Elf Jahrhunderte und ein halbes liegen zwischen uns und der Schaffung des slawischen
Alphabets. In der Mitte des 9. Jahrhunderts sagte ihr Schöpfer Konstantin–
Kyrill der Philosoph († 869) die emblematischen Worte: “Völker ohne Bücher sind
nackt.” Damit drückte er seine tiefe Überzeugung von der Notwendigkeit geistiger
Bildung und der Bedeutung des geschriebenen Wortes für das Überleben einzelner
ethnischer Gruppen in der Kulturgeschichte der Welt aus. Und obwohl in der mittelalterlichen
Welt die Ideen des Slawenapostels sich im Kontext der christlichen
Auffassung vom Sinn des menschlichen Daseins erschließt, so durchbrechen sie
doch den Rahmen des historischen Augenblicks und stellen unsere technologischen,
virtuellen, globalisierten und aller Geheimnisse entblößten Lebensstereotypen
vor neue Fragen.