zek-Hydro 03/2015

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HYDRO

VOM STAGNIERENDEN HEIMMARKT ZUR GROSSEN DYNAMIK AM INTERNATIONALEN PARKETT Die Entwicklung am globalen Wasserkraftmarkt ist rasant. Aufstrebende Länder wie China, Indien und Brasilien sind hauptverantwortlich dafür, dass sich die Stromerzeugung aus Wasserkraft bis zum Jahr 2050 vermutlich verdoppeln wird. Dies geht aus den Zahlen hervor, die unlängst anlässlich der Jahrestagung des Welt-Energierates in Peking veröffentlicht wurden. Alleine im vergangenen Jahr wurden weltweit Wasserkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 39.000 MW in Betrieb gesetzt. Wie die International Hydropower Association IHA berichtete, ist die global installierte Wasserkraft-Erzeugungskapazität auf mittlerweile 1,055 Mio. MW angewachsen. 2014 haben der Quelle zufolge alle Wasserkraftwerke zusammen 3.900 Terawattstunden(=3.900 Milliarden Kilowattstunden) Strom produziert. Vor allem in den drei Volkswirtschaften der sogenannten BRICS-Staaten – in China, Indien und Brasilien – wird der Wasserkraftausbau am stärksten forciert. China, Malaysia, Brasilien, Kanada, die Türkei, Indien und Russland: So lautet die Reihenfolge jener Staaten mit den stärksten Zuwachsraten in Sachen Wasserkraftkapazität. Angesichts der Atom-Renaissance, die offensichtlich inmitten Europas wieder eingeläutet wird, und angesichts der nach wie vor exzessiven Verbrennung fossiler Energieressourcen, durchaus erfreuliche Zahlen. Sie sind auch deshalb erfreulich, da zentral- und mitteleuropäische Technikund Planungsunternehmen speziell am globalen Wasserkraftmarkt eine bedeutende Rolle spielen. Nach wie vor genießt die Wasserkrafttechnik aus Österreich, aus der Schweiz, aus Deutschland oder Italien weltweit eine hohe Reputation und kann dank höchster Qualität punkten. Umso bedauerlicher ist es derzeit, dass der Heimmarkt gerade für derartige Unternehmen zunehmend uninteressant wird. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen herrscht nämlich derzeit so etwas Ähnliches wie Flaute am hiesigen Wasserkraftmarkt. Zahlreiche Projekte landen heute häufig wieder in der Schublade von Betreibern und Investoren, wie etwa auch in der neuesten publizierten Statistik von Oesterreichs Energie kolportiert wurde. „Abwarten statt Loslegen“, scheint die momentane Losung zu sein. In Anbetracht der unverändert niedrigen Strompreise ist dies auch nur zu verständlich. Glücklicherweise werden dem allgemeinen Trend zum Trotz dennoch einige Projekte verwirklicht, die wir uns für die vorliegende Ausgabe der zek HYDRO wieder angesehen haben. Dabei haben wir nicht nur hinter die Kulissen von neune Kleinwasserkraftanlagen, wie dem KW Forstaubach (S18) oder dem interessanten Projekt KW Pankraz in Südtirol (S15) geblickt, sondern haben auch das Traditionskraftwerk Bruck (S22) der Allgäuer Kraftwerke AG in Sonthofen besucht, das in rekordverdächtiger Zeit mit neuer Steuerungs- und Leittechnik ausgerüstet wurde. Besonders interessant fiel auch das Interview mit Tobias Zingerle aus. Er ist zuständig für den Aufbau des virtuellen Kraftwerks in Österreich bei Clean Energy Sourcing und hat uns ausführlich erklärt, wie und unter welchen Voraussetzungen heute auch die österreichischen Kleinwasserkraftbetreiber am Regelmarkt partizipieren – und dabei auch in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld profitieren können. Das Interview finden Sie auf S48. Abschließend möchte ich mich wieder bei Allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausgabe mitgeholfen haben. Diesmal weiß ich es besonders zu schätzen, da die Deadlines aufgrund der zahlreichen Feier- und Fenstertage in diesem Mai nicht einfach einzuhalten waren. Ich darf Ihnen, lieber Leser, eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO wünschen. Ihr MAG. ROLAND GRUBER Chefredakteur

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HYDRO

18 KW FORSTAUBACH

22 KW BRUCK

28 STAUMAUERN CH

31 KW NECKERMÜHE

Aktuell

Projekte

Projekte

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15

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Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

Ansteigende Restwassermenge erschwert Kraftwerksplanung

KW EISENHUTGRABENBACH

KW ST. PANKRAZ

18

Doppeltes Maschinengespann sorgt für Ökostrom

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Automationstechnische Frischzellenkur für Traditionsanlage

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Technik

Veranstaltung

28

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Höchste Sicherheitsstandards für Schweizer Staumauern

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Juni 2015

Wasserkraftspezialist feiert Standorterweiterung WASSERKRAFT SYMPOSIUM

STAUMAUER-SICHERHEIT

Editorial Inhalt Impressum

In Wörgl soll ein neues Niederdruckkraftwerk enstehen KW EGERNDORF

KW BRUCK

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Projekt nähert sich Schritt für Schritt seiner Umsetzung PSKW RIEDL

KW FORSTAUBACH

22

Impulse für die Wasserkraft in der Obersteiermark

Projekte

Wirtschaft

31

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Produktionsverdoppelung im Flüstermodus KW NECKERMÜHLE

Auch Kleinkraftwerke können am Regelmarkt partizipieren INTERVIEW


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HYDRO

KW EISENHUTGRABEN

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SYMPOSIUM

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GEWÄSSERPREIS

Ökologie

Veranstaltung

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BKW erhält Gewässerpreis 2015 für ihr Kraftwerk Aarberg

MESSE & KONGRESS

GEWÄSSERSCHUTZ

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Endspurt im Lavanttal - Bauarbeiten laufen auf Hochtouren DURCHGÄNGIGKEIT

Technik 54

100. Geburtstag für Technisches Kompetenzzentrum Energie AG REVISIONSTECHNIK

Stahlwasserbau 56

Optimierter Kraftabstieg mit neuem Stahlstrang in Bognanco STAHLROHRTECHNIK

57

Die ideale Rechenreinigungslösung für jede Anforderung RECHENREINIGER

Die europäische Wasserkraft trifft sich 2015 in Salzburg

International 62

Nepals notwendige Energietransition zu mehr Wasserkraft AUSLANDSERFAHRUNG

50

WASSERKRAFT NEPAL

62

Anzeigen zek HYDRO 3 /2015 Amiantit Troyer Andritz Hydro

U2 U3 U4

Bernard & Partner BHM-Ing. Braun Clean Energy Sourcing Danner EFG Elin EN-CO GEOtrade haacon Hainzl Hobas Idroweld InterTechno Investment-Rotbach Koncar Kössler Künz MBK Energietechnik Muhr Ossberger Otti PI Mitterfellner PMS Salzburg AG TRM-Tiroler Rohre TS Wasserkraft Tschurtschenthaler Watec Hydro Wild Metal WKV

44 10 55 49 12 21 7 30 12 8 11 51 56 21 8 61 9 59 37 53 12 13 37 21 27 37 21 17 33 35 14 Juni 2015

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Mag. Roland Gruber und Günter Seefried VERLAG

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0) 6247- 84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at CHEFREDAKTEUR

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-115 05 70 REDAKTION

David Tscholl, dt@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-240 67 74 Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-22 82 323 MARKETING

Erneuerbare Energie Österreich hat einen neuen Verbandspräsidenten: Peter Püspök. Der gebürtige Burgenländer folgt Josef Plank nach, der seit der Gründung des Dachverbandes mit Erfolg die Obmannschaft bekleidet hatte.

Günter Seefried, gs@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-3000 393 ORGANISATION

Erika Gallent, office@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-242 62 22 GESTALTUNG

Foto: Katharina Wieland Müller_pixelio.de

DIE SCHWEIZ KANN AUF RESPEKTABLEN WASSERKRAFTZUBAU VERWEISEN Wie das Schweizer Bundesamt für Energie, kurz BFE, Ende April in Form einer umfangreichen statistischen Auswertung publizierte, waren mit 1. Januar 2015 in der Schweiz 604 Wasserkraft-Zentralen mit einer Leistung grösser 300 kW in Betrieb. Im Vergleich dazu waren es ein Jahr davor 589 Anlagen. Das bedeutet einen Zuwachs von 2,55 Prozent. Die maximale mögliche Leistung ab Generator hat gegenüber dem Vorjahr um 85 MW abgenommen, was auf die Stilllegung von einigen Zentralen zurückzuführen ist. Die erwartete Energieproduktion stieg dennoch gegenüber dem Vorjahr um 118 GWh/a auf 36`031 GWh/a. Im Vergleichszeitraum 2014 lag der Wert bei 35`913 GWh/a. Diese Zunahme ist primär auf Zubau neuer Anlagen, Erweiterungen und Optimierungen zurückzuführen. Die Kantone mit der grössten Produktionserwartung sind Wallis mit 9`647 GWh/a (26,7%), Graubünden mit 7`817 GWh/a (21,7%), Tessin mit 3`543 GWh/a (9,8%) und Bern 3`325 GWh/a (9,2%). Mit Wasserkraft werden rund 56 % des Stroms der Schweiz erzeugt. Mit der neuen Storymap des BFE wird die Statistik der Wasserkraft auf spielerische Art zugänglich gemacht. Sie visualisiert die Wasserkraftanlagen mit einer Leistung grösser als 300 kW gemäss ihrer Bedeutung für die Stromproduktion und zeigt, wo sie sich befinden und durch welche Zuflüsse sie gespeist werden.

Impressum HERAUSGEBER

Obwohl im vergangenen Kalenderjahr einige Kraftwerke stillgelegt wurden, gelang des den eidgenössischen Wasserkrafterzeugern die Stromerzeugung um 118 GWh zu steigern. 15 neue Kraftwerke mit einer Erzeugungskapazität größer als 300 kW wurden in Betrieb genommen. Im Bild: Stausee Sanetsch.

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0) 6247- 84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at ENDFERTIGUNG, PDF-CREATING

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Druckerei Roser Mayrwiesstraße 23, 5300 Hallwang/Salzburg Telefon +43 (0) 662-661737 VERLAGSPOSTAMT

A-4820 Bad Ischl GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN

zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich. ABOPREIS

Österreich: Euro 68,00, Ausland: Euro 78,00 inklusive Mehrwertsteuer Grafik: BFE

OBMANNWECHSEL BEI ERNEUERBARE ENERGIE ÖSTERREICH Vor kurzem hat die Generalversammlung des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich Peter Püspök einstimmig zum neuen Verbandspräsidenten gewählt. Hiermit tritt er die Nachfolge von Josef Plank an, der seit der Gründung in 2011 die Obmannschaft inne hatte, und jetzt auf eigenes Ersuchen nach zwei Amtsperioden die Präsidentschaft übergibt. Als Obmann des Biomasseverbandes wird er Erneuerbare Energie Österreich aber weiterhin als Vorstandsmitglied erhalten bleiben. Vor seiner Pensionierung war der gebürtige Burgenländer Peter Püspök unter anderem Generaldirektor der RaiffeisenLandesbank Niederösterreich-Wien. Er bekleidet zahlreiche ehrenamtliche Positionen, ist als Gesellschafter an mehreren Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien beteiligt, und hat seine private Energiewende weitgehend vollzogen. „Der Kampf gegen den Klimawandel und für die Energiewende ist mir eine Herzensangelegenheit, und gerne übernehme ich daher jetzt die Verantwortung als EEÖ-Präsident", so Peter Püspök.

Foto: WU Wien

HYDRO

BFE bietet auf seiner Homepage eine interessante interaktive Übersicht über die bedeutendsten Wasserkraftanlagen der Schweiz. Jeder Kreis repräsentiert ein Kraftwerk. Die Größe entspricht der jährlichen Stromproduktion. Mehr dazu auf: www.bfe.admin.ch

zek HYDRO erscheint sechsmal im Jahr. Auflage: 12.000 Stück

Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet


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HYDRO

Foto: Salzburg AG

Man sollte frei von Platzangst sein, wenn man sich in der Rohrleitung mit 80 cm Durchmesser abseilt.

DRUCKROHRLEITUNGEN IM KRAFTWERK DIESSBACH GEPRÜFT Um die Sicherheit und zuverlässige Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, werden alle Teile der Kraftwerksanlagen der Salzburg AG regelmäßig überprüft. Das gilt auch für die beiden Druckrohrleitungen DN800 im KW Dießbach im Pinzgau. Alle 6 Jahre gilt es auch deren Innenzustand zu kontrollieren. Dies wurde kürzlich unter Koordination von Salzburg AG Mitarbeiter Christian Hofer durchgeführt. Die Sicherung des Einsatzpersonales gilt dabei als zentrale Herausforderung. Es ist auch viel Mut und Vertrauen in die präzise Arbeit der Kollegen notwendig, um in die bis zu 67° steile Rohrleitung einzusteigen und gesichert mittels spezieller Lederhose abzurutschen. Christian Hofer von der Kraftwerksgruppe Pinzgau hat selbst die Inspektion durchgeführt. Er wurde in den Rohren abgeseilt und konnte sich so vom einwandfreien Zustand der Anlagen überzeugen.

Die neue Karte von Oesterreichs Energie weist über 190 Kraftwerksstandorte aus.

WASSERKRAFTAUSBAU IN ÖSTERREICH STAGNIERT Die rund 140 Mitglieder von Oesterreichs Energie liefern mehr als 90 % des in Österreich erzeugten Stroms. Der Großteil stammt aus Kraftwerken mit einer Leistung über 10 MW, die in der neuen Kraftwerkskarte von Oesterreichs Energie erfasst sind. In der Karte sind unter anderem alle großen Lauf- und Speicherkraftwerke verzeichnet. Herzstück der österreichischen Stromerzeugung ist die Wasserkraft mit insgesamt 93 Anlagen über 10 MW und einer installierten Leistung von knapp 4500 MW in Laufkraftwerken. Österreich verfügt weiters über 67 Speicherkraftwerke mit einer Leistung über 10 MW und knapp 7700 MW Engpassleistung. Der Großteil der Kraftwerksvorhaben im Bereich Wasserkraft, die für 2015 und 2016 in Angriff genommen werden sollten, wurde auf einen späteren Zeitraum verschoben, beziehungsweise vorläufig zur Gänze zurückgestellt.

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HYDRO

NEUES WASSERKRAFTWERK IM PERUANISCHEN JUNÍN Der chilenisch-peruanische Konzern Latin America Power (LAP) kommt mit der Entwicklung von Wasserkraftwerken in der zentralperuanischen Region Junín voran. Dieser Tage weihte Egejunín (Generación Eléctrica de Junín S.A.C.), zwei Anlagen am Fluss Runatullo im Distrikt Mariscal Castilla ein. Diese erzeugen je 20 MW und wurden für insgesamt rund 65 Millionen US-Dollar realisiert. Mit dem Bau wurde im Juni 2012 begonnen. Die Betriebsfreigabe für “Runatullo II und III” erfolgte bereits Ende vergangenen Jahres. Im März erhielt Egejunín außerdem die endgültige Genehmigung für den Bau eines Kraftwerks am Fluss Tulumayo (“Tulumayo IV”) mit einer Leistung von 56 MW. Weitere Projekte in der Region sollen sich zudem ebenfalls in Planung befinden. (Quelle: peru-evon.com)

Das Kraftwerk Tavanasa-Bersaxen wird erneuert

SPATENSTICH FÜR DAS KRAFTWERK TSCHAR Die Kraftwerk Tschar AG hat kürzlich den Spatenstich für das Optimierungsprojekt am Tscharbach vorgenommen. Das Projekt umfasst die Erneuerung des seit 1946 in Betrieb stehenden Kraftwerks Tavanasa-Obersaxen unter gleichzeitiger Erhöhung der Ausbauwassermenge und Erweiterung um eine obere Stufe. Die gesamte Bauzeit beträgt für beide Stufen rund zwei Jahre, die Inbetriebnahme der optimierten Kraftwerksanlage ist für den Sommer 2017 vorgesehen. Die Investitionen belaufen sich insgesamt auf rund 46 Mio. CHF. An der im Januar 2014 eigens gegründeten Kraftwerk Tschar AG sind die Axpo Hydro Surselva (AHS) mit 51 Prozent, die Gemeinde Obersaxen mit 22,9 Prozent, die Gemeinde Breil/Brigels mit 10,4 Prozent, die Gemeinde Waltensburg/Vuorz mit 0,7 Prozent sowie der Kanton Graubünden mit 15 Prozent beteiligt.

Foto: Hydroconnect

Foto: AXPO

Foto: osinergmin

Kraftwerk Runatullo II am gleichnamigen Fluss im peruanischen Junin

Am VERBUND-Kraftwerk Retznei geht erstmals die neue Fischaufstiegsschnecke der Firma Hydroconnect in Betrieb.

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SCHNECKE TRANSPORTIERT FISCHE DURCH KRAFTWERK Beim steirischen VERBUND-Kraftwerk Retznei an der Sulm geht erstmals die völlig neuartige Fischwanderhilfe „Made in Austria“ in Betrieb. Die stromerzeugende Wasserkraftschnecke wurde vom niederösterreichischen Unternehmen Hydroconnect entwickelt und patentiert. Der Transport der Fische erfolgt über zwei ineinanderliegende Schnecken, die mittels gegenläufiger Windung Fische sowohl nach oben als auch nach unten befördern. Der „Albrecht Fish-Lift“ gewährleistet für Fische und Wasserlebewesen die gefahrlose Passage bei gleichzeitiger Stromerzeugung, wohingegen bei konventionellen Fischwanderhilfen die benötigte Wassermenge energetisch ungenutzt bleibt. Die Fisch-Schnecke wiegt 17 Tonnen und wurde mittels Kran linksufrig neben dem Kraftwerk an der Stelle der alten, konventionellen Fischwanderhilfe eingehoben.


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Forschung und Entwicklung. Kössler macht aus Wasser Kraft. Innovation ist unser Antrieb: In der Kleinwasserkraft verfügen wir über jahrzehntelange Erfahrung und umfassendes Know-how. Als Tochtergesellschaft des weltweit aktiven Familienunternehmens Voith haben wir Zugang zur langjährigen Expertise und den neuesten Technologien in der Wasserkraft. Seit mehr als 140 Jahren entwickelt Voith

die Wasserkraft weiter und ist heute einer der führenden Anbieter für Anlagen und Dienstleistungen in der Wasserkraft.

www.koessler.com A Voith Company

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Foto: wikimedia CC

Kleinwasserkraftwerk im bayerischen Schöngeising

Foto: YouTube

WASSERKRAFT LEGT WELTWEIT ZU Der World Energy Council hat in Peking eine Studie vorgelegt, nach der sich die Stromproduktion aus Wasserkraft bis zum Jahr 2050 verdoppeln könnte. Demnach beläuft sich die weltweit installierten Kapazität derzeit auf eine Million Megawatt. Zum Vergleich: In Deutschland sind derzeit konventionelle Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von knapp 100.000 Megawatt am Netz und tragen mit etwa vier Prozent zur Stromerzeugung bei. Rund 7.300 Wasserkraftanlagen gibt es hierzulande, die Mehrzahl von ihnen hat weniger als 100 Kilowatt Leistung – was als "kleine Wasserkraft" gilt und über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert wird. Dem Weltenergierat zufolge erlebte die Wasserkraft in den letzten zehn Jahren einen neuen Aufschwung. Der World Energy Council, gegründet 1920, ist eine Organisation, die historisch aus der "Kohle-Ecke" kommt, in China fand kürzlich die diesjährige Jahrestagung statt. (Quelle: klimaretter.info) Derzeit ist ein Großteil des Mühlwalder Stausees zwecks außerordentlicher Instandhaltungsarbeiten trockengelegt

ARBEITEN AM MÜHLWALDER STAUSEE GEHEN VORAN Seit Anfang März laufen am Mühlwalder Stausee (ITA) außerordentliche Instandhaltungs-arbeiten, welche SE Hydropower, eine Gesellschaft der SEL Gruppe und Betreiber des Wasserkraftwerks Mühlen, durchführt. Derzeit ist ein Großteil des Sees trockengelegt, um das Sediment entfernen zu können. Vor Beginn der Arbeiten war der Stausee des Wasserkraftwerks Mühlen zu 60 Prozent verlandet. Nun werden insgesamt etwa 50.000 Kubikmeter Material aus dem See gebaggert, um das Speichervolumen wieder zu erhöhen. Bis jetzt sind rund 30.000 Kubikmeter Material entfernt worden, das entspricht in etwa einem Fußballfeld, das mit einer 4,5 Meter hohen Sanddecke bedeckt ist. Um diese Arbeiten durchführen zu können musste der Stausee zuvor entleert werden. Dafür hat der Bereich Engineering und Consulting der SEL, verantwortlich für Planung und Durchführung der Arbeiten, bereits in der Projektierungsphase ein Bauprogramm ausgearbeitet, das die Umleitung des Mühlwalder Bachs und den Schutz der Baustelle mit provisorischen Dämmen und Umleitungsrohren ermöglicht. So wird sichergestellt, dass die unterhalb des Stausees lebenden Fische überleben und die Wasserkraftwerke Mühlen und Lappach während der Bauzeit mit nur kurzen Unterbrechungen weiter betrieben werden können.

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HYDRO

Foto: Salzburg AG

v.l.n.r. Christian Struber (Vorsitzender Aufsichtsrat Salzburg AG), August Hirschbichler (Vorstandssprecher), Leonhard Schitter (Vorstand)

AUGUST HIRSCHBICHLER ZIEHT SICH AUS DER SALZBURG AG ZURÜCK August Hirschbichler (62), Vorstandssprecher: „Nach 15 sehr erfolgreichen Jahren als Vorstand und insgesamt mehr als 38 Jahren im Unternehmen, ist es nun für mich an der Zeit, rechtzeitig eine geordnete Übergabe vorzubereiten. Ich bin daher mit den Spitzen der Eigentümervertreter übereingekommen, dass ich aus persönlichen Gründen mit 31.12.2015 in Pension gehen werde“. Dazu der Vorsitzende des Salzburg AG-Aufsichtsrates, Christian Struber: „Ich wurde vergangene Woche von Vorstandssprecher August Hirschbichler informiert, dass er beabsichtigt mit Jahresende in Pension zu gehen. Ich bedaure sein Ausscheiden sehr, wir Eigentümervertreter nehmen es aber zur Kenntnis und haben Hirschbichlers Wunsch nach einer vorzeitigen Auflösung seines bis Jahresende 2016 laufenden Vertrages entsprochen.“ Struber weiter: „Die Salzburg AG ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen, August Hirschbichler hat einen wesentlichen Anteil am eingeschlagenen Weg. Auch wenn noch ausreichend Gelegenheit sein wird – im Namen der Eigentümer möchte ich schon jetzt unseren Dank und unsere große Anerkennung für das Wirken von August Hirschbichler aussprechen.“

Foto: zt-Eberl / Ploder

Spantenstich in St. Leonhard: (v.l.n.r.) Martin Haßlwanter (Vorstand der Sparkasse Imst AG), DI Christian Eberl (GF Ingenieurbüro Eberl ZT GmbH), Bgm. Rupert Hosp, Mag. Jakob Wolf (Klubobmann ÖVP als Vertretung für LH Platter), Bezirkshauptmann Dr. Raimund Waldner, Werner Walch (Fa. Berger+Brunner)

NEUBAU GEMEINDEKRAFTWERK ST. LEONHARD IM PITZTAL Im Mai 2015 wurde im Gemeindegebiet von St. Leonhard im Pitztal, nach mehrjähriger Vorarbeit, mit dem Bau einer neuen Wasserkraftwerksanlage begonnen. Nach deren, für das Jahr 2017 vorgesehenen Fertigstellung, wird, durch die Nutzung des energetischen Potenzials der Pitze im Bereich zwischen Scheibrand und Schusslehn, Ökostrom für rund 4.000 Haushalte erzeugt. Mit der Errichtung dieser Kraftwerksanlage unterstützt die Gemeinde St. Leonhard im Pitztal, als Auftraggeber und alleiniger Eigentümer, zugleich den Verbleib wirtschaftlicher Faktoren in der Region. Die Gesamtkosten der Anlage werden sich auf ca. 13 Mio. Euro Netto belaufen. Die Einreichplanung, Machbarkeitsstudie, Förderabwicklung, Ausschreibung, Ausführungsplanung und ÖBA übernimmt die Firma „Ingenieurbüro Eberl Ziviltechniker GmbH“ aus Innsbruck. Juni 2015

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HYDRO

Foto: Voith Hydro

Via Schiff und Schwerlast-LKW erreichte das Absperrorgan in XXL-Ausführung nach achtwöchiger Transportzeit seinen Bestimmungsort im Nordwesten Portugals.

XXL-KUGELSCHIEBER AUF GROSSER FAHRT Voith Hydro hat Mitte Mai den Transport eines 170 Tonnen schweren Kugelschiebers von Shanghai zum neuen Pumpspeicherwerk Frades II im Nordwesten Portugals erfolgreich abgeschlossen. Die in Asien gefertigte Komponente wurde über Rotterdam zum portugiesischen Seehafen Leixeos verschifft und von dort per Spezial-Lkw weitertransportiert. „Die reine Transportzeit betrug planmäßig am Ende rund acht Wochen, die Vorbereitung dauerte deutlich länger“, sagte Stephan Pfeuffer, Head of Shipping bei Voith Hydro Heidenheim. Voith liefert neben dem Kugelschieber für das Pumpspeicherkraftwerk außerdem zwei drehzahlvariable, reversible 390-MW Pumpturbineneinheiten, zwei asynchrone Motorgeneratoren mit je 440 MVA Nennleistung, die Frequenzum-richter und die Leittechnik sowie stahlwasserbauliche Komponenten. Noch in diesem Jahr soll die Anlage ans Netz gehen und dann die größte drehzahlvariable Pumpspeicherkraftwerk auf dem Kontinent sein.

Foto: RMD

Am 26. Mai starteten die Arbeiten am 1,82 Mio. m³ Wasser fassenden Unterbecken des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten.

GENERALÜBERHOLUNG FÜR PSKW LANGENPROZELTEN Die Donau-Wasserkraft AG (DWK), ein Tochterunternehmen von Rhein-Main-Donau AG und E.ON, unterzieht ihr Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten im unterfränkischen Landkreis MainSpessart einer intensiven Fitnesskur. Die Anlage ist das wichtigste Spitzenlastkraftwerk für Bahnstrom der Bundesrepublik. Rund 56 Mio. Euro wird die DWK in den kommenden zweieinhalb Jahren neben zahlreichen anderen Arbeiten vor allem in den Austausch der beiden Generatoren, die Revision der beiden Pumpturbinen und der sechs Kugelschieber sowie in die turnusgemäße Ertüchtigung der Abdichtung des Unterbeckens investieren. Ziel der umfangreichen Arbeiten ist es, die Versorgung der Deutschen Bahn mit Spitzenstrom zu den Rushhour-Zeiten im Bahnverkehr auch für die nächsten Jahrzehnte zuverlässig sicherzustellen.

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HYDRO

HUCHEN VOM NEUEN FISCHPASS IN GARS BEGEISTERT Schon 3 Wochen nach offizieller Inbetriebnahme der neuen Fisch-aufstiegshilfe beim Innkraftwerk Gars in Oberbayern wurden mehrere Huchen beim Laichgeschäft gesichtet. Damit zeigt sich, dass der Energieversorger VERBUND in Zusammenarbeit mit dem Gewässerökologen und Fischbiologen Dr. Manfred Holzner eine funktionierende Fischtreppe mit der Zusatzfunktion „Ersatzfließgewässer“ errichtet hat. „Es scheint, wir haben bei dieser Fischtreppe und dem Ersatzfließgewässer vieles richtig gemacht“, freut sich Projektleiter Thomas Wimmer. 10 Monate Bauzeit, über 10.000 Arbeitsstunden und Investitionen von 1,8 Mio. Euro flossen in den neuen Lebensraum. Die naturnah gestaltete Fischwanderhilfe überbrückt nun die gesamte Kraftwerkshöhe von 7,5 m. Neben der Herstellung der Durchgängigkeit für Wanderfische war auch die Gestaltung eines strukturreichen und ökologisch vielfältigen Systems ein klares Ziel.

Foto: Olma Messen

Einlaufbauwerk des unterirdischen Kleinwasserkraftwerks Pellerina in Turin von Green City Energy.

Foto: Green City Energy

GREEN CITY ENERGY ERWIRBT KRAFTWERKE IN NORDITALIEN Green City Energy setzt seine Wasserkraftoffensive im nördlichen Italien fort und hat von einem Projektpartner zwei neu errichtete Kleinwasserkraftanlagen in Turin und im Raum Mailand erworben. Die beiden Anlagen mit jeweils 600 sowie 225 kW Nennleistung sollen in die festverzinsliche Anleihe "Kraftwerkspark II" von Green City Energy integriert werden, in welche private Anleger aktuell investieren können. Bei der Wasserkraftanlage in Turin handelt es sich um ein unterirdisches Druckleitungskraftwerk im Zentrum der norditalienischen Metropole. In seiner Bauart, mit einer rund 225 Meter langen Druckleitung und einer Kaplan-Turbine, erinnert das Wasserkraftwerk „Pellerina“ an das Praterkraftwerk in München. Die südöstlich von Mailand gelegene Anlage »Carpianello« umfasst zwei Wasserkraftschnecken, die an einem Abwasserkanal errichtet wurden.

Bei den Energie Tagen in St. Gallen treffen sich alljährlich Fachleute aus allen Sparten der Erneuerbaren Energien.

1,8 Mio. Euro investierte man insgesamt in die Erstellung der neuen Fischwanderhilfe beim Innkraftwerk Gars.

Foto: Verbund

ENERGIE TAGE IN ST. GALLEN Am 21. und 22. Mai fanden in St. Gallen die Energie-Tage 2015 statt. Auf dem Programm standen der Internationale Geothermie-Kongress, der Nationale Energiekonzept-Kongress, das St. Galler Forum für Management Erneuerbarer Energien und der Fachkongress Energie + Bauen. Sie richteten sich an ein Fachpublikum aus Industrie, Gewerbe und öffentlicher Hand und boten eine optimale Plattform zum Erfahrungsaustausch unter Fachleuten. Während der Energie-Tage wurde das Ergebnis eines „Kundenbarometers“ vorgestellt. Es zeigte unter anderem, dass 48 % der Schweizerinnen und Schweizer eine schnellere Energiewende begrüßen würden. 32 % denken, das aktuelle Tempo in der Energiewende sei gerade richtig. Das nächste mal findet die Veranstaltung am 26. und 27. Mai 2016 in den Hallen der Olma Messen St. Gallen statt.

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Der Energiebedarf des Inselstaats Sri Lanka steigt jährlich zwischen 6 und 8 Prozent.

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Foto:Wikimedia CC / Pol van den Scheetekens

Kleinwasserkraft Österreich spricht sich strikt gegen den weiteren Ausbau von Kernenergie in Europa aus.

Foto: Gitti Moser / pixelio.de

HYDRO

KLEINWASSERKRAFT ÖSTERREICH GEGEN AUSBAU VON AKW Der Verband der Kleinwasserkraftbetreiber Österreichs sprach sich mit der am 20. Mai zu Ende gehenden Stellungnahmefrist klar gegen die Errichtung von weiteren Kraftwerksblöcken am Standort Paks in Südungarn aus. "Die Atomtechnologie ist mit 5-12 Cent/kWh Produktionskosten extrem teuer und gefährdet mit Atomunfällen und Atommüll unsere Zukunft", fasst Kleinwasserkraft-Präsident Christoph Wagner die Stellungnahme zusammen. Ein Großteil der Kleinwasserkraftbetreiber in Österreich erhält für ihren eingespeisten Strom einen Marktpreis von derzeit rund 3,2 Cent/kWh und sei damit in ihrer Existenz massiv gefährdet. Gleichzeitig entstehen in mehreren Ländern Europas zahlreiche neue AKW’s. Diese müssen massiv subventioniert werden, weil der Marktpreis zur Refinanzierung der Investitionskosten und zur Deckung der gesamten Betriebskosten und Folgekosten bei weitem nicht ausreicht. VOITH MODERNISIERT KRAFTWERK IN SRI LANKA Sri Lankas größter Energieversorger, Ceylon Electricity Board (CEB), hat Voith Hydro mit der Revitalisierung des Wasserkraftwerks Polpitiya beauftragt. Mit dieser Modernisierung wird die Leistung von Polpitiya signifikant gesteigert werden. Im Jahr 1969 ging das Wasserkraftwerk erstmals ans Netz und wird auch zukünftig, dank der Rehabilitierung, die Stromproduktion in Sri Lanka noch zuverlässiger machen. Sri Lankas Wirtschaft ist stetig am wachsen und entsprechend steigt auch der Strombedarf des Landes jährlich um etwa sechs bis acht Prozent. CEB ist der wichtigste Energieversorger des Landes mit einer Kraftwerksflotte von rund 3,4 GW installierter Gesamtleistung. Bereits 2010 hatte Voith für CEB das Kraftwerk Old Laxapana modernisiert.


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HYDRO

Fotos: zek

Die unklare Situation bezüglich der Höhe der Restwassermenge stellte die Planer, bei der Konzeption des Dotierkraftwerks in Sankt Pankraz, vor eine besondere Herausforderung.

DOTATIONSKRAFTWERK FÜR FLEXIBLE RESTWASSERREGELUNG AM KRAFTWERK LANA Das Kraftwerk Lana ist das letzte Glied der Ultener Wasserkraftkette im gleichnamigen Tal in Südtirol. Im Zuge der Neukonzessionierung wurde, gemäß Südtiroler Wassernutzungsgesetz, die Restwassermenge erhöht. Hierfür war die Errichtung einer entsprechenden Dotieranlage nötig. Damit das Energiepotential des Restwassers aber nicht verloren geht, entschied sich die Betreiberin, die SE Hydropower AG, eine Restwasserturbine zu installieren. Die gesetzliche Forderung sah vor, dass die Anlage mit Ende 2014 zu realisieren ist. Zusätzlich lief bis dahin auch die Frist für eine etwaige Inanspruchnahme der staatlichen Förderung. Die Restwasserregelung sollte die Planer dabei aber vor eine besondere Herausforderung stellen. Das große Problem bestand in der Unklarheit, wie hoch die Restwassermenge selbst überhaupt ist bzw. sein wird, da das Gesetz zur Festlegung selbiger eine Testphase mit ökologischem Monitoring vorsah. So soll die Restwassermenge in Schritten von zwei Jahren um jeweils 20 % angehoben und die ökologischen Auswirkungen geprüft werden. Die SEL AG, die mit der Planung und dem Bau beauftragt wurde, musste das Kraftwerk demnach auf der Basis einer Risikobewertung dimensionieren. Erschwerend kam hinzu, dass der Auftrag zur Machbarkeitsstudie im Mai 2013 erfolgte – also stand man zusätzlich unter enormen Zeitdruck. as Südtiroler Ultental erstreckt sich in südwest-nordöstlicher Richtung vom Nationalpark Stilfser Joch bis zum Etschtal bei Lana. Die Falschauer ist der Hauptfluss des Ultentals und überbrückt bei einer Länge von 40 Kilometern einen Höhenunterschied von über 2.000 m. Eine Reihe von Speicherkraftwerken nutzen die Falschauer und ihre Nebenflüsse zur Stromproduktion. Zu diesem Zwecke wurden insgesamt sechs Speicherseen, die fünf Kraftwerke speisen, errichtet. Diese sind, bergseits beginnend, das Kraftwerk Weißbrunn, das Kraftwerk Kuppelwieser Alm, das Kraftwerk St. Walburg, das

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Kraftwerk St. Pankraz und das Kraftwerk Lana. Die installierte Gesamtleistung aller Kraftwerke zusammen beträgt 250 MW. Betreiber der Kraftwerke ist die SE Hydropower GmbH, eine Tochter der SEL AG. Das Kraftwerk Lana, mit der Erstinbetriebnahme im Jahre 1953, ist das älteste Kraftwerk in diesem Verbund. Es befindet sich in einer Kaverne und wird vom Stausee St. Pankraz mit 25 m3/s gespeist. Im Zuge der Neukonzessionierung des Kraftwerks kam es nun zu einer Änderung der Restwasserauflagen. Um die Restwasserabgabe in Zukunft, wie behördlich vorgeschrieben, garantieren zu können, wurde eine diesbe-

zügliche Steuerungsanlage am Fuße der Schwergewichts-Bogenmauer in Sankt Pankraz errichtet. Damit das Restwasser energetisch nicht verloren geht, wurde eine Restwasserturbine in das System integriert. ERHÖHUNG DER RESTWASSERMENGE Ursprünglich war die Installation einer Restwasserturbine in der Apparatekammer vom Grundablass des Stausees vorgesehen. Der Platz hierfür wurde bereits bei der Errichtung der Staumauer in den frühen 50er Jahren mit einberechnet. Damals war eine zukünftige Turbine als Notstromversorgung der Hydraulikaggregate des GrundablassJuni 2015

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Die Schwergewichtsbogenmauer oberhalb von Sankt Pankraz wurde Anfang der 50er Jahre gebaut.

schiebers vorgesehen. Die Neukonzessionierung brachte jedoch eine derartige Erhöhung der Restwassermenge mit sich, dass die Dimension des damals installierten Rohres im Grundablass nicht ausreicht. So musste diese Variante ausscheiden. Nach Prüfung weiterer Möglichkeiten, wie beispielsweise die Durchbohrung der Staumauer, entschied man sich schlussendlich für eine Restwasserentnahme kurz nach dem Hauptschieber der Zubringerleitung für das Kraftwerk Lana. Mittels einer DN800 Stahldruckrohrleitung wird das Wasser nun aus der Apparatekammer der Hauptgalerie in ein neu errichtetes Krafthaus außerhalb des Stollens geleitet. Dort wird das Wasser turbiniert und in die Restwasserstrecke abgegeben. HÖHE DER RESTWASSERMENGE UNKLAR Nachdem sich die Betreiberin der Anlage, die SE Hydropower GmbH, für die grundsätzliche Ausführung der zukünftigen Restwasserabgabe entschied, folgte die schwierigste Herausforderung des Projekts – die Dimensionierung des Maschinensatzes. „Wir standen und stehen vor dem Problem, dass das Restwasser alle zwei Jahre um 20 % vom Ursprungswert bis auf 2 m3/s angehoben wird und erst ein ökologisches Monitoring in den jeweiligen Phasen entscheidet wann die Restwassermenge ausreicht“, so Dr. Luca Merlino, Bauingenieur der SEL AG. Durch die unklare Höhe der Restwassermenge ergaben sich folgende Szenarien und damit verbundenen Probleme: Bei der Installation einer kleineren Maschine könnte man zwar sicher kalkulieren, aber ein mögliches höheres Potential durch eine höhere Restwassermenge würde man nicht nützen können. Bei einer größeren Maschine könnte man zwar ein höheres Potential abschöpfen,

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Hier im Bereich des Grundablass-Schiebers wollte man eine Turbine einbauen. Die Dimension des dafür vorgesehenen Rohres (rechts unthalb der Zugansleiter) war aber zu gering.

aber das finanzielle Risiko wäre um einiges höher, falls der zukünftige Wert klar darunter liegt. Eine weitere Herausforderung bei der Dimesnionierung der Maschine betrifft die Fallhöhe. Da es sich bei dem Stausee in Sankt Pankraz um einen Wochenspeicher handelt, unterliegt dieser Wert einer gewissen Schwankungsbreite.

keitsstudie war der Mai 2013. Angesichts der erforderlichen Fertigstellung mit Ende 2014 war das Zeitfenster zu Lösungsfindung also sehr klein. Basierend auf dem Ergebnis der Machbarkeitsstudie einigte man sich auf eine Ausbauwassermenge von 700 l/s. „Für uns war dieser Wert der Wahrscheinlichste“, so Dr. Merlino von der SEL AG.

RISIKOBEWERTUNG BRACHTE ENTSCHEIDUNG Deshalb wurde im Rahmen einer Machbarkeitsstudie eine Risikobewertung vorgenommen, um die Dimensionierung der Maschine mit dem besten Kosten-Nutzen-RisikoVerhältnis zu ermitteln. Start der Machbar-

VERTRAUEN IN HEIMISCHE UNTERNEHMEN Als die letzte fehlende Kennzahl feststand wurde, konnte die Ausschreibung des Projektes erfolgen. Bei der Wahl des Turbinentyps zeigte sich die Betreiberin dabei offen. So stand sowohl die Francis-

Das Restwasser wird nun in der Apparatekammer der Hauptgalerie direkt nach dem Schieber (rechts hinten) in einem 90 Grad Winkel von oben entnommen und in einer DN800 Druckleitung ins Krafthaus geleitet.


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Im Krafthaus wird das Restwasser mit einer Francis-Turbine aus dem Hause Tschurtschenthaler Turbinenbau turbiniert und in die Restwasserstrecke abgegeben. Im Falle eines Maschinenausfalls garantiert ein Bypass (links) das vorgeschriebene Restwasser.

Turbine als auch die Durchströmturbine zur Diskussion. Letztendlich setzte sich die Francis-Turbine, dank eines Angebots aus dem Hause Tschurtschenthaler Turbinenbau, durch. Damit setzte die SE Hydropower GmbH, mit dem Turbinenhersteller aus Sexten, auf ein Unternehmen aus der Region. „Natürlich versuchen wir bei Südtiroler Projekten auch immer Technologie aus der Region zu beziehen, und das ist uns mit dem Angebot der Firma Tschurtschenthaler auch nicht schwer gefallen“, so Dr. Luca Merlino ergänzend. Hauptentscheidungsgrund war dabei nicht der Preis, sondern das kompetente Gesamtpaket, das der Sextener Turbinenbauer bieten konnte. Die Firma Tschurtschenthaler lieferte daraufhin eine Francis-Turbine mit einer Ausbauleistung von 264 kW bei einem Durchfluss von 700 l/s und einer Nettofallhöhe von 43 m. Für die Stromproduktion sorgt ein direkt angeschlossener Synchrongenerator mit einer Leistung von 430 kVA aus dem Hause Hitzinger.

RESTWASSERMENGE GEWÄHRLEISTEN Die Hauptaufgabe der Anlage besteht aber dennoch in der Gewährleistung der sicheren Restwasserabgabe. Um dies auch im Falle eines Maschinenausfalls garantieren zu können, wurde ein Bypass installiert. Mittels eines dort installierten fremdgesteuerten Ringkolbenventils kann so die genaue Abgabe der geforderten Restwassermenge stufenlos erfolgen. Um den genauen Durchfluss zu messen, wurde im Krafthaus eine Beruhigungsgerade installiert. „Wir wollten die Messstrecke im Krafthaus unterbringen um keine falschen Ergebnisse durch fremde Einflüsse zu erhalten“, so Dr. Merlino. Als Differenzwert wird zusätzlich auch der Durchfluss am Beginn der Rohrleitung gemessen. DEADLINE GESCHAFFT Von Beginn der Machbarkeitsstudie im Herbst 2013 bis zur Inbetriebnahme arbeitete ein kleines Projektteam aus der Ingenieurabteilung der SEL AG quasi rund

um die Uhr an der pünktlichen Fertigstellung des Projekts. Noch rechtzeitig, einen Tag vor Ablauf der Frist für die Förderung, wurde das Kraftwerk am 30. Dezember 2014 erstmals in Betreib genommen. „Das Projekt war eine sehr große zeitliche Herausforderung. In 17 Monaten haben wir tagtäglich nur an dessen Umsetzung gearbeitet. Dank der guten Zusammen-arbeit mit unseren Partnerfirmen haben wir die Deadline trotz schwieriger Umstände pünktlich geschafft“, so Dr. Merlino abschließend. Bei welchem Wert die Restwassermenge nun wirklich festgelegt wird, ist die spannende Frage. Sie wird wohl erst spätestens 2019 beantwortet sein. Jedoch wurden im Zuge der ersten Monitorings bereits jetzt schon sehr gute limnologische Werte in der Restwasserstrecke gemessen und eine Entscheidung könnte also schon früher fallen. Diese besondere Projektkonstellation wie hier beim Dotierkraftwerk Sank Pankraz dürfte aber wohl eine einmalige bleiben.

Technische Daten Turbine:

Typ: Francis

Durchfluss: 700 l/s

Leistung: 264 kW

Fabrikat: Tschurtschenthaler Nettofallhöhe: 43 m Maschinen- u. Turbinenbau Gewerbezone Schmieden Sonnwendweg 19 I-39030 Sexten (BZ)

Generator:

Typ: Synchrongenerator

Fabrikat: Hitzinger

Leistung: 430 kVA

Drehzahl: 750 Upm

Tel. +39 0474 710 502

Fax +39 0474 710 133

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In Kombination sorgen die Francis-Spiralturbine und die 5-düsige Pelton-Maschine für eine höchst effiziente und gleichzeitig betriebssichere Ökostromproduktion am Forstaubach.

DOPPELTES MASCHINENGESPANN SORGT FÜR ÖKOSTROM AM FORSTAUBACH Im Mai diesen Jahres ging am steirischen Forstaubach ein sowohl in Planung als auch Umsetzung höchst interessantes Wasserkraftprojekt in den Regelbetrieb über. Die von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) und Wilfried Reiter betriebene Anlage produziert nach einjähriger Bauphase seit kurzem saubere Energie für die „Grüne Mark“ der Alpenrepublik. Als Stromproduzenten dienen eine 5-düsige Pelton- sowie eine Francis-Spiral-Turbine der Kärntner Turbinenbauer EFG, die zusammen jährlich rund 6,5 GWh nachhaltig erzeugten Strom liefern. Aufgrund der komplexen Druckverhältnisse der 3,2 km langen Druckrohrleitung und des schwankenden Wasserdargebots entschied man sich für dieses Maschinengespann. Die erfolgreich verlaufene Inbetriebnahme verspricht eine effektive Ökostromproduktion für die Zukunft. rsprünglich war das Kraftwerk am Forstaubach in viel kleinerer Ausführung geplant. Mitbetreiber Wilfried Reiter hatte bereits 2007 die Genehmigung für die Errichtung einer Anlage im steirischsalzburgischen Grenzgebiet eingeholt. Ungefähr zur selben Zeit wurden die ÖBf auf das Projekt aufmerksam und bekundeten Interesse an einer Kooperation. Nach mehreren Gesprächen wurde man sich relativ schnell einig, das Projekt gemeinsam umzusetzen und begann mit ersten Vorplanungen. „Bis man schlussendlich alle behördlichen Genehmigungen eingeholt und sich mit den Fischereiberechtigten geeinigt hatte, sollten

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dennoch mehrere Jahre vergehen. 2013 aber waren sämtliche Behördenwege abgeschlossen und die Planungen wurden konkreter“, berichtet ÖBf-Projektleiter und Geschäftsführer Dipl.-Ing. Gerhard Breitenbaumer. Mit der Ausschreibungs- und Detailplanung sowie der örtlichen Bauaufsicht wurde die steirische interTechno Engineering GmbH beauftragt, welche sich in ihren Leistungen gemäß den Betreibern als äußerst kompetent erwiesen hat. FISCHPASS VIA VERTICAL SLOT Direkt neben der Wasserfassung wurde für die Gewässerlebewesen des Forstaubachs die

Durchgangsmöglichkeit in Form eines Vertical-Slot-Fischpass aus Ortbeton mit Holzelementen hergestellt. Die in ihrem Inneren mit natürlichem Sohlsubstrat versehene Fischtreppe wurde morphologisch derart gestaltet, dass auch Fische in jungen Entwicklungsstadien den Höhenunterschied von etwa 2,5 m problemlos überwinden können. Überwacht wird die Passage, bei der mit 225 l/s dotiert wird, durch eine Videokamera und einen Pegelsensor. Etwaige Störungen wie Verklausungen werden den Betreibern dadurch umgehend gemeldet, worauf entsprechende Schritte zur Fehlerbehebung gesetzt werden können.


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Foto: Etertec

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Reinhard Reiter (links), der Vater von Mitbetreiber Wilfried Reiter und Projektleiter Dipl.-Ing. Gerhard Breitenbaumer zeigen sich sehr zufrieden mit dem gelungenen Wasserkraftprojekt.

„Hybridleitung“: Die insgesamt 3,2 km lange Triebwasserleitung besteht aus Guss- und GFK-Rohren. Diese spezielle Ausführung wurde vom Planer aufgrund der geologischen Rahmenbedingungen, der Verfügbarkeit von Grundstücken sowie wirtschaftlichen Faktoren als optimale Lösung für das Projekt gewählt. Foto: EFG

Neben dem Fischaufstieg wurde die 10 m breite, 2,15 m hohe und etwa 9 Tonnen schwere Wehrklappe vom oberösterreichischen Stahlwasserbauer TS Schacherleitner GmbH in der Version einer Fischbauchklappe ausgeführt. Das Unternehmen aus Micheldorf lieferte und montierte die komplette stahlwasserbauliche Ausrüstung für die Anlage. Im Einlaufbereich der Wasserfassung hält ein Grobrechen mit einer lichten Weite von 150 mm grobes Schwemmgut auf. Der weiter unterhalb platzierte Feinrechen mit einer lichten Weite von 12 mm ist zudem mit einem robusten Teleskoprechenreiniger ausgestattet. Zum Lieferumfang gehörten auch zwei komplett aus Edelstahl gefertigte Einlaufschütze sowie der 1,25 m breite und 2,25 m hohe Grundablass mit aufgesetzter Klappe. Auch das konisch ausgeführte Übergangsstück inklusive eines 20-Grad Bogens am Ende der Wasserfassung, welches gleichzeitig den Beginn der Druckrohrleitung markiert, wurde passgenau angefertigt und vor Ort montiert. Angetrieben werden die massiven Schütze, Rechenreiniger und Wehrklappe von einem großzügig dimensionierten Hydraulikaggregat, welches die tonnenschweren Stahlteile problemlos zu bewegen vermag. KOMPLEXE VERLEGUNGSARBEITEN Steiles Gelände, schwieriger Boden, schlechtes Wetter und eine Bachquerung – so lassen sich die größten Hürden bei der Verlegung der Triebwasserleitung des Kraftwerks Forstaubach Gleiming in wenigen Stichworten zusammenfassen. Bei derartigen Bedingungen ist es auch wenig verwunderlich, dass die insgesamt etwa 3,2 km lange Druckrohrleitung erst kurz vor dem Jahreswechsel nach 7 Monaten Bauzeit fertig gestellt wurde. Der zu Grunde liegende Zeitplan konnte jedoch trotz den teilweise herausfordernden Umständen exakt eingehalten werden. Vor Baubeginn angestellte Untersuchungen des Bodens hatten nämlich ergeben, dass im Mittelstück der Rohrtrasse Erdbewegungen nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden können. Deswegen setzte man in jenem Teilbereich der Druckrohr-leitung auf duktile Gussrohre der Tiroler Röhrenwerke TRM, während im oberen beziehungsweise dem unteren Bereich der Kraft-werksleitung GFK-Rohre des deutschen Herstellers Amiantit zum Einsatz kamen. Bereitgestellt wurden die Rohre und sämtliche Sonderformteile für die „Hybridleitung“ vom niederösterreichischen Rohrspezialisten Etertec GmbH & Co KG. LANGE LEITUNG AUS 3 TEILEN Vom als Klappenwehr ausgeführten Einlaufbauwerk weg verlegte man auf einer Länge von 738 m zunächst das erste Teilstück der Druckrohrleitung in Form von Flowtite GF-UP Rohren mit einem

Gemeinsam mit dem Generatorenbauer Hitzinger erstellten die Turbinenexperten EFG die optimale elektromechanische Ausrüstung für die Anlage. Im Inneren des Synchrongenerators ist ein Stabilisierungsschwungrad untergebracht um die Rückwirkungen auf den Triebwasserstrang möglichst gering zu halten.

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gungen zu berücksichtigen. Im Spannungsfeld zwischen minimalem Platzbedarf der elektromechanischen Ausrüstung, einem stark schwankenden Wasserdargebot und dem Wunsch nach Maximierung der Jahresarbeit Foto: PMS

OPTIMALES MASCHINENGESPANN Bei der technischen Auslegung der elektromechanischen Ausrüstung galt es für die Konstrukteure eine Vielzahl an Randbedin-

An der Wasserfassung wird das Triebwasser mit einer massiven, 10 m breiten Fischbauchklappe aufgestaut. Daneben weichen die Gewässerlebewesen über einen Vertical-Slot-Fischpass dem Querbauwerk aus.

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Durchmesser DN 1400 sowie der Druckstufe PN 6. Im Mittelstück der Trassenführung wechselte man aus Sicherheitsgründen in Bezug auf den Untergrund auf zug- und schubsichere Gussrohre für eine Gesamtlänge von 1.217 m. Mit einem speziellen Sonderformteil wurde ein Übergang für die unterschiedlichen Rohrmaterialen geschaffen und gleichzeitig der Durchmesser der DRL auf DN 1000 verjüngt. Das abschließende, 1.203 m lange Teilstück der DRL wurde dann wieder als glasfaserverstärkte GFKLeitung verbaut und mit dem Durchmesser DN 1200 sowie den Druckstucken PN 10 und 16 zum Krafthaus geführt. Wegen der anhaltend feuchten Witterung im Verlegungszeitraum konnte das Erdreich entlang der Rohrtrasse zu keinem Zeitpunkt komplett austrocknen. In Kombination mit teilweise äußerst steilem Gelände alles andere als günstige Bedingungen, welche von der mit der Rohrverlegung betrauten Firma bravourös bewältigt wurde.

PMS rüstete das Kraftwerk Forstaubach mit modernster Leittechnik inklusive übersichtlicher Visualisierung aus.

Technische Daten • Maschine 1: Francis-Spiralturbine/EFG • Nennleistung: 1.175 kW • Bruttofallhöhe: 100,5 m • Drehzahl: 1.000 U/min • Generator: Hitzinger/Synchron • Nennscheinleistung: 1.450 kVA • Maschine 2: 5-düsige Pelton/EFG • Nennleistung: 554 kW • Bruttofallhöhe: 98,5 m • Drehzahl: 600 U/min • Generator: Hitzinger/Synchron • Nennscheinleistung: 800 kVA

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• Druckrohrleitung: Duktiler Guss/GFK Flowtite GF-UP • Druckstufen: PN 6 – PN 16 • Duktiler Guss: DN 1000 • Hersteller: TRM • Länge: 1.217 m • GFK Flowtite GF-UP: DN 1400/1200 • Hersteller: Amiantit • Länge: 1.941 m • Stahlwasserbau: TS Schacherleitner GmbH • E-Technik: PMS Elektro- und Automationstechnik GmbH • Ausbauwassermenge gesamt: 2.100 l/s • Jahresarbeit im Regeljahr: 6,5 GWh

im Regeljahr musste die bestmögliche Maschinenvariante gefunden werden. Gleichzeitig sollten die eventuell auftretenden Druckstöße auf die Druckrohrleitung minimiert werden. Die Kombination aus der optimalen Regelbarkeit einer 5-düsigen PeltonMaschine für geringere Triebwassermengen und der systembedingten Über-legenheit einer Francis-Turbine im Volllastbereich im Hinblick auf den hydraulischen Wirkungsgrad sollte sich am Standort als die bestmögliche Art der Energieumsetzung erweisen. Mit der gewählten Maschinenkombination des Herstellers EFG lässt sich ein Betriebsband zwischen 30 l/s bis hin zur Konsenswassermenge von 2.100 l/s lückenlos und mit hohem elektromechanischem Wirkungsgrad abdecken. HERAUSFORDERNDE DYNAMIK DER DRUCKROHRLEITUNG Die mit über 3 km Länge durchaus beachtliche Druckrohrleitung wurde aus verschiedenen Gründen mit 3 unterschiedlichen Rohrdurchmessern und in der Kombination GFK – Guss verlegt. Daraus ergab sich ein komplexes dynamisches Verhalten der Druckverhältnisse innerhalb des Rohrsystems, welches sich vor allem auf den Aufbau der FrancisTurbine auswirken sollte. In Kooperation mit dem Generatorenbauer Hitzinger konnte gemeinsam eine Lösung erarbeitet werden. „Und zwar wurde der Generator im Inneren mit einem speziellen Stabilisierungsschwungrad ausgerüstet um potentielle Druckstöße abzumildern. Dimensioniert wurde dieses Schwungrad anhand unserer werkseigenen angestellten Druckstoßberechnungen“, er-


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Nach einjähriger Bauzeit konnte im Krafthaus das doppelte Maschinengespann erfolgreich in Betrieb genommen werden.

klärt der Projektverantwortliche Dipl.-Ing. Gero Pretis. Wie nicht anders zu erwarten zeigte sich bei der Inbetriebsetzung der Anlage, dass die Kärntner Wasserkraftexperten korrekte Simulationsberechnungen angestellt hatten und sämtliche Belastungsgrenzen sicher eingehalten werden konnten. Gemeinsam werden die Maschinensätze bei einer Ausbauwassermenge von 2.100 l/s eine Gesamtleistung von etwa 1,7 MW erbringen und dadurch jährlich rund 6,5 GWh saubere Energie erzeugen. INTELLIGENTE LEITTECHNIK Von der Mittelspannunungsanlage des KW Forstaubach abgesehen, welche das EVU „Energie Steiermark“ lieferte, wurde die gesamte elektro-und leittechnische Ausrüstung der Anlage von der PMS Elektround Automationstechnik GmbH ausgeführt. Zur Einspei-sung des erzeugten Stroms ins öffentliche Netz setzt man auf einen verlustarmen 2.500 kVA Drehstrom Öl-Leistungstransformator. Die Niederspannungsschaltanlage ist als bauartgeprüfte SIVACON Niederspannungs-Schaltgerätekombination ausgeführt, die in der betriebseigenen Werkstätte in St. Stefan im kärntnerischen Lavanttal gefertigt wurde. Für einen ordnungsgemäßen und effizienten Betrieb der Anlage wurde eine Siemens SIMATIC S7-1500 Steuerung eingesetzt, welche sowohl im Krafthaus als auch bei der Wasserfassung mit einem SIMATIC Panel-PC mit Touchfunktion zur erleichterten Bedienung ausgerüstet ist. Zur Visualisierung kommt die Software „ZenonSupervisor V7.0“ von Copadata zum Einsatz, die gleichsam am Leitrechner als auch auf den Panel-PCs dargestellt wird und dadurch bei einem Systemausfall redundant funktioniert. Am Leitrechner der Anlage werden alle relevanten Daten angezeigt und digital aufgezeichnet. Die Einbindung in den zentralen Kraftwerksserver der ÖBf in Purkersdorf steht kurz bevor. Für die Erstellung von regelmäßigen Reports sorgt die Software „Zenon Analyzer“, mit der sich Daten von mehreren Kraftwerken auswerten lassen. BEWÄHRTE ZUSAMMENARBEIT ZAHLT SICH AUS Im Rahmen der Maschinenfertigung konnte EFG in gewohnter Art und Weise auf die Mithilfe ihres Kooperationspartners, der Firma Tschurtschenthaler aus Sexten in Südtirol, zählen. Durch geschickte Aufteilung bei der Fertigung der Maschinenkomponenten ist es EFG damit möglich, auch bei umfangreichen Projekten gänzlich auf Fremdfertigung zu verzichten. Beide Unternehmen können durch diese Form der Zusammenarbeit ihre jeweiligen Stärken voll ausspielen und somit dem Kunden Endprodukte von bester Verarbeitungsqualität übergeben. Juni 2015

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Das Kraftwerk Bruck der Allgäuer Kraftwerke GmbH wurde 1927 in Betrieb genommen. Es hat nach wie vor große Bedeutung für die Stromversorgung in der Region. Nun wurde die komplette Steuerungs- und Leittechnik der Anlage auf den neuesten Stand gebracht.

AUTOMATIONSTECHNISCHE FRISCHZELLENKUR FÜR ALLGÄUER TRADITIONSKRAFTWERK Sind die Komponenten und Baugruppen von veralteten Steuerungs- und Automationssystemen am Markt nicht mehr erhältlich, bedeutet dies für den betroffenen Kraftwerksbetrieb „Gefahr in Verzug“. Ein ungeplanter Ausfall ginge zweifellos mit einem wirtschaftlichen Schaden einher. Bei der Allgäuer Kraftwerken GmbH war man sich dieser Bedrohung seit längerem bewusst und reagierte zeitgerecht: Das historische Kraftwerk Bruck, Baujahr 1927, wurde nicht zuletzt aus diesem Grund letzten Herbst mit einem neuen digitalen Automations- und Leitsystem ausgestattet. Umgesetzt wurde dieses Umrüstungsprojekt in rekordverdächtigen sieben Wochen von den Spezialisten aus dem Hause ANDRITZ Hydro. Damit wurde die Traditionsanlage nicht nur auf einen erhöhten Sicherheitsstandard gebracht, sondern glänzt zudem durch die modernsten Features heutiger Automationsmöglichkeiten.

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ie Historie der Elektrifizierung im südlichen Oberallgäu reicht rund 120 Jahre zurück. Bereits im Jahr 1896 gründeten drei Unternehmer mit viel Pioniergeist zusammen mit der Ortsgemeinde Sonthofen die erste Elektrizitätsgesellschaft – die „Elektrizitätswerk Sonthofen GmbH“. Schon im darauf folgenden Jahr erzeugte das neu gebaute Kraftwerk Hinterstein den ersten Strom, um Sonthofen „mit Licht und Kraft zu versehen“, wie es in der Absichtserklärung der Strompioniere nachzulesen ist. Es war eine echte Pionierleistung, immerhin ging das Stromunternehmen als das 17. in Deutschland gegründete Überland-Elektrizitätswerk in die Industriege-

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schichte ein. Für das Allgäu stellte es einen der ersten und markantesten Meilensteine in der Geschichte der Elektrifizierung dar. Ein weiterer folgte in den 1920er Jahren, als unweit des Kraftwerks Hintersteins eine neue Anlage, ein Hochdruck-Kraftwerk mit einem Tagesspeicher errichtet werden sollte: das Kraftwerk Bruck. Seit 1927 betreiben die Allgäuer Kraftwerke dieses Werk. BEWÄHRTES SPEICHERKRAFTWERK Das traditionsreiche Kraftwerk Bruck nutzt das Wasser des Gebirgsbachs Bsondrach. Es wird in einer wildromantischen Schlucht im Rettenschwanger Tal gefasst und in ein künstlich angelegtes Staubecken geleitet. Zu die-

sem Zweck wurde in den 1920er Jahren ein 600 Meter langer Hangkanal aus dem Fels gebrochen. Dieser ist auf eine Kapazität von 2 m3/s ausgelegt, die an wasserreichen Tagen in den malerischen kleinen Stauweiher geführt werden. Das Staubecken weist ein Fassungsvermögen von 14.000 m3 auf. Von seiner Größe kann es als klassischer Tagesspeicher bezeichnet werden. Im Anschluss an das Wasserschloss gelangt das Triebwasser in eine unterirdisch verlegte, genietete Stahl-Druckrohrleitung mit einer Gesamtlänge von 440 m, in der es eine Bruttofallhöhe von 106 m bis zum Kraftwerksgebäude überwindet. Unmittelbar vor dem Maschinenhaus wird das Wasser durch eine


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Verteilrohrleiung auf zwei Zuleitungen aufgeteilt, die letztlich zu den beiden installierten Maschinensätzen führen. Dabei handelt es sich um zwei baugleiche drei-düsige Peltonturbinen aus dem Hause ANDRITZ Hydro, die im Jahr 1997 installiert worden waren. Auf einer Achse mit der Turbine ist der Rotor des 5kV- Asynchrongenerators vom Fabrikat Loher angebracht, von dem der erzeugte Strom über die Maschinentrafos ins 20kV Mittelspannungsnetz eingespeist wird.

Die beiden baugleichen 3-düsigen Peltonturbinen stammen aus dem Jahr 1997. In einem umfassenden Sanierungs- und Umbauprojekt wurden sie damals von ANDRITZ Hydro anstelle von drei 2-düsigen Peltonturbinen installiert. Sie sind auf eine Leistung von jeweils 704 kW ausgelegt.

RETROFITPROGRAMM VOR 18 JAHREN Doch der Umbau war unumgänglich. Es war an der Zeit, die Anlage auf den Stand der Technik zu bringen. Im April 1997 wurde sie abgeschaltet und zeitgleich mit dem Umbau an mehreren Punkten der Anlage begonnen. Der Stauweiher wurde ausgebaggert, wobei 3.500 m3 Schlamm ausgehoben wurde, und der Umbau an der Wasserfassung in Angriff genommen. „Grundsätzlich ist das alte hydraulische Konzept der Wasserfassung sehr gut, daher wurde daran auch nichts verändert. Allerdings wurde das komplette Bauwerk saniert, der Stahlwasserbau erneuert und ein neuer Kiesspülschütz und eine Rechenreinigungsmaschine integriert. Zusätzlich wurden sämtliche Anlagenkomponenten neu

Foto: zek

SPITZENLAST IM WINTER Die beiden drei-düsigen Peltonturbinen sind bei einer Ausbauwassermenge von jeweils 750 l/s auf eine Nennleistung von 704 kW ausgelegt. Gemeinsam erzeugen beide Maschinensätze im Regeljahr rund 7 Millionen kWh. Das Kraftwerk erspart damit der Umwelt jährlich rund 4,5 Mio. kg klimaschädliches CO2. Darüber hinaus spielt die Anlage natürlich im Hinblick auf die Versorgung in der Region eine gehobene Rolle. „Das Kraftwerk Bruck dient gerade im Winter als Spitzenlast-Kraftwerk. Im Sommer wird das Wasser nach den Gegebenheiten und Erfordernissen des EEG abgefahren“, erklärt dazu der technische Leiter und Prokurist der Allgäuer Kraftwerke GmbH, Karlheinz Loitz. Der erfahrene Ingenieur weiß nicht nur um die Bedeutung des traditionsreichen Kraftwerks, sondern kennt auch dessen Geschichte aus dem Effeff. Es sei das Ende einer Ära gewesen, als man sich 1997 von den alten Maschinen und der gesamten alten Kraftwerkstechnik trennte, so Loitz.

Karlheinz Loitz (hinten), Prokurist der Allgäuer Kraftwerke GmbH, hat sich intensiv mit den Kriterien der neuen Steuerungstechnik auseinandergesetzt. Jakob Hohl (vorne) war als Student in die Programmierung der neuen Visualisierung eingebunden und hat das Projekt selbst mit erarbeitet.

verkabelt, um erstmalig eine moderne Automation verwirklichen zu können“, erklärt Loitz. „Was die Arbeiten im Fassungsbereich massiv erschwerte, war der Umstand, dass er nicht mit einem Fahrzeug erreichbar ist. Daher wurden schwere Bauteile, Maschinen und Beton per Hubschrauber angeliefert.“ Zeitgleich fanden die Umbauarbeiten im Maschinenhaus statt. Die drei betagten zweidüsigen Peltonturbinen wurden durch zwei drei-düsige ersetzt. Dafür war nicht nur der Tausch der Verteilrohrleitung, sondern auch der komplette Umbau von Turbinenzu- und –auslauf im Maschinenhaus erforderlich. Neben neuen Turbinen und Generatoren bekam das Kraftwerk auch neue Transformatoren, neue Leistungsschalter und eine neue Mittelspannungsanbindung. Ein halbes Jahr nahmen die Arbeiten in Anspruch, ehe Anfang Oktober 1997 das Kraftwerk in neuem Glanz wieder seinen Betrieb aufnehmen konnte. PROBLEM MIT BAUGRUPPENMANGEL „Vor dem Umbau wurde jede der drei Maschinen von einem eigenen Maschinisten betreut, die auch im Kraftwerksgebäude bzw. hier am Gelände wohnten. Sie hingen an den Maschinen, dementsprechend schwer fiel damals auch der Abschied. Aber mit der erfolgten Modernisierung in 1997 war dies ‘Geschichte’“, erzählt der technische Leiter. Das Kraftwerk hatte damit den Sprung in die technische Neuzeit gemacht, der Betrieb funktionierte fortan vollautomatisch – und das sicher und zuverlässig über die nächsten anderthalb Jahrzehnte. Es lag also nicht an Systemmängeln, dass man vor zwei Jahren einen erneuten Tausch der Steuerungs- und Leittechnik ins Auge fasste. Juni 2015

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Programmierer Daniel Meier in seinem Element.

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Feier für Stollen-Durchschlag

Foto: Allgäuer Kraftwerke

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Die alten Automatisierungseinheiten wurden aus den Schaltschränken demontiert. Die Feldverkabelung wurde allerdings beibehalten.

„Der Grund dafür lag vorrangig darin, dass für das bestehende System keine Baugruppen und Ersatzteile mehr erhältlich waren. Wäre es in dieser Hinsicht zu einem Defekt und einem außerplanmäßigem Stillstand gekommen, hätten wir mit einem massiven wirtschaftlichen Schaden rechnen müssen“, sagt Karlheinz Loitz. Grund genug, dass die Allgäuer Kraftwerke GmbH einen langjährigen Partner, ANDRITZ Hydro, mit der Erneuerung der gesamten Leit- und Auto-matisierungstechnik beauftragte. Dies umfasste die Maschinenauto-matik und die digitalen Turbinenregler, sowie die Steuerung der Schaltanlagen inklusive Nebeneinrichtungen, der Wehranlage und des Wasserschlosses, die Montage und Inbetriebsetzung. UNTYPISCHER AUTOMATIONSUMBAU Einer, der von Anfang an in das Projekt mit eingebunden war, ist der angehende junge Ingenieur Jakob Hohl, der im Rahmen seiner Ausbildung aktiv an der Umsetzung des Projektes beteiligt war. Unter der Ägide der erfahrenen Automationsspezialisten bei ANDRITZ Hydro, Konrad Heim und Christoph Eisenbach, war es ihm möglich, die gesamte Bandbreite eines derartigen Umbaus mitzuverfolgen und aktiv daran mitzuarbeiten. „Im Zuge des Umbaus wurden alle alten Automatisierungseinheiten aus den Schaltschränken demontiert und die neuen SICAM 1703 Fernwirksysteme eingebaut. An sich ein untypischer Automationsumbau, da man die Feldverkabelung belassen hat und im Prinzip nur am Schaltschrank arbeitet“, erzählt Jakob Hohl.

Die SICAM 1703 ist die große Automatisierungskomponente von Siemens, die sich für einen flexiblen Mix aus Kommunikation, Automatisierung und Eingabe/Ausgabe hervorragend eignet. Die AK1703 wird nicht zuletzt deshalb oft als Datenknoten oder als Fernwirkunterstation eingesetzt, da neben den – bis zu 66 möglichen – seriellen Schnittstellen auch eine Kommunikation über LAN und verschiedene Fremdprotokolle unterstützt wird und über eine leistungsfähige 32-Bit Multiprozessortechnologie verfügt. Die kleinere Variante dazu ist die SICAM TM1703, die sich für weniger umfassende Steuerungs- und Regelungsaufgaben anbietet. Entsprechend ihrer Eigenschaften kamen die beiden Systeme zum Einsatz: Während für jede Maschine, die Schaltanlagen und die allgemeinen Anlagenteile im Krafthaus jeweils die AK 1703 ACP installiert wurde, verwendete man für die Peripherie – also für Wasserfassung und Wasserschloss – die „kleine Schwester“ TM 1703 ACP. Auf die beiden Systeme wurde schließlich das in unzähligen Kraftwerken und Zentralwarten eingesetzte 250SCALA SCADA System von ANDRITZ Hydro mit benutzerfreundlicher Visualisierungsoberfläche installiert.

Technische Daten

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Kraftwerkstyp: Speicherkraftwerk Erstinbetriebnahme: 1927 Erstausrüstung: 3 zweidüsige Peltonturbinen Turbinen heute: 2 dreidüsige Pelton-Turbinen Laufraddurchmesser Ø: 820 mm Fallhöhe: 106 m Ausbauleistung: 1,408 MW Generatoren: 2 Asynchrongeneratoren Generatorleistung: 750 kW Zuleitungskanal: Länge: 600 m Druckrohrleitung: Länge: 440 m Rohre: Material: Stahl genietet Steuerung & Automation: ANDRITZ Hydro Jahresarbeit im Regeljahr: 7,0 GWh

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Gewässer: Bsondrach Sanierung: 1997 Fabrikat: Escher Wyss Fabrikat: ANDRITZ Hydro Düsenzahl: 3 Ausbauwassermenge: 1,5 m3/s Drehzahl: 504 Upm Fabrikat: Loher Nennstrom: 110 A Stauweiher: Größe: 14.000 m3 Rohrgröße Ø: DN800 mm Baujahr: original aus 1927 Foto: zek

Der Stauweiher ist auf ein Fassungsvermögen von 14.000 m3 ausgelegt und dient als Tagesspeicher des Kraftwerks.


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HYDRO

Gerade einmal sieben Wochen benötigte das Team von ANDRITZ Hydro für den kompletten Umbau der Anlage.

DREIFACHE VORBEREITUNGSZEIT Ein ganz wesentliches Kriterium für das Gelingen des Projektes war die akribische Vorbereitung. Karlheinz Loitz: „Unsere Zielsetzung lautete, dass der Umbau innerhalb von sieben Wochen gelingt. Dafür war allerdings ein umfassender Vorlauf vonnöten. Ein halbes Jahr lang bereiteten wir uns gemeinsam mit den Partnern von ANDRITZ Hydro darauf vor. Die Planungszeit nahm also etwa das Dreifache von der Umsetzungszeit in Anspruch.“ Entscheidend war, dass man einerseits die wesentlichen Einstellparameter, wie etwa die Düsenstellungen oder die Verschlusszeiten in die neue Software integrieren musste, anderseits dabei auch all jene Verbesserungsoptionen zu berücksichtigen hatte, die sich aus der Praxis der vergangenen 17 Betriebsjahre heraus ergeben hatten. Vor der Inbetriebnahme galt es, die AK Fernwirksysteme mit den entsprechenden I/O Modulen und Kommunikationskarten zu bestücken. Das Ganze war im Vorfeld bereits im sogenannten „Basic Layout“ definiert. Dabei wurden ausreichend Reserven eingeplant, was sich im Zuge der Inbetriebsetzung als Vorteil erweisen sollte. Da die alten Klemmblöcke ebenso erhalten blieben wie die Feldverkabelung, entfiel auf die eigentliche Montage der neuen Steuerung nur ein relativ geringer zeitlicher Aufwand. Wesentlich zeitintensiver gestalteten sich dagegen die gesamten Signaltests. „Es wurden alle Meldungen, Sollwerte und alle Parameter, ja jedes einzelne Bit durchgetestet, und über den gesamten Übertragungsweg überprüft“, sagt Karlheinz Loitz. Jakob Hohl ergänzt: „Wir haben das sehr akribisch durchgeführt. Man zieht beispielsweise den Stecker vom Drehzahlgeber, oder vom Rückführgeber und prüft, welche Alarmsignale rein-

Foto: Allgäuer Kraftwerke

Die Überprüfung des Signalwegs entsprach dem Aufwand einer Neu-Inbetriebsetzung.

kommen und checkt, welche Not- und Schnellschlusskriterien auftreten. Und das Ganze nicht nur im Maschinenhaus, sondern bis hin zur Leitwarte in Sonthofen. Schließlich muss auch dort jedes Signal richtig interpretiert und verarbeitet werden. Hier führten viele kleine Schritte zum Erfolg.“ KKS ALS ECHTES KRITERIUM Als ein weiteres Kriterium der Umsetzung erwies sich das eingesetzte Kraftwerkskennungssystem – kurz KKS. Da die bislang verwendeten Kennzeichnungen nicht dem von ANDRITZ Hydro verwendeten standardisierten KKS entsprachen, mussten die Signale von Seiten der Automationsspezialisten aus Ravensburg angepasst werden. „Entscheidend dabei ist, dass die beiden Maschinen sicher voneinander unterschieden werden können.

Der 50-Tonnen-Generator wird eingehoben

Daher haben wir unsere Signale dahingehend adaptiert“, erklärt Jakob Hohl. In Hinblick auf den konzertierten Ablauf des Projektes, wurden die Maschinen nacheinander umgerüstet. Erst nachdem die erste Maschine auf Herz und Nieren durchgetestet worden war, konnte das System auf die zweite Maschine kopiert werden. Naturgemäß verlief dies deutlich zügiger. Als aufwändiger beschreibt Karlheinz Loitz die Programmierung für das SICAM TC1703 – im Einsatz für Wasserfassung und Wasserschloss: „Die alte Fernwirkanlage lief noch über das 101er-Protokoll und musste auch auf das neue 104er-Protokoll umgestellt werden. Da mussten eben alle Datenpunkte neu generiert und eingespielt werden. Somit musste die Steuerung dafür auch komplett neu programmiert werden.“ Auch die Wasserfassung im wildromantischen Rettenschwanger Tal wurde 1997 rundumsaniert. Das Konzept aus 1927 wurde allerdings beibehalten.

Foto: zek

Foto: EW Stanzertal Foto: Allgäuer Kraftwerke

Montage der Spülrohre im Entsander

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Der Schaltschrank vor dem Umbau ...

SCHALTSCHRANKSTEUERUNG OBSOLET Ein wichtiger Aspekt der Umrüstung betraf die Frage der Visualisierung. Von Seiten der Allgäuer Kraftwerke GmbH war gefordert, dass zum einen dem gewohnten „Look and Feel“ der bestehenden Visualisierung in der Schaltzentrale in Sonthofen Rechnung getragen werden sollte, aber natürlich auch die gesamte Tiefe der modernen Steuerungseinrichtung dargestellt wird. Hinzu kam, dass man in Zukunft auf die Hardware-Schalter an den Schaltschranktüren verzichten wollte – und diese ebenfalls über die Visualisierung aus steuerbar sein sollten. „Wir haben ganz bewusst auf die Steuerungsoption an den Schaltschränken verzichtet. Die Anlage ist sowohl über das 250SCALA Leitsystem im Kraftwerk, als auch über die Leitstelle in Sonthofen steuerbar. Hinzu kommt, dass man auch ‚remote‘ – also über ein mobiles Wartensystem – auf sie zugreifen kann. Damit sind wir mehrfach abgesichert. Die Steuerung vom Schaltschrank aus wurde für uns somit obsolet.“ Insgesamt wurden von den Spezialisten von ANDRITZ Hydro – unter Mitarbeit des jun-

... und danach: Die Betreiber verzichteten ganz bewusst auf die Steuerungspaneele auf den Schaltschranktüren.

gen Jakob Hohl – über 70 Visualisierungsbilder mit über 4500 Datenpunkten erstellt. „ANDRITZ Hydro hat eine hauseigenes Design mit der entsprechenden Architektur, dieses wurde aber auf Kundenwunsch im Hinblick auf Optik und Darstellung nach Möglichkeit geändert. Das war auch nur in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Kunden möglich“, so Jakob Hohl. Für Karlheinz Loitz ein sehr wichtiger Punkt: Schließlich müssen alle fünf Mitarbeiter, die auch Bereitschaftsdienst haben, jederzeit mit dem System umgehen können. Eine vertraute Benutzeroberfläche spielt dabei eine wichtige Rolle. Umgesetzt wurde die Visualisierung mit dem ANDRITZ Hydro Leitsystem 250 SCALA. TRENDS EINFACH ERKANNT Die abschließende Mitarbeiterschulung nach erfolgter Inbetriebsetzung belegte den ausgezeichneten Eindruck des neuen Systems, an

das sich das zuständige Personal sehr schnell gewöhnen konnte. Dabei bietet gerade das neue SCADA-System einige Vorteile, die man bislang in dieser Form bei den Allgäuer Kraftwerken nicht kannte. „Früher war eben im Fall einer Störung nur ein Meldeprotokoll eingerichtet. Dementsprechend ‚mager‘ fielen die entsprechenden Meldungen dabei aus. Heute liefert uns das System viel mehr Informationen, was die vorbeugende Instandhaltung, aber auch die Maschinensteuerung besser und einfacher macht“, sagt Karlheinz Loitz. Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus der Trendfunktion, die Trends und schleichende Prozesse registriert, dokumentiert und darstellt. Damit ist es auch möglich, seltenen Fehlern auf die Schliche zu kommen, die bislang von Betreibern gerne als „mysteriös“ verbucht wurden. Jakob Hohl: „Bei Fehlern, die man sich auf den ersten Blick nicht erklären kann, lohnt sich ein Blick in die VergangenFoto: zek

Foto: Allgäuer Kraftwerke

Foto: Allgäuer Kraftwerke

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Allgäuer Kraftwerke Seit über 110 Jahren stellt die die Allgäuer Kraftwerke GmbH eine preiswerte, zuverlässige und umweltfreundliche Stromversorgung in der Region sicher. In drei eigenen Kraftwerken Hinterstein, Bruck und Sonthofen-Mühlbach wird ausschließlich Strom aus Wasserkraft gewonnen - damit können rund 10 Prozent des Bedarfs im Netz mit Strom aus regenerativen Energieträgern gedeckt werden. Die Geschäftsanteile der Allgäuer Kraftwerke GmbH halten seit 1986 mit 50,77% mehrheitlich die Stadt Sonthofen und mit 49,23 % die Allgäuer Überlandwerke GmbH, Kempten. Im Netz, das seit 2005 gemeinsam mit 4 Partnern als Allgäu-Netz GmbH betrieben wird, sind derzeit rund 30.000 Tarifkunden verzeichnet. Insgesamt beschäftigt die Allgäuer Kraftwerke GmbH 40 Mitarbeiter und 4 Auszubildende.

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Die Umrüstung des Steuerungsquipments hat das Kraftwerk Bruck wieder zukunftsfit gemacht. Im Bild: Michael Besler (Allgäuer Kraftwerke), Karlheinz Loitz und Jakob Hohl. (v.l.)


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heit. Welche Faktoren, welche Parameter oder äußeren Umstände sind in früheren Zeiten diesem speziellen Fehler vorangegangen, oder haben ihn begleitet? Oder liegen zyklische Probleme vor? Mit dieser Trendfunktion lässt sich das sehr gut eruieren und analysieren.“ FLEXIBLES NACHRÜSTBARES SYSTEM Von der Funktionalität sind die Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen System nicht allzu groß. Eine Ausnahme stellt allerdings der Turbinenregler dar. Während dieser im alten System noch völlig eigenständig war, ist er nun vollständig in der Maschinen-automatik integriert. Dies bedeutet gerade im Hinblick auf Betriebssicherheit und Wartungsfreundlichkeit Vorteile. Eine der starken Seiten des neu implementierten Automations- und Leitsystems betrifft seine Formbarkeit und Flexibilität. Auch wenn von Kundenseite auf die HardwareSchalter an den Schaltschranktüren verzichtet wurde: die Software ist jederzeit für eine nachträgliche Integration vorbereitet. „Man weiß ja nie, ob wir es doch noch einmal benötigen, oder es der Gesetzgeber vorschreibt“, so Loitz. Ähnliches gilt für die Integration weiterer Maschinen. „Wir planen gerade, am nahe gelegenen Kraftwerk Hinterstein eine Wasserkraftschnecke als Dotiermaschine einzu-

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Die neue Visualisierung bietet auch einige zusätzliche Vorteile, die den täglichen Betrieb des Kraftwerks erleichtern und verbessern.

bauen. Wir sind daher froh, dass die Maschine problemlos in dieses Steuerungssystem integriert werden kann und Teil des gesamten Automatisierungs-Systems wird.“ ERFOLG IN SIEBEN WOCHEN Gerade einmal sieben Wochen benötigte das Team von ANDRITZ Hydro, um das Kraftwerk Bruck umzurüsten und wieder voll zukunftsfit zu machen. In den sieben Wochen, in denen das Traditionskraftwerk stillstand,

wurde nicht nur eifrig an den Schaltkästen gearbeitet. Zudem wurde die Zeit genutzt, um allfällige Wartungen durchzuführen. So wurde etwa das Generatorlager von Maschine 1 ausgetauscht. Seit Dezember letzten Jahres steht die Traditionsanlage im Dienste der Allgäuer Kraftwerke GmbH wieder voll in Betrieb. Mit ihrer neuen steuerungs- und leittechnischen Ausrüstung läuft sie nun so exzellent wie am ersten Tag - wenn nicht sogar ein wenig besser.

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Auf 560 m Länge spannt sich die 117 m hohe Bogenstaumauer am Lukmanierpass im Kanton Graubünden. Ein umfangreiches Überwachungskonzept sorgt für höchste Sicherheitsstandards der Anlage, bei der auf fast 2.000 m Seehöhe auch im Mai winterliche Wetterbedingungen herrschen.

MAXIMALE SICHERHEITSTANDARDS FÜR SCHWEIZER TALSPERREN Rund ein Drittel aller Wasserkraftanlagen in der Schweiz betreibt der Energiekonzern Axpo. In der Talschaft Surselva im Kanton Graubünden befinden sich mehrere Talsperren, die vom Energieversorger zur Ökostromproduktion genutzt werden. Wie man bei der Überwachung der Talsperren im Detail vorgeht, wurde im Rahmen einer Exkursion vor Ort höchst anschaulich präsentiert.

„I

VERTRAUEN IST GUT - KONTROLLE IST BESSER Dr. Bastian Otto, seines Zeichens ausgewiesener Talsperrenexperte der Axpo, erklärte den anwesenden Medienvertretern beim Termin in der Surselva die bewährten Mess-

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konzepte, welche bei der Überwachung von Talsperren zur Anwendung kommen. Ein wichtiger Parameter im Fokus der permanenten Kontrolle ist der Druck auf die Staumauer, der sich durch den jeweiligen Füllungsgrad (Seestand) ergibt und die Hauptbelastung darstellt. Weiters sind Betontemperaturen, Deformationen durch Setzungen oder Verschiebungen, Sickerwassermengen und deren Trübungsgrad, PorenwasserdrüTalsperrenexperte Dr. Bastian Otto (links) und der Leiter der Axpo-Hydroenergie Rolf Mathis bei der Präsentation des Sicherheitskonzepts der Schweizer Talsperren.

cke im Kern eines Damms und die Stabilität der Talflanken einer permanenten Überwachung unterzogen. Die wichtigsten Parameter werden automatisiert durch Fernmessungen mehrmals täglich an die AxpoZentrale übermittelt. Zudem werden monatliche Vor-Ort-Kontrollen der Mess- und Sicherheitseinrichtungen bei den Anlagen von erfahrenen Wasserwärtern vorgenommen. Dabei werden in Foto: zek

n der Schweiz trägt man gern einen Gürtel, Hosenträger und dann noch einen Strick darum“, beschreibt der Leiter der Hydroenergie bei Axpo, Rolf Mathis, scherzhaft das umfassende Sicherheits- und Überwachungskonzept der eidgenössischen Talsperren. Als einziges Land weltweit wurden sämtliche Anlagen in den vergangenen 6 Jahren auf ihre Erdbebensicherheit überprüft. Sicherheit schafft aber vor allem das 3-Säulen-Sicherheitskonzept des Bundes für Talsperren. Bereits bei der Planung sowie dem Bau von Staumauern sorgt man für die konstruktive Sicherheit. Mit zielkonformen Kontrollen erreicht man eine lückenlose Überwachung der Anlagen im Betrieb, die Notfallvorbereitungen schalten das Restrisiko so weit als möglich aus.


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Nach 2 Jahren Bauzeit und einer Erhöhung der Staumauer um 5 m konnte die Energieproduktion der Anlage um mehr als das Doppelte erhöht werden.

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GEWICHTSSTAUMAUER BARCUNS 2013 wurde der erste Spatenstich für den Ausbau der Stauanlage Barcuns gesetzt, in dessen Zuge man die Staumauer des Speichersees um 5 m erhöhte. Umgesetzt wurde das Projekt in Kooperation durch die betriebsführende Axpo Hydro Surselva AG, den beiden Konzessionsgemeinden Sumvitg und Disentis/Mustér sowie dem Kanton Graubünden. Das Talsperrrendesign in Barcuns ist als sogenannte Gewichtsstaumauer ausgeführt, welche in der Schweiz oft bei weitläufigen U-förmigen Tälern zum Einsatz kommt. Der Querschnitt der Mauer ist dabei ungefähr dreieckförmig mit einer fast senkrechten Wasserseite. Über den Grundablass entleerte man den Stausee komplett, um die über 2 Sommersaisonen dauernden Bauarbeiten durchführen zu können. „Da sich das Nutzvolumen des Speichers fast verdoppelte, musste die an der Krone 153 m breite Staumauer auf der Innenseite von Grund auf verstärkt werden,

2013 begannen die Bauarbeiten an der Gewichtsstaumauer Barcuns, in deren Zuge man auch die Kraftwerksleitung sowie die Maschinensätze erneuerte.

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etwa alle Senklote, Betontemperaturen oder Sickerwasserstellen überprüft und mit den Ergebnissen der Fernmessungen direkt am Standort noch einmal abgeglichen. Einmal jährlich stehen die elektromechanischen Einrichtungen der Talsperren, die Grundablässe sowie die Fugen der Staumauern im Fokus der Überprüfungen. „Ganz wichtig sind vor allem die visuellen Kontrollen unserer Wasserwärter vor Ort. Deren langjährige Erfahrung sorgt mit unseren elektronischen Überwachungsmöglichkeiten für den hohen Sicherheitsstandard der Anlagen“, verweist Dr. Otto auf die Kompetenz seiner Mitarbeiter. Im Anschluss an den Vortrag folgte eine Exkursion zu den Talsperren Barcuns und Santa Maria, wobei deren Mess- und Sicherheitseinrichtungen anschaulich vorgeführt werden sollten.

um dem erhöhten Wasserdruck Stand zu halten. Im Zuge der Erhöhung erhielt das Bauwerk als Element der erweiterten Überwachung einen innenliegenden Kontrollgang. Dadurch werden nun auch genauere Messungen und Überprüfungen des Mauerwerks möglich, “ erklärt Axpo-Wasserwärter Arnold Flepp den anwesenden Medienvertretern.

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In regelmäßigen Abständen platzierte Lotpendel geben Aufschluss über minimalste Neigungsbewegungen der Staumauer.

5 METER MACHEN VIEL AUS Mit dieser Maßnahme erreicht man nun fast das Doppelte des ursprünglichen Nutzvolumens des Speichersees, welches sich von 110.000 m³ auf 210.000 m³ erhöhte. Zudem wurde die bestehende, weitgehend oberirdisch verlaufende Druckrohrleitung durch eine neue erdverlegte Kraftwerksleitung mit etwa doppeltem Durchmesser von bis zu 1,7 m ersetzt. Die bisherige Ausbauwassermenge von 4 m³/s erhöht sich damit auf 7 m³/s. Turbiniert wird das massiv erhöhte Wasserdargebot in der Maschinenhalle des Kraftwerks Russein, das mit zwei neuen vertikalachsigen Pelton-Turbinen inklusive Generatoren ausgestattet wurde. Die installierte Leistung des 1947 errichteten Kraftwerks Russein beträgt somit nun 24,2 MW, wodurch sich die Leistungskapazität der Anlage von ursprünglichen 11,6 MW mehr als verdoppelte. Mit einer jährlichen Jahresarbeit von 67 GWh lassen sich rund 17.000 eidgenössische Haushalte mit grüner Energie versorgen. Insgesamt wurden fast 100 Mio. SFR in den Projekt investiert, das am 18. Juni offiziell in Betrieb gehen wird. Juni 2015

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Im inneren der Bogenstaumauer Santa Maria verbirgt sich ein weitreichendes System an Kontrollgängen auf mehreren Ebenen.

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„DIE FUGE LEBT“ Staumauern werden in Blockbauweise errichtet, wobei die einzelnen Blöcke aus Vollbeton schrittweise auf- beziehungsweise nebeneinander gesetzt werden. Nach der Fertigstellung gilt ein Hauptaugenmerk der Betreiber den Fugen zwischen den Betonblöcken, die quasi als Bindeglied zwischen den einzelnen Blöcken fungieren. „Die Fuge lebt“, fasst der für die Sicherheit der Santa Maria-Bogenstaumauer zuständige Axpo-Wasserwärter Arnold Flepp das Verhalten des Mauerwerks zusammen. Je nach herrschenden Temperaturen und dem aktuellen Füllungsgrad der Talsperre kann die Staumauer minimale Bewegungen aufweisen. Um diese Eigendynamik des Bauwerks permanent zu überwachen, sind in regelmäßigen Abständen und auf mehreren Ebenen Messsysteme in den jeweiligen Kontrollgängen vorhanden. Dabei werden etwa an den Messstationen sowohl radiale, vertikale als auch tangentiale Bewegungen auf elektronischem Wege vor Ort höchst genau kontrolliert.

Zudem geben im Inneren der Bogenstaumauer vorhandene Lotpendel Aufschluss über etwaige vertikale Neigungsbewegungen des Betongiganten. Durch regelmäßige Kontrollen der Sickerwassermengen und Sichtprüfungen erreicht man somit ein Höchstmaß an Sicherheit für die Anlage. Mit dem Bau des Gotthard-Basistunnels, dem nach seiner geplanten Fertigstellung mit rund 57 km weltweit längsten Eisenbahntunnel, erhöhten sich die Kontrolltätigkeiten der Betreibergesellschaft um ein Vielfaches. Die Schweizer Nord-Süd-Verbindung verläuft nämlich in unmittelbarer geographischer Nähe unterhalb der 3 Stauanlagen, wodurch sich die Sicherheitsvorkehrungen der Talsperren weiter intensivierten und noch genauere Messsysteme und Sensoren installiert wurden.

Wasserwärter Arnold Flepp erklärt die Funktion der Mess- und Kontrollsysteme der Talsperre.

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BOGENSTAUMAUER SANTA MARIA Ein weiteres eindrucksvolles Bauwerk wurde an der zweiten Station von den AxpoVertretern präsentiert. Die 117 m hohe Bogenstaumauer „Santa Maria“ am Lukmanierpass ist an ihrer Mauerkrone 560 m breit und beinhaltet ein Fassungsvolumen von 67,3 Mio. m³ Wasser. Bogenstaumauern sind typisch für die Anwendung im hochalpinen Gebiet und weisen in ihrem Querschnitt eine deutliche Krümmung in horizontaler und vertikaler Richtung nach innen auf. Eine Bogenstaumauer setzt im Gegensatz zur Gewichtsstaumauer dem horizontalen Druck des Wassers nicht ihr Eigengewicht entgegen, sondern leitet die Kräfte mittels der sogenannten Gewölbewirkung nach links und rechts auf ihre Flanken. Während die Mauer an ihrem Fundament 21 m stark ist, verjüngt sie sich oben an der Krone auf, laut Talsperrenexperte Dr. Otto, „schlanke 8 m“. Insgesamt wurden an der zwischen 1965 und 1967 errichten Megabauwerk 654.000 m³ Beton zementiert. Ein interessantes Detail am Rande: Beim Bau der Staumauer konnte man komplett auf stabilisierende Armierungseisen verzichten, da das Mauerwerk lediglich dem Wasserdruck aber keinen Zugbelastungen ausgesetzt ist. Gemeinsam mit den durch ein RöhrenStollensystem verbundenen, weiter westlich gelegenen Stauseen „Lai da Nalps“ sowie dem „Lai da Curnera“ entsteht ein insgesamt 152 Mio. m³ fassendes wasserwirtschaftliches System, welches zur Spitzenstromerzeugung genutzt wird.


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Dass auch an einem Niederdruckstandort mit geringer Fallhöhe ein wirtschaftlicher Ausbau gelingen kann, zeigt das neue Kraftwerk Neckermühle an der Abens im niederbayerischen Bad Gögging. Ohne Änderungen an der bestehenden Fallhöhe konnte dabei die Stromausbeute glatt verdoppelt werden. Gelungen ist dies dem Betreiberehepaar gemeinsam mit dem erfahrenen Kraftwerksplaner DI Christoph Pfeffer aus Regen, indem einerseits auf modernste Turbinen- und Generatortechnik gesetzt und anderseits auf optimierte Betriebsbedingungen geachtet wurde. Mit der Kaplanturbine aus dem Hause WATEC, die einen flüsterleisen PMG-Generator antreibt, schafft die Anlage heute rund 380.000 kWh im Jahr. Damit zählt das Kraftwerk nun zweifelsfrei zu den leistungsstärksten – und zugleich geräuschärmsten an der Abens. s war das Jahr, als Charles Lindbergh die erste Atlantiküberquerung in einem Flugzeug gelang. Man schrieb 1927, und das Kraftwerk Neckermühle lieferte erstmalig Strom am alten Mühlenstandort an der Abens. Seit damals produziert das kleine Niederdruck-Kraftwerk mit seiner Francis-Maschine, die ihre Rotationsenergie über einen Riemen auf den Asynchrongenerator überträgt, zuverlässig Strom – im Regeljahr früher rund 180.000 kWh. Das Kraftwerk in Bad Gögging ist eines von etwa 20, welche den Verlauf der Abens von ihrem Ursprung in Dürnzhausen bis zur Einmündung in die Donau bei Eining säumen. Dabei fließt die Abens im ersten Abschnitt der 53 km langen Flussstrecke sehr beschaulich durch ein sanftes, durch Hopfenanbau geprägtes Hügelland und mäandert danach durch das breitere Tal der Hallertau der Donau zu. Das Kraftwerk Neckermühle ist das vorletzte vor der Donaumündung.

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PRODUKTIONSVERDOPPELUNG IM FLÜSTERMODUS

1924 wurde der Ausleitungskanal hin zum Kraftwerksgebäude am Betriebsareal der Familie Necker errichtet. Die Wasserzufuhr wurde bislang über ein 150 m oberhalb situiertes Streichwehr reguliert. PLÄNE FÜR EINEN NEUSTART „Vor drei Jahren haben wir uns näher mit dem Thema beschäftigt, wie wir mehr aus diesem Wasserkraftstandort machen könnten“, erzählt der Betreiber der Neckermühle, Robert Necker. Schon seit längerem war man sich dessen bewusst, dass der Kraftwerksbetrieb mit der Altanlage suboptimal ist. „Der gesamte Wirkungsgrad war nicht gut, das alte Saugrohr war nicht ideal konzipiert und der Zulauf ist etwas zu klein dimensioniert und dabei verlustbehaftet. Dass viel mehr möglich ist, haben wir erst festgestellt, als uns Christoph Pfeffer – unser Planer – eine Variante mit einer modernen Neuanlage vorgerechnet hat.“

Betreiber Robert Necker, DI Christoph Pfeffer, Stefan Heindl und Frau Christine Necker hinter der flüsterleisen Maschineneinheit, einem PMG, der von einer WATEC Kaplanturbine angetrieben wird.

Erste Überlegungen führten den Betreiber zur Variante einer Wasserkraftschnecke. Diese Idee wurde allerdings aus Effizienz- gründen wieder verworfen. „Bei einer derart geringen Nutzfallhöhe - wie sie an unserem Standort vorliegt - zählt auf lange Sicht natürlich jeder einzelne Zehntelpunkt an Wirkungsgradvorteilen. Alleine aus diesem Grund erwies sich die Variante Kaplanturbine mit einem Permanentmagnetgenerator als besser“, so der Betreiber. ALT-KRAFTWERK BLEIBT ERHALTEN Noch vor Wintereinbruch 2012 suchte Robert Necker um die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung seiner Triebwerksanlage beim zuständigen Landratsamt an. Man wollte nichts dem Zufall überlassen. „Für uns war wichtig, dass das Stauziel offiziell bestätigt und genehmigt ist. Somit steht die neue Anlage heute auch in rechtlicher Hinsicht auf sicheren Beinen. Zudem haben wir auch den Weiterbetrieb der Altanlage genehmigen lassen, für die noch ein unbefristetes ‚Altes Recht‘ besteht. Das hat sich angeboten. Schließlich kann sie nach wie vor im

Direkt neben der alten Wasserkraftanlage aus dem Jahr 1927 wurde das neue Kraftwerk errichtet. Dafür hielt sich der bauliche Aufwand in Grenzen - und die Altmaschine konnte erhalten bleiben.

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MEHR ALS DOPPELTE LEISTUNG Im Februar letzten Jahres war es schließlich soweit: Das Herz der Anlage, die 4,5 Tonnen schwere Kaplanturbine aus dem Hause WATEC Hydro wurde an den Kraftwerksstandort in den Kurort geliefert. „Mit einem Autokran haben wir die Turbine über den Dachzugang eingehoben. Das hat hervorragend funktioniert“, erinnert sich der Betreiber. Bereits nach dem ersten Andrehen zeigte sich, dass die Maschinenwahl goldrichtig war. Nicht nur der Leistungszeiger schraubte sich in bislang ungekannte Höhen, auch die unglaubliche Geräuscharmut des permanent erregten Generators beeindruckte von Anfang an. „Ausgelegt ist die neue Maschine auf 58 kW, im absoluten Top-Bereich erreicht sie sogar etwas mehr. Im Vergleich dazu haben wir mit der alten Maschine nie mehr als 26 kW erreicht“, freut sich Robert Necker. Für Christoph Pfeffer ist es die Bestätigung, dass auch an bestehenden Niederdruck-Standorten einiges möglich ist, wenn man entsprechend fokussiert plant. „Wir haben in diesem Fall natürlich alles auf höchste

Der neue Teleskoparm-Rechenreiniger wurde von OnnenKrieger geliefert. Er sorgt für einen freien Durchfluss am Feinrechen - zuverlässig und natürlich vollautomatisch.

Effizienz getrimmt. Nimmt man die Kaplanturbine und dazu den eingesetzten PMG, so sind wir in maschineller Hinsicht schon nahe am Wirkungsgrad-Blafon. Hinzu kommt, dass wir die Anströmung optimiert und sogar noch den Auslauf ausgebaggert haben. Viel mehr geht nicht, aber hier hat sich das in jedem Fall ausgezahlt“, so der Planer. AUTOMATISIERUNG HÄLT EINZUG Ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf eine solide Jahreserzeugung ist auch eine hohe Verfügbarkeit der Anlage. In diesem Zusammenhang kommt nicht zuletzt auch der stahlwasserbaulichen Ausrüstung eine große Bedeutung zu. Gerade der freie Durchstrom am Feinrechen gilt als echtes Effizienzkriterium. „Ein Teil der Behördenauflagen sah im Sinne des Fischschutzes eine sehr kleine Stabweite vor, die nur 12 mm beträgt. Bei 3,4 m3/s Ausbaudurchfluss ist das relativ eng. Daher war es uns wichtig, hier nicht den Sparstift anzusetzen und auf einen Feinrechen aus Edelstahl zu setzen. Denn bei einem derart geringen Stababstand wäre bei korrodierendem Material im Lauf der Zeit mit Sicherheit der Durchsatz verringert“, erklärt Christoph Pfeffer. Der Betreiber setzte dabei auf die Qualität des bekannten Stahlwasserbauunternehmens Metallbau-Wasserkraft Onnen Krieger aus Augustburg bei Chemnitz. Neben dem 10 m2 großen Feinreichen lieferte der Branchen-

Vom Einbau der Saugrohrschalung ... bis zum fertig installierten Maschinensatz

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ZWEIEINHALB MONATE OHNE WASSER Ein besonders interessanter Aspekt des Umbauprojektes ist der Umstand, dass für die Erweiterung weder der Abriss der Altanlage noch ein groß angelegter Erweiterungsbau vonnöten war. Schließlich befand sich ursprünglich neben dem alten Kraftwerk noch ein kleines Sägewerk, das abgetragen und durch ein neues Bauwerk ersetzt wurde. Somit wurde der oberwasser- und der unterwasserseitige Triebwasserweg kaum verändert. Allerdings wurde der Kanal einer umfassenden Sanierung unterzogen, nachdem nach erfolgtem Baustart im August 2013 der Triebwasserkanal trocken gelegt wurde. „Für uns war wichtig, dass wir dabei möglichst viel Eigenleistung einbringen konnten. Daher haben wir im Familienverband sehr viel selbst gemacht, vom Baggern angefangen, über Schalungsarbeiten und Betonieren bis hin zu kleineren Stahlbauarbeiten. Das hat einen wesentlichen Anteil an der Wirtschaftlichkeit unseres Kraftwerksprojektes“, sagt Robert Necker. Zweieinhalb Monate blieb der Zuleitungskanal trocken, ehe es Mitte November 2013 wieder „Wasser marsch“ hieß – und zumindest die Altanlage wieder für Wasserkraftstrom sorgen konnte. Im November waren die Betonarbeiten zum größten Teil abgeschlossen und die Vorbereitungen für die Maschinenmontage liefen auf Hochtouren.

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Fall von Überwasser oder bei eventuellen Wartungstätigkeiten bei der Neuanlage betrieben werden“, erklärt Planer DI Christoph Pfeffer vom Planungsbüro IB Pfeffer aus Regen. Konkret kann das Kraftwerk heute konzessionsgemäß 3,43 m3/s Wasser zum Betrieb der neuen Kaplanturbine ableiten. Für den Weiterbetrieb des alten Maschinensatzes ist es nun möglich, im Falle von Überwasser zusätzlich 2,069 m3/s auszuleiten und hydroenergetisch zu nutzen. Weiters umfasst die Konzession die mit den Behörden abgestimmte Restwassermenge von 180 l/s, die über die neu zu errichtende Fischwanderhilfe abgeführt wird, sowie weitere 50 l/s, die am Streichwehr direkt in den Ausleitungsbereich der so genannten „Flussmulde“ abgegeben werden.


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Eine zentrale Vorgabe der Behörden betraf die Fischdurchgängigkeit. Zu diesem Zweck errichteten die Betreiber einen sehr schön angelegten Tümpelpass, der durch die geringen Beckensprünge eine optimale Wandermöglichkeit für die Bewohner der Abens darstellt.

spezialist auch die Teleskoparm-Rechenreinigungsmaschine sowie diverses stahlwasserbauliches Equipment, Verschlussorgane, Steuerungs- und Hydraulikeinheit. Die neue stahlwasserbauliche Ausrüstung trägt heute nicht nur zum erhöhten Hochwasserschutz der Anlage bei, sondern auch zur optimal geregelten Produktionssteuerung. Robert Necker: „Früher haben wir den Zulauf von Hand geregelt. Das funktionierte aber nicht immer perfekt. Gerade an Tagen mit starken Schwankungen konnte es dann auch passieren, dass wir manchmal ganz ohne Triebwasser dagestanden sind. Heute regeln die Schützen über moderne Pegelmesseinrichtungen exakt den Pegelstand, wodurch sich natürlich auch die Stromproduktion ideal steuern lässt.“

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Technische Daten

der Abens ein. Um zudem den aufstiegswilligen Fischen den Zugang zur Fischtreppe zu erleichtern, wurde in den Überfall eine Rampe aus Blocksteinen errichtet. Der Großteil dieser Arbeiten wurde in Eigenregie von der Familie Necker selbst umgesetzt. ERTRAG VERDOPPELT Früher erzeugte die Neckarmühle im Regeljahr rund 180.000 kWh. Mit der neuen WATEC-Kaplan-Turbine und dem direkt gekoppelten PMG liefert das neue Kraftwerk circa 360.000 kWh. Damit ist es den Betreibern gelungen, ihre Stromproduktion glatt zu verdoppeln. Einen Teil des erzeugten Stroms wird dabei selbst verbraucht, der Löwenanteil

Gewässer: Abens Nennfallhöhe: 2,04 m Ausbauwassermenge: 3,43 m3/s Restwasser: 180 l/s + 50 l/s Turbine: Kaplanturbine Fabrikat: WATEC Hydro Durchmesser Ø: 1,00 m Flügelzahl: 4 Gewicht: 3.100 kg Drehzahl: 214,3 Upm Ausbauleistung: 58 kW Generator: PMG Fabrikat: VUES Nennscheinleistung: 60 kVA Nennstrom: 87 A Spannung: 400 V Gewicht: 1.390 kg Stahlwasserbau: Onnen Krieger Jahresarbeitsvermögen: 360.000 kWh

wird eingespeist und nach den Richtlinien des EEG 2014 vergütet. Ein erfreulicher Punkt des Ausbauprojektes betraf die Altanlage, die dabei nicht abgetragen werden musste, sondern heute weiterhin als Überwasser-Turbine ihren Dienst tun darf. Die neue Turbine ist dabei dennoch auf 300 Volllasttage ausgelegt. Somit ist gewährleistet, dass sie auch dann optimal für die Bedingungen am Standort ausgelegt ist, wenn die mittlerweile fast 90-jährige Turbine irgendwann ihren „Geist aufgibt“. Doch bis dahin wird wohl noch einiges an Wasser die Abens hinabfließen.

IDYLLISCHER TÜMPELPASS Ganz entscheidend für das Gelingen des Gesamtprojektes war die Einbindung ökologischer Maßnahmen – allen voran der Bau einer Fischtreppe. Es wurde beschlossen, einen naturnahen Tümpelpass zu errichten, der sich über eine Länge von 90 m seitlich am neuen Kraftwerksgebäude vorbei schlängelt. Er weist 23 Becken und mit 10 cm Höhenunterschied sehr kleine und für die Flussbewohner gut zu überwindende Beckensprünge auf. Angebunden wurde der Fischpass im 5 Meter-Bereich, also innerhalb von 5 m innerhalb von Ein- und Auslauf. Damit ist auch sichergestellt, dass er auch für den Abstieg auffindbar ist. Das Umgehungsgerinne wurde nicht nur in ökologischer Hinsicht funktionell gestaltet, sondern fügt sich auch harmonisch in die Naturlandschaft an Juni 2015

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Betreiberin Ingid Jauk vor dem Herzstück des Kraftwerks am Eisenhutgrabenbach, einer 3-düsigen Pelton-Turbine des Herstellers Andritz Hydro.

KRÄFTIGE IMPULSE FÜR DIE WASSERKRAFT IN DER OBERSTEIERMARK Mit der Inbetriebnahme des Kraftwerks Eisenhutgrabenbach im Herbst 2014 ist der obersteirische „Ökostrombezirk“ Murau um eine weitere, vorbildlich umgesetzte Kleinanlage bereichert worden. Das in nur knapp 4 Monaten errichtete Kleinkraftwerk produziert mit seinem Herzstück, einer dreidüsigen Pelton-Turbine des Herstellers Andritz Hydro, jährlich genug sauberen Strom für rund 250 Haushalte. Durch das ausgeklügelte Funktionsprinzip der Turbine steht die Anlage auch mit lediglich 5 % der Ausbauwassermenge nicht still.

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GmbH aus Scheifling fand Ingrid Jauk einen höchst kompetenten Partner für ihr Projekt, der sie von den ersten Vorplanungen bis hin zur Erstinbetriebnahme begleitete. Neben der langjährigen Erfahrung in der Konzeptionierung und Umsetzung von Wasserkraftprojekten ist der Geschäftsführer des

Planungsbüros auch selbst Mitbetreiber eines Kleinkraftwerks am nahe gelegenen Wöllbach. Da sich die beiden Kleinkraftwerke sowohl bei den Parametern Fallhöhe als auch Ausbauwassermenge sehr ähnlich sind, konnte die Betreiberin auf bewährte Lösungen vertrauen.

Bei der Wasserfassung kommt ein Coanda-Rechen der Südtiroler Stahlwasserbauer Wild Metal GmbH zum Einsatz.

Foto: zek

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er jahrzehntelange Wunsch, auf seinem eigenen Grund das vorhandene Energiepotential des Eisenhutgrabenbachs zur Stromerzeugung zu nutzen, hat sich für den pensionierten Betriebsleiter der Murtalbahn, Ehrenfried Illitsch im vergangenen September indirekt erfüllt. Seit Herbst des Vorjahres betreibt dort nämlich seine Tochter, Ingrid Jauk, eine eigene Anlage. Im Gespräch mit zek Hydro verweist die Betreiberin mehrfach explizit auf die wichtige Rolle ihres Vaters, er sei „die gute Seele hinter dem Projekt gewesen.“ Den vorhandenen Gewässerlauf auf eigenem Grund und Boden zu nutzen und damit den seit Generationen mütterlicherseits bestehenden Besitz aufzuwerten, war das erklärte Ziel. Bis dahin musste allerdings noch ein mehrere Jahre dauernder Behördenmarathon absolviert werden. 4 Jahre sollten vergehen, bis man am 12. Mai 2014 endlich mit den ersten Bauarbeiten beginnen konnte. Mit der PI Mitterfellner


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STEILE TRASSENFÜHRUNG Vom Schwallbecken, das als Beruhigungsbecken dient, gelangt das Triebwasser in die 890 m lange Druckrohrleitung DN300, welche komplett in schub- und zugsicheren duktilen Gussrohren der Tiroler Röhrenwerke TRM ausgeführt wurde. Das mittlere Gefälle der Druckrohrleitung beträgt rund 28,8 %. Durch die optimal gewählte Trassenführung konnten Querungen von Bächen oder Gerinnen vermieden werden. Dennoch sollte sich die Rohrverlegung aufgrund des zum Teil äußerst steilen Terrains – Geländeneigungen von bis zu 50% - als große Herausforderung herausstellen. Kein Wunder also, dass Betreiberin Ingrid Jauk den mit der Verlegung betrauten Monteuren der obersteirischen Firma Guster großes Lob ausspricht. Die komplette Druckrohrleitung war innerhalb weniger Monate gut unter die Erde gebracht, wobei auch zum Teil feuchte Wetterbedingungen den Zeitplan nicht verzögern konnten. PELTON-TURBINE BEI MINIMALER BEAUFSCHLAGUNG AM NETZ Im Krafthaus des Ausleitungskraftwerks wählte man aufgrund des jahreszeitlich bedingten stark schwankenden Wasserdargebots eine mit 3

Foto: Jauk

Die 890 m lange Druckrohrleitung wurde komplett in duktilen Gussrohren DN300 der Tiroler Röhrenwerke TRM ausgeführt.

Foto: zek

COANDA-TECHNIK SORGT FÜR FREIEN DURCHFLUSS Die Wasserfassung der Anlage befindet sich auf einer Seehöhe von fast 1.510 m, bis zur Turbinierung im Krafthaus überwindet das Triebwasser eine Bruttofallhöhe von 256 m. Das Einzugsgebiet des Kraftwerks Eisenhutgrabenbach beträgt in etwa 1,9 km². Die Wasserfassung wurde mit einem Grundablass, einem festen Wehr als Überfallsektion im Hochwasserfall und einem „Grizzly“-CoandaRechen mit anschließendem Schwallbecken ausgeführt. Durch das Selbstreinigungsprinzip des Coanda-Rechens des Südtiroler Stahlwasserbauprofis Wild Metal kommt die Anlage ohne zusätzliche Rechenreinigungsmaschine aus. Das zum Einsatz kommende Modell „Grizzly Protec 1300“ besteht aus einem höchst robusten Schutzrechen und darunter liegenden Feinsieb mit Coandawirkung, welches aus einem speziellen abriebbeständigen Edelstahl hergestellt wird. Durch den Coanda-Effekt – Flüssigkeit folgt einer Oberfläche – kombiniert mit dem Abscher-Effekt der Profilstäbe fließt das klare Wasser in die Fassung und verhindert somit das Eindringen von Sedimentpartikeln, die größer als 0,02 mm ausfallen und die Laufradbecher beschädigen könnten. Laub, Baumnadeln oder kleinere Holzstücke werden dadurch automatisch mit dem Fließgewässer weiter transportiert. Zusätzliche Sicherheit gewährleistet eine an der Wasserfassung platzierte Videokamera, wodurch die Betreiberin auf Knopfdruck stets die Wasserfassung im Auge behalten kann.

Das Feinsieb des Coanda-Rechens lässt nur klares Triebwasser passieren. Selbst winzige Fremdkörper haben keine Chance, bis zur Turbine zu gelangen.

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Technische Daten

Endgerät kann die Betreiberin jederzeit online sämtliche wichtige Parameter der Steuerung abfragen und gegebenenfalls anpassen. GESUCHT: MEHR FRAUEN FÜR DIE WASSERKRAFT Das in Stahlbetonbauweise errichtete Krafthaus befindet sich orographisch am linken Ufer des Eisenhutgrabenbachs. Es wurde wie die Wasserfassung durch die Firma Guster errichtet und mit einem Satteldach sowie einer Lärchenholzschalung versehen. Nach

Rund 1 GWh saubere Energie erzeugt das Kraftwerk Eisenhutgrabenbach in einem Regeljahr mit der 3-düsigen Pelton-Turbine. Selbst bei einer Beaufschlagung von nur 5 % produziert die Maschine weiterhin Strom. Foto: MBK

LEITTECHNIK VON PROFIS Im Krafthaus sind neben dem Hydraulikaggregat zur Düsensteuerung noch die elektrotechnischen Komponenten untergebracht. Für die Umsetzung der Leittechnik sowie die Kraftwerkssteuerung setzte die Betreiberin auf die Kompetenz des E-Technik-Spezialisten MBK aus dem südoststeirischen Ilz. Das Team von Josef Berghold und Christian Mund hat in den vergangen 10 Jahren eine Vielzahl von Kleinanlagen in der „Grünen Mark“ mit der nötigen E-Technik ausgestat-

tet und dadurch enormes Know-how angesammelt. Das Angebot von MBK zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass man ausschließlich auf Bauteile bewährter Hersteller setzt, wodurch ein stabiler und reibungsloser Kraftwerksbetrieb ermöglicht wird. Für das KW Eisenhutgrabenbach stellte man die komplette elektrotechnische Ausrüstung in Form von Transformator, Energieverteilung, Turbinenregelung und Mittelspannungsanlage bereit. Selbstverständlich ist die Anlage durch Internetanbindung auch aus der Ferne regelbar. Über PC oder ein mobiles Foto: zek

Düsen ausgestatte und einem Hitzinger Generator gekoppelte Pelton-Turbine aus dem Hause Andritz Hydro. Die Düsen sind in horizontaler Richtung rund um das Turbinengehäuse angeordnet und leiten den Wasserstrahl durch einen Hydraulikantrieb auf die Laufradbecher. Mit dieser Maschinenkombination lässt sich auch im Winter bei einem massiv verringerten Wasserdargebot von lediglich 5 % der Normalwassermenge ein geregelter Kraftwerksbetrieb aufrechterhalten. Somit kann die Maschine auch bei kleinstem Durchfluss am Netz gehalten werden, wodurch in der kalten Jahreszeit keine aufwändige Entleerung der Leitung nötig wird. Zum ersten Mal „angedreht“ wurde am KW Eisenhutgrabenbach am 4. September des Vorjahres. Bei einem Ausbaudurchfluss von 150 l/s und einer Bruttofallhöhe von 256 m ist sie auf eine Ausbauleistung von 320 kW ausgelegt. Im Regeljahr wird die Anlage rund 1 GWh Energie erzeugen, genug um 250 Haushalte mit sauberem Ökostrom versorgen zu können.

• Ausbauwassermenge: 150 l/s • Bruttofallhöhe: ca. 256 m • Nettofallhöhe: ca. 242 m • Turbine: Pelton, 3 Düsen • Hersteller: Andritz Hydro • Leistung: 320 kW • Generator: Synchron • Hersteller: Hitzinger • Nennscheinleistung: 360 kVA • DRL DN300 : 890 m duktiler Guss • Hersteller: TRM • Jahresarbeit: ca. 1 GWh Über PC oder mobiles Endgerät hat die Anlagenbetreiberin jederzeit alle wichtigen Kraftwerksparameter im Blick.

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der Turbinierung wird das abgearbeitete Triebwasser vom Krafthaus über einen Unterwasserkanal zurück in den Eisenhutgrabenbach geleitet. Die Energieableitung ins öffentliche Stromnetz erfolgt über eine bereits bestehende Einspeiseleitung der beiden Kraftwerke „KW Rössler am Gastlbach“ und „KW Kreuzer am Katschbach“, die im gesamten Bereich bis zum Einspeisepunkt der E-Werk Schöder GmbH in der Erde verlegt wurde. Ingrid Jauk kann übrigens guten Gewissens als obersteirische Wasserkraftpionierin bezeichnet werden. Sie ist die einzige weibliche Betreiberin eines Wasserkraftwerks im gesamten Bezirk – auch in der gesamten Alpenrepublik sind Frauen als Betreiberinnen eher rar gesät. Ein Beispiel, das im Sinne der erneuerbaren Energie hoffentlich bald Schule macht und weitere Frauen für die aktive Nutzung von hydroenergetischem Potential begeistern kann.

Foto: zek

Nach einer rekordverdächtigen Bauzeit von 4 Monaten konnte am 4. September des Vorjahres zum ersten mal im Krafthaus „angedreht“ werden.

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Foto: VERBUND

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Hoch über dem Donaukraftwerk Jochenstein soll der Speicher für das Pumpspeicherkraftwerk Riedl entstehen. Das Projekt soll eines der größten Infrastrukturprojekte Niederbayerns in den kommenden Jahren werden.

ENERGIESPEICHER RIEDL NÄHERT SICH SCHRITT FÜR SCHRITT SEINER UMSETZUNG Als integraler Baustein einer nachhaltigen Energiezukunft soll im Grenzgebiet zwischen Bayern und Oberösterreich ein unterirdisches Pumpspeicherkraftwerk entstehen – der Energiespeicher Riedl. Geplant wird das Projekt von VERBUND über die Donaukraftwerk Jochenstein AG. Das Bauvorhaben, das mittlerweile eine lange Vorgeschichte vorweist, gilt als eines der wichtigsten zukünftigen Infrastrukturprojekte in Niederbayern und wird maßgeblich zur Stärkung der regionalen Wirtschaft beitragen. Mittlerweile wurden die letzten ergänzenden Unterlagen zum Energiespeicher Riedl und zur Fischwanderhilfe beim Landratsamt Passau nachgereicht, wodurch die Fortsetzung der zweistaatlichen Genehmigungsverfahren ermöglicht wird. Wir haben mit Projektleiter Dr. Dominik Mayr von VERBUND gesprochen, uns über den Status Quo des Projektes und dessen aktuelle Perspektiven, sowie die Bedeutung des spektakulären Bauvorhabens erkundigt. zek: Herr Dr. Mayr, Pläne für ein Pumpspeicherkraftwerk zwischen den Ortschaften Riedl und Gottsdorf gibt es ja schon länger. Wie steht es um die jüngere Geschichte des Projektes und wie sieht der Status quo aus? Mayr: Im Jahr 2009 haben wir mit einer Studie begonnen, um nochmals die bestehenden Pläne für das Projekt Energiespeicher Riedl zu optimieren. Im Zuge dessen haben wir erkannt, dass sich die Anlage sehr gut wirtschaftlich darstellen lässt und haben dann das sogenannte Raumordnungsverfahren in Deutschland absolviert. Danach haben wir im nächsten Schritt das sogenannte Planfeststellungsverfahren in Deutschland ausgearbeitet – das entspricht der

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in Österreich bekannten Umweltverträglichkeitsprüfung - und haben nun die Nachreichunterlagen beim Landratsamt Passau, der zuständigen Genehmigungsbehörde für das Projekt, nachgereicht. Wir gehen davon aus, dass es in den nächsten Monaten zur öffentlichen Auslegung der Unterlagen kommt und nachfolgend zur öffentlichen Erörterung. zek: Betrifft das Projekt nur die deutschen Behörden? Mayr: Alle Anlagen des Energiespeichers Riedl liegen sowohl in der Bauphase als auch im Betrieb auf deutschem Staatsgebiet. Sehr wohl

gibt es aber Auswirkungen auf österreichisches Staatsgebiet – und deswegen ist es im Rahmen der grenzüberschreitenden Genehmigungsphase vorgesehen, die österreichischen Behörden hier mit einzubinden. zek: Wann, glauben Sie, wird es zum Baubeginn kommen? Mayr: Wir sind derzeit eben dabei, das Genehmigungsverfahren durchzuführen und demnächst auch abzuschließen. Wir werden dann nochmals eine Wirtschaftlichkeitsprüfung des gesamten Projektes durchführen – und wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist, würden wir mit dem Bau beginnen.


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Gesamtübersicht über das Kraftwerksprojekt

Grafik: VERBUND

zek: Warum wird die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht schon vorher gemacht, dann könnte man sich doch eventuell die ganzen Genehmigungsverfahren ersparen? Mayr: Üblicherweise zieht man bei derartigen Projekten ständig die Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit. Die Randbedingungen, wie hinlänglich aus den Medien bekannt, ändern sich ständig. Und damit schwanken auch die Wirtschaftlichkeitskennzahlen, die wir erarbeiten. Mit dem Bau wird natürlich nur begonnen, wenn diese Rentabilität gegeben ist. zek: Welche Faktoren werden zur Wirtschaftlichkeitsprüfung herangezogen? Mayr: Ganz klar natürlich die Errichtungskosten, dann die Bauzeit und die zu erzielenden Erlöse. Solche Projekte haben immer einen Horizont von circa 100 Jahren, wenn man also an die baulichen Anlagenkomponenten denkt. Maschinen sind in ihrer Lebensdauer eher kürzer anzusetzen. Dann muss man in eine solche Entscheidung die zukünftige Entwicklung mit einbeziehen.

Foto: zek

zek: Welche technischen Spezifikation stechen beim geplanten PSKW besonders hervor? Mayr: Erstens entnehmen wir das Wasser aus der Donau. Das heißt, wir brauchen für den Betrieb des Energiespeichers Riedl kein Unterbecken, wie es im klassischen Sinn bei Pumpspeicherkraftwerken vorhanden sein muss. Auffällig im positiven Sinne ist auch die ausgezeichnete Geologie. Das Gneisgebirge hier ist ideal geeignet, um die Bauwerke sicher herzustellen. Wir haben auch im Oberbeckenbereich eine natürliche Geländemulde, in dem wir das Ringdammbauwerk für das Oberbecken im schonenden Massenausgleichsverfahren errichten können. Dadurch können wir die Belastungen für die Bewohner und Anrainer durch Lkw-Fahrten und damit verbundene Staubentwicklung deutlich reduzieren. Zudem können wir auch noch auf den Vorteil des kurzen Abstands zwischen Unter- und Oberbecken verweisen – und das drückt sich wieder in einer ausgezeichneten Wirtschaftlichkeit aus: Es liegt ein Wälzwirkungsgrad in der Größenordnung von ca. 78% vor – das ist einer der besten Werte, die man mit solchen Anlagen erzielen kann. Im Hinblick auf die Infrastruktur ist festzuhalten, dass ein Verkehrswegenetz vorliegt, das keiner Erweiterung bedarf. Das heißt, wir kommen mit den vorhandenen Straßen aus, es müssen keine neuen gebaut werden. Und wir können die Schifffahrtsstraße Donau für Schwertransporte verwenden, können die schweren Teile mit dem Hallenkran des bestehenden KW Jochenstein abladen und an Ort und Stelle bringen. Der letzte Punkt betrifft den Aspekt der Energieableitung: Es gibt eine besetehende Hochspannungsleitung vom KW Jochenstein, die wir mitbenützen können um die zusätzlichen 300 MW abzu-

Projektleiter Dr. Dominik Mayr ist überzeugt, dass das Projekt Energiespeicher Riedl in naher Zukunft realisiert werden kann.

FACTBOX – Energiespeicher Riedl In einer Senke zwischen den Ortschaften Riedl und Gottsdorf soll ein 4,23 Millionen Kubikmeter Wasser fassender oberer Speichersee entstehen, der als Energiespeicher dient. Das Wasser stammt aus der nahen Donau und wird in Zeiten hoher Einspeisung aus erneuerbaren Energieträgern den Berg hochgepumpt. Wenn der Energiebedarf hoch ist, wird es abgelassen und so wieder Strom erzeugt. Sowohl Leitungen, als auch Kraftwerk sollen unter der Erde liegen. Zwei Pumpturbinen mit einer Leistung von je 150 Megawatt (MW) bei einer Fallhöhe von 340 m werden in Schachtkraftwerkbauweise auf dem bestehenden Kraftwerksgelände installiert. Das Ein- und Auslaufbauwerk des Energiespeichers Riedl wird auf dem Trenndamm ebenfalls auf dem Betriebsgelände des Kraftwerks Jochenstein errichtet. Mit 350 Millionen Euro Kosten, vier Jahren Bauzeit wäre es eines der größten Bauvorhaben in Ostbayern. Der Damm würde 20 m hoch werden und die Seefläche 24 ha groß sein.

Technische Daten

Kraftwerkstyp: Pumpspeicherkraftwerk Max. Durchfluss: 100 m3/s Turbinen: 2 Pumpen, 2 Turbinen Inhalt Speichersee Riedl: 4,2 Mio. m3 max. Pegelschwankung (Speichersee) 20 m Durchfluss Turbinenbetrieb: 100 m3/s Energieinhalt: 3.500 MWh

Gewässer: Donau Fallhöhe: 350 m Gesamtinvestition: 350 Mio. € Seefläche: 24 ha Dammtyp: Ringdamm Durchfluss Pumpbetrieb: 80 m3/s Maschinenleistung: 2 x 150 MW

Aktueller Status quo Genehmigungsunterlagen für den Energiespeicher Riedl vervollständigt: Die Donaukraftwerk Jochenstein AG hat am 26. Februar 2015 die letzten noch ausstehenden Unterlagen eingereicht, die vom Landratsamt Passau im Rahmen des zweistaatlichen Genehmigungsverfahrens zur abschließenden Beurteilung der Vollständigkeit des Projektes Energiespeicher Riedl nachgefordert worden waren. Die gesammelten Antragsunterlagen füllen mittlerweile 63 Ordner. Parallel dazu wurden auch noch die letzten ausstehenden Unterlagen für die geplante Fischwanderhilfe des Donaukraftwerkes Jochenstein an das Landratsamt übermittelt. Damit ist die Behörde in der Lage, die umfassende Prüfung der beiden Projekte im Detail zu starten. Nach der zu Beginn von der Behörde festgestellten positiven landesplanerischen Beurteilung im Raumordnungsverfahren wurden von der Donaukraftwerk Jochenstein AG im Herbst 2012 die umfassenden Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren beim Landratsamt in Passau eingereicht. Im Rahmen der eingehenden Prüfung aller Gutachten wurden von den Behördensachverständigen in der Folge ergänzende Unterlagen für die Bereiche Wasserwirtschaft, Umweltschutz, Fischerei, Schifffahrt sowie Bauwesen nachgefordert. Das Landratsamt Passau prüft ab nun die jetzt gesammelten Unterlagen auf letztgültige Vollständigkeit, um von ihrer Seite in den kommenden Monaten die technische Machbarkeit und die ökologische Verträglichkeit zu prüfen und feststellen zu können. Im Rahmen des Verfahrens ist eine öffentliche Erörterung des gesamten Projektes mit allen Projektbeteiligten und Anwohnern vorgesehen. Rechtzeitig davor werden die Antragsunterlagen in den betroffenen Gemeinden in Bayern und Oberösterreich zur Einsicht- und Stellungnahme ausgelegt.

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Feier für Stollen-Durchschlag

Foto: Wiki / Aconcagua

Der Stauraum des Kraftwerks Jochenstein soll als Unterbecken für das Pumpspeicherkraftwerk Riedl dienen

zek: Würden diese zusätzlichen 300 MW zwischen Österreich und Deutschland aufgeteilt werden? Mayr: Es ist im Regierungsabkommen zwischen den Staaten Bayern und Österreich vorgesehen, dass die Energie jeweils zur Hälfte den beiden Staaten zur Verfügung gestellt werden muss. Das bedeutet, dass jeweils 50% der Energie nach Österreich bzw. Bayern gehen würden. zek:Welche Maschinensätze sollen den zum Einsatz kommen? Mayr: Also, wir haben uns dazu entschlossen, das Beste vom Besten hier zum Einsatz zu bringen. Wir haben ternäre Maschinensätze vorgesehen. Das bedeutet, dass für das Turbinieren eine Francis-Turbine und für das Pumpen eine eigen Pumpe vorgesehen sind. Letztere ist mit einem Wandler gekoppelt, und der Motorgenerator treibt dieses System an bzw. bezieht eben die Energie daraus. Der große Vorteil dabei ist, dass wir sehr schnell, in ca. 20 – 30 Sekunden, von der vollen Pumpenlast in den 100%igen Turbinenbetrieb übergehen und auch wieder zurückgehen können. zek: Wie schnell kann der Speicher abgefahren werden? Mayr: Der konzipierte Speicherinhalt umfasst rund 3500 MWh – für das Füllen benötigt der Maschinensatz 13 Stunden und für das Entleeren 11 Stunden. zek: Wie ist um die Akzeptanz der Bevölkerung beim geplanten Pumpspeicherkraftwerk Riedl bestellt? Mayr: Wir haben auf Grundlage des Vorgängerprojekts, das nicht verwirklicht wurde, angenommen, dass es beim Projektstart Vorbehalte und Ängste von Seiten der Anwohner geben kann und wird. Deswegen haben wir uns früh dazu entschlossen, sehr umfassend zu informieren. Wir haben das nicht nur mit Bürgerinformationen, Homepages, Presseaussendungen gemacht. Darüber hinaus haben wir auch bestehende Pumpspeicherkraftwerke, die in Betrieb sind, auf Wunsch der Anrainer des Energiespeichers Riedl gemeinsam mit jenen Anwohnern, die sich dafür interessiert haben, besichtigt. So waren wir beispielsweise bei der Speicherbaustelle Waag in Hieflau. Und ich muss sagen, gerade dieser Besuch hat uns bei der Akzeptanz der Anrainer sehr geholfen. Sie konnten dabei sehr gut sehen, wie der Herstellungsprozess verläuft. Ich bin der Meinung, dass wir heute auf dem Stand sind, dass wir alle sehr gut informiert haben und die Ängste und Vorbehalte, die natürlich bei einem solchen Projekt bestehen, zu einem Großteil ausräumen konnten. Dennoch gibt es Grundstücksbesitzer, die Grundstücke im Speicherseebereich besitzen, die sie verpachten. Wir sind seit Anbeginn des Projekts dabei, mit allen Beteiligten Lösungen zu erar-

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beiten und sind noch immer dran. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir zufriedenstellende Lösungen finden werden, um uns mit den Grundstücksbesitzern zu einigen. zek: Von Seiten der Anrainer wird die Diskussion ja zum Teil sehr emotional geführt, es gibt ja zum Beispiel sogar einen Protestsong … Mayr: Das ist richtig. Die emotionale Ebene ist auch grundsätzlich eine wertvolle Ebene. Unsere Aufgabe habe ich aber immer darin gesehen, dass wir die Emotionen herausnehmen und uns auf die Fakten konzentrieren. Je mehr man ehrlich informiert, desto mehr kommt man drauf, dass man akzeptiert wird und die Argumente auch gehört werden. Das ist das Entscheidende, schließlich kann es ja sein, dass Argumente vor lauter Emotionen nicht mehr gehört werden. Wenn man die Emotion herausnimmt und man gehört wird in der Region, ist es nach meiner Erfahrung eigentlich kein Problem. Ich denke nicht, dass es zu Grundstücksenteignungen kommen wird. Vielmehr bin ich überzeugt, dass wir mit den Grundstückseigentümern einvernehmliche Lösungen erzielen können. Das haben wir bisher immer geschafft und werden es auch dieses Mal schaffen. zek: Warum errichtet man das Pumpspeicherkraftwerk nicht einfach an einer anderen Stelle? Mayr: Wir haben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eine umfassende Alternativenstudie angestellt, die sich von Jochenstein über 25 Kilometer bis nach Passau erstreckt hat. Und in der Summe aller untersuchten Parameter – sei es Technik oder auch Umwelt – sieht man klar, dass der Standort Riedl klar zu favorisieren ist. Deswegen wird der Energiespeicher Riedl auch an dieser Stelle errichtet werden. zek:Wie wichtig schätzen Sie den Ausbau von PSKW für die Zukunft ein? Im speziellen für das von der deutschen Bundesregierung ge-

Fotomontage: VERBUND

transportieren bzw. um die Energie für das Pumpen heranschaffen zu können.

Der Speichersee wird harmonisch in die Landschaft integriert.


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Anlagenkonzept im Querschnitt

Foto: EW Stanzertal

steckte Ziel, bis 2030 die Hälfte der erzeugten Energie aus EE zu gewinnen. Mayr: Deutschland hat sich ja mit dem Vorhaben der Energiewende dazu verpflichtet, die erneuerbaren Energieträger, wie Wind- und Sonnenenergie, massiv auszubauen und zu fördern. Das ist der Regierung bisher auch sehr gut gelungen – und das wird auch in Zukunft sehr gut gelingen. Zwei Aspekte hinken aber meiner Meinung nach etwas hinterher. Das sind zum einen die Stromverteilungsnetze und zum anderen die Energiespeicherung. Und in diesem Zusammenhang wird ein solches Projekt wie das unsere dringend benötigt werden. zek: Gegner des Projekts behaupten, dass für das Hochpumpen des Wassers in den Speichersee Atomstrom verwendet werden soll. Können Sie diese Bedenken zerstreuen? Mayr: Einfache Antwort: Wenn 2022 alle deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen, dann geht das Argument ins Leere, denn unsere

Foto: zek

Grafik: VERBUND

Montage der Spülrohre im Entsander

Projektlebensdauer ist auf 100 Jahre ausgelegt. Und von daher kann das gar nicht stimmen. zek: 350. Mio. Euro sollen (2009) in das Projekt investiert werden – welche Summe wurde bereits in die Vorplanungen, Analysen, Gutachten etc. investiert? Mayr: Wir haben bisher einen zweistelligen Millionenbetrag investiert. Wir wollen im nächsten Schritt die Genehmigung einfahren und dann die nächsten Schritte auf Grundlage einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung setzen. zek: Das Projekt befindet sich in einem sehr sensiblen Gebiet, was den Naturschutz anbelangt. In wie weit wird diesem Umstand Rechnung getragen? Mayr: Das stimmt, die Hänge links und rechts der Donau sind sogar Naturschutzgebiete höchster europäischer Stufe – sogenannte FFH-Gebiete (Fauna-Flora-Habitatgebiete). Und die Donau selbst ist ja auch ein FFH-Gebiet. Es

sind 50 Fischarten darin vertreten, die es zu schützen gilt. Wir haben uns dazu entschlossen, die terrestrischen, also die hangseitigen Tiere und Pflanzen dadurch zu schützen, indem wir die Bauwerke unterirdisch errichten, also die Wasserwege in unterirdischen Stollen führen. Bei den Fischen schauen unsere Schutzmaßnahmen so aus, dass wir die Spiegelschwankungen möglichst gering halten und dass wir von Aschach bis nach Jochenstein und von Jochenstein bis nach Passau hinauf, also auf einer Flusslänge von ca. 65 Kilometer, hier ökologische Begleitmaßnahmen in Form von Kiesbänken und Stillgewässern umsetzen. Auf diese Weise können wir mögliche negative Beeinflussungen für die Fische ausschließen. zek: Vielen Dank für das Gespräch! Alles zum Energiespeicher Riedl auf

www.verbund.com/esr/de/

Projektleiter Dominik Mayr steht in der Senke zwischen den Ortschaften Riedl und Gottsdorf, wo der Speichersee errichtet werden soll.

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Fotomontage: Stadtwerke Wörgl

Die Stadtwerke Wörgl und die Egon Dietrich Privatstiftung wollen ein neues Kleinkraftwerk an der Brixentaler Ache errichten. Läuft alles perfekt, könnte es 2017 ans Netz gehen.

IN WÖRGL SOLL EIN NEUES NIEDERDRUCK-KRAFTWERK ENTSTEHEN In einer gemeinsamen Initiative haben sich die Stadtwerke Wörgl und die Egon Dietrich Privatstiftung entschlossen, an der Brixentaler Ache ein neues Kleinwasserkraftwerk zu errichten. Seit Juni 2012 wurden die Pläne dafür vom Haller Ingenieurbüro BERNARD Ingenieure ausgearbeitet, wobei besonderes Augenmerk auf die Hochwassersicherheit und das Feststoffmanagement gelegt wurde. Im Februar dieses Jahres fand die wasser- und naturschutzrechtliche Verhandlung statt. Wenn alles plangemäß verläuft, soll das Kraftwerk 2017 in Betrieb gehen. Die Anlage, deren Umsetzung rund 12 Mio. Euro kosten wird, soll Strom für 2.600 Tiroler Haushalte liefern.

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it viel Umsicht und Fingerspitzengefühl waren die Projektpartner in Wörgl an das Zielvorhaben „Wasserkraftnutzung an der Brixentaler Ache“ herangegangen. Und dies aus gutem Grund: Heute ein neues Kleinwasserkraftwerk im Ortsgebiet in der Nähe von Siedlungen zu errichten, bedeutet längst nicht nur eine große wirtschaftliche Herausforderung. Darüber hinaus gilt es zahlreiche andere Aspekte zu berücksichtigen, die etwa den Hochwasserschutz, die Grundwasserthematik oder diverse ökologische oder landschaftsästhetische Belange mit einschließen. Die Bauherren vertrauten nicht zuletzt deshalb auf die Kompetenz des Haller Planungsbüros BERNARD Ingenieure, das ein mustergültiges Konzept für das Kleinkraftwerk erarbeitete.

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GETESTETES ANLAGENKONZEPT Grundsätzlich handelt es sich bei der geplanten Kleinkraftwerksanlage um ein Niederdruck-Kraftwerk, in dem ein Ausbaudurchfluss von 13 m3/s bei einer Bruttofallhöhe von 17 m genutzt werden soll. Das Trieb-wasser wird über eine Seitenentnahme gefasst und danach über eine 1,43 km lange Druckrohrleitung DN2800 zum Maschinenhaus geführt, in dem eine Kaplan-S-Turbine mit 1,7 MW Leistung angetrieben werden soll. Rund 8,46 GWh soll der Maschinensatz im Regeljahr ans Netz liefern. Hinzu kommt noch eine Wasserkraftschnecke, die als Dotierturbine an der Wehranlage rund 0,51 GWh erzeugen soll. „Vor allem bei Niederdruckanlagen muss bei der Planung besonders darauf geachtet wer-

den, dass an der Wasserfassung möglichst geringe hydraulische Verluste sowie ein bestmöglich optimierter Betrieb gewährleistet sind. Das heißt z.B. eine Minimierung der Stillstandszeiten für Stauraumspülungen“, erklärt dazu die Planerin DDI Regina Mayer von BERNARD Ingenieure. Sie und ihr Team vertrauten im vorliegenden Fall auf ein Konzept der Seitenentnahme, das von BERNARD Ingenieure für ein Wasserkraftwerk an der Ötztaler Ache entwickelt und bereits in einem hydraulischen Modellversuch getestet wurde. Die Wasserfassung besteht aus einem zweifeldrigen Wehr mit Stauklappen, flachen Einlauföffnungen, einem dahinter liegenden, getrennt spülbaren Kiesspülkanal, der Rechenebene mit Horizontalfeinrechen und einem mehrkammerigen Entsander mit


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Foto: BERNARD

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HSR-Abzugsystem. Das Konzept zeichnet sich vor allem durch betriebliche Vorteile aus. So kann bei Hochwasser der Einzug in die Anlage komplett unterbunden werden, wodurch keine Probleme mit eingezogenen Feststoffen entstehen. VERKLAUSUNGSGEFAHR MINIMIERT Vor allem die Hochwassersicherheit der Wehranlage sowie das Feststoffmanagement waren die kritischen Punkte für die Planer aus Hall in Tirol. Der Nachweis der Hoch-wassersicherheit erfolgte mittels kombinierter 2D-/3D-Berechnung. Für die Optimierung der Entsanderanströmung wurde eine 3Dnumerische Berechnung herangezogen. Der Oberwasserbereich, wo die Anströmung zu den Wehrfeldern erfolgt, wurde so gestaltet,

Lasergesintertes 3D-Modell von der Wasserfassung

dass die Verklausungsgefahr auf ein Minimum reduziert werden konnte. Es wurde konkret so konzipiert, dass Baumstämme nicht einhaken bzw. hängen bleiben können. Außerdem wurde als zusätzliche planerische Sicherheitsmaßnahme der Wehrsteg möglichst am unteren Ende der Wehrpfeiler angeordnet und ohne Mittelpfeiler ausgeführt. Letzterer wurde so niedrig wie möglich geplant, sodass dieser bei extremem Hochwasser überströmt werden kann. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Wehrfeld bei einem derartigen Ereignis nicht als Abflussquerschnitt zur Verfügung stehen sollte, kann immer noch ein 100-jähriges Hochwasser mit ausreichendem Freibord abgeführt werden. Im Fall eines Hochwassers stellt die neue Wehranlage durch die Absenkung der

Flusssohle in diesem Bereich eine Verbesserung gegenüber dem aktuellen Hochwassersicherheits-Status-quo dar. Die beiden Stauklappen des zweifeldrigen Wehres sind 9,80 m breit und 2,70 m hoch und können natürlich vollautomatisch betrieben werden. HEIKLE GRUNDWASSERTHEMATIK Für eine Öffentlichkeitspräsentation im Juni letzten Jahres wurde vom Team von BERNARD Ingenieure ein 3D-CAD-Modell der Anlage erstellt und auf dieser Basis ein lasergesintertes Modell in Auftrag gegeben. Im Rahmen dieser Präsentation wurde besonders auf die Anrainerfragen in Hinblick auf das Grundwasser reagiert. Doch darauf waren die Projektwerber bestens vorbereitet. Bereits im Vorfeld waren 18 Messstellen eingerichtet worden, die allesamt einer umfangreichen Beweissicherung dienen sollen. Neben dem ausgedehnten Messnetz wurden auch Berechnungen der Grundwasserströmungen im Stauraum durchgeführt. Um den Einfluss auf das Grundwasser möglichst gering zu halten, sind Spundwände mit dahinterliegenden Drainagen geplant. Zudem wird die Ache unterhalb des Wehrs eingetieft. Um eine möglichst hohe Transparenz zu signalisieren, stellen die Projektwerber sämtliche Messdaten öffentlich einsehbar zur Verfügung. Zur Beweissicherung werden die Messungen auch – und zudem in intensiverer Form – in der Bauphase weitergeführt. „Für die Herstellung der Messsonden und die laufenden Monatsmessungen hat die Projektgesellschaft bisher 18.500 Euro ausgegeben“, erklärt StadtwerkeGeschäftsführer Mag. Reinhard Jennewein.

Fotomontage: Stadtwerke Wörgl

Das Konzept der Wasserfassung mit Seitenentnahme wurde von einem Kraftwerksprojekt an der Ötztaler Ache übernommen, welches in einem hydraulischen Modell getestet wurde.

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Unterwasser-Ansicht des 3-Modells

Ausbauwassermenge: 13,00 m3/s

Bruttofallhöhe: 17,00 m

Turbine: horizontale Kaplan S-Turbine Druckleitung: 1.430 m erdverlegt

Ausbauleistung: 1,7 MW Material: GFK DN2800

Dotationsturbine: Wasserkraftschnecke Bruttofallhöhe Dotationsturbine: 4,20 m

Regelarbeitsvermögen: 8,46 GWh

Ausbauwassermenge: 3,65 m3/s Ausbauleistung: 110 kW

Um die Grundwasserbeweissicherung auch auf weiter flussabwärts gelegene Abschnitte auszudehnen, wurde noch eine zusätzliche Messstelle von Seiten der Betreiber zugesichert. VERBESSERUNGEN FÜR DIE TIERWELT Viel Raum wurde auch den ökologischen Aspekten des Projektes eingeräumt. So wurde eine möglichst naturnahe Gestaltung des Unterwasserkanals angestrebt. Dabei prägen vor allem die einzubauenden Holzpiloten-Steinsporne die Gerinnestrukturierung. Der Lebensraum der Fische wird durch Raubäume und zusätzliche Fischunterstände aufgewertet. Selbstverständlich ist auch eine Fischaufstiegshilfe geplant, die in Form eines Vertical-Slot-Passes ausgeführt werden soll. Für wirbellose Kleinlebewesen werden besondere Standorte wie Totzholz oder Sandbereiche angelegt, um auch diesen Tieren gute Lebensbedingungen zu ermöglichen. In verstärktem Maß trifft dies auch für ein deutlich größeres Tier zu, das ebenfalls von dem Projekt betroffen ist: den Biber. Schon seit einigen Jahren sind die gefräßigen Nager an der Brixentaler Ache heimisch geworden – und verdienen ebenfalls eine Berücksichtigung. Von Seiten der Gewässerökologie und des Naturschutzes wurde daher verlangt, die Auswirkungen des Kraftwerksprojektes auf die Biberpopula-tion vor Ort zu dokumentieren und zu untersuchen. Dabei räumten die Experten bereits ein, dass der Kraftwerksbau dem natürlichen Lebensraum des Bibers nicht zuwiderläuft – und beides Platz hat. „Durch den Kraftwerksbau wird sich der Lebensraum für die Biber sogar verbessern. Allerdings müssen wir ihn während der Bauphase füttern“, räumt Jennewein ein.

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Foto: Jürgen Treiber_pixelio.de

Technische Daten

Der Biber ist an der Brixentaler Ache heimisch. Dank eines ausgereiften ökologischen Konzeptes sollte das neue Kraftwerk den Lebensraum des Nagers nicht negativ beeinflussen.

STROM AUS DEM DOTATIONSWASSER Entscheidend für die ökologische Güte in der Ausleitungsstrecke ist das verbleibende Restwasser. Die Dotationsmenge richtet sich daher strikt nach der jahreszeitlich bedingten Verteilung des natürlichen Abflusses – und ist derart großzügig bemessen, dass der Lebensraum sowohl für die Fischwelt als auch für Kleinstlebewesen und Mikroflora nur in äußerst geringem Maß beeinflusst wird. In ökologischem Sinne gut verträglich und zudem wirtschaftlich sinnvoll stellt sich die Installation der Dotierwasserturbine dar, die auf eine Ausbauwassermenge von 3,65 m3/s ausgelegt ist. Mit einer Ausbauleistung von 110 kW wird die Wasserkraftschnecke an der Wehranlage im Durchschnittsjahr etwa eine halbe Million kWh sauberen Strom beisteuern. Das reicht immerhin aus, um mehr als 100 Vier-PersonenHaushalte zu versorgen. MEHRWERT FÜR DIE BEVÖLKERUNG Auch in Hinblick auf den gesellschaftlichen Mehrwert kann das Kraftwerksprojekt punkten. Gerade der naturnah gestaltete Unterwasserkanal wird sich positiv auf den Naherholungs-Charakter entlang der Ache auswirken. Darüber hinaus bekommen die Radfahrer eine neue Radwegbrücke. Das Krafthaus selbst soll mit großen Schaufenstern so transparent gestaltet werden, dass interessierte Passanten einen Blick auf das technische Innenleben der Anlage werfen können. Noch steht das Projekt an der Brixentaler Ache an seinem Beginn. Aber wenn das Vorhaben reibungslos umgesetzt werden kann, dürfen sich die Tiroler Gemeinde Wörgl und die Betreibergesellschaft vermutlich schon 2017 über einen weiteren zuverlässigen Ökostromerzeuger freuen.


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Foto: zek

Alles war bereit für die feierliche Einweihung der Standortserweiterung des Wasserkraftspezialisten Kössler in St. Georgen am Steinfelde. Ein Galadinner und diverse Showeinlagen rundeten das Event ab.

KÖSSLER FEIERT STANDORTERWEITERUNG IM RAHMEN SEINES DRITTEN KLEINWASSERKRAFT-SYMPOSIUMS Zwei Tage Kleinwasserkraft in allen Facetten: Am 7. und 8. Mai öffnete der niederösterreichische Wasserkraftspezialist Kössler die Pforten für sein bereits drittes Kleinwasserkraft-Symposium, das unter dem Motto „Kunden für Kunden – Experten für Experten“ stand. Dabei nutzten die Verantwortlichen von Kössler sowie der Mutterfirma Voith Hydro die Gelegenheit, mit den zahlreichen, aus der ganzen Welt angereisten Kunden, ihren Mitarbeitern, Vertretern der Politik und Geschäftspartnern einen echten Meilenstein in der Firmengeschichte von Kössler zu feiern: die Einweihung des neuen WasserkraftTechnikzentrums und der neuen Fertigungshalle für die Endmontage am Standort St. Georgen am Steinfelde. Als Kompetenzzentrum für die Kleinwasserkraft wurde damit eine neue Ära eingeläutet.

„J

oin Small Hydro Experience“, so lautete der Titel der Veranstaltung. Und tatsächlich waren zahlreiche Gäste aus der ganzen Welt dieser Einladung gefolgt, um bei der dritten Auflage des Kössler Kleinwasserkraft Symposiums mit dabei zu sein. Das Motto „Kunden für Kunden – Experten für Experten“ war schon zuvor ausgezeichnet angenommen worden. Bereits beim Kundenevent 2012 in Zell am See war es den Veranstaltern gelungen, mit diesem neuen Veranstaltungsformat eine interessierte Zielgruppe anzusprechen und

viel positive Resonanz mitzunehmen. Nun, drei Jahre später trafen sich Kunden und Experten im DC City Hotel St. Pölten, um sich über Kleinwasserkraftthemen auszutauschen, neue Lösungen zu erfahren, interessante Vorträge mitzuerleben und um Branchenkontakte zu pflegen. Dementsprechend war das Programm für die beiden Veranstaltungstage am 7. und 8. Mai dieses Jahres gestaltet. Während Tag eins ganz im Zeichen der Projektpräsentationen sowie der abendlichen Eröffnungsfeier am Firmenstandort von Kössler stand, sah Tag zwei eine

Foto: zek

Das Kleinwasserkraft-Symposium stand einmal mehr unter dem Motto „Kunden für Kunden - Experten für Experten“.

spannende Exkursion zum traditionsreichen Wasserkraftwerk Opponitz der Wien Energie in Ybbs vor. POTENZIALE NICHT ERSCHÖPFT Traditionsgemäß gehörte die Begrüßungsrede des Geschäftsführers von Kössler, Josef Lampl, dazu, der in seinem Rückblick auf die vergangenen drei Jahre auch durchaus kritische Worte fand: „Die versprochene Energiewende verläuft anders als geplant, was soviel heißen mag, dass die Reduktion des CO2 Austoßes nicht erreicht wurde, dafür gibt es ein Ungleichgewicht zwischen überförderten Energieerzeugungsformen und den traditionellen wie der Wasserkraft. Dabei sind die Folgen des Klimawandels unübersehbar. Schon jetzt wird der jährliche Schaden alleine in Österreich mit 1 Mrd. Euro beziffert. Bis 2050 sprechen die Experten von 9 Mrd. pro Jahr“. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Bedeutung der Wasserkraft, die in Europa und weltweit durchaus Zukunft habe. „Wasserkraft ist die zuverlässigste, effizienteste und am besten prognostizierbare Form der erneuerbaren Energien. Die Potenziale sind keineswegs erschöpft, nicht hier Juni 2015

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Fotos: zek

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Foto: zek

DI August Lemmerer, Energie AG Oberösterreich

Jahn Bruhn, RWE Innogy Ingo Preiss, KELAG

Ing. Werner Panhauser, Hydroconstruct GmbH

Kössler Geschäftsführer Josef Lampl begrüßte die zahlreichen Gäste im DC Hotel in St. Pölten

BETREIBER PRÄSENTIEREN EIGENE PROJEKTE Die nächste Projektpräsentation stammte aus Schweden. Betreiber Magnus Edvinnson stellte dabei ein Umbauprojekt eines Kraftwerks aus den 1920ern vor, bei dem letztlich die betagte Francis-Turbine durch eine moderne Kaplan-Turbine aus dem Hause Kössler ersetzt wurde. Das erfreuliche Ergebnis des Projektes zeigte, dass die Jahresproduktion der Anlage um nahezu 100 Prozent erhöht werden konnte. Höchst interessant auch der folgende Vortrag, der das Auditorium in rot-weiß-rote Gefilde führte. DI August Lemmerer, von der Energie AG Oberösterreich, schilderte in eloquenter Manier das umfassende Revitalisierungsprojekt Stadl Paura an der Traun. Grundsätzlich wur-

Führung durch äußerst saubere Werkshallen

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den im Rahmen des Komplett-Umbaus die drei alten Francis-Turbinen durch zwei neue Kössler-Kaplan-Turbinen ersetzt. Mit welchem Aufwand und unter welchen ökologischen Rahmenbedinguntgen die Umsetzung gelang, konnte der Referent auf spannende Weise vermitteln. Besonders interessant war auch der Vortrag von Heinrich Winter, der den Umbau des Traditionskraftwerks Riedinger an der Wertach zum Thema hatte. Was dabei besonders beeindruckte, war der Umstand, dass der Betreiber um eine Lösung rang, das optische Erscheinungsbild im Inneren des Maschinenhauses – geprägt durch eine Jugendstiltreppe – zu bewahren. Gemeinsam mit den Ingenieuren der Firma Kössler ist es dabei gelungen, eine möglichst dezente Kraftwerkslösung zu erreichen, die beides vereint: effiziente Stromerzeugung und ein optisch ansprechendes Erscheinungsbild. FÜHRUNG DURCH PRODUKTIONSWERK Ing. Werner Panhauser präsentierte in weiterer Folge das spektakuläre Kleinwasserkraftprojekt Gudauri in Georgien, es folgte ein Referat über das Kraftwerk Bistrica in Montenegro durch Milan Perović. Den Abschluss der Projektpräsentationen bildeten das Kraftwerk Kalliokoski in Russland, sowie die Kraftwerke Capra/Buda in Rumänien. Einmal mehr zeigte sich dabei, dass das Konzept „Kunden für Kunden – Experten für Experten“ ein ansprechendes ist. Schließlich hat jeder Kunde andere Zugänge zu seinem Kraftwerksprojekt, hat eigene, teils

Georg Neuber stellt sich den Fragen der Gäste

Eine Peltonturbine auf der Wuchtmaschine

Fotos: zek

in Österreich, nicht in Europa und schon gar nicht weltweit“, sagte Lampl unter Applaus des Publikums. Im Anschluss an die Begrüßungsrede starteten die Projektpräsentationen, die in diesem Jahr nach Großbritannien, Skandinavien, die DACHRegion, nach Osteuropa und Russland führten. Den Auftakt machte die Vorstellung des Revitalisierungsprojektes Dolgarrog in Wales, das am Rande des „Snowdonia-Nationalparks“ umgesetzt wurde. Dabei spielte gerade die Beherrschung der transienten Bedingungen – also die Druckstoßthematik – eine wichtige Rolle. Kössler lieferte nicht nur die neue, moderne 10 MW-Francis-Turbine, sondern auch die entscheidende technische Lösung für eine sichere Beherrschung der transienten Bedingungen und weiterer Aufgabenstellungen.


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Foto: Kössler

„ERWARTUNGEN ÜBERTROFFEN“ Unter Beisein von Kunden, Geschäftspartnern, der lokalen Politik, der Geschäftsführung von Voith und Kössler sowie den Mitarbeitern wurde der Neubau offiziell eingeweiht. Josef Lampl hob in seiner Festrede hervor, dass die Investition in die Standorterweiterung ein deutliches Bekenntnis von Voith in den Standort Österreich, ein Bekenntnis zur Kleinwasserkraft und zur Zukunft der

Wasserkraft sei. Dem konnte Dr. Roland Münch, Vorsitzender der Geschäftsführung von Voith Hydro nur beipflichten. „Im Zuge der Fusion der beiden Unternehmen hatten Herr Lampl und ich uns damals zusammengesetzt und ein Bild entworfen, wie die gemeinsame Zukunft aussehen könnte. Heute haben sich diese Vorstellungen und Erwartungen erfüllt, ja wurden sogar übertroffen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir hier ein hervorragendes Team mit einer hohen Produktidentifikation und eine tolle Geschäftsführung haben, wodurch sich eine runde Einheit ergibt. Produkte von Kössler haben eine hohe Qualität, werden vor Ort gefertigt und ‚on time‘ geliefert – und verfügen zudem heute über die weltweit gültigen Qualitätsstandards von Voith.“ Münch streicht auch die ausgezeichneten Beziehungen der Mitarbeiter zu ihren teils langjährigen Kunden hervor. Dies hätte auch die Teilnahme von 120 Kunden an der Veranstaltung bestätigt, die nur zur Hälfte deutschsprachig und zum Teil von weit weg angereist waren. MAN PLATZTE AUS ALLEN NÄHTEN „Mit der Freigabe der Investition in den Neuund Ausbau hier in St. Georgen demonstrie-

Foto: zek

ren wir, dass wir bei Voith an die Kleinwasserkraft glauben, trotz aller Herausforderungen, welcher die Wasserkraft im Besonderen im europäischen Umfeld im Moment ausgesetzt ist“, sagte Roland Münch. Die Standorterweiterung begründet der Vorsitzende der Geschäftsführung von Voith mit dem Erfolg von Voith und Kössler in den letzten Jahren. „Kössler hat sich auf einem schwieriger werdenden Markt erfolgreich behauptet, hat neue Märkte erschlossen – hat sogar in Afrika Projekte realisiert. Das hohe Projektvolumen konnte nicht mehr in den alten Räumlichkeiten abgewickelt werden“, sagte Roland Münch und stellte abschließend die Frage: „Was kann es Schöneres geben, wenn ein Ausbauprojekt unter derartigen Vorzeichen durchgeführt wird? Wir haben es gerne getan.“ Ein Galadinner und Showeinlagen machten die feierliche Einweihung zu einem Fest, an das alle Beteiligten noch gerne zurückdenken werden. Abgerundet wurde das zweitägige Kleinwasserkraft Symposium durch die Exkursion zum traditionsreichen Kraftwerk Opponitz, das erst vergangenen Herbst neu eröffnet worden war. Foto: Kössler

Roland Münch, Geschäftsführung Voith Hydro, gratuliert Kössler zur hervorragenden Entwicklung in den letzten Jahren.

spezielle Motive und hängt üblicherweise auch emotional an seinem Projekt. Dies – so der einhellige Tenor vieler Teilnehmer – macht einen Großteil des Reizes dieser Projektpräsentationen aus, die in englischer oder deutscher Sprache gehalten und simultan übersetzt wurden. Doch mit dem Abschluss des Vortragsprogramms war der erste Tag des Kundenevents nicht zu Ende. Im Gegenteil, im Anschluss ging es mit Bussen zum Firmenstandort von Kössler nach St. Georgen, wo eine bestens organisierte Unternehmensführung auf dem Programm stand. Danach erwartete die Gäste der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung, die feierliche Einweihung der Standorterweiterung.

Ein spektakuläres Showprogramm sorgte für Begeisterung beim Publikum.

Foto: Kössler

Ehrung für Herrn Werner Braun für sein außergewöhnliches Engagement im Zuge der Erweiterungsarbeiten am Standort.

Tag 2 des Kleinwasserkraft-Symposiums führte die Besucher zum Kraftwerk Opponitz.

Auch das jüngst revitalisierte Traditionskraftwerk erfreute sich großen Interesses der Teilnehmer.

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Grafik: CLENS

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Steuerbare Wasserkraftwerke sind hervorragend dafür geeignet, negative Tertiär- und Sekundärregelleistung anzubieten. Für die Vermarktung von Regelenergie vernetzt CLENS dezentrale Erzeugungsanlagen in einem virtuellen Kraftwerk.

AUCH KLEINWASSERKRAFTWERKE KÖNNEN AM REGELENERGIEMARKT PARTIZIPIEREN Als einer der ersten Betreiber eines virtuellen Kraftwerks hat Clean Energy Sourcing (CLENS) die Präqualifikation für die Teilnahme am Regelenergiemarkt in Österreich erhalten. Bisher wurde die Nachfrage nach Regelenergie, die notwendig ist, um jederzeit eine stabile Netzfrequenz von 50 Hertz sicherzustellen, in der österreichischen Regelzone fast ausschließlich von großen Kraftwerken bedient. Durch das Pool-Konzept von CLENS können nun auch kleinere, dezentrale Erzeugungsanlagen und Verbraucher zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität beitragen und somit wirtschaftlich am Regelenergiemarkt partizipieren. Wie das funktioniert und welche Chancen sich für österreichische Kleinwasserkraftbetreiber bieten, hat uns Jonas Zingerle in einem Gespräch erklärt. Er verantwortet bei Clean Energy Sourcing den Aufbau des virtuellen Kraftwerks in Österreich. zek: Clean Energy Sourcing hat jüngst in Österreich Aufsehen durch die Präqualifikation für die österreichische Regelzone erregt: Können Sie unseren Lesern ein Kurzportrait Ihres Unternehmens geben? Zingerle: Clean Energy Sourcing, oder kurz: CLENS, ist einer der führenden Versorger und Vermarkter von Grünstrom im deutschsprachigen Raum. Wir beliefern Kunden zum einen mit zertifiziertem Grünstrom. Auf der anderen Seite vermarkten wir Strom aus Erneuerbaren Energien und sind hierbei mit einem Erzeugungsportfolio von über 3,5 GW führend am Markt. Neben der klassischen Stromvermarktung nutzen wir auch die Flexibilität von Stromerzeugern und -verbrauchern und bieten diese gebündelt über unser virtuelles Kraftwerk am Regelenergiemarkt an. Wir sind froh, dass wir als einer der ersten Poolanbieter überhaupt nun auch am Österreichischen Regelenergiemarkt die Präqualifikation erhalten haben und im April mit der Vermarktung starten konnten. zek: In Deutschland liegt Ihre Präqualifikation bereits seit 2012 vor. Wie sehen hier Ihre Erfahrungen der letzten drei Jahre aus? Zingerle: Auch in Deutschland waren wir damals einer der ersten Poolanbieter am Regelenergiemarkt. Heute sind wir in allen vier deutschen Regelzonen präqualifiziert und tragen mit unserem virtuellen Kraftwerk zur Stabilität im Stromnetz bei. Wir beobachten dabei, dass die Entwicklung der Regelenergiemärkte sehr dynamisch voranschreitet, insbesondere mit Blick auf die technischen und regulatorischen Bedingungen. Entsprechend haben wir unser virtuelles Kraftwerk laufend weiterentwikkelt. Die verschiedenen Erfahrungen der letzten Jahre haben uns sicherlich auch bei der Präqualifikation in Österreich geholfen. zek:Wie funktioniert der Regelenergiemarkt und welche Rolle spielen dabei virtuelle Kraftwerke? Zingerle: Im Stromnetz muss physisch stets das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch gehalten werden. Droht dieses Gleichgewicht

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aus den Fugen zu geraten, werden kurzfristig Kraftwerke zu- oder abgeschaltet, je nachdem ob zu wenig oder zu viel Strom im Netz ist. Genauso können auch flexible Verbraucher gesteuert werden um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Da eine eigenständige Teilnahme von kleinen dezentralen Anlagen am Regelenergiemarkt aber nicht möglich ist, poolen wir viele kleine Aggregate in einem virtuellen Kraftwerk und ermöglichen ihnen somit am Markt zu partizipieren. zek: Wie funktioniert die Teilnahme am virtuellen Kraftwerk mit einem Kleinwasserkraftwerk? Zingerle: In unserem virtuellen Kraftwerk erbringen die Kleinwasserkraftwerke im Bedarfsfall negative Regelenergie. Das heißt, tritt eine Überspeisung und eine damit einhergehende Überfrequenz im Netz auf, wird das Kraftwerk kurzfristig heruntergeregelt. Für die reine Vorhaltung dieser Flexibilität erhält der Betreiber einen Bereitstellungspreis – die Stromproduktion aus dem Kleinwasserkraftwerk läuft dabei ganz normal weiter. Nur wenn tatsächlich ein Abruf der Regelleistung durch den Regelzonenführer, in Deutschland als Übertragungsnetzbetreiber bezeichnet, erfolgt, wird das Kraftwerk heruntergeregelt. In diesem Fall wird dem Kraftwerksbetreiber für die erbrachte Regelarbeit zusätzlich ein Arbeitspreis ausgezahlt. Die Einnahmen aus der Regelenergievermarktung können für den Betreiber einen deutlichen Zusatzerlös darstellen. zek: Wie und von wem wird die Tauglichkeit und Qualifikation für die Teilnahme am Regelenergiemarkt geprüft? Und welche sind dabei die wesentlichen Kriterien? Zingerle: Kleinwasserkraftwerke sind generell sehr gut für die Teilnahme am Regelenergiemarkt geeignet, da sie die technischen Voraussetzungen mitbringen, um auf unsere Anforderung hin schnell zu reagieren. Allerdings muss die technische Eignung jedes einzelnen Kraftwerks zunächst gegenüber dem Regelzonenführer bewiesen werden. So muss ein Kraftwerk


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Foto: CLENS

In Österreich können jene Kleinwasserkraftwerke am Regelenergiemarkt teilnehmen, die keinen OeMAG-Fördertarif in Anspruch nehmen.

Foto: zek

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Jonas Zingerle verantwortet bei Clean Energy Sourcing den Aufbau des virtuellen Kraftwerks in Österreich.

für die Teilnahme am Minuten- oder Tertiärregelmarkt in einem Test zeigen, dass es seine Leistung innerhalb von 10 Minuten auf das vorgegebene Niveau steuern, dort stabil halten und anschließend ebenfalls innerhalb von 10 Minuten wieder auf das Ausgangsniveau zurückbringen kann. Diesen Hub muss ein Kraftwerk zweimal hintereinander durchführen können, um den Test zu bestehen – dies wird dann Doppelhub genannt. Sofern die Leistungsvorgaben auch innerhalb von 5 Minuten voll erreicht werden, erbringt das Kraftwerk sogar die technische Eignung für die strengere aber ertragreichere Sekundärregelreserve. zek: Wie wird die Kommunikation – angefangen vom einzelnen Ökostromerzeuger über Ihr Leitsystem – bis hin zur Netzleitwarte des Regelzonenführers sichergestellt? Zingerle: Um mit dem Kraftwerk kommunizieren zu können, installieren wir an der Anlagensteuerung eine Fernwirkbox, die über Mobilfunk mit unserem zentralen Leitsystem verbunden ist. Das CLENS-Leitsystem ist wiederum mit dem Leitsystem des Regelzonenführers verbunden, der ständig das Gleichgewicht im Stromnetz überwacht. An die komplette Kommunikationsstrecke werden dabei höchste Sicherheitsanforderungen gestellt. Diese konnten wir im Präqualifikationsverfahren unseres Systems gegenüber dem Regelzonenführer beweisen. Die Kosten für die leittechnische Einbindung in das virtuelle Kraftwerk ebenso wie die Präqualifikation des Kraftwerkes übernimmt dabei CLENS, so dass für den Betreiber kein Aufwand entsteht.

von uns geleisteten Investitionen rechnen, sollten Kraftwerke möglichst eine Engpassleistung von mindestens 500 kW aufweisen. Für den österreichischen Markt gilt derzeit leider: Kraftwerke, die den OeMAG-Fördertarif beziehen, sind von der Teilnahme am Regelenergiemarkt ausgeschlossen. Die Kraftwerke müssen sich in der freien Vermarktung befinden. Diese kann direkt über CLENS laufen, wir vermarkten ja bereits seit vielen Jahren Strom aus Wasserkraft, oder aber über einen anderen Vermarkter. zek: Worin liegen die Stärken Ihres Angebotes? Zingerle: Die Betreiber der Kraftwerke können durch die Teilnahme an unserem virtuellen Kraftwerk beträchtliche Zusatzerlöse generieren. CLENS übernimmt von der Einbindung des Kraftwerkes bis hin zur täglichen Vermarktung

die damit verbundenen Kosten und Leistungen. Der Betreiber erhält von uns somit ein „Rundum-Wohlfühl-Paket“. Zudem profitieren die Betreiber von unserer langjährigen Erfahrung in der Vermarktung von Regelenergie. zek: Sind im österreichischen CLENS-Pool nur Erzeuger aus regenerativen Energieträgern vertreten und wie stellen Sie sich ein weiteres Wachstum des Pools vor? Zingerle: Derzeit sind in erster Linie Kleinwasserkraftwerke in unserem österreichischen virtuellen Kraftwerk verbunden. Der Pool soll nun schrittweise wachsen und zugleich an Vielfalt gewinnen. Neben Kleinwasserkraftwerken, industriellen KWK-Anlagen oder Biomasseanlagen sollen künftig auch größere Verbraucher ihre Flexibilität in den Pool einbringen und so zusätzliche Erlöse generieren können.

zek: Können somit alle Wasserkraftwerke, sofern sie die technischen Voraussetzungen erfüllen, von ihrem Pool profitieren? Zingerle: Im Grunde ja. Doch damit sich die Juni 2015

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Alle Fotos: BKW AG

Der Gewässerpreis 2015 ging an das Kraftwerk Aarberg der BKW AG.

BKW ERHÄLT DEN GEWÄSSERPREIS 2015 FÜR IHR WASSERKRAFTWERK AARBERG Gewinnerin des Gewässerpreises Schweiz 2015 ist die BKW. Sie wird für gelungene Kompromisse zwischen Nutzung und Schutz der Gewässer beim Wasserkraftwerk Aarberg im Berner Seeland ausgezeichnet. Damit geht der Gewässerpreis zum ersten Mal überhaupt an ein Unternehmen der Wasserkraftproduktion. Verliehen wird der Gewässerpreis alle zwei Jahre von Pro Natura, vom Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband SWV, vom Verein für Ingenieurbiologie VIB und vom Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA.

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as Wasserkraftwerk Aarberg liegt am südlichen Rand der Berner Gemeinde Aarberg. Gebaut wurde das Kraftwerk zwischen 1963 und 1968 an der Aare zwischen Bern und dem Bielersee. Es ist mit zwei Kaplan-Turbinen ausgerüstet, die in Summe eine Ausbauleistung von 15 MW aufweisen. Es handelt sich um das erste Laufkraftwerk der Schweiz überhaupt, das die höchste ÖkoZertifizierung – das Label naturemade star – erreicht hatte. Das war im Jahr 2000. Das KW Aarberg wurde als erstes großes Laufkraftwerk mit dem Qualitätszeichen „naturemade star“ ausgezeichnet.

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Diese in der Schweiz höchste Auszeichnung für erneuerbare Energie bezeugt, dass das Kraftwerk Aarberg besonders ökologisch produzierten Strom bereitstellt. Die BKW hat mit ihrem Kraftwerk Aarberg einen Maßstab für eine zukunftsträchtige Wasserkraftproduktion gesetzt, die mit Rücksicht auf die Natur wirtschaftet. Zahlreiche ökologische Aufwertungen rund um das Flusskraftwerk bieten wasserliebenden Tieren und Pflanzen den benötigten Lebensraum.

DAS OPTIMUM IM FOKUS Mit der Verleihung des Gewässerpreises Schweiz 2015 an die BKW wird die Ausgewogenheit zwischen Nutzung und Schutz der Aare durch das Kraftwerk Aarberg gewürdigt. Die BKW hat in Aarberg ein Optimum erreicht zwischen der aussergewöhnlichen Biodiversität und den reichen Ökosystemleistungen, die ein freier Fluss bietet, und den Lebensansprüchen einer modernen Gesellschaft, die sich dank Stromproduktion und

„Vorbildliche Zusammenarbeit mit ver- Christa Markwalder, Vizepräsidentin des schiedenen Akteuren“, Franziska Schwarz, Nationalrats, lobte bei ihrer Laudatio die Vizedirektorin Bundesamt für Umwelt BKW für ihren Einsatz.


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Felix Leiser (alnus.ch), Sekretär BKW-Ökofonds, zeigt ein Beispiel der Ökologisierungsmassnahmen beim Kraftwerk Aarberg.

Hochwasserschutz aus Armut und Gefahren befreit hat. Der Preis soll die Preisträgerin anspornen, weiterhin dieses Optimum zu suchen. Er soll aber nicht zuletzt auch andere Stromproduzenten dazu auffordern, die heimischen Flüsse und Gewässer so zu nutzen, dass sie Menschen und der gefährdeten Tier- und Pflanzenwelt als Erholungs- und Lebensräume erhalten bleiben. Der Gewässerpreis, der im Zwei-JahresRhythmus vergeben wird, wurde dieses Jahr zum siebten Mal verliehen. GELUNGENER SPAGAT ZWISCHEN SCHÜTZEN UND NUTZEN „Die Schweizer Gewässerschutzpolitik strebt einen Kompromiss zwischen Schützen und Nutzen der Gewässer an. Das Bundesamt für Umwelt BAFU freut sich deshalb ganz besonders, dass der Gewässerpreis Schweiz 2015 an ein Unternehmen geht, dem dieser Spagat geglückt ist“, sagte Franziska Schwarz, Vizedirektorin Bundesamt für Umwelt BAFU anlässlich ihrer Festrede.

Die Libelle als Windfahne - entworfen von der Künstlerin Sonya Friedrich steht symbolisch für die Auszeichnung.

Fritz Affolter, Gemeindepräsident Aarberg, erinnerte in seiner Festrede an die ursprüngliche Skepsis in der Bevölkerung vor anstehenden Gewässersanierungen. „Die ersten Resultate haben aber das Eis bei den meisten Bürgern gebrochen. So hat man die weiteren Renaturierungsprojekte willkommen geheissen. Wir Aarberger sind heute stolz auf die zurückgewonnene Natur. Die unterschiedlichen Zonen, die entlang der Alten Aare geschaffen wurden, bieten allen etwas, Mensch wie Tier. Es hat Flachwasserzonen für Kleingetier, es hat Laichplätze für Fische, es gibt Teiche für Amphibien, es gibt Ruhezonen für die Natur und es gibt öffentliche Zonen für den Menschen.“ Als sichtbares Zeichen der Auszeichnung wurde anlässlich der diesjährigen Preisverleihung eine Skulptur enthüllt, die von der bekannten Schweizer Künstlerin Sonya Friedrich entworfen wurde. Sie zeigt die vereinfachte Form einer übergroßen Libelle, die als Windfahne mit fast vier Metern Höhe funktioniert.

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FISCHAUFSTIEG BEIM BAHNSTROM-KRAFTWERK INGOLSTADT GEHT OFFIZIELL IN BETRIEB

Auf einer Länge von 1,2 km überwindet die Fischaufstiegshilfen eine Höhendifferenz von 7,8 m. Dotiert wird die Anlage mit 500 l/s. Pegelschwankungen werden durch vier Absperrschieber geregelt.

ausreichen, um mit einem modernen ICE 3 - Zug bis zu 140 Mal die Erde zu umrunden. In den vergangenen fast 44 Jahren hat der regenerative Dauerläufer in Ingolstadt somit über 5,3 Milliarden Kilowattstunden Bahnstrom geliefert. Damit hat das Kraftwerk im Vergleich zum deutschen Energiemix (695 g CO2 pro kWh) das Klima insgesamt um über 3,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid oder knapp 85.000 Tonnen CO2 pro Jahr entlastet.

Der Einstieg liegt 400 Meter unterhalb des Kraftwerks. Dieser fischgerecht umgebaute und ausgestalte Einstieg wurde an den bereits vorhandenen, etwa einen Kilometer langen, bisher strukturarmen Entwässerungsgraben angebunden.

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Foto: RMD AG, Jan Kiver

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as 1971 in Betrieb genommene Kraftwerk Ingolstadt war das vierte der fünf oberbayerischen DWKKraftwerke. Es nutzt eine Ausbaufallhöhe von 5,1 Meter zur umweltfreundlichen Stromerzeugung für die Deutsche Bahn. Das Kraftwerk verfügt über drei Kaplanturbinen mit einem Laufraddurchmesser von jeweils rund 5,2 Metern und mit einer Ausbauleistung von insgesamt 19,8 MW. Bei einem Wasserdurchfluss von bis zu 500 Kubikmetern pro Sekunde liegt das durchschnittliche Regelarbeitsvermögen bei ca. 122 Millionen kWh pro Jahr. Diese umwelt- und klimafreundliche elektrische Energiemenge aus Wasserkraft würde

Foto: RMD AG, BildschnittTV

Rund 1,6 Millionen Euro und 11 Monate Bauzeit wurden in die Realisierung der neuen hochmodernen Fischaufstiegsanlage am BahnstromKraftwerk in Ingolstadt investiert. Für die Betreiberin, die Donau-Wasserkraft AG, ein weiterer wichtiger Schritt zur Herstellung der kompletten Durchgängigkeit ihrer Kraftwerkskette. Läuft alles nach Plan, so soll dieses Ziel im Jahr 2018 erreicht werden. Doch am 19. Mai 2015 stand erstmal, unter Anwesenheit zahlreicher Gäste aus Politik, Wirtschaft, Behörden und Medien, alles im Zeichen der offiziellen Inbetriebnahme der Anlage in Ingolstadt.

WASSER MARSCH! Ministerialdirektor Dr. Christian Barth, nahm die hoch moderne Fischwanderhilfe der Donau-Wasserkraft AG (DWK) zusammen mit Ingolstädts Oberbürgermeister Dr. Christian Lösel, Professor Dr. Albert Göttle, Präsident des Landesfischereiverbands Bayern e.V, und Werner Raithmayr, Geschäftsführer der DB Energie GmbH, offiziell in Betrieb. Mit einem tatkräftigen Druck auf einen blauen Knopf öffnete sich eines der insgesamt vier Absperrschütze und das Donauwasser konnte in die neue Anlage einströmen. Nach rund 11 Monaten Bauzeit hieß es nun freie Bahn für die Donaufische. ANSPRUCHSVOLLE BAUSTELLE Am 2. Juni 2014 begann der Bau der insgesamt rund 1,2 Kilometer langen Fischumgehung um das Bahnstromkraftwerk Ingolstadt an der Donau. Das Bauwerk überwindet dabei eine Gesamthöhendifferenz von rund 7,8 Meter. Die Herausforderung war, einen bis dahin strukturarmen Entwässerungsgraben aus einem alten Baggersee in ein ökologisch aufgewertetes Fischumgehungsgewässer umzuwandeln und dieses mit einem neu zu bauenden Raugerinne mit einem ebenfalls neu zu bauenden technischen Beckenfischpass zu verbinden. Dieser musste in den bestehenden Stauhaltungsdamm eingebaut und technisch so ausgerüstet werden, dass trotz der mehrmals am Tag schwanken-


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DREI ABSCHNITTE Die Fischaufstiegsanlage wurde flussabwärts betrachtet an der linken Seite des Kraftwerks Ingolstadt errichtet. Sie besteht aus drei miteinander verknüpften Abschnitten: dem Einstieg 400 Meter unterhalb des Kraftwerks. Dieser fischgerecht ausgestalte Einstieg wurde an den bereits vorhandenen, etwa einen Kilometer langen, bisher strukturarmen Entwässerungsgraben angebunden. Durch den Einbau von Wasserbausteinen und der Schaffung von Kieslaichplätzen wurde dieser ökologisch aufgewertet

und in ein Umgehungsgewässer derart umgestaltet, dass er künftig auch als attraktiver Rückzugs- und neuer Lebensraum für Fische und andere Wasserlebewesen dienen kann. Als zweites Element kam das Ausstiegsbauwerk ca. 600 Meter oberhalb des Kraftwerks hinzu. Hier wurde zwischen Segelclubhaus und Ruderclubhaus ein wirkungsvoller, sogenannter technischer Fischaufstieg errichtet: Über 27 abgestufte Betonbecken, die durch 26 Schlitzwände miteinander verbunden sind, können die Fische die 3,50 Meter Höhenunterschied überwinden. Dieser Beckenfischpass wurde wiederum mit einem der Natur nachempfundenen rund 120 Meter langen Raugerinne an den Entwässerungsgraben unterhalb des Baggersees angebunden. Konzeption und Bau der Fischaufstiegsanlage wurde mit den zuständigen Partnern der Stadt Ingolstadt, dem Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt sowie der Fischereifachberatung für Oberbayern eng abgestimmt und von diesen in der ausgeführten Form genehmigt. Die Wander- und Erholungswege in den Donau Auen wurden nach Fertigstellung der Arbeiten wieder hergestellt. Insgesamt wurden etwa 7.000 Arbeitsstunden unfallfrei und ohne verletzungsbedingte Ausfälle geleistet.

Über 27 abgestufte Betonbecken, die durch 26 Schlitzwände miteinander verbunden sind, können die Fische die ersten 3,50 Meter Höhenunterschied überwinden. Daran anschließend folgt ein naturnahes Raugerinne.

Foto: RMD AG, Jan Kiver

den Pegelstände im Stauraum in der Fischwanderhilfe immer konstant optimale Wasserverhältnisse für die Leitfischarten Barbe und Äsche bereitgestellt werden. Gleichzeitig muss der Beckenfischpass für den Huchen als größte und den Gründling als kleinste Leitfischart zur Passage geeignet sein. Die vier regelbaren Einlaufschütze stellen sicher, dass die Anlage trotz der unterschiedlichen Wasserführung der Donau voll automatisch immer mit der ausreichenden Wassermenge von konstant 500 Liter pro Sekunde versorgt wird. Dies ist die für den Betrieb notwendige Wassermenge, damit die Fische problemlos den Aufstieg durchwandern können.

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Alle Fotos: Energie AG

Das technische Kompetenzzentrum der Energie AG in Gmunden steht für Spezialisierung und kundenorientierte Lösungen.

100. GEBURTSTAG FÜR TECHNISCHES KOMPETENZZENTRUM DER ENERGIE AG Vor 100 Jahren wurde in Gmunden mit dem Bau der Gesellschaftswerkstätte von Stern &Hafferl der Grundstein für das heutige technische Kompetenzzentrum der Energie AG gelegt. Waren es zu Beginn überwiegend Service- und Umbauarbeiten an den Triebwägen, so stehen heute in der Werkstatt die Spezialisten für Revisionen und Arbeiten an den verschiedenen Turbinenmodellen und Transformatoren im Mittelpunkt. Heute ist die Werkstatt in Gmunden ein einzigartiges Kompetenzzentrum für die Instandhaltung von Wasserkraftwerken, auf dessen Know-how Unternehmen aus dem In- und Ausland zurückgreifen.

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m Jahr 1911 verfügten die damaligen Elektrizitätswerke „Stern&Hafferl“, das Gründungsunternehmen der heutigen Energie AG Oberösterreich, bereits über einen eigenen, größeren Betriebsmittelpark. Man beschloss, sich mit anderen Unternehmen am Bau der „Vereinigten Gesellschaftswerkstätte“ in Gmunden zu beteiligen. Im Bereich des alten Kraftwerkes Gmunden wurde eine Liegenschaft erworben, auf denen dann die Werkstätten errichtet und schließlich 1914 in Betrieb genommen wurden. Schwerpunkt der Tätigkeit war in den ersten Jahren noch der Umbau der unternehmenseigenen Triebwagen aus dem Bereich der Verkehrsbetriebe, Service und Wartung von Anlagen aus dem Kraftwerksbereich spielten damals noch eine untergeordnete Rolle.

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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Werkstätten von 1946 bis 1949 durch Zuund Umbauten neu errichtet und der damaligen OKA-Betriebsdirektion Gmunden zugeordnet. Das Tätigkeitsfeld verlagerte sich entsprechend dem im zweiten Verstaatlichtengesetz festgelegten Aufgabenbereich hin zu den technischen Leistungen rund um die Stromerzeugung in den Kraftwerken und der Stromverteilung im Stromnetz. In den Folgejahren wurde der Werkstättenbereich laufend erneuert und erweitert, um für die notwendigen Instandhaltungsarbeiten am ständig wachsenden und sich verändernden Kraftwerkspark bestmöglich gerüstet zu sein. Energie AG Generaldirektor Leo Windtner hebt die Bedeutung der Einrichtung für das eigene Unternehmen hervor: „Die Energie

AG denkt seit jeher in Generationen und stellt das mit dem technischen Kompetenzzentrum in Gmunden eindrucksvoll unter Beweis – unsere technischen Serviceteams gehören Dank ihrem mehr als 100-jährigen Know-how zu den Besten der Branche und sind ein Aushängeschild des Unternehmens!“ STÄNDIGE VERÄNDERUNG FÜR STÄNDIGE VERBESSERUNG Die Energie AG erkannte früh, dass der Service- und Wartungsbereich für einen reibungslosen und sicheren Betrieb einen zentralen Faktor darstellt. Ständig wurde deshalb auf Erneuerungen, Modernisierungen und kurze, effiziente Arbeitsabläufe geachtet. Diese ständige Veränderungsbereitschaft macht sich auch in der laufenden Anpassung


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Einbau der Kaplan-Turbine beim Kraftwerk Traun-Pucking.

Die Energie AG hat ihr gesammeltes Know-how aus 100 Jahren Erfahrung im Kompetenzzentrum zusammengeführt und zu perfekten Dienstleistungen für Ihre Kunden gebündelt.

der Arbeitsabläufe, aber auch in der umfassenden maschinellen Ausstattung bemerkbar. Erst in den vergangen Jahren wurden alle Werkstättenbereiche gründlich analysiert und nach modernsten Erkenntnissen gestaltet, optimiert und dem Stand der Technik angepasst. Das vorhandene Wissen wurde Kompetenzbereichen zugeordnet. Der Fokus wurde auf den Bereich Wasserkraftinstandhaltung gelegt. Heute sind rund zwei Drittel der insgesamt 42 Mitarbeiter alleine hier tätig. Ein Großteil dieser Instandhaltungsspezialisten ist als Lehrling in die Energie AG eingestiegen und wurde hier zu jenen Fachkräften ausgebildet, die für die Erledigung der anfallenden Servicearbeiten nach dem Energie AG-Qualitätsanspruch erforderlich sind. HÖCHSTE QUALITÄT AUCH BEI TECHNISCHEN DIENSTLEISTUNGEN Diesem Anspruch des Gesamtkonzerns folgend ist auch die Werkstatt, die heute in der Tochtergesellschaft „Energie AG Oberösterreich Tech Services GmbH“ angesiedelt ist, nach ISO-9001 und zahlreichen Sonderzertifikaten geprüft. „Wir stehen für Qualität und können die-

sen eigenen Anspruch mit hochqualifizierten und motivierten Mitarbeitern sicherstellen“, sagt Generaldirektor Leo Windtner. Dieser Qualitätsstandard kombiniert mit Flexibilität und Kundenorientiertheit der Mitarbeiter stelle einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. „100 Jahre nach seiner Gründung hat die Energie AG in Gmunden keine Werkstätte mehr, sondern ein Kompetenz- und Servicezentrum, das seinesgleichen sucht“, sagt Energie AG-Technikvorstand Werner Steinecker. Mit den Möglichkeiten in Gmunden positioniert sich die Energie AG als moderner und kompetenter Dienstleister für Instandhaltungsarbeiten im Kraftwerksbereich, der nicht nur vom Konzern selbst, sondern mittlerweile auch von zahlreichen Kraftwerksbetreibern aus dem In- und Ausland genutzt wird. „Unsere Partner schätzen unser Knowhow und die Erfahrung, die wir in den vergangenen 100 Jahren aufbauen konnten“, sagt Steinecker. Heute reicht das Spektrum der Dienstleistungen von Revisionen an Turbinen, Generatoren und Transformatoren bis hin zu Lohnfertigungen im Bereich Maschinenbau und Stahl-Sonderbau.

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OPTIMIERTER KRAFTABSTIEG MIT NEUEM STAHLSTRANG IN BOGNANCO

Mit dem Zweifach-Flaschenzugsystem Blondin wurden die Stahlrohre in den Steilhang transportiert.

Vor drei Jahren stand das malerische Val Bognanco im Piemont – unweit der Schweizer Grenze – ganz im Zeichen des Wasserkraftausbaus. Zentraler Bestandteil der Um- und Ausbauarbeiten war die Erneuerung des Kraftabstieges des KW Vinci. Dabei wurde in sehr unwegsamem, alpinem Gelände die stählerne Druckrohrleitung der rund 30-jährigen Kraftwerksanlage ausgetauscht. Umgesetzt wurde dieses anspruchsvolle Vorhaben von der italienischen Firma IDROWELD S.r.l. aus Masera, der die fristgerechte Durchführung der Arbeiten innerhalb von nur fünf Monaten gelang.

Foto: IDROWELD

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ls das Kraftwerk Vinci vor rund 30 Jahren gebaut wurde, war eines schnell klar: Die Zuleitungen über die Kanäle sowie die Druckrohrleitung wurden nicht optimal realisiert. Das mussten auch die Verantwortlichen des Südtiroler Energieversorgers Energie SPA feststellen, nachdem man das Kraftwerk 1997 erworben hatte. Von Anfang an beeinträchtigten Leitungsverluste die uneingeschränkte Produktion. Nicht zuletzt aus diesem Grund beschlossen die Betreiber bereits 2007 eine Rundumerneuerung des Kraftwerks, die zum einen den Austausch der bestehenden Maschineneinheiten sowie zum anderen den Ersatz der bestehenden Stahl-Druckrohrleitung umfasste. Im Juni 2011 konnten die Umbauarbeiten in Angriff genommen werden. Der Auftrag über die Erneuerung der stählernen Druckrohrleitung ging an die Firma IDROWELD S.r.l. aus Masera. Konkret galt es für das Team von IDROWELD sämtliche Bauteile der Altleitung, inklusive der bestehenden Fundamente zu demontieren und die neue Rohrleitung in Cor-Ten Stahl zu errichten. Und dies in dem relativ knapp bemessenen Zeitraum von nur fünf Monaten. Konkret handelt es sich um zwei Leitungen. Die eine weist eine Länge von 980 m bei DN1200 und einem Betriebsdruck von 2 bar auf, die andere eine Länge von 1.160 m bei DN800 und einem Betriebsdruck von 54 bar. Wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projektes war ein logistisch optimal koordinierter Ablauf. Für diese Zwecke wurde das ausgeklügelte Zweifach-Flaschenzugsystem Blondin mit einer Traglast von 10 t in der Achse der Trassenführung installiert. Damit war ein zentraler Baustein für einen zügigen Baufortschritt gesetzt. Ein weiterer betraf die Fertigung der einzelnen Rohrleitungsstücke, die größtenteils im Werk in Masera vorgefertigt wurden. Bögen und Anschluss-stücke, sowie die Auflager für die Stahlrohrleitungen wurden präzise vorbereitet, sodass es auf der Baustelle selbst zu keinerlei Verzögerungen kam.

Um die einzelnen Rohrstücke zu ihrem Bestimmungsort zu bringen, kam neben dem Blondin-System auch ein Material-Heli zum Einsatz, der Einzelstücke zu schwer zugängliche Bereiche am Luftweg anlieferte. Die Wahl des Cor-Ten Stahles bringt sowohl im Hinblick auf Kosten als auch auf Bauzeit erhebliche Vorteile mit sich. Es stellte sich als wesentliches Element für die fristgerechte Fertigstellung des Projektes heraus. Zudem kann bei diesem Material auf einen zeitaufwändigen Außenanstrich für den Korrosionsschutz verzichtet werden. Heute fügt sich die Druckrohrleitung harmonisch in die Landschaft des grünen Val Bognancos ein – und das Kraftwerk erzeugt seit rund drei Jahren sauberen Strom im Dienste der Energie SPA. IDROWELD S.r.l. gilt nicht nur als anerkannter Spezialist in Sachen Stahl-Druckrohrleitungen, sondern bietet auch bauliche Einrichtungen und Maschinenzubehör für den Betrieb von Wasserkraftanlagen an. Zudem erbringt das Unternehmen branchenspezifische Dienstleistungen, die von Machbarkeitsstudien und Erstbewertung neuer Anlagen, über Ausführungsplanung und Projektierung bis zur schlüsselfertigen Abwicklung von Wasserkraftprojekten reicht.

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www.idroweld.com

Foto: IDROWELD

IDROWELD S.R.L. Firmenzentrale und Werk 28855 MASERA ( VB ) Loc. Colonia Tel. +39 0324 45678, Fax. +39 0324 44129 Mobile Phone: +39 348 0282959

Über eine Gesamtlänge von über 2 km wurde die StahlDruckrohrleitung für das KW Vinci von IDROWELD neu verlegt.


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FUNKTIONALITÄT UND DESIGN - DIE IDEALE RECHENREINIGUNGSLÖSUNG FÜR JEDE ANFORDERUNG Rechenreinigungsmaschinen (RRM) zählen zu den wichtigsten AnlagenKomponenten von Wasserkraftwerken und sorgen für dessen Zuverlässigkeit im Betrieb. Eine falsch dimensionierte oder gänzlich falsche Ausführung des Rechenreinigungssystems kann zur Behinderung des Durchflusses oder im schlimmsten Fall zum Stopp der Anlage führen. Um das ideale Kosten-Nutzen-Verhältnis zu ermitteln, bedarf es daher einer gründlichen Analyse der Standortbegebenheiten und jahrelangen Know-how. Pionier auf diesem Gebiet ist das Vorarlberger Unternehmen Künz. Die Experten im Stahlwasserbau aus dem Ländle wissen nicht nur mit einwandfreier Funktionalität, sondern auch mit Design zu überzeugen.

Das Kraftwerk „Swan Falls“ im US-Bundesstaat Idaho kämpfte seit jeher mit Schlingpflanzen am Turbineneinlauf. Zwei Rechenreinigungssysteme konnten bisher der Lage nicht Herr werden. Erst die RRM aus dem Hause Künz konnte das Problem endlich lösen.

HERAUSFORDERUNG SCHLINGPFLANZEN So wendeten sich auch die Betreiber des am Snake River in Idaho USA gelegenen Kraft-

Fotos: Künz

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asserkraft-Standorte unterscheiden sich durch viele Faktoren und deshalb gleicht kein Projekt dem anderen. Einen ganz zentralen Faktor in Bezug auf die Rechenreinigung spielen dabei die örtlichen Umwelteinflüsse. Vor Kraftwerken und anderen wassertechnischen Anlagen sammeln sich zum Teil ungeheure Mengen an Geschwemmsel an. Kann dieses nicht zeitnah und gründlich entfernt werden, kann der Betrieb beeinträchtigt werden. Rechenreinigungsmaschinen zählen deshalb zu den wesentlichen Komponenten, um die Zuverlässigkeit eines Wasserkraftwerks zu gewährleisten. Bei falscher Dimensionierung oder Auslegung der RRM kann es zu hohen Opportunitätskosten kommen. Bei der Konzeption von Rechenreinigungsanlagen ist es deshalb unabdingbar, sowohl auf die Menge, als auch auf die Art des lokal anfallenden Geschwemmsels Rücksicht zu nehmen. Zudem ist auch auf weitere ökologische Ausprägungen des Gewässers zu achten. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Anlage auf Dauer effizient und selbst unter Extrembedingungen ohne Probleme arbeitet. Das österreichische Traditionsunternehmen Künz hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Anforderungen gerecht zu werden und überzeugt damit Wasserkraftbetreiber in der ganzen Welt.

werks „Swan Falls“ an den RRM-Spezialisten aus dem österreichischen Ländle. Das Projekt „Swan Falls“ veranschaulicht, wie wichtig es ist, die lokalen Begebenheiten bei der Wahl der Rechenreinigung mit einzubeziehen. Swan Falls kämpft nämlich seit jeher mit enormem, saisonal bedingtem Anfall von organischem Geschwemmsel in Form von „Milfoil“ Schlingpflanzen. Diese schnellwachsenden Wasserpflanzen können ganze Gewässer in kürzester Zeit gänzlich überwuchern und stellen Kraftwerke vor enorme Schwierigkeiten. Bereits zwei Rechenreinigungssysteme mussten sich den Schlingpflanzen ergeben und konnten den Anforderungen am Kraftwerk nicht gerecht werden. Daher setzte der Betreiber nun auf österreichisches Know-how und beauftragte Künz mit der Lieferung einer neuen vollautomatischen Rechenreinigungsmaschine. Was Idaho Power brauchte war ein individuell abgestimmtes System, und Künz sagte zu, dieses liefern zu können. Die Herausforderung war groß, und die Rahmenbedingungen für das Konstruktionsteam waren alles andere als einfach. Swans Falls ist ein altes Wasserkraft-

werk mit Tradition und besitzt sehr spezielle Eigenschaften. Eine Einlauftiefe von 23 m in Kombination mit hohen Fließ-geschwindigkeiten, Querströmungen und beengten Platzverhältnissen zeigten schnell auf warum die beiden Vorgängersysteme hier versagten. Selbst das sehr erfahrene Konstruktionsteam von Künz stand hier vor einer neuen Herausforderung. Doch die langjährige Erfahrung machte sich bezahlt, und die Vorarlberger konnten pünktlich vor der neuen „Milfoil“ Saison die Anlage an den Kunden übergeben. Zum Einsatz kam der Maschinentyp RRM-H1000 von Künz. Dieser funktioniert nach dem hydraulischen Prinzip und verfügt über eine NettoPutzkraft von 40 kN bei einer Reinigungstiefe von 23 m. Als Zusatzausrüstung wurde ein 15 t Dammbalken Hubwerk geliefert. Schon während des Probebetriebs stellte die Anlage ihre Effizienz und Flexibilität unter Beweis, und der Kunde zeigte sich begeistert. Nach frustrierenden Jahren konnte der Betreiber mit dem System aus dem Hause Künz endlich das Schlingpflanzenproblem in den Griff bekommen. Juni 2015

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Fotos: Künz

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Um Fische davor zu bewahren in den Turbineneinlauf zu gelangen, werden zunehmend Horizontal-Feinrechen eingesetzt. Die Reinigung dieser Rechenart muss jedoch ebenfalls horizontal erfolgen.

FISCHFREUNDLICHE ZUKUNFT Wasserkraft steht heutzutage auch zunehmend im ökologischen Fokus. Dabei ist jedoch nicht die Stromproduktion per se gemeint, sondern die ökologische Situation für Lebewesen des genützten Gewässers. Nicht zuletzt auch aufgrund der europäischen Wasserrahmenrichtlinie gilt es, diese Wassertiere, vor allem Fische, nicht an ihrer freien Bewegung im Gewässersystem zu hindern. Dies hat zur Folge, dass Wasserkraftwerke so geplant werden, dass eine Fischwanderung möglich ist. Diese neuen Ansätze für eine fischfreundliche Zukunft benötigen

auch völlig neue Konzepte im Bereich der Rechenreinigung. Fischfreundliche Horizontalrechen verhindern beispielsweise das Eindringen von Fischen in den Einlaufbereich der Turbine und – gut ausgeführt – leiten sie diese zu einem sicheren BypassSystem. Doch die Reinigung von Horizontalrechen ist eine schwierige Angelegenheit, denn sie muss ebenfalls horizontal erfolgen. Bei der Erweiterung des Schweizer AareKraftwerks Rüchling wurde ein derartiger Horizontalrechen eingesetzt. Die Axpo AG hat im Zuge des Kraftwerksumbaus das Hauptkraftwerk mit einer zusätzlichen

Als Pionier auf diesem Gebiet, lieferte Künz für das Dotierkraftwerk Rüchling nun erstmals einen Horizontalrechen mit einer Reinigungstiefe von 7,7 m.

FUNKTIONALITÄT DURCH DESIGN NACH MASS Neben einer hochwertigen Funktionalität wird immer öfter auch eine ansprechende Optik der Anlagenkomponenten gefordert. Das Schweizer Designkraftwerk Hagneck am Bielersee ist ein solches Projekt. Die Schweizer BKW Energie AG suchte bei dem optischen Vorzeige- und Designprojekt einen versierten Projektpartner im Bereich Stahlwasserbau und fand diesen mit Künz. Im Jahr 2011 wurde die Lieferung der Wehrsegmente, Rechen sowie Turbineneinlauf- und Turbinenauslauf Dammbalken beim Vorarlberger Stahlwasserbauspezialisten

Fotos: Künz

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Turbine ausgestattet und es um ein Dotierkraftwerk erweitert. Für das Hauptwerk lieferte Künz dabei eine klassische Seilzug-Rechenreinigungsmaschine. Beim Dotierkraftwerk wurde besagter Horizontalrechen eingesetzt. Zur Reinigung desselbigen lieferte Künz eine Horizontal-RRM vom Typ T-20. Die Bezeichnung T20 bezieht sich dabei auf die horizontale Schubkraft / Putzkraft von 20 kN. Die Reinigungstiefe beträgt 7,7 m – eine Dimension die bis dahin noch nicht realisiert wurde. Für die Bergung von größerem Geschwemmsel, welche die Fischpassöffnung nicht passieren kann, ist zusätzlich ein hydraulischer Ladekran aufgebaut. Die Kippstabilität erfolgt durch mitlaufende Gegenführungsrollen, die ein Abheben der Laufräder verhindern. Im Frühjahr 2014 wurde der Probebetrieb der Anlage abgeschlossen und die Anlage mängelfrei übergeben. Nach einem Jahr Betriebserfahrung ist das Betriebspersonal mit der Reinigungseffizienz und dem störungsfreien Betrieb vollauf zufrieden.

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Beim Designkraftwerk Hagneck spielte auch die Optik der RRM eine wichtige Rolle. Auch auf diesem Gebiet konnte Künz die Betreiber und Architekten von sich überzeugen.

Foto: Künz

in Auftrag gegeben. Mitte 2012 entschied sich die BKW auch für das Rechenreinigungskonzept des Systemlieferanten aus Hard, das neben den Forderungen an die Funktionalität auch den hohen Ansprüchen des Bauherrn und Architekten hinsichtlich des Erscheinungsbildes entsprach. Da die RRM an sehr exponierter Lage, direkt an einen Fuß-, bzw. Radweg angrenzt, der über die Wehrbrücke führt, war dies eine elementare Forderung der Planer des Designerkraftwerks. Die Kombination aus Greiferharke, Klappschürze und Spülrinne stellt einerseits einen idealen Reinigungserfolg sicher und ermöglicht andererseits eine sehr kompakte Bauweise. Durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen Bauherrn, Architekten und Künz war es möglich, die Anlage mit einer Gesamthöhe von unter 5 m auszuführen. Neben dem Design überzeugt die Rechenreinigungsmaschine vor allem durch bewährte und zuverlässige Technik sowie mit hochwertiger Verarbeitung des Produktes. Eine Besonderheit ist dabei ist die Anordnung des Hydraulischen Ladekranes. Auf Kundenwunsch wurde dieser weit auskragend nach OW gesetzt, sodass auch die gegenüberliegenden Bereiche des Einlaufes erreicht werden können.

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DIE EUROPÄISCHE WASSERKRAFT TRIFFT SICH 2015 IN SALZBURG Vom 26. – 28. November 2015 findet die RENEXPO®HYDRO, die Wasserkraftmesse für Österreich, Deutschland, die Schweiz und Südtirol zum siebten Mal im Messezentrum Salzburg statt. Die Europäische Gemeinschaft macht mit den Nationalen Gewässerbewirtschaftungs-Plänen nach der Wasserrahmenrichtlinie Druck auf die Mitgliedsstaaten zur rascheren Sanierung ihrer Gewässer. Was das für den einzelnen Wasserkraftbetreiber bedeutet und welche Lösungen die Branche dafür anzubieten hat, wird die diesjährige RENEXPO®HYDRO beleuchten.

EU-MITTEL NICHT AUSGESCHÖPFT Die Projekt-Bilanzen der ersten Sanierungsperiode spiegeln die aktuelle Realität der laufenden Umsetzung wieder: 1/3 Umsetzung, 1/3 in Planung oder Ausführung und das letzte Drittel wartet noch auf seinen Start. Die Europäische Kommission sieht daher in ihrer Pressemitteilung vom 9.3.2015 zwar Fortschritte aber auch weiterhin dringenden und raschen Handlungsbedarf zum Schutz der Gewässer. Aus dem Umsetzungsbericht geht auch hervor, dass die Mitgliedstaaten die vorhandenen EU-Mittel in den letzten Jahren bei weitem nicht ausgeschöpft haben! Für die Sanierung der Gewässer betrachtet man die Flussgebietseinheiten nach noch vorhandenen ökologisch intakten Gewässerstrecken und nach beeinträchtigten oder bereits stark veränderten Gewässerabschnitten. Lag bislang der Schwerpunkt der Gewässersanierung vor allem auf der Durchgängigkeit,

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so werden nun auch ursprüngliche typspezifische Gewässer-Lebensräume als ökologische Trittsteine zusätzlich geschaffen und im Gewässersystem vernetzt. Man setzt auf die Stärkung der natürlichen ökologischen Regenerationsfähigkeit der Gewässersysteme und legt den Schwerpunkt auf den Erhalt/die Wiederherstellung der ursprünglichen Dynamik gewässertypischer Ökostrukturen sowie auf die Fähigkeit von Ökosystemen Störungen aufzunehmen und sich auch nach einer groben Störung in Struktur und Funktion wieder ident zu reorganisieren.

KLEINERE GEWÄSSER RÜCKEN IN FOKUS Die Stärkung der Resilienz ist die große Herausforderung für die Zukunft, sie braucht ökologisches Fachwissen und vor allem die großräumige Planung über die Flussgebietseinheiten, die auch dem einzelnen Kraftwerksbetreiber seinen notwendigen ökologischen Beitrag am Gesamtkonzept zuweist. Sie braucht aber auch Flächen und Zeit. Zeit für die Entwicklung der initialen Lebensräume und Ökostrukturen und ihren Fähigkeiten zur Selbstregeneration nach Störungen. Waren im 1. NGP die großen prioritären Gewässer Nachträglicher Einbau einer Fischwanderhilfe am Salzach-Kraftwerk Schwarzach im Salzburger Pongau

Foto: Andreas Schweizer

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er 1. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan für die Flussgebietseinheiten im EU-Raum läuft 2015 aus, die folgende 2. Sanierungsperiode geht von 2015 bis 2021. Nach der dritten Sanierungsperiode sollten die gesamten Gewässer-Sanierungsziele bis 2027 erreicht sein. Sanierungsziele sind jedenfalls das Erreichen des guten Zustandes in natürlichen Gewässern und das Erreichen des guten ökologischen Potentiales in den stark veränderten Gewässern.


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Ökologische Fragen prägen die Entwicklung der Wasserkraft

Dazu kommen die Probleme mit dem Energiewandel und den konkurrierenden licht- und windabhängigen Erneuerbaren Energien, welche die Energiespeicherung und die rasche Abrufbarkeit der Energie als Basis für eine wirtschaftlich interessante Energiebereitstellung fordern. Die RENEXPO®HYDRO 2015 bereitet sich seit Monaten intensiv auf diese Fragen vor. Die Aussteller haben die Zeichen der Zeit erkannt und werden vom 26. -28. November 2015 die technischen und ökologischen Lösungen in einer einmaligen Show präsentieren. Mit derzeit bereits mehr als 50 angemeldeten Ausstellern aus ganz Europa, es werden 120 erwartet, zeigt die Wirtschaft, dass ihr dieses große Innovationspotential deutlich bewusst ist. Weitere Informationen finden Sie unter: www.renexpo-austria.at Autor: Dr. Paul Jäger

Über die REECO Austria GmbH:

mit den Lebensräumen der wichtigsten weitwandernden Wirtschaftsfischarten wie Lachs oder Aal in den Meeresanrainerstaaten und die Flüsse der Mitteldistanzwanderer im Binnenland, wie Nase, Barbe und Huchen, die ebenfalls in Massen den Auf- und Abstieg suchen, im Schwerpunkt der ökologischen und wirtschaftlichen GewässerSanierung, so kommen nun im 2. NGP auch die Gewässer mit kleineren Einzugsgebieten ab 100 km² in den Fokus der Betrachtung. Allein in Österreich sind damit bereits hunderte Wasserkraftwerke von den Anpassungsverpflichtungen für die nächsten Jahre betroffen.

Der Veranstalter REECO Austria GmbH hat ihren Sitz in Salzburg/Österreich und ist Teil der „REECO Gruppe“. Diese hat ihren Hauptsitz in Deutschland, mit Niederlassungen in Warschau/Polen, Budapest/Ungarn und Arad/ Rumänien. Seit der Gründung im Jahr 1997 hat REECO 1.000 Fachmessen und Kongresse durchgeführt, an denen im Jahresdurchschnitt über 50.000 Besucher und mehr als 2.000 Aussteller teilnehmen. Zum Veranstaltungsportfolio zählen derzeit jährlich neun Fachmessen und 60 Kongresse in Deutschland und Europa.

Kontakt und Information: REECO Austria GmbH Doina Vorosan Josef-Schwer-Gasse 9 Tel: +43 (0) 662 8226 – 35 presse@reeco.eu

AT - 5020 Salzburg Fax: +43 (0) 662 8226 – 47 www.renexpo-austria.at

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NEPALS NOTWENDIGE ELEKTRIZITÄTSTRANSITION HIN ZU MEHR WASSERKRAFT Neben dem Quell des Lebens – Wasser – ist das Vorhandensein von Energie eines der wichtigsten Dinge in unserem Leben. Ohne diese beiden Eckpfeiler wäre unser tägliches Leben weitaus mühsamer und vor allem wäre eine rasante volkswirtschaftliche Entwicklung, wie man es in den Industrieländern in den letzten 50 – 60 Jahre beobachten konnte, kaum möglich. Dass eine Korrelation zwischen gesteigertem Energieverbrauch und volkswirtschaftlichem Wachstum anhand der geschichtlichen Entwicklung von zahlreichen westlichen Ländern Mitteleuropas ableitbar ist, stellt keine Besonderheit dar. Dass sich dieser Zusammenhang in Entwicklungsländern oftmals anders präsentiert, soll folgende Zusammenfassung aufzeigen. Nepal, auch bekannt als das Land am Mount Everest, durchläuft gerade eine Phase der Umstrukturierung und Neuausrichtung energiewirtschaftlicher Belange. Der folgende Artikel soll einen kleinen Eindruck der derzeit herrschenden Energiesituation und auch die immensen Potentiale einer wirtschaftlichen Entfaltung geben. [von E. Doujak und C. Bauer / Institut für Energietechnik und Thermodynamik der Technischen Universität Wien]

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m Rahmen eines dreijährigen Hochschulaustauschprojektes zwischen dem Institut für Energietechnik und Thermodynamik der Technischen Universität Wien und der Tribhuvan Universität in Kathmandu, welches von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit unter der Schirmherrschaft des APPEAR Programmes (Austrian Partnership Programme in Higher Education & Research for Development) gefördert wurde, unternahm das österreichische Projektteam zahlreiche Reisen im Sinne der Lehrausübung, von Supervisionen und Forschungsaktivitäten. Integrativer Bestandteil dieser Studienaufenthalte war auch die Erforschung der Energiesituation von der Vergangenheit bis heute, um die länderspezifischen Entwicklungsmöglichkeiten auszuloten und als Basis für zukünftige Entscheidungen der Politik bereitzustellen. Abb.1. Geographische Landkarte von Nepal. (Quelle [1]).

LÄNDERINFORMATIONEN Nepal gelangte erst jüngst in den Blickpunkt unserer Aufmerksamkeit, allerdings aus einem traurigen Anlass, da viele tausende Menschen ihr Leben durch ein folgenschweres Erdbeben verloren und auch der Schaden an der Infrastruktur noch nicht wirklich abgeschätzt werden kann. Es zählt zu einem der ärmsten Länder auf dieser Erde und ist geographisch eingebettet zwischen Indien vom Osten, Süden und Westen und Tibet (China) im Norden, wie man leicht aus Abb.1 erkennen kann. Das Staatsgebiet umfasst 147.181 km² mit einer Einwohnerzahl von 26,5 Millionen (2011) und wird sowohl topographisch als auch ökologisch in drei Zonen eingeteilt: Im gebirgigen Norden spricht man ab 4000m Seehöhe von der Bergzone, darunter im mittleren Bereich erstreckt sich die Hügelzone und im flachen Süden befindet sich die Terai Zone. Diese Klassifikation ist aber durchaus auch als sozio-ökonomische, kulturelle und ethnische Aufteilung anwendbar. WIRTSCHAFTLICHER UND ENERGETISCHER HINTERGRUND Um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes besser beurteilen zu können, bedarf es gewisser Vergleichsmöglichkeiten. Dabei könnte

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Abb. 2. Entwicklung des BIP seit 1986 und Prognosen des Wachstums bis 2030. (Quelle [2]).

man als Richtwert das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) und dessen Entwicklung über die Jahre heranziehen. Definitionsgemäß basiert diese Kennzahl stark auf der Bevölkerungsanzahl und ihrer Entwicklungsrate, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit auch der ausreichenden Verfügbarkeit von Energie, da ja alle im Inland erzeugten Produkte und Dienstleistungen einbezogen werden. Angesichts der historischen Entwicklung des BIP in Nepal erkennt man, dass aus den Daten seit 1986 kein eindeutiger Trend ableitbar ist. Abb. 2 veranschaulicht diese historische Entwicklung und die daraus abgeleiteten Prognose-Szenarien bis 2030. Ein solch unstetiger Verlauf birgt natürlich eine gewisse Schwierigkeit bei der Prognoseerstellung für die Zukunft. Im Rahmen des gemeinsamen Projektes untersuchte Bhattarai [2] in seiner Dissertation unterschiedliche zukünftige Wachstumsraten, die als Basis für weitere energetische Bedarfsrechnungen dienten. Dabei wurde von ihm als untere Schranke eine BIP-Wachstumsrate von 3,9% angenommen, die auf einer wirtschaftlichen Leistung wie gehabt und ohne Veränderungen basiert. Weitere Szenarien waren ein niedriges (4,4%), mittleres (5,6%) und hohes (6,5%) BIP Wachstum, die durchaus im Kontext mit einhergehenden, marktwirtschaftlichen Veränderungen zu sehen sind und natürlich auch eine Steigerung von zur Verfügung gestellter Energie voraussetzen. Sehr wohl werden von offiziellen Stellen noch höhere Wachstumsraten prognostiziert, doch scheint dies ange-

Abb 3. Energiebedarf von Endverbrauchern und deren Versorgung aufgegliedert in Sektoren in 2010. (Quelle [3]).


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sichts der schwierigen und kostenintensiven Energiebereitstellung etwas verfrüht zu sein. Schlüsselt man den Energiebedarf in die fünf wesentlichsten Kategorien (Haushalt, Transport, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft) auf, so erkennt man, dass der Haushaltssektor mit mehr als 87% den größten Anteil am Energieverbrauch hat. Korreliert man dazu noch die Energieaufbringung, so stellt man fest, dass primär die häusliche Nahrungszubereitung, Heizung und Stromproduktion mittels stationären Stromaggregaten im Vordergrund steht. Bemerkenswert dabei ist natürlich die Kompensation der bis zu 16 Stunden anhaltenden Stromabschaltungen durch Dieselaggregate, deren Bedarf im 9%igen Anteil an Erdölprodukten durchaus subsummiert werden kann. Abb. 3 spiegelt durchaus den oben dargestellten Sachverhalt wieder. Es fällt auch auf, dass der Transport- und Industriesektor nicht die Rolle spielt, wie man es vielleicht vermuten würde. Bhattarai [2] stellt in seiner Arbeit diese außergewöhnliche Situation für das Land dar und untersucht auch das zukünftige Entwicklungspotential beziehungsweise einen Weg zu mehr Industrialisierung durch eine Energietransition unter Einbeziehung des Wasserkraftausbaus.

Abb. 4. Korrelation zwischen Exporteinnahmen und Importausgaben für Erdölprodukte. Ein Wert über 100% stellt ein Außenhandelsdefizit dar. (Quelle [2]).

Der hohe Anteil des Energiebedarfs im Haushaltssektor wird auch im Energiemix des Landes (Abb. 3) durch einen Anteil von 85% an biogenen Brennstoffen sichtbar. Diese Ressource ist durchaus im eigenen Land vorhanden, während die 9% an Erdölprodukten aus dem Ausland und dort zum überwiegenden Teil aus Indien importiert werden müssen, da Nepal über keinerlei Erdölvorkommen verfügt. Die restlichen Ressourcen spielen eine untergeordnete Rolle. Beim Import von Gütern und Dienstleistungen spielt natürlich die Außenhandelsbilanz als wirtschaftlicher Parameter eine ähnlich wichtige Rolle wie das BIP vorhin für die innerstaatliche Wirtschaftsleistung. Und hier erkennt man den Trend zur privaten Stromproduktion durch entsprechende Aggregate noch besser als im Energiemix selbst. Seit 2011 stiegen die Ausgaben für den Import von Erdölprodukten über den Wert von 100% der Exporteinnahmen, was einem Außenhandelsdefizit gleich kommt (Abb. 4). Die Kluft zwischen Exporteinnahmen und Importausgaben wird durch einen monetären Rückfluss von jungen im Ausland arbeitenden Nepalesen geschlossen. Dass diese Situation natürlich nicht nachhaltig ist, braucht man nicht weiter zu diskutieren. Um allerdings diese nachteilige Situation zu verändern, wurde durch Bajracharya [4] und Bhattarai [2] im Rahmen des Projektes eine aktuelle Energieressourcenanalyse durchgeführt. Daraus geht hervor, dass Nepal zwar keine Rohölvorkommen besitzt, dafür aber eine einzigartige Topologie mit entsprechendem Wasserkraftpotential. Allerdings erweist sich die veraltete Datenlage als größtes Hemmnis bei der Bestimmung des hydraulischen Potentials und damit des Wasserkraftausbaues für die Energie-

Abb. 5. Bewertetes theoretisches Abflussverhalten der wichtigsten Flusseinzugsgebiete für einen mittleren Jahresdurchfluss (li) und bei einer 30%igen Überschreitungsdauer (re). (Quelle [4]).

transition weg von Erdölproduktion hin zu sauberem Strom aus Wasserkraft. Dieser Nachteil wurde durch die Arbeit von Bajracharya [4] auf den neuesten Stand gebracht. WASSERKRAFTPOTENTIAL Nepal wird topographisch in drei große Flusseinzugsgebiete, nämlich das Koshi, Narayani und Karnali Becken, unterteilt. Der Rest des Landes umfasst etwa 10% des gesamten Wassereinzugsgebietes. Da die Ermittlung des hydraulischen Potentials nicht ganz einfach ist, wurden in der Arbeit von Bajracharya [4] bewusst die drei wichtigsten Einzugsgebiete behandelt und der restliche Teil entsprechend angepasst. Um das Wasserkraftpotential in einem Flusseinzugsgebiet nun abschätzen zu können, benötigt man einerseits Informationen bezüglich des Höhenverlaufes H des Flusses und andererseits den vorhandenen Volumenstrom Q über die Jahreszeit gesehen. Den Höhenverlauf kann man entweder manuell aus topographischen Karten ermitteln, was natürlich sehr aufwendig ist, oder automatisiert mittels Geoinformationssystem (GIS) Software unter Zuhilfenahme eines digitalen Höhenmodells (DHM). Weitaus schwieriger ist natürlich die Ermittlung des Flussabflussverhaltens, da hierfür wesentlich mehr Parameter berücksichtigt werden müssen. So wurde in der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit [4] ein sogenanntes SWAT (Soil and Water Assessment Tool) Model verwendet, um die Daten aus dem (i) Digitalen Höhenmodell, (ii) dem Flussnetzwerk, (iii) der Landnutzungskarte, (iv) der Bodenkarte und (v) der Wetterdaten (Niederschlag, Temperatur, Sonneneinstrahlung, Windgeschwindigkeit, relative Luftfeuchtigkeit) miteinander zu verknüpfen. Anhand dieses Modells konnte nun für die drei wichtigsten Einzugsgebiete das theoretische Abflussverhalten des Flusses entweder sektoral oder gesamtheitlich ermittelt werden. In Abb. 5 ist dieses theoretische Abflussverhalten für einen mittleren Jahresdurchfluss und für eine 30%ige Überschreitungsdauer dargestellt. Je nach Betrachtungsweise ergibt sich ein theoretisches Wasserkraftpotential in Nepal von ca. 103.000 MW bzw. knapp 120.000 MW. Durch die neuen digitalen Methoden der Datenaufbereitung und auch Auswertung konnte das riesige Wasserkraftpotential Nepals, welches sich bis dato auf eine Potentialstudie aus den 1960er Jahren stützte, nachgewiesen und detaillierter dargestellt werden. Verglichen mit Österreich hat Nepal ca. das 1,5-Fache des theoretischen Wasserkraftpotentials. Noch eindrücklicher werden die Zahlen allerdings, wenn man sich den Ausbaugrad bis heute ansieht. So wurden in Österreich im Verlauf der letzten Dekaden mehr als 38.000 MW an Kraftwerksleistung installiert, während in Nepal gerade mal 700MW errichtet wurden. Diese Zahlen verdeutlichen das ungeheure Ausbaupotential und die Möglichkeiten in diesem Land. Setzt man nun den bereits dargestellten Energiebedarf (Abb.3) dazu in Beziehung, so erkennt man, dass eine Energiemixtransition weg von teuer importiertem Flüssiggas (LPG) hin zu sauberem und billigem Strom aus Wasserkraft leicht möglich wäre. Speziell im Haushaltssektor würde sich dieser Ressourcenersatz extrem stark auswirken und vor allem auch zu Verbesserungen in der Nahrungsmittelzubereitung führen. Da die derzeit gängige Praxis des Zubereitens von Speisen durch Befeuern von Öfen mit organischen Materialien darstellt, Juni 2015

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würde sich eine Umstellung auf Elektroöfen auch durchaus volkswirtschaftlich im Sinne der Gesundheitsförderung - im Hinblick auf das Einatmen von Rauchgasen - rentieren. Beide wissenschaftlichen Arbeiten [2] und [4], die im Rahmen des APPEAR Projektes durchgeführt wurden, zeigen die Notwendigkeit der Energiemixumstellung hin zu mehr Wasserkraft auf. Die Regierung hat dies erkannt und verhandelt bereits Energielieferverträge mit Privatinvestoren. Zusätzlich werden einige Wasserkraftprojekte direkt von der Nepal Electricity Authority (NEA), dem größten staatlichen Betreiber, geplant oder sind bereits in Bau befindlich. Das größte Hemmnis in der derzeitigen Entwicklung der Wasserkraft scheint das elektrische Netz zu sein, da es nicht so rasch gebaut werden kann wie die Wasserkraftanlagen selbst. So leiden bereits einige fertige Projekte unter dem nicht vorhandenen Anschluss an das bestehende elektrische Netz. Hier ist die Regierung gefordert, so schnell wie möglich eine Planungssicherheit zu gewährleisten, um den Aufschwung der Privatinvestoren nicht zu stoppen. Im folgenden Abschnitt des Beitrages soll ein kurzer Einblick in die Schwierigkeiten beim Bau oder Betrieb einer Wasserkraftanlage in Nepal gegeben werden. Obwohl die Rahmenbedingungen ein Eldorado des Wasserkraftausbaus vermuten lassen, darf man die ländlichen Strukturen, benötige Manpower und v.a. die Legislatur nicht unterschätzen. WASSERKRAFTANLAGEN BESICHTIGUNGSTOUR Im Rahmen des Projektes und bei Lehraufenthalten im Land selbst, blieb immer wieder die Zeit, das eine oder andere Kraftwerk zu besichtigen und die begleitenden Umstände zu untersuchen. Bei der Auswahl wurde ein Mix aus kleinen und großen Wasserkraftanlagen bzw. in Bau oder Betrieb befindlichen Projekten ausgewählt. Tab. 1 gibt einen Überblick über die besichtigten Anlagen und den jeweiligen Entwicklungsstand. Anlagenname

Typ

Leistung

Entwicklungsstand

Upper Tamakoshi Kaligandaki Middle Marsyangdi Kulekhani I and II Trishuli Maikhola Kulekhani III Andhikhola

Run-Off River Run-Off River Run-Off River Storage-Type Run-Off River Run-Off River Storage-Type Run-Off River

456 MW 144 MW 70 MW 60 MW + 32 MW 60 MW 22 MW 14 MW 9.4MW

Im Bau befindlich In Betrieb In Betrieb In Betrieb In Betrieb Im Bau befindlich Im Bau befindlich Upgrading von 5,1 auf 9,4 MW

Tab. 1. Besichtigte Wasserkraftanlagen während der Projektdauer (Quelle: Autoren)

Die Ursprünge dieses Projekts reichen zurück bis Mitte 1980 als erste Projektideen mit einer installierten Leistung von 113MW überdacht wurden. Eine erste Machbarkeitsstudie wurde vom österreichischen Geologen Dr. Christian Uhlir im Jahre 1999 durchgeführt. Seine Projektidee basierte auf der Nutzung eines natürlichen Dammes des Tamakoshi Flusses, welcher frühzeitlich durch Erdrutsche erschaffen wurde (siehe Abbildung 6). Leider wurde diese Idee mit einer geplanten installierten Leistung von 120MW nie realisiert. Zwischen den Jahren 2001 und 2005 erarbeitete die NEA gemeinsam mit der Fa. Norconsult AS weitere Machbarkeitsstudien, die letztendlich in einem finalen Design des Joint-Ventures von Norconsult AS und Lahmeyer International im Jahre 2008 endeten. Es dauerte schließlich weitere drei Jahre bis die Projektfinanzierung ebenfalls gesichert war. Somit stand dem Bau der Anlage nun nichts mehr im Wege.

Abb.6. Natürlich entstandener Damm des Tamakoshi Flusses in der Nähe des heutigen Kraftwerksprojekts (Quelle [5])

Bevor mit dem Bau der Anlage begonnen werden konnte, musste noch eine 68km lange Zufahrtsstraße in das unwegsame Gebiert errichtet werden. Alleine die Errichtung dieses Transportweges zur Baustelle dauerte 5 Jahre und wurde in der Zeit von 2006 bis 2011 fertiggestellt. Man sieht, dass alleine in dieser Periode genügend Zeit für die detaillierte Planung und auch die Finanzierung des Projektes blieb. Fragt man sich nun, warum die Errichtung einer Zugangsstraße so lange dauert, dann gibt Abbildung 7 einen Einblick in die Unwegsamkeiten. Dabei handelt es sich um unbefestigte Verkehrswege mit geringen bis gar keinen Absturzsicherungen. Zu erwähnen ist noch, dass sämtlicher Gütertransport zu und von der Baustelle über diese Straße erfolgt.

A) WASSERKRAFTANLAGE „UPPER TAMAKOSHI“ Die Baustelle der Wasserkraftanlage „Upper Tamakoshi“ befindet sich ca. 250km nordöstlich von Kathmandu nahe der Grenze zu Tibet (China) und dem Dorf Charikot (Abb. 1). Zur Zeit ist es das größte in Bau befindliche Wasserkraftwerk in Nepal. Nach der Fertigstellung wird es als Laufwasserkraftwerk zur Abdeckung der Tagesspitzen genützt, wobei die installierte Leistung 456MW und das Regelarbeitsvermögen ca. 2.281 GWh beträgt. Weitere Kenndaten in Tab. 2. Projekttyp

Laufkraftwerk z. Deckung des Tagesspitzenbedarfs

Wassereinzugsgebiet Installierte Leistung Jahresarbeit Ausbaudurchfluss Bruttofallhöhe Länge des Triebwasserstollens Druckrohrleitungslänge Krafthaus Länge des Unterwassertunnels Übertragungsleitung Projektkosten Bauphase

1.745 km² 456 MW 2.281 GWh 66 m3/s 822 m 7.86 km 724 m Unterirdisch (Kaverne), 6 Maschinensätze 2.98 km 220 kV, 47 km lang US$ 441 Mio. (excl. IDC) 5,5 Jahre

Tab. 2. Kenndaten der Wasserkraftanlage “Upper Tamakoshi” (Quelle [5])

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Inwieweit der Entwicklungsstand nach den verheerenden Erdbeben noch richtig ist, kann an dieser Stelle leider nicht berichtet werden. Seitens der NEA wurde eine Liste der Schäden an den Wasserkraftanlagen veröffentlicht, die durchaus dramatische Ausmaße annimmt und die Stromversorgung in Nepal noch prekärer macht. Nichtsdestotrotz sollen hier auszugsweise einige Wasserkraftanlagen genauer dargestellt werden, um die Umstände beim Bau solcher Anlagen zu verdeutlichen.

Abb.7. Transportstraße zur Baustelle “Upper Tamakoshi”

Die heutige Kraftwerksbaustelle liegt mit ihrem Einlaufbereich oberhalb des natürlichen Dammes und führt durch den Berg hin zur Krafthauskaverne. Nach dem Einlaufbauwerk schließen große Sedimentabsetzbecken an, bevor der im Berg verlaufende 7,86km lange Druckstollen an die senkrechte Druckrohrleitung anschließt. Diese verbindet den Triebwasserweg mit der Krafthauskaverne, wo sich 6 Pelton-Maschinensätze mit einer Leistung von jeweils 75MW befinden. Ein knapp 3km langer Unterwasserkanal transportiert das verarbeitete Wasser unterhalb des natürlichen Dammes zurück in den Flusslauf. Zum Zeitpunkt der Besichtigung waren die Bauarbeiten am oberwasserseitigen Triebwasserweg voll im Gange. Der Druckstollen wurde im konventionellen Vortrieb, also durch Bohren und Sprengen, erstellt und


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dass die Laufschaufeln einer weichen und die Dichtringe einer harten Beschichtung unterzogen wurden. Das dargestellte Laufrad war nach Auskunft der Betreiber vor Ort gerade mal zwei Monsunperioden im Einsatz und wird nun wieder instandgesetzt. Anhand dieser Bilder sieht man, wie wichtig eine Resistenz gegen Sedimenterosion von Turbinenbauteilen in Nepal ist. Und dies gilt nicht nur für dieses Kraftwerk, sondern für alle anderen detto.

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nicht, wie bei uns in Mitteleuropa sonst üblich, mittels einer Tunnelbohrmaschine (TBM). Der Transport einer TBM wäre vermutlich zu langwierig und kostspielig geworden. Die Druckrohrleitung verläuft in einem knapp 800m langen, vertikalen Druckschacht, welcher nach dem Raise-Bore Verfahren erstellt wurde. Abbildung 10 zeigt die Bohrmaschine bei der Erstellung des mittleren, kleineren Bohrloches.

Abb.10. Bohrung des vertikalen Druckabstieges im Raise-Bore Verfahren.

Das Kraftwerk „Upper Tamakoshi“ ist das größte in Bau befindliche Wasserkraftwerk bis dato und wird genügend Strom ans elektrische Netz liefern, um in den Monaten Juni bis September keine Stromabschaltungen mehr durchführen zu müssen. Da allerdings diese Periode im Jahr auch als Regenzeit in Nepal bekannt ist und der Fluss in dieser Zeit extrem viele Sedimente mit sich führt, wird der Betrieb der Anlage auch von der Standzeit der Turbinenlaufräder abhängen, die aber bekannterweise aus Europa stammen und dafür bestens gerüstet sind. B) WASSERKRAFTANLAGE „MIDDLE MARSYANGDI“ Das Laufwasserkraftwerk „Middle Marsyangdi“ hat eine installierte Leistung von 70MW, die sich auf zwei Francisturbinensätze aufteilen und 2008 in Betrieb gingen. Zusätzliche Kraftwerkskenndaten befinden sich in Tabelle 3. Middle Marsyandgi wurde als Laufwasserkraftwerk konzipiert und besitzt daher auch keine wesentliche Speichermöglichkeit, sondern arbeitet das zuströmende Flusswasser ab. Nach dem Einlaufbauwerk angeordnete Entsanderbecken reinigen das Triebwasser entsprechend den Spezifikationen. Während der Regenzeit, die normalerweise zwischen Anfang Juni und Ende August im Jahr auftritt, führt der Fluss eine sehr hohe Sedimentbelastung mit sich und diese verursacht erfahrungsgemäß eine überdurchschnittliche Erosion am Laufrad. Abbildung 11 zeigt die Schädigung des Francislaufrades durch Sedimenterosion. Speziell die Laufradeintrittskante und die Dichtungsringe werden durch die mitgeführten Sandpartikel schwer belastet. Dabei muss noch gesagt werden, Projekttyp

Laufwasserkraftwerk z.Deckung des Tagesspitzenbedarfs

Installierte Leistung Jahresarbeit Ausbaudurchfluss Bruttofallhöhe Länge des Triebwasserstollens Druckrohrleitungslänge Krafthaus Übertragungsleitung Projektkosten Bauphase

70 MW 398 GWh 80 m³/s 120 m 5,14 km 470 m Unterirdisch (Kaverne), 2 Maschinensätze 220 kV US$ 173 Mio. (excl. IDC) 6 Jahre

Tab. 3. Kenndaten der Wasserkraftanlage “Middle Marsyangdi” (Quelle: Autoren)

Abb. 11. Schädigung des Turbinenläufers durch Sedimenterosion

C) WASSERKRAFTANLAGE „ANDHIKHOLA“ Die dritte ausgewählte Anlage ist ein bemerkenswertes Umbauprojekt des Kraftwerkes „Andhikhola“. Das Wasserkraftwerk liegt nordwestlich der Stadt Pokhara ca. 1,5 Autostunden entfernt und verbindet die Flussläufe Andhikhola und Kali Gandaki durch eine Oberwasserleitung mit einer Länge von ca. 1300m, einem vertikalen Druckschacht von knapp 240m und einem Unterwasserkanal von ca. 1100m. Eine grafische Darstellung der Anlage ist in Abb.12 ersichtlich. Das Wasserkraftwerk wurde 1991 mit einer installierten Leistung von 5,1MW errichtet. Die nun durchgeführten Umbauarbeiten führen zu einer Leistungserhöhung auf 9,4MW. Tabelle 4 zeigt die Kenndaten nach dem Umbau. Projekttyp

Laufwasserkraftwerk

Installierte Leistung Jahresarbeit Ausbaudurchfluss Bruttofallhöhe Krafthaus, Turbineneinheiten

9,4 MW 68,38 GWh 2,7 m3/s 248,8 m Kaverne, 3 Einheiten (Pelton)

Tab. 4. Kenndaten der Wasserkraftanlage “Andhikhola” (Quelle: Autoren)

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Abb.9. Errichtung des Druckstollens durch konventionellen Vortrieb. (Quelle [5])

Abb.12. Gemalte Projektdarstellung am Zugang zum Kraftwerk “Andhikhola”

Im Rahmen der Umbauarbeiten wurde der bestehende Damm saniert und eine Stauzielerhöhung durch aufblasbare Wehrverschlüsse durchgeführt (siehe Abbildung 15). Weiters wurde das Einlaufbauwerk adaptiert und anschließend zwei neue Entsanderbecken gebaut. Am Ausgang der Entsanderbecken erfolgt die Wasserentnahme für die oberwasserseitige Druckrohrleitung. Auf Grund der schlechten Felseigenschaften (siehe Abbildung 13) in diesem Bereich, musste der Oberwassertunnel als Druckrohrleitung ausgebildet und im vertikalen Zugangsschacht der Juni 2015

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Krafthauskaverne geführt werden. Um die höhere Wassermenge zu den neuen Maschinensätzen zu bringen, wurde im Schachtzugangsbereich ein Abzweiger in die bestehende Druckleitung eingebaut und eine neue, vertikale Druckrohrleitung neben der bereits existierenden errichtet. Dadurch verringerte sich natürlich der Schachtquerschnitt, was die Einbringung der neuen Turbinenteile erschwerte. Einzige Zugangsmöglichkeit zur Krafthauskaverne ist nämlich der ca. 240m tiefe, vertikale Zugangsschacht, der nur mit einem Portalkran befahrbar ist. Das heißt natürlich auch, dass sämtliche Turbinenteile in ihrer Größe an die maximale Schachtquerschnittsbreite angepasst werden müssen, da ein Transport in die Kaverne sonst nicht möglich ist. Auch das Baustellenund Bedienpersonal wird über einen Fahrkorb in die Kaverne befördert. Abbildung 14 zeigt den Fahrkorb im Bereich der Krafthauskaverne. Desweiteren musste die Krafthauskaverne um 15m im Querschnitt in den Berg hinein erweitert werden, damit der dritte Maschinensatz Platz fand. Das Ausbruchmaterial wurde dann durch den bestehenden Unterwasserkanal ins Freie transportiert. Auch der Querschnitt des Unterwasserkanals wurde dabei gleich erweitert, um die größere Wassermenge entsprechend in den Kali Gandaki Fluss abtransportieren zu können. Auf eine Länge von knapp 1100m wurde der Unterwasserkanal händisch ausgebrochen. Da auch in diesem Bereich das Felsmaterial sehr weich ist, musste der Kanal über die gesamte Länge bewehrt werden, damit er nicht in sich selbst zusammenbrach. Wie lange diese Bewehrung halten wird, ist aus heutiger Sicht nicht gewiss. Ständige Kontrollen in diesem Bereich werden wohl von Nöten sein.

Abb.14. Kavernenzugang durch den knapp 240m langen, vertikalen Zugangsschacht mittels Portalkran und Fahrkorb.

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Abb.13. Felsbeschaffenheit im Kraftwerksbereich

Abb. 15. Adaptierung des Kraftwerkseinlaufbauwerks und der Entsanderkammern.

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Die zwei bestehenden Maschinensätze wurden entfernt und durch drei neue, aus China stammende Peltonturbinen ersetzt. In Summe handelt es sich bei dieser Modernisierung der Anlage doch um einen beträchtlichen Umbau. ZUSAMMENFASSUNG Durch die Zusammenarbeit an diesem Hochschulmanagementprojekt wurden seitens des Institutes für Energietechnik und Thermodynamik der Technischen Universität Wien viele positive Eindrücke und Erfahrungen im Bau von Wasserkraftanlagen in Entwicklungsländern gesammelt. Die topographischen Unwegsamkeiten, zum Teil schlechten Transportmöglichkeiten und auch Baustelleneinrichtungen stellen durchaus eine logistische Herausforderung dar. Durch die beiden wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen des Projekts wurden auch tiefere Einblicke in die Energiesituation des Landes erarbeitet, die es erlauben, zukünftige Veränderungsmöglichkeiten im Energiemix des Landes aufzuzeigen. Dazu gehört sicherlich auch eine umfassende Wasserkraftpotentialstudie durch Einsatz neuester Software und damit Erneuerung der Datenbasis für allfällige weitere Entscheidungen. Auf Basis dieser gewonnenen Daten erscheint eine Energietransition in Richtung des vermehrten Ausbaus der Wasserkraft sinnvoll und durchaus machbar. Die Abkehr von teuer importierten Erdölprodukten zur Stromgewinnung könnte den Staatshaushalt nachhaltig entlasten und die damit frei werdenden Mitteln im Gesundheits- und Sozialwesen eingesetzt werden. Das Potential ist vorhanden, es muss nur noch erschlossen werden. Die Autoren möchten sich bei allen beteiligten Projektpartnern für die gute Zusammenarbeit bedanken und wünschen dem derzeit krisengeschüttelten Land eine prosperierende Zukunft. Für weitere Informationen stehen die Autoren gerne zur Verfügung. Autoren: Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Eduard DOUJAK [eduard.doujak@tuwien.ac.at] Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.Ing. Christian BAUER [cbauer@mail.tuwien.ac.at] Institut für Energietechnik und Thermodynamik der Technischen Universität Wien

Referenzen [1] http://www.un.org/Depts/Cartographic/map/profile/nepal.pdf, abgerufen und downgeloaded 19.04.2015 [2] Bhattarai, N.: National Energy Demand Projections and Analysis of Nepal. Doktorarbeit, 2015, Technische Universität Wien. [3] Nakarmi, A.M.; Mishra, T.; Banerjee, R.: Current Energy Scenario of Nepal: An Overview. in: Proceedings of the 17th International Seminar on Hydropower Plants, Vienna, Austria, 2012. [4] Bajracharya, I.: Assessment of Run-Of-River Hydropower Potential and Power Supply Planning in Nepal using Hydro Resources. Doktorarbeit, 2015, Technische Universität Wien. [5] Interne Präsentation des Baustellenleiters anläßlich der Kraftwerksbesichtigung. Mai 2013

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