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RATGEBER
Du musst nicht perfekt sein, Mama! Margrit Stamm, Piper 2020, ISBN 978-3-492-07026- 3, Euro 18
MARGRIT STAMM
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Von wegen perfekt
Mütter sind heutzutage enorm hohen Erwartungen ausgesetzt: Mit dem Kind soll alles möglichst perfekt laufen, gleichzeitig sollen sie einen vernünftigen Beruf ausüben und auch noch entspannt den Alltag meistern. Margrit Stamm schreibt gegen den Supermama-Mythos an. Gerade ist „Du musst nicht perfekt sein, Mama!“ erschienen.
Text: Tanja Römmer-Collmann
Anders als der etwas flapsig anmutende Titel „Du musst nicht perfekt sein, Mama!“ vermuten lässt, erwartet uns in Margrit Stamms neuem Ratgeber keine augenzwinkernde Aneinanderreihung von Familien-Anekdoten. Denn der Schweizer Erziehungswissenschaftlerin geht es um viel mehr: Sie liefert eine fundierte Gesellschaftsanalyse, die die Ursachen und Ausprägungen für ein weit verbreitetes Mutterbild aufdeckt: Trotz Berufstätigkeit sollen Mütter eine intensive, harmonische und zeitaufwendige Beziehung zu ihren Kindern führen. Läuft es beim Kind nicht perfekt, wird schnell vermutet, die Mutter „kümmere sich nicht richtig“ oder „habe ja auch wenig Zeit“. Und das, obwohl nicht berufstätige Mütter schon lange auch einem hohen gesellschaftlichen Druck ausgesetzt sind: „Wann fängst du wieder an zu arbeiten?“, „Ach so, du hast zurzeit gar keinen Job ...“ Der sogenannte Supermama-Mythos als Idealbild stelle enorm hohe Anforderungen an Frauen und führe dazu, dass viele Mütter unter Selbstvorwürfen, Selbstzweifeln und einem permanenten schlechten Gewissen leiden.
Wege aus der Supermama-Falle Margrit Stamm zeigt aber nicht nur Missstände auf, sondern benennt auch Wege aus der Supermama-Falle. Sie erklärt, dass die sogenannte „intensive Mutterschaft“, bei dem das Kind den Lebensmittelpunkt der Frau darstelle, nicht nur der Mutter, sondern auch dem Kind schade. Ist diese Erkenntnis erstmal gewonnen, lässt es sich leichter von den überzogenen Ansprüchen Abschied nehmen und im erzieherischen Alltag auch mal unperfekt sein. Damit gewinne die Mutter Raum und Zeit für sich, für den vielleicht längst zum Erziehungsassistenten degradierten Partner und letztendlich auch für ein harmonischeres Miteinander mit dem Kind. Dies alles legt Stamm, die selbst zwei Kinder großgezogen hat, in fünf ausführlichen Kapiteln dar. Fallbeispiele, Checklisten und Tabellen lockern die Ausführungen auf. Kurze Abschnitte erleichtern die Orientierung und erlauben auch ein gewisses Querlesen. In „Du musst nicht perfekt sein, Mama!“ hat Margrit Stamm ihre gesammelte Lebenserfahrung als Erziehungswissenschaftlerin, Mutter und Frau einfließen lassen – es lohnt sich, das Buch immer mal wieder unter einem anderen Aspekt zur Hand zu nehmen.