Balkanische Alphabete, Griechenland

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Dritter Band der Reihe Balkanische Alphabete. Ein literarisches Projekt des Künstlerhauses Edenkoben (verantwortlich: Ingo Wilhelm) mit Übersetzungswerkstätten in Bulgarien, Rumänien und Griechenland. Der vorliegende Band entstand in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Buchzentrum von Griechenland (EKEBI) und wurde gefördert durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur.

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Torsten Israel (Hrsg.)

Balkanische Alphabete: Griechenland Gedichte 端bersetzt nach Interlinearversionen von Anthi Papageorgiou

Wunderhorn


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Griechisch, deutsch, balkanisch Das jüngere und zeitgenössische Griechenland wird, was seine Literatur betrifft, im deutschsprachigen Raum wohl immer noch vor allem als Land der Dichtung wahrgenommen: Konstantinos Kavafis ist hierzulande einer der am häufigsten übersetzten und verlegten modernen Dichter überhaupt; aber auch die Namen von Sepheris, Elytis und Ritsos sind zumindest engagierteren Lesern und den Teilnehmern des Literaturbetriebs vertraut. Selbst Nikos Kazantzakis, der Autor des „Alexis Zorbas“, hat, so weiß man, mehr Ehrgeiz und Energie in die Komposition einer 33333 Verse langen Fortsetzung der Odyssee investiert, als in die Niederschrift seiner ungleich stärker rezipierten und z.T. aufwendig verfilmten Romane. Und wenn Petros Markaris, der mit seinen so desillusionierten wie humorvollen Kriminalromanen derzeit international im Buchhandel erfolgreichste griechische Schriftsteller, zu einer Lesung eingeladen wird, dann vergisst der Veranstalter selten, darauf hinzuweisen, dass sich der Gast auch als Dichter ausgezeichnet habe: durch eine sprachlich und metrisch höchst anspruchsvolle Übersetzung beider Teile von Goethes Faust. Aber auch das neugriechische literarische Selbstverständnis ist lange vor allem von Lyrikern geprägt worden: neben den schon genannten Autoren beherrschen etwa der Nationaldichter Dionysios Solomos (1798-1857), der Spätromantiker Kostis Palamas (1859-1943) oder der in Westeuropa vielleicht am ehesten mit Gabriele D´Annunzio vergleichbare – und von diesem beeinflusste – Angelos Sikelianos (1884-1951) mit ihren Gedichten und Versepen noch immer den offiziellen Kanon. Zudem werden die internationale Anerkennung Kavafis´ als eines emblematischen Dichters der klassischen Moderne und die Literaturnobelpreise für Sepheris und Elytis immer wieder gern hervorgehoben, wenn es gilt, den Vorwurf zu widerlegen, dass sich das zeitgenössische Griechenland kulturell im Wesentlichen auf antiken Lorbeeren ausruhe. Dennoch spielt die Dichtung als Gattung – man kann es nur immer wiederholen – im aktuellen literarischen Leben keineswegs mehr die dominierende Rolle, die sie, ungeachtet des sich bereits andeutenden Umbruchs, noch vor fünfzehn oder zwanzig Jahren einnahm. Blättert man heute in den Feuilletons der großen griechischen Zeitungen 5


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und zappt durch die literaturrelevanten Fernseh- und Rundfunkprogramme, so fällt auf, dass dort über neu erschienene Gedichtbände und zeitgenössische Lyriker nur noch äußert sporadisch berichtet wird. Auch die Zahl der Verlage, die aktuelle Lyrik überhaupt ins Programm aufnehmen bzw. zumindest nicht aus diesem streichen, ist deutlich zurückgegangen. Selbst im akademischen Bereich lässt sich, ablesbar an zahlreichen Monographien und der Durchführung entsprechender Tagungen, eine Verschiebung des Interesses hin zur Prosa beobachten. Überraschen kann diese Entwicklung angesichts des gewachsenen kommerziellen Drucks auf Buchmarkt und Autoren sowie den Gegebenheiten einer beschleunigten Mediengesellschaft nicht. Bemerkenswert ist allenfalls die Verzögerung, mit der sie gegenüber anderen Ländern eingesetzt hat. In Deutschland hat zumindest ein Teil der Lyrik-Szene – erfolgreich – mit Lautstärke, Popularisierung und Netzwerkarbeit auf die drohende Marginalisierung reagiert. Eine vergleichbare Reaktion ist in Griechenland bisher ausgeblieben oder beginnt doch erst, sich abzuzeichnen, auf im engeren Sinn literarischer ebenso wie auf organisatorischer Ebene. So ist es zwar in den letzten Jahren zur Gründung etlicher neuer elektronischer oder auf traditionelle Weise, im Druck, erscheinender Literaturzeitschriften gekommen, die ausschließlich oder doch überwiegend Lyrik veröffentlichen. Poetry-Slams und verwandte öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen haben dagegen bisher nur sehr vereinzelt stattgefunden. Überhaupt neigen die griechischen Autoren der mittleren und älteren Generation, aber auch viele jüngere Dichterinnen und Dichter unter den veränderten Rahmenbedingungen eher dazu, ihre Arbeit noch stärker als zuvor als eine exklusive, nicht zuletzt an bestimmte Bildungsvoraussetzungen gebundene Kunst zu verstehen, die – gewollt oder ungewollt – Relevanz nur für einen überschaubaren Leserkreis besitzt und besitzen kann. Diese Tendenz prägt auch die Gedichte der Lyriker, die hier vorgestellt werden und die insofern durchaus als repräsentativ für die aktuelle griechische Poesie gelten können. Alle drei – die längst als bedeutende zeitgenössische Autorin etablierte Dimitra Christodoulou ebenso wie die jüngeren Dimitra Kotoula und Haris Psarras – vertreten eine Ästhetik, die, bei allen gelegentlichen (selbst)ironischen Brechungen, den Text über den Autor 6


stellt, die Lektüre über die Performance, das Suggestive über das Explizite und das Metaphysische oder Ontologische über das unmittelbar Politische. Sie knüpfen damit, natürlich in jeweils spezifischer Weise, an jene symbolistische bzw. postsymbolistische Bildsprache an, die mit ihren Wandlungen und verschiedenen Dialekten gewiss die stärkste und nunancenreichste innere Traditionslinie der neugriechischen Lyrik bildet. Von der Kritik ist ihre Dichtung uneingeschränkt positiv aufgenommen worden. Drei prominente Stimmen seien stellvertretend zitiert: „Die Lyrik von Dimitra Christodoulou war und ist eine Lyrik der Tiefe. Sie breitet, scheint mir, Sedimente aus, die sie nach einem Abstieg in die untersten Gründe ihrer Existenz ans Licht bringt, immer angetrieben von bestimmten unverhofften Eingebungen, von ‚irgendeiner allfälligen gestirnten Rebellion‘, die ‚ihre Widersetzlichkeit aufflammen lässt‘. Dabei handelt es sich aber um Sedimente, die, wie man sagen könnte, von einer in ihrem Duktus nüchternen und sanften Sprache veredelt und besänftig wurden, wenn diese oftmals auch nicht den Schrei der Enttäuschung zu überdecken vermag, in dessen Innerem sie heranreifte. [...] Was immer geschieht auf dem Territorium, das die Gedichte von Christodoulou einnehmen, einem Territorium übrigens, auf dem die Grenzen von Raum und Zeit undeutlich sind: es ist – sei es nun wirklich oder unwirklich, Frucht des Verstandes oder der Phantasie oder aber, wie häufig, von beiden, aufgrund ihrer ständigen und segensreichen Interaktion – umgeben vom Schein des Seltsamen und unverhofft zum Stillstand Gebrachten. Und so, zum Stillstand gebracht, angehalten, verwandelt es sich zum Träger und Sender ambivalenter, mehrere Interpretationen zulassender Signale, da sich die Dichterin auf die Kunst versteht, den Stoff, aus dem Personen und Gegenstände gemacht sind, gewissermaßen aufzulösen, wobei sie gleichzeitig darauf achtet, dass diesen ihre materielle Grundsubstanz nicht verloren geht. Nur Schutz vor den Ahnungslosen sollen sie erhalten, unzugänglich und unerklärlich werden für jene, die ihre rohen Sinne und Mentalitäten nicht im Umgang mit dem Anderen geschult haben. Und diskret herausfordern zu einer Annäherung und Wiederannäherung nicht nur an ihre sichtbaren, sondern auch an ihre unsichtbaren Seiten, die verborgenen und dunklen, sodass ihre tatsächlich vieldeutige Sprache hörbar wird, die sich zuweilen einfach, direkt und un7


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vermittelt, und dann wieder allegorisch oder parabolisch zeigt und gelegentlich einige mehr oder weniger ferne biblische Resonanzen aufweist.“ (Kostas G.Papageorgiou, 2007) „Dimitra Kotoula schreibt, seitdem sie, zwanzig Jahre alt, mit der Dichtung von Giorgos Sepheris in Berührung kam. Entscheidend für ihre spätere Entwicklung war ihr kurzzeitiges Studium bei dem Neogräzisten Roderick Beaton am King´s College in London, der sie auch dazu bewegte, ihre Texte zu veröffentlichen. [...] Kreativ und wirkungsvoll hat sie Gedichte von Louise Glück und Jorie Graham übertragen, die zu den herausragenden Vertretern der jüngeren, sich nach dem Zweiten Weltkrieg formierenden amerikanischen Avantgarde zählen – aber auch Bions bekanntes „Epitaph des Adonis“ aus hellenistischer Zeit. [...] Wenngleich sie bisher nur einen einzigen Lyrikband und einige Publikationen in Literaturzeitschriften vorgelegt hat, so kann sie doch ohne jeden Zweifel als eine der authentischsten und originellsten Dichterinnen gelten, die in den letzten Jahren in Erscheinung getreten sind. Ihre zugleich leidenschaftliche und unmittelbare, aber auch dichte, abgewogene und äußerst melodische Sprache hält mit herausragender Genauigkeit und Klarheit, ohne herzzerreißende Fanfarenstöße, fest, was immer ihren durchdringenden Blick anzieht und Gewalt über ihre geschärften Sinne gewinnt.“ (Haris Vlavianos, 2007) „Ungezwungene Übermittlung der Botschaft, eigenwillige, gewählte Sprache, Geradlinigkeit des Duktus, aufrichtiger Dialog mit der Tradition des Sonetts, reflektierte, nicht ermüdende Aussagen, deutlich erkennbare Bezüge auf altgriechische Motive, häufig ein Augenzwinkern hin zu den großen Lehrmeistern des Spotts – all dies zeichnet den ‚Ruhm der Sorglosigkeit’ aus, den dritten Lyrikband von Haris Psarras .[...] Aber schon bei seinem Debüt im Reich der Konstitution anspruchsvoller Texte erbrachte Haris Psarras den Nachweis, dass er es versteht, auf überzeugende Weise und auch mit der erforderlichen Verständlichkeit zahlreiche Nuancen jener Schattenbilder in Erscheinung treten zu lassen, denen seine besondere Aufmerksamkeit gilt. Er erprobt in der Praxis eine poetische Grammatik, die sich uneingeschränkt in den Dienst des ursprünglichen dichterischen Entwurfs stellen lässt und schafft somit einen erheblichen Abstand zwischen den für ihn gültigen Koordinaten und dem, was in den Gefilden der improvisier8


ten und regellosen Entäußerungen jener zahlreichen Autoren geschieht, die sich im Missbrauch ihrer sprachlichen Potenz gefallen, wie immer es auch um diese bestellt sein mag.“ (Giorgos Veis, 2008) Die angeführten Positionen zur Lyrik von Christodoulou, Kotoula und Psarras gehen auf die Lektüre der griechischen Originale zurück; die Leserinnen und Leser des vorliegenden Bandes werden ihre Eindrücke in der Regel aus den deutschen Versionen der Gedichte beziehen. Damit vertrauen sie sich zugleich der Sensibilität und Kunst anderer Leser, der Übersetzer, an, die mit dem Versuch, spiegelbildliche Entsprechungen für die Ausgangstexte zu finden, schon aufgrund der strukturellen Unterschiede, die es zwischen dem Griechischen und Deutschen wie zwischen jedem anderen Sprachenpaar gibt, hätten scheitern müssen – die auf die Herausforderung, ihren Lesern dennoch eine Vorstellung von dem komplexen Zusammenspiel von Semantik, Sprachklang, Rythmus und intralingualen Allusionen zu vermitteln, das viele Gedichte der griechischen Lyriker überhaupt erst als solche konstituiert, demzufolge ganz individuell und im positiven Sinne subjektiv reagiert haben. Tatsächlich liegen ihren Übertragungen so unterschiedliche wie in gewisser Weise gleichberechtigte Übersetzungspoetiken zugrunde. Mara Genschel wählt den offensivsten Zugang zu den Originalen. Gerade bei sprachlich komplizierteren Partien geht es ihr darum, zu antizipieren, wie diese unmittelbar auf Deutsch bzw. für ein deutsches Publikum geschrieben worden wären. Im Zweifel überträgt sie dann – ohne der inhaltlichen Intention der griechischen Gedichte wirklich untreu zu werden – eher mögliche Wirkungen als Worte. Sie schafft Nachdichtungen, deren fremdsprachliche Grundlage man kaum noch bemerkt. Hans Thill orientiert sich dagegen zumeist genau an der sprachlichen Gestalt der griechischen Ausgangstexte. Er nähert sich am stärksten jener – von Autoren wie Schleiermacher und Lawrence Venuti auch theoretisch verfochtenen – Form des leicht verfremdenden Übersetzens, die ästhetischen Gewinn gerade aus dem Umstand zieht, dass sie die Herkunft der übertragenen Texte aus einer anderen Literatur immer spielerisch durchscheinen lässt, ohne dabei das Interesse der Leser an zielsprachlicher Eleganz zu enttäuschen. Ulf Stolterfoht verfolgt einen dritten Ansatz. Auch seine Übersetzungen verbinden 9


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zielsprachliche Eleganz und semantische Zuverlässigkeit. Ihre Besonderheit liegt aber darin, dass sie zugleich so subtil wie erfolgreich gerade auch die unmittelbar musikalischen Qualitäten der Originale betonen, worunter nicht nur metrische Phänomene wie der Endreim verstanden sein mögen, sondern auch die Wirkung bestimmter Bilderfolgen, die gleichermaßen optische und Klangfarben evozieren. Der vorliegende Band steht am Ende der Workshop- und Buchreihe „Balkanische Alphabete“. Schrifthistorisch betrachtet, kommt diese damit an ihrem Ausgangspunkt an, sind die in Bulgarien verwandten kyrillischen ebenso wie die in Rumänien gebrauchten lateinischen Buchstaben doch aus den griechischen hervorgegangen. Aber auch abgesehen von diesem technischen Detail sind die drei Länder kulturell eng miteinander verbunden: durch eine lange gemeinsame politische Geschichte – spätestens seit ihrer Zugehörigkeit zum Byzantinischen und dann zum Osmanischen Reich –, durch ihre konfessionelle Prägung durch die Orthodoxie, durch zahlreiche verwandte Traditionen in den Künsten und nicht zuletzt auch durch die Entwicklung ähnlicher Strategien zur Bewältigung des Alltagslebens. Um so erstaunlicher ist es, dass die südosteuropäischen Literaturen zumindest in den letzten Jahrzehnten offenbar kaum voneinander Notiz genommen haben; auch im Rahmen der „Balkanischen Alphabete“ stößt man auf diverse Belege für einen Dialog mit französischer, angelsächsischer, italienischer oder deutscher Lyrik, aber auf kaum eine Spur der Dichtung der unmittelbaren Nachbarländer. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis sich diese Situation ändert, die wohl auch noch mit den ideologischen Verwerfungen und der Unterbrechung vieler persönlicher und institutioneller Kontakte während des Kalten Krieges zu erklären ist: Schon ein flüchtiger Blick in die Buchreihe zeigt jedenfalls, dass literarische Entdeckungen nicht nur in Westeuropa, sondern ebenso in Bulgarien, Rumänien und Griechenland zu machen sind. Mannheim und Athen, März 2010 Torsten Israel

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Dimitra Christodoulou


Dimitra Christodoulou

Το παγώνι Αν είναι δυνατό να μη γκρινιάζει, Να μην είναι αστραφτερός και πανέξυπνος, Να βλέπει τα πόδια του και να ντρέπεται, Τότε και μόνο ίσως, τώρα πια, Θα πρέπει να τον γράψω αυτόν το στίχο.

Der Pfau Falls er mal nicht zetert nicht glänzen und zu gescheit sein will falls er mal kleinlaut seine Füße sieht dann vielleicht könnte es soweit sein, daß ich diesen Vers schreibe. (Hans Thill)

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Der Pfau Würde er ausnahmsweise einmal aufhören zu nerven, wäre er etwas weniger prachtvoll und nicht ganz so gescheit, wagte er einen Blick auf die eigenen Füße und liefe rot an – dann, ja vielleicht dann würde ich diese Strophe riskieren. (Ulf Stolterfoht)

Den Pfau Gesetzt, dass er nicht motzt, dass er nicht protzt und altklug ist, gesetzt, dass er seinen Tritt entdeckt und erschreckt, nur dann vielleicht, zuletzt, werd ich ihn tippen. (Mara Genschel)

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Πώς γίνεται ο σωφρονισμός των μάγων Ζεις και χωρίς εμένα, ασφαλώς. Ούτε λόγος. Καθένας ζει χωρίς παλμό ή ενόραση. Κάνουν τα πάντα οι πέντε μας αισθήσεις. Κι εγώ, που δεν τις εμπιστεύτηκα ποτέ μου, Τις χρησιμοποιώ μέχρι φθοράς τελευταία. Ακούω, βλέπω, τρέφομαι αναλόγως Και δεν δονούμαι από την ύβρη της παραίσθησης, Ούτε αιφνιδίως αντικρίζω το μυαλό μου Σαν χώρα του κακού και του λίγου Που ο πόθος μπορεί να καταυγάσει Ως την πιο πλήρη καλοσύνη και αφθονία, Ως το πιο δικαιωμένο μαρτύριο. Χρήσιμη όσο κι εσύ, γενναία, Καταφρονώ τις εξωφρενικές ιδιότητες, Αυτές που κάνουνε το φωτισμό αγάπη Και λάδι την ανεμόδαρτη θάλασσα. Πιστεύω, παρατηρώ, αποφαίνομαι Και – ούτε λόγος – ζω χωρίς εσένα.

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Wie die Läuterung der Magier vor sich geht Du lebst auch ohne mich, na klar. Kein Thema. Jeder lebt auch ohne Puls und Hellsicht. Alles erledigen unsere fünf Sinne. Auch ich, die denen nie getraut hat, habe sie in letzter Zeit überstrapaziert. Ich höre, sehe, ernähre mich entsprechend und lass mich weder erschüttern von der anmaßenden Halluzination noch betrachte ich meine Ratio plötzlich als Landstrich des Bösen und Geringen, den das Begehren erleuchten kann zu restloser Güte und Fülle, zu unumgänglichem Leidensweg. Praktisch bin ich, wie du, und tapfer verachte ich die Unsinnswesen, jene, die den Lampenschein zu Liebe machen und spiegelglatt das windgepeitschte Meer. Ich glaube, beobachte, werte und – kein Thema – lebe ohne dich. (Mara Genschel)

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Dimitra Christodoulou

Als die Zaubrer zahm geworden Sicherlich schaffst du‘s auch ohne mich. Ganz gewiß! Wer braucht schon Puls und Gesichte. Unsere fünf Sinne sind mehr als genug. Auch ich war ihnen gegenüber früher skeptisch, und doch benutz ich sie heute nach Kräften. Ich höre, sehe, ernähre mich gut, nicht erschüttert mich die Hybris der falschen Empfindung, noch bin ich bereit, mein Gehirn mit einem Mal als Bezirk des Bösen und Üblen zu sehen, in dem die Leidenschaften glühen, zwischen vollkommener Güte und der gerechtfertigsten Qual. Wie du dem Nützlichkeitsdenken verpflichtet, verachte ich alle unnützen Künste: etwa die, eine spezielle Beleuchtung „Liebe“ zu nennen oder das tosende Meer „spiegelglatt“. Ich beobachte, urteile, äußere mich und schaff es sicherlich auch ohne dich. (Ulf Stolterfoht)

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