EDITORIAL
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lljährlich im November findet das Internationale Jugend Medien Festival YOUKI in Wels (Oberösterreich) statt. Heuer strahlte die bereits 14. Ausgabe zwischen 20. und 24. November im Medien Kultur Haus sowie im Alten Schlachthof über die Leinwände. Während dieser Zeit nutzte eine Gruppe Jugendlicher das Festival als Ort, um eigenständig ein Magazin zu produzieren, das wir nun freudig präsentieren dürfen.
Das YOUKI Magazin soll Anlass bieten, um gedanklich noch einmal ins letzte Festival zurückzukehren und in Erinnerungen zu flanieren. Auch sollte das Festival als Quelle der Inspiration dienen und als Impuls, um über Jugend- Medien- und Popkultur nachzudenken. Zeitunabhängig wurden auf den folgenden Seiten Gedanken dazu verschriftlicht. „Teenager in Love“ war das Thema, um das 2012 theoretische Vorträge, Filmprogramme und auch Konzerte kreisten – „cause each night I ask the stars up above why must I be a teenager in love“ fragten Dion and the Belmonts 1959, „What is Love“ schob Haddaway 1992 als Eurodance Top-Hit nach. Wenn diese beiden Fragen – und daran anknüpfende – während des Festivals aufgeworfen wurden und sich somit verdeutlichte, dass unsere Welt eine gemachte ist und mit Medien(Bildern) sowie Kulturwaren korrespondiert, so scheint bereits einiges gewonnen. Wenn zudem viele davon berichten, zusammen eine glückliche Festivalwoche verbracht zu haben, so gibt es kaum ein schöneres Lob. Wir möchten an dieser Stelle nochmals all jenen danken, die für das Gelingen des Festivals mitverantwortlich waren – vor allem aber auch jenen, die das ganze Jahr dafür sorgen, dass YOUKI von Ausgabe zu Ausgabe entsteht und in den Köpfen verweilt. Besonderer Dank gilt freilich allen, die für das YOUKI Magazin 2012 geschrieben haben und insbesondere den beiden Projektbegleiterinnen. Ergänzt sind die Beiträge junger Autor_innen um einen umfangreichen, theoretischen Text des Hamburger Autors und Wissenschafters Manuel Zahn, dessen Buch „Ästhetische Film-Bildung“ (transcript Verlag) für uns im letzten Jahr von Bedeutung war. Auch ihm gilt unser Dank. Abschließend möchten wir Sarah Schögler und Sarah Oos für die grafische Gestaltung und ihr unermüdliches Engagement herzen.
www.youki.at
2013 findet YOUKI von 19. bis 23. November statt. Allzeit freuen wir uns über Anregungen und diskursiven Austausch. Wir wünschen anregende Lektüre, die hoffentlich dazu ermutigt, YOUKI im kommenden Jahr (erneut) zu besuchen! Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger für YOUKI Internationales Jugend Medien Festival
IMPRESSUM
HERAUSGEBER YOUKI Internationales Jugend Medien Festival Media Space Pollheimerstraße 17 4600 Wels ERSCHEINUNGSORT 4600 Wels DRUCK flyeralarm.at GRAFIK Sarah Schögler GRAFIK-ASSISTENZ Sarah Oos
FOTOGRAF_INNEN Lukas Maul Xenia Bluhm Tobias Stadler REDAKTIONSLEITUNG Mirjam Bromundt Bettina Enzenhofer REDAKTION Bernadette Aigner Georg Csarmann Esther Distlbacher Astrid Dober Kathi Gärtner Michaela Greil Rosi Grillmair
Laura Haas Amelie Kaserer Milena Klien Aida Koné-el-adji Orenda Sophie Mohan Anna Rieder Lena Steinhuber David Tiefenthaler Simay Zwerger PROJEKTLEITUNG Peter Schernuber Sebastian Höglinger KONTAKT office@youki.at
Fotos und aktuelle Informationen: www.youki.at und www.facebook.com/youkiinternationalyouthmediafestival
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INHALT 3
EDITORIAL
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YOUKI 14
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VON FESTIVALS UND ALTERNATIVEN KULTURSZENEN
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TEENAGER IN LOVE
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WER IST EIGENTLICH...
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FESTIVALPROTAGONIST_INNEN
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ES WIRD GELIEBT...
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WORKSHOPS
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SPONSOR_INNEN
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YOUKI 15
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VON FESTIVALS UND ALTERNATIVEN KULTURSZENEN
YOUKI YOUKI YEAH
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In Wels grassiert wieder das jährliche YOUKI-Fieber. Entkommen kann man der Epidemie nicht. Am besten man freundet sich mit dem Virus an und besucht so viele Veranstaltungen wie möglich. TEXT Simay Zwerger
bends wollen wir dann noch die Stadt erkunden, beziehungsweise das Städtchen. Marschieren los, auf einmal so: „Hey, guck mal! Überall hängen diese YOUKI-Plakate!“ Stimmt. In Wien hängt kein einziges dieser Plakate, dessen Grafik wir sehr gelungen finden, und hier in Wels ist es om-ni-prä-sent! In jedem noch so kleinen Einkaufsladen hängt in der Auslage mindestens ein Plakat, ein Geschäft hat sogar die Flyer zu einem großen „YOUKI“- Schriftzug angeordnet. Noch nie sind wir durch eine kleine Stadt mit so viel Begeisterung marschiert. Alle paar Meter halten wir an und machen uns gegenseitig auf eine andere Auslage aufmerksam. Wels scheint sehr stolz darauf zu sein, jährlich die YOUKI zu beherbergen. Zu Recht! Das Medien Kultur Haus und der Alte Schl8hof sind genau die richtigen
Locations für junge Leute und innovative Ideen. Ich fühle mich sofort wohl und wie in einer großen Familie. Niemand verhält sich geizig, man teilt Essen, Getränke und Gedanken. Dass man auch mal auf Englisch umsteigen muss, stört wohl kaum jemanden. Obwohl man sich noch gar nicht lange kennt, erzählt man sich die witzigsten Familiengeschichten, die sonst höchstens die engsten Freund_innen zu hören bekommen. Mit einem guten oberösterreichischen Weißen Spritzer in der Hand lacht man gemeinsam, als würde man sich schon lange kennen, und schließt schnell neue Freund_innenschaften. Für uns aus Wien ist dieser familiäre Umgang eher ungewohnt, aber wir sind so begeistert von dieser freundlichen Grundstimmung, dass wir gern von Anfang an dabei gewesen wären. Nächstes Jahr holen wir das nach!
WORK ALL DAY, PARTY ALL NIGHT.
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els ist nicht die mondäne Metropole, in der Filmfestivals stattfinden und die Stars sich am roten Teppich im Blitzlichtgewitter räkeln. Doch während des YOUKI-Festivals herrscht in der für Großstädter_innen eher verschlafenen Stadt der Ausnahmezustand. Jedes Geschäft, das halbwegs was auf sich hält, hat ein YOUKI-Plakat im Schaufenster hängen, die Sticker mit gehaltvollen Botschaften des Festivals schmücken die Stadt und die Jugendlichen, die plötzlich aus allen Ländern in Wels einfallen, senken den Altersdurchschnitt um gefühlte vierzig Jahre. Und das ganz ohne roten Teppich. Wenn man so wie ich erst während des Festivals ankommt und eintaucht, ist man schier überwältigt
von dem Vibe, der hier herrscht. Vorzügen einer festen SchlafstätDie Stimmung lässt sich vielleicht te und Verpflegung. Das Motto als konstruktiv-kreativ-authentisch „work all day, party all night“ wird beschreiben. Der Alte Schl8hof in einer Art umgesetzt, die in Öswurde zum Mittelpunkt des Fes- terreich ihresgleichen sucht. Das tivals erklärt, als Location für eine Abendprogramm kann sich sehen Veranstaltung dieser Art wohl die lassen, Acts und DJs muss hier denkbar beste Wahl. Und wich- irgendein_e Gött_in ausgesucht tig: Internationalität wird hier haben, anders kann ich mir das verdammt großgeschrieben! Am Line-Up nicht erklären. Gang der Jugendherberge, in Die Organisatoren der YOUKI 14 der praktisch alle YOUKIs woh- haben geschafft, worum sich einen, ist es selbstverständlich, fünf gentlich jedes Festival bemühen verschiedene Sprachen gleichzei- sollte, was aber nur den wenigstig zu hören. Beim Wort „Festival“ ten wirklich gelingt: Menschen denkt man meist an schlechtes von überall her zusammenzubrinEssen, kaum Schlaf, viel Alko- gen, die für dieselbe Sache brenhol und gute Musik. Das Welser nen und für ein paar Tage in einer Medienfestival schafft aber den gemeinsamen Welt versinken. Balanceakt und vereint die positiven Eigenschaften eines Fes- TEXT tivals (Musik & Alkohol) mit den David Tiefenthaler
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DIE LIEBE ZUM AUSNAHMEZUSTAND
Warum Multi-Kreative manchmal in Hasenkostümen herumlaufen. Und wie man es vermeidet, schon wieder die Heringe zu verlieren. TEXT Amelie Kaserer, Milena Klien
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Warum macht es sich ein Däne zur Profession, jährlich splitternackt an einem Lauf teilzunehmen, dessen Preis eine einfache Eintrittskarte ist? Mit welcher Motivation trainiert er für dieses kuriose Rennen, das er vergangenen Sommer bereits zum dritten Mal in Folge gewonnen hat? Was treibt den jungen Herrn zu diesen athletischen Höchstleistungen an? Roskilde – das größte dänische Musikfestival, das seinem treuen Sieger einen Festivalpass für seine Schnelligkeit schenkt.
Irgendetwas müssen sie doch haben, diese Festivals, wenn ihre Besucher_innen in der Manier der traditionell-griechischen Olympia so dafür kämpfen. Was macht diese Events dermaßen attraktiv? Die Formel ist eigentlich ganz einfach: Festivals versammeln Leute aus aller Welt auf begrenztem Platz, in einer begrenzten Zeitspanne, zu einem begrenzten Themengebiet. Man nimmt sich eine Woche frei, schwänzt (jaja, nur ausnahmsweise) die Schule, und verwirft mit dem ersten Schritt auf’s Gelände
VON FESTIVALS UND ALTERNATIVEN KULTURSZENEN
den gewohnten Alltag, tauscht früher: Im antiken Griechenland ihn für einen anderen aus. Fast nannte man die Inszenierung von abgekapselt von der Nicht-Fes- Theateraufführungen „Festspiele“, tivalwelt wandert man durch die diese Festivitäten waren meist poTage, als ob man selbst Teil eines litisch oder dienten zur Demonstgezeigten Films, eines vorgestell- ration von Macht. Die Idee einer ten Buches, einer besuchten Band öffentlichen Aufführung von Muwäre, man verschwimmt mit dem sik kam erst im 18. Jahrhundert Festival und ist fast schon scho- auf. Auch damals dienten solche ckiert, später allein Zuhause im Musik- oder Schauspielfestspiele Bett noch existent zu sein. Der_ der Bildung eines Kollektivs und die Einzelne wird hier zum Ganzen, einer Gemeinschaft mit ähnlichen kein Festival ohne die euphori- Interessen. Doch während die sche Menge. Doch die Geschich- frühe Entwicklung der Festspiele te des Festivals beginnt schon viel beziehungsweise Festivals eher
im europäischen Raum stattfand, stammt das wahrscheinlich berühmteste Festival des 20. Jahrhunderts aus Amerika. Das Event, zu dem 1969 mehr als 400.000 Menschen pilgerten, das noch heute für Frieden und den Höhepunkt der Hippiebewegung steht, dessen Name bestimmt jede_r schon mindestens einmal gehört hat: Woodstock. Wer 44 Jahre später, also im Sommer 2013, noch einmal ein wenig – zumindest symbolische – WoodstockLuft schnuppern will, kann es mit
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dem Frequency Festival in St. Pölten versuchen, denn das findet 2013 ebenfalls von 15. bis 17. August statt, genauso wie die amerikanische Mutter der Musikfestivals damals. Wenn man über den Tellerrand dieser Festival-Gattung hinausblickt, eröffnet sich ein viel umfangreicheres „festivales“ Angebot an Literatur-, Comic-, Kabarett-, Food- und Filmfestivals. Vor allem zu letzterem gibt es viele Beispiele: die Filmfestspiele in Cannes, die Berlinale, in Österreich die Viennale, die Diagonale in Graz, das queere Wiener Filmfestival identities und, man wagt es schon fast zu erraten, die YOUKI in Wels. Die
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YOUKI stellt wohl die beste Lösung für unentschlossene Multi-Kreative dar, denn abgesehen vom Filmprogramm werden viele Workshops angeboten, in denen zum Beispiel Sportfilme oder Hörspiele erarbeitet werden. Außerdem gibt es jeden Abend eine Nightline mit Bands und DJs. Diese Konzerte sind beliebter Treffpunkt für junge Film-, Musik- und Literaturschaffende. Es wird gefeiert, geplaudert, getanzt, sprich einfach die gemeinsame Zeit genossen – und oft schon das nächste gemeinsame Projekt geplant. Dem 20-jährigen Flo, der hier als Moderator tätig ist, gefällt vor allem der direkte Kontakt mit den
Menschen: „Ich mag es, dass keine_r anonym ist. Jede_r geht offen aufeinander zu, nach dem zweiten Tag kennt man fast alle Gesichter hier“. Nahezu alle der befragten YOUKIBesucher_innen erklären sich den Charme eines Festivals mit den verbindenden Interessen, weswegen man hier ist, und mit dem gewissen „Landschulwochenfeeling“, wie es Sebastian Höglinger, einer der Festivalleiter, formuliert: „Festival bedeutet Liebe zum Ausnahmezustand.“ Klingt verlockend, oder? COLLAGE Sarah Schögler
VON FESTIVALS UND ALTERNATIVEN KULTURSZENEN
Zur besseren Orientierung für alle, bei denen unbändige Lust auf derartige Events geweckt wurde, hier einige auf eigenen Erfahrungen basierende Tipps.
Must-Haves für ein Festival auf offenem Gelände sind:
Verzichtbare Dinge auf offenem Gelände sind:
Wurfzelt (1) Erspart stundenlange Aufbauarbeiten und ver- Eine Haarbürste: Vergesst es! Der Versuch, das lange Haupthindert Missgeschicke jeglicher Art, wie beispielsweise das haar auch nur annähernd zu bändigen, ist zum kläglichen bekannt Malheur der verlorenen Heringe, das eine_n Scheitern verurteilt. Ist es nicht der Staub, der sie zur mobilen zwingt, die spärlichen Stunden Schlaf eingewickelt in der Wüste Gobi macht, ist es der Kaugummi, der drin hängt, das Zeltplane zu verbringen. „versehentlich“ verschüttete Cola, das verklebt, oder einfach ein unglücklicher Vorfall mit dem Reißverschluss des Campingstühle mit Dosenbierhalter (2) Doppelt hält besser! Schlafsacks. Als beste Lösung bietet sich der Dutt an: VerBlutige Festivalanfänger_innen vergessen gerne auf den über- birgt fettiges, verfilztes, oder schief abgeschnittenes Haar lebenswichtigen Alleskönner (Sitzgelegenheit/Schlafplatz/Ge- auf akzeptable Weise. tränkeablage) und begeben sich in den frühen Morgenstunden auf skrupellose Campingsesseljagd (Stühle nie vorm Zelt iPod: Aber nicht wirklich, oder? stehen lassen!). Oft fungieren sie auch als Hauptbestandteil avantgardistischer Kunstwerke, meist nachdem sie für ihre Grundsätzlich alles,was zu groß ist, um in Hosentaschen eigentliche Funktion aus unt erschiedlichsten Gründen nicht verstaut werden zu können (impliziert Verzicht auf Röcke. Ja, mehr zu gebrauchen sind („Den Basti hält er auch noch aus, ok, ausgenommen Schottenrock, aber bloß in traditioneller schau, gar nix bricht da runt-“). Tragweise!) Zwei Rollen Klopapier (3) Enough said.
Bei jeglicher Art von Festival dringend erwünscht:
Wegwerfkamera (7) Einerseits keine Tragik bei Verlust, anTrekkinghose (4) Die Pragmatiker_innen werden dieses muldererseits sowohl positive als auch negative Überraschungen tifunktionale Kleidungsstück wohl keinen Tag lang entbehren. beim Abholen der entwickelten Abzüge (negativ empfunden Ob klassisch, dreiviertel, bermuda oder short – die Trekkingoft von der abgebildeten Person: „Warum habe ich da ein hose zippt in allen Varianten. Sieht dann aber auch immer … Hasenkostüm an?“). Außerdem ist sie robust und leicht vernach Trekkinghose aus. staubar, wahlweise sogar für Unterwasserbilder zu erhalten – sehr empfehlenswert bei Ausflügen in den Springbrunnen des Eintageskontaktlinsen (5) Brillen erweisen sich als äußerst Stadtparks. problematisch. Zwar schützen sie die Augen unter anderem vor Staub, das sieht man ihnen aber im Nachhinein auch Bier (8) Natürlich geht es ohne. Aber es geht eben nun auch an – oder auch nicht, sollte dem_der Träger_in aufgrund des mal mit. Schmutzes der Blick in den Spiegel verwehrt werden. Die clevere Alternative sind gar nicht mal so teure Wegwe heißt es Motivierte Leute (9) Wer will schon alleine auf einem Festiwohl wortwörtlich auf nimmer Wiedersehen. val sein? Viele bezeichnen die Gemeinschaft mit den übrigen, oft wildfremden Besucher_innen als größte Bereicherung. Sei Badezeug (6) Schlammrutschen ist Pflicht! es für die reine Spaß- oder für eine produktive Arbeitsatmosphäre, für angeregte Kunstdiskussionen oder zum Schließen internationaler Bekanntschaften – der soziale Aspekt ist wahrscheinlich das, was ein Festival so unwiderstehlich macht.
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ILLUSTRATIONEN Orenda Sophie Mohan, Sarah Oos, Denise Mitterhofer
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KULTURWIDERSTAND
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oogelt man „Jugendkultur Wels“, stößt man zunächst auf die Homepage einer politischen Partei, erst danach folgen acht Ergebnisse, die alle auf die Website des Medien Kultur Haus (MKH) führen. Jugendkultur? Arkadenhof, Stadttheater, Kornspeicher – Raum für Kultur gibt es in Wels genug. Trotzdem schrumpft das kulturelle Angebot gerade für Jugendliche immer weiter. Nachdem im Juli das vorerst letzte Kon-
zert im Soundtheatre stattfand, musste auch mit Ende des Sommers das beliebte Lokal „Flogging Molly Irish Pub“ in der Innenstadt aufgrund finanzieller Schwierigkeiten schließen. Diese Probleme werden allerdings welsweit großteils totgeschwiegen. Was also tun in der Freizeit? Sind keine Alternativen vorhanden, besucht man freitags eben die Disco, die schon wegen unzähligen rassistischen Vorfällen angezeigt
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wurde oder hält sich in Parks, bei Kirchen oder am Bahnhof auf und lässt sich so auf Kontrolle durch die Ordnungswache ein. Der Kulturverein Alter Schl8hof ist für viele der Mittelpunkt der Welser Kulturszene. Bereits seit 1985 finden hier Konzerte, Kabaretts und Festivals statt, auch Schulfeste und private Geburtstagspartys wurden in diesem großen Welser Kulturzentrum schon veranstaltet. Allerdings hat der Alte Schl8hof unter vielen Jugendlichen einen schlechten Ruf. Und das MKH,
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der neue Hauptveranstaltungsort der YOUKI, ist den meisten unbekannt. Dem Lehrling Josef ging es da nicht anders: „Ich habe von der YOUKI durch eine Freundin erfahren. Als ich nachschauen wollte, was das genau ist und was man da macht, habe ich nirgends eine konkrete Antwort gefunden.“ Vielen jungen Menschen, die sich noch in Ausbildung befinden, fehlt der Zugang zu Kultur – oder sie ist einfach nicht leistbar. „Ich gehe lieber in ein Lokal, wo ich nur für die Getränke aufkommen muss, als in den Schl8hof, wo man meist mindestens acht Euro Eintritt bezahlen muss. Das
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MKH und die YOUKI kennt außerdem fast niemand. Mir kommt vor, dass dafür nur in gewissen sozialen Kreisen geworben wird. Man müsste in Schulen oder Lokale gehen und dort Flyer verteilen!“, sagt die 18-jährige Kristina. Tatsächlich wirkt es für viele junge Menschen in Wels so, als wären die Kulturzentren Schl8hof und MKH eine abgeschlossene Community, in die man nur schwer hineinkommt. Genau wie z.B. linke Gruppierungen machen auch Kulturszenen oft den Fehler, sich abzugrenzen und sprechen eher bildungsnahe Schichten an. Und wenn sich nicht schon die Eltern in
diesen Szenen bewegt haben, ist es für Jugendliche umso schwerer, einen Zugang zu finden. Politiker_innen reduzieren ihr Engagement darauf, sich ein bis zwei Mal im Monat bei kulturellen Events fotografieren zu lassen. Gleichzeitig wird im Gemeinderat diskutiert, ob die Subventionen für das MKH zu hoch sind; dem Antrag zur finanziellen Förderung stimmten alle Parteien, mit Ausnahme der FPÖ, geschlossen zu. FPÖ-Stadtrat und Mitglied des MKH-Kuratoriums Andreas Rabl besteht darauf, stattdessen die Subventionen für das RichardWagner-Festival auf 80.000 Euro
VON FESTIVALS UND ALTERNATIVEN KULTURSZENEN
zu erhöhen. Das entspricht laut Renate Doppler, Intendantin des Festivals, ca. zehn Prozent des Welser Kulturbudgets. Das Wagner-Festival ist per Definition eigentlich kein Festival, sondern ein Kulturprojekt, das jährlich Opern aufführt und um die tausend Besucher_innen zählt. Die Karten kosten ab neunzig Euro aufwärts – ein Festival für die Elite also. FPÖLandesrat Manfred Haimbuchner kritisiert außerdem in den Oberösterreichischen Nachrichten das landesweite Kulturbudget: „In Zeiten, in denen gespart werden muss“, sei eine Erhöhung um 8,5 Millionen „das falsche Signal“. Auch vom Jugend-Medien-Projekt „Wem ge-TEXT hört die Stadt?“, das im Rahmen Kathi Gärtner der Innenstadtagenda 21 von Mai bis November 2011 stattfand,
JO DE OIDE SPORKASSA Ein Schriftzug auf der Fassade des Medien Kultur Haus ist schon seit 1955 Geschichte. TEXT Rosi Grillmair
waren die Freiheitlichen wenig begeistert. Das Projekt, dessen Hauptträger_innen das MKH und die YOUKI sind, sollte die Probleme von Jugendlichen in Wels aufzeigen. Die FPÖ forderte in einer Presseaussendung, die Welser Kulturreferentin Anna Eisenrauch solle für die 20.000 Euro Kosten des Projekts selbst aufkommen. Dieser Widerstand seitens der Politik führt – genauso wie das Sterben der Welser Innenstadt mit ihren Lokalen und Betrieben – dazu, dass auch die Kulturlandschaft in existenzielle Notsituationen gedrängt wird. Dazu kommt das Problem der Bekanntheit des bereits bestehenden alternativen Kulturangebots. Die soeben abgeschlossene Renovierung des MKH und die Verlegung des Programmkinos
haben es geschafft, Kultur zumindest vordergründig ansprechender zu gestalten. Das daraus resultierende mediale Echo und die öffentliche Aufmerksamkeit der YOUKI könnten jetzt dazu beitragen, auch Jugendliche anzusprechen, die sonst nicht so schnell Zugang zu Kultur finden würden. Dafür müssen wir uns allerdings selbst an der Nase nehmen und z.B. die wunderbare Welt der YOUKI allen näher bringen. TEXT Kathi Gärtner
„Medien Kultur Haus“ … Vielleicht doch auf der anderen Straßenseite?“ Nicht nur Bernadette Aigner und Clemens Wipplinger stehen bei ihrem ersten YOUKIund gleichzeitig Wels-Besuch vor dem pompösen roten Backsteinbau und suchen die Pollheimerstraße 17 bzw. das Medien Kultur Haus (MKH). Wer erwartet denn auch schon eine Jugendkulturstätte zwischen bestuckten Wänden, Zinnen, Erkern und Türmchen? Je länger man sucht, desto mehr zieht man ein solches Gebäude als MKH in Betracht und schließlich wagt man sich doch in die Eingangshalle des kleinen Schlosses vor. Hier drinnen könnte man meinen, die bürgerliche Gesellschaft um 1900 würde gleich aus dem verrauchten Salon im Obergeschoß herab stolzieren – wären
da nicht folgende Indizien: Die Vitrine im Stiegenaufgang präsentiert zwei Skateboards, daneben steht ein kleiner Farbfernseher. Es riecht verführerisch nach asiatischem Essen. Die beiden pompösen Eingänge zur Rechten sind mit modernen Türen erweitert, über ihnen die Aufschriften „Kino 1“ und „Kino 2“ – Hinweise auf ein Filmfestival? Irgendwann bemerkt man die Aufschrift „YOUKI“ auf den herumliegenden Flyern und Postern. Tatsächlich! Die meisten jungen Menschen der Stadt Wels kennen das MKH und wissen, was das ganze Jahr über dort für tolle Dinge geschehen. Es werden Filme gedreht, eigene Arbeiten präsentiert und Feste gefeiert. Einer der Vorteile des Gebäudes ist neben der Größe und der guten Lage auch, dass
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der Repräsentationsbau von 1904 Sparkasse geplant worden, des- zurück? Wird die Förderung und diese Kulturarbeit groß und ein- sen Bau fünf Jahre dauerte. Das Finanzierung des MKH durch die drucksvoll erscheinen lässt. Kom- Gebäude gibt es also schon lan- Stadt Wels bei Jahrgängen vor men einem die eigenen Fotos ge, ein Medien Kultur Haus ist es 1970 nicht befürwortet? Auf der nicht viel einflussreicher vor, wenn erst seit 2003. Stadtwebsite wird betont, dass sie nicht in einem kahlen Gang, Von der älteren Bevölkerung der die Mehrheit im Gemeinderat sondern in einer prunkvollen Hal- Stadt Wels wird dieser Begriff für einen Umbau im Jahr 2012 le ausgestellt werden? Von ho- aber weitgehend noch nicht ak- gestimmt hat. Aus Berichten der hem Rang scheint auch die DJane zeptiert. Das ist wohl so ähnlich OÖN aus dem Jahr 2003, als das im Extrazimmer, die ihr erlauch- wie beim Umrechnen in Schil- MKH eröffnet wurde, wird jedoch tes Publikum um Klangwelten be- ling. Fragt man über-40-jährige ersichtlich: „aufstrebende Kommureichert! Wenn man ganz genau nach dem Weg zum MKH, wird nalpolitiker“ seien der Meinung, schaut, kann man auf der Fassade man korrigiert, dass eigentlich eine Galerie sowie ein „Kulturkraftüber dem Eingang des MKH den „de oide Sporkassa“ gesucht wird. werk“ sollen der Stadt Wels nicht verschnörkelten Schriftzug „Spar- Gespräche am Christkindlmarkt auf der Tasche liegen. Man könnkasse“ erkennen. Auf der Web- drehen sich auch um diese alte te also meinen, der Wandel von site der Stadt Wels wird die Ge- Sparkasse in der „jetzt des Kino traditionsbewusstem Sparkassenschichte des Gebäudes erzählt. Es drinnen is“. Und der diesjährige gebäude auf buntes Medien Kulsei vom Stil her dem „Späthisto- YOUKI-Schwerpunkt „Teenager tur Haus sei in Windeseile vollzorismus verpflichtet“. Der Einfluss in Love“ heißt für manch kultu- gen worden und hätte so manch des niederländischen Manieris- raffine Wirtshauskreise auch „de Welser_in verstimmt. Falsch gemus ist übrigens hauptsächlich Schnackselfilm in da oidn Spor- dacht. Denn nach kurzer Recheram Mittelrisalit der Eingangsfront kassa“. Warum ist die alte Spar- che zeigt sich, dass das Gebäude – einem hervorspringenden Ge- kasse noch so präsent als Bezeich- schon seit 1955 keine Sparkasse bäudeteil – erkennbar! Naja und nung dieser Welser Kulturstätte? mehr ist, sondern bis 2002 das weiter: 1899 war das Haus als Wünschen sich manche eine Bank Stadtmuseum Wels beheimatete.
ES WERDEN FILME GEDREHT, EIGENE ARBEITEN PRÄSENTIERT UND FESTE GEFEIERT.
SCHNACKSELFÜME Weder Bravo noch Porno – die YOUKI 14 erarbeitet mit Jugendlichen einen neuen Zugang zu Sex. TEXT Rosi Grillmair, Esther Distlbacher
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„Teenager in Love“ lautete das diesjährige Festivalthema, um den von Massenmedien geprägten Liebes-Begriff neu aufzuarbeiten. Viele der eingesendeten Kurzfilme behandeln das Thema Sex – die Liebe rückt mit dieser Sichtweise auch schonmal in den Hintergrund. Sind für die YOUKI 14 Sex und ein romantisierter Liebesbegriff ein Widerspruch? Wie kommen wir auf diese Unterstellung? Die Inhalte, mit denen die YOUKI in diesem Jahr nach außen geht, haben uns darauf
gebracht: Die YOUKI 14 versucht, ihr Publikum mit Sex anzuwerben und es ist wohl die Neugier, die dadurch gerade junge Menschen sofort hellhörig werden lässt. Das beste Beispiel dafür ist der YOUKI-Trailer von Clemens Kogler, der genau mit dieser Neugier und dem leicht aufkommenden Voyeurismus von Zuseher_innenseite spielt: Er zeigt zwei Unsichtbare, die nur durch ihre Kleidung Form annehmen. Sie küssen sich, ziehen sich aus und schlafen miteinander. Vom letzten Akt sind
„Jedes Festival braucht einen angebrachten Fuhrpark. YOUKI düst mit Arbol Longboards umher.“
nur noch Socken an den Füßen schnell, häufig ohne den „Um- immer gleich, indem er beidseizu sehen. Sex ist ebenso ein ste- weg Liebe“. Die Themenskiz- tig vorhandene Zuneigung, eiter Begleiter des Wettbewerbs- ze zu „Teenager in Love“ wurde nen langen Kennenlernprozess programms: Von „Manhood“ an- von den Festivalleitern Sebastian und das Perfekte beinhalte. Die gefangen – hier wird der Junge Höglinger und Peter Schernhu- YOUKI wollte sich in diesem Jahr einer Prostituierten langsam zum ber geschrieben. Liebe und Sex deshalb mit realistischen VarianMann – bis hin zu „Das Vorspiel“, seien demnach viel komplizier- ten dieser Geschichte beschäftiin dem es um die leidenschaftli- ter bzw. ganz anders als in den gen – Einsendungen dazu gab es chen Gelüste eines verheirateten Massenmedien verbreitet werde. genug. Paares geht, wird das Thema Sex Das trifft wohl vor allem auf das Für den Wettbewerb werden nie in den diesjährigen Kurzfilmen berühmte „erste Mal“ zu, das – Themen vorgegeben, die YOUKI oft aufgegriffen. Doch es wur- falls es im Fernsehen themati- zensiert auch nicht. „Das Thema den nicht nur fiktive Geschichten siert wird – stark romantisiert dar- ‚Teenager in Love‘ wurde von den eingeschickt, sondern man fin- gestellt wird. Außerdem werden Einreichungen der vorigen Jahre det unter den diesjährigen Kurz- die meisten Gefühle und Wün- beeinflusst“, sagt Sebastian Högfilmen auch eigene Erfahrungen sche im Teenie-TV nach einem linger. Viele, die ihre Filme schider Regisseur_innen, wie zum neunzigminütigem Hin und Her cken, hätten das Thema Liebe für Beispiel im ausgezeichneten „Pe- ganz klar erwidert. Nach Sebas- ihre Filme gewählt und die, die ins tites Fleurs“ zu sehen ist. tian und Peter geht es um eine Programm aufgenommen wurDer Grat zwischen den Vorstel- „kulturindustrielle Verdrängung den, seien jene, die das Thema lungen von Liebe und Sex ist zu- der Komplexität des Themas“. Liebe bzw. Sex in seiner ganzen meist unter Jugendlichen sehr Das, was dem ersten Sex vor- Komplexität begreifen und ebenschmal. Bei der YOUKI 14 pas- ausgeht, sei ein medial konstru- so verarbeiten, also nicht unresiert der Gedankensprung sehr ierter Mechanismus. Er verlaufe flektiert dem Standarddrehbuch
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TEENAGER IN LOVE
DER GRAT ZWISCHEN DEN VORSTELLUNGEN VON LIEBE UND SEX IST ZUMEIST UNTER JUGENDLICHEN SEHR SCHMAL.
aus dem Fernsehen folgen würden. Warum haben so viele Filme damit zu tun? Verliebtsein und das Verlangen nach körperlicher Nähe ist allgegenwärtig und von dauerndem Interesse. In vielen Filmen sind Sex und Liebe nicht das zentrale Thema, kommen aber trotzdem vor. „Es ist leichter, schwierige Themen wie Länder- und Kulturkonflikte über Liebesgeschichten zu erklären, als etwa über die Wirtschaftskrise“, sagt Sebastian. Nimmt man sich ein Thema vor, das in den Unterhaltungsmedien sowieso schon breitgetreten wird, verlangt das dem Filmfestival einerseits ab, sich kritisch damit auseinanderzusetzen und andererseits mit dem grenzenlos vorhandenen Material klarzukommen, das es dazu gibt. Ist „Dawson’s Creek“ eine epochale Serie der TV-Geschichte oder reiner Zeitvertreib für Teenies (gewesen)? Fasst irgendjemand eine Serie wie „Hannah Montana“ – um vom Alter her auch früher anzusetzen – so auf, dass sie
gesellschaftliche Normen zeigt, oder wird sie dafür viel zu selten hinterfragt? Die YOUKI greift diese Fragen mit den Media Meetings auf, betrachtet sie von medienanalytischer Seite und versucht so, eine Ebene darüber zu stehen. Nämlich indem Filme und Serien bewusst besprochen werden – wie dieses Jahr zum Beispiel in einem Gespräch mit Sonja Eismann, die sich genau mit dem jugendlichen Verhältnis zu Liebe vor dem Hintergrund der Popkultur und dadurch mitbestimmter Geschlechterrollen beschäftigt. Und auch „Dawson’s Creek“ wird einer Analyse unterzogen: Wie wurde die Serie wahrgenommen und warum konnten sich damit so viele identifizieren? Die YOUKI möchte dieses Jahr besonders Arbeiten junger Filmemacher_innen zeigen, die sich realistisch mit Liebe und Sex auseinandersetzen – unzensiert und ehrlich. Das mediale Bild, das uns bei den Worten „Teenager in Love“ sofort in den Sinn kommt, kann auch hinterfragt werden.
Woher kommt diese Vorstellung und wie war es/ist es im Vergleich dazu bei mir selbst? Wie machen andere ihre ersten sexuellen Erfahrungen? Will die YOUKI mit ihren Filmen denn aufklären? Hauptanliegen ist es wohl nicht, aber sie tut es. Indem sie eben nicht zensiert und Sex ebenso wenig aus dem Spiel lässt wie Liebe oder die Frage nach der eigenen Identität. Es ist eine Bestätigung für junge Menschen, dass man über eigene Erfahrungen und die von anderen reden kann. Die YOUKI 14 ist also ernst zu nehmen. Sexszenen in manchen Wettbewerbs- und Abendprogrammfilmen sind – auch in drastischster Form – begreifbar und nachvollziehbar. Es wird darüber geredet und diskutiert, nachgedacht und nichts unreflektiert stehen gelassen. Es ist ein neuer Zugang und eine neue Vorstellung, die auf der YOUKI 14 erarbeitet wurde und hat weder mit der Bravo noch mit Porno zu tun.
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TEENAGER IN LOVE TEXT Aida Koné-el-adji
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ost will remember their first heartbreak for years and years. How it was the end of the world, how nothing would ever be the same again, how everything was useless anyway. Most also grow out of it and then begin to underestimate what it means to be young and in love. Everything hits hard when you’re young – the giddiness of new love, and the hopelessness when it ends.
“One day I feel so happy, Next day I feel so sad. I guess I’ll have to learn, The good with the bad. Each night I ask the stars up above,Why must I be a teenager in love?” Red Hot Chili Peppers, Teenager in Love
Although it might be hard to put it quite as well as the Red Hot Chili Peppers, every band or artist has at least one, often dozens, of love songs. New love, dying love, rekindling love, puppy love, impossible love, ending love, all kinds of love. As easily influenced as teenagers can be, it is hard to escape the notion that love is all around us. Everything can seem so hopeless, and yet love and affection in general are completely essential to our well-being. Teenagers just do a better job of showing its importance. Why that is can be linked to how teenagers are known to revolt against authority. Teenagers find it easier to lower their inhibitions, or throw them to the wind entirely – along with caution. You never hear, “Oh, it wasn’t my fault, I was old and in
WHEN YOU’RE YOUNG EVERYTHING SEEMS LIKE THE END OF THE WORLD. BUT IT’S NOT, IT’S ONLY THE BEGINNING. Zac Efron as Mike O’Donnell, 17 Again (2009)
love.” No, no one was ever old and in love, everyone is always young when the topic is this problematic concept known as love. Youth is associated so closely with love and affection that it is almost second nature to us to use it as an excuse for silly behavior. “Young and in love” explains everything so well. This may make you think that because there is so much of it, teenage love does not mean as much as it will later on. False. The relationships we are in in our young years have been proven to influence how we see love, who we fall for and how we act when we are in love. People are falling in and out of love at every moment in every
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day. You could go so far as to say it was what makes the world go round. At least, when you‘re young, it is. ILLUSTRATIONEN Orenda Sophie Mohan
TEENAGER IN LOVE
HERBSTMELANCHOLIE TEXT Orenda Sophie Mohan
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s ist Herbst, die Bäume strippen und stehen nackt herum. Manchmal verdeckt eine feuchte graue Nebelsuppe ihre bloße Scham. Bin ich eine Blume oder warum welke ich im Herbst? Die Nächte sind lang, das Bier schmeckt schal. Man mummt sich in Omas Strickweste und meterlangen Wollschals ein. Schwarze Halbmonde malen sich von selbst unter die Augen. Insomnia, meine liebe Freundin schläft neben mir im Bett. Ich liebe es zu rauchen, rauchen ist wie vergessen. Streichholz an, Schwefelgeruch, der Rauch versteckt die Scheiße. Zigaretten halten mich am Leben
FALL MELANCHOLY TEXT Aida Koné-el-adji
Change. It comes every year, falling with the leaves. The colors change. You know it’s coming, yet it still comes as a shock, and takes some getting used to. The sky is gray and the streets are orange with the fallen leaves. Going for a walk takes on an almost musical quality, the slushing and sloshing and crunching of the leaves in harmony with the rush of the November rain. You taste the oncoming winter in the crispness of the air. November has come and gone, taking the last of the leaves with it, and leaving only the trees’ skeletons: cold and bare. But then again
bis ich verlösche. Ein bisschen Appetit auf Selbstzerstörung. Ich denke zu viel. Ich denke vor. Ich denke dahinter. Ich denke, seitwärts. Ich denke alles. Wenn es etwas gibt, dann habe ich daran gedacht. Existenz, was bedeutet das, ich existiere unter den besten Bedingungen unter denen ich kann. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich stehe morgens auf, suche mir Strümpfe, die noch halbwegs ohne Laufmaschen sind, schlüpfe in einen Rock und ziehe mir einen Norwegerpulli über den Kopf. Dann denke ich Jesus Christus, was jetzt? Ich habe die Wahl zwischen ständig aktiv und glücklich oder absonderlich passiv und traurig zu sein. Oder ich werde verrückt, weil ich desorientiert dazwischen pendle. Ich bin rastlos. Dinge rufen mich weg. Die Sterne ziehen an meinen Haaren. Ich bin wie der Mond, ein Teil von mir ist immer versteckt. Ich will leben
und alle Schattierungen und Variationen der geistigen und körperlichen Erfahrungen fühlen. Und ich bin furchtbar begrenzt. In unserer Welt scheint die Oberflächlichkeit der Dinge erheblich wichtiger zu sein als ihre Substanz. Man hat perfekt zu sein, sich weltgewandt, kultiviert, blasiert und erwachsen zu benehmen. Weißt du, was ich brauche? In die Berge zu fliehen, umgeben von hohen Bäumen, im Moos zu liegen und den Duft von Pilzen, Blumen und nassem Erdboden einzusaugen. Es ist so viel sicherer nicht zu fühlen, sich nicht von der Welt berühren zu lassen. Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier. Wie Nietzsche schon so schön sagte, ich bin ein Wald und eine Nacht der dunklen Bäume und jene, die keine Angst vor meiner Dunkelheit empfinden, werden Rosenhaine unter meinen Zypressen entdecken.
it’s different for everyone. You – people’s mood, the atmosphemay see the cold and the empt- re, motivation. The way people iness where others see only the are, simply. It is rare to find sochange, the possibilities and of meone who acts the same all year course, the pretty colors. The around, and it seems to be even days are getting shorter, and so more noticeable in the fall, when the nights longer. This too hap- the energy of the outside world pens every year so clearly, this is so particular. There is undoubyear will be no different. And yet tedly something about this time it can be hard to escape the fee- of year. You feel it, yet may not ling that the summer passed in be able to put your finger on exthe blink of an eye. Wasn’t it win- actly what it is. ter just yesterday? Can it really be Yet it changes us, too. One could take on some qualities of, for excoming back so soon? And still there is a tiny spark of ex- ample, the wind. Strength. Restcitement. Soon the days will be lessness. Or you may be influso short we won’t have to make enced by the trees: shedding excuses to stay in bed with a cup problems or worries like leaves. of tea or hot chocolate whene- Fall is beautiful. Maybe that’s why ver possible. Hide away from the there’s this stirring in the air. When cold that is the outside world un- there is such beauty around us, der layers and layers of blankets we notice what we are missing. with a good book. Everything is Autumn, most melancholically: affected by the seasons changing the beginning of the end.
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WER IST EIGENTLICH…
FÜR EIN THEMA BRENNEN Sonja Eismann ist Journalistin und Kulturwissenschaftlerin. Sie hat Lehraufträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz, macht ein Ausstellungsprojekt zu Frauen und Popmusik und hat gemeinsam mit zwei anderen Frauen das Missy Magazine gegründet. Bei der YOUKI 14 war sie mit einem Vortrag zu Gast.
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Gibt es etwas, das Sie mit Österreich oder speziell mit Wien verbinden? Ich bin ja sogar Österreicherin, obwohl man das nicht hört. Ich habe zwei Pässe und Wien ist am ehesten, auch wenn ich zurzeit nicht dort wohne, meine Heimat. Dort fühle ich mich zuhause, da kenne ich alles und weiß, wie die Leute ticken. Für mich hat die Stadt einen kleinen Touch von etwas nicht Alltäglichem, etwas Exotischem und deswegen bin ich dort auch immer sehr gerne. Nachdem ich aber mit Unterbrechungen fast zwanzig Jahre in Wien gelebt hatte, dachte ich mir, dass es Zeit für etwas Anderes ist. In Österreich und speziell in Wien finde ich ganz besonders und toll, dass es eine rege feministische popkulturelle und auch eine queere Szene gibt. Generell gibt es viele coole Kulturprojekte, an denen man bemerkt, dass Österreich eine ganz andere Förderstruktur als Deutschland hat – zum Beispiel haben wir für das Missy Magazine noch nie eine staatliche Förderung bekommen. In Österreich läuft da eben vieles anders und deshalb gibt es coole Sachen, die es ohne diese Gelder nicht gäbe. Wie kam es zur Gründung des Missy Magazine? Wir wollten ein Magazin gründen, das wir selber lesen wollten. Wir hatten amerikanische Vorbilder wie zum Beispiel das BUST Magazine und das bitch Magazine. Solche Zeitschriften gab es, aber wir wollten eben etwas Eigenes machen. Deutschsprachig gab es das noch nicht. Und dass wir die Gründung in Deutschland vorgenommen haben, hängt einfach mit dem zusammen, dass meine Kolleginnen und ich in Deutschland wohnen. Außerdem gibt es dort eine andere Infrastruktur und einen größeren Radius, um breiter wahrgenommen zu werden. Wie sieht die Arbeit für Sie als Chefredakteurin aus? Was sind Ihre Aufgaben? Ich konzentriere mich darauf, mit den anderen das Heft zu konzipieren. Das heißt wir schauen, was wir als Titelgeschichte machen, welche anderen Themen gerade interessant sind und den „Missy-Faktor“ haben – obwohl wir nie genau sagen können, was diesen ausmacht, aber wir haben schon ein ganz gutes Gefühl für ihn. Ich habe auch noch einen recht arbeitsintensiven Bereich, nämlich die Rezensionen. Die umfassen Musik, Buch, Film, Fernsehen und sehr viele kleine Texte und Themen, die darauf abgestimmt werden müssen, wann das Heft herauskommt. Ich muss immer für ungefähr drei Monate im Voraus planen. Wie kam es zum Namen Missy Magazine? Die Namen sind immer das Schwierigste. Es gibt klassische Mädchenzeitschriften wie Brigitte, Young Miss … Diese wollten wir ein bisschen ironisieren. Daneben gibt es eine Präferenz und Referenz an Künstlerinnen wie Missy Elliott, eine ganz coole Rapperin, die nicht diesen Stereotypen entspricht und ganz selbstbewusst mit ihrem eher korpulenten Körperbild umgeht. Wir fanden, der Name passt zu dem Heft, das wir machen wollten. Frech und ironisch. Dadurch, dass Sie für das Magazin bei der Gründung keine staatlichen Förderungen erhalten haben, war die Arbeit anfangs eher prekär. Hat sich diese Situation verändert? Ganz am Anfang hatten wir das Glück, bei einem Wettbewerb 25.000 Euro gewonnen zu haben. Im Laufe der Zeit haben wir bemerkt, dass es sehr teuer ist, ein Magazin zu machen und das Geld war nach dem ersten Heft schon verbraucht. Aber durch die viele Presse, die wir bekommen haben, hatten wir einen relativ guten Start. Andere Medien fanden das Ganze sehr spannend, weil es bis dahin so ein Heft nicht gegeben hatte, und berichteten darüber – meistens auch recht positiv. Wir haben kein Geld für große Werbekampagnen. So können uns die Leute nur kennenlernen, wenn sie das Heft sehen, oder wenn sie in der Presse darüber lesen. Es gibt sicher einige Leute, die Missy interessant finden könnten, die uns aber noch gar nicht kennen. Und darum haben wir eine größere Abokampagne geplant, für die wir derzeit versuchen, Gelder aufzutreiben. Um einerseits mehr Abos zu bekommen, damit wir unabhängiger vom Anzeigenmarkt werden und andererseits um das Heft noch bekannter zu machen. Sie haben eine Vielzahl von Aufgaben, zum Beispiel sind Sie freie Journalistin, Chefredakteurin, haben einen Lehrauftrag und sind auch noch Mutter. Wie bekommt man das alles unter einen Hut? Das frage ich mich auch täglich. Es ist nicht immer ganz einfach, aber das Positive ist, dass ich mit meiner Zeitgestaltung sehr flexibel sein kann. Da wir uns bei Missy alle nur sehr wenig Geld bezahlen können, ist es klar, dass jede noch anderen Jobs nachgeht. Ich könnte mir meine Zeit eigentlich frei einteilen, bin aber durch mein Kind eingeschränkt. Da kann ich nicht mehr die ganze Nacht durcharbeiten. Wenn ich meiner Tochter sage, dass ich arbeiten muss, sagt sie: „Ich will aber mit dir spielen!“ Das Wichtige ist, und das sage ich allen jungen Frauen, die darüber nachdenken, ein Kind zu bekommen, dass man sich eine_n Partner_in sucht, der_die sich die Sachen teilen will. Mein Partner ist in einer ähnlichen Situation wie ich, deshalb war uns vorher klar, dass wir alles teilen und uns gegenseitig unterstützen.
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WER IST EIGENTLICH…
Welche Zeitungen und Bücher lesen Sie privat? Eigentlich müsste ich die ganze Zeit lesen, um zu wissen was los ist. Aber ich habe gar nicht genug Zeit. In Deutschland haben wir ein Abo von der taz, einer alternativen Tageszeitung. Die lese ich, wenn ich dazu komme. Mein Partner ist ein totaler Zeitungs- und Zeitschriften-Junkie, davon profitiere ich natürlich. Er bringt am Wochenende immer die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die eigentlich sehr konservativ ist, mit. Dann lese ich die Jungle World, für die ich auch schreibe, eine deutsche linke Wochenzeitung und konkret, eine deutsche linke Monatszeitung. Seit ein paar Jahren lese ich auch sehr gerne die annabelle, eine klassische Frauenzeitung aus der Schweiz. Früher habe ich mich eine Zeit lang überhaupt nicht für solche Zeitungen interessiert, da fand ich Themen wie Diäten und Schminktipps immer sehr doof, aber mittlerweile spricht mich manches wirklich an. Obwohl ich die Kosmetiksachen immer noch ärgerlich finde. Dennoch überwiegt bei mir die Sehnsucht nach der heilen Welt der Schweiz, da wir dort einmal gewohnt haben. Ich finde, dass diese Frauenzeitung schon oft ganz gute Artikel zur Frauenquote oder Abtreibung hat. Mein kleines Laster, aber damit habe ich kein Problem.
PRINZIPIELL IST ES WICHTIG, DASS MAN VIEL LIEST UND DANN AUCH ANFÄNGT, SELBER ZU SCHREIBEN.
Haben Sie als Musikjournalistin eine besondere Ausbildung gemacht? Nein, wie so viele Leute bin ich da einfach reingerutscht. Ich habe mich immer schon sehr für Popkultur und Musik interessiert und auch schon ziemlich bald für Feminismus. Irgendwie bin ich so ins Schreiben gekommen. Ich habe für die an.schläge in Wien geschrieben und dann habe ich angefangen, für die deutsche Zeitung Intro zu schreiben. Scheinbar hat ihnen so gut gefallen, was ich schreibe, dass sie mich gefragt haben, ob ich Redakteurin werden möchte. Ich hatte keine journalistische Ausbildung, denn ich habe vergleichende Literaturwissenschaften, Englisch und Französisch studiert. Ich dachte, ich möchte wie Astrid Lindgren und Christine Nöstlinger werden, die beiden habe ich geliebt. Später dachte ich, ich mache etwas an der Uni. Heute ist es eine Mischung aus allem, mit der ich zwar nicht viel Geld verdiene, aber die Arbeit ist selbstbestimmt, macht großen Spaß und ist immer spannend.
Haben Sie Tipps für Jugendliche, die in Richtung Journalismus gehen möchten? Prinzipiell ist es wichtig, dass man viel liest und dann auch anfängt, selber zu schreiben. Heute gibt es so viele Möglichkeiten, sich ungefiltert auszudrücken, seine eigene Meinung kundzutun. Man kann sich die Kompetenzen selber beibringen und anfangen zu schreiben. Aber es ist auch wichtig, dass man Kontakte knüpft. Man sollte durchaus auch kundtun, dass man gerne schreibt. Viele gehen auf eine Journalismusschule und machen Praktika. Wenn man es wirklich ernst meint, journalistisch arbeiten zu wollen, ist das wahrscheinlich schon das, was am ehesten in diese berufliche Richtung führt. Ich selber bin da trotzdem ein bisschen skeptisch, nicht nur, weil ich das nicht so gemacht habe, sondern weil die Leute dort einen formatierten Zugang zum Schreiben lernen. Ich persönlich finde Meinung auch immer wichtig. Und deshalb finde ich es wichtig, sich von einem bestimmten Thema leiten zu lassen. Ein Thema, für das man richtig brennt, über das man anderen Leuten etwas mitteilen möchte. TEXT Bernadette Aigner
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FILMPLAKATE
E
ine Rückschau auf die YOUKI 14 der besonderen Art: Filmplakate noch nie gedrehter Blockbuster erzählen Geschichten der YOUKI-Teilnehmer_innen. Titel und Aufmachung sollen durch ihren narrativen Charakter eine Geschichte entstehen lassen. Die Arbeit erinnert an Cindy Sherman, die in den 1950er-Jahren mit ihren „Filmstills“ durch einzelne Fotos ganze Filme vermuten ließ. Filmplakate sollen auf einen Film neugierig machen. Sie verraten einzelne Handlungsstränge, damit bereits die Vorstellung einer Geschichte entsteht. Es gibt vor allem durch Hollywoodkino verbreitete Mechanismen, wie Filmplakate einem bestimmten Genre gerecht werden können: Bei Actionfilmen dürfen Explosionen nicht fehlen, eine fesche Frau zur Bewerbung eines Thrillers gehört auch oft dazu. Ebenso haben „richtige Programmkinofilme“ eine eigene Bildsprache und Titelform. Diese vier Plakate (Nr. 4 ist auf Seite 48 zu sehen) sind Teil der Serie und verheißen Filmerlebnisse, die sich nur im Kopf abspielen.
TEXT & PLAKATE Rosi Grillmair
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WER IST EIGENTLICH…
MUSIK IM BILD Das expressive Musikvideo „Atomic Fusion“ der Band Clains ging aus der Zusammenarbeit von Erli Grünzweil und Tobias Köttl hervor. Das Ergebnis war bei der YOUKI 14 zu sehen. Ein Porträt über Hintergründe und Zugänge dieser kreativen Arbeit.
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A
ls kleiner Junge verschoss Erli Grünzweil schon ziemlich viele Filme mit seiner analogen Kompaktkamera. Ein paar Jahre später legte er sich eine digitale Spiegelreflexkamera zu und begann, sein Faible für Musik in stimmungsvollen Konzertfotografien auszuleben. Das Faszinierende für ihn ist das Spiel mit dem Licht auf der Bühne, die bannende Atmosphäre, und die Herausforderung, die variierenden Klänge visuell in stimmigen Augenblicken einzufangen. Den Auslöser seiner Canon 7D zu be-
tätigen ist seine Art, sich in Bildern auszudrücken, wie Erli dem YOUKI Magazin erzählt. Mit dem Wort Inszenierung kann sich Erli nicht anfreunden. Wenn er die Kamera in die Hand nimmt und fotografiert, legt er Wert auf lebendige Emotionen, die authentisch und aus dem Leben gegriffen sind. Stets etwas Neues auszuprobieren lautet für ihn die Devise. Erli springt gerne ins kalte Wasser, ohne vorher Gefahr zu laufen, etwas zu zerdenken. Bis jetzt sei das immer noch gut gegangen – wieder aufgetaucht,
FÜR ALLE WAR ES EIN SCHÖNER ENTSTEHUNGSPROZESS – SEHR KURZFRISTIG, SPONTAN, UND KEINE_R WUSSTE, WIE DAS WIRKLICH GEHT.
und schnell raus aus dem kal- Landschaft genießen, oder in eine ten Wasser. Wasser mag er nicht große Stadt wie Berlin gehen um sonderlich. Erlis Wurzeln liegen Connections zu knüpfen und an im Mühlviertel. Dort hat er auch Projekten zu arbeiten – für Erli ist das Gefühl, viel kreativer zu sein, vieles denkbar. da aus der Ästhetik von Ruhe Erlis selbst benannte journalistiund Unberührtheit etwas Neues sche Fotografie kann man hauptentstehen kann. Er ist sehr na- sächlich auf seinem liebevoll geturverbunden und ein eher zu- stalteten Blog betrachten. Die rückhaltender doch von Grund Erfahrung, die eigenen Bilder in auf sympathischer, angenehmer einer Galerie auszustellen war Mensch. für Erli neu und außergewöhnErli macht mal da eine Ausstel- lich. Es sei ein bewegendes Gelung, dann dort einen Film. Zwar fühl, wenn andere Menschen vor denkt er über mögliche Ziele Bildern stehen und er persönlinach, doch sein Entschluss steht che Rückmeldungen bekommt. fest: Würde er sich ein fixes set- Das Internet sei ein so flüchtiges, zen, verlöre er die Flexibilität und schnelles Medium. es würde nicht mehr so funktio- Am Anfang des Musikvideos nieren wie jetzt. Dass man spä- „Atomic Fusion“ stand ein spontater einmal genau das macht, was nes und sehr impulsives Konzept. man sich erträumt, ist für Erli Die Band Clains und Erli sammelnur schwer vorstellbar. Vielleicht ten gemeinsam ihre Ideen und ein ganz kleines aber richtig fei- brachten sie auf einen groben nes Kaffeehaus aufmachen, quer gemeinsamen Nenner. Zwei Tage durch Kanada reisen, ein ruhi- pendelten sie mit den Schauspieges Leben, die Natur und die ler_innen zwischen Vöcklabruck
und dem Attersee. Während des Drehs entwickelte sich die Story weiter. Für alle war es ein schöner Entstehungsprozess – sehr kurzfristig, spontan, und keine_r wusste, wie das wirklich geht. Erli kannte Tobias von Clains vorher nicht, jetzt sind sie gut befreundet. Man habe zwar mit vielen Menschen zu tun, lerne aber die wenigsten wirklich kennen, sagt Erli. Das gehe auch von seiner Person aus. Das Unwissende vorher sei aber kein Nachteil. Hätte er im Vorhinein gewusst, dass er sich in die Arbeit am Musikvideo so reinhängen muss, hätte er es wahrscheinlich nicht gemacht, so Erli. Er beschreibt sich in drei Worten als Autodidakt, Keinbart und klein. Keinbart stimmt nicht mehr, also sagt er zurückhaltend. Clains sind eine Formation aus vier musikalischen Köpfen aus Vöcklabruck. Vor fünf Jahren taten sich der heutige Pianist Johannes Hirsch und Sänger Tobias
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WER IST EIGENTLICH…
Köttl zusammen, um gemeinsam Musik zu machen, was auf Anhieb gut funktionierte. Es wurden viele Instrumente probiert und Musiker gewechselt bis sie in ihrer heutigen Band, mit Christoph Zitzler und Sebastian Templ, zusammenfanden. Die eigene Musik zu beschreiben ist für Tobi ein Ding der Unmöglichkeit. Man könne zwar alles unter das Dachgenre „Indie“ stellen, aber im Endeffekt kann er sich mit dieser Kategorie nicht wirklich anfreunden. Oberstes Prinzip der Band war anfangs, möglichst rhythmisch und melodisch unzugänglich zu bleiben. Der gesamte Songwriting-Prozess entwickelte sich weiter, sodass auch ab und an poppige Strukturen ihren Platz finden. Die Besonderheit zeichnet sich für Tobi in dem Spagat zwischen Fassbarem und Unergründlichem ab. Grundsätzlich textet Tobi alleine, für ihn war das immer etwas Natürliches. Als er anfing, Bassgitarre zu lernen, hat er sie umgehängt und versuchte, dazu zu singen. Er
schreibt viel über das Innere, das und sich darüber zu freuen, gesei aber nicht zu verwechseln meinsam auf der Bühne zu stemit Gefühlsduseleien. Es gehe hen. Ab und zu, wenn der Aufnicht darum, was passiert sei, son- tritt ziemlich wild war, tanzen die dern darum, was es in ihm auslö- Musiker Backstage wie verrückt se. Automatisch wird dies zu ei- herum. ner emotionalen Sache, kryptisch Im Studio waren sich Clains bei mit Metaphern umsponnen. Der Atomic Fusion nicht sicher, ob sie Schlüssel ist, einfach zu tun, aus- den Song überhaupt aufnehmen zuprobieren. Ein großer Wunsch sollten. Er war kurz vorher gevon Clains ist es, einmal von der schrieben worden, deswegen ist Musik leben zu können. Der einzig es auch die frischeste Nummer; logische Schritt ist daher wirklich die zugänglichste, weil sie nicht professionell zu arbeiten. überdacht wurde. Es geht darin Im Moment produzieren sie ein um das Thema Entfremdung, was Album, wollen aber nichts her- im Video durch Metaphern darausbringen, das nur lauwarm ist, gestellt wird. sprich Menschen nicht wirklich Tobis größte Angst ist es, stehen umwirft. Wenn sie etwas veröf- zu bleiben – darum hält er sich fentlichen, dann etwas, das in Ös- alle Zugänge offen, so bleibt terreich in dieser Form noch nie es spannend. Die Musik hat ihn da war und ihren ganz persönli- schon verändert: Früher war ein chen Stempel trägt. ziemlich schüchterner Typ, das ist Lampenfieber kennen Clains nicht, er nun nicht mehr. Infos unter: es seien eher Spannung und Ad- www.earlier.at, www.clains.at renalin, welches durch den Körper fließe und einen vor dem Auftritt TEXT elektrisiere. Nach diesem Gefühl Orenda Sophie Mohan seien sie süchtig. Ihr Ritual ist es, sich gegenseitig zu umarmen
FESTIVALPROTAGONIST_INNEN WER IST EIGENTLICH…
LABELS @ YOUKI TEXT Michaela Greil Labelgründer Bernhard Kern (32) aus Wien erzählt, wie Siluh Records zu seinem Namen kam.
Wer steht hinter dem Label Siluh Records?
Robert Stadlober und Bernhard Kern.
Kannst du die Geschichte von Siluh Records umreißen und erzählen, was der Name bedeutet?
Robert und ich haben uns schon gekannt und wir wollten gemeinsam in Wien etwas machen. Aus Enthusiasmus heraus haben wir 2005 unser Label gegründet. Dafür suchten wir nach einem Namen, der wenig Bedeutung hat und kamen auf „Siluh“, was in der Sprache der Rapa Nui (Volk der Osterinseln) „drei“ bedeutet. 2005 haben wir das Ganze nebenbei gemacht, seit zwei Jahren mache ich das professionell.
Welche Bands habt ihr unter Vertrag?
Wir haben bisher vierzig Releases, deren Künstler_innen aber nicht fix unter Vertrag sind. Von der Reichweite her sind wir rund um den Globus bekannt (zum Beispiel haben wir einen Digitalvertrieb in Südkorea). Bands wie Mile Me Deaf, die am Samstag bei der YOUKI 14 live spielen, werden zum Beispiel von College-Radios in den USA gespielt. Luise Pop geht in Italien auf Tour.
In welche Stile lässt sich die Musik dieser Bands einordnen?
Die Stile gehen quer durch – von Gitarre über Techno, von laut bis leise, heftig bis sanft. Wir wollen stilistisch offen sein und machen, was uns gefällt. Dass wir eine Metalband rausbringen, ist eher unrealistisch, aber wir schließen es nicht aus. Wir wollen uns keinen Stil von vornherein auf das Banner heften.
Wie bist du zur YOUKI gekommen?
Ich war als Gast bei der YOUKI 13, dort habe ich Peter Schernhuber kennen gelernt. Er hat Siluh gekannt und wohnt ja in Wien, wo wir uns später öfter getroffen haben. Da hat er uns gefragt, ob wir mal etwas machen wollen.
Was genau macht Siluh bei der YOUKI 14?
Wir werden auflegen und Mile Me Deaf wird live spielen.
Was bedeutet die YOUKI für dich?
Sie ist eine supertolle Initiative in Oberösterreich, um jungen Menschen eine Möglichkeit zu geben, sich kreativ auszutoben und sich auszutauschen bzw. sich auch international zu vernetzen und Spaß zu haben.
Wird Siluh Records aus heutiger Sicht bei der YOUKI 15 auch wieder vertreten sein?
Ja, hoffentlich werden wir wieder eingeladen. Sonst komme ich auch gerne so wieder – kommt natürlich auf’s Programm an (lacht).
Was wünschst du der YOUKI?
Dass es in kleinen Schritten so weiter geht wie bisher und dass es noch viele weitere YOUKIs gibt. Infos unter: www.siluh.com
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FESTIVALFOTOGRAF LUKAS MAUL MACHT FOTOS. WIR MACHEN FOTOS DAVON, WIE ER FOTOGRAFIERT.
FESTIVALPROTAGONIST_INNEN
LABELS @ YOUKI TEXT Michaela Greil
Andi Dvořák (33) aus Wien arbeitet als Booker in der Arena Wien und betreibt das Label Fettkakao.
Was ist „Fettkakao“ und woher kommt der Name?
Es ist ein Musik- und Kunstlabel. Ich veröffentliche Platten von meinen Freund_innen, arbeite an visuellen Projekten mit und mache selber viel in diesen Bereichen. Der Name kommt von einem Getränk auf Margarine-Basis (ich ernähre mich vegan) und diese Margarine benutze ich als Geschmacksverstärker. Ich bin dann zum Teil auch so genannt worden. Ich habe das adaptiert und mir gedacht, ich nenne das Label so.
Wer steht hinter dem Label Fettkakao?
Das bin ich. Und ganz viele helfende Freund_innen ;-)
Fettkakao ist kreativ vielseitig unterwegs. Was kann man sich unter deinem Label vorstellen?
Alles was ich mache, mache ich über das Label. Wenn ich als DJ auflege, lege ich als Fettkakao auf, wenn ich Kunst gestalte oder für Designs angefragt werde, passiert das unter dem Decknamen Fettkakao. Das hat auch damit zu tun, dass ich das mit anderen Leuten verwirklichen kann und dass es nicht nur um meine Person geht.
Kannst du die Geschichte von deinem Label umreißen?
Ich sammle selber Platten und in meinem Umfeld ist viel passiert. Ich habe davor unter anderem Konzerte organisiert und war immer schon in regem Austausch vor allem mit Künstler_innen, die Bands haben. 2005 wollte ich das, was meine Freund_innen machten, gerne als Label vorstellen. Zwei Freunde von mir haben mit ihren Projekten (Lonely Drifter Karen, Vortex Rex) gestartet. Ich wollte das auf Vinyl veröffentlichen. Das war der Start meines Labels. Es gibt auch Kooperationen mit anderen Labels zum Beispiel für die Band Mile Me Deaf mit Siluh Records. Wobei ich mich bei der Veröffentlichung meistens auf Vinyl und digital konzentriere. Mittlerweile ist Fettkakao – glaube ich – österreichweit bekannt, aber ich war mit meinem Label auch schon in der Slowakei, in Deutschland und den USA.
Wie bist du zur YOUKI gekommen?
Ich bin letztes Jahr eingeladen worden, als Label einen offenen analogen Grafik-Workshop zu leiten (gemeinsam mit Matthias Peyker und Nick Prokesch), bei dem letztlich viele Leute mitgemacht haben. Heuer sind wir wieder eingeladen worden, um eine offene Werkstatt zu machen und um innerhalb dieser auch die diesjährigen Preise zu gestalten. Wir haben mit Matthias Peyker (leider ohne Nick) Preise aus Fimo gemacht. Vier der Preise haben die Form einer Hand und einer die Form eines Bettes mit sonstigen Basteleien, die von verschiedenen Leuten im Laufe der Woche gemacht wurden. Das Hauptaugenmerk liegt also auf der Produktion der Preise und eigentlich ist es ein Tisch, wo alle etwas basteln können.
Was bedeutet die YOUKI für dich?
Für mich ist das Wichtigste an der YOUKI: Leute kennen lernen und die Stimmung. Wenn ich nicht auf der YOUKI wäre, würde ich einen Einblick in eine Welt verpassen, die mir mittlerweile sehr wichtig geworden ist.
Wie würdest du die YOUKI mit drei Worten beschreiben?
Gemütliches Filmfestival, lustige Partys, eine entspannende Zeit.
Was wünschst du der YOUKI?
Dass sie noch weiter so expandiert. Die YOUKI ist sehr bildend und ich wünsche ihr, dass das auch weiterhin so bleibt. Infos unter: www.fettkakao.com
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AND THIS YEARS’ YOUKI-AWARDS GO TO … Achtzig Filme in vier Tagen. Die fünf Juror_innen haben keinen einfachen Job.
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ie jedes Jahr vergibt die Jury auch heuer die drei YOUKI-Hauptpreise, die an drei unterschiedliche Altersklassen verliehen werden, sowie den Innovative Film Award. Bei der Jury handelt es sich selbstverständlich um Leute aus der Branche wie zum Beispiel Cordula Thym. Sie studierte Schnitt an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien und absolvierte außerdem eine Ausbildung zur Tontechnikerin. Seitdem arbeitet sie als Cutterin, Tonfrau und auch als Regisseurin. Auf die Frage, wie wichtig
sie es fände, dass sich Jugendliche mit Medien und Film beschäftigen, sagt sie: „Gerade im Alter von zehn bis zwanzig Jahren passiert irrsinnig viel im Leben eines Teenagers und Film ist ein total tolles Mittel um sich auszudrücken. Außerdem macht es Spaß, Drehbücher zu schreiben und Filme zu produzieren. Es ist ein gutes Mittel um sich auszutoben. Vor allem haben alle, die sich für Film interessieren, die Möglichkeit, sich darin zu probieren.“ Zu ihrem eigenen Einstieg in die Branche erzählt Cordula: „Ich persönlich habe
ACHTZIG FILME IN VIER TAGEN.
mit einer Ausbildung an der Film- Internationalität bekannt. Man und Künstler sind vielfach preisakademie begonnen. Es geht findet nicht nur Austauschpart- gekrönt. Im August 2012 wurde aber genauso ohne Ausbildung – ner_innen, sondern es entstehen er außerdem bei den Danish Animan kann auch klein anfangen wie auch internationale Freund_in- mation Awards als „Talent of the zum Beispiel mit einem Praktikum nenschaften unter den Mitarbei- Year“ gewürdigt. bei einer Produktionsfirma.“ ter_innen, den Regisseur_innen Ein weiterer Juror ist der TiroAuch Richard Wilhelmer sitzt in und dem Publikum. Junge Fil- ler Künstler Wolfgang Tragseiler, der Jury und erfreute uns au- memacher_innen aus der gan- der an der Universität für künstßerdem mit seinem Film Adams zen Welt – unter anderem aus lerische und industrielle GestalEnde, mit dem die YOUKI heu- Kanada, China, Norwegen, Ös- tung in Linz studierte. Nun stellt er eröffnet wurde. Nach seinem terreich, Deutschland oder der sich die große Frage, was einen Abschluss an der Grazer Ort- Türkei – reisen jährlich nach Wels Siegerfilm ausmacht? Tragseiler: weinschule für Kunst und Design um ihre Filme auf der YOUKI zu „Eine Juryentscheidung ist eine absolvierte Wilhelmer ein Studi- präsentieren. Deshalb findet man sehr persönliche Entscheidung. um an der Universität der Küns- im Wettbewerbsprogramm Filme Sie ist sehr von den einzelnen te. Unter anderem beschäftigte in unterschiedlichen Sprachen. Juror_innen, deren Backgrounds er sich als Regisseur von Stran- Auch die Jury ist international: und individuellen Geschmäckern ge Love und The Golden Fore- Der dänische Regisseur Christen in Bezug auf die angewandte taste of Heaven schon intensiv Bach, der schon seit vier Jahren in Technik, die Farben oder den mit dem Medium Kurzfilm. Dabei Deutschland lebt, zögerte keine Inhalt abhängig. Wenn ein Kongestalten sich für ihn Kurz- und Sekunde zur YOUKI zu kommen. zept oder eine Idee gut ist, die Langfilme äußerst unterschied- „Ich lernte auf einem Filmfestival Umsetzung aber nicht überlich: „Die Auseinandersetzung Sebastian Höglinger kennen, der zeugt, kann das Ergebnis trotzmit Kurzfilmen ist eine ganz an- mich sodann als Jurymitglied zur dem gut sein. Für mich persöndere. Bei The Golden Foretaste YOUKI einlud.“ Bevor Bach in der lich ist das Wichtigste, dass mich of Heaven habe ich zum Beispiel Filmindustrie Fuß fasste, startete der Film erreicht.“ Um potenzielversucht, mich mit Filmtechni- er eine Karriere als Werbegrafi- le Kandidat_innen für einen Sieken zu beschäftigen. Davor habe ker. Des Weiteren ist er Initiator gerfilm zu finden, sehen sich die ich viel mit Fotos collagiert. Der und Kurator des Kollaborations- Juror_innen die Filme mehrmals Schwerpunkt lag visuell viel ver- Projekts Animation Tag Attack, an, um Vergleiche zwischen den spielter.“ Die YOUKI ist für ihre seine Arbeiten als Filmemacher Filmen, deren Genres und Alter
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FESTIVALPROTAGONIST_INNEN
sowie Backgrounds der Filme- von Mittwoch bis Freitag täglich macher_innen herstellen zu kön- fünfeinhalb Stunden im Kino. Vor nen. Auch Lydia Nsiah bereichert allem, weil wir die Reaktion des dieses Jahr das Juryteam. Sie Publikums und die Moderation studierte Film-, Kunst- und Kul- mitbekommen möchten. Dort turwissenschaft sowie Bildende existiert eine ganz andere AtmoKunst und ist Autorin und Filme- sphäre – es ist viel kommunikatimacherin. Auf die Frage, ob sie ver. Und das ist schön!“ darauf Wert läge, dass man sich Es ist immer wieder beeindruFilme im Kino anstatt zu Hau- ckend, dass sich erfolgreiche se am Fernseher oder Compu- Größen aus der Filmszene sechs ter ansieht, antwortet sie: „Für Tage lang Zeit nehmen, um gedie YOUKI gesprochen ist es sehr meinsam mit aufstrebenden wichtig, sich die Filme in den Ki- Künstler_innen zu arbeiten, sich nosälen anzusehen, weil die Fil- auszutauschen, eventuell Tipps me den Kinoraum verdienen und zu geben und auch die Nächte auch von sich aus verlangen. Als zusammen ausklingen zu lassen. Jury können wir uns die Filme im Obwohl den Juror_innen ihre ArNachhinein noch einmal anse- beit sichtlich Spaß macht, ist es hen, was aber nicht dasselbe ist. nicht immer einfach, die eigeGenau deshalb sitzen wir auch ne Meinung gegenüber den vier
weiteren Mitgliedern durchzusetzen. Denn bei fünf Personen kommt es schnell einmal zu Diskussionen über die unterschiedlichen Positionen. Immerhin ist es bei beinahe achtzig Filmen nicht gerade leicht, sich auf einen gemeinsamen Sieger zu einigen. Letztendlich aber hat das JuryTeam die entscheidende Endauswahl getroffen, die Siegerfilme wurden gekürt und die Preise vergeben. TEXT Laura Haas
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INTERNATIONALER WETTBEWERB Alter 10-14 „Nr. 5“ Tobias Gartenlehner, Valentin Thier Österreich 2012
Alter 15-20 „Petites Fleurs“ Dilan Alabogaz, Jenny Esser Heather Scheuer, Zoe Schwarz Deutschland 2011
Alter 21-26 & Publikumspreis „Duet Dance“ Ling Hong China 2012
INNOVATIVE FILM AWARD
„Indische Alpen“ Johannes Bögle Schweiz 2011
LOBENDE ERWÄHNUNG „Liebe für Anfänger“ Projektleitung: crossfade productions Schweiz 2011
„De Roni“ Andrea Schneider Schweiz 2011
IN TOUCH WITH THE AUDIENCE Die YOUKI aus der Sicht eines Filmemachers
TEXT Georg Csarmann
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체r mich bedeutet es immer wieder sehr viel, mit einem Film bei der YOUKI vertreten zu sein. Als internationales Jugendfilmfestival bekommt die YOUKI inzwischen mehrere hundert Filmeinreichungen aus aller Welt und die Entscheidung, welche Kurzfilme ins Programm aufgenommen werden, ist sicher nicht leicht. Die Arbeiten reichen von Dokumentationen 체ber Musikvideos bis zu narrativen, fiktionalen Werken von jungen Filmschaffenden im Alter von zehn Jahren aufw채rts bis zu Filmemacher_innen bis 26.
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er Begriff „Filmemacher_in- – gedreht mit minimaler Crew, aus nen“ stimmt mittlerweile meinem Freund_innenkreis rekrunicht mehr ganz, da die meisten tierte Schauspieler_innen – in GeBeiträge auf Video – hauptsäch- schichten, mit denen ich versuche, lich im digitalen Spiegelreflexka- meine persönlichen Gedanken mera-Look – gedreht und proji- und Emotionen auf ehrliche Art ziert und nur selten auf analogem und Weise dem Publikum künstFilm eingereicht werden. lerisch mitzuteilen. Wenn ich also Irgendwo unter all diesen groß- wie auch die vergangenen Jahre artig erzählten, experimentel- im November nach Wels zur YOUlen, informativen und unterhalt- KI komme, stellt sich für mich ein samen Kurzfilmen fanden sich Gefühl des Zuhause-Seins ein. Mit in den vergangenen sechs Jah- der Jugendherberge verbinde ich ren auch vier meiner eigenen mindestens genauso viele schöSchöpfungen. No-Budget Videos ne Erinnerungen wie mit dem seit
diesem Jahr neu renovierten Medien Kultur Haus, welches für mich und mein Team, das mich in den vergangenen Jahren begleitet hat, zu einem zweiten Wohnzimmer wurde. Ein Wohnzimmer, in dem man gemütlich abhängen kann und wo man trotzdem produktiver ist als in so manchem Büro. Ständig wird man von den Menschen, die sich im MKH bewegen, und den Gesprächen mit ihnen kreativ inspiriert. Das bringt mich zu den legendären Partys der YOUKI, auf denen diverse Gespräche
ES IST VERBLÜFFEND, WIEVIELE INTERNATIONALE GÄSTE DIE YOUKI ANZIEHT.
und Bekanntschaften vertieft werden. In lockerer Stimmung tanzt man gemeinsam bis in die Morgenstunden zu den Klängen der jeweiligen DJs. Das Aufstehen am nächsten Tag fällt dementsprechend schwer, aber es wäre unverzeihlich, deswegen den vormittäglichen Filmblock zu verpassen. Denn auch wenn die Kurzund Langfilme am Abend sehr interessant sind und ich abgesehen von der YOUKI nicht wüsste, wo ich zum Beispiel sonst eine Videoperformance über TeenieFernsehserien sehen kann, finden sich die wirklichen Entdeckungen im Wettbewerbsblock. Während mit zunehmendem Alter leider oft finanzielle Interessen im Vordergrund stehen (in der Produktion an sich oder spätestens in der Distribution), zeichnen sich die Werke der jungen Filmemacher_innen durch Leidenschaft und Freude am Schaffungsprozess aus. Auch möchte ich unter keinen Umständen die vielen großartigen Freundschaften missen, die ich im Laufe der Jahre bei der YOUKI geschlossen habe. Ob
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nun mit Mitgliedern des YOUKITeams oder anderen Filmschaffenden – sie alle haben mich kreativ, persönlich und beruflich weiter gebracht. So hat zum Beispiel mein Filmmusikkomponist vor zwei Jahren seine nunmehrige Freundin hier kennen gelernt. Die zwei führen seitdem eine funktionierende Fernbeziehung zwischen Wien und Vancouver, von wo die Jungregisseurin für ihren Film damals extra nach Wels angereist war. Es ist verblüffend, wieviele internationale Gäste die YOUKI anzieht. So finden sich dieses Jahr unter anderem zwei Filmschaffende aus China, die es bei ihrer ersten Reise nach Europa in die größte Stadt Österreichs, die nicht Landeshauptstadt ist, verschlagen hat: Wels. Genauso kann ich durch die Zeit bei der YOUKI auch einen Regisseur aus Irland oder eine deutsche Schauspielerin zum Kreis meiner guten Freund_innen zählen. Die meisten in Wels residierenden Filmschaffenden sind nur für die YOUKI vor Ort. So entsteht ein zusammenschweißender
Community-Gedanke und man hat die Möglichkeit, die ganze Woche mit Gleichgesinnten Zeit zu verbringen und sich über das Medium Film und alles, was damit zu tun hat, auszutauschen. Genauso bieten Veranstaltungen wie die Media Meetings oder die Workshops gute Möglichkeiten, den eigenen Erfahrungshorizont zu erweitern und sich intensiv mit speziellen Medien-Aspekten zu beschäftigen. Denn die YOUKI ist nicht nur ein Film-, sondern ein Medienfestival mit weiteren Eckpfeilern wie zum Beispiel Fotografie oder Musik. Die Live-Konzerte aufregender junger Bands und Solo-Künstler_innen runden die einzelnen Tage perfekt ab und die Ausstellungen von Bildern junger Fotograf_innen im MKH sind eine Bereicherung, die ich nicht missen möchte. Auch wenn sich inzwischen im neu renovierten Medien Kultur Haus ein großartiges Programmkino befindet, welches sich auch perfekt für die Filme der Media Meetings nutzen lässt, werden die Kurzfilme im offiziellen
FESTIVALPROTAGONIST_INNEN
Wettbewerbsprogramm noch immer im Alten Schl8hof gezeigt – und das zu Recht. Die Location des Alten Schl8hofs versprüht seit jeher einen gewissen Charme, der auch nicht durch etwaige sichtversperrende Pfosten oder teils improvisierte Kinotechnik getrübt werden kann. So konnte ich es auch ganz gut verkraften, dass mein Film Für Valerie leider etwas unterbelichtet projiziert wurde – der Stimmung im Saal tat dies keinen Abbruch. Nach der Präsentation baten die sehr jungen, aber auch sehr kompetenten Moderator_innen die jeweiligen Filmemacher_innen auf die Bühne, um diese und das Publikum dann aufgrund von Zeitmangel mit ein bis zwei Fragen beziehungsweise Antworten abzuspeisen, was aber an sich auch einen ganz eigenen Witz hatte. Das Filmsofa, auf das in Zusammenarbeit mit dorf.tv an drei Tagen während der YOUKI ausgesuchte Filmschaffende Platz nehmen durften, gab mir dann
sowieso einen breiteren Rahmen, gegeben hat, ist das schlichtum gemeinsam mit anderen Fil- weg unglaublich … Cool! In diememacher_innen zum Thema „Es sen Momenten erinnere ich mich wird geliebt – Liebe-Kino-Schule“ auch an mein 16-jähriges Ich: Als ausführlich über unsere Filme und ich meine ersten filmischen Gehderen Hintergründe zu sprechen. versuche unternahm und mir imEs ist erstaunlich, welche Fernseh- mer gewünscht habe, mit meinem respektive Kameratechnik dafür Tun Menschen zu erreichen, mich aufgebaut wurde und welch an- durch die erzählten Geschichten genehme Atmosphäre während mitzuteilen, und dass potenzielle der dreiviertelstündigen Sendung Zuseher_innen im Idealfall davon im Studio herrschte. etwas für ihr Leben mitnehmen Wenn immer mehr Filme junger können. Filmschaffender online verfügbar Viele der mir inzwischen bekannsind, gibt es einen wichtigen As- ten Festival-Gesichter sehe ich nur pekt, der nur auf Festivals zu fin- einmal im Jahr. Trotzdem sind die den ist: Der direkte Kontakt zum meisten der Leute, die ich in den Publikum. Um ganz ehrlich zu sein letzten Jahren auf der YOUKI in ist es ein wunderbares Gefühl, Be- mein Herz geschlossen habe, wie stätigung für den eigenen Film zu eine eigene kleine Festival-Famibekommen. Und dabei spreche lie. Ich werde jedes Jahr am Tag ich noch gar nicht von den mög- der Abreise melancholisch, weil lichen Preisen, sondern vor al- es dann wieder ein Jahr lang daulem vom Applaus nach der Vor- ert, bis die nächste YOUKI einen führung oder auch von direktem Höhepunkt in meinem Jahr darFeedback. Wenn eine Person, die stellen wird. meinen Film gesehen hat, mich darauf anspricht und mir mitteilt, wie viel ihm_ihr mein kurzes Video
„TEENAGER IN LOVE - EIN FOTOROMAN“
Idee, Konzept, Ausführung: Rosi Grillmair, Astrid Dober
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DAS SCHÖNSTE LICHT Die Fotografin Theresa Hödl erinnert sich im Interview an ihre erste Barbie-Kamera.
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Wie bist du auf die Idee für deine Ausstellung gekommen?
Ich bin gefragt worden, ob ich für die YOUKI-Plakate fotografieren möchte. Ich habe mit diesen Arbeiten Anfang der Sommerferien angefangen und währenddessen sind die meisten Fotos, die in der Ausstellung zu sehen sind, entstanden. Im September, als die Idee für die Ausstellung da war, habe ich die Bilder noch ergänzt.
Du hättest eigentlich nur das Plakat gemacht?
Ja, genau, das hat sich irgendwie so entwickelt. Beim Plakat war die Idee, dass die Hochhäuser aus der Erde herauswachsen. Darauf bin ich gekommen, als ich von Thalheim drüben auf Wels heruntergeschaut habe. Und dann war die Idee: Wie schaut das jetzt von unten aus? Und wie kann man das festhalten?
Wie hast du die Orte für deine Fotos gefunden?
Eigentlich spontan. Zuerst habe ich mir eben alles von oben angesehen, und später dann von unten. Ich bin viel mit dem Rad herumgefahren und hatte die Bilder dann schnell zusammen.
FESTIVALPROTAGONIST_INNEN
Findest du, dass sich die Gebäude auf deinen Bildern mit der Natur gut vereinen oder dass sie eher herausstechen?
Ich finde schon, dass sie herausstechen, aber nicht im negativen Sinn. Es sieht eher so aus, als ob viele Gebäude aus der Erde herauswachsen würden. Als die Bilder nebeneinander hingen, wurde mir klar, dass im Wald die Bäume herauswachsen und in der Stadt sind es eben die Gebäude. Also ich sehe das nicht negativ.
Und könntest du dir auch vorstellen, Fotografin zu werden?
Nein, eher nicht, weil es schwierig ist, als Fotografin wirklich sein eigenes Ding zu machen. Man endet dann schnell als Hochzeitsfotograf_ in oder für Schüler_innenportraits, und das ist nicht gerade das, was mich anspricht … Ich denke, dass ich Fotografieren aber auch mit meinem Berufswunsch verbinden kann, weil das ja ein ähnliches Gebiet ist.
IM WALD WACHSEN DIE BÄUME AUS DEM BODEN UND IN DER STADT SIND ES EBEN DIE GEBÄUDE.
Welcher Beruf wäre das?
Ich möchte Grafikdesign machen, vielleicht in Richtung Werbegrafik.
Hattest du schon einmal eine Ausstellung vor Ansichtssachen?
Nein, das ist meine erste Ausstellung.
Ist das deine erste Zusammenarbeit mit der YOUKI?
Ich war schon vor einiger Zeit bei zwei Projekten vom Medien Kultur Haus dabei. Danach gab es den Probierraum auf der YOUKI-Website – eine Online-Ausstellung. Die Probierräume gibt es schon ein bisschen länger und ich habe ein paar mit fotografischen Arbeiten gestaltet.
Was sieht man auf diesen Bildern?
Es sind Orte, die man nicht wahrnimmt. Man sieht sie jeden Tag, den Bahnhof zum Beispiel. Aber man nimmt sie eben nicht wahr. Und wenn man die Orte dann auf einem Foto gezeigt bekommt, sieht man sie wieder. Ob das jetzt positiv oder negativ ist … Ich finde, dass wir dann unsere ganze Umgebung besser wahrnehmen.
Wie alt warst du, als du das Fotografieren für dich entdeckt hast?
Wenn man es genau nimmt, sieben. Da habe ich zum Geburtstag eine Polaroid-Kamera bekommen, so eine von Barbie. Damit habe ich schon damals alles fotografiert, was mir wichtig war. Und irgendwann hat sich das dann so entwickelt, dass ich digital angefangen habe. Aber so richtig in diese Richtung habe ich dann erst mit diesen verlassenen Orten gefunden. Da war ich etwa fünfzehn Jahre alt. Davor habe ich einfach ausprobiert.
Hast du viele deiner Bilder in der Ausstellung bearbeitet?
Eigentlich nicht. Ich habe aber immer kurz nach Regen oder Nebel fotografiert, ich finde, da gibt es das schönste Licht. TEXT Lena Steinhuber
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ANSICHTSSACHEN
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orwiegend grau, grün oder weiß. Auf den Bildern von Theresa Hödl geht es hauptsächlich um (meist heruntergekommene) Bauwerke und ihr Zusammenspiel mit der Natur. Ob sie dabei herausstechen oder sich perfekt mit ihr vereinen, muss jede_r für sich selbst entscheiden. Das ist Ansichtssache. Auf drei bis vier Fotos erkenne ich nette Vereinigungen von Natur und Bauwerken. Zum Großteil finde ich die Gebäude aber ziemlich fehl am Platz, weil sie (für mich) etwas zu sehr aus der düsteren Landschaft herausstechen. Schön finde ich, dass ein paar reine Naturaufnahmen zwischen die Fotos gemischt sind. Das lockert das Ganze ein bisschen auf. Genau wie die unterschiedlichen Größen der Bilder, durch die die Ausstellung spontaner aussieht. So, als wären viele Bilder – mit ähnlichen Farbtönen und zum gleichen Thema – bunt zusammengewürfelt worden. Ich bin der totale Fan von Nahaufnahmen, die sind in Hödls Ausstellung aber ziemlich wenig vertreten. Was ich sehr schade finde! Einige Fotografien gefallen mir wirklich sehr, sehr gut, weil sie enorm schöne Farbtöne haben. Aber die meisten würde ich mir nicht ins Zimmer hängen, weil ich finde, dass die Wiesen und Co von den Gebäuden ziemlich in den Hintergrund gedrängt werden. Ein sehr netter Zufall ist der noch provisorische Liftausgang in drei Metern Höhe, der zwar nicht Teil der Ausstellung ist, aber trotzdem dazu passt.
TEXT Lena Steinhuber
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Manuel Zahn (Dr. phil.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Medienpädagogik und Ästhetische Bildung am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. Er referierte u.a. im Rahmen der Summer School des Österreichischen Filmmuseum Wien. Zuletzt publizierte er das Buch „Ästhetische Film-Bildung, Studien zur Materialität und Medialität filmischer Bildungsprozesse“ im Bielefelder transcriptVerlag.
„ES WIRD GELIEBT...“ – Thesenhaftes über den Zusammenhang von Bildung, Liebe und Filmfestivals „Der Prozeß der Bildung ist in den der Verarbeitung umgeschlagen. Die Verarbeitung - und darin liegt das Wesen des Unterschieds – läßt dem Gegenstand keine Zeit, die Zeit wird reduziert. Zeit aber steht für Liebe; der Sache, der ich Zeit schenke, schenke ich Liebe; die Gewalt ist rasch.“ (Horkheimer 1952/1985, S. 411)
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as vorangestellte Zitat ist aus dem Vortrag Begriff der Bildung entnommen, den Max Horkheimer 1952 in seiner Funktion als Rektor der Universität Frankfurt vor Studierenden zur Semestereröffnung hielt. Ausgangspunkt und auch durchgängiges Thema der Rede bildet für Horkheimer die Frage, was seine Zuhörerinnen und Zuhörer von der Universität und ihrem Studium erwarten können. Er vermutet, dass es (damals) den Studierenden nicht nur darauf ankomme, dass ihnen das Studium „bessere wirtschaftliche und gesellschaftliche Möglichkeiten erschliesse“ bzw. eine „Karriere“ ermögliche, sondern auch darauf, dass ihnen das Studium und der Ort der Universität die Gelegenheit „zur reicheren Entfaltung der menschlichen Anlagen, zu einer angemessenen Erfüllung der eigenen Bestimmung“ verschaffe (vgl. Horkheimer 1952/1985, S. 409). Als zusammenfassende Bezeichnung für diese Erwartungen biete sich, so schreibt er weiter, der Begriff der Bildung an. Horkheimers Vortrag ist heute immer noch anregend, im Hinblick auf die gegenwärtige Situation der Universität, auf die Bildungspolitik und auch in Bezug zum Diskurs der Filmbildung. Mein Beitrag versucht (zugegeben eher thesenhaft) darzulegen, worin ich das Anregungspotential von Horkheimers Überlegungen für den Diskurs der Filmbildung sehe. Dabei werde ich nicht den vielfältigen Bezügen und Kontexten von Horkheimers Text folgen, sondern mich in einem ersten Schritt dem Unterschied zwischen einem Verständnis von Bildung als „Verarbeitung“ und als „liebende Hingabe an eine Sache“ widmen. Zudem wird es darum gehen, genauer zu klären, was Horkheimer als die „Sache“ von Bildung definiert. In einem nächsten Schritt werden Horkheimers Überlegungen zur „Bildung“ mit der Bedeutung von Filmfestivals für die Filmvermittlungslandschaft und für eine Ästhetische Film-Bildung in Zusammenhang gebracht.
1. Horkheimers Unterscheidung des Bildungsbegriffs in ein technisches auf der einen und ein liebendes bzw. sorgendes Verhalten gegenüber Welt und Selbst auf der anderen Seite ist sicher eine Reaktion auf die damals geführten Debatten um die Brauchbarkeit des klassischen Bildungsbegriffs. Sie ist aber auch eine sehr nützliche Folie, um die aktuellen fachöffentlichen Debatten über „Filmbildung“ etwas besser zu verstehen. Denn Bildung hat sich in der aktuellen bildungspolitischen Planungslogik und dem praxistheoretischen Kontext der medienpädagogischen Debatte um Kompetenzsteigerung vollkommen in das verwandelt, was Horkheimer noch mit Begriffen wie „technischer Verarbeitung“ oder „Aneignung“ und sein Freund Theodor W. Adorno (1959) mit dem Begriff „sozialisierter Halbbildung“ vehement kritisiert haben. Nachdem die gesellschaftlichen und kulturellen Institutionen nun durchgehend einer ökonomischen Rationalität unterworfen sind, werden gleichsam die von ihnen bereitgestellten bzw. eingeforderten Praktiken der Erkenntnis von Welt und Selbst warenförmig. Bildung, als bloße Eingliederung in gesellschaftliche Denk- und Handlungsmuster, verkommt dabei zu einer Form von Selbstbehauptung. Das sich bildende Subjekt soll sich als ein Bündel von standardisierten Kompetenzen oder als eine Sammlung von Bindestrich-Literacies erkennen. In diesem technologischen, soziokulturellen System – das Adorno und Horkheimer (1947) als „Kulturindustrie“, Hans Magnus Enzensberger (1970) später als „Bewusstseins-Industrie“ bezeichneten und das jüngst Bernard Stiegler (2008) im Begriff der „Programmindustrien“ vehement kritisierte – sehe ich nun auch die Beschäftigung mit kulturellen Artefakten wie Filmen in vielen Konzepten von „Filmbildung“ unter der Maßgabe gesellschaftlicher Brauchbarkeit von Bildung perspektiviert. Die bildende Auseinandersetzung mit kulturellen Produktionen erhält in diesen Konzeptionen ihren sozialen Sinn nur im Rahmen konkurrierender Selbstbehauptung der Subjekte, und sei es nur, dass sich die bildenden Subjekte kultivieren, um die mit den Kulturgütern erworbene Halbbildung als „kulturelles Kapital“ (Bourdieu) im sozialen Konkurrenzkampf einzusetzen. Mit diesen Selbstbehauptungsgesten geht die Unterstellung einer in Begriffen identifizierbaren und beherrschbaren Welt einher. Filme werden damit zu Medienprodukten, die man reproduzieren oder sich lernend aneignen kann; selbst dort noch, wo man ihre Andersheit oder Fremdheit, sei es inhaltlich oder formal, reflektiert, wird diese „Entfremdung“ in der Logik einer Selbststeigerung des souveränen Subjekts gedacht, das sich notwendigerweise auf die Dinge bzw. die kulturindustriellen Medienprodukte einlässt, um nur (ich-)gestärkt aus dieser entfremdenden Erfahrung zu sich zurückzukehren.
VOR ALLEM EIN JUGEND MEDIEN FESTIVAL WIE DIE YOUKI KANN ORT EINER BILDENDEN AUSEINANDERSETZUNG MIT EINER GESELLSCHAFTLICHEN SACHE IM SINNE HORKHEIMERS SEIN.
Horkheimer lehnt diese Form der „Selbstbildung“ entschieden ab, sie leiste Verzicht auf jede „Wirksamkeit in der Welt“, auf jede Form der Mitgestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse und betreibe eine „Vergötzung des sich selbst genügenden Ichs“ (ebd., S. 415). Horkheimer betont stattdessen in den Begriffen der „Erfahrung“ und „Entäußerung“ die bildende Hinwendung an eine Sache: „Gebildet wird man [...] einzig in der Hingabe an die Sache, in der intellektuellen Arbeit sowohl wie in der ihrer selbst bewussten Praxis. [...] Wer nicht aus sich herausgehen, sich an ein Anderes, Objektives ganz und gar verlieren und arbeitend doch darin sich erhalten kann, ist nicht gebildet.“ (ebd.) Diese „Sache“, der man sich in liebender Hingabe widmen und zugleich an ihr und sich arbeiten soll, ist für Horkheimer nicht weniger als „die vernünftige und menschliche Einrichtung, die Verbesserung und Durchbildung des gesellschaftlichen Ganzen“ (ebd.). Bildung erschöpft sich für Horkheimer also nicht in Persönlichkeitsbildung, sondern umfasst auch und insbesondere die Sorge und das Engagement für die Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Horkheimer fordert in diesem Sinne seine Studierenden 1952 dazu auf aktiv an der Gestaltung der gesamten Universität und ihrer Idee einer wissenschaftlichen Bildung mitzuarbeiten. 2. Ich denke, dass Film- und Medienfestivals, vor allem ein Jugend Medien Festival wie die YOUKI, solche Orte einer bildenden Auseinandersetzung mit einer gesellschaftlichen Sache im Sinne Horkheimers sein können – eine Auseinandersetzung mit dem Film als kulturelle und ästhetische Praxis. Dazu ein paar eher lose verknüpfte Gedanken. „Es wird geliebt. Liebe, Schule und Kino“ war das Thema des ersten „Filmsofas“ auf der YOUKI 14. Dort wurde in erster Linie die Bedeutung des Themas „Liebe“ für den Film, aber auch für das Filmemachen diskutiert. Georg Csarmann, einer der Filmemacher_innen auf dem „Filmsofa“, merkte an, dass eigentlich kein Film ohne Liebe auskomme, wenn man bedenke, dass auch Liebe in das Machen eines Films einfließe. Im Anschluss an diese Bemerkung von Csarmann geht es auch mir weniger um die Liebe im Film, sondern vielmehr um die Liebe, die dem Film in den Akten seiner Produktion und Rezeption zukommt. In filmbildungstheoretischer Perspektive ließe sich dann das „Es“ in „Es wird geliebt...“ durch „Film“ ersetzen. Und Festivals wie die YOUKI sind demnach Orte an denen eine liebende Hingabe gegenüber Film in all seinen medialen Erscheinungs- und Vermittlungsformen erfahrbar
wird: in der Vielfalt der Filme auf der Kinoleinwand, aber auch in den Workshops, Vermittlungsprogrammen, Diskussionen und Gesprächen in den Pausen zwischen den Filmprogramme oder am Rand der Konzerte und Partys. Sicherlich sind Jugendfilmfestivals auch „Sprungbrett“ für die Karriere junger Nachwuchsfilmemacher_innen oder sie treiben die semiprofessionelle Auswertung von Filmen an. Doch jenseits der Auswertung von Film und der Prämierung von Filmemacher_innen, sind sie vor allem – und das ist meines Erachtens noch viel bedeutender – eine Plattform jugendlichen Filmschaffens als Teil der gesamten internationalen Filmkultur. Idealerweise wird der junge Amateurfilm wie bei der YOUKI von jungen Menschen für ein jugendliches Publikum ausgewählt, programmiert und kontextualisiert. Dabei bilden die Festivals bestenfalls auch solche Formen filmischen Schaffens ab, die in den Mainstream aktueller Kino- und Fernsehproduktion keinen Eingang finden. Denn gerade die Amateurfilme können meines Erachtens etwas von der Lust am Filmemachen, von der ästhetischen Erfahrung der Welt im Medium des Films erfahrbar machen. Ich nenne diese Filme „Amateurfilme“ (ganz unabhängig von Material, Form, Genre oder Thema), weil sie von Amateur_innen produziert sind. Ein Amateur (von lat. amator – Liebhaber) ist eine Person, die eine bestimmte Tätigkeit nicht aus einer Profession heraus, sondern aus Liebhaberei ausübt – man könnte auch sagen, die (zuerst) nicht nach dem persönlichen Nutzen fragt, sondern jenseits der Verwertbarkeit im Modus der ästhetischen Erfahrung die Strukturen und Formen der ihn umgebenden (Film-)Kultur genießt. Im begrenzten Zeitraum eines Festivals, in seiner intensiven Atmosphäre, in der sich (fast) alles um den Film als kulturelle Praxis dreht, kann sich etwas von dieser Begeisterung und der Liebhaberei für den Film auf die jugendlichen Besucher_innen übertragen. Und in ganz glücklichen Momenten gelingt es dabei vielleicht so etwas zu erzeugen, was Foucault (1967) als „Illusionsheterotopie“ bezeichnet hat. „Illusionsheterotopien“ schaffen einen Zeit-Raum, in dem der reale, gesellschaftliche Raum (mit all seinen Normierungen, Vorgaben und ökonomischen Bildungsdiskursen) als Fiktion entlarvt und damit auch als gestaltbarer Raum erfahrbar wird. Das Filmfestival wird gleichsam zu einem Gegen-Ort, einem Ort der Kritik, der Raum gibt für Abweichungen und deren Potential für ein Anders-Sehen und -Denken als ästhetische Bildungsprozesse in der Auseinandersetzung mit Film.
Literatur: Adorno, Theodor W. (1959): Theorie der Halbbildung, in: Ders.: Gesammelte Schriften, Bd 8. Soziologische Schriften I, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 93–121. Horkheimer, Max (1985): Begriff der Bildung (1952), in: Ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 8, Frankfurt a.M.: Fischer, S. 409– 419 Foucault, Michel (2006): Von anderen Räumen (1967), in: Dünne, Jörg; Günzel, Stephan: Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 317–329. Enzensberger, Hans Magnus (1970): Baukasten zu einer Theorie der Medien, in: Kursbuch 20, S. 159–186. Stiegler, Bernard (2008): Die Logik der Sorge. Verlust der Aufklärung durch Technik und Medien. I.1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
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aus der Plakatserie von Rosi Grillmair
DO IT YOURSELF! Zäh, langweilig, spannend und interessant: Drei Tage lang Sounddesign
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Name: Samuel Irl Wohnort: Wien Ausbildung: Musikwissenschaft (Universität Wien) und Tonmeister (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) Selbstbeschreibung in einem Satz: Musik oder Film?/Wels oder Wien?
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, 2 oder 3. Googelt man Samuel Irl, den Namen des Workshopleiters, führen die Ergebnisse zum Großteil auf Plattformen, die sich auf Musiker_innen spezialisieren. wie zum Beispiel www.discogs.com, www.soundcloud.com, oder www.play.fm, wo Irl als Musiker mit folgender Beschreibung dargestellt wird: „Plays jazz piano and has been making beats for about 6–7 years now. He tries to make honest and real music, no matter what it is, it’s got to have soul and be deep.“ Schon mit diesen Zeilen freut man sich auf drei mal fünf Stunden unter seiner Leitung. Denn nicht nur Musik muss bei Irl „soul and deep“ besitzen, sondern auch Film bzw. besser gesagt, der Sound des Films. Selten beachtet jemand „Kleinigkeiten“ wie den Sound und genau deshalb freut sich Sam besonders, auf sechs interessierte Workshopteilnehmer_innen zu
treffen. Ihnen will er beibringen, die Ton- und Geräuschebene eines Films bewusster wahrzunehmen, bei der Filmrezeption genauer zuzuhören und mit diesem Wissen später eine Szene selbst zu vertonen. Die heiße „1, 2 oder 3“-Frage: Welcher Tag war der Beste? Ist es … Tag 1? Der Raum beeindruckt mit einer großen Leinwand, einem Computer mit angeschlossenem Beamer, Häferl mit Löfferl und (leider unbequemen) Sesseln, die dazu einladen, die Leinwand zu betrachten. Vorerst wird jedoch der Blick auf den Bildschirmschoner mit idyllischen Blumenfotos und einen davorsitzenden Samuel Irl gerichtet, der sich selbst kurz vorstellt und uns dann die fünf Ebenen des Filmtons lehrt (Ebene 1: O-Ton/Originalton, Ebene 2: Foleys, Ebene 3: Athmo, Ebene 4: Effekte, Ebene 5: Filmmusik – und
WORKSHOPS
HE TRIES TO MAKE HONEST AND REAL MUSIC, NO MATTER WHAT IT IS, IT’S GOT TO HAVE SOUL AND BE DEEP.
nein, die sind nicht gegoogelt!). Etwa zwei Stunden später können die Raucher_innen ihre erste Zigarette mit neuem Wissen genießen (und die Nichtraucher_innen – was machten die noch schnell?), danach werden Filmausschnitte gezeigt und die Geräusche dazu besprochen. Zuvor durfte Sam noch eine Kurzfassung der ersten zwei Stunden liefern, weil einem Workshopteilnehmer von einem Einheimischen der falsche Weg beschrieben worden ist – zumindest waren diesmal nicht die ÖBB Schuld. Wall E, Star Wars oder No Country For Old Men werden mehrmals projiziert, detailliert analysiert und Fragen gestellt, wie zum Beispiel: Woher kommt das Geräusch der Star-WarsSchwerter? Welcher Ton wurde als O-Ton verwendet und welcher wurde extra hergestellt? Was genau fällt unter „Sound-Effect“ – ist das wirklich nur eine fette
Explosion oder steckt da doch war. Von Anfang bis Ende erklärt etwas Subtileres dahinter? Um er uns seine Arbeitsschritte. Nach letztere zu beantworten: Nein, rund fünf Stunden Input wissen die Explosion wäre wohl erst das sogar schon ein paar WorkshopLetzte auf der Effekte-Skala. Da- Teilnehmer_innen, wie er zu den vor befinden sich noch Schritte, jeweiligen Sounds gekommen Türen, Atemgeräusche oder ein- sein könnte. Guten (Ge-)Wissens faches Kauen von Erdnüssen und können wir zur YOUKI-Nightline deuten darauf hin, dass wohl viel gehen. Oder… mehr nachgemacht wird, als man Tag 2? denkt. Damit ich nun auch die Frisch und munter sitzen wir wieStar-Wars-Fans unter uns beruhi- der in der Gruppe und wiederhoge: Das Geräusch der Schwerter len die Basics vom Vortag – ein wurde erzeugt, indem Ben Burtt, (Workshop-)Klassiker. Nachdem der für das Sounddesign zustän- wir alle unser neuangeworbenes dig war, mit einem alten Fern- Wissen aufgefrischt haben, maseher die Kämpfe nachahmte. chen wir uns an die Arbeit, eine Denn durch die Nähe eines an- audiolose Szene zu vertonen. Gederen Körpers erzeugt der Fern- fühlte unendliche Male analysieseher Geräusche, die sich perfekt ren wir eine Minute eines Films für Lichtschwerter eignen. und schreiben auf, welche GeräuNachdem wir also einige mit sche wohl vorkommen könnten, Sounddesign verbundene Tricks ohne in das Original hineingehört gehört haben, zeigt uns Sam zu haben. Dampf, Karte, verschienoch einen Kurzfilm, in dem er dene Athmo (und somit verschieselbst für den Sound zuständig dener Raum), Wasser, Schritte,
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WER IST EIGENTLICH… WORKSHOPS
eine flackernde Lampe und noch viele weitere Notizen schmücken mein YOUKI-Notizbuch. Egal wie oft wir die Szenen betrachten, wir finden immer wieder irgendwelche zuvor unentdeckte Einzelheiten, die „unbedingt“ noch dazu gehören. Gleichzeitig überlegen wir auch schon, wie wir diese Geräusche überhaupt produzieren können, denn um die Sequenz neu zu vertonen, dürfen wir keine schon vorhandenen Audio-Files benützen. Also raus aus dem Alten Schl8hof und Athmos und Geräuscheffekte suchen! Vorher bekommen wir noch eine
Einführung in die Mikrofon-Technik und sind sehr begeistert, ein Angelmikrofon mit flauschigem Windschutz und dazupassendem großen Kopfhörer benützen zu dürfen. Wir kommen uns wie ein professionelles Filmteam vor – alleine dafür kann man der YOUKI schon mal danken. Im Hof des Alten Schl8hofs finden wir passende Geräuschkulissen, stellen aber fest, dass es nie wirklich still ist, solange man nicht alle rundherum bittet, für ein paar Sekunden – die dann unabsichtlich zu Minuten mutieren – still zu sein. (Danke nochmal dafür und
Entschuldigung, aber dadurch sind wirklich gute Ergebnisse entstanden!) Für Sequenzen, die keinen Auto- oder Kinderlärm benötigen, flüchten wir dann doch lieber wieder in unser stilles Kämmerlein, das eigentlich gar nicht so still ist, wenn darunter gerade der Soundcheck für die Nightline gemacht wird, und nehmen ungewöhnliche Geräusche auf. Angefangen vom Aufnahmegerät, das wir mit Mikro in den Kühlschrank leg en – eine wirklich witzige Idee, die für viel Spaß sorgte – bis hin zur Klospülung. So manch_e Festivalbesucher_in war
WIR KOMMEN UNS WIE EIN PROFESSIONELLES FILMTEAM VOR – ALLEINE DAFÜR KANN MAN DER YOUKI SCHON MAL DANKEN.
vermutlich sehr verwundert, was wir alle gleichzeitig im Männerklo machen. Hätten wir nicht das unübersehbare Mikrofon dabeigehabt, wäre ich mir sicher dumm vorgekommen, dank sei Alexander Graham Bell! Und so schnell war der zweite Tag auch schon wieder vorbei … Oder doch … Tag 3? Vorerst spielen wir die restlichen Sounds ein, die Utensilien wie Gummistiefel oder Deos benötigen, die wir in den vorangegangenen Tagen nicht dabei hatten. Das ist allerdings im Nu geschehen und schon landen wir beim Computer, um unsere eigenproduzierten Sounds endlich mit dem Bild des Films zu verbinden. Anfangs meint Sam noch „alle zehn Minuten“ den oder die Arbeitende_n zu wechseln und endet schlussendlich damit, dass jede_r fast eine halbe Stunde neben ihm beim PC sitzt und Audiofiles zerlegt, bearbeitet und dann wieder zusammenführt. Im
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Minutentakt – zumindest fast – ein Wangen-Berühren – das üblibekommt die Filmsequenz mehr che Prozedere beim Verabschieund mehr Charakter. „Es ist zwar den –, Gerede über das Wetter, wahnsinnig zäh, aber genau des- und schon hat sich die Gruppe wegen machen wir das jetzt, da- „Workshop Sounddesign“ wieder mit ihr wisst, wie langweilig es aufgeteilt. sein kann“, sagt Sam. Mit zäh und Also liebe Leser_innen, welche langweilig liegt er nicht ganz da- Antwort ist die Richtige? neben, aber wenn man das End- Tag 1, 2 oder 3? produkt bewundert, vergisst man Team Österreich stellt sich auf keischnell die unangenehmen Pas- ne Seite und versucht sich quer sagen und freut sich, was man über alle drei Felder zu legen, alles selber machen kann – do it denn hier gibt es definitiv kein yourself eben. „oder“ sondern ein „und“! Jeder Kurz vor Ende des Workshops, Tag war auf seine Weise zäh und das heißt nachdem wir mit un- langweilig – ich meine natürlich serer Fassung mehr oder weni- spannend und interessant –, hatte ger zufrieden sind, sehen wir uns Charme und beeinflusste so einidie Original-Tonspur an und stel- ge Menschenleben – und genau len fest: Obwohl wir 19 Ebenen dafür will ich der YOUKI danken! haben, fehlt noch der Feinschliff. Also danke, liebes Festival, es war Aber wir wollen ohnehin keine mir eine Freude und ich bin überHollywood-Maschinen werden zeugt, dass es das nächste Jahr und sind dadurch keineswegs ne- wieder wunderbare Workshopgativ gestimmt. Händeschütteln, Angebote geben wird. Prost! Küsschen links und rechts, oder nur rechts oder links zweimal und TEXT rechts einmal oder eigentlich nur Astrid Dober
TIERE DER ZERSTÖRUNG UND DAS SCHWARZE BUNT Auch mit Medien umgehen will gelernt sein. Bei der YOUKI gibt es für Schüler_innen deshalb ein ganz besonderes Programm.
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„Ich sehe fast den ganzen Tag fern.“ Für Jacquelina (16) ist es ganz normal, Medien wie Internet, Fernsehen und Handy zu benutzen. Und das Mädchen ist kein Einzelfall, denn für die meisten Jugendlichen ist es selbstverständlich, schon früh ihr erstes eigenes Handy zu haben und mit Computer und Fernseher aufzuwachsen. Das war nicht immer so. Der erste Computer wurde 1937 von George Stibitz entwickelt, aber erst seit den 1980er-Jahren waren diese neuen Möglichkeiten für alle verfügbar. Die Generationen vor den heutigen Jugendlichen wuchsen „nur“ mit Plattenspielern, Fernsehern und Radios auf.
Wie Johanna Sturm (50), die in ihrer Kindheit ohne Laptop, Handy und Internet auskam. Die Lehrerin aus dem Mühlviertel kaufte sich vor etwa fünf Jahren ihren ersten Computer. Sie sagt, es gehe mittlerweile nicht mehr ohne Laptop und Internet und dass sie sich das auch nicht mehr ohne vorstellen könne: „Das ist echt irre, was sich da getan hat!“ Trotz der zahlreichen Vorteile der neuen Technologien, wie zum Beispiel die Arbeitserleichterung oder die umfassenden Informationen, von denen wir heute Gebrauch machen können, sind mit der Zeit auch negative Auswirkungen spürbar geworden. Jugendliche werden mit Inhalten von
JUGENDLICHE WERDEN MIT INHALTEN VON SOAPS UND FILMEN KONFRONTIERT, DIE OFT WENIG MIT DER REALITÄT ZU TUN HABEN.
Soaps und Filmen konfrontiert, die oft wenig mit der Realität zu tun haben. Sie erwarten sich, dass die erste Liebe genauso romantisch wie in Filmen in ihr Leben tritt und dass egal was man falsch macht, immer wieder alles gut wird – auch ohne selbst etwas dafür tun zu müssen, um die Probleme aus der Welt zu schaffen. Johanna Sturm kritisiert den negativen Einfluss der Medien. Für Jugendliche sei es schwierig, die Realität von den Geschehnissen aus den Serien zu trennen. Und auch ein weiterer Aspekt ist ihr wichtig: „Wenn etwas Neues auf den Markt kommt, dann beginnt immer so ein Hype darum. Zum Beispiel bei Twilight. Ich glaube, dass der Markt das oft ausnutzt. Außerdem wird dadurch alles viel kurzlebiger – der Hype beschränkt sich ja immer nur auf ein paar Monate und dann kommt
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wieder etwas Anderes.“ Nicht nur Filme und Soaps beeinflussen junge Leute, sondern auch die Inhalte von Werbungen können sich negativ auswirken. Das findet auch Susanne Lettner (53), die von sich selbst sagt, da müsse sie auch aufpassen. Und es wird noch schlimmer: Medien entwickeln sich mit hoher Geschwindigkeit, sie werden ein immer wichtigerer Teil unseres täglichen Lebens und in Zukunft wohl immer mehr Abhängigkeiten schaffen. So hat sich seit einigen Jahren in Bezug auf Medien und die zunehmende Nutzung ein neues Phänomen entwickelt: die Internetsucht. Stetig steigt die Zahl der Diagnosen und vor allem junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren sind betroffen. Sie werden bereits in eigens entwickelten Therapiezentren von ausgebildeten Fachärzt_innen betreut und
lernen neu, mit dem Medium Internet richtig umzugehen. Auch die YOUKI 14 als Jugend Medien Festival beschäftigt sich mit verschieden Arten von Medien und bringt unter anderem bei den für Schulklassen angebotenen Vermittlungsprogrammen Schüler_innen den richtigen Umgang mit Medien näher. Ein solches Vermittlungsprogramm veranstaltete der Verein filmABC aus Wien im Rahmen der YOUKI: Spaß mit Hase. Den teilnehmenden Schulkassen wurde zuerst ein Kurzfilm präsentiert, über den anschließend mit der Regisseurin Judith Zdesar und der Familienhelferin Jasmin Futuri diskutiert wurde. Der Kurzfilm, der ebenfalls den Titel Spaß mit Hase trägt, handelt von einem 14-jährigen Jungen, der, um mit der Coolness seines Freundes Chris mithalten zu
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können, seinen kleinen Bruder in ein Hasenkostüm steckt und auf ihn einschlägt. Zwar war der kleine Bruder mit einem Karateschutz ausgestattet, doch den nahm er, ohne dem Schläger Bescheid zu geben, ab. Pubertät, Freund_innenschaft und nicht zuletzt Gewalt sind Themen in diesem Film. Bei der anschließenden Diskussionsrunde wurde ersichtlich, dass die Schüler_innen im Alter von zwölf bis 18 Jahren von den Geschehnissen im Film traurig gestimmt und betroffen waren. Obwohl es nicht im Sinne der Regisseurin war, nur über Gewalt zu reden, wurde dies schnell der Schwerpunkt des Gesprächs. Das Vermittlungsprogramm „Tiere der Zerstörung und das schwarze Bunt“ war ein weiteres Projekt der YOUKI, das mit Schüler_innen der 2. Klasse des BRG 4 in
Wien unternommen wurde. Die Aufgabe der Schüler_innen war es, sich aus 35 Filmen aus dem Filmmuseum Wien für sechs zu entscheiden. Wie Liam (13) berichtet, entschied sich die Klasse für Filme, die inhaltlich ein bisschen zusammenpassten. Im Anschluss an die ausgewählten Filme wurde ein weiterer mit dem Titel „Kratzen, Schneiden, Lochen, Kleben“ vorgeführt. Dieser wurde von der Schulklasse selbst gestaltet, indem sie die Filmstreifen wie im Titel angedeutet selbst bearbeiteten. Auch im Media Meeting von Liesa Kovacs und Anna Spanlang ging es eigentlich um Medienkompetenz – dieses Mal am Beispiel von Teenie-Serien und Soaps. „Obwohl es heutzutage so viel ‚streaming‘ gibt, spielt das Fernsehen immer noch eine große Rolle in
unserem Alltag“, so Anna Spanlang, schließlich gäbe es dort Teenie-Serien schon seit mehr als dreißig Jahren. Als Beispiele zeigten die zwei Vortragenden Szenen aus drei älteren Serien – nämlich „Dawson’s Creek“, „Blossom“ und „The O.C.“, die von acht Laiendarsteller_innen humorvoll nachgestellt wurden. Die typischen Teenie-Themen von damals waren den heutigen überraschend ähnlich und alle konnten sich damit identifizieren. TEXT Aida Koné-el-adji Bernadette Aigner
HÖRSPIELNERDS IM KELLERZIMMER Von der Schwierigkeit, in knapper Zeit ein Hörspiel zu produzieren. TEXT Anna Rieder
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ier Tage Zeit um ein zwölf-minütiges Hörspiel zu produzieren. Klingt vielleicht schaffbar, ist jedoch gar nicht so einfach. Johanna Steiner ist für die YOUKIWoche von Berlin nach Wels gereist um allen Interessierten zu zeigen, wie ein Hörspiel entstehen kann. Die 1983 in Worm geborene Johanna Steiner war zwar laut eigener Aussage als Kind schon ein „krasser Hörspielnerd“, hat aber erst 2004 als Hörspielautorin und -regisseurin bei der Lauscher Lounge zu arbeiten begonnen. Die Lauscher Lounge ist ein kleines Berliner Label, das unter anderem Hörspiele produziert, Veranstaltungen initiiert und Workshops veranstaltet. Im
Gespräch mit Johanna ist sofort die Liebe zu und anhaltende Begeisterung an ihrem Beruf zu erkennen: „Ich muss einfach Hörspiele machen. Ich werde zwar mein ganzes Leben lang arm sein, aber immer Spaß an Hörspielen haben!“ Für Johanna ist es großartig, was unser Gehirn mit dem Gehörten macht und dass es aus rein akustischen Informationen sofort eigene Räume und Welten baut. Die perfekten Voraussetzungen, um einen Workshop im Rahmen der YOUKI zu leiten. Nur wo findet der nun genau statt? Die Hörspiel-Clique wurde in das wohl kleinste und am besten versteckte Kämmerchen im Keller des Medien Kultur Haus verfrachtet. Außer einem Tisch mit Stühlen,
ICH MUSS EINFACH HÖRSPIELE MACHEN. ICH WERDE ZWAR MEIN GANZES LEBEN LANG ARM SEIN, ABER IMMER SPASS AN HÖRSPIELEN HABEN!
einem Schreibtisch mit Computer und einem Flip-Chart gibt es hier nur kalte Fliesen, eine Workshopleiterin und sechs Teilnehmer_innen. Diese sind bei näherem Begutachten gar nicht mal so jung wie man sich das vielleicht vorstellen würde. Auch Johanna hat eher damit gerechnet, dass die Inte ressierten um die 17 Jahre alt sein würden – so wie bei ihren Workshops, die sie für FSJ-Kultur in Berlin leitet. In Wels sind die HörspielBegeisterten älter als 25. Nach dem typischen VorstellungsProzedere geht es auch gleich los mit knallharter Theorie. Johanna spielt zum Einstieg einige Hörspiele vor. DramaturgieBasics werden gelehrt, die Frage des Spannungsaufbaus wird besprochen. Aber was wird das Thema des Hörspiels sein? Es gibt
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keinerlei Vorgaben – alle zerbrechen sich den Kopf darüber und es entstehen spannende Diskussionen über Teenager, Love, Coolness und Außenseiter_innen. Wenn man eine Geschichte von Anfang an selbst entwickelt, muss man sich vieles ziemlich genau überlegen: Man soll die entwickelten Charaktere so weit definieren, dass man sogar ihr Lieblingsessen und ihre Lieblingsfarbe festlegt, selbst wenn dies für die Geschichte eigentlich unwichtig ist. Irgendwann kann man sich auf ein Thema einigen, welches dann im Laufe des Workshops so weit ausgefeilt wird, dass es am Ende innerhalb von zwölf Minuten erzählt werden kann. Es soll um drei Teenager gehen, die aus verschiedenen Gründen zu Außenseiter_innen wurden. Sie wollen
aber auch dazugehören und überlegen sich, mit einem Youtube-Video cool zu werden. An Tag zwei wird schließlich an den Charakteren und den einzelnen Szenen gefeilt: Warum ist jede der drei Personen ein_e Außenseiter_in? Was für besondere Eigenschaften hat jede_r der drei? Da die Workshopteilnehmer_innen gern diskutieren, muss Johanna immer wieder eingreifen und beinahe Entscheidungen erzwingen. Sie hat den knappen Zeitplan im Kopf und weiß, dass man bei manchen Dingen einfach Kompromisse eingehen muss. So schafft es die Gruppe am Ende des Tages auch, ein fertiges Konzept erstellt zu haben, das ab dem nächsten Tag aufgenommen werden soll. Dabei wird nicht einfach von einem Textskript abgelesen
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– um die Geschichte lebhaft zu gestalten, sprechen die Personen frei. Wenn man eine Geschichte so gut kennt und selbst mitent wickelt hat, kann man sich gut in den jeweiligen Charakter hineinversetzen und die Szenen einfach nachspielen. Bevor die Aufnahme beginnt, muss der Ton noch eingestellt werden. Nebengeräusche werden leiser gedreht, damit zum Beispiel das Rascheln von Gewand nicht mehr zu hören ist. Doch egal, wie viel an den Reglern gedreht und gepitcht wird, irgendetwas passt noch nicht. Noch dazu beginnt irgendwo irgendwer Gitarre zu spielen und die Heizung rumort auch immer aufdringlicher. Kurzerhand wird einfach umgebaut. Vom Kellerverlies in den Kinosaal. Das scheint zu funktionieren, denn ab dem Zeitpunkt verschwinden die Teilnehmer_innen nur mehr für kurze Zigaretten- oder Klopausen. Und stören darf man sie natürlich auch nicht mehr, da während der Aufnahmen absolute Stille herrschen
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muss. Ihre vorgegebe Workshopzeit halten sie schon lange nicht mehr ein – sie würden es sonst nicht schaffen, bis Freitagabend fertig zu sein. Am Freitag, dem letzten Tag des Workshops, wartet noch immer viel Arbeit auf die Hörspiel-Clique. Hunderte technische Schwierigkeiten, wie Batteriemangel oder ein mysteriöses Aufgeben des Aufnahmegeräts erschweren und verzögern alles noch weiter. Wenn aber dann alles funktioniert, stellen die Teilnehmer_innen sofort wieder auf ihre Rolle um. Um zur perfekten Aufnahme zu kommen, muss jede Szene oft einige Male wiederholt werden. Das kann richtig anstrengend werden. Aber trotz allem wird zusammengehalten und auf keinen Fall aufgegeben, denn man ist schon so weit und alle sind auf das Ergebnis gespannt. Nachdem alles aufgenommen ist, geht es ans Schneiden. Zuerst muss alles angehört und die besten Teile ausgewählt werden. Bei diesem Schritt spielt das vorher geschriebene Konzept wieder
eine wichtige Rolle, da man so den Faden nicht verlieren kann. Schön langsam nimmt das Projekt Form an, nur leider ist die Zeit viel zu knapp. Johanna muss zum Zug nach Berlin, wird den letzten Teil Zuhause schneiden und unter die Gespräche noch atmosphärische Geräusche legen. Sie findet es schade, dass das Hörspiel noch nicht ganz fertig ist, denn sie hätte es sich gerne noch gemeinsam mit allen Beteiligten angehört. Die Workshop-Teilnehmer_innen wirken zwar erschöpft, sind aber mit dem Bisherigen sehr zufrieden. Es werden untereinander noch EMail-Adressen ausgetauscht, damit die Hörspiel-Nerds in Kontakt bleiben können. Was nun mit den drei Außenseiter_innen aus dem Hörspiel passiert, kann man bald auf der YOUKI-Homepage erfahren.
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CALL FOR ENTRIES WE BUILD THIS FESTIVAL ON YOUR MOVIES Prize Money: € 6.500 in total Age Limit: 26 Deadline for Submissions: August 15th www.youki.at
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