, dass er in Unterwäsche an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen hatte, damit er sich auch ja nichts von dem Geld einsteckte, das für den Verbrennungsofen gedacht war. Aber schon bald brachte er bündelweise Geld ins Haus der Familie. Nur wie? Die Scheine waren nicht neu, einige tatsächlich zerfleddert und zerfetzt, aber Geld war Geld, und man konnte sie mit Klebestreifen reparieren. Manche sahen modrig aus und rochen muffig, aber eben dennoch nach Geld, und man konnte sie waschen. Bei ihm haben wir zum ersten Mal gesehen, dass man Geld waschen kann. Er füllte Wasser in eine große Schüssel. Schüttete Waschpulver hinein, dann die alten Scheine und rührte sie vorsichtig um. Das Wasser wurde weggeschüttet und die Scheine abgespült. Das Geld wurde ins Haus gebracht, auf ein Bügelbrett gelegt, oben drauf weißes Papier, und gebügelt. Es kam frisch wieder zum Vorschein und konnte ausgegeben werden. Currency wurde als Vorzeigearbeiter bezeichnet, zumindest wurde es uns anfangs so gesagt. Auf dem Tisch in seinem Zimmer lag immer ein Stapel glänzender Münzen. Das änderte sich, als er anfing, mit einem großen Sack von der Arbeit zurückzukommen, so einen, wie ihn Briefträger haben. (…) Der Fall verlief letztlich im Sande. Den Männern wurde nahegelegt, von selbst zu kündigen. Sie wurden angewiesen, kein Wort darüber zu verlieren, warum sie ihre Arbeit verloren hatten. Sollten ihre Beute behalten, aber ja nie wieder einen Fuß in die Münzstätte setzen, auch nicht, um ehemalige Kollegen zu besuchen. Einige tuschelten, die Männer hätten dem Sicherheitschef angeboten, die Beute mit ihm zu teilen, deshalb habe er sie laufen lassen. Andere sagten, die Männer hätten mit ihrem vielen Geld die besten Medizinmänner und Aladura-Propheten aufgesucht und seien deshalb ungeschoren davongekommen. Auf jeden Fall war Onkel Currency jetzt arbeitslos. Fragte jemand nach, sagte er, er habe genug Geld, um sich selbst eine Rente auszahlen zu können, selbst wenn er so alt werden sollte wie Methusalem. Eines Morgens wurden wir wach und überall hingen Poster mit Onkel Currency drauf, an Hauswänden und Strommasten, Baumstämmen und leeren Fässern, an Toren, Eckläden und Straßenständen. Er zog in den Wahlkampf für das Amt des Stadtrats. Der amtierende Stadtrat war schon so lange Stadtrat, dass viele glaubten, sein Name sei Councilor. Noch nie hatte es einen Gegenkandidaten gegeben…

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Frankreich Antoine de Rivarol

Dany Laferrière (2016)

über die U n i v e r s a l i tät d e r

(1783) Antoine de Rivarol

französischen sprache

Antoine de Rivarol Über die Universalität der französischen Sprache Mit einem Vorwort von Dany Laferrière Aus dem Französischen von Beate Thill ca. 80 Seiten, gebunden EUR 18,00 (D), 18,70 (A) 978-3-88423-560-7 Ebook 978-3-88423-561-4 Erscheint im März 2017

Wund e r h o r n

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Über die Universalität der französischen Sprache

Mit einem Vorwort von Dany Laferrière » … Europa hat eine Macht erlangt, die in der Geschichte unvergleichlich ist: die vielen Hauptstädte, die Vielzahl und die Schnelligkeit seiner Expeditionen, der öffentliche und der private Verkehr haben es zu einer großen Republik werden lassen …« Der Satz stammt nicht etwa aus einer Werbebroschüre zur Europawahl, sondern von Antoine de Rivarol (1753-1801) und aus dem Jahr 1783. Allerdings mit dem Zusatz: »… die sich für eine Sprache entscheiden muss« – schließlich spricht er von der weltweiten Gültigkeit der französischen Sprache. Das Thema war von der Berliner Akademie in ihrer Ausschreibung für den Wettbewerb von 1783 so vorgegeben. »Wodurch wurde die französische Sprache universell? Weshalb verdient sie eine solche Auszeichnung? Wird sie diese auch in Zukunft bewahren können?« Rivarol gewann den ersten Preis und wurde mit einem Schlag europaweit berühmt. In Frankreich steht die Rede bis heute auf den Lehrplänen, jetzt erscheint sie erstmals in deutscher Sprache, denn auch die Berliner Akademie verhandelte damals auf Französisch. Diese Preisrede ist noch heute nicht nur hochaktuell durch ihre treffenden Beschreibungen der verschiedenen europäischen Kulturen und ihrer Sprachen, sie verbirgt ihre polemische Vehemenz hinter einem mitreißenden Humor, ist elegant und flüssig geschrieben und bietet damit einen großen Lesegenuss. Wie begründeten die Juroren damals ihr Urteil zwischen Rivarol und seinem Konkurrenten Johann Christoph Schwab? »Beide haben bei der Durchführung ihrer Arbeit einen ganz ähnlichen Plan eingehalten. Die schriftstellerische Gestalt ihrer Schriften freilich läßt kaum einen Vergleich zu; steht doch die zwar kultivierte, zugleich aber schwerfällig solide Darbietung des Deutschen weit ab von der geschliffenen Sprachkraft und blitzenden Energie des Franzosen, dessen Wert als ein hervorragendes Beispiel gelten kann für die Vorzüge, die er an der französischen Prosa großen Stils mit stolzer Beredsamkeit rühmt.« Dany Laferrière übt als Nachkomme von afrikanischen Sklaven in der Neuen Welt Kritik an der Haltung gegenüber der Sklaverei, die in einer Bemerkung in Rivarols Text deutlich wird. Auch berichtet er von dem zwiespältigen Verhältnis der ehemaligen Kolonisierten in Haiti zur Sprache des Kolonisten. Dennoch eint ihn mit Rivarol die Liebe zur französischen Sprache als einem flüssigen und eleganten Idiom, das sich trotz seines Zentralismus in der Vergangenheit für Menschen weltweit als biegsam genug erweist, um auch die eigenen, nicht-europäischen Erfahrungen auszudrücken. Dany Laferrière, geboren 1953 in Port-au-Prince, Haiti, arbeitete zunächst als Journalist bis er sich unter dem Druck des politisch repressiven Klimas 1976 gezwungen sah, nach Montréal ins Exil zu gehen. 1985 veröffentlichte er seinen ersten Roman unter dem provokativen Titel Comment faire l’amour avec un nègre sans se fatiguer, der ihn als Autor unmittelbar bekannt machte. Inzwischen hat Laferrière über 30 weitere Romane geschrieben und ist einer der bekanntesten Autoren der französischen Sprache. 2014 bekam er mit seiner Übersetzerin Beate Thill den renommierten, vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin vergebenen Internationalen Literaturpreis. Seit 2014 ist er Mitglied der Académie française. Bei Wunderhorn sind seine Romane Das Rätsel der Rückkehr und Tagebuch eines Schriftstellers im Pyjama erschienen.

Antoine de Rivarol (1753-1801), französischer Schriftsteller, aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend, wurde zunächst als Satiriker und Salon-Animateur bekannt. Er verschaffte sich so Zugang zur Pariser Salon-Aristokratie, veröffentlichte in der renommierten Zeitschrift ­Mercure de France. Europaweit berühmt wurde er durch seine Akademie-Rede. In der Revolutionszeit vertrat Rivarol als Journalist die Monarchie und musste deswegen 1792 Frankreich verlassen. Ab 1795 hielt er sich in Hamburg, ab 1800 in Berlin auf. Dort, kurz vor seiner Rückkehr ins nunmehr napoleonische Frankreich, starb er 1801.

Beate Thill, geboren 1952 in Baden-Baden, studierte Anglistik und Geographie. Seit 1983 arbeitet sie als literarische Übersetzerin der Sprachen Englisch und Französisch, mit dem Schwerpunkt Literatur aus »dem Süden«, v.a. aus Afrika und der Karibik. Daneben arbeitet sie als Dolmetscherin, verfasst Texte zur Übersetzungstheorie und für den Rundfunk. Sie ist Übersetzerin des kongolesischen Lyrikers Tchicaya U Tam’si, des karibischen Autors Édouard Glissant, des Tunesiers Abdelwahab ­Meddeb und der Algerierin Assja Djebar. 2014 erhielt sie den Internationalen Literaturpreis vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin für ihre Über­setzung des Romans Das Rätsel der Rückkehr von Dany Laferrière.

Aus dem Vorwort Dany Laferriére: Mit Verve erzählt er von den Anfängen der französischen Sprache (das Provenzalische, das Pikardische und so fort), nichts Überraschendes bis zu der Passage, wo es heißt: … »ein gewaltiger Handel hat neue Verbindungen zwischen den Menschen entstehen lassen. Mit Untertanen aus Afrika kultivieren wir Amerika und die Reichtümer aus Amerika verkaufen wir in Asien.« Ich träume davon, diese Frage mit ihm in aller Ruhe in einem kleinen Café durchzusprechen. Aus großer Distanz sagt er solche Ungeheuerlichkeiten! Was er »Handel« nennt, ist die Sklaverei. Ich wüsste gerne die genaue Definition von »Untertanen«. Bedeutet sie einen Aufstieg für den Afrikaner? Ist es nicht besser, ein »Untertan des Königs« zu sein als »mobiles Gut«, wie die Sklaven im Code Napoléon bezeichnet werden? Würde Rivarol Verständnis für ihre Situation aufbringen?

Leider hat er sich auch hier nicht aufgehalten. Es war nicht sein Hauptthema. Er ist schon viel weiter, beim Aufbau Europas. Hören wir zu, wie er träumt, dabei lebte er noch unter der absoluten Monarchie: » … die vielen Hauptstädte Europas, die Vielzahl und die Schnelligkeit seiner Expeditionen, der öffentliche und der private Verkehr haben es zu einer großen Republik werden lassen, die sich für eine Sprache entscheiden muss.« Ein Europa, das nur Französisch spricht, das ist wirklich das wichtigste Argument Rivarols in seiner ganzen Rede. Heute ärgert sich Frankreich über die Vorherrschaft des Englischen. Man stelle sich den Skandal vor, wenn ein amerikanischer Schriftsteller, etwa Norman Mailer, eine solche Rede vor den Vereinten Nationen halten würde. Damals hatte Frankreich kein Problem mit einer einzigen Sprache, solange es die französische war.


Fotografie | Ukraine Isolde Ohlbaum und Juri Andruchowytsch

Czernowitz & Lemberg In Fotos und Text

Isolde Ohlbaum und Juri Andruchowytsch Czernowitz & Lemberg In Fotos und Text 96 Seiten, gebunden EUR 19,80 (D), 20,50 (A) ISBN 978-3-88423-562-1 Erscheint im März 2017

Czernowitz & Lemberg i n F ot o s u n d t e x t

Isolde ohlbaum J u r I a n d ru c h ow y t s c h wunderhorn

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Isolde Ohlbaum bereiste 2013 die Ukraine und dokumentierte ihre Eindrücke fotografisch. Czernowitz und Lemberg sind Städte mit einer reichen europäischen Tradition, die aber im europäischen Bewusstsein der jüngeren Vergangenheit marginalisiert wurden. Ohlbaums Bilder zeigen diese Prägung, die städtebauliche Wurzel in der K.u.K.-Monarchie, in deren Lücken und Rissen heute das Leben der Ukrainer, gegen alle Widrigkeiten, sehr farbenfroh pulsiert. Sie laden ein, diese zwei Kulturstädte in ihrer alltäglichen Erscheinung zu erkunden. Die Fotos lassen aber auch erahnen, dass große Teile des kulturellen Erbes, etwa der jüdische Friedhof in Czernowitz, dem Verfall nach wie vor ausgesetzt sind. Juri Andruchowytsch lässt in seinem Begleittext die Bedeutung von Czernowitz und Lemberg in seinem Leben und Schreiben Revue passieren, beschreibt die Geschichte ihrer Verbindung und ihre heutige Wahrnehmung in der westlichen Öffentlichkeit. Aus dem Ukrainischen übersetzt von Sabine Stöhr. Isolde Ohlbaum absolvierte ihre Ausbildung von 1970 bis 1972 an der Bayerischen Staatslehranstalt für Fotografie in München. Sie arbeitete danach u.a. für Spiegel und Stern. Ihre Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern haben sie zur bekanntesten und begehrtesten Chronistin der Literatur-Szene gemacht. Sie veröffentlichte mit großem Erfolg zahlreiche Bücher und Kalender. 2013 begleitete sie die internationale literarische Korporation Meridian Czernowitz auf einer Reise durch die Ukraine. Bei Wunderhorn erschienen: Von Ali bis Zappa (2014). Juri Andruchowytsch wurde 1960 in Iwano-Frankiwsk, dem früheren Stanislau, geboren. Der ukrainische Lyriker, Romancier und Essayist gründete 1985 die literarische Performance-Gruppe Bu-Ba-Bu (zusammen mit Viktor Neborak und Olesksandr Irwanesz). Er veröffentlichte seit 1982 zahlreiche Gedichtbände und Romane. Für seine Werke erhielt er viele internationale Auszeichnungen. Juri Andruchowytsch gilt als einer der berühmtesten Schriftsteller des neuen Europa. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Bei Wunderhorn erschienen: Werwolf Sutra (2009)

Lemberg

Czernowitz

Lemberg

Juri Andruchowytsch: Heinrich Böll hätte uns fast seine zufälligen Erkenntnisse über die Lage von Lemberg, Czernowitz und der Stadt, in der ich lebe, hinterlassen. In Letzterer verbrachte er mehrere Monate im Militärspital, nachdem er an der Front verwundet worden war. Von hier schrieb er jeden Tag Briefe an seine Frau. Später sollte sich herausstellen, dass er nicht nur Briefe schrieb. Im Jahr 1949 erblickte das erste eigene Buch des jungen Autors das Licht der Welt – die Erzählung »Der Zug war pünktlich«. Das ist bekannt. Was fast niemand weiß ist das Hin und Her bezüglich des Titels. Der Autor hatte einen anderen gewählt – »Zwischen Lemberg und Czernowitz«. Der Verleger aber lehnte das ab, mit der Begründung, dass es für den deutschen Leser unverständlich sei. Heinrich Böll, damals ein rechtloser Anfänger, musste beim Titel nachgeben – und so gelangten weder Lemberg noch Czernowitz, noch das unerwähnte

­ tanislawiw, so sehr sie es auch verdient hätten, auf den Umschlag seiS nes ersten Buches. Für mich sind Lemberg und Czernowitz beide eine Art Universitäten. Dabei geht es nicht um die wirklich dort angesiedelten Universitäten. Unter »Universitäten« verstehe ich hier gewisse biographische Perioden, die aus mir gemacht haben, was ich bin. Lemberg – das sind meine Studentenjahre, meine Studien, scholastisch und studiosisch. Czernowitz ist die Armee, mein Wehrdienst, soldatisch und soldatesk. So gesehen sind das Gegensätze: auf der einen Seite Freiheit (maximale Freiheit im damaligen System), auf der anderen Knechtschaft (schlimmer konnte höchstens das Gefängnis sein). Zum Glück dauerte das freie Lemberg ganze fünf Jahre und das unfreie soldatische Czernowitz nur sechs Monate.


Poesie | Paul-Henri Campbell Paul-Henri Campbell

nach den narkosen Gedichte Paul Henry Campbell

Paul-Henri Campbell nach den narkosen Gedichte 96 Seiten, Broschur EUR 18,80 (D), 19,40 (A) ISBN 978-3-88423-556-0 Erscheint im Februar 2017

Nach Den Narkosen

Das Schreiben des Gebissenen ist eine Revolte gegen die Endlichkeit. Insuffizienz: Die Gedichte von Paul-Henri Campbell sind der Erfahrung eines defekten Körpers gewidmet. Der Mensch, der heute mit einer chronischen körperlichen Anfechtung zu ringen hat, ist ein permanenter oder zumindest periodischer Gast der Klinik. Er verbindet sich mit Maschinen, die sein irritiertes inneres Regen messen, verbindet sich mit geregelten Abläufen ärztlicher Behandlung, und ist deren Herausforderung. Schreibend sich darin zu behaupten, gegen die Frist des instabilen Seins, ist ein Aufruhr von nackter Diesseitigkeit. Der Defekt und die Apparate und Verfahren seiner Beschwichtigung werden Teil der Selbstverständigung. Sie zu beschreiben, zu benennen, ihrem Rumoren einen Vers abzugewinnen, ist das Bemühen, mit dem eigenen Ausdruck im Leben zu sein. Am Puls der Zeit statt am Piepen der Herzrhythmuskontrolle – beide Takte sind im Gedicht verstrickt, um die Narkose zu verlassen.

Gedichte

Neben den Gedicht-Zyklen »nach den narkosen«, »plasma« und »medtronic KAPPA KSR 901«, die sich dem klinischen Dasein widmen, enthält der Band außerdem den Zyklus »gärten ohne menschen«, der durch die Institution der Grünanlage wandelt, diesem bürokratischen Reflex auf halbe Sehnsüchte nach Natur. Den Zyklus »martin heidegger schaltet das radio ein« treibt die Frage um nach der prometheischen Scham, ihrem Fehlen, in der Verwicklung von Technik und Philosophie. »digitales dharma, diptychen« versammelt Gedicht-Spaltungen zum Thema Sichtbarkeit und Unverfügbarkeit im Netz.

Wu n der h or n

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die erschaffung des feigenblatts es hat sich an der wunde die schlange fest gesaugt ¬ clemens brentano

Paul-Henri Campbell wurde 1982 in Boston (USA) geboren und schreibt Lyrik sowie Prosa in englischer und deutscher Sprache. Studium der katholischen Theologie und der klassischen Philologie in Frankfurt am Main sowie an der National University of Ireland, Maynooth, derzeit Promotion. Campbell ist Übersetzer und Managing Editor der internationalen Ausgabe der Lyrikzeitschrift DAS GEDICHT: DAS GEDICHT chapbook. German Poetry Now. Er rezensiert regelmäßig für dasgedichtblog.de. Zuletzt von ihm erschienen: Space Race (lyrikedition München 2015) sowie Am Ende der Zeilen. | At the End of Days. Gedichte:Poetry (fhl Verlag Leipzig 2013).

angeboren wie er auch heißen mag dieb in der nacht schwarzer seraphim der fliegengott oder blutiger ludwig er mischte im leib noch vor der zeit noch bevor du es selbst bist der »ja« bevor noch du es selbst ihm gibst dein Wort er mischte vorm »ja« bevor du zustimmtest du selbst und selbst aus neigung fielst gewiss am dritten tag bevor er ruht bevor die sterne zwinkern bevor die tatzen der löwen savannen durchstapfen und die flosse des wals erglänzt im fjord bevor bevor davor erschuf er’s am dritten tag sein feigenblatt vor allem für dich der ohne erklärung ist – ohne ist – gebissen ist ohne biss

Aus dem Nachwort Seit der letzten Operation am Herzen in Heidelberg im Januar 2015 ­besuchen mich unzählige solcherart Erinnerungen. Es begann als ich aus der Narkose aufwachte. Mein Vater stand am Bett und sprach auf Englisch zu mir. Ich konnte nicht antworten, weil ich noch einen Intubationsschlauch im Mund hatte. Die Stimme meines Vaters beruhigte mich und momentlang als die Schmerzen einsetzten im Brustbein, die Arme durch die Katheder und Infusionen kaum zu bewegen waren, wusste ich nicht, wo ich war. Es klingt vielleicht verrückt, aber momentlang war ich fast überzeugt davon, dass ich wieder in Boston war, dass es 1989 war, dass gleich die Krankenschwester Cheryl noch kommen würde und mir sagen, dass sie gleich einiges entfernen würde und es bald nicht mehr so wehtun würde. Ich wusste, dass »remember me, sweetie, it’s me Cheryl« gleich ganz vorsichtig diesen Schlauch entfernen würde. Dann höre ich andere Stimmen. Menschen, die auf Deutsch sprechen, jemand hebt mich leicht an. Niemand spricht mich direkt an. Flammen im ganzen Körper überall. Sehnsucht nach »schweigsamen Umarmungen«. Hände berühren mich. Nicht nackte Hände. Ich fühle, wie sich der Schlauch in meinem Rachen bewegt. Es ist, als reibe er hölzern aus meinem Mund heraus, als risse jemand eine Pflanze mit langer Wurzel aus dem Erdboden. Ich übergebe mich. Der Satz: Die

Schmerzen waren unglaublich. Ist ein leerer Satz angesichts der jeweils einmaligen Widerfahrnis des Schmerzes. Es ist eine Schändung, jedes Mal, Schändung ohne Urheber, gegen den man rebellieren könnte. Seitdem aber diese Erinnerungen. Kindheitserinnerungen. Fünfundzwanzig Jahre lang sind diese Begebenheit irgendwo weggesperrt in mir gewesen und plötzlich durch diese situative Identität des Schmerzes – oder wie sagt man sonst? – sind sie wieder da. Aber ich werde mit ihnen nicht fertig. Auch Monate nach der Operation nicht. Auch heute nicht. Sicher gibt es bei Louis-René des Forêts die Zeilen: »Und in meinem leidenden Gedächtnis, das meine einzige Habe ist, / Such ich, wo das Kind, das ich war, seine Abdrücke hinterlassen hat.« Aber ich suche nicht. Das Kind sucht mich heim und erinnert mich daran, dass der Schmerz mein nächster Freund war, mein Kumpel, mein Schatten, immer. Nochmal: Ich suche nicht nach den Abdrücken des Kindes. Ich will seine Spur nicht verfolgen. Wohin würde es mich führen? Das Kind, das sind keine Abdrücke von Dingen, die sich einmal begeben hätten, sondern es sind Abdrücke von einer Erfahrung, die noch nicht vorübergegangen ist. Diese Kontinuität überhöht den Schmerz, verleiht ihm eine Macht, die er als punktuelle Erfahrung nicht hätte: Sie macht ihn übermächtig, omnipräsent, macht ihn heilig.


Poesie | Zwiesprachen – Lyrik Kabinett München Marion Poschmann

in der Reihe Zwiesprachen erscheinen:

Du ungeseh’ner Blitz

Marcel Beyer Muskatblut, Muskatblüt

Jan Wagner Schamane mit verbranntem Fuchs. Über Ted Hughes

gilt als bedeutendste Dichterin des deutsch-

Gedichte, Romane und Essays. Zuletzt

erschienen Mondbetrachtung in mondloser

sprachigen Barocks. Ihre Sprachgewalt ist

Nacht. Über Dichtung (2016) und Geliehene

außerordentlich, ihre Metaphern sind neu, ihre

Landschaften. Lehrgedichte und Elegien

Bilder kühn. Sie findet für die Themen der

Catharina Regina von Greiffenberg (1633-1694) gilt als bedeutendste Dichterin des deutschsprachigen Barocks. Ihre Sprachgewalt ist außerordentlich, ihre Metaphern sind neu, ihre Bilder kühn. Sie findet für die Themen der protestantischen Mystik einen gesteigerten, gleichzeitig lichten Ton, aller Regelpoetik zum Trotz. Es ist eine zärtliche, eine bewegliche Sprache, eine Sprache der Verzückung.

du ungeseh’ner Blitz.

Marion Poschmann Du ungeseh’ner Blitz Zur Dichtung Catharina Regina von Greiffenbergs 32 Seiten, Klappenbroschur EUR 15,80 (D), 16,30 (A) ISBN 978-3-88423-554-6 Erscheint im Januar 2017 protestantischen Mystik einen gesteigerten,

(2016).

Uljana Wolf Wandernde Errands. Theresa Hak Kyung Chas translinguale Sendungen

Marion poschmann

Catharina Regina von Greiffenberg (1633–1694)

Marion Poschmann, geb. 1969, schreibt

Daniela Danz Das philosophische Licht um mein Fenster. Über Friedrich Hölderlin

zur dichtung Catharina regina von greiffenbergs

gleichzeitig lichten Ton, aller Regelpoetik zum Trotz. Es ist eine zärtliche, eine bewegliche

Sprache, eine Sprache der Verzückung. (Marion Poschmann)

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zWiespraChen

Katharina Schultens So oder so, an der Naht entlang. Zu Marina Zwetajewa

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Mirko Bonné Die Poesie der Erde ist nie tot. Zu Leben und Schreiben von John Keats

stiftung Lyrik kaBinett MünChen

Marion Poschmann Du ungeseh’ner Blitz. Zur Dichtung Catharina Regina von Greiffenbergs

Marion Poschmann, geboren 1969, schreibt Gedichte, Romane und Essays. Zuletzt erschienen Mondbetrachtung in mondloser Nacht. Über Dichtung und Geliehene Landschaften. Lehrgedichte und Elegien.

Christoph W. Bauer Das zweite Auge von Florenz. Zu Leben und Werk von Guido Cavalcanti in Vorbereitung: Swantje Lichtenstein über Gertrude Stein mehr Info unter: wunderhorn.de

Wunderhorn

9 783884 235546 978-3-88423-543-0

Christoph W. Bauer

in der Reihe Zwiesprachen erscheinen:

Das zweite Auge von Florenz

Marcel Beyer Muskatblut, Muskatblüt

Jan Wagner Schamane mit verbranntem Fuchs. Über Ted Hughes

Zu Leben und Werk von Guido Cavalcanti

Steffen Popp Panzere diesen Äquator, Mond. Zur Poesie César Vallejos

Christoph W. Bauer, geb. 1968 in Kärnten,

lebt in Innsbruck als Lyriker, Autor von

Erzählprosa, Theaterstücken und Hörspie-

len und Herausgeber. 1999 erschien sein

erster Gedichtband wege verzweigt, dem

sechs weitere folgten, der jüngste, stro-

Uljana Wolf Wandernde Errands. Theresa Hak Kyung Chas translinguale Sendungen

Christoph W. Bauer

Das schmale Werk von Guido Cavalcanti (um 1255–1300) begleitet mein eigenes Schreiben seit vielen Jahren. Zwar wurzeln seine Rime

Das schmale Werk von Guido Cavalcanti (um 1255-1300) begleitet mein eigenes Schreiben seit vielen Jahren. Zwar wurzeln seine Rime ganz in der Tradition der im Trecento üblichen Liebesdichtung, ihre melodische und rhythmische Vielschichtigkeit heben sie jedoch vom literarischen Umfeld genauso ab wie ihre modern anmutende Metaphorik. Mehr als das genretypische Versagen vor der Liebe steht das Scheitern am Leben im Mittelpunkt seiner Dichtung. In dieser erweist er sich als weitaus ›moderner‹ als sein junger Freund Dante Alighieri, wie Ezra Pound treffend festhielt.

das zweite auge von florenz.

Christoph W. Bauer Das zweite Auge von Florenz Zu Leben und Werk von Guido Cavalcanti 32 Seiten, Klappenbroschur EUR 15,80 (D), 16,30 (A) ISBN 978-3-88423-555-3 Erscheint im März 2017 ganz in der Tradition der im Trecento üblichen Liebesdichtung, ihre melodische und rhythmische Vielschichtigkeit heben sie jedoch

vom literarischen Umfeld genauso ab wie ihre

Daniela Danz Das philosophische Licht um mein Fenster. Über Friedrich Hölderlin

zu Leben und Werk von guido Cavalcanti

modern anmutende Metaphorik. Mehr als das

genretypische Versagen vor der Liebe steht das Scheitern am Leben im Mittelpunkt seiner

Dichtung. In dieser erweist er sich als weit-

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aus ‚moderner‘ als sein junger Freund Dante

Alighieri, wie Ezra Pound treffend festhielt.

zWiespraChen

Katharina Schultens So oder so, an der Naht entlang. Zu Marina Zwetajewa

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Mirko Bonné Die Poesie der Erde ist nie tot. Zu Leben und Schreiben von John Keats

(Christoph W. Bauer)

stiftung Lyrik kaBinett MünChen

Marion Poschmann Du ungeseh’ner Blitz. Zur Dichtung Catharina Regina von Greiffenbergs

Christoph W. Bauer, geboren 1968 in Kärnten, lebt in Innsbruck als Lyriker, Autor von Erzählprosa, Theaterstücken und Hörspielen und Herausgeber. 1999 erschien sein erster Gedichtband wege verzweigt, dem sechs weitere folgten, der jüngste, stromern, erschien 2015.

Christoph W. Bauer Das zweite Auge von Florenz. Zu Leben und Werk von Guido Cavalcanti in Vorbereitung: Swantje Lichtenstein über Gertrude Stein mehr Info unter: wunderhorn.de

Wunderhorn

9 783884 235553 978-3-88423-543-0

Zwiesprachen – Eine Reihe des Lyrik Kabinett München, herausgegeben von Holger Pils und Ursula Haeusgen (www.lyrik-kabinett.de) Bereits erschienen: Marcel Beyer: Muskatblut, Muskatblüt | Steffen Popp: Panzere diesen Äquator, Mond. Zur Poesie César Vallejos | Uljana Wolf: Wandernde Errands. Theresa Hak Kyung Chas translinguale Sendungen | Daniela Danz: Das philosophische Licht um mein Fenster. Über Friedrich Hölderlin | Mirko Bonné: Die Poesie der Erde ist nie tot. Über Leben und Werk von John Keats | Katharina Schultens: So oder so, an der Naht entlang. Zu Marina Zwetajewa | In Vorbereitung: Jan Wagner: Schamane mit verbranntem Fuchs. Über Ted Hughes

Poesie | Poesie der Nachbarn, Band 29 Hans Thill (Hg.) Hans Thill (Hrsg.)

Predrag Bogdanović Ci Vojislav Karanović Ivana Milankov Ana Ristović Miljurko Vukadinović Jovan Zivlak

Hans Thill (Hg.) Storch im Schnee Gedichte aus Serbien ca. 180 Seiten, gebunden zweisprachig deutsch-serbisch EUR 24,80 (D), 25,50 (A) ISBN 978-3-88423-558-4 Erscheint im März 2017

Storch im Schnee

mern, erschien 2015.

Zur Dichtung Catharina Regina von Greiffenbergs

Steffen Popp Panzere diesen Äquator, Mond. Zur Poesie César Vallejos

Storch im Schnee Gedichte aus Serbien

Marcel Beyer Nadja Küchenmeister Kerstin Preiwuß Ilma Rakusa Marcus Roloff Michael Speier

Gedichte aus Serbien Wunderhorn

9 783884 235584

Von ihrer gesellschaftlichen Funktion, die ihr lange Zeit zukam, befreit geht die serbische Literatur neue, vielfältige Wege und ist dabei vor allem eine europäische. Und wenn auch (noch längst) nicht vergessen, lassen die serbischen Dichterinnen und Dichter in ihren hier versammelten Gedichten, die Konflikte und den Krieg, von denen ihr Land im 20. Jahrhundert gezeichnet war, hinter sich und widmen sich den großen poetischen Fragen genauso wie den unscheinbaren Dingen. Der 29. Band der Reihe Poesie der Nachbarn stellt sechs herausragende Lyrikerinnen und Lyriker vor und lädt dazu ein, die Themen, Gedanken und Formen der serbischen Lyrik kennenzulernen. Mit Gedichten von Predrag Bogdanovic´ Ci, Vojislav Karanovic´, Ivana Milankov, Ana Ristovic´, Miljurko Vukadinovic´ und Jovan Zivlak übersetzt von Marcel Beyer, Nadja Küchenmeister, Kerstin Preiwuß, Ilma Rakusa, Marcus Roloff und Michael Speier nach Interlinearversionen von Jan Krasni. »Poesie der Nachbarn« ist ein Projekt des Künstlerhauses Edenkoben der Stiftung R ­ heinlandPfalz für Kultur in Kooperation mit der Landes-Stiftung Arp Museum Bahnhof Rolands­eck. Hans Thill, geboren 1954 in Baden-Baden, lebt seit 1974 in Heidelberg als Lyriker und Übersetzer. Peter-Huchel-Preis 2004. Mitbegründer des Verlags Das Wunderhorn. Leiter der jährlichen Übersetzer-Werkstatt »Poesie der Nachbarn. Dichter übersetzen Dichter« und Herausgeber der gleichnamigen Reihe. Mitherausgeber der »Reihe P«. Seit 2010 ist Hans Thill künstlerischer Leiter des Künstlerhaus Edenkoben.

Miljurko Vukadinović Паде Жбун

Ein Gebüsch fiel um

Слушао сам овде како пева славуј. Навратих. Замуче. И паде у жбун. Приђем ближе: нема жбуна. Дођем опет: нема гнезда. Доспем до негдањег жбуна: нема песме – нема ладовине.

Ich hörte der Nachtigall zu. Drehte mich um. Sie verstummte. Und fiel ins Gebüsch. Ich ging näher: kein Gebüsch. Beim nächsten Mal: kein Nest. Und wo einst der Busch stand: kein Lied – kein Schatten. (nachgedichtet von Ilma Rakusa)

Poesie der Nachbarn (www.poesie-der-nachbarn.de)

Die von Gregor Laschen eingerichtete Übersetzer-Werkstatt »Poesie der Nachbarn – ­Dichter übersetzen Dichter« ist eine inter­national gerühmte Ver­anstaltung. Auf der Grundlage philo­logisch genau er­arbeiteter Interlinear-Über­setzungen entstehen in der Woche des Zusammenseins im Künstlerhaus Edenkoben (Pfalz) die Nachdichtungen. Seit 2003 hat Hans Thill die Leitung der Reihe.


Was will ein Gedicht? Was kann es? Welche sprache pricht es im 21. Jahrhundert, in dem alle redeweisen nd artikulationsmodi zwischen Tradition und avantgarde längst durchgespielt sind? die rezeptur, ie hans Magnus enzensberger vor einem halben ahrhundert entwickelt hat, ist immer noch gültig: die sprache ist durch die ganze Temperaturskala on der äußersten hitze bis zur extremen kälte u jagen, und zwar möglichst mehrfach. Zwischen hyperbel und andeutung, Übertreibung und Understatement, ausbruch und ironie, raserei und kristallisation, äußerste nähe zum glühenden eisen es Gegenstandes und äußerste entfernung von ihm ort zum kältepol des Bewußtseins ist die sprache iner unausgesetzten Probe zu unterziehen.« ein Ort ür solche sprachlichen entzündungsprozesse und erreißproben ist der Lyrik-Taschenkalender. Mit Gedichten von:

Lyrik-TaschenkaLender 2018

Poesie | Lyrik-Taschenkalender Paul-Henri Campbell und Michael Braun (Hg.)

Lyrik-Taschenkalender 2018

Lyrik-

TaschenkaLender herausgegeben von Michael Braun und Paul-henri campbell

2018

Paul-Henri Campbell und Michael Braun (Hg.) Lyrik-Taschenkalender 2018 ca. 230 Seiten, gebunden EUR 17,80 (D), 18,50 (A) ISBN 978-3-88423-559-1 Erscheint im August 2017

Mit Gedichten und Texten von u.a.: Yevgeniy Breyger, Safiye Can, Karin F­ ellner, Sibylla Vricˇic´ Hausmann, Birgit Kreipe, Tristan Marquardt, José Oliver, Werner Söllner.

Wunderhorn

783884 235270

Der Lyrik-Taschenkalender 2018 webt wie seine kalendarischen Vorgänger ein Netz aus Gedichten, poetischen Korrespondenzen und Kommentaren. 17 Dichterinnen und Dichter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wählen jeweils zwei Lieblingsgedichte aus und kommentieren es kompakt. Die Herausgeber Paul-Henri Campbell und Michael Braun stellen alle am Taschenkalender beteiligten Autoren und Kommentatoren mit je einem exemplarischen Gedicht vor. Mit jeder Woche wird ein Blick in das Schaffen eines Gegenwartsdichters geworfen oder ältere Dichtung auf ihre Modernität befragt. So entsteht eine Anthologie dichter Gegenwart. Ab 2018 werden auch Dichter und Gedichte anderer Sprachen und Länder das Jahr begleiten und in Übersetzungen vorgestellt. 52 Gedichte und Kommentare als literarische Führer durch die Jahreszeiten.

9 783884 235591

Michael Braun, geboren 1958 in Hauenstein/Pfalz, Studium der Germanistik und Politischen Wissenschaft, lebt als Literaturkritiker in Heidelberg. Er veröffentlicht Essays zu Fragen einer zeitgenössischen Poetik. 2007 bis 2011 gab er den Deutschlandfunk-Lyrikkalender heraus (Wunderhorn), seit 2012 den Lyrik-Taschenkalender. Paul-Henri Campbell wurde 1982 in Boston (USA) geboren und schreibt Lyrik sowie Prosa in englischer und deutscher Sprache. Studium der katholischen Theologie und der klassischen Philologie in Frankfurt am Main sowie an der National University of Ireland, Maynooth, derzeit Promotion. Campbell ist Übersetzer und Managing Editor der internationalen Ausgabe der Lyrikzeitschrift DAS GEDICHT: DAS ­GEDICHT chapbook. German Poetry Now. Er rezensiert regelmäßig für dasgedichtblog.de. Zuletzt von ihm erschienen: Space Race (lyrikedition München 2015) sowie Am Ende der Zeilen. | At the End of Days. Gedichte:Poetry (fhl Verlag Leipzig 2013).

Kunst | Blütenpracht Dr.-Hanns-Simon-Stiftung (Hg.)

Blütenpracht

Zeitgenössische Blumenstillleben – Fotografie, Malerei, Installation Katalog

Dr.-Hanns-Simon-Stiftung (Hg.) Blütenpracht Zeitgenössische Blumenstillleben Katalog 2016, 160 Seiten, gebunden EUR 19,80 (D), 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-549-2 9 783884 235492

Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung Blütenpracht. Zeitgenössische Blumenstillleben, in der Neuen Galerie, Haus Beda, Bitburg.

In der Bitburger Ausstellung und dem zugehörigen Katalog Blütenpracht werden über achtzig beeindruckende, zeitgenössische Arbeiten zum Thema Blumen und Blüten von sechs Künstlerinnen und vier Künstlern präsentiert. Die zeitgenössischen Blumenstillleben und Blütendarstellungen bieten ein optisches Fest der Farben und Formen im Sinne des amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emersons: »Blumen sind das Lächeln der Erde«. Die künstlerischen Anliegen der teilnehmenden Künstler verdeutlichen die weiten, teils hochaktuellen Themenfelder und der Wissenschaft nahestehenden Techniken, die mit der Darstellung des Blühens und Vergehens von Blumen angesprochen werden. Kuratiert wurde die Ausstellung von Dr. Ute Bopp-Schumacher. Die hyperrealistischen Blumengemälde von Marc Quinn haben tiefgefrorene Arrangements von Orchideen und Früchten zum Vorbild. Die niederländische Künstlerin Margriet Smulders evoziert mit ihren neubarocken, meist analog fotografierten Stillleben vielfältige Sinneseindrücke. Vera Mercers atmosphärisch dichte Aufnahmen erinnern an reich gedeckte Tische zeigende Stillleben des 17. Jahrhunderts. Andrea Küster fasziniert mit großformatigen bildfüllenden Gemälden von Anthurien und Lilien sowie überlebensgroßen Darstellungen der saisonalen Magnolien- und Rhododendronblüten. Luzia Simons überwältigt mit (riesigen) gescannten Tulpenarrangements. Peter Hutchinson kombiniert eigene Fotografien von Blüten- und Naturausschnitten zu phantastischen, real anmutenden Landschaftsansichten und ergänzt sie mit kleinen handgeschriebenen Texten. Martin Klimas zeigt einzelne Schnittblumen in Vasen, die im Moment des Zerschießens fotografisch festgehalten sind. Carla van de Puttelaar visualisiert das Geheimnis einzelner Blüten in unterschiedlichen Reifegraden im klaren, holländischen Nordlicht und evoziert erotische Konnotationen. Tim Otto Roth zeigt die farbigen Schatten heimischer Flora als zeitgenössisches Herbarium. Stephanie Senge stellt eine ausladende, in der Tradition des japanischen Ikebana wie des klassischen Still­ lebens stehende Installation vor.


Reprint: Gumbel Emil Julius Gumbel

Vier Jahre politischer Mord

und Denkschrift des Reichsjustizministers zu »Vier Jahre politischer Mord« Die vielzitierte Aufstellung der »Morde von Rechts« und der »Morde von Links« bei Niederschlagung der Revolution von 1918/1919 und in der frühen Weimarer Republik. In den Jahren 1918 bis 1923 sind in Deutschland Hunderte von politischen Morden begangen worden, der überwiegende Teil der Täter stand rechts. Gumbel hat nur die Fälle aufgenommen, die er bis ins Detail belegen konnte. Seine Quellen: Gerichtsakten, Urteile, Entscheidungen über Einstellung der Verfahren, Zeugenaussagen, Mitteilungen von Hinterbliebenen, Zeitungsberichte. Der Materialsammlung folgt ein beinahe genauso umfangreicher Teil »Zur Soziologie der politischen Morde«. Er enthält u.a. einen niederschmetternden Vergleich der Vorgehensweise gegen die an der Münchner Räterepublik Beteiligten einerseits, gegen die Kapp-­Anhänger andererseits. Die Denkschrift des Reichsjustizministers enthält die Stellungnahmen der Justizminister Mecklenburgs, Preußens und Bayerns zu den von Gumbel dokumentierten Morden, jeweils gefolgt von einem längeren Kommentar. Man konnte nicht umhin, Gumbels Angaben bis in die meisten Details zu bestätigen, und doch ist aus den Stellungnahmen ablesbar, wie wenig der Weimarer Justiz an einer Aufklärung der Morde gelegen war.

Emil Julius Gumbel Vier Jahre politischer Mord 2. Auflage 348 Seiten EUR 19,80 (D) 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-011-4 Erscheint im Januar 2017

Emil Julius Gumbel (1891–1966) war radikaler Pazifist und ab 1930 außerordentlicher Professor für mathematische Statistik an der Universität Heidelberg. Schon im Sommer 1932 wurde ihm die Lehrberechtigung entzogen. Nach der Machtübernahme durch die Nazis ging er 1933 ins französische Exil. Nach einer abenteuerlichen Flucht entkam er 1940 ein zweites Mal den Nazis – nun in die USA. Dort machte er sich einen Namen als Spezialist für die statistische Vorhersage von Naturereignissen – etwa zur Berechnung von Deich- und Stauwehrhöhen. In den frühen sechziger Jahren registrierte er bei Gastvorlesungen in Deutschland mit Enttäuschung, dass er in der Bundesrepublik nur mehr als amerikanischer Statistiker gefragt, als deutscher Antifaschist und Pazifist hingegen vollkommen vergessen war.

9 783884 230114

Bei Wunderhorn lieferbar: Christian Jansen Emil Julius Gumbel Portrait eines Zivilisten

Christian Jansen Emil Julius Gumbel Portrait eines Zivilisten EUR 24,60 (D), 25,50 (A) ISBN 978-3-88423-071-8 9 783884 230718

Fotonachweis: S. 2: Theo Bruns, Victor Ekpuk, Ivan Muller; S. 3: Sabine Schnell; S. 4: Manfred Metzner, Ingo Wilhelm, Isolde Ohlbaum; S. 5: Alexander Sonnentag

Auslieferungen / Vertretungen Deutschland/Österreich Prolit Buchvertrieb GmbH Monika Pankratz Postfach 9 35461 Fernwald Tel. 0641/9439322 Fax 0641/94393199 M.Pankratz@prolit.de

Schweiz AVA Verlagsauslieferung AG Centralweg 16 CH-8910 Affoltern am Albis Tel. 0041/ 44/ 762 42 50 Telefax 0041/ 44 /762 42 10 verlagsservice@ava.ch www.ava.ch

Wir unterstützen die Arbeit der Kurt Wolff Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene: www.Kurt-Wolff-Stiftung.de

Wunderhorn-Verlag

Deutschland Rudi Deuble c/o Stroemfeld Verlag Holzhausenstraße 4 60322 Frankfurt Tel. 069/95522622 Fax 95522624 r.deuble@me.com

Schweiz Sebastian Graf Uetlibergstrasse 84 CH-8045 Zürich Tel. 0041/44 463 42 28 Fax 0041/44 450 11 55 sgraf@swissonline.ch

Österreich Helga Schuster Stutterheimstraße 16-18/OG 5/Top 2 A-1150 Wien Tel./Fax 0043/676/529 16 39 helga.b.schuster@gmail.com

DasWunderhorn

Verlag Das Wunderhorn GmbH · www.wunderhorn.de

Rohrbacher Straße 18 · D – 69115 Heidelberg · Tel. 06221/402428 · Fax 402483 · wunderhorn.verlag@t-online.de


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