Vorschau Frühjahr 18

Page 1

WUNDERHORN Frühjahr 2018 Marica Bodrožić Heidelberg: Zäsur – Kunst trifft Zeitgeschehen Jan Koneffke Masande Ntshanga Museum Ritter/ Jacob Dahlgren Poesie der Nachbarn: Syrien Ré Soupault Romanes – Dichtung


Bauhaus

Ré Soupault Nur das Geistige zählt. Vom Bauhaus in die Welt. Erinnerungen Hg. Manfred Metzner

ca. 200 Seiten, gebunden

Bublitz, Kolberg, Bauhaus Weimar, Berlin, Paris, Tunesien, Algerien, Nord-Mittel-Südamerika, New York, Basel, Paris, das sind nur einige Stationen in Ré Soupaults Leben als Bauhaus-Schülerin, AvantgardeFilmerin, Modejournalistin, Modemacherin, Fotografin, Übersetzerin, Studentin bei Karl Jaspers, Radio-Essayistin, Schrifstellerin. Einen Teil ihrer Erinnerungen verfasste sie schon in den 1970er Jahren als Briefe. Sie verarbeitete darin u.a. ihre Tagebücher. Dieser erste Teil der Erinnerungen reicht von den 1910er Jahren bis 1949. Mit ihrem unbestechlichen, klaren Blick beschreibt sie eine durch zwei Weltkriege geprägte Welt im Umbruch. Gleichzeitig ist ihr Text ein einmaliger Blick auf das kulturelle Leben der europäischen Avantgarde. Bis kurz vor ihrem Tod arbeitete sie an der Fortschreibung ihrer Biographie.

mit Fotos, Abbildungen des Manuskripts und Zeitdokumenten EUR 19,80 (D), 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-588-1 Ebook 978-3-88423-589-8 Erscheint im März 2018

»

In diesem kleinen Hotel auf dem Montparnasse hatte [Jeanne Beilhache] ein Zimmer für mich gefunden. Ich kannte aber schon von früheren Reisen eine ganze Anzahl Leute, hatte Mitte der Zwanziger Jahre, von Fernand Léger, dem Maler, an Paul Poiret, dem unumstrittenen Modekönig von Paris, empfohlen, für diesen die ersten Hosenröcke gezeichnet, die er als grosse Neuheit lancierte. Aber der eigentliche Erfolg des Hosenrockes für einen erschwinglichen Preis kam durch »Ré-Sport«, dem von mir lancierten Konfektionshaus, wo ich »Kleider für arbeitende Frauen« entwarf. Dies war der Anfang der Pariser Konfektion. Aber ich greife vor. Ich hatte nicht die Absicht, wie Jeanne, im Hotel zu leben. Ich wollte eine eigene Wohnung haben, mit eigenem Telephon. Die Verhältnisse in Paris waren aber ganz andere als in Berlin. Hier war es sehr schwierig, vor allem sehr teuer, eine eigene Wohnung zu mieten und zu unterhalten. Ich musste mich dann begnügen, in einem Neubau, der noch nicht ganz fertig war, ein grosses Studio, mit Vorraum, Bad und Küche zu mieten. Ich wünschte, ich hätte es nie aufgegeben. Ich zeichnete selbst meine Möbel und bedauerte später, nicht den Namen und die Adresse des Tischlers – er war eher ein Künstler als ein Handwerker – behalten zu haben, der die Sachen für mich ausführte. Es war reiner Bauhausstil – damals noch kein Begriff. Aber dieser junge Handwerker begeisterte sich dafür und hat mir eine Arbeit geliefert, über die ich erstaunt war. Stühle von Mies van der Rohe, aus Stahl und blauem Korbgeflecht. Als ich einigermassen eingerichtet war, ging ich auf die Suche nach einem Auto, aus zweiter Hand allerdings und es sah auch nicht schön aus, ein alter Renault, noch dazu

9 783884 235881

gab es viele Pannen. Aber wenn der Wagen lief, war es sehr schön: ohne Schwierigkeiten konnte man aufs Land fahren. Parkplätze zu finden war überhaupt kein Problem, denn es gab ja noch verhältnismässig wenig Autos. Man war noch nicht Sklave des Autos. Meine Arbeit für Scherl bestand darin, dass ich zweimal im Monat Vorschläge machen musste. Eine von den Ideen wählte man für meine beiden Seiten, die ich in der zweiwöchig erscheinenden Zeitschrift hatte und die andern Ideen gehörten ihnen auch. Der Scherl-Verlag hatte viele Zeitschriften und Tageszeitungen. Auch ein Buchverlag gehörte dazu. Zweiter Redakteur von »Sport im Bild«, so hiess die Zeitschrift, bis sie in »Silberspiegel« umgetauft wurde, war übrigens Erich Maria Remarque. Er schrieb damals – dies war noch in Berlin – an seinem Buch: »Im Westen nichts Neues« und sagte: »Kinder, wenn ich das anbringe und ein bisschen Geld in die Hand kriege, dann hänge ich hier den ganzen Krempel an den Nagel, kaufe mir ein anständiges Auto und reise um die Welt.« Er hatte eine hübsche Frau, Halbitalienerin, die ihn dann eines Tages mit Walter Ruttmann, dem Filmmann, betrog, worauf Remarque sich sofort von ihr scheiden liess und Ruttmann sagte: Sie werden meine Frau heiraten. Worauf Ruttmann sein Köfferchen packte und bei Nacht und Nebel verschwand. Remarque, mitleidslos, liess sich also scheiden und da er im Recht war, brauchte er der armen Frau nichts zu zahlen. Es war aber gerade damals, als nach langem Hin und Her, Ullstein seinen Roman herausbrachte (Scherl hatte ihn abgelehnt), der ein Welterfolg wurde und Remarque zu einem kollossal reichen Mann machte.

Ré Soupault, geboren 1901 als Erna Niemeyer in Pommern, arbeitete bereits während ihres Studiums 1921-1925 am Bauhaus in Weimar mit dem Avantgardisten Viking Eggeling an dessen Experimentalfilm »Diagonal-Symphonie«. Über ihren ersten Ehemann, den Dadaisten und Filmkünstler Hans Richter, lernte sie 1925 in Paris und Berlin u.a. Man Ray, Fernand Léger und Sergei Eisenstein kennen. Sie ging 1929 nach Paris, wo sie ihr erstes eigenes Modestudio »Ré Sport« einrichtete und die erfolgreichste Modemacherin der Zeit war, Pret-a-porter erfand. Sie ist die Erfinderin des Hosenrocks, des Schürzenkleids, des Transformationskleids. Im Kreis der Pariser künstlerischen Avantgarde traf sie den Surrealisten, Schriftsteller und Journalisten Philippe Soupault, der ihr zweiter Ehemann wurde. Mit ihm unternahm sie ab Mitte der dreißiger Jahre zahlreiche Reisen durch Europa und die USA, wo sie seine Reportagen fotografisch begleitete. Von 1938-1942 lebte sie mit ihm in Tunis. Von dort konnten beide im November 1942 vor General Rommels Nazitruppen, die schon den Flugplatz von Tunis bombardierten, im letzten Moment mit dem letzten Autobus, der Tunis verließ, fliehen. Ré und Philippe erreichten Algerien, von dort gelangten sie später über Marokko in die USA. Seit 1948 wieder in Europa, arbeitete sie als Übersetzerin (u.a. übersetzte sie André Breton, Philippe Soupault, Lautréamont, Romain Rolland). Von 1951-1955 studierte sie bei Karl Jaspers in Basel und kehrte 1955 nach Paris zurück. Als Rundfunkautorin schrieb sie Sendungen für fast alle deutschen und schweizerischen Rundfunkanstalten. Zusammen mit Philippe Soupault gab sie Märchensammlungen heraus. Ré Soupault starb 1996 in Paris. Manfred Metzner lebt als Verleger in Heidelberg. 2000-2010 Vorsitzender der Kurt-Wolff-Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Literatur- und Verlagsszene (Leipzig). Herausgeber und Nachlassverwalter des Werks von Ré Soupault.

«

lieferbare Titel von Ré Soupault: Ré Soupault | Hg.: Manfred Metzner Katakomben der Seele. Eine Reportage über Westdeutschlands Vertriebenenund Flüchtlingsproblem 1950

Ré Soupault – Künstlerin im Zentrum der Avantgarde Hg.: Inge Herold, Ulrike Lorenz, Manfred Metzner

2016 | ISBN 978-3-88423-546-1 | 17,80 EUR | 64 S.

2011 | ISBN 978-3-88423-363-4 | 29,80 EUR | 264 S.

Ré Soupault – Das Auge der Avantgarde Hg.: Claudia Emmert, Manfred Metzner, Frank-Thorsten Moll

Ré Soupault – Bauhaus. Die heroischen Jahre von Weimar Hg.: Manfred Metzner, Übers.: Beate Thill

2015 | ISBN 978-3-88423-511-9 | 24,90 EUR | 192 S.

2009 | ISBN 978-3-88423-332-0 | 16,80 EUR | 62 S.

Philippe Soupault. Portraits. Fotografien 1934–1944 Ré Soupault | Hg.: Manfred Metzner 2003 | ISBN 978-3-88423-217-0 | 19,90 EUR | 96 S.

Frauenportraits aus dem »Quartier réservé« in Tunis – Fotografien Ré Soupault | Hg.: Manfred Metzner 2001 | ISBN 978-3-88423-140-1 | 39,90 EUR | 112 S.

Tunesien 1936–1940 – Fotografien Ré Soupault | Hg.: Manfred Metzner 1996 | ISBN 978-3-88423-102-9 | 29,70 EUR | 128 S.

Paris 1934–1938 – Fotografien Ré Soupault | Hg.: Manfred Metzner 1994 | ISBN 978-3-88423-088-6 | 24,60 EUR | 95 S.


Masande Ntshanga positiv Roman

Masande Ntshanga positiv

Masande Ntshanga

Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch

Lindanathi und seine Freunde, die direkte und tiefsinnige Cissie, und der meist zugedröhnte Ruan, leben zusammen in einer Wohngemeinschaft in Kapstadt. Sie schlagen sich durchs Leben mit Hilfsarbeiten und durch den Verkauf von antiretroviralen Medikamenten, bevor diese in Südafrika landesweit und ohne Auflagen für alle erhältlich gemacht wurden. Lindanathi jobbt in einer Videothek. Er ist HIV positiv, er schnüffelt, zieht Kokain und raucht alles, was er Blindtext ... Auf den Straßen von Bayan Layi, einer Kleinstadt bekommen Trauma im Norden Nigerias. Er kann. stiehlt, umSein zu essen und rauchtist der Tod seines Gras. Während politischer Unruhen muss er fliehen. In seit 10 Jahren verantjüngeren Bruders, für den er sich Sokoto findet er in einer Moschee Zuflucht, Essen und in wortlich hält. Die drei Freunde streifen durch die Stadt, Sheikh Jamal einen Imam, der durch seine charismatische Persönlichkeit seinem Mentor wird. Mit seinem besten und nehmen dabei hängenzuherum, sind Party-Hopper Freund Jibril teilt Dantala den Drang, der Komplexität der die immer weiter fortschreitende materielle Ungleichpolitischen und religiösen Ereignisse um ihn herum eine Sprache geben. Die erste Liebe, dunkle So Geheimnisse und ein eindrückliches heitzuin ihrer Stadt wahr. entsteht die Frage nach persönlicher Loyalität gehören zum Alltag. Bild von Kapstadt, wo ehemalige Sklaven-Verliese zu Es ist eine brutale Welt, in der junge Menschen Verbrechen im Namen von Ideologien verüben, dieImbissbuden sie nicht verstehen. werden. Ein Boutique-Hotels und Ein kraftvoller Bildungsroman, der das mediale Bild eines von mysteriöser Käufer macht ihnen plötzlich das Angebot, Boko Haram dominierten Norden Nigerias herausfordert und unsihre in einegesamten vielschichtige Welt mitnimmt. Medikamentenvorräte aufzukaufen. Es ist nicht klar, ob es sich dabei um eine Polizeifalle oder das Angebot eines Drogen-Syndikats handelt, um die Amateur-Dealer vom Markt zu nehmen. Sie treffen Reihe für zeitgenössische afrikanische Literatur Herausgegeben von Indra Wussow Mann, der mit seinem Geld und einen maskierten seinen Versprechungen verschwindet. Jugend heißt Warten, die Zeit Totschlagen, sich 9 783884 235522 Ausprobieren. Aber keiner sagt einem, auf oder für was, denn all die vollmundigen politischen Ankündigungen gelten nur für Erwachsene.

positiv

A f ri k AWu n d e rh o rn / S ü d a f ri ka

ca. 200 Seiten, gebunden EUR 24,80 (D), 25,50 (A) ISBN 978-3-88423-584-3 Ebook 978-3-88423-585-0 Erscheint im März 2018

Masande Ntshanga hat einen aufwühlenden und sehr berührenden Roman geschrieben, über Leben, Liebe, Krankheit und Tod der jüngeren Generation in Kapstadt/Südafrika. Die Geschichte spielt zu Zeiten der Mbeki-Regierung (1999-2008) und deren fataler Politik gegenüber AIDS. Südafrika gehört zu den am schwersten von der AIDS-Pandemie betroffenen Ländern. Mbeki bestritt den wissenschaftlich gesicherten ursächlichen Zusammenhang zwischen dem HI-Virus und der Immunschwächekrankheit AIDS und den Nutzen von Medikamenten zur Behandlung von HIV-Infektionen.

9 783884 235843

» Masande Ntshanga, geboren 1986 in East London, Südafrika, studierte Film- und Medienwissenschaft, Englisch und Creative Writing an der University of Cape Town. Er gewann 2013 den PEN International New Voices Award for African Writing und war 2015 für den Caine Prize nominiert.

Maria Hummitzsch, geboren 1982, studierte in Leipzig, Lissabon und Florianópolis Übersetzung, Psychologie und Afrikanistik. Sie übersetzt aus dem Englischen und Portugiesischen, u.a. David Garnett, David Foster Wallace, Imbolo Mbue und E.C. Osondu.

Indra Wussow, Herausgeberin der Reihe AfrikAWunderhorn, studierte Literaturwissenschaft, lebt in Johannesburg/ Südafrika und auf Sylt. Sie arbeitet als Autorin, literarische Übersetzerin und Kuratorin für verschiedene internationale Einrichtungen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Dialog zwischen Wissenschaft und Kunst. 2002 gründete sie auf Sylt die von ihr geleitete Stiftung kunst:raum sylt quelle. 2008 eröffnete die Stiftung eine Dependance in Johannesburg.

»Wirklichkeitsnah und gewagt, bietet ­Ntshangas Debut-Roman ein freches Portrait des aktuellen Südafrika. Der Roman ist anspruchsvoll und augenöffnend.« Publishers Weekly

»Ein starker zeitgenössischer Roman von einer aufregenden neuen Stimme in Südafrika.« Goodreads

Restleben ist die Bezeichnung, die wir uns für das ausgedacht haben, was mir in meinem letzten Jahr auf der Erde noch passiert. Den Großteil vergangener Nacht haben wir wieder nur mit dieser Frage zugebracht. Erst haben wir den Wein geleert, dann haben wir uns die Flasche Benzol vorgenommen. Ruan schaut hoch und sagt, erklär mir die Sache mit der Sklavereigeschichte doch mal. Er steht auf, um ein schmales Buch von der Küchenzeile zu nehmen, und lässt sich auf einen abgewetzten Sitzsack fallen. Dann liest er das Buch – Der glückliche Tod von Albert Camus – vom Ende her, vom Außen zum Innen der Sätze, so als hätte der französische Autor einen japanischen Manga geschrieben. Cissie wiederholt nur das Wort noch mal: Sklaverei. Mit dem klebrigen Löffel zieht sie kleine Kreise über der Schüssel. Ihr wisst, was ich meine, sagt sie. Wir drei sind im Grunde Sklaven. Ich für meinen Teil schweige lieber, beobachte sie nur, wie ich es manchmal mache. Ich meine, jetzt mal im Ernst, sonst ist es Ruan, der mit solchem Pathoskram ankommt. Wir drei sind keine Sklaven. Ruan, Cissie und ich waren landesweit unter den Ersten, die mit dem Model Cs ihren Matric gemacht haben, um dann studieren zu können. Unsere Kindheit war geprägt von Bumerangs, die wir mit den Nachbarskindern warfen, von Inlineskates und grünen Plastikflaschen mit »Space Goo«-Glibber, von Klatschhänden mit knallig bunten und angeblich super giftigen Wabbelfingern, an denen meist schon am ersten Tag Dreck klebte, weshalb wir sie in unsere grünen Pools warfen. Außerdem von den im Wasser wachsenden Monstern, denen wir staunend dabei zusahen, wie sie sich in unseren Toilettenschüsseln aufblähten, und von Pisten, die wir für unsere Micro Machines bauten, bis der Tag zu Ende ging, wenn das orange Licht auf die Nachbarschaft fiel und die Dächer in die Farbe von Glühfäden tauchte. Leichtigkeit. Genau das, was mein kleiner Bruder Luthando nie hatte.

«

in der Reihe AfrikAWunderhorn sind u.a. erschienen:

Über die weiteren Titel der Reihe können Sie sich unter www. wu n d e rh o rn . d e informieren.

An einem Dienstag geboren Elnathan John Übers.: Susann Urban

Dieses Haus ist nicht zu verkaufen E.C. Osondu Übers.: Maria Hummitzsch

Vermessenes Land Imraan Coovadia Übers.: Susann Urban

2017 | ISBN 978-3-88423-552-2 | 24,80 EUR | 250 S.

2017 | ISBN 978-3-88423-550-8 | 24,80 EUR | 190 S.

2016 | ISBN 978-3-88423-533-1 | 26,80 EUR | 352 S.

»Der Nigerianer Elnathan John war Anwalt, nun ist er Autor. Und was für einer! Sein erster Roman handelt von der Perspektivlosigkeit junger Männer im islamischen Teil des Landes.« TAZ

»Wie sein Erzählungsband Voice of America von 2010 stellt nun auch sein erster Roman eine vielschichtige, kunstvoll komponierte Hommage an Nigeria und afrikanisches Leben dar.« NZZ

»Es ist ein erhellender Roman über ein Land, das sich erfreulicherweise und mit Erfolg angemaßt hat, die eigene Zukunft selbst zu vermessen.« WDR


Ja n Ko n e f f K e Die Gedichte von Jan Koneffke bemühen sich um ein Erinnern dessen, was dem Vergessen gleichzeitig entgegengeht und auch widersteht, was vielleicht verdrängt oder geleugnet werden kann, dann aber umso mächtiger wird. Hier jedoch wird es geformt, die Klage erneut geführt, die Scham erneut gestanden, der Dichter lässt den Zorn aufs Neue sprechen, sammelt das Leben noch einmal ein und trägt seine Schwere. Die Kindheit in der BRD der 1960er und 70er Jahre ist geprägt von Schuldfragen, die das dem Jungen mögliche Denken und Fühlen auf eine Weise strapazieren, dass zwischen Normalität und Abgrund kaum zu unterscheiden ist. Die Oberfläche der »Bienenstichsonntage«, die »Puddinghaut« auf dem »Mutterland, an dem ich hilflos hing / verhaßtes Kindheitsland das ich vermisse« – »ausschwitzen halb ins Bett halb auf Papier« muss der Dichter seinen Lebensweg durch dieses »Doppelland« der Teilung, der Doppelzüngigkeit, des doppelten Bodens und dem »Doppelschwindel« eines Heimatversprechens: Als sei es dein. Er entflieht dieser Heimat, um im Konjunktiv Irrealis einer osteuropäischen Wahl-Heimat, Rumänien, anzukommen und auch hier zu erkennen: »Es frißt das Land den Heuchlern aus der Hand«. Noch im Abseits der Karpaten wartet kein Idyll, sondern man droht im Matsch wahrer und fantastischer Geschichten sich festzufahren. In seinen Gedichten erleben wir Jan Koneffke als Dichter des »Zipfel Massel: Déjà-Vu« in Sprachklang und Reim; als politischen Dichter, dem im serbischen Novi Sad Europa vor Augen steht: »Balkonaussichten: Balkan«; als persönlichen Dichter, der sich im toten Kind schmerzhaft an das erinnert, was nicht sein durfte und nicht ist; und als sarkastischen Dichter, der aus der Zukunft in die Gegenwart zurückblickt: »Unsere Flaschenpost kann keiner lesen // die wird zur Stillen Post in Dechiffriermaschinen / ein Kauderwelsch aus Theorien und Terzinen / und wir: vergangen als seien wir nie gewesen«.

Jan Koneffke Als sei es dein Gedichte

ca. 96 Seiten, gebunden EUR 19,80 (D), 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-583-6 Erscheint im März 2018

9 783884 235836

Gedichte

Als sei es dein

Poesie

Wunderhorn

Von Nacht zu Nacht Wir waren Kinder mit Papierlaternen zerbrechlich und beklommen in der Nacht der unheimlichen die uns weinen machte und sangen – vorsichtshalber – zu den Sternen Lampen an Seilen Aufsatz-Peitschenmasten in Reih und Glied schien eine an der andern uns ins Erwachsensein als ob sie wandern um sich mit uns von Nacht zu Nacht zu tasten sie strahlen Teer und Gehwegplatten an verscheuchen streng was um uns finster war und in uns dieses nie berechenbare Kindergrauen aufbrechen lassen kann es sind Laternen die summend Posten stehen und uns mit Schatten Schritt auf Tritt begleiten der Schwarze Mann aus Vor- und Fabelzeiten huscht harmlos mit wenn wir nach Hause gehen Laternen leuchten uns zu Kneipenbier Bankautomaten Fitnesscenter Parkplatz nur ausnahmsweise ahnen wir bei Hast und Hatz: am Ende sind sie aus Papier

Jan Koneffke, geboren 1960 in Darmstadt, wuchs in Neu-Isenburg und Braunschweig auf und schloss sein Studium an der FU Berlin 1987 mit einer Magisterarbeit über Eduard Mörike ab. 1995 ging er mit einem Villa-Massimo-Stipendium nach Rom, wo er anschließend sieben weitere Jahre verbrachte. Seit Mai 2003 lebt er als freier Schriftsteller, Übersetzer und Publizist abwechselnd in Wien, Bukarest und dem Ort Maneciu in den Karpaten. Er veröffentlichte neben Romanen, Kinderbüchern, Hörspielen, Essays und Übersetzungen aus dem Italienischen und Rumänischen, zwei Gedichtbände und einen Gedichtband für Kinder, Gelbes Dienstrad wie es hoch durch die Luft schoß (Frankfurt 1989), Was rauchte ich Schwaden zum Mond (Köln 2001), Trippeltrappeltreppe. Gedichte für neugierige Kinder (Köln 2009). Jan Koneffke wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er für seinen Roman Ein Sonntagskind (Berlin 2015) den Uwe-Johnson-Preis 2016.


L i t e r a t u r / R u m ä n i e n ( B a ck l i s t ) – S chw e r p u n k t l a n d d e r Le i p z i g e r B u ch m e s s e 2 0 1 8

(Hg.) Corina Bernic und Ernest Wichner

Petre Stoica

Balkanische Alphabete: Rumänien

Aus der Chronik des Alten

Gedichte von Constantin Acosmei, Vasile Leac und Iulian Tănase

Gedichte

Reihe »Balkanische Alphabete«

Reihe »Edition Künstlerhaus«,

104 Seiten, gebunden

hg. von Michael Buselmeier

2009 | ISBN 978-3-88423-319-1 | 17,80 EUR

48 Seiten, gebunden

Dieser Band der Balkanischen Alphabete stellt das Ergebnis einer Übersetzerwerkstatt in Cetate vor, einer von Mircea Dinescu initiierten Künstlerfarm im rumänischen Donaudelta. Die jungen rumänischen Lyriker sehen sich nicht mit einem sozialistischen Regime konfrontiert, sondern mit einer weniger tragischen, aber doch durchaus grotesken Gegenwart. Die künstlerischen Mittel dieser Dichtergeneration sind Ironie und ein mit Witz gepaarter Sinn fürs Groteske. Bei allen drei Lyrikern sind Einflüsse der klassischen Moderne nicht zu übersehen. Mit seinen hypersensiblen Körpergedichten ist Constantin Acosmei ein neuer Vertreter des Absurden, Vasile Leac dagegen ein Dichter des Surrealen, wie es aus dem Alltäglichen aufscheint. Der weltgewandte Iulian Tănase ist Kolumnist einer viel gelesenen Tageszeitung der Jungen Generation und gilt in Rumänien bereits als Star. Seine Gedichte sind seltsam changierende Innenbilder, teils witzig, teils rätselhaft. Ins Deutsche übersetzt nach Interlinearversionen von Corina Bernic.

Aus dem Rumänischen von Johann Lippet

2004 | ISBN 978-3-88423-228-6 | 13,50 EUR

Der Lyriker Petre Stoica ist ein Chronist des Banalen, dem er poetische Züge abtrotzt. In seinen Gedichten versammelt er alltägliche Motive in leicht surrealer Verzerrung. Es geht um die frühe Dorfwelt, um Kleinstädtisches, Jahreszeitliches: Tagebuchnotizen aus Rumä­ nien, Selbstportraits. Ein einsamer Mann schaut sich um, er erinnert sich der Kindheit, schimpft auch gelegentlich und formuliert doch nicht ohne Stolz: »Meine Gedichte Kinder im Regen stehengelassen/meine Gedichte klamm gewordene Finger/meine Gedichte Säcke mit Lumpen gefüllt/meine Gedichte ja meine glorreichen Gedichte/Wenn sie nicht gefallen/rotzt drauf/ werft mit Steinen nach ihnen«. Wenn Melancholie aufkommt, weil sich die Welt nicht nach den Vorstellungen des Dichters richten will, konterkariert er diese durch (Selbst-)Ironie. Hart rechnet er ebenso mit der Vergangenheit der stalinistischen Repression wie mit der Gegenwart der neuen Reichen und Pseudo­ demokraten ab.

Constantin Virgil Bănescu

Ernest Wichner

Der �und, die Frau und die Liebäugler

»bin ganz wie aufgesperrt«

Gedichte

Gedichte Reihe »Edition Künstlerhaus«,

Aus dem Rumänischen übersetzt

hg. von Michael Buselmeier

von Oskar Pastior

48 Seiten, gebunden

Reihe »P«, hg. von Joachim Sartorius,

2010 | ISBN 978-3-88423-352-8 | 13,50 EUR

Hans Thill und Ernest Wichner 90 Seiten, gebunden 2010 | ISBN 978-3-88423-348-1 | 17,90 EUR

Constantin Virgil Bănescus Gedichte sprechen von radikalstem Nihilismus, der auch vor dem makaberen Witz nicht zurückscheut. Es sind lakonische Texte mit scharf gefeilten Pointen, gestenreich, witzig und verstörend. Mit ihnen stellte sich ihr Autor in die Tradition der rumänischen Surrealisten, aber mitunter glaubt man auch den fröhlich-unglücklichen Catull herauszuhören oder den frechen Archilochos, der einer der ersten Dichter der westlichen Welt war. Als Banescu sich 2009 das Leben nahm, widmete ihm Nora Iuga einen ergreifenden Nachruf. Oskar Pastiors Übersetzungen sind in den Jahren seit 2002 entstanden. In seiner Auswahl erscheint dieser Band in doppelter Weise postum.

In diesem Band sind vorwiegend Liebesgedichte versammelt, gerichtet an eine nicht einmal ferne, aber doch umso mehr herbeigesehnte Frau. Sie handeln von Leidenschaft, von einer Liebe, deren Erfüllung außerhalb des Möglichen liegt (»Und hätte ich ein Maß für dieses Elend, Ja und Nein«). Dieses Urthema der Lyrik überhaupt gestaltet Ernest Wichner mit einer genauen Kenntnis der abendländischen Tradition, aber auch mit einer Inbrunst, die ihresgleichen sucht. Anklänge von Petrarca (»Wer hat, was in uns wühlt, codiert/und zum Problem gemacht«) finden sich ebenso wie John Donne und eine Spur der großen Erotiker aus der Antike. Alle sprachlichen Nerven sind angespannt (»drum such ich nach dem rechten Wort noch ohne dich«), um von diesem inneren Geschehen zu sprechen, einer Zerrissenheit, die im Hin und Her ihre feste Wurzel hat.


L i t e r a t u r / R u m ä n i e n ( B a ck l i s t ) – S chw e r p u n k t l a n d d e r Le i p z i g e r B u ch m e s s e 2 0 1 8 – J o h a n n L i p p e t

Johann Lippet wurde 1951 in Wels (Österreich) geboren und ist aufgewachsen in Rumänien. Er studierte in Temeswar und war in den 1970er Jahren Mitbegründer der »Aktionsgruppe Banat«. Für ihn und andere Schriftsteller wie Rolf Bossert, William Totok und Richard Wagner war die Aktionsgruppe ein Forum des Protestes gegen das unterdrückende Regime Ceaușescus, die nach und nach in die Illegalität gedrängt wurde. Johann Lippet war bis zu seiner Ausreise 1987 Dramaturg am Deutschen Theater in Temeswar. Seitdem lebt er in Sandhausen bei Heidelberg als Erzähler und Lyriker.

Das Leben einer Akte Chronologie einer Bespitzelung durch die Securitate 158 Seiten, gebunden 2009 | ISBN 978-3-88423-331-3 | 18,90 EUR

Die Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit in Form einer Geheimdienstakte gehört zu den unangenehmsten Formen der Auseinandersetzung mit der eigenen Person, die man sich denken kann. Johann Lippet hat sich ihr gestellt – in einer detailreichen Aktenlektüre berichtet er von seiner langjährigen Bespitzelung in Rumänien unter dem Diktator Ceaușescu. Lippets Chronologie ist ein Anfangspunkt der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Temeswarer Schriftsteller in der Zeitspanne 1972-1987: »Durch das Studium meiner Akte und den Austausch von Dokumenten mit meinen ehemaligen Schriftstellerkollegen aus Temeswar hat sich vieles zur ›Aktionsgruppe Banat‹ und dem Literaturkreis ›Adam MüllerGuttenbrunn‹ geklärt. Darüber wird noch ausführlich zu schreiben sein. Und diejenigen, die über Jahre ihre Sicht der Dinge verbreiteten und uns zu diffamieren versuchten, weil sie sich im Besitz der Deutungshoheit wähnten, werden eines anderen belehrt werden, und es werden Dinge ans Licht kommen, mit denen niemand gerechnet hatte. Der Akte sei Dank!« In dem genauen und nur zurückhaltend kommentierenden, in sechs Kapitel eingeteilten Text ist zwischen den Zeilen die eklatante Unfähigkeit der Spitzel und ihrer Führungsoffiziere deutlich zu spüren.

Protokoll eines Abschieds und einer Einreise oder Die Angst vor dem Schwinden der Einzelheiten 160 Seiten, gebunden 1990 | ISBN 978-3-88423-061-9 | 15,20 EUR

Ein junger Schriftsteller stellt für sich und seine Familie den Antrag auf Ausreise aus Rumänien, um in die Bundesrepublik überzusiedeln, denn er gehört der vom Regime bedrängten rumäniendeutschen Minderheit an. Lippets »Protokoll« ist ein Stück unerhörter Literatur, ein Bericht aus einer anderen Welt. Der Autor stellt der scheinbaren Objektivität der Bürokratie die der persönlichen Wahrnehmung entgegen. Er beschreibt, schildert, zählt auf. Seine radikale Trockenheit ist frei von Sentiment und in hohem Maße informativ. »Ein Abschied dauert in der Erinnerung: vor dem Auto stehen, von einem Fuß auf den anderen treten, Ratschläge entgegennehmen, gute Wünsche, Weinende trösten, sich umarmen, sich festhalten, sich losreißen, einsteigen, die Wagentür zuschalgen, winkend zurückschauen bis zur Ecke.«

Die Falten im Gesicht Erzählungen 231 Seiten, gebunden 1991 | ISBN 978-3-88423-073-2 | 18,50 EUR

Ort der beiden Erzählungen ist die verlorene Welt des Banat mit seinen bäuerlichen Menschen, die sich dem Untergang entgegenstellen oder einen Kompromiss mit dem Regime suchen ... und jedesmal zum Scheitern verurteilt sind. »Bei Lippet gibt es auch freundliche Vertreter der Obrigkeit, er kommt ohne die Mörder-Opfer-Dichotomie aus, was seine Geschichten glaubhafter und um nichts weniger berührend macht.« Die Zeit

Der Totengräber Roman

Das Feld räumen Roman Die Tür zur hinteren Küche Band 2 347 Seiten, gebunden 2005 | ISBN 978-3-88423-234-7 | 23,80 EUR

Im zweiten und letzten Teil seines breit angelegten Familienromans aus der bäuerlichen Welt des Banat verfolgt Lippet die Geschichte der Lehnerts weiter. War der erste Band den Ereignissen der unmittelbaren Nachkriegszeit gewidmet, sind nun die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts Gegenstand der detailreichen und atmosphärisch genauen Erzählkunst des rumäniendeutschen Autors. Die wirtschaftliche Katastrophe im Rumänien der achtziger Jahre prägt auch den Alltag des kleinen, fast nur von Deutschen bewohnten Dorfes. Die Menschen sehen in der Auswanderung nach Deutschland die einzige Perspektive. Ausführlich schildert Lippet den Dorfalltag und die vergiftete Atmosphäre unter den Bewohnern, erzählt aberwitzige Geschichten von einer in Auflösung begriffenen Gemeinschaft. Auch Anton Lehnert läßt sich von seinen Töchtern zur Ausreise bewegen. In der fremden Welt jedoch ist ihm auch seine Familie nicht mehr vertraut, er fühlt sich vom alltäglichen Leben gedemütigt und will fort. Wie schon im ersten Band Die Tür zur hinteren Küche ist es Lippet auch hier gelungen, direkt aus der Perspektive des Protagonisten zu erzählen. So findet sich der Leser in einer bäuerlichen Welt mit den ihr eigenen Benennungen und Dialogen wieder, geschildert in einer Sprache, die sich kunstvoll und schlicht dem Dialekt der Rumäniendeutschen anschmiegt.

Kapana, im Labyrinth 48 Seiten, gebunden 2004 | ISBN 978-3-88423-229-3 | 13,50 EUR

Johann Lippets Reise nach Plovdiv beginnt im Banat. Denn es gab in der Nähe von Plovdiv bis 1943 banatschwäbische Siedler, die ihrem Dorf den deutschen Namen Neuhatzfeld gaben. Lippet entdeckt vor seiner Reise Dokumente dieser erstaunlichen Grenzüberschreitung, und es ist nicht die letzte Reminiszenz, die ihn mit Plovdiv verbindet. Kapana, die Falle, wird die Altstadt von Plovdiv genannt. Lippet folgt den gewundenen Pfaden durch das hermetische System eines Jahrtausende alten Geländes und findet es ebenso lebendig wie die lauten modernen Vorstädte. Mit seinem wissenden halb-fremden Blick weiß Lippet doch Erstaunliches zu berichten. Eine Trachtengruppe, in der Rentner Jugendtänze vorführen, Parkszenen mit Liebesbotschaften und Pennern im Sonntagsstaat haben hier ebenso Platz wie seine Freundschaft zu Hund und Katze oder ein missglückter Anschlag auf die Dichterin Mirela Ivanova. In sein Tagebuch, das sich durch einen klaren Blick und lakonische Formulierung auszeichnet, notiert Lippet die Geschichte eines allmählichen Vorstoßes ins Unbekannte, das bei näherer Betrachtung zahlreiche Erinnerungen an die Kindheit in Rumänien birgt.

124 Seiten, gebunden 1997 | ISBN 978-3-88423-114-2 | 16,50 EUR

Die Geschichte Johann Wieners, der als letzter Bewohner in einem banatschwäbischen Dorf übrigbleibt. Als Totengräber und selbsternannter Verwalter seines Dorfes entwirft er Pläne zur Verschönerung des Friedhofs und kann die ins Ausland übersiedelten Bewohner zu großzügiger finanzieller Unterstützung bewegen. So entwickelt sich das Dorf W. zu einem florierenden Betrieb in einem von Not und Mangel geprägten Land ... Johann Lippets Erzählung besticht bei aller Detailgenauigkeit, mit der die untergehende bäuerliche Kultur des Banats geschildert wird, vor allem durch den Hang zur leisen Groteske, dem Absurden, das hinter den Einzelheiten hervorscheint. »Ein beunruhigend unkomischer Humor, nah am Grotesken, ... durchzieht auch diesen Roman der Erinnerung und der Trauer« Neue Zürcher Zeitung

Banater Alphabet Gedichte 48 Seiten, gebunden 2001 | ISBN 978-3-88423-183-8 | 13,50 EUR

Kunstreiche Verse über das Dorf, das Elternhaus, das Maisfeld, die Akazien, ebenso sperrig wie hintergründig mit vielen fremdartigen, schon fast vergessenen Wörtern. Johann Lippets Gedichtband umfasst zwei Zyklen: Im ersten geht es um die strenge Arbeit am Schreibtisch, die Suche nach dem »Wort, das trifft«. Im zweiten Teil bewegt sich das lyrische Ich mit dem Finger auf der Landkarte durch die Ebene östlich von Heygeshalom und entwickelt daraus eine kleine Geschichte des Banat in 24 Gedichten, deren Anfangsbuchstaben in der Reihenfolge A – Z aufeinander folgen. Eine verschwindende oder bereits untergegangene Welt wird hier in kunstreich organisierte, ebenso sperrige wie hintergründige Verse gefasst.

Abschied, Laut und Wahrnehmung Gedichte 85 Seiten, Broschur 1994 | ISBN 978-3-88423-090-9 | 18,50 EUR

Im Exil ist Wahrnehmung die Rettung. Fern von elegischer Wortfülle hält Johann Lippet in seinen Gedichten fest, was war, was ist und was dazwischenliegt: eine Auswanderung vom rumänischen Banat nach Deutschland. In Lippets kunstvoll schlichten Versen ist beides aufgehoben: der Abschied von der bäuerlichen Welt seines Heimatdorfes im Banat und die Selbstvergewisserung in der Wahrnehmng dessen, was in der Stadt Heidelberg, in der er sich niedergelassen hat, noch an Natürlichem durchscheint. »Lippets Gedichte putzen sich nicht heraus, ... Ironie ist ihnen so fremd wie die selbstverliebte Pose, der elegante Effekt.« Frankfurter Rundschau


Reinhold Lagrene (Hg.)

�eu shunal? Was hast du gehört? Klassische deutsche Gedichte in Romanes zweisprachig Romanes-Deutsch

ca. 160 Seiten, gebunden EUR 19,80 (D), 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-590-4

9 783884 235904

Das Romanes, die Sprache der Sinti und Roma, ist durch die europäische Sprachencharta als einzigartiger Bestandteil des kulturellen Erbes Europas anerkannt. Sie wird in den Familien mündlich weitergegeben und ist eine wichtige kulturelle Ressource der Minderheit. Eine Kodifizierung der Sprache gibt es jedoch noch nicht. Der öffentliche Gebrauch des Romanes ist lange Zeit von vielen Angehörigen der Minderheit abgelehnt worden. Zu sehr wirkten die Schrecken der nationalsozialistischen Verfolgung und des Holocausts, dem europaweit über eine halbe Million Sinti und Roma zum Opfer fielen, nach. Sogenannte Rassenforscher, die ab 1936 von der SS mit der vollständigen Erfassung der Minderheit beauftragt wurden, hatten die Sprache der Sinti und Roma erlernt, um sich deren Vertrauen zu erschleichen, auf deren Grundlage später die Deportationen in die Gettos und Vernichtungslager in das besetzte Polen erfolgten. Mittlerweile ist die interne Diskussion um den Spracherhalt und die Sprachpflege fortgeschritten und Reinhold Lagrene sah es als seine Aufgabe an, das Bewusstsein der Sinti und Roma für die Bedeutung der eigenen Sprache zu stärken. Anhand der Übersetzung von Gedichten deutscher Klassiker zeigt er, dass das Romanes eine Sprache ist, deren Lebendigkeit und Vielfalt sich ebenso für den lyrischen Ausdruck eignet wie die Sprache der von ihm übersetzten Werke. Den eigenen Leuten den sprachlichen Reichtum des Romanes näherzubringen und auch der Gesellschaft zu zeigen, dass die Minderheitensprache Romanes alles andere als ein Nischenprodukt ist, hatte er sich zum Ziel gesetzt.

Heu shunal ? Was hast du gehört?

Poesie

Klassische deutsche Gedichte in Romanes

WundeRHoRn

Reinhold Lagrene war lange Zeit selbst literarisch tätig und setzte mit seinen Erzählungen und Gedichten Maßstäbe in der Verwendung des deutschen Romanes. Er ist im November 2016 überraschend im Alter von 66 Jahren gestorben.

Der Band enthält Übersetzungen klassischer deutscher Gedichte in Romanes, sowie Gedichte von Reinhold Lagrene.

Poesie der Nachbarn – Syrien

Deine Angst - Dein Paradies zweisprachig Syrisch-Deutsch

ca. 180 Seiten, gebunden EUR 24,80 (D), 25,50 (A) ISBN 978-3-88423-582-9 Erscheint im März 2018

Mit Gedichten von Lina Atfah, Aref Hamza, Mohmmad Al-Matroud, Rasha Omran, Lina Tibi, Raed Wahesh, übersetzt von Dorothea Grünzweig, Brigitte Oleschinski, Christoph Peters, Joachim Sartorius, Julia Trompeter, Jan Wagner.

Mahmoud Hassanein, geb. 1982 in Kairo, lebt in Mannheim. Übersetzer zeitgenössischer deutscher Prosa ins Arabische. ISBN 978-3-88423-XXX-X Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaften Germersheim der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Promoviert zum Thema Menschenrechte in Translation. 2014 Deutsch-Arabischer Übersetzerpreis des Goethe-Instituts, Kategorie Nachwuchsübersetzer.

9 783884 235829

Hans Thill, geboren 1954 in Baden-Baden, lebt seit 1974 in Heidelberg als Lyriker und Übersetzer. Peter-Huchel-Preis 2004. Mitbegründer des Verlags Das Wunderhorn. Leiter der jährlichen Übersetzer-Werkstatt »Poesie der Nachbarn. Dichter übersetzen Dichter« und Herausgeber der gleichnamigen Reihe. Mitherausgeber der »Reihe P«. Seit 2010 künstlerischer Leiter des Künstlerhaus Edenkoben.

Mahmoud Hassanein/Hans Thill (Hrsg)

Lina Atfah Aref Hamza Mohmmad Al-Matroud Rasha Omran Lina Tibi Raed Wahesh

Bevor Angst du in den Krieg ziehst Deine - Dein Paradies

und Hans Thill (Hg.)

Bevor du in den Krieg ziehst

Mahmoud Hassanein

Die Dichter waren die ersten Demokraten. Eine auf den ersten Blick steile These – für den arabischen Raum Mahmoud Hassanein Hans Thill trifft sie zu, ob in der fernen Geschichte des Goldenen(Hrsg) Zeitalters der Lyrik des Hohen Mittelalters oder in der Neusten Geschichte, etwa der Revolution in Syrien im Poesie der Nachbarn Arabischen Frühling, die zum Vernichtungskrieg Band 29 ausartete: In Syrien waren Syriendie Dichterinnen und Dichter ganz vorn bei denen, die sich für eine Demokratisierung der Gesellschaft einsetzten. Sie haben es gebüßt durch Verfolgung und Exil, jetzt leben einige von ihnen in Deutschland und sind somit die nächsten Nachbarn, die das Projekt »Poesie der Nachbarn. Dichter übersetzen Dichter« je als Gäste hatte.

Dorothea Grünzweig Brigitte Oleschinski Christoph Peters Joachim Sartorius Julia Trompeter, Jan Wagner

Gedichte aus Syrien Wunderhorn

Poesie der Nachbarn (www.poesie-der-nachbarn.de) Die von Gregor Laschen eingerichtete ÜbersetzerWerkstatt »Poesie der Nachbarn – Dichter übersetzen Dichter« ist eine inter national gerühmte Ver anstaltung. Auf der Grundlage philologisch genau erarbeiteter Interlinear-Übersetzungen entstehen in der Woche des Zusammenseins im Künstlerhaus Edenkoben (Pfalz) die Nachdichtungen. Seit 2003 hat Hans Thill die Leitung der Reihe.


Poesie/ZWIESPRACHEN

in der Re

Marcel Be Muskatbl

Steffen P Panzere d Zur Poesie

Dichtung ist Vision,ins ein Sprung ins Unbe»Dichtung ist Vision, ein Sprung Unbekannte. Die kannte. Die Lufteroberung eines bilderreichen Lufteroberung eines bilderreichen Denkens und die Denkens und die Entdeckung des Unsichtbaren als Kontinent hat die Kontinent sprachmächtige Begine Entdeckung des Unsichtbaren als hat die Swantje Lichtenstein, geboren 1970, lebt Mechthild von Magdeburg (ca. 1207-82) als in Köln/Düsseldorf. Arbeitet in untersprachmächtige Begine Mechthild von Magdeburg ‚Fließendes Licht‘ erlebt und in vielschichtischiedlichen Genres zwischen Literatur, gen Gesängen, Bildern erlebt und liedhaft-hybriden (ca. 1207-82) als ›Fließendes Licht‹ und in Kunst und Theorie. Professorin für Text Abhandlungen niedergeschrieben. Ihre so und Ästhetische Praxis in Düsseldorf. vielschichtigen Gesängen, Bildern und liedhaft-hybriaufblitzende geistige terra incognita ist bis Zuletzt erschienen: Geschlecht. Schlagen heute maßstabsetzendes BeispielIhre für das so ewigaufblitden Abhandlungen niedergeschrieben. vom Schlage des Gedichts (2013), KommenUnbeweisbare geblieben. Durch die dichterisch tararten (2015). zende geistige terra incognita ist bis heute maßstabsetfestgehaltene Erfahrung dieses mystischen gebührt Mechthild der Platz einer zendes Beispiel für dasParadoxons ewig Unbeweisbare geblieben. der ersten in deutscher Sprache schreibenden Durch die dichterischFrauen: festgehaltene Erfahrung dieses eine Philosophin der verdichteten Zeit, in dergebührt Gott zeitgleich das alles umfassende mystischen Paradoxons Mechthild der Platz Absolute und das winzig Kleine ist. Wenn ich ­einer der ersten in deutscher Sprache schreibenden ihrem magnetisierenden Spracheifer folge, höre ich – etwa beim schönen Wort „Begine“ – im- in der Frauen: eine Philosophin der verdichteten Zeit, mer auch den Imperativ „Beginne!“. Beginne Gott zeitgleich das alles umfassende Absolute das also mit der Vision, mit der ersten Sprache und der Poesie: mit ihrem einem Sprung ins Unbekannte – ins winzig Kleine ist. Wenn ich magnetisierenden Nichtwissen. (Marica Bodrožić) Spracheifer folge, höre ich – etwa beim schönen Wort ›Begine‹ – immer auch den Imperativ ›Beginne!‹. Beginne also mit der Vision, mit der ersten Sprache der Poesie: mit einem Sprung ins Unbekannte – ins Nichtwissen.« So Marica Bodrožić über ihre gewählte Zwiesprachen-Autorin.

Marica Bodrožić »Die Wahrheit kann niemand verbrennen« – Über die Blickrichtung der Liebe bei Mechthild von Magdeburg

32 Seiten, Klappenbroschur EUR 15,80 (D), 16,30 (A) ISBN 978-3-88423-581-2 Erscheint im März 2018

Uljana W Wandern Theresa H translingu

Marica Bodrožic´

»die Wahrheit kann niemand verbrennen«

Daniela D Das philo um mein F Über Frie

Katharin So oder so Zu Marin

über die Blickrichtung der Liebe bei Mechthild von Magdeburg

»

zWiesprachen

Mirko Bo Die Poesie und Schre

«

Marion P Du ungese Catharina

stiftung Lyrik kaBinett München

Christoph Das zweit und Werk

mehr Inf wunderh

Wunderhorn

978-3-88423-567-6

Marica Bodrožić, geboren 1973 in Dalmatien, zog als Zehnjährige nach Hessen und wuchs in die deutsche Sprache hinein. Sie verfasst darin heute Lyrik, Romane und Essays. Zuletzt erschienen: Das Wasser unserer Träume. Roman (2016) und Das Auge hinter dem Auge. Betrachtungen (2015).

Zwiesprachen – Holger Pils und Ursula Haeusgen (Hg.)

9 783884 235812

Eine Reihe des Lyrik Kabinetts München (www.lyrik-kabinett.de) Dichter widmen sich Dichtern, denen sie eine poetische Reverenz erweisen oder mit denen sie sich im stillen Dialog befinden: Klassiker der Moderne oder früherer Epochen, Neuentdeckungen anderer Literaturen und Zeiten. Steffen Popp: Panzere diesen Äquator, Mond. Zur Poesie César Vallejos 32 Seiten, ISBN 978-3-88423-528-7 Uljana Wolf: Wandernde Errands. Theresa Hak Kyung Chas translinguale Sendungen 40 Seiten, ISBN 978-3-88423-529-4

Daniela Danz: Das philosophische Licht um mein Fenster. Über Friedrich Hölderlin 24 Seiten, ISBN 978-3-88423-530-0

Mirko Bonné: Die Poesie der Erde ist nie tot. Zu Leben und Schreiben von John Keats 32 Seiten, ISBN 978-3-88423-543-0

Marcel Beyer: Muskatblut, Muskatblüt 32 Seiten, ISBN 978-3-88423-532-4

Katharina Schultens: So oder so, an der Naht entlang. Zu Marina Zwetajewa 32 Seiten, ISBN 978-3-88423-542-3

Christoph W. Bauer: Das zweite Auge von Florenz. Zu Leben und Werk von Guido Cavalcanti 24 Seiten, ISBN 978-3-88423-555-3

Swantje Lichtenstein: Von Form von Vorn. Literarisches Hören, performatives Schreiben und Gertrude Stein 32 Seiten,

Marion Poschmann: Du ungeseh’ner Blitz. Zur Dichtung Catharina Regina von Greiffenbergs 32 Seiten, ISBN 978-3-88423-554-6

ISBN 978-3-88423-567-6

Kunst / Geschichte / Heidelberg

Grete Werner-Wesner, Anna Debora Zimmermann (Hg.)

Zäsur Kunst trifft Zeitgeschehen

Im Frühjahr 2016 verwandelte eine Gruppe von Künstlern und Künstlerinnen, aus dem Berufsverband Bildender Künstler Heidelberg und eine Gast-Künstlerin aus Ulm, Zäune, streute Asche aus, installierte Skulpturen, Fahnen und andere Objekte, hängte Bilder auf und bemalte Zimmerwände: es entstand die Kunstausstellung »Zäsur« in der Kommandantenvilla und dem sie umgebenden Park des ehemaligen Headquarters der US-Amerikaner in Heidelberg. Zäsur in der Geschichte Heidelbergs: Kein sanfter Umwandlungsprozess, sondern ein scharfkantiger Übergang von langjähriger militärischer Nutzung zur zivilen Neubelebung und »In-Besitz-Nahme«, den die von Grete Werner-Wesner eingeladenen Künstler und Künstlerinnen aktiv mit Hilfe der Kunst gestalten und reflektieren wollten. Es sollten Akzente gesetzt werden, Akzente für eine große Neuordnung von städtischem Raum, die es so noch nie in Heidelberg gegeben hatte. Die künstlerischen Interventionen könnte man auch als Teil einer Art notwendigen Initiation verstehen, den Beginn einer ganz neuen Phase in der Geschichte der Stadt markierend. Die Publikation Kunst trifft Zeitgeschehen soll die Ausstellung selbst und zum anderen die Vergangenheit dieses Ortes, sowie seine zukünftigen Entwicklungen dokumentieren, die Bedeutung des geschichtsträchtigen Ortes für Heidelberg und seine fast revolutionären temporären Verwandlungsprozesse sollen damit gewürdigt und reflektiert werden.

ZÄSUR

Kunst trifft Zeitgeschehen

9 783884 235874

96 Seiten, Klappenbroschur zahlreiche Farbabbildungen EUR 19,80 (D), 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-587-4 Erscheint im Januar 2018

9 783884 235874

Mit künstlerischen Arbeiten von Susanne Bauernschmitt, Stanford Fata, Caroline Laengerer, Petra Lindenmeyer, Ada Mee, Claus Meßmer, Klaus Meyer, Sigrid Münch-Metzner, Isabell Riederer, Regine Scharf, Grete Werner-Wesner, Anna Debora Zimmermann. Mit Textbeiträgen von Hans Gercke, Joachim Gerner, Kristina Hoge, Felix Meyer-Christian, Franz Schneider, Eckart Würzner, Anna Debora Zimmermann.


Kunst

Museum Ritter (Hg.) Ein Quadrat ist ein Quadrat ist ein Quadrat Katalog zweisprachige Ausgabe Deutsch-Englisch

280 Seiten, gebunden zahlreiche Farbabbildungen EUR 29,50 (D), 30,00 (A) ISBN 978-3-88423-580-5 Erscheint im August 2018

Der dritte Sammlungskatalog des Museum Ritter stellt erneut eine exemplarische Auswahl von über 110 Werken der Sammlung Marli Hoppe-Ritter vor. In den Beständen der Sammlung befinden sich mittlerweile über 1000 Gemälde, Grafiken, Plastiken und Objekte geometrischabstrakter Kunst rund um das Thema Quadrat. Ihre Spannbreite reicht von historischen Positionen wie dem russischen Konstruktivismus und dem Bauhaus über die geometrisch-abstrakte Kunst der Zürcher Konkreten und die Op Art bis hin zum aktuellen Neo Geo und konstruktiven Lösungen der Gegenwartskunst. Die überwiegend aus Europa stammenden Arbeiten zeigen, dass sich fortwährend neue, spannenden Möglichkeiten im künstlerischen Umgang mit dem Quadrat eröffnen. Mit über 110 Bildtexten, einem Vorwort von Marli Hoppe-­ Ritter, einer Einführung von Barbara Willert und weiteren Texten.

9 783884 235805

Kunst

Museum Ritter / Barbara Willert (Hg.)

Jacob Dahlgren. Quality Through Quantity Katalog zweisprachige Ausgabe Deutsch-Englisch

40 Seiten, Broschur zahlreiche Farbabbildungen EUR 14,80 (D), 15,50 (A) ISBN 978-3-88423-579-9 2017

9 783884 235799

Der ausstellungsbegleitende Katalog gibt einen Einblick in das ungewöhnliche Werk des schwedischen Künstlers Jacob Dahlgren (geb. 1970). Seine Kunst entsteht vorzugsweise aus massenproduzierten Alltagsgegenständen: Kleiderbügel aus Plastik, Bleistifte, Meterstäbe oder Handsägen verwendet er in großen Mengen, um daraus Werke zu schaffen, in denen das Prinzip der vielfachen Wiederholung transformatorisch wirkt und Neues hervorbringt. Das vermeintlich qualitätssichernde Motto »Klasse statt Masse« führt Dahlgren in diesen Arbeiten ad absurdum. Er beweist, dass Quantität und Qualität einander nicht ausschließen, sondern Klasse gerade auch durch Masse entstehen kann. Mit einem Vorwort von Marli Hoppe-Ritter und Texten von Jens Asthoff und Barbara Willert.


Backlist

Philippe Soupault Die Zeit der Mörder. Erinnerungen aus dem Gefängnis

Patrick Chamoiseau Migranten

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller

Die Ideologie in den westlichen Ländern besagt, wir bräuchten unseren Frieden, »die Ruhe der Zivilisierten«, und diese werde von den Migranten gestört, sie seien Eindringlinge wie einst die Barbaren im antiken Griechenland. Chamoiseau sieht jedoch die Barbarei im Inneren der westlichen Gesellschaften, die dem neoliberalen kapitalistischen System hörig sind. Unter der Herrschaft des Maximalprofits verlieren alle, bis auf einige wenige. Dabei wurde der Reichtum des Westens von allen erbracht, nicht zuletzt von den Menschen in den Kolonien, aber auch über Generationen von den Arbeitnehmern. Dieser Reichtum steht daher allen zu. Die kulturelle, menschliche Seite der Globalisierung ist die »Mondialität«, das Bewusstsein, dass die Welt eins ist. Die Migranten zeigen auf, dass den großen Gewinnern diese Welt nicht gehört.

Philippe Soupault war 1938 von Léon Blum, dem ersten sozialistischen Premierminister Frankreichs, beauftragt worden, in Tunis eine Radiostation aufzubauen, um der Propaganda der italienischen Faschisten etwas entgegenzusetzen. Tunesien war damals französisches Protektorat. Der Überfall Hitlers auf Frankreich 1940 und das damit verbundene Vichy-Regime unter Marschall Pétain hatten daher auch Folgen für Tunesien. Der Antifaschist Soupault wurde umgehend seines Postens als Direktor von Radio Tunis enthoben. Im März 1942 wurde er wegen Hochverrats verhaftet und in das Gefängnis von Tunis gebracht. Soupault porträtiert seine Mitgefangenen, seien es Kriminelle oder Widerstandskämpfer, be­r ichtet über die Demü­tigungen und Erniedrigungen, die sie Tag für Tag erleiden müssen.

Essay Aus dem Französischen von Beate Thill

Aya Cissoko Ma

Roman Aus dem Französischen von Beate Thill

Ma ist die berührende Geschichte von Mutter und Tochter, die, hin- und hergerissen zwischen Tradition und Modernität, zwischen Afrika und Europa, nach dem Eigenen suchen. Im Zentrum des Romans steht die Mutter, Massiré Dansira, die im Alter von 15 Jahren aus Mali nach Frankreich eingewandert ist und – nach dem Tod ihres Mannes – als Alleinerziehende mit den Widrigkeiten des Lebens und vor allem der von Männern beherrschten Welt ihrer Herkunft zu kämpfen hat.

Zwei arbeitslose schwarze Migranten hausen in einer versifften Einzimmerwohnung in Montreal. Der eine liegt auf der Couch, hört den ganzen Tag Jazz, liest im Koran und zitiert Freud. Der andere schreibt auf seiner Remington 22 – das nächtliche Klappern der Tastatur weckt die Neugier der weißen Studentinnen der angesehenen McGill-Universität. Welcher Entgrenzungswunsch ist es, der aus den bildungshungrigen Bürgertöchtern Dauergäste in der Bude der Habenichtse macht? Für die beiden Freunde ist jede eine »Miz«, Miz Literatur, Miz Snob … und aus dem Versuch, sich einen Reim darauf zu machen – unter Befragung der literarischen Tradition jeglicher Couleur –, wächst der Roman in einer souveränen, gewitzten Sprache, wird aus dem exotischen Lover ein Autor. »Eine hinreißend böse, unerhört komi­ sche und untergründig melan­cholische Hommage an die Überlebenskunst der Marginalisierten, eine Feier des Lebens und der Literatur als Kampfansage – und eine, ja, Liebeserklärung an die Frauen.« Süddeutsche Zeitung, Insa Wilke

»Ein großartiges Panorama verschiedenster Charaktere, die alle das eine vereint, nämlich die Sehnsucht nach Freiheit.« WDR 3, Peter Urban-Halle

400 Seiten, gebunden EUR 28,00 (D), 29,00 (A) ISBN 978-3-88423-570-6 Ebook 978-3-88423-571-3 2017

Dany Laferrière Die Kunst, einen Schwarzen zu lieben ohne zu ermüden

80 Seiten, Broschur EUR 18,00 (D), 18,50 (A) ISBN 978-3-88423-577-5 Ebook 978-3-88423-578-2 2017

144 Seiten, gebunden EUR 19,80 (D), 20,40 (A) ISBN 978-3-88423-568-3 Ebook 978-3-88423-569-0 2017

Roman Aus dem Französischen von Beate Thill

»Aya Cissoko, 38, hat einen autobiografischen Roman geschrieben, der unerhört nah an der Alltagswirklichkeit von Migranten im heutigen Frankreich spielt. Eine Welt aus Vorurteilen, täglichem Rassismus und scheinbarer Chancenlosigkeit.« ZDF aspekte »Ma hätte ein trauriges, wütendes Buch werden können. Aber der Sound ist versöhnlich, menschenfreundlich, von einer Autorin, die das Durchsetzungsvermögen und die Beharrlichkeit ihrer Mutter geerbt zu haben scheint.« TAZ, Holger Heimann

190 Seiten, gebunden EUR 24,80 (D), 25,50 (A) ISBN 978-3-88423-572-0 Ebook 978-3-88423-573-7 2017

Fotonachweise: S.1: VG Bild-Kunst Bonn/Manfred Metzner; S.3: Ivan Muller; M. Ntshanga; Theo Bruns; S.4: Johannes Kauper; S. 6: Verlag

Auslieferungen / Vertretungen Deutschland/Österreich Prolit Buchvertrieb GmbH Monika Pankratz Postfach 9 35461 Fernwald Tel. 0641 / 943 93 22 Fax 0641 / 94 39 31 99 M.Pankratz@prolit.de

Schweiz

AVA Verlagsauslieferung AG Centralweg 16 CH-8910 Affoltern am Albis Tel. 0041/ 44/ 762 42 50 Telefax 0041/ 44 /762 42 10 avainfo@ava.ch www.ava.ch

Deutschland

Schweiz

Rudi Deuble c/o Stroemfeld Verlag Holzhausenstraße 4 60322 Frankfurt Tel. 069 / 95 52 26 22 Fax 069 / 95 52 26 24 r.deuble@me.com

Sebastian Graf Uetlibergstrasse 84 CH-8045 Zürich Tel. 0041/44 463 42 28 Fax 0041/44 450 11 55 sgraf@swissonline.ch

Österreich

Helga Schuster Stutterheimstraße 16-18/OG 5/Top 2 A-1150 Wien Tel./Fax 0043/676/529 16 39 helga.b.schuster@gmail.com

Wir unterstützen die Arbeit der Kurt Wolff Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene: www.Kurt-Wolff-Stiftung.de Am 24. März 2018 ist Indiebookday!

Wunderhorn-Verlag

DasWunderhorn

Verlag Das Wunderhorn GmbH · www.wunderhorn.de Rohrbacher Straße 18 · D – 69115 Heidelberg · Tel. 06221/40 24 28 · Fax 40 24 83 · wunderhorn.verlag@t-online.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.