ZEK 06 2015

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HYDRO

AKTIVE KOMMUNIKATION UND EIN ÖFFENTLICHER DISKURS SIND ENTSCHEIDEND Es kommt nicht von ungefähr, dass an der diesjährigen Tagung von Kleinwasserkraft Österreich neben allen fachspezifischen Schwerpunkten auch ein Thema in den Vordergrund getreten ist, dem gerade hierzulande manchmal nicht der nötige Stellenwert zuerkannt wird: Kommunikation. Wie die beiden Referenten Dr. Albert Ettmayer (Como GmbH) und Mag. Stefan Zach, Konzernsprecher der EVN, völlig richtig feststellten, schafft Bekanntheit Vertrauen. Das heißt, dass nur durch eine aktive Kommunikation eine positive Stimmung in der Öffentlichkeit geschaffen werden kann. Passiert dies nicht, kann sich der gegenteilige Effekt einstellen. „Wer nicht kommuniziert, der wird kommuniziert“, hieß es da treffend. Genau dieser Eindruck stellt sich heute häufig ein, wenn man durch die heimische Medienlandschaft streift. Es überwiegen Negativschlagzeilen, es wirkt beinahe so, als ob die Gegner der Wasserkraft tatsächlich die Themenherrschaft übernommen hätten. Natürlich funktioniert die Berichterstattung in der Tagespresse immer noch grundsätzlich nach dem Prinzip „Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“, wodurch ganz schnell schon ein kleineres Malheur zur Staatsaffäre hochstilisiert wird. Diesen Spielregeln zum Trotz muss es dennoch möglich sein, Raum und auch Resonanz in den Medien für Inhalte zu finden, die sich um eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Zukunft der Wasserkraft bemühen, Jammern alleine ist zu wenig. Vielmehr gilt es, kontinuierlich und seriös jenen großen Mehrwert öffentlich zu transportieren, den die Wasserkraft – egal ob kleine oder große – für unsere Gesellschaft in den DACH-Ländern hat. Offenbar können sich Österreich und Deutschland in dieser Hinsicht etwas von den Schweizer Nachbarn abschauen, die auch über die Medien einen intensiven Diskurs über die Probleme und möglichen Perspektiven der Wasserkraft führen. Seit Monaten sind die Schweizer Medien voll von wirtschaftlichen Bedrohungsszenarien für die eidgenössische Wasserkraft, und zugleich auch von der vieldiskutierten Fragestellung: Wirtschaftliche Hilfe vom Staat – ja oder nein? Nicht zuletzt aufgrund dieser aktiven Debatte in den Meiden hat sich mittlerweile ein Konsens gefunden, der lautet: Wasserkraft wird als Rückgrat der Schweizer Stromerzeugung anerkannt. Dies unterstreicht die erst kürzlich erfolgte Zustimmung der Schweizer Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats, die Maßnahmen zur Unterstützung der Wasserkraft zu optimieren. Auch der Schweizer Ständerat hat diese eindeutige Haltung eingenommen, und in der neu definierten Energiestrategie 2050 wird die Wasserkraft noch größere Bedeutung bekommen. Zugeständnisse dieser Art sind von den politischen Entscheidungsträgern gerade in Österreich auch häufig zu vernehmen. Lediglich die konkreten Umsetzungen bleiben aus. Dies dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass sich gerade die rot-weiß-roten Entscheidungsträger offenbar einer breiten Zustimmung in der Bevölkerung gewiss sein wollen, bevor man für ein möglicherweise „heißes Eisen“ die Hand ins Feuer legt. Womit wir wieder beim Thema „Kommunikation“ wären… Die aktuelle Ausgabe der zek HYDRO bietet einmal mehr die gewohnte Mischung aus der Präsentation von Neu- und Revitalisierungsprojekten sowie neue technische Trends. Darüber hinaus haben wir diesmal das Schwerpunktthema die „Organismendurchgängigkeit an Fließgewässern“ gesetzt. Frau DI Lisa Meißl, die selbst große Fachkenntnis auf diesem Gebiet mitbringt, hat sich des Themas angenommen und einen umfangreichen Artikel verfasst, der die wesentlichen Varianten von Fischauf- und Fischabstiegshilfen unter die Lupe nimmt. Abschließend möchte ich mich wieder bei allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausgabe mitgeholfen haben. Ich darf Ihnen, lieber Leser, eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO und zugleich einen stressfreien, erholsamen Jahresausklang, ein besinnliches Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr 2016 wünschen. Ihr MAG. ROLAND GRUBER Chefredakteur

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Seit 50 Jahren entwickeln wir effiziente und nachhaltige Technologien für die Energiegewinnung aus Wasserkraft und setzen auch bei der Fertigung unserer Anlagen auf Innovation und Qualitätsarbeit. Mehr Informationen auf www.elektroanlagen.at

WASSER BEWEGT SICH STETIG VORWÄRTS. UNSERE TECHNOLOGIE AUCH.



HYDRO

18 KW SALDURBACH

23 WK MAMBACH

32 KW FRITZBACH

38 KW SCHALKMÜHLE

Aktuell

Standpunkt

Projekte

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Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

Hängen wir uns am Leitfaden doch einfach auf! KOLUMNE PELIKAN

Projekte

Südoststeirische Traditionsmühle mahlt mit Wasserkraft KW SCHALK-MÜHLE

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9-fache Leistungssteigerung durch Totalumbau KW BAD GOISERN

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Kraftwerksprojekt im Matschertal bringt regionale Aufwertung

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KW SALDURBACH

„Very Low Head“-Turbine als Weltneuheit in den Alpen KW SULZBERG-AU

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Verjüngungskur für ältestes Energiedienst-Kraftwerk

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KW MAMBACH

Österreichpremiere für bewegliches Kraftwerk KW ENNS

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Dickes Erzeugungsplus nach erfolgreichem Maschinentausch KW STUFE 1 ASSLING

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Neue Druckrohre für Kraftwerkssystem am Reschensee KW RESCHENSEE

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Editorial Inhalt Impressum

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32

Feierliche Einweihung für neues Pongauer Kleinkraftwerk KW FRITZBACH


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KW ENNS

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KWK TAGUNG ALPBACH

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Veranstaltung

Technik

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KW Österreich rückt das Thema „Fairness“ in den Fokus KWK-TAGUNG ALPBACH 2015

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Hainzl feiert mit TechnologieTag seinen 50er

Die innovative Drehscheibe für Europas Wasserkraft

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Schwerpunkt

Neue Rechenreinigungsanlage für belgisches Kraftwerk RECHENREINIGUNGSTECHNIK

Durchgängigkeit

FISCHAUFSTIEGSHILFEN

Mit innovativer Technik zu mehr grüner Energie KREISELPUMPEN & SCHNECKEN

78

Viele Wege führen die Fische ins Ober- und ins Unterwasser

Turbinen sorgen für Restwasserdotation und Lockströmung DIVE TURBINE

RENEXPO SALZBURG

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Spezialmaschine macht Revisionen vor Ort möglich GRIMSEL HYDRO

FIRMENJUBILÄUM

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FISCHDURCHGÄNGIGKEIT

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Effizienzplus durch Ejektorwirkung bei Kaplanturbinen EJEKTOR-TECHNIK

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EJEKTOR-KRAFTWERK

80

Anzeigen zek HYDRO 6/2015 Schubert Amiantit Global Hydro Energy Andritz Hydro

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HERAUSGEBER

Mag. Roland Gruber und Günter Seefried

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0) 6247- 84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at CHEFREDAKTEUR

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-115 05 70 REDAKTION

David Tscholl, dt@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-240 67 74 Foto: Oesterreichs Energie/Christian Fischer

Die österreichische Bundesregierung hält das Ziel für erreichbar, den Brutto-Endenergiebedarf Österreichs bis 2020 auf 1.050 Petajoule (PJ) zu senken.

Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-22 82 323 MARKETING

Günter Seefried, gs@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-3000 393 ORGANISATION

Erika Gallent, office@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-242 62 22 GESTALTUNG

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0) 6247- 84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at

Ernst Brandstetter, Pressesprecher Oesterreichs Energie; DI Walter Scheiber MBA, Salesmanager DACH cyberGRID GmbH; Mag. Dr. Heidelinde Adensam, Abteilungsleiterin im BMWFW, Klaus Dorninger MBA, GF Energie AG Oberösterreich Power Solutions GmbH; FH-Prof. DI Christian Kollmitzer, Vize-Rektor Fachhochschule Technikum Wien (v.l.) Foto: VOITH

VOITH PRÄSENTIERT SICH BEI LEISTUNGSSCHAU IN BORDEAUX Eine der wichtigsten internationalen Messen und Konferenzen der Wasserkraft-Branche, die HYDRO 2015, ging Ende Oktober in Bordeaux (Frankreich) über die Bühne. Als einer der führenden Anbieter für Wasserkrafttechnologie beteiligte Voith sich mit verschiedenen Vorträgen am fachlichen Austausch auf der dreitägigen Veranstaltung. Darüber hinaus präsentiert das Unternehmen auf seinem Messestand Technologien, die den jüngsten Wandel der internationalen Strommärkte entscheidend prägen. „Die Energiebranche verändert sich – der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Wasserkraft ist nicht nur eine seit Generationen bewährte, zuverlässige und kosteneffiziente Stromquelle, sie ist mit ihren vielseitigen Technologien Kernbestandteil der klimafreundlichen Stromerzeugung der Zukunft“, sagte Heike Bergmann, Mitglied der Geschäftsführung von Voith Hydro Heidenheim. Im Mittelpunkt des Messeauftritts von Voith standen drei Themen: Service für bestehende Anlagen, innovative Kraftwerkskonzepte und Pumpspeicher.

Impressum VERLAG

ENDFERTIGUNG, PDF-CREATING

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A-4820 Bad Ischl GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN

Jederzeit verfügbare Technik im Wasserkraftwerk – mit dem präventiven Voith HyService. Foto: VOITH

ENERGIEEFFIZIENZ IM FOKUS DER 5. VIKTOR-KAPLAN-LECTURE Österreichs E-Wirtschaft bekennt sich, obwohl man ursprünglich für strategische Maßnahmen anstelle des bürokratischen Verpflichtungssystems plädiert hatte, zum knapp ein Jahr alten Energieeffizienzgesetz und will sich dafür einsetzen, eine erfolgreiche Umsetzung zu unterstützen. Das erklärte Klaus Dorninger, Geschäftsführer der Energie AG Oberösterreich Power Solutions GmbH im Rahmen der zweiten Viktor-Kaplan-Lecture 2015, einer Veranstaltungsreihe, die von Oesterreichs Energie und FH Technikum abgehalten wird. Wesentlich ist für Dorninger, dass die in Finalisierung befindliche Richtlinienverordnung ausgewogen und pragmatisch gestaltet ist: „Notwendig sind Rahmenbedingungen für die Energielieferanten, ihre Pflichten ohne überbordenden bürokratischen Aufwand zu erfüllen.“ Oesterreichs Energie erwartet, dass im Zuge der Bemühungen um einen noch effizienteren Energieeinsatz Strom an Bedeutung gewinnen wird. Als Beispiel nannte Dorninger die Elektromobilität. Während Verbrennungsmotoren Wirkungsgrade von etwa 20 bis 25 Prozent aufweisen, kommen Elektromotoren auf rund 85 Prozent. Wird der zu ihrem Betrieb benötigte Strom mit erneuerbaren Energien, etwa der für Österreich unverzichtbaren Wasserkraft, hergestellt, ist damit der Vorteil erheblicher CO2-Reduktionen verbunden.

Foto: FotoHiero_pixelio.de

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zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich. ABOPREIS

Österreich: Euro 68,00, Ausland: Euro 78,00 inklusive Mehrwertsteuer zek HYDRO erscheint sechsmal im Jahr. Auflage: 12.000 Stück

Der Voith StreamDiver kann an Standorten eingesetzt werden, an denen Wasserkraft bislang aus ökomischen oder ökologischen Gründen nicht möglich war.

Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet


HYDRO

Tu r b i n e s

&

G e n e r a t o r s

w o r l d w i d e

Wasserkraft ist Energie für Generationen – weltweit. Faszinierende Technik, maschinenbauliche Herausforderung auf höchstem Niveau. Eigenschaften, die sich heute in unseren Produkten unter dem Gütesiegel „Made in Germany“ in über 40 Ländern der Erde wiederfinden. Dynamik, ständiger Fluss und Entwicklung – das ist Wasserkraft, das sind wir – die Wasserkraft Volk AG. Unser Wachstum geht weiter. Deshalb freuen wir uns auf junge Menschen mit Optimismus, Begeisterungsfähigkeit und großer Lust, die Zukunft mit uns zu gestalten. Wir suchen:

Inbetriebnahme-Ingenieur Elektrotechnik für Wasserkraftanlagen (m/w) Sie haben Interesse an diesen Aufgaben: Planung, Montage & Inbetriebnahme der elektrotechnischen Anlagen Eigenverantwortliche Projektabwicklung von Nieder-, Mittel- und Hochspannungssystemen Fehlersuche, -beseitigung und Optimierung der Anlagen Reisen und Arbeiten in fernen Ländern

Ihr Profil: Erfahrung im Sondermaschinenbau, Montage und/oder Inbetriebnahme von technischen Anlagen von Vorteil Gute Kenntnisse in allen Bereichen der Elektrotechnik Studium der Elektrotechnik oder Weiterbildung zum Elektrotechniker

Wir bieten Ihnen: Verantwortungsvolle Aufgaben und interessante Herausforderungen Sehr abwechslungsreiche Tätigkeiten in einem internationalen Umfeld Alles was Sie von einem modernen, wirtschaftlich gesunden Unternehmen erwarten dürfen Einen sicheren und langfristigen Arbeitsplatz in einer der schönsten Gegenden Deutschlands

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Gerne erwarten wir Ihre Bewerbungsunterlagen mit Angabe des frühesten Eintrittstermins und der Gehaltsvorstellung: Wasserkraft Volk AG Turbinen- und Generatorenfabrik Am Stollen 13 D-79261 Gutach/Breisgau Ansprechpartner: Herr Haas Telefon: +49 7685 9106 -0 E-mail: karriere@wkv-ag.com Internet: www.wkv-ag.com


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Foto: Salzburg AG

FISCHWANDERUNGEN BEIM KW SOHLSTUFE LEHEN BELEGT Österreichs Bundesminister für Umwelt und Wasserwirtschaft, Andrä Rupprechter, überzeugte sich unlängst vom Erfolg des ökologischen Monitorings am Kraftwerk Sohlstufe Lehen in Salzburg, mit dem Fischwanderungen aufgezeichnet werden. Das Monitoring läuft noch bis Mitte 2016. Die Videoauswertungen der ersten sechs Monate belegen, dass die Durchgängigkeit der Salzach für Fische im Rahmen der Errichtung des Kraftwerks Sohlstufe erstmals nach 1960 wieder erreicht wurde. Das ökologische Monitoring, das von unabhängigen Experten der Universität für Bodenkultur in Wien sowie dem TB Umweltgutachten Petz durchgeführt wird, zeichnet die Wanderungen der Fische durch das Umgehungsgerinne und die technische Fischwanderhilfe auf. Die Auswertung der ersten Videos belegen schon jetzt, dass bereits fünf Fischarten die Wanderhilfe nutzen. Foto: Wiki / Christian Klingler

BM Andrä Rupprechter überzeugt sich zusammen mit Salzburg AG-Vorstand Leonhard Schitter vom Erfolg des ökologischen Monitorings am Kraftwerk Sohlstufe Lehen.

Der Speicher Gepatsch in Tirol wird in zwei Phasen bis auf den Grund abgesenkt.

TIWAG BEREITET ABSENKUNG DES GEPATSCH-SPEICHERS VOR Zwischen Dezember 2015 und März 2016 wird die TIWAG den Wasserstand im Gepatsch-Speichersee absenken. Zweck dieser von der Behörde vorgeschriebenen Maßnahme: die Kontrolle der im laufenden Betrieb nicht einsehbaren Teile des Dammes, der Speicherhänge und der baulichen Betriebseinrichtungen sowie die Durchführung allfällig notwendiger Instandhaltungsmaßnahmen. TIWAG-Vorstandsdirektor DI Johann Herdina betont: „Das Hauptaugenmerk gilt natürlich der weiteren Gewährleistung der höchsten technischen Sicherheit der gesamten Anlage. Ebenso wichtig ist der TIWAG eine möglichst umweltschonende Wasserableitung – in den Inn.“ Und Herdina stellt von vornherein klar: „Es handelt sich keinesfalls um eine ‚Spülung‘ des Gepatsch-Speichers. Vielmehr geht es um die exakt dosierte Absenkung des gespeicherten Wassers über den KraftwerksDruckstollen.“

Innovations for waterpower all over the world.

Trash Rack Cleaning Systems Hydro Mechanical Equipment BRAUN Maschinenfabrik Ges.m.b.H. Gmundner Str. 76 4840 Vöcklabruck / AUSTRIA E-Mail:office@braun.at

MASCHINENFABRIK

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www.braun.at


HYDRO

Foto: Sommaruga Fabio / pixelio.de

Kleinwasserkraftanlagen bieten auch in Zukunft noch erhebliches Energiepotenzial.

Foto: Uwe Kunze / pixelio.de

Fondsanbieter Aquila Capital investiert kräftig in das Wasserkraftpotenzial des skandinavischen Staates.

KLEINWASSERKRAFT ERBRINGT 146 GW LEISTUNG WELTWEIT Das internationale Marktforschungsunternehmen „Transparency Market Research“ hat einen neue Bericht zur weltweiten Leistungsfähigkeit von Kleinwasserkraftanlagen veröffentlicht. Dem Bericht zufolge betrug die weltweit installierte Leistung durch Kleinwasserkraftwerke im Jahr 2014 110,77 GW. Bei einem globalen durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,85 % rechnet man mit einem Zuwachs auf 146,65 GW bis zum Jahr 2023. Der asiatische Raum liegt mit einem Gesamtanteil von 70,3 % an Kleinwasserkraftnutzung international im Spitzenfeld. Dort hat China die meisten Anlangen installiert, gefolgt von Indien und Japan. Besonders das von Abgasproblemen geplagte China fördert den Ausbau von Wasserkraftanlagen durch steuerliche Vergünstigungen. Europa liegt weltweit gesehen an zweiter Stelle, Italien führt dabei auf dem Kontinent die Kleinwasserkraftnutzung an. FONDSANBIETER KAUFT 45 WASSERKRAFTWERKE IN NORWEGEN Aquila Capital, einer der führenden europäischen Asset Manager für alternative Investments, hat den Bieterprozess um Smakraft AS, den größten Betreiber und Entwickler kleiner Laufwasserkraftwerke in Norwegen, gewonnen. Mit dieser Akquisition wird Aquila Capital die dritte signifikante Wasserkraft-Transaktion innerhalb von 18 Monaten abschließen und der größte Betreiber kleiner Laufwasserkraftwerke in Europa. Die Transaktion umfasst Småkrafts bestehendes Portfolio von 45 Bestandskraftwerken mit einer jährlichen Kapazität von über 500 GWh, sowie eine signifikante Pipeline weiterer Zielinvestments. Aquila Capital ist Teil der Aquila Gruppe, die für einen internationalen Investorenkreis rund 8 Milliarden Euro verwaltet und war bereits an Investition von über 2 Milliarden Euro im Bereich der erneuerbaren Energien beteiligt.

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Foto: Wikimedia CC

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Das Kraftwerk Shongtong Karchham wird nach seiner Fertigstellung 2019 mit einer Gesamtleistung von 450 MW Strom für 800.000 indische Haushalte erzeugen.

Fotos: Verbund

Insgesamt investiert Verbund 144. Mio. Euro in die Revitalisierungsmaßnahmen am Donaukraftwerk Ybbs-Persenbeug. Im Oktober startete man mit den Austauscharbeiten am zweiten von sechs Maschinensätzen.

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ANDRITZ LIEFERT ELEKTROMECHANISCHE AUSRÜSTUNG NACH INDIEN ANDRITZ HYDRO erhielt von Himachal Pradesh Power Corporation Ltd. den Auftrag zur Lieferung der kompletten elektromechanischen Ausrüstung für das neue Wasserkraftwerk Shongtong Karchham in Himachal Pradesh, Indien. Mit einer Gesamtleistung von 450 MW wird das Kraftwerk, dessen Inbetriebnahme für 2019 geplant ist, saubere und erneuerbare Energie für rund 800.000 indische Haushalte liefern. Der Lieferumfang umfasst drei Francisturbinen und Generatoren, die Nebenanlagen sowie die leit- und schutztechnischen Einrichtungen. Das am Satluj-Fluss im Bezirk Kinnaur gelegene Flusskraftwerk wird über ein unterirdisches Krafthaus verfügen. Das Projekt wird von der KfW, der größten Förderbank Deutschlands, finanziert. ANDRITZ HYDRO führt aktuell zwei weitere Aufträge für den staatlichen Energieversorger Himachal Pradesh Power Corporation Ltd. aus. Himachal Pradesh ist eine der bedeutendsten Wasserkraftregionen Indiens: Sie verfügt über ein Wasserkraftpotenzial von rund 20 GW, was ungefähr einem Viertel des gesamten Wasserkraftpotenzials Indiens entspricht. INVESTITION IN MODERNISIERUNG VON KW YBBS-PERSENBEUG VERBUND, einer der größten Stromerzeuger aus Wasserkraft in Europa investiert weiter in die Modernisierung und Effizienzsteigerung von Österreichs ältestem Donaukraftwerk Ybbs-Persenbeug. Nach umfangreichen Planungen werden die Turbinenlaufräder, Generatoren, Transormatoren, Hochspannungskabel und Leistungsschalter der sechs Maschinen getauscht. Beginnend mit 2014 wird Jahr für Jahr ein Maschinensatz erneuert. Konkret bedeutet das, dass die Laufräder und Generatoren komplett zerlegt werden. Die gewaltigen und tonnenschweren Teile werden dann mittels Portalkran, Schwimmkran und Spezialtransporter ab- und antransportiert. Die neuesten Erkenntnisse der Ingenieure geben Anlass zur Freude: die ursprünglich erwartete Effizienzsteigerung wird nochmals übertroffen und liegt nun bei 77 Mio. kWh. Das entspricht dem Jahresverbrauch einer Stadt mit 22.000 Haushalten. Ybbs-Persenbeug zählte nach dem 2. Weltkrieg zu den PrestigeProjekten des Wiederaufbaus in Österreich. Mit einer Leistung von 236,5 MW ist es das viertstärkste Donaukraftwerk in Österreich und vermeidet mit einer Jahreserzeugung von 1,336 Mrd. kWh jährlich 1,1 Mio. Tonnen CO2. Während der Bauzeit zwischen 1954 und 1959 war das Kraftwerk beliebtes Ziel hochrangiger Delegationen aus dem Ausland, heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel am Donauradweg.


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Foto: BKW

Das Kraftwerk Hagneck befindet sich an der Mündung des Hagneckkanals und mündet in den Bieler See im Kanton Bern. Nach vierjährigem Komplettumbau wurde es im heurigen Oktober wieder in Betrieb genommen.

SCHWEIZER KRAFTWERK HAGNECK WIEDERERÖFFNET Derselbe Fluss – mehr Energie: Das neue Kraftwerk Hagneck liefert 40 % mehr Strom als das alte. Dank moderner Technik punktet es durch eine hohe Energieeffizienz. Der Bau besticht aber auch durch seine außergewöhnliche Architektur, die sich unauffällig in den Uferbereich des Hagneckdeltas einfügt. Das Kraftwerk Hagneck hat neben der Stromproduktion eine weitere wichtige Funktion: Seine deutlich erhöhte Abflusskapazität bietet in der Zukunft einen effizienten Hochwasserschutz. Insgesamt wurden 100.000 m³ Fels und Molasse ausgehoben sowie 50.000 m³ Beton verbaut. Die neue Wehranlage besteht aus vier Wehrfeldern von je 15 m Breite. Das Kraftwerk erzeugt 110 GWh Strom, eine Menge, die den Jahresbedarf von 30.000 Haushalten deckt. Die Kosten für den Neubau belaufen sich auf rund 150 Mio. Schweizer Franken.

Foto: Hydroconnect

Umweltminister Andrä Rupprechter, Nino Struska, Walter Albrecht und Univ.-Prof. Günther Brauner (TU Wien) bei der Preisverleihung. (v.l.)

ÖSTERREICHISCHER STAATSPREIS FÜR HYDROCONNECT Aus über 100 Einreichungen in drei Kategorien nominierte eine renommierte Fachjury die zukunftsweisendsten Umweltprojekte des Landes. Die stromproduzierende Fischwanderhilfe überzeugte dabei mit ihrer absoluten Umweltfreundlichkeit bei gleichzeitig hocheffizienter Stromproduktion. Am 16. Oktober überreichte Umweltminister DI Andrä Rupprechter in der Aula der Wissenschaften den Geschäftsführern von Hydroconnect Walter Albrecht und Nino Struska den diesjährigen Staatspreis für Umwelt & Klima. Er kürt die bisher dichte Reihe an Preisen, wie den 3. Platz beim Green Business Award 2014, den Sonderpreis „Umwelt“ sowie den 3. Platz beim NEPTUN Wasserpreis 2015. Die fischfreundlichen Wasserkraftschnecken von Hydroconnect gibt es bereits am Kraftwerk Retznei an der Steirischen Sulm sowie beim Schaukraftwerk Jeßnitz in Neubruck zu besichtigen. Dezember 2015

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HYDRO

Foto: VERBUND

Alois Stöger/Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und Ulli Sima/Stadträtin für Umwelt und Tierschutz beim Spatenstich zum Fischaufstieg Nußdorf.

Foto: Wikipedia

Der Fluss Schwarza ist ein Nebenfluss der Saale

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AUFTAKT FÜR FISCHWANDERHILFE IN NUSSDORF Das Wehr Nußdorf wurde 1899 als Hochwasserschutzbau für die Stadt Wien errichtet. Seit 2005 liefert das Kleinkraftwerk Nußdorf Energie für Wiens Bevölkerung. Für Fisch & Co. war hier aber bisher immer Endstation. Durch das Wehr und Kraftwerk können Fische, die sich auf ihrem Weg donauaufwärts für den Donaukanal entschieden haben, nicht mehr zurück in die Donau wandern. Die neue Fischaufstiegshilfe wird diese Barriere beseitigen und Donau und Donaukanal wieder zu einem Lebensraum durchgängig verbinden. Bundesminister Alois Stöger, Stadträtin Ulli Sima und Sektionschef Wilfried Schimon sowie hochrangige Vertreter der Behörden, Kraftwerkspartner und der abwickelnden Unternehmen haben mit dem symbolischen Spatenstich den Bau für die Fischwanderhilfe gestartet. KOMPROMISS IM STREIT UM WASSERKRAFTWERK Der gestoppte Bau der Wasserkraftanlage Rote Mühle an der Schwarza im Kreis Saalfeld-Rudolstadt darf unter Auflagen wieder aufgenommen werden. Der Bau der Wasserkraftanlage war im Sommer 2012 nach teilweise nicht genehmigten Eingriffen in das Flora-Fauna-HabitatSchutzgebiet und Naturschutzgebiet Thüringer Wald gestoppt worden. Nach einem Bericht der MDR THÜRINGEN muss der neu gebaute Mühlgraben bei Mellenbach-Glasbach teilweise wieder abgetragen und Betonwände gestutzt werden. Um den Fischbestand zu schützen, müssen unter anderem Einschwimmsperren und engmaschige Rechen eingebaut werden. Außerdem dürfen die Betreiber dem Fluss Schwarza weniger Wasser für den Turbinenbetrieb entnehmen, wie ursprünglich genehmigt. Mit Baustart verlangt das Landesverwaltungsamt zudem eine Sicherheits-leistung: 100.000 Euro müssen hinterlegt werden. (Quelle: MDR Thüringen)


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KEIN KRAFTWERK AN DER RAMSAUER ACHE Das Verwaltungsgericht München hat den Bau eines Wasserkraftwerks an der Ramsauer Ache im Berchtesgadener Land einen Riegel vorgeschoben. Umweltschutz geht vor Energiegewinnung aus Wasserkraft - so der Tenor aus München. Kläger war der Bund Naturschutz in Bayern (BN) und der Landesfischereiverband. Zuvor hatte das Landesratsamt den Bau und den Betrieb der Wasserkraftanlage genehmigt, den Sofortvollzug aber verwehrt. Dem schloss sich nun der Richter in München an, da eine Klage der Naturschützer und der Fischer für Erfolgsversprechend gehalten wird. Die Argumentation wie die Süddeutsche berichtete: Die Ramsauer Ache stelle am sogenannten Felsentor auf etwa 300 Metern Länge einen naturnahen Bereich eines Fließgewässers dar, der dem gesetzlichen Biotopschutz unterliegt. Daher sei die Anlage nur genehmigungsfähig, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse daran bestehe. Hierin bestünden aber erhebliche Zweifel, so das Gericht.

Foto: Wikipedia

Der Fluss Talfer bei Bozen (IT)

Die Ramsauerache im Berchtesgadener Land

Foto: Wikipedia

55 MILLIONEN EURO FÜR DAS KRAFTWERK ST. ANTON Mit einer installierten Leistung von 72 MW und einer Jahresproduktion von 270 Gigawattstunden versorgt das Wasserkraftwerk St. Anto rund 100.000 Haushalte in Südtirol mit sauberen Strom. Die Betreibergesellschaft Eisackwerk will nach Übernahme der 30-jährigen Konzession, im Übereinkommen mit der Provinz Bozen, die Funktionsweise des Kraftwerks, verbessern. Vorallem die Sicherheit des Kraftwerks soll masgeblich verbessert werden. So kam es durch unkonstanten Betrieb zu starker Schwall- und Sunkbildung in einem Ausmaß von bis zu 1:16. Dies hatte verherrende Folgen für Mensch und Tier. In den vergangenen Jahrzehnten kam es bereits zu mehreren tödlichen Unfällen von Erholungssuchenden an der Talfer. Außerdem leideten auch zahlreiche Fischarten darunter. Das neue Maßnahmenpaket der Eisackwerke soll diesem Problem nun Herr werden. (Quelle: Stol.it)

Der Griesssee im Kanton Wallis

Foto: Wikipedia

SCHWEIZ: STAUSEEN EXTREM GUT GEFÜLLT Trotz Hitzesommer haben die Schweizer Stauseen Ende September mehr Wasser aufgewiesen als im langjährigen Schnitt. Der Füllungsgrad betrug ganze 87,3 %. Der langjährige Schnitt beträgt 85,4 %. Verantwortlich dafür waren der tiefe Strompreis und der milde Winter. Der diesjährige Wasserstand bewege sich aber in der Bandbreite der letzten Jahre, relativiert Roger Pfammatter, Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes gegenüber dem Schweizer Blich. Von Spitzenwerten wie in den Jahren 2006 bis 2008, als die Seen zu deutlich über 90 Prozent gefüllt waren, sei man weit entfernt. Bei guten Preisen an den strombörsen könnten die Schweizer Spitzenstromproduzenten ihren Strom nun vorteilhaft verkaufen. (Quelle: blick.ch)

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Foto: Nivus

Begehbarer Kontrollgang der Staumauer

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DURCHFLUSSMESSUNG MIT KABELLÄNGEN VON 800 METERN Am Westrand der Vogesen, in der Nähe der Stadt Épinal, befindet sich der Stausee Bouzey. Der Stausee mit einem Speichervolumen von ca. 7 Millionen m3 stellt seit 1882 die gleichmäßige Wasserversorgung des „Canal des Vosges“ sicher. Als Abschluss des Sees wurde vor über 130 Jahren eine 20 Meter hohe und über 500 Meter lange Gewichtsstaumauer aus Mauerwerk errichtet. Diese war jedoch in ihrer Konstruktion falsch berechnet. So führte 1895 ein Hochwasser zum Bruch der Staumauer mit daraus resultierenden enormen materiellen Schäden und vielen Toten. Der Staudamm wurde wiederaufgebaut und in seiner Basis über eine Steinschüttung verstärkt. Innerhalb des Staudammes befinden sich 2 begehbare Kontrollgänge, deren Länge ca. 250 Meter sowie ca. 700 Meter betragen, und in denen sich das eindringende Sickerwasser sammelt und abgeleitet wird. Ein Erdbeben im Februar 2003 hat die Staumauer wieder etwas in Mitleidenschaft gezogen, welches sich unter anderem durch verstärkte Sickerwasserzuflüsse bemerkbar macht. Unter der Berücksichtigung der Auswirkungen des vergangenen Dammbruches hat sich der Betreiber entschlossen, diese Folgen zu untersuchen und eine verstärkte Kontrolle der Sickerwasserzuflüsse vorzunehmen, um einer eventuellen neuen Bedrohung zuvorzukommen. Da eine regelmäßige Überprüfung der Sickerwasserzuflüsse vor allem im unteren Kontrollgang sehr zeitaufwändig ist und unter erschwerten körperlichen Bedingungen stattfinden muss, sollen nun an den neuralgischsten Punkten des Dammfußes genaue und kontinuierlich arbeitende Durchflussmessgeräte der Firma NIVUS installiert werden. Bei der Suche nach einem geeigneten System hatte der Betreiber folgendes zu beachten: Normalerweise gehen Entfernungen zwischen Sensor und Messumformer selten über 100 Meter hinaus. Am Stausee Bouzey sind jedoch Leitungslängen von bis zu 800 Metern notwendig. Auf Grund der Verlegung im Staudammkörper funktionieren aber drahtlose Datenübertragungssysteme nicht. Eine neuentwickelte Funktion für das NivuFlow 750 konnte diese Anforderung erfüllen. Spezielle Leitungstreiberfunktionen erlauben nun Entfernung zwischen Sensor und Messumformer von insgesamt 1.200 Metern. Der Betreiber installierte darauffolgend das NivuFlow 750 für eine erste Versuchsmessung, um Erfahrungen im Betrieb zu sammeln.


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Hängen wir uns am Leitfaden doch einfach auf Foto: poldy_pixelio.de

Es ist schon eine gute Weile her, seitdem sich Kraftwerkserrichter und -betreiber auch mit Fischaufstiegsanlagen befassen müssen. Nur ganz selten erweisen sich diese als überflüssig. Dagegen ist ja wahrscheinlich auch nichts Grundsätzliches zu sagen und die Techniker haben in der Entwicklung neuer Systeme ja auch ganz klar die Ideenführerschaft übernommen. Das ist gut so, denn sie wissen was sie tun. Um es sowohl den Planern als auch den Behördenvertretern etwas leichter zu machen, werden zu verschiedenen Themen sogenannte „Leitfäden“ erarbeitet. So auch der „Leitfaden zum Bau von Fischauf-stiegshilfen“. Nach schwieriger Schwangerschaft kam er im Dezember 2012 zur Welt und seitdem wird er behandelt, als wäre er ein Verfassungsgesetz. Ist er aber nicht – ein Leitfaden ist nicht mehr oder weniger als eine Planungsempfehlung, wie es eben der Name schon sagt. Aber versuchen sie doch einmal eine Planung zu machen, die auf den 102 Seiten des Leitfadens noch nicht durchgekaut und vorverdaut ist. Die Vertretung der hohen Behörde wird Ihnen ihr Konzept in der Luft zerreißen und ihnen dringend empfehlen, sich gefälligst an den Leitfaden zu halten. Etwas anderes können (und wollen) wir ja gar nicht beurteilen. Tja! Aber der Gängelung gehorcht, ist andrerseits schon wieder halb gewonnen. Seit der Erstellung des bewussten Leitfadens ging die Entwicklung einen großen Schritt vorwärts. Drei Jahre sind in der wissenschaftlichen Forschung eben doch schon ein erheblicher Zeitraum. Die Suche nach Lösungen, die die maßlose Geldverschwendung für den Bau der im Leitfaden bereits dankenswert approbierten Systeme endlich stoppen sollte, war in dieser Zeitperiode absolut erfolgreich. Nur zwei Entwicklungsrichtungen seien heraus gegriffen: die Fischaufstiegsschnecken und die Fischlifte. Monitoringsergebnisse der jüngsten Vergangenheit zeigen eindrücklich die tadellose Funktionsfähigkeit – nur manche Hydrobiologen sind von einer unergründlichen Innovationsscheu befallen und qualifizieren zum Teil ohne Prüfung neuere System einfach ab. Allerdings - nicht die Systeme sind unqualifiziert sondern jene, die nichts davon wissen wollen. Und nun sind wir wieder beim Leitfaden. Warum hat man sich entschlossen, „bloß“ einen Leitfaden zu verfassen und keine Verordnung daraus gemacht? Ganz einfach – weil ein Gescheiter wohl der richtigen Meinung war, dass sich sehr rasch sehr viel ändern wird und ein Leitfaden könnte auch sehr rasch in der Lage sein, diese Änderungen zu reflektieren und aufzunehmen. Ich sagte: könnte. Aber weit gefehlt – der Leitfaden bleibt jetzt erst einmal so wie er ist – er ist eh in Ordnung und außerdem – das wäre ja noch schöner wenn wir ihn schon wieder umschreiben müssen. Traurig wenn der Sinn eines notwendigerweise lebendigen Dokuments derart verkannt wird und damit erzwingt, dass immer und immer wieder Geld bei vielen Fenstern fürs geforderte Monitoring hinausgeworfen wird, obwohl die Funktionsfähigkeit eigentlich hinlänglich nachgewiesen ist. Vielleicht hat ja das Christkind Erbarmen mit meinem Wunsch nach einem, mit den neuesten Erkenntnissen mitwachsenden, lebendigen Leitfaden, an dem man sich nicht mehr aufhängen möchte. Das hofft

Ihr Pelikan

Prof. Dr. Bernhard Pelikan, Vize-Präsident der ESHA

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Bei der Gestaltung des Fassungsbereichs legte man viel Wert auf das harmonische Landschaftsbild im Matschertal.

KRAFTWERKSPROJEKT IM MATSCHERTAL SORGT FÜR AUFWERTUNG DER REGION Bei Wasserkraftprojekten gehen heute zumeist Begleitprojekte ökologischer Natur – aber häufiger auch andere – einher. So auch beim Bau des Kraftwerks am Saldurbach im Südtiroler Matschertal, bei dem gleich vier Zusatzprojekte für eine nicht unerhebliche Aufwertung der Region sorgten. Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von ca. € 9 Millionen wurde im Vinschgauer Bergdorf Matsch ein Ausleitungskraftwerk mit einer installierten Leistung von 3.404 kW, eine Mittelspannungsleitung, eine neue Beregnungsanlage, eine Abwasserleitung und eine Stromversorgung für die Matscheralm realisiert. Nach Baustart im Jahr 2013 konnten mit der Inbetriebnahme des Kraftwerks am 9. November 2015 die Projekte weitgehend abgeschlossen werden..

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Das Matschertal erstreckt sich hinauf bis auf die 3.700 m hohe Weißkugel. Der Saldurbach wird in den Sommermonaten dadurch reichlich mit Schmelzwasser versorgt.

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atsch ist eine Fraktion der Gemeinde Mals im gleichnamigen Matschertal des Südtiroler Vinschgaus. Das idyllische Bergdorf mit seinen umliegenden Höfen hat rund 500 Ein-wohner und liegt auf einer Höhe von 1584 m. Das Zentrum des Ortes bildet die Pfarrkirche des heiligen Florinus, der einer Legende nach aus Matsch stammen soll. Das Matschertal wird vom Saldurbach durchflossen, und zieht sich bis zur Weißkugel in 3.700 m Seehöhe hinauf. Dahinter befinden sich unter anderem auch die Ötztaler Alpen. Der Saldurbach wird deshalb in den Sommermonaten auch mit reichlich Gletscherwasser gespeist. Das

macht ihn für die Wasserkraft natürlich äußerst attraktiv, doch bislang führte noch kein Planungsvorhaben in der Vergangenheit zu einem konkreten Projekt. Vielleicht auch deswegen, weil das Matschertal in hohem Maß unberührte Natur aufweist. Sollte ein Kraftwerksprojekt hier spruchreif werden, war ein nachhaltiges Konzept gefordert. MATSCH UND MALS ZEIGEN MUT Als erschwerend kam der Umstand hinzu, dass das Förderkontinget für die Kleinwasserkraft in Italien in den letzten Jahren gesunken ist. Trotz des geringen Einspeisetarif zeigten sich die Gemeinde Mals und die


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Bei der Beregnungsfassung am Upitalbach setzt man auf einen selbstreinigenden Coanda-Rechen aus dem Hause Gufler.

Fraktion Matsch gewillt, ein Projekt für die zukünftigen Generationen im Matschertal umzusetzen. Gemeinsam wurde zu diesem Zwecke die Saldur Konsortial GmbH gegründet und die Planung eines Kraftwerks am Saldurbach in Auftrag gegeben. Hierfür wurde das ebenfalls aus Mals stammende Planungsbüro „Ingenieure Patscheider & Partner GmbH“ ins Boot geholt. Das etablierte Südtiroler Traditionsunternehmen aus dem Vinschgau wurde zudem mit der Durchführung der Ausschreibung, der Genehmigungsphase und der Projektleitung betraut. NEUE 20 KV MITTELSPANNUNGSLEITUNG FÜR DAS MATSCHERTAL Das Vorhaben am Saldurbach rief schon bald weitere Initiatoren auf den Plan, die sich mit eigenen Projekten dem Kraftwerksprojekt anschließen und die dabei entstehenden Synergien nutzen wollten.

Die technische Infrastruktur von Matsch war in die Jahre gekommen. So sorgte noch eine alte 10 kV Freileitung für die nötige Stromversorgung in der Region. Der stetig steigende Energieverbrauch und die Exponiertheit der Freileitung in den Wintermonaten brachte die Gefahr langer Stromausfälle mit sich. Die Verlegung einer neuen Mittelspannungs-Erdleitung ist jedoch sehr kostenintensiv und somit bei 500 Einwohnern schwer wirtschaftlich darzustellen. Da kam für Matsch das Kraftwerksprojekt genau richtig, denn die bestehende Freileitung wäre für einen Stromtransport völlig unzureichend gewesen. Der Netzbetreiber Selnet stand somit in der Pflicht, wie in Südtirol bei Kraftwerksprojekten vorgeschrieben, die nötige technische Infrastruktur herzustellen. So konnten sich die Bewohner von Matsch nun über die Verlegung einer neuen 20 kV Erdleitung freuen.

STROM FÜR DIE ALM UND NEUE ABWASSERLEITUNG FÜR MATSCH Diese Chance nütze auch die nahegelegene Matscheralm und beantragte einen Anschluss an das Stromnetz. Zuvor versorgte sich die Matscheralm in den Sommermonaten noch autark. Im Winter musste gänzlich auf Strom verzichtet werden. Der Almwirtschaft bieten sich nun dank einer durchgehenden sicheren Stromversorgung neue Möglichkeiten. Die Grabungsarbeiten für Druckrohr- und 20 kV Mittelspannungsleitung nützte die Gemeinde zusätzlich, um die Mitverlegung einer Abwasserleitung in Auftrag zu geben. Einige Höfe bei Matsch konnte so nun erstmals an das regionale Abwassersystem angeschlossen werden. NEUE BEREGNUNGSANLAGE Doch damit nicht genug, denn ein weiteres Begleitprojekt gesellte sich in Form einer

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Bei der Wasserfassung am Saldurbach entschied man sich für ein robustes Tirolerwehr mit einem rechtsseitigen Geschiebe-Spülschütz. In der Mitte wird das Tirolerwehr zum Zwecke der dynamischen Restwasserabgabe in der Höhe von 25% überflossen.

Beregnungsanlage hinzu. Hierfür muss man wissen, dass der Vinschgau durch seine besondere Kessellage am Alpensüdrand zu einer der sonnenreichsten und trockensten Gegenden im Alpenraum zählt. So müssen selbst Grünflächen künstlich bewässert werden. Zuständig für die dafür benötigte Infrastruktur ist das Bonifizierungskonsortium Vinschgau – eine Körperschaft öffentlichen Rechts. In Matsch sollten die Bauarbeiten nun genutzt werden um die alten Bewässerungswaale durch ein modernes Beregnungssystem zu ersetzen. Hierfür schloss sich das Bonifizierungskonsortium dem Kraftwerks-

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vorhaben mit einem umfangreichen Begleitprojekt an. Die Planung übernahm auch hier das Malser Ingenieurbüro Patscheider & Partner. COANDA-RECHEN AM UPITALBACH Für die Dotation der Beregnungsanlage wurde am Upitalbach, einem Zufluss des Saldurbachs, eine eigene Wasserfassung in Form eines Coanda-Rechens errichtet. Dieser wurde vom Südtiroler Stahlwasserbauexperten Gufler Metall konstruiert und gefertigt. Außerdem lieferte Gufler auch sämtliche Schütze und Armaturen für die Apparatekammer.

Der Coanda-Rechen wurde auf eine Ausbauwassermenge von 250 l/s dimensioniert. Die Höhe der Restwasserabgabe ist fix mit 20 l/s vorgeschrieben. Um die Versorgungssicherheit für die Beregnungsanlage zu garantieren, wurde die Beregnungsanlage an die Druckleitung des Kraftwerks angeschlossen. Sollte der Upitalbach also zu wenig Wasser führen, so holt sich die Beregnungsanlage das fehlende Wasser aus der Kraftwerksleitung. Hierfür wurde in der Druckhaltekammer des Beregnungssystems ein Schwimmerventil installiert, das bei einem Absinken des Wasserstandes aufmacht und Wasser aus der Druckrohrleitung einlässt.


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Matsch liegt im gleichnamigen Matschertal auf rund 1.550 Metern Seehöhe und ist über eine schmale Bergstraße von Mals aus erreichbar.

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GESCHWEISSTE STAHLDRUCKROHRE Der Wasserfassung anschließend folgt die Apparatekammer mit Rohrbruchklappe die ebenso von der Firma Gufler Metall hergestellt und geliefert wurde. Sämtliche Anlagenteile an der Wasserfassung wurden unterirdisch angelegt, um das ursprüngliche Landschaftsbild nicht zu stören. Der Eingangsbereich wurde deshalb auch mit einer ansprechenden Holzverkleidung versehen. Von der Apparatekammer gelangt das Ausbauwasser weiter in die 7,250 m lange beschichtete Stahldruckrohrleitung mit der Dimension DN800. Die Wahl des Rohrtyps war dabei eine besondere Herausforderung im Ausführungsprojekt: „Von der ursprünglich angedachten Gusslösung kamen wir zur Stahlleitung und konnten so ca. € 1 Mio. einsparen. Die Unternehmen garantierten uns zudem auch die Verlegung der Stahlleitung in der vorgesehenen Zeit“, so Dr. Gostner.

Rechtsseitig des Tirolerwehrs befindet sich der Wintereinlass (li) und der Schieber für die fixe Restwasserabgabe (re). Durch das Geschiebe-Spülschütz soll dieser Bereich selbst bei hohem Geschiebeandrang stets frei bleiben.

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TIROLERWEHR AM SALDURBACH MIT GESCHIEBE-SPÜLSCHÜTZ Für die Wasserfassung des Kraftwerks wurde am Saldurbach ein robustes Tirolerwehr aus dem Hause Gufler in Kombination mit einem Zweikammer-Entsanderbauwerk realisiert. Letzteres wurde großzügig angelegt, da der Saldurbach besonders in den Sommermonaten viel Geschiebe mit sich transportiert. Aus diesem Grunde wurde im Tirolwehr auch ein Spülschütz integriert. „Wir hoffen dadurch angesammeltes Geschiebe im hinteren Wehrbereich weiterspülen zu können“, so Dr. Ing. Walter Gostner, Geschäftsführer und Verantwortlicher für den Bereich Wasserbau der Ingenieure Patscheider & Partner GmbH. Vor allem der in Fließrichtung gesehen rechte Wehrbereich soll dadurch frei gehalten werden, denn hier befinden sich zwei Einläufe. Zum einen der Wintereinlauf und zum anderen die fixe Restwasserentnahme. Ein durch einen Durchflussmesser gesteuerter Schieber sorgt hierbei für die stets korrekte Restwasserabgabe von 96 l/s. In den Sommermonaten, solange die Wasserfassung über das Tirolerwehr erfolgt, muss zusätzlich eine dynamische Restwasserabgabe in der Höhe von 25 % abgegeben werden. Dies geschieht durch das Überfließen der Wehrfläche in selbigem Verhältnis. Auch hier war die Firma Gufler Metall aus dem Südtiroler Passeiertal für die Umsetzung zuständig. Für die Bachverbauung, Aushub, Betonarbeiten, Geländeverbauung und den Aushub im Fassungsund Entsanderbereich wurde das Südtiroler Unternehmen Marx AG beauftragt.

Verlegt wurden die Rohrelemente von der Firma Marx AG in Zusammenarbeit mit einem weiteren regionalen Partner. Für eine sichere Verbindung der Elemente untereinander sorgten die Schweißexperten der Firma Gufler Metall. Hier konnten die Projektverantwortlichen besonders von der Expertise des Südtiroler Stahlwasser-

bauers profitieren. Die Verlegung der Rohrleitung erfolgte ohne größere Probleme. In einem kurzen Abschnitt hatte man jedoch Schwierigkeiten mit einem instabilen Hang. Mittels einer Drainageleitung wird dieser nun entwässert und man hofft, das Problem dadurch in den Griff bekommen zu haben. Dezember 2015

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Die Monteure der Firma Geppert bei der Inbetriebnahme der fünfdüsigen Pelton-Turbine. Mit einer installierten Leistung von 3.404 kW wird eine Jahresarbeit von 11,3 Millionen kWh angepeilt.

Um potentielle Hangrutschungen festzustellen wurden anschließend an einigen Stellen noch Inklinometer gesetzt. KRAFTHAUS OBERHALB DER RESCHENSEE-WASSERFASSUNG Nach Überwinden einer Nettofallhöhe von 424,7 m gelangt das Ausbauwasser in das auf rund 1.680 Metern Seehöhe gelegene, neu errichtete Krafthaus. Dieses liegt direkt oberhalb der Wasserfassung für den Stausee des Kraftwerks

Glurns – dem Reschensee im Obervinschgau. Im Krafthaus sorgt eine Pelton-Turbine vom Typ PV 5-81 mit fünf gesteuerten Düsen aus dem Hause Geppert für die effektive Stromproduktion. Bei einer maximalen Ausbauwassermenge von 900 l/s und einer Drehzahl von 1.000 Upm arbeitet die Anlage mit einer maximalen Leistung von 3.404 kW. Die Steuerung des Maschinensatzes übernimmt ein modernes SCADASystem mit Fernwartung der Firma EN-CO aus Ratschings.

INBETRIEBNAHME ANFANG NOVEMBER Nach 5 Jahren Genehmigungs- und 1,5 jähriger Bauzeit konnte das Kraftwerk am 9. November 2015 schließlich erfolgreich ans Netz geschalten werden. Bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund € 9 Mio. wird eine durchschnittliche Jahresarbeit von ca. 11,3 Millionen kWh angepeilt. In den nächsten Wochen soll mit der Fertigstellung der Arbeiten an der Beregnungsfassung das umfangreiche Projektvorhaben im Matschertal komplett abgeschlossen werden.

Technische Daten Kraftwerk Saldurbach:

Turbine: Pelton 5-düsig

Fabrikat: Geppert

Durchfluss: 900 l/s

Nettofallhöhe: 424,7 m

Leistung: 3.404 kW

Generator: Synchron

Fassung: Tirolerwehr

Fabrikat: Gufler

Jahresarbeit: 11,3 Mio kWh

Beregnungsanlage Upitalbach:

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Fassung: Coanda-Rechen

Fabrikat: Gufler


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Bereits 1898 ist das Kraftwerk Mambach im Schwarzwälder Wiesental in Betrieb gegangen. Im Rahmen eines umfassendes Retrofitprogramms wurde das dienstälteste Energiedienst-Kraftwerk wieder auf den Stand der Technik gebracht.

SÜDTIROLER VERJÜNGUNGSKUR FÜR ÄLTESTES ENERGIEDIENST-KRAFTWERK Seit Ende der 1890er Jahre ist das Schwarzwälder Traditionskraftwerk Mambach in der gleichnamigen Gemeinde in Betrieb. Es ist das älteste Kraftwerk im Wiesental, das bis vor kurzem zum Teil noch mit dem hochbetagten Original-Maschinensatz der ersten Stunde im Einsatz war. Im Zuge ihrer Retrofit-Initiative hat die Betreiberin, Energiedienst AG, nun ein umfassendes Modernisierungsprogramm an der Anlage umgesetzt. Als Kern des Projektes wurden die beiden alten Francis-Turbinen durch zwei hochmoderne Francis-Maschinen aus dem Hause Troyer AG ersetzt. Mit den neuen Maschinensätzen soll das Kraftwerk im Jahr rund 30 Prozent mehr Strom ans Netz liefern.

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chon zu seinen Lebzeiten attestierte man dem damaligen Bürgermeister von Zell im Wiesental Theodor Winter Aufgeschlossenheit, Weitsicht und einen ausgeprägten Sinn für den Fortschritt. All das hatte er unter Beweis gestellt, als er gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Anstoß für das Kraftwerk Mambach an der Wiese gab. Die Konzession dafür erging an die „Actiengesellschaft Helios für elektrisches Licht und Telegraphenbau“ aus KölnEhrenfeld, die das für damalige Verhältnisse enorm aufwändige Bauprojekt von 1897 bis 1899 in rund zweijähriger Bauzeit realisieren konnte. Kurz vor dem Anbruch eines neuen Jahrhunderts, am 22. Dezember 1899, nahm die Anlage den Betrieb auf. Bei dem Kraftwerk handelt es sich um ein Niederdruck-Ausleitungskraftwerk, das – grob umrissen – aus einem Stauwehr, einem 3,85 km langen unterirdischen Zufuhrkanal, einem Wasserschloss, einer stählernen Druck-

rohrleitung sowie dem Maschinenhaus und dem Unterwasserkanal besteht. Bis zum heutigen Tag wurde an diesem Konzept nichts geändert. ZULAUFKANAL – EINE MEISTERLEISTUNG Speziell der Bau des unterirdischen Zufuhrkanals gilt zurecht als technische Meisterleistung. Er ist teils als betonierter Stollen ausgebildet, teils aus dem Fels gesprengt. Außer an Sonn- und Feiertagen wurde in diesen zwei Jahren emsiger Bautätigkeit rund um die Uhr daran gearbeitet. Bis zu 300 Menschen waren damit beschäftigt, den Bau des Kanals voranzutreiben. Hartnäckig hält sich bis heute das Gerücht, dass sich unter den zahlreichen Mineuren der junge Benito Mussolini befand, der spätere italienische Faschistenführer. Belege dafür tauchten allerdings nie auf. Der Kanal ist im Schnitt zwei Meter hoch und zwei Meter breit, der Höhenunterschied zwischen dem Kasteler Stauwehr und den

beiden Turbinen in Mambach beträgt 38 Meter. Sieben Schächte wurden für Druckausgleich und Revisionsarbeiten integriert. Der Kanal kann bis zu 3,4 m3/s Triebwasser aufnehmen. Nach Durchlauf des Kanals gelangt das Wasser in das Wasserschloss. Von hier aus stürzt es fast senkrecht durch ein 80 m langes stählernes Druckrohr DN1500 hinunter und trifft im Maschinenhaus auf die beiden FrancisTurbinen. Über einen rund 200 m langen Unterwasserkanal gelangt das abgearbeitete Triebwasser zurück in die Wiese. INITIATIVE RETROFIT 1942 wurde das Kraftwerk von der „Kraftübertragungswerke Rheinfelden AG“ übernommen, dem Vorgängerunternehmen der Energiedienst AG, die auch noch heute Betreiberin der Anlage ist. „Das Kraftwerk hat tatsächlich eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich, einige Komponenten Dezember 2015

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Die beiden alten Turbinen aus den Jahren 1898 beziehungsweise 1924.

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ÖKOLOGISCHE MASSNAHMEN GESETZT „Eines war uns natürlich in Hinblick auf das denkmalgeschützte Ensemble des Kraftwerks Mambach bewusst: Die grundlegende Situation bleibt, wie sie ist. Technisch hingegen wird es komplett erneuert“, erklärt Rolf Hezel. Er räumt zwar ein, dass der Ausbaugrad nach heutigem Maßstab gering ist und eine deutlich höhere Triebwassermenge technisch möglich wäre. Allerdings wollte man, so Hezel, einerseits kein neues Wasserrechts-verfahren anstoßen und anderseits wäre ein Ausbau des bestehenden Oberwasserkanals aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar gewesen. Im Hinblick auf die Ökologie hatte man bereits vor 8 Jahren erste wesentliche Maßnah-

Foto: Energiedienst

wurden über die Jahrzehnte erneuert, modernisiert, ausgetauscht. Im Grunde ist das Kraftwerk aber noch so, wie es damals angelegt wurde“, sagt der Rolf Hezel, Leiter des Bereichs Kleinkraftwerke von Energiedienst und ergänzt: „Das Kraftwerk Mambach ist heute unsere dienstälteste Anlage – und zugleich aber auch unser leistungsstärkstes Kleinwasserkraftwerk.“ Als vor einigen Jahren von Energiedienst das Retrofit-Programm für betagte Kleinwasserkraftwerke ins Leben gerufen wurde, stand die Modernisierung des Kraftwerks Mambach ganz oben auf der Liste. Daneben sollten noch die ebenfalls historischen Anlagen Hottingen und Gündenhausen renoviert werden.

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Zwei neue Francis-Spiralturbinen von der Firma Troyer AG treiben in der altehrwürdigen Maschinenhalle je einen direkt gekoppelten Synchrongenerator an. Die neue Maschinenausrüstung ermöglicht eine Steigerung der Stromerzeugung um rund 30 Prozent.

men gesetzt, um den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gerecht zu werden. Es wurde eine Fischaufstiegshilfe an der Wehranlage integriert, über die 250 l/s ins Bachbett der Wiese abgegeben werden und zudem Dotationsöffnungen am Wehr geschaffen, über die zusätzlich noch Dotierwasser abgeführt wird. Insgesamt werden nun rund 360 l/s dotiert. Laut Rolf Hezel wären noch einige Zusatzmaßnahmen in Planung. Diese liegen derzeit allerdings auf Eis, da noch juristische Hürden mit einigen uralten Dienstbarkeitsrechten im Umfeld des Kraftwerks bestünden. UMFASSENDES SANIERUNGSPROGRAMM 2010, 2011 hatte man mit der Bestandsanalyse begonnen, gegen Ende 2012 ging es in die Planungsphase. Wieder ein Jahr später stiegen die Verantwortlichen von Energiedienst Rolf Hezel und sein Kollege Philip Stauß in die Projektleitung ein und stellten die Weichen für die folgende Projektumsetzung. Nachdem Ausschreibung und Vergabe der Baulose erfolgt waren, stand dem Bauvorhaben nichts mehr im Wege. Hezel: „Unser Ziel war es, die Anlage auf den Stand zu bringen, dass sie die nächsten 20 bis 30 Jahre wieder ohne größeren Sanierungsaufwand läuft. Dabei haben wir uns nicht nur auf die Maschinentechnik konzentriert, sondern auch Teile der stahlwasserbaulichen Einrichtung erneuert und adaptiert. Unter anderem wurde der alte Grobrechen auf einen modernen Horizontalrechen umge-


baut, und ein Feinrechen dahinter integriert. Bislang verfügte die Anlage nur im Wasserschloss über einen Feinrechen, der nun auch saniert wurde. Der Sandfangschütz wurde erneuert, und an der Einleitung des Kühnabachs wurde die Wehrklappe saniert. Parallel dazu wurden die Turbinen und Generatoren, der Transformator, sowie die Verteilrohrleitung komplett erneuert.“

erklärt Rolf Hezel. „Die alten Turbinen haben ihren Dienst erfüllt. Sie wären vielleicht noch ein paar Jahre gelaufen, aber es war der richtige Zeitpunkt für eine Modernisierung.“ Der Auftrag für die elektromaschinelle Renovierung ging an die Firma Troyer AG aus dem Südtiroler Sterzing, die ihrem guten Ruf auch beim Retrofitprogramm im Schwarzwald gerecht wurde. Im Lieferumfang des Südtiroler Turbinenspezialisten waren neben den beiden neuen Francis-Spiralturbinen auch die beiden Generatoren, der Transformator sowie ein strömungstechnisch optimiertes Verteilrohr enthalten. Darüber hinaus zeichnete die Troyer AG für die neue Steuerungs- und Automatisierungstechnik verantwortlich. ENGES TERMINKORSETT Als die Maschinen am 8. Mai dieses Jahres abgestellt wurden, hatten Rolf Hezel und sein Team einen festen Zeithorizont im Visier. Fünf Monate wurden für das ganze Retrofitprogramm veranschlagt. Ein enges Terminkorsett, das dank der guten Zusammenarbeit

aller Beteiligten und der souveränen Projektleitung eingehalten wurde. „Für uns war zum einen erfreulich, dass das Betriebspersonal hier sehr effizient und verlässlich mitgearbeitet hat und zum anderen, dass sich die Firma Troyer als hoch kompetenter Partner erwiesen hat. Was mich besonders beeindruckt hat, war, dass sämtliche Arbeitsschritte von der Vorbereitung bis hin zur Inbetriebset-zung reibungslos – ohne ein Schnittstellen-problem – verlaufen sind. Das spricht für die Firma Troyer.“ Ein zentraler Aspekt des neuen Maschinenkonzeptes bestand in der Asymmetrie der Größenaufteilung: Wie zuvor setzte man auf zwei ungleich große Francis-Turbinen, die nun im Größenverhältnis von Ein-Drittel-zuzwei-Drittel konzipiert wurden. Auf diese Weise lässt sich das gegebene Wasserdargebot der Wiese noch effektiver abarbeiten. Gerade in Niedrigwasserphasen kann mit der kleineren Francis-Turbine in Zukunft noch mit einem guten Wirkungsgrad Strom erzeugt werden.

Die „alte“ Steuerung stammte aus dem Jahr 2002.

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AUFTRAG AN SÜDTIROLER SPEZIALISTEN Gerade der Tausch der alten Maschinen war laut Betreiber hoch an der Zeit. Sie seien ja nicht nur sehr „pflegebedürftig und wartungsintensiv gewesen, sondern auch zu einem Risiko in Hinblick auf die Betriebssicherheit geworden. „Diese Maschinen wurden für einen dauerhaft mit Personal besetzten Betrieb gebaut, was natürlich in den letzten Jahrzehnten nicht mehr gewährleistet werden konnte. Bei Abschaltungen, oder bei Netzausfall durch Blitzschlag musste jemand zum Kraftwerk kommen. Schließlich war mit diesen Turbinen nur sehr eingeschränkt eine eigenständige Synchronisierung möglich“,

Im Zuge des Umbaus wurde auch die Anordnung der beiden Turbinen dahingehend geändert, dass sie hydraulisch optimal angespeist werden.

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Vom Wasserschloss fällt das Triebwasser fast senkrecht durch die Druckrohrleitung zu den beiden Turbinen.

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Die neue Steuerungs- und Automationseinheit wurde ebenfalls von den Wasserkraftspezialisten aus Südtirol realisiert.

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Foto: Energiedienst

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Kraftwerk Hottingen, Baujahr 1908

Das Kraftwerk Hottingen: Nur kurze Zeit nach der Inbetriebnahme des KW Mambach wurde mit den Planungen für das Kraftwerk Hottingen an der Murg begonnen. 1908 war es schließlich soweit: Das neue Kraftwerk im Hotzenwald ging – anfänglich mit einem Maschinensatz – ans Netz. Aufgabe des Kraftwerks war es ursprünglich, Strom für eine Weberei in der Umgebung zu erzeugen. Bei einer Ausbauwassermenge von 500 l/s erreichte die Anlage eine Leistung von 220 kW. In der Weberei trieb der Strom einen 135 PS starken Drehstrommotor an. 1943 wurde eine zweite Turbine mit ebenfalls 220 kW eingebaut. Seit 1992 gehört das Kleinkraftwerk zur Energiedienst-Gruppe, die das Kraftwerk 1996 revitalisierte. Regionale Bekanntheit erlangte das Kraftwerk nicht zuletzt durch die „letzte Maschinistin“, Mathilde Dötsch, die bis zu ihrem Tod 2003 in der Kraftwerkswohnung lebte. Man sagte ihr nach, dass sie – eigentlich die Gattin des letzten offiziellen Maschinisten – hörte und spürte, wenn mit „ihren“ Maschinen etwas nicht in Ordnung war.

Gerade einmal fünf Monate nahm der komplette Umbau in Anspruch.

OPTIMIERUNGEN ALLERORTENS „Wir haben nicht nur die Größenverhältnisse der Turbinen geändert, sondern auch deren Anordnung in der Maschinenhalle. Früher lag die kleinere Maschine im strömungsbegünstigen Teil des Zulaufs, während die Zulaufleitung hin zur großen Maschine einen 90-Grad-Bogen vollzog. In Hinblick auf den Gesamtwirkungsgrad war das natürlich suboptimal. Jetzt befindet sich auch die große Turbine in einer hydraulisch optimalen Zuströmung“, erklärt Hezel, um noch einmal auf die Druckrohrleitung Bezug zu nehmen: „Die 80 m lange Druckrohrleitung wurde ja schon in den 1950er Jahren erneuert. Wir haben sie überprüft – sie präsentierte sich noch in einem sehr guten Zustand. Was damals aber nicht getauscht wurde, war der unterirdische Zulauf im Maschinengebäude. In diesem Bereich war noch die Originalleitung von 1898 installiert – eine Rohrleitung aus genietetem Siemens-Martin-Stahl, der seinem Alter entsprechend auch schon recht spröde war.“ Gerade der Austausch dieser alten Zulaufleitung zählte zu den aufwändigeren baulichen Herausforderungen des Projektes. Aber auch in diesem Punkt konnten die Spezialisten der Firma Troyer ihre große Erfahrung unter Beweis stellen.

Von seinem Konzept her handelt es sich um ein Ausleitungskraftwerk. Das Wasser der Murg wird beim Stauwehr entnommen und über einen offenen, 32 m langen Oberwasserkanal in ein 778 m langes Betonrohr geleitet. Dieses führt mit einem Gefälle von 1,5 Prozent den Hang entlang bis zum Wasserschloss. Von hier schließt letztlich die 170 m lange Stahldruckrohrleitung an, in der das Wasser zu den Turbinen geleitet wird.

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20 PROZENT MEHR LEISTUNG Nach rund fünf Monaten aktiver Bau-, Montage- und Inbetriebsetzungsarbeiten war es schließlich soweit: Das modernisierte Kraftwerk Mambach synchronisierte Anfang Oktober dieses Jahres vollständig automatisch ans Netz. Der Zeitplan wurde eingehalten – und der erste Eindruck der Maschinen war überzeugend. „Auffällig ist natürlich, dass die Turbinen ausgesprochen laufruhig und leise arbeiten. Unter-

Das alte Maschinenequipment vor dem Umbau ...

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In den Jahren 2007 und 2011 hatte Energiedienst damit begonnen, die ökologische Situation am Kraftwerk zu verbessern. Man investierte in die Durchgängigkeit des Flusses: eine raue Sohlrampe ersetzt seitdem den bisherigen festen Wehrkörper und dient gleichzeitig als Fischpass. Durch den Fischpass werden 150 l/s abgegeben statt wie früher 15 l/s. Im Zuge des Projekts „Retrofit“ hat Energiedienst das Kleinwasserkraftwerk modernisiert. Es erhielt zwei neue Maschinen vom Südtiroler Wasserkraftspezialisten Troyer AG mit jeweils etwa 250 Kilowatt Leistung. Damit erhöht sich die Energieausbeute erheblich. Das Kraftwerk erzeugt jetzt Strom für etwa 650 Haushalte. Mit den neuen Turbinen kann nun bei hoher Wasserführung der Murg mehr Wasser zur Stromerzeugung genutzt werden, gleichzeitig bleibt bei geringer Wasserführung über das Jahr hinweg mehr Wasser im Fluss als bisher.

... und danach: Modernste Maschinentechnik aus dem Hause Troyer.


WIRTSCHAFTLICH DOPPELT SINNVOLL Im Gegensatz zu den beiden installierten Turbinen von 1898 und 1924 war die bestehende Steuerungsinfrastruktur keineswegs veraltet, sie wurde zuletzt 2002 erneuert. „Die bestehende Steuerung war auf keinen Fall schlecht, allerdings war ihre Effektivität eingeschränkt, da die beiden Turbinen nicht in der Lage waren, selbständig zu synchronisieren. Mit der neuen Steuerung der Firma Troyer haben wir nun wesentlich mehr Optionen und Stellschrauben an der Hand, um die Maschinen optimal, entsprechend der Wasserganglinie zu fahren“, sagt Rolf Hezel, der einschränkend mit einem gewissen Bedauern anmerkt: „Allerdings haben wir noch keine diesbezügliche Praxiserfahrung, da uns seit Wochen das dafür erforderliche Wasser fehlt. Leider ist es seit Wochen so trocken, dass wir die große Maschine noch nicht in Betrieb nehmen konnten.“

Das Kraftwerk Mambach ist das älteste Wasserkraftwerk im Wiesental. Das gesamte Ensemble ist denkmalgeschützt.

Obwohl man das Zusammenspiel der beiden Maschinensätze bislang noch nicht testen konnte, gehen die Betreiber von einem markanten Erzeugungsplus in ihrem ältesten Kleinwasserkraftwerk aus. Rund 30 Prozent mehr an Stromertrag sollte nach dem erfolgreichen Retrofitprogramm möglich sein. Rolf Hezel: „Aus wirtschaftlicher Sicht macht der Umbau absolut Sinn. Einerseits wurde die Stromproduktion markant erhöht. Anderseits können wir durch den Umbau den höheren EEG-Fördersatz in Anspruch nehmen. Ein doppelt positiver Effekt, in Hinblick darauf, dass nun mehr Ökostrom deutlich höher vergütet wird.“ Noch ist das Gesamtprojekt allerdings nicht ganz abgeschlossen. Derzeit läuft ein Energiedienst-internes Planungsprojekt, das darauf abzielt, in Zukunft eine Wärmepumpe mit der Abwärme der Generatoren zu betreiben. Damit könnte die alte Ölheizung abgelöst werden, mit der die Gebäude bislang beheizt wurden. Ein weiterer positiver Effekt in Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck des Kraftwerks.

Technische Daten Kraftwerk Mambach

Kraftwerktyp: Ausleitungskraftwerk Ausbauwassermenge: 3,4 m3/s

Gewässer: Wiese Baujahr: 1898

TURBINE AUS 1898 ZUR SCHAU GESTELLT Auch dem so wichtigen Aspekt des Denkmalschutzes wird noch Rechnung getragen. „Natürlich durften wir nichts am historischen Ensemble verändern. Speziell die Deckenkonstruktion in der Maschinenhalle wurde von den Fachleuten des Denkmalschutzes als hoch schützenswert eingestuft. Wir wollten unsererseits unbedingt die ältere, also die kleinere Turbine aus dem Jahr 1898 bewahren. Sie wurde vorsichtig demontiert und kann nach Abschluss des Projektes als Schauturbine aufgestellt werden. Wir sind derzeit auf der Suche nach dem dafür perfekten Platz“, so der Ingenieur von Energiedienst. Auch nach der erfolgten Modernisierung strahlt die älteste Kleinwasserkraftanlage im Wiesental den ehrwürdigen Charme eines alten, traditionsreichen Industriedenkmals aus. Doch der äußere Schein trügt in diesem Fall enorm. Dank seiner hoch modernen neuen Wasserkrafttechnik ist das Kraftwerk am Puls der Zeit und zudem wieder zukunftsfit für die nächsten Jahrzehnte.

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stützt wird dieser Eindruck natürlich von den Generatoren, die von der Firma Hitzinger stammen, und die vollständig wassergekühlt sind“, sagt Rolf Hezel. Noch wichtiger ist allerdings der Faktor Effizienz. Man habe zuvor 980 kW Leistung gehabt, allerdings nur mehr auf dem Papier, wie Rolf Hezel einräumt. Faktisch sei die Anlage nicht mehr über 900 kW Leistung gekommen. Mit den neuen Maschinen werden deutlich über 1100 kW erreicht. Das entspricht einem Leistungsplus von über 20 Prozent. Natürlich sei dies nicht nur dem besseren Wirkungsgrad der modernen Turbinentechnik zuzuschreiben, sondern nicht zuletzt auch der hydraulischen Optimierung im Zulaufrohr und der Anordnung der Turbinen. Hinzu kommen leistungsfähige Generatoren, sowie ein hoch moderner Transformator. All das Parameter, die den Gesamtwirkungsgrad eines Wasserkraftwerks positiv beeinflussen.

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Maschine 1

Nettofallhöhe: 37 m Turbine: Francis-Spiralturbine Ausbauleistung: 435 kW Generator: Synchrongenerator Nennscheinleistung: 540 kVA

Ausbauwassermenge: 1,35 m3/s Fabrikat: Troyer Nenndrehzahl: 750 Upm Fabrikat: Hitzinger Nennstrom: 452 A

Maschine 2

Nettofallhöhe: 37 m Turbine: Francis-Spiralturbine Ausbauleistung: 713 kW Generator: Synchrongenerator Nennscheinleistung: 900 kVA

Regelarbeitsvermögen: 7 GWh

Ausbauwassermenge: 2,25 m3/s Fabrikat: Troyer Nenndrehzahl: 600 Upm Fabrikat: Hitzinger Nennstrom: 753 A

Anstelle der uralten Verteilrohrleitung von 1898 wurde ein neues, strömungsoptimiertes Hosenrohr installiert.

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Nicht nur technisch hohe Qualität, sondern auch eine ansprechende Optik war das Ziel der Kraftwerksbetreiber im Osttiroler Assling. Nachts kommt der neue Maschinensatz besonders gut zur Geltung.

DICKES ERZEUGUNGSPLUS NACH ERFOLGREICHEM MASCHINENTAUSCH In Anbetracht der gegenwärtigen Marktsituation stand für das Osttiroler Energieversorgungsunternehmen Elektrowerk Assling ein vollständiger Maschinentausch in seinem ältesten Kraftwerk ursprünglich nicht zur Debatte. Doch nach eingehender Kalkulation zeigte sich, dass der Umbau von den zwei alten Maschinensätzen zu einem einzigen fünfdüsigen PeltonMaschinensatz durchaus wirtschaftlich Sinn macht. Vor allem, weil es dadurch gelang, das Arbeitsvermögen um rund ein Viertel zu erhöhen. Das Bauvorhaben wurde im Sommer dieses Jahres in gerade einmal neun Wochen von den erfahrenen Wasserkraftbetreibern aus Osttirol bewerkstelligt. Das erneuerte Traditionskraftwerk am Thalerbach besticht heute nicht nur durch modernste Wasserkrafttechnik, sondern auch durch eine markante Optik.

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er Thalerbach im Osttiroler Teil des Pustertals gilt als die Wiege der Wasserkraft in der kleinen Gemeinde Assling im Bezirk Lienz. 1927 wurde an seinem Ufer eine alte Mühle für die Stromerzeugung umgebaut. 100 PS Leistung stellte das erste lokale Kleinkraftwerk dafür bereit. Damit war nicht nur der Grundstein für den weiteren Ausbau der Wasserkraft gelegt worden, sondern zugleich auch die Geburtsstunde der „Elektrowerk Assling reg. Gen.m.b.H.“ gekommen, jenem genossenschaftlich geführten EVU, das bis zum heutigen Tag die Gemeinde mit Strom versorgt. „Mit dem Anstieg des Strombedarfs wurde ein weiterer Ausbau der Kapazitäten erforderlich. Aus diesem Grund wurde 1948 das Kraftwerk am heutigen Standort errichtet. Der Maschinensatz war auf 380 kW ausgelegt“, erzählt Prokurist und Geschäftsführer Harald Stocker,

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der am Rande auch auf die äußere Form des Kraftwerksgebäudes verweist, das einem traditionellen Bauernhof täuschend ähnlich sah. Zu frisch wären damals noch die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg gewesen, sodass man beschlossen hätte, die Anlage als Bauernhof zu tarnen, falls noch einmal Kriegshandlungen zu befürchten seien, so Stocker. 1955 kam ein zweiter Maschinensatz mit einer Leistung von 400 kW hinzu. Das Kraftwerk wird unter dem Namen „Stufe 1“ betrieben. WIRTSCHAFTLICHKEITSBERECHNUNG OFFENBART ÜBERRASCHUNG Die beiden vertikalachsigen 2-düsigen Peltonturbinen und die zugehörigen Generatoren versahen ihren Dienst über die letzten Jahrzehnte einwandfrei. Lediglich der Generator des jüngeren Maschinensatzes musste 1994

nach einem Blitzschaden ausgetauscht werden. „1995 haben wir auch die Wasserfassung erneuert und die bestehende Druckrohrleitung getauscht. Wir standen nun vor der Situation, dass es an der Zeit war, die 20 Jahre alte Steuerung auf den Stand der Technik zu bringen – und natürlich parallel dazu die Maschinen zu sanieren. Nach eingehenden Gesprächen mit unserem Spezialisten für Automatisierung und E-Technik, Robert Steindl von der Firma EN-CO, stellte sich auf einmal die Frage, ob nicht auch ein vollständiger Maschinentausch in Frage käme“, erzählt Betriebsleiter Konrad Jungmann. Tatsächlich zeigten eingehende Wirtschaftlichkeitsberechnungen, dass sich eine vollständige Erneuerung der elektromechanischen Ausrüstung auszahlen sollte, speziell da sich durch eine 5-düsige Turbinenvariante Vorteile im Wirkungsgradbereich erzielen


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Die fünfdüsige Peltonturbine aus dem Hause EFG wurde speziell für die Gegebenheiten am Standort optimiert.

UMBAU IN NEUN WOCHEN 2014 hatte das Elektrowerk Assling bereits mit dem Umbau an der Gebäudestruktur begonnen. Man hatte das Nebengebäude und das bestehende Krafthaus in Angriff genommen, sowie eine neue Garage gebaut. Anfang Juli dieses Jahres schlug nun dem alten Kraftwerk die Stunde: Die Stufe 1 wurde vom Netz genommen, die Umbauarbeiten konnten beginnen. Neun Wochen waren für den kompletten Umbau veranschlagt worden. Neun Wochen für Demontage, vorbereitende Bauarbeiten, Rückbau des alten Hosenrohrs und Installation des neuen Zulaufrohres, Lieferung, Montage und Inbetriebsetzung der Maschinen und die Implementierung der neuen Steuerungs- und Leittechnik. Ein höchst ambitionierter Zeitplan, der dank der ausgezeichneten Zusammenarbeit aller Beteiligten eingehalten wurde. Am 17. September ging die neue Stufe 1 wieder ans Netz. Was den behördlichen Vorlauf des Projektes anging, so verlief dieser rasch und reibungslos. Davon war auszugehen, schließlich wurde nichts an den Betriebsparametern verändert. Das Projekt konnte im Anzeigeverfahren abgewickelt werden, demzufolge für das Osttiroler EVU letztlich nur einigen e-technischen Auflagen nachzukommen war.

HÖCHSTE SICHERHEITSSTANDARDS Investitionen in die Wasserkraft sind für das Elektrowerk Assling auf einen langfristigen Horizont ausgerichtet. Aus diesem Grund war es den erfahrenen Wasserkraftbetreibern auch wichtig, dass man eine Turbine installiert, die sowohl modernste Effizienzkriterien erfüllt als auch höchste Robustheit und Langlebigkeit mitbringt. Die Wahl fiel auf eine Turbine aus dem Hause EFG. Das Turbinenbauunternehmen aus dem Kärntner Feldkirchen zählt seit über drei Jahrzehnten zu den innovativsten Wasserkraftunternehmen im Alpenraum, das sich weit über die österreichischen Grenzen hinaus einen Namen gemacht hat. Gerade die von EFG entwickelte und patentierte Formschlussbauweise für Peltonlaufräder garantiert höchste Qualität und Sicherheitsstandards. Davon waren auch die Kraftwerksbetreiber in Assling überzeugt, die Foto: zek

lassen und das Jahresarbeitsvermögen steigt. „Vor diesem Hintergrund und natürlich dem Umstand, dass auf diese Weise auch der Fördertarif für eine revitalisierte Anlage in Aussicht stand, haben wir uns für den Maschinentausch entschieden. In Zeiten wie diesen ist die wirtschaftliche Basis für so ein Projekt natürlich das Wichtigste“, so Harald Stocker.

seit Jahren EFG-Laufräder in ihren Anlagen verwenden. Vor diesem Hintergrund setzten sie EFG als Generalunternehmer für die elektromechanische Ausrüstung der Anlage ein. Gefertigt wurde die Turbine einmal mehr in bewährter Kooperation mit dem Südtiroler Wasserkraftspezialisten Tschurtschenthaler, der für das Turbinengehäuse verantwortlich zeichnete. „Die Firma EFG hatte wirklich keine lange Vorlaufzeit für das Projekt. Trotzdem hat das Team unter der Führung von Projektleiter Gero Pretis unsere Qualitäts- und vor allem auch unsere Terminvorgaben mustergültig eingehalten“, lobt Harald Stocker. NETTO-FALLHÖHE STEIGT Gründe für den Umbau von zwei horizontalachsigen 2-düsigen zu einer einzigen horizontalachsigen 5-düsigen Peltonturbine gab es mehrere. „In erster Linie stand natürlich die Steigerung des Wirkungsgrades im Vordergrund. Mit den fünf Düsen ist die Maschine in der Lage, der Wasserganglinie sehr exakt und am verfügbaren Wirkungsgradoptimum zu folgen. Selbst bei sehr niedrigen Triebwassermengen kann der Betrieb noch effizient mit einer Düse aufrechterhalten bleiben“, erklärt Konrad Jungmann . „Durch die Einbausituation der vertikalen Maschine steigt zudem die Nettofallhöhe, was sich natürlich im langjährigen Betrieb positiv bemerkbar machen wird. Abgesehen von diesen Wirkungsgradvorteilen benötigt man auch nur eine Steuerungseinheit.“ Die neue 5-düsige Turbine aus dem Hause EFG ist auf eine Bruttofallhöhe von 163,8 m und eine Ausbauwassermenge von 750 l/s ausgelegt und kommt auf eine Nennleistung von 970 kW. Das bedeutet eine Leistungssteigerung von über 21 Prozent gegenüber dem Altbestand – ohne dass man etwas an der Auch was die Steuerungseinheit angeht, ist das neue Kraftwerk Stufe 1 wieder absolut zukunftsfit.

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Ein Bild aus vergangenen Zeiten: Einer der beiden alten Maschinensätze, die nun ausgetauscht wurden.

MONTAGE MIT „SCHUHLÖFFEL“ „Für uns bestand die eigentliche Herausforderung bei diesem Projekt in der Maschinenmontage. Aufgrund der mit 3,67 m sehr geringen Raumhöhe in der Maschinenhalle hatten wir bereits im Rahmen der Angebotslegung die grundsätzliche Machbarkeit einer vertikalen Maschine durch den Entwurf mehrerer Lösungskonzepte durchgerechnet und nachgewiesen. Dabei zeigte sich auch, dass es für die Turbine lediglich eine einzige mögliche Position im bestehenden Raumlay-out gibt, an der sich der knapp 7to schwere Generator überhaupt montieren lässt, sowie der neu zu errichtende Unterwasserkanal vernünftig an den Bestand angebunden werden kann. In enger Kooperation mit dem Planer sowie dem Auftraggeber konnte in der Folge die ausgeführte Lösung erarbeitet werden, bei

dem die Monteure rund drei bis vier Zentimeter Spiel in vertikaler Richtung hatten. Es war die berühmte ‚Montage mit dem Schuhlöffel‘“, erinnert sich Gero Pretis. Teil des Montagekonzeptes war eine SpezialKrankonstruktion, die durch die beauftragte Firma Konecranes geplant und realisiert wurde. Dabei handelt es sich um zwei getrennte Kraneinheiten mit separaten Kranwagen und Laufkatzen. Damit wurde es möglich, den Generator seitlich zu fassen, ihn zwischen die Kranschienen anzuheben und sicher zu montieren. Die räumlich in allen Ebenen versetzte, bestehende Triebwasserzuleitung wurde zur Sicherstellung des optimalen Strömungsbildes am Eintritt in die Ringleitung analysiert und entsprechend aufwändig realisiert. Wesentlich unkomplizierter stellte sich die steuerungstechnische Ausrüstung des neuen Kraftwerks dar. Wie bei fast allen anderen Anlagen des Elektrowerks Assling zeichnete dafür der Südtiroler E-Technik-Spezialist EN-CO verantwortlich. „Wir haben schon vor ein paar Jahren damit begonnen, die Anlagen auf EN-CO-Steuerungen umzustellen und haben die Visualisierungen auf den gleichen Stand gebracht. Wir greifen heute von der Leitwarte aus auf die einzelnen Computer in den Kraftwerken zu. Für uns ist

Die Techniker der Firma EN-CO realisierten die Steuerung des neuen Kraftwerks.

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Wassermenge verändert hätte. Die Turbine dreht mit einer Nenndrehzahl von 750 Upm, wobei sie einen direkt gekoppelten Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger antreibt. Was das Regelarbeitsvermögen angeht, so dürfen sich die Betreiber über eine noch größere Steigerung freuen. Die durchschnittliche Jahresproduktion sollte sich mit dem neuen Maschinensatz um mehr als ein Viertel auf 6,1 GWh erhöhen.

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Rundum zufrieden mit dem Kraftwerksumbau: GenossenschaftsObmann Markus Lukasser, Betriebsleiter Konrad Jungmann und Geschäftsführer Harald Stocker. (v.l.)

Der Generator wird eingehoben.Die Montage im Krafthaus wurde zur Millimeterarbeit.

wichtig, dass wir bei Bedarf auch sehr schnell auf das Know-how der Firma EN-CO zugreifen können. Die Reaktionszeiten sind da sehr schnell“, so der Geschäftsführer des EWA. AUGENMERK AUF OPTIK GELEGT Ein wichtiges Thema in der Umsetzung des Bauvorhabens betraf den Schallschutz. Das Traditionskraftwerk Stufe 1 befindet sich nicht nur in unmittelbarer Nähe zum Büround Leitstellengebäude des EVU, sondern auch in der Nähe zu einigen Wohnhäusern. „Die alten Maschinen mit der Luftkühlung waren schon sehr laut. Der neue Generator hingegen ist wassergekühlt und werkseitig schon um einiges leiser. Außerdem wurde die Turbine von den Ingenieuren von EFG auf Stabilität hin optimiert. Hinzu kommt, dass das Gebäude ein massiver Betonkörper ist. Die Wände innenseitig wurden mit schallabsorbierenden Lochplatten verkleidet, auch die Glasfront an der Vorderseite hat schalldäm-

mende Eigenschaften. Der Erfolgt dieser Maßnahmen ist hör- und spübar – in allen Betriebspunkten ist die Turbine angenehm leise und ruhig, Rückkoppelungen von schallharten Oberflächen gibt es so gut wie keine“, sagt Harald Stocker. Auf die breite Glasfront wollte man auf keinen Fall verzichten. Schließlich legten die Betreiber großes Augenmerk auf die optische Gestaltung der neuen Anlage. „Weil das Kraftwerk ja direkt vor unserem Bürogebäude liegt, wollten wir auch eine optisch ansprechende Lösung. Auf Anregung des Architekten haben wir uns dann entschlossen, den Maschinenraum gänzlich in Schwarz zu halten. Dadurch kommt der Maschinensatz besonders gut zur Geltung.“ KONSEQUENT NACHHALTIG INVESTIERT Rund eine Million Euro hat die Genossenschaft in den Umbau des Kraftwerks investiert. Keine Kleinigkeit, speziell vor dem

Hintergrund der gegenwärtigen Marktsituation. Harald Stocker erläutert die Beweggründe: „Wir sind ja eine Genossenschaft, und für uns steht nicht die Gewinnmaximierung immer an erster Stelle. Es geht auch darum, dass unsere Anlagen optimal in Schuss gehalten werden. Aus diesem Grund investieren wir nachhaltig und konsequent in unsere Erzeugungsanlagen. Die Erfahrung hat uns in diesem Punkt stets Recht gegeben.“ Dabei stellt der Kraftwerksumbau nur einen Teil eines Gesamtprojektes dar, das im kommenden Jahr seinen Abschluss finden soll. Denn dann wird das Hauptgebäude aus den 1980ern abgerissen und neu errichtet. Für die Zeit des Neubaus wird das gesamte Büro mit der Leitwarte in einen zweistöckigen Container umziehen. „Wir freuen uns schon, dass wir nächstes Jahr ein neues Hauptgebäude bekommen. Dann sind wir wieder rundum zukunftsfit“, blickt Harald Stocker optimistisch nach vorne.

Technische Daten

Ausbauwassermenge: 750 l/s

Fallhöhebrutto: 163,80 m

Kraftwerkstyp: Hochdruck

Gewässer: Thalerbach

Turbine: 5-düsige Peltonturbine

Fabrikat: EFG

Ausbauleistung: 970 kW

Drehzahl: 750 Upm

Generator: Synchrongenerator

Fabrikat: Hitzinger

Nennleistung: 1.400 kVA

Nennstrom: 1.171 A

Nennspannung: 690 V

Gewicht: 7,3 to (inkl. WT)

Kühlung: Luft-Wasser

Überdrehzahl: 1.400 Upm

Druckrohrleitung: duktiler Guss

Ø DN600 / Länge: 1,2 km

Regelarbeitsvermögen: 6,1 GWh

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Am Gelände des bestehenden Salzach-Kraftwerks Kreuzbergmaut wurde das Maschinenhaus des neuen Kraftwerks Fritzbach im Salzburger Pongau errichtet. Die Anlage erzeugt Strom für 7.300 Haushalte.

FEIERLICHE EINWEIHUNG FÜR DAS NEUE WASSERKRAFTWERK FRITZBACH Am 9. Oktober wurde das neue Wasserkraftwerk Fritzbach im Salzburger Pongau feierlich seiner Bestimmung übergeben. Im Beisein zahlreicher Vertreter aus Politik und Wirtschaft wurde das neue Kleinkraftwerk – eine Kooperation von Salzburg AG und Österreichischer Bundesforste AG (ÖBf ) – offiziell in Betrieb genommen. Knapp zwei Jahre wurde intensiv an dem neuen Kleinwasserkraftwerk gearbeitet, in das die beiden Projektpartner rund 29 Mio. Euro investiert hatten. Die Anlage, die sich über die drei Gemeinden Hüttau, Pöham und Pfarrwerfen erstreckt, wird im Regeljahr rund 28 GWh sauberen Strom ans Netz liefern und damit rund 7.300 Haushalte versorgen. ie Sonne strahlte mit den Projektverantwortlichen um die Wette, als am 9. Oktober die Einweihungsfeier für das neue Kleinwasserkraftwerk Fritzbach begangen wurde. Beginnend mit der Grundsteinlegung am 4. Dezember 2013 wurde im Rahmen einer knapp zweijährigen, intensiven Bau- und Montagetätigkeit eines der modernsten Kleinwasserkraftwerke der jüngsten Zeit im Salzburger Innergebirge realisiert – das KW Fritzbach. Ob es richtig sei, in Zeiten extrem niedriger Stromerlöse noch in die Wasserkraft zu investieren, fragte Leonard Schitter, Vorstand der Salzburg AG, in seiner Eröffnungsrede, um diese Frage letztlich selbst mit einem uneingeschränkten Ja zu beantworten. „Wasser-kraftwerke sind Generationenprojekte, und es ist richtig, in sie zu investieren. Zudem sollte man nicht den Aspekt der regionalen Wertschöpfung außer Acht lassen: Rund 95 Prozent der investierten Summe verbleiben in der Region“, betonte Schitter.

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Salzburgs Energie-Landesrat Josef Schwaiger ergänzte: „Das Kraftwerk Fritzbach wird zur Erreichung der Salzburger Klima- und Energieziele beitragen, indem es zuverlässig sauberen Strom und erschwinglichen Strom liefert. Zudem ermöglicht die Investition von 29 Millionen Euro eine bedeutende heimische Wertschöpfung mit qualifizierten Arbeitsplätzen und setzt Impulse für die Zukunft.“ GRÖSSTES ÖBF-KRAFTWERK Das neue Kraftwerk, das als Gemeinschaftsprojekt von Salzburg AG und Österreichische Bundesforste AG (ÖBf ) umgesetzt wurde, ist vom Sinne der nachhaltigen Energiegewinnung geprägt. Dazu Bundesforste-Vorstand Georg Schöppl in seiner Eröffnungsrede: „Die Bundesforste engagieren sich seit mehreren Jahren für die Gewinnung von Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen und leisten damit einen aktiven Beitrag zur Energiewende. Als Naturraummanager und Gewässerbewirtschafter legen wir höchsten Wert auf eine

ökologische und nachhaltige Umsetzung unserer Projekte. Auch das neue Kraftwerk Fritzbach wurde möglichst schonend in den Naturraum integriert. Eine hochmoderne Fischaufstiegshilfe sorgt unter anderem für freie Fischwanderung am Fritzbach. Dieses neue Kraftwerk ist das siebte und zugleich auch größte Kleinwasserkraft-Projekt der Bundesforste bisher.“ Die beiden kooperierenden Unternehmen setzen auf den Ausbau von erneuerbaren Energiequellen und dabei in erster Linie auf Wasserkraft. Wasserkraft – so der Grundtenor – verbinde ökologische und ökonomische Zielsetzungen gleichermaßen. STRIKTES RESTWASSER-MONITORING Bei dem neuen Kraftwerk handelt es sich um ein Ausleitungskraftwerk, das sein Triebwasser an einer Wasserfassung mit Seitenentnahme, situiert in der Gemeinde Hüttau, einzieht. Nachdem das Wasser den Feinrechen im Fassungsbauwerk passiert hat, gelangt es


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über den Doppelkammer-Entsander in die Druckrohrleitung. Diese erstreckt sich über eine Länge von 8.700 m von der Wasserfassung bis hin zum Kraftwerksstandort Kreuzbergmaut, wo der Fritzbach in die Salzach mündet. Letztlich gelangt das Triebwasser mit einem Druck von 16 bar – das entspricht gemäß einem von Leonard Schitter angestellten Vergleich einer Wassersäule von 160 m – auf die sechsdüsige vertikalachsige Peltonturbine. Das abgearbeitete Triebwasser wird über einen kurzen Auslaufkanal in die Salzach geleitet. Pro Sekunde werden an der Wasserfassung bis zu 4,5 m3/s Wasser aus dem Fritzbach entnommen, wobei ein striktes RestwasserMonitoring die ökologische Verträglichkeit des Kraftwerksbetriebs sicherstellt. Ein Min-

dest-Sockel von 600 l/s muss ständig gewährleistet sein. 450 l/s werden über die als Vertical-Slot ausgeführte Fischaufstiegshilfe abgegeben, der Rest über eine Dotationsklappe an der Wehranlage. SCHLÜSSIGES VERKEHRSKONZEPT ZWINGEND ERFORDERLICH Die zweifellos baulich aufwändigste Komponente des neuen Kraftwerks stellt die 8,7 km lange Druckrohrleitung dar – eine der längsten Kraftwerksleitungen aus GF-UP in Österreich. Rund 6 km davon wurden in der Bundesstraße B99 zwischen Hüttau und Pfarrwerfen verlegt. Aufgrund der beengten Verhältnisse in dem Gebirgstal standen die Projektverantwortlichen großen logistischen Hürden gegenüber. Besonders aus verkehrs-

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Gemeinsamer Knopfdruck für den Start des neuen Kraftwerks: Salzburg AG Vorstand Leonard Schitter, Landesrat Hans Mayr, Landesrat für Energie Josef Schwaiger, die kleine Paula, Tochter von Projektleiter Thomas Friedrich, Pater Anton Außensteiner, Pfarrwerfens Bgm. Bernhard Weiß und Bundesforste-Vorstand Georg Schöppl. (v.l.)

technischer Sicht war das Projekt sehr heikel. Die Straße durch das enge Fritztal ist eine wichtige Verbindung zwischen den Pongauer Gemeinden, eine Umfahrung nur großräumig möglich. Aus diesem Grund war ein schlüssiges und funktionelles Verkehrskonzept unerlässlich. In der Folge erwies sich die installierte Ampelregelung als sinnvolle Maßnahme, die Landesstraße war permanent befahrbar. Nicht zuletzt, da die Bürger aktiv in den Projektverlauf eingebunden wurden, stießen die Verkehrsbehinderungen letztlich auch auf keine großen Widerstände und das Kraftwerksprojekt als Ganzes auf breite Zustimmung in der Bevölkerung. Um die Verlegearbeiten möglichst zügig abschließen zu können, waren teilweise gleich mehrere Partien gleichzeitig im Einsatz.

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Leonard Schitter (li) und Georg Schöppl (re) sprechen sich für die Wasserkraftnutzung aus.

ETERTEC GmbH & CoKG Campus 21 I Europaring F 08/201 2345 Brunn am Gebirge AUSTRIA Tel: +43-1-890 6403 Fax: +43-1-890 6403-DW64

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Eine von zwei Rohrbrücken über den Fritzbach

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Im Krafthaus ist von der 6-düsigen Peltonturbine aus dem Hause Kössler nichts mehr zu sehen. Sie treibt einen Synchrongenerator von ELIN Motoren an. Der hochwertige Maschinensatz erzeugt im Jahr rund 28 GWh.

schätzender Vorteil für das Tempo der Rohrverlegung. Der felsige Untergrund hatte auch sein Gutes: Ein Absinken der Rohre war damit ausgeschlossen. GERINGE LEITUNGSVERLUSTE Als Rohrmaterial wählten die Betreiber GFUP-Rohre – und zwar das qualitativ hochwertige Rohrsystem Flowtite von AMIANTIT. Die nach dem Wickelverfahren hergestellten Rohre aus Glasfaserkunststoff werden in Österreich von der Firma Etertec mit Sitz in Brunn am Gebirge exklusiv vertrieben. Die wesentlichen Argumente, die auch die Projektbetreiber überzeugten, liegen in der Langlebigkeit ohne zusätzlichen Korrosionsschutz und den geringen Leitungsverlusten aufgrund der minimalen Oberflächenrauigkeit der Innenwand. Das geringe spezifische Gewicht er-

Technische Daten

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Kraftwerktyp: Laufkraftwerk Ausbauwassermenge: 4,5 m3/s Turbine: Peltonturbine Düsenanzahl: 6 Ausbauleistung: 5,4 MW Generator: Synchrongenerator Nennscheinleistung: 6.300 kVA Staulänge: ca. 90 m RRM: Teleskop-RRM Fischwanderhilfe: Länge: 33,5 m Druckrohrleitung: Material: GF-UP Druckrohrleitung: Länge: 8.700 m Druckstufen: PN 6 / 10 / 16 Rohrbögen: 38 Regelarbeitsvermögen: 28 GWh

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Einzugsgebiet: 129,10 km2 Nettofallhöhe: 143,39 m Fabrikat: Kössler Laufrad-Durchmesser: 1,45 m Nenndrehzahl: 333 Upm Fabrikat: ELIN Motoren Gewicht: 50,7 to Wehrklappengröße: 13,5 m x 1,6 m Stahlwasserbau: GMT Anzahl der Becken: 11 Fabrikat: Flowitite / AMIANTIT Durchmesser: 1,60 m Rohrbrücken: 2 (29,4 m u. 32,3 m) Lieferant: Etertec

leichtert sowohl den Transport als auch das Handling. Dazu Ing. Thomas Friedrich: „Uns hat das FLOWTITE-System natürlich auch aufgrund der Wirtschaftlichkeit überzeugt. Bei einer Rohrstrecke von 8,7 km sind die Kosten ein entscheidender Faktor. Unser Projekt wäre ohne GF-UP-Rohre nicht wirtschaftlich darstellbar gewesen.“ Auch die allgemeine Flexibilität des Rohrsystems hatte er schätzen gelernt: „Dank der Steckmuffen, die eine gewisse Abwinkelbarkeit in der Verbindung erlauben, lässt sich der Rohrverlauf recht flexibel gestalten.“ Die Firma Etertec lieferte das GF-UP Flowtite Druckrohr in der Dimension DN1600, in der Festigkeitsklasse SN5000 und den Druckstufen PN6/10/16. Sie wurden in einer Mindesttiefe von 3 Metern verlegt und mit einer Mindestdeckung von 1m versehen.

Die GF-UP-Rohre vom Typ Flowite wurden in einer Mindesttiefe von 3 m verlegt.

Foto: Etertec

DURCHS GESTEIN MIT DER FRÄSE Auch der sicherheitstechnische Aspekt spielte bei der Verlegung eine zentrale Rolle. Die gesamte Trassenstrecke wurde vorab geologisch und sicherheitstechnisch überprüft. „Potentielle Gefahrenstellen wurden mit Steinschlagnetzen und Spritzbeton gesichert. Über den gesamten Bauverlauf hinweg stand der Bereich unter geologischer Beobachtung“, erzählt der der Projektleiter der Salzburg AG, Ing. Thomas Friedrich. Der Untergrund präsentierte sich über weite Strecken als felsiges Terrain. Sprengungen waren nicht zuletzt aufgrund von Verkehrssicherheit und logistischer Überlegungen unmöglich, daher setzte man auf eine Gesteinsfräse. Deren Einsatz brachte es mit sich, dass das Bett der Künette nicht nachgearbeitet werden musste. Ein nicht zu unter-


Im Zuge der Verlegearbeiten wurden auch die 30 kV-Leitung sowie die Kabel für Kabel-TV und Internet in den Untergrund des Fritztals verlegt.

Dank der Abwinkelbarkeit in den Rohrmuffen lassen sich auch Kurven ohne Rohrkrümmer realiseren.

von 32,3 m verlegt wurden. Die dafür erforderliche Tragkonstruktion aus Stahlfachwerk wurde von der Firma GMT Wintersteller GmbH aus dem Salzburger Kuchl realisiert.

Foto: GMT

ERHÖHTER HOCHWASSERSCHUTZ Das renommierte Salzburger Unternehmen war generell für die gesamte stahlwasserbauliche Ausrüstung des neuen Kraftwerks verantwortlich. Der Auftrag umfasste die Stauklappe an der Wasserfassung, zwei quadratische Fallschützen, ein Louver-Rechen, zwei jeweils 3,2 m breite Absperrschützen, eine TeleskopRechenreinigungsmaschine mit einer Putzbreite von 6,4 m. Außerdem kamen nebst den erwähnten Rohrbrücken auch noch diverse Schlosserarbeiten, Abdeckungen und kleinere Schützen hinzu.

Besonders hohe Bedeutung kommt dabei natürlich der stählernen Wehrklappe von GMT zu. Das 13,5 m breite und 1,6 m hohe Verschlussorgan an der Wasserfassung soll wesentlich dazu beitragen, dass das Gefahrenpotenzial künftiger Hochwässer eingedämmt wird. Ein ganz wichtiger Aspekt. Schließlich wurde gerade die Gemeinde Hüttau beim letzten größeren Hochwasser 2013 stark in Mitleidenschaft gezogen. „Das jetzige Klappenwehr ist in der Lage, ein Hochwasser, wie es 2013 stattfand, problemlos abzuführen und kann sogar ein 150-jährliches Hochwasser bewältigen“, so Friedrich. Nicht unerheblich auch die Bedeutung der Rechenanlage, schließlich zeigte sich bereits diesen Herbst, dass an der neuen Wasserfassung im Fritztal enorme Mengen an Laub

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RÜCKSICHT AUF WALLFAHRTSKAPELLE Abgesehen von den schwierigen geologischen und den beengten räumlichen Bedingungen im Fritztal kam noch die eine oder andere weitere Herausforderung auf das Bauteam zu. Insgesamt dreimal musste der Fritzbach gequert werden, einmal auch der Bahndamm der ÖBB. Außerdem war besondere Vorsicht geboten, als man mit der Rohrtrasse den Bereich der bekannten Wallfahrtskapelle in Pöham erreicht hatte. „Die kleine Kapelle mit ihren außergewöhnlichen Glasfenstern ist ein allgemein geschätztes Kleinod im Fritztal. Um sie nicht zu gefährden, wurde die Verlegung sehr behutsam vorgenommen – und das mit Erfolg“, so der Projektleiter. Insgesamt wurden 6 Mannlöcher und 3 Hydrantenanschlüsse in die Leitung integriert. Darüber hinaus wurden an zwei Stellen Rohrbrücken errichtet, auf denen einmal eine Flowtite Druckrohrleitung DN1600 PN10 über eine Spannweite von 29,4 m und beim anderen Mal eine Leitung desselben Typs DN1200 PN20 mit einer Spannweite

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Die vollautomatische GMT-TeleskopRRM hat mit dem hohen Laufanfall im Herbst jede Menge zu tun.

Eine solide Fachwerk-Stahlkonstruktion trägt die GFK-Rohrleitung.

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Die Wasserfassung in der Gemeinde Hüttau: Über eine Seitenentnahme wird das Triebwasser über einen LouverRechen geführt. Die Wehrklappe mit 16,5 m Breite trägt zur Hochwassersicherheit am Fritzbach bei.

anfallen, sodass die vollautomatische Teleskop-Rechenreinigungsmaschine der Firma GMT an manchen Tagen permanent im Putz-Einsatz war. Was den technischen Innenausbau des Fassungsgebäudes angeht, so waren dabei auch drei Schüler der HTL Salzburg involviert, die im Rahmen ihrer Maturaarbeit profunde Erfahrungen in Sachen Kleinwasserkraft sammelten. MANNIGFACHE SYNERGIEN GENUTZT Neben dem Hochwasserschutz wurden auch die Wasserqualität und damit die Ökologie am Fritzbach verbessert. Zu diesem Zweck wurde ein Pumpsystem installiert, das die gereinigten Abwässer der Kläranlage kurz nach Hüttau in die Rohrleitung des Kraftwerks

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einspeist. In enger Zusammenarbeit mit dem Gewässerschutz wurde zudem der Fritzbach renaturiert und ökologisch aufgewertet. Der Bach wies zuvor mehr als 20 Abstürze auf, die für die Fische unpassierbar waren. An sieben dieser Absturzbauwerke wurde die Durchgängigkeit wieder hergestellt. Generell versuchten die Projektbetreiber gemeinsam mit den Standortgemeinden im Zuge der baulichen Umsetzung eine Vielzahl an Synergiemöglichkeiten zu nutzen. So wurde etwa im Ortsteil Pöham, nachdem die Rohrleitung unterirdisch verlegt war, die Möglichkeit genutzt, die Landesstraße weiter von den Wohnhäusern entfernt neu zu errichten. Darüber hinaus wurden im Zuge der Rohrverlegung sowohl die 30 kV-Leitung

als auch Internet- und Kabel-TV-Leitungen mitverlegt, um auch dahingehend die Infrastruktur im Fritztal zu verbessern. Abgesehen davon wurde im Zuge des Kraftwerksbaus die Grundstückserweiterung der Volksschule Pöham umgesetzt und in derselben Gemeinde wurden sämtliche Straßenlaternen auf LED-Technik umgestellt. SOLIDES HERZ IM KRAFTHAUS Das technische Herz des neuen Kleinwasserkraftwerks befindet sich in einem neuen Krafthaus direkt an der Salzach. Es besteht aus einer 6-düsigen Peltonturbine, geliefert und montiert vom niederösterreichischen Wasserkraftspezialisten Kössler, sowie einem direkt gekoppelten Synchrongenerator des


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Das Kraftwerk ist eröffnet: ÖBf-Vorstand Georg Schöppl, Bgm. Pfarrwerfen Bernhard Weiß, Bgm. Hüttau Rupert Bergmüller, Bgm. Bischofshofen Hansjörg Obinger und Salzburg AG Vorstand Leonard Schitter.(v.l.)

Weizer Traditionsherstellers ELIN Motoren GmbH. Bei einer Ausbauwassermenge von 4,5 m3/s und einer Nettofallhöhe von 143,39 m ist die 6-düsige Peltonturbine mit ihrem 1,45 m großen Becherlaufrad auf eine Ausbauleistung von 5,4 MW ausgelegt. Der DS-Synchrongenerator, eine Schenkelpolmaschine mit bürstenloser Wechselstrom-

Foto: Salzburg AG

und Jahrzehnte sichergestellt. Die Energieableitung erfolgt über ein 30 kV-Kabel in das Mittelspannungsnetz des Netzbetreibers - der Salzburg Netz GmbH.

Erregermaschine aus dem Hause ELIN Motoren GmbH, ist für eine Nennscheinleistung von 6.300 kVA ausgelegt. Der rund 50 Tonnen schwere Bolide wird mit einer Nenndrehzahl von 333 Upm angetrieben. Dank dieses äußerst hochwertigen Maschinensatzes ist eine zuverlässige und effiziente Stromproduktion über die nächsten Jahre

NUMMER 30 IN DEN STARTLÖCHERN Der Standort an der Mittleren Salzach im Salzburger Pongau scheint für die Wasserkraft ein besonders guter zu sein: In den letzten zehn Jahren wurden hier nicht weniger als fünf Kraftwerke errichtet. Das Kraftwerk Fritzbach ist das jüngste davon. Es wird im Jahr durchschnittlich rund 28 GWh sauberen Strom liefern. „Damit können rund 7.300 Pongauer Haushalte versorgt werden. Außerdem werden dadurch mehr als 20.000 to CO2 eingespart“, sagte Leonard Schitter. Rund 29 Millionen Euro haben die beiden Projektpartner Salzburg AG und ÖBf zu gleichen Teilen in das Projekt investiert. Während das KW Fritzbach für die Bundesforste das siebte realisierte Kraftwerksprojekt ist, stellt es für die Salzburg AG das 29. in ihrem Kraftwerkspark dar. Salzburg AGVorstand Leonard Schitter abschließend: „Mit den Entscheidungen für das Kraftwerk Gries steht nun unsere 30. Quelle für sauberen heimischen Strom bereits in den Startlöchern.“

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Anstelle der beiden betagten Kraftwerke am Mühlenstandort errichteten die Betreiber ein modernes Kleinkraftwerk samt Fischaufstiegshilfe an der Feistritz.

SÜDOSTSTEIRISCHE TRADITIONSMÜHLE MAHLT MIT WASSERKRAFT Strom aus dem hauseigenen Wasserkraftwerk ist für die Schalk-Mühle im südoststeirischen Kalsdorf bei Ilz seit Jahrzehnten Teil einer der Nachhaltigkeit verpflichteten Firmenphilosophie. Das Familienunternehmen, das großen Wert auf die traditionellen Herstellungsverfahren ihrer hochwertigen Produkte legt, betrieb bislang zwei betagte Kleinkraftwerke am Firmenstandort. Doch die sind nun Geschichte. In rund zehn Monaten wurde an deren statt nun ein neues Kraftwerk am Letztstand der Wasserkrafttechnik entwickelt. Das Besondere am dabei eingesetzten Maschinensatz: Erstmalig kommt in Österreich eine Kaplanturbine mit Leitschaufeln aus Kunststoff zum Einsatz. Die neuartige Turbine aus dem Hause Kössler wird im Regeljahr rund das Doppelte der bisherigen Erzeugungsmenge liefern. er Standort der Schalk-Mühle in Kalsdorf bei Ils in der schönen südoststeirischen Thermenregion weist eine lange Geschichte auf. Bereits 1542 wurde hier ein Mühlenbetrieb erwähnt. 1828 wurde jene Mühle errichtet, die zu großen Teilen noch heute erhalten ist und sich seit 156 Jahren im Besitz der Familie Schalk befindet. Heute steht die Schalk Mühle KG für ein kleines Familienunternehmen, in dem Handwerk und der persönliche Kontakt zu Kunden und Mitarbeitern nach wie vor groß geschrieben werden. Die besondere Qualität des in der Schalkmühle gemahlenen Mehls sowie des bereits international geschätzten Steirischen Kürbiskernöls g.g.A. liegt zu wesentlichen Anteilen in der gelebten Nachhaltigkeit der Herstellung. Ein zentraler Bestandteil dieser

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nachhaltigen Produktionsprozesse besteht in der Energiebereitstellung, die aus dem hauseigenen Wasserkraftwerk stammt. Bis vor einem Jahr waren es noch zwei kleine Wasserkraftanlagen gewesen, die den Mühlenbetrieb mit sauberem Strom versorgt hatten. OLDTIMER GEHEN IN RENTE „Die nationale Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie war für uns der Initialfunke, mit den Planungen für einen Umbau zu beginnen. Wir wollten die Durchgängigkeit hier an der Feistritz realisieren. Das war 2013“, erzählt Rainer Schalk, der gemeinsam mit seinem Bruder Franz, das Familienunternehmen leitet. Der Altbestand umfasste zwei voneinander getrennte Kleinkraftwerke

am Mühlenstandort, die auf jeweils gegenüberliegender Uferseite situiert waren. Eine der beiden Anlagen war an einen kleinen Ausleitungskanal angebunden, über den sie mit maximal 3 m3/s gespeist wurde. Der alte Maschinensatz mit einer Francis-Turbine und einem Fliehlkraftregler aus den 1920ern und arbeitete zwar noch zuverlässig, aber keineswegs am Optimum. Auch in der anderen Anlage war noch ein echter Oldtimer am Werk, eine circa 100 Jahre alte FrancisTurbine aus dem Jahr 1922, die ihre Energie noch über ein Holzkammrad übertrug. „Die Regulierung der Feistritz führte vor einigen Jahrzehnten zu einer Eintiefung im Unterwasserkanal. Hierdurch bekam die kleinere Turbine von hinten Luft. Dies wurde zwar durch einen Schieber im Auslauf ausgegli-


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Moderne Maschinenlösung mit Riemenantrieb: Die erforderliche Schwungmasse für den gewünschten Inselbetrieb wurde in die Riemenscheibe der Turbine integriert.

chen und die Turbine erreichte anschließend eine etwas höhere Leistung von 27 kW, aber der Wirkungsgrad war alles andere als ideal“, sagt Rainer Schalk. In Summe erreichten beide Kleinkraftwerke zusammen noch 90 bis 100 kW. ÜBERWASSER BISLANG UNGENUTZT Doch zu Beginn stand nicht der Kraftwerksumbau im Mittelpunkt der Überlegungen, sondern vielmehr die Herstellung der bislang nicht gegebenen Organismen-Durchgängigkeit am Standort. Rainer Schalk: „Ursprünglich hatten wir ein Umgehungsgerinne geplant. Bei der gegebenen Kraftwerksinfrastruktur wäre dies aber für uns nicht mehr wirtschaftlich gewesen. Man muss bedenken, dass wir beim Bau eines Umgehungsgerinnes und der zusätzlich erforderlichen Dotationswassermenge rund die Hälfte des bislang genutzten Triebwassers verloren hätten. Statt wie bislang 700.000 kWh hätten wir nur mehr 350.000 kWh erzeugt. Und dafür hätten wir auch noch die hohen Kosten für den Umbau zu tragen gehabt. Diese Überlegungen haben uns schließlich dazu geführt, das gesamte Kraftwerkskonzept zu hinterfragen und auch einen Neubau nicht auszuschlie-

Ein Vertical-Slot-Fischpass, ausgeführt nach MABASystem, ermöglicht erstmals die Durchgängigkeit.

ßen.“ Nach eingehenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen war es tatsächlich die NeubauVariante, zu der sich die Brüder Schalk entschlossen. Begünstigt wurde dieser Entschluss nicht zuletzt durch den Umstand, dass bislang das Wasser der Feistritz am Mühlenstandort aus hydroelektrischer Sicht nicht optimal genutzt worden war. An dem alten Wehr sei eigentlich immer Wasser darüber geflossen, bemerkt Rainer Schalk. Das sollte sich ändern. Anstelle von bislang insgesamt 4,5 m3/s für beide Anlagen wurde nun die Ausbauwassermenge auf 9 m3/s erhöht. Diese Wassermenge sollte in Zukunft nur mehr von einer Anlage abgearbeitet werden, dem neuen Konzept zufolge blieb also nur ein Standort erhalten. Der andere wurde stillgelegt, der Zulaufkanal aufgefüllt. Vom naturnahen Umgehungsgerinne nahm man Abstand und entschied sich die Fischaufstiegshilfe als Vertical Slot Pass auszuführen. VERZÖGERUNG IM BAUVERLAUF „Die größten Hürden mussten wir zu Beginn des Projektes überwinden. Bereits die Behördenverfahren waren für uns sehr aufwändig. Und als wir mit dem Bau beginnen konnten, liefen die ersten Bauarbeiten auch

nicht gerade rund“, führt Rainer Schalk weiter aus. „Wir mussten ja in den Altbestand hinein bauen – und anfänglich bekamen wir die Baugrube nicht dicht. Aufgrund des schwierigen Untergrunds mussten wir immer wieder aufs Neue mit Spundwänden unterfangen, was uns viel Zeit gekostet hat. Ich denke, das ist der Punkt, den wir besser machen könnten, falls wir noch einmal ein neues Kraftwerk bauen. Durch diese Verzögerungen sind wir nicht wie geplant Ende Juli wieder in Betrieb gegangen, sondern erst wieder im August dieses Jahres. Der Spatenstich war im November vergangenen Jahres.“ Während das Ausleitungskraftwerk bereits im Oktober letzten Jahres vom Netz genommen wurde, konnte die andere Altanlage während der ersten Monate des Umbaus noch weiterlaufen. Erst im April wurde auch sie für immer stillgesetzt, sodass die Schalk Mühle rund fünf Monate ohne eigenen Strom auskommen musste. 2,5-FACHE TURBINENLEISTUNG Neben den massiven Umbauarbeiten für das neue Kleinkraftwerk wurden in der Folge auch der neue Fischpass errichtet und die Wehranlage mit moderner Stahlwasserbau-

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Seit über 150 Jahren gibt es die Schalk-Mühle.

Die Maschinen der Mühle werden mit Strom aus hauseigener Wasserkraft angetrieben.

Diverse kulinarische Feinheiten aus Kürbiskern und Getreide sind in der Schalk-Mühle erhältlich.

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Erstmalig in Österreich ist eine Turbine zum Einsatz gekommen, deren Leitschaufeln aus Kunststoff hergestellt wurden. Eine möglicherweise richtungsweisende Entwicklung aus dem Hause Kössler.

TURBINE MIT KUNSTOFF-ANTEIL Dass man sich für eine hochwertige Turbine aus dem Hause Kössler entschied, lag zum einen daran, dass die beiden jungen Müller aus der Südoststeiermark auf eine möglichst langlebige Variante setzen wollten. Zum anderen waren sie aber auch vom innovativen Potenzial der niederösterreichischen Turbinenbauer überzeugt. Als erste österreichische Kraftwerksbetreiber setzten sie nun auf eine High-End-Turbine, deren Leitschaufeln aus Kunststoff bestehen. In einem speziellen Herstellungsverfahren der Leitschaufeln wird Gießharz in einer Form auf den Wellenzapfen aus rostfreiem Stahl aufgebracht. „Das Ergebnis ist ein völlig korrosionsbeständiger und äußerst verschleißfester Bauteil. Daneben punktet diese Variante durch die ausgezeichnete Maßhaltigkeit der hydraulischen Form – und auch durch die gute Reparatur-

Technische Daten Ausbauwassermenge: 9 m3/s

Nettofallhöhe: 3,5 m

Turbine: Kaplan-Turbine

Fabrikat: Kössler

Laufraddurchmesser Ø : 1.590 mm

Nennleistung: 276 MW

Kraftübertragung: Antriebsriemen

Turbinen-Drehzahl: 190 Upm

Generator: Synchrongenerator

Fabrikat: Hitzinger

Nennscheinleistung: 340 kVA

Nennstrom: 490 A

Drehzahl: 750 Upm

Schleuder-Drehzahl: 2.100 Upm

cos phi: 0,8

Gewicht: 3 to

Elektrotechnische Ausrüstung: Schubert Elektroanlagen

Regelarbeitsvermögen total: 1,3 - 1,4 GWh

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fähigkeit des Kunststoffschaufelblattes“, erklärt Ing. Georg Neuber, Projektleiter der Firma Kössler. „Wir haben vor drei Jahren bereits eine erste Turbine in Schweden in Betrieb genommen. Die Betriebserfahrungen in dieser Zeit waren mehr als zufriedenstellend“, so Neuber. ZWISCHEN MUSEAL UND HOCHMODERN Im Leistungsumfang des niederösterreichischen Wasserkraftspezialisten war zudem eine Ausführungsvariante inkludiert, die zusehends selten nachgefragt wird: Inselbetrieb zusätzlich zum Netzparallelbetrieb. Die für den Inselbetrieb erforderliche Schwungmasse wurde dabei in die Riemenscheibe der Turbine integriert. „Uns war immer wichtig, dass wir vollständig autark sind“, erklärt Rainer Schalk. Schon bisher war es so, dass man mehr Strom erzeugt hatte, als die Mühle selbst verbraucht hatte. „Vor dem Umbau haben wir ungefähr die Hälfte des erzeugten Strom selbst verbraucht, heute erzeugen wir das Dreifache des Eigenverbrauchs. Einer optimistischen Kalkulation zufolge werden wir den durchschnittlichen Stromertrag im Jahr in etwa verdoppeln – von bisher 700.000 kWh auf ungefähr 1,3 bis 1,4 GWh. Was wir nicht selbst in der Mühle verbrauchen, wird beim E-Werk Lugitsch – ‚Vulkanlandstrom‘ eingepeist.“ Für das innovative Mühlenunternehmen spielt die Stromerzeugung aus Wasserkraft noch immer die gleich wichtige Rolle wie anno dazumal, als die Vorväter mit ihrer ersten Turbine Strom erzeugten. Schließlich stellt sie die Grundlage dafür dar, dass die hochwertigen Produkte der Schalk-Mühle zu 100 Prozent CO2-neutral hergestellt werden. Kein Wunder, dass man in der Schalk-Mühle neben Führungen durch die Mühle auch sehr gerne die installierte Wasserkrafttechnik präsentiert. Ein echtes Kontrastprogramm zwischen sehr alt, ja museal, und hochmodern. Foto: zek

technik ausgerüstet. Selbstverständlich sollte in jeder Hinsicht der Sprung von einer hauptsächlich manuell bedienten zu einem vollautomatisch betriebenem Kleinkraftwerk erreicht werden. Von ihrem Grundkonzept her ist das neue Kraftwerk ein Laufwasserkraftwerk mit seitlicher Entnahme. Das durch einen Feinrechen gefilterte Wasser wird über einen kurzen Weg entlang der Wehranlage dem neuen Maschinensatz zugeführt. Als Herz der neuen Anlage rotiert eine doppelt geregelte, vertikale Kaplan-Turbine aus dem Hause Kössler. Die Turbine mit einem Laufraddurchmesser von knapp 1,6 m ist bei einer Fallhöhe von 3,5 m und einem Ausbaudurchfluss von 9 m3/s auf eine Ausbauleistung von 276 kW ausgelegt. Ihre Energie überträgt sie über einen Antriebsriemen an einen Hitzinger-Synchrongenerator mit 340 kVA Nennleistung. Im Vergleich liegt die Leistungskapazität der neuen KaplanTurbine über dem 2,5-fachen des Altbestandes.

Der alte Maschinensatz wurde nicht abgerissen. Im Gegenteil - er wird restauriert und wird in Zukunft musealen Zwecken dienen.

Über eine seitliche Entnahme werden bis zu 9 m3/s Triebwasser eingezogen.


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Der vollautomatische Horizontalrechenreiniger aus dem Hause Mayrhofer Maschinenbau sorgt für einen ungehinderten Durchfluss an der Seitenentnahme.

BESTENS GERÜSTET FÜR EINE ERTRAGREICHE ZUKUNFT Beim Umbau des Kraftwerks Schalk-Mühle kam auch der neuen stahlwasserbaulichen Ausrüstung höchste Bedeutung zu. Vor allem die neue Wehranlage, in der eine spezielle Schützen-Lösung integriert wurde, sowie der neue Horizontalrechen spielen im Hinblick auf hohe Betriebssicherheit eine wichtige Rolle. Realisiert wurde dieses stahlwasserbauliche Equipment von der Firma Mayrhofer Maschinenbau aus dem steirischen Wenigzell, die ihren guten Ruf auch beim Auftrag in Ilz unter Beweis stellte. Die Anlage, die vom niederösterreichischen Ingenieurbüro IB Mosbacher geplant wurde, präsentiert sich auch in Hinblick auf den Hochwasserschutz heute stark verbessert.

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er Umbau der bestehenden Wasserfassung an der Schalk-Mühle stellte an alle Beteiligten eine erhöhte Herausforderung. Schließlich blieb der wesentliche bauliche Anteil des Querbauwerks erhalten, dieser sollte aber mit moderner Stahlwasserbau-Ausrüstung versehen werden. „An den Wehrfeldern herrschen extrem beengte räumliche Verhältnisse. Um entnahmeseitig eine Spülmöglichkeit zu schaffen, musste sich die Firma Mayrhofer etwas Besonderes einfallen lassen“, erklärt dazu Rainer Schalk. Die gemeinsam mit dem Planungsbüro IB Mosbacher realisierte Lösung sah letztlich so aus, dass man statt einer sonst üblichen Spülklappenlösung einen 0,6m hohen Spülschieber integrierte. Eine unkonventionelle, aber für diese Situation funktionelle und passende Lösung. Generell kommt dem neuen Verschlusssystem, das in Form von vollautomatisch betriebenen Schützen umgesetzt wurde, große Bedeutung zu. Schließlich wurde damit die Hochwasserabfuhr am Standort der Schalk-Mühle massiv verbessert.

FUNKTIONELLER HORIZONTALRECHEN Verbessert wurde natürlich auch die Gesamtperformance der Anlage, die im Regeljahr knapp das Doppelte an Stromertrag ans Netz liefern wird. Zu einem wesentlichen Teil ist dafür die Verdoppelung der Ausbauwassermenge verantwortlich, die von 4,5 m3/s auf 9 m3/s erhöht wurde. Das Triebwasser wird an der neuen Seitenentnahme gefasst. Diese ist rund 18 m lang und ist mit einem Fein-rechen ausgeführt, der ebenfalls von der Firma Mayrhofer geliefert wurde. Um für freien Durchfluss am selbigen zu sorgen, wurde in bewährter Weise ein Horizontalrechen installiert, der den Rechen vollautomatisch reinigt. „Im Zuge der Auftragsabwicklung haben die Techniker von Mayrhofer bewiesen, dass sie über großes Know-how in der Wasserkraft verfügen. Darüber hinaus haben sie alle Termine gehalten, was heutzutage auch nicht selbstverständlich ist. Zudem möchte ich auch unseren Planer Ingenieur Mosbacher lobend erwähnen, der das Projekt von Anfang bis Ende begleitet hat und der uns ein kompetenter und

sehr angenehmer Ansprechpartner war. Gemeinsam mit unserem Turbinenlieferanten, der Firma Kössler, hatten wir ein Team an der Seite, mit dem wir jederzeit wieder ein Kraftwerk bauen würden“, so Schalk abschließend. Stahlwasserbauliche Ausrüstung Mayrhofer Horizontalrechenreinigungsanlage Breite: 18 m, Höhe: 1,3 m Einlaufschütz Breite: 4,7 m, Höhe: 3,4 m; Antrieb: hydraulisch Grundablassschütz 1 Breite: 3,8 m, Höhe: 2,2 m; Antrieb: hydraulisch Grundablassschütz 2 mit integriertem Spülschieber Breite: 1,8 m, Höhe: 0,6 m; Antriebe: hydraulisch Auslaufdammbalken Breite: 5,2 m, Höhe: 1,9 m Hydraulikantrieb für bestehende Wehrklappe und inkl. Notschwimmerausrüstung Krafthauskran Spannweite: 7,7 m, Tragfähigkeit: 3,2 to. Antriebe: handmanuell Hydraulikanlage Nothandpumpenausrüstung

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Alle Fotos Energie AG

Seit Jahresbeginn wird im innerern Salzkammergut eifrig am Ersatzneubau des Kraftwerks Bad Goisern gearbeit. Die Inbetriebnahme ist im Herbst 2016 vorgesehen.

9-FACHE LEISTUNGSSTEIGERUNG DURCH NEUBAU DES KRAFTWERKS BAD GOISERN Rund 15 Millionen Euro investiert die Energie AG Oberösterreich in den Neubau des Kraftwerks Bad Goisern im inneren Salzkammergut. Das schon seit über 100 Jahren in Betrieb stehende Ausleitungskraftwerk an der Traun wird durch ein modernes sowie hoch effizientes Laufwasserkraftwerk ersetzt. Die Erzeugungsleistung der neuen Anlage vervielfacht sich gegenüber dem Altbestand um den Faktor 9 - und wird jährlich rund 13 GWh sauberen Ökostrom produzieren. rrichtet wird das neue Energie AG Kraftwerk unmittelbar am sogenannten „Eislpolster“, an welchem bisher das Wasser der Traun für das Altkraftwerk in einem Betriebskanal ausgeleitet wurde. Weil am alten Anlagenstandort ohnehin umfangreiche Investitionen in die elektrotechnische und maschinelle Ausrüstung angestanden wäre, wären, entschieden sich die Betreiber für eine große Lösung und den ErsatzNeubau des Kraftwerks. Die Bauarbeiten starteten bereits zum heurigen Jahresbeginn. Dass die rund 15 Mio. Euro Investitionskosten gut angelegt sind, bekräftigte Energie AG Generaldirektor Leo Windtner beim Pressetermin auf der Kraftwerksbaustelle Anfang November vor zahlreichen Medienvertretern: „Hier an der Traun befinden wir uns an der entscheidenden Wassertransversale Oberösterreichs, an der die Energie AG 12 Lauf- und 6 Speicherkraftwerke betreibt.

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Mit einer Gesamtleistung von 125.000 kW erzeugt man damit jährlich rund 675 Mio. kWh Strom. Genug Energie für rund 600.000 Menschen, in etwa die Hälfte der

oberösterreichischen Bevölkerung.“ Zudem verwies Windtner auf den wirtschaftlichen Impuls für die Region durch die Einbindung von heimischen Unternehmen. „Die um-

Energie AG Generaldirektor Leo Windtner (l.) und Technik-Vorstand Werner Steinecker machen sich einen Eindruck vom Baufortschritt.


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fangreichen Erd- und Betonbauarbeiten wurden an oberösterreichische Unternehmen vergeben. Auch alle anderen Bau- und Anlagenkomponenten wie Spezialtiefbau, Maschinensätze, der Stahlwasserbau oder die Elektrik werden von österreichischen Firmen ausgeführt", betont Energie AG TechnikVorstand Werner Steinecker. WEHRANLAGE BEREITS FERTIG GESTELLT Nach dem Rückbau des Altbestandes wurde als erster Bauabschnitt eine völlig neue Schlauchwehranlage mit zwei Wehrfeldern errichtet. „Durch bauliche Maßnahmen sowie eine Unterwassereintiefung bis hin zur Wehranlage konnten wir die Fallhöhe der Anlage von vormals 3 m auf 6,13 m mehr als verdoppeln“, erklärt Energie AG Projektleiter Stefan Jahn. In Kombination mit einer hocheffizienten Kaplan-Rohrturbine des Herstellers Kössler wird das Kraftwerk bei einem Ausbaudurchfluss von 52 m³/s eine Ausbauleistung von 2.600 kW erreichen. 13 Mio. kWh Ökoenergie lassen sich mit diesem Maschinensatz im Regeljahr erarbeiten. Bereits fertig gestellt wurden im ersten Bauabschnitt bereits der Fischaufstieg sowie eine an heimischen Querbauwerken seltene Floßgasse. Den Hintergrund dieser Durchgangsmöglichkeit für Wassersportler stellt die touristische Nutzung durch konzessionierte Raftingunternehmen dar. INBETRIEBNAHME 2016 Technik-Vorstand Steinecker rechnet mit der Fertigstellung der Bauarbeiten im Herbst 2016: „Wir sind sehr zufrieden mit dem bisherigen Bauverlauf und konnten im Oktober bereits mit dem zweiten Bauabschnitt beginnen, in dessen Zuge das Krafthaus errichtet sowie der Maschinensatz montiert wird. Die Problemstellung durch komplexe Bodenverhältnisse konnten sowohl von bautechnischer als auch von planerischer Seite hervorragend gelöst werden.“ Im gesamten Planungsprozess waren Vertreter der Gemeinde und Anrainer von Anfang an über den Bürgerbeirat in das Projekt eingebunden. Die Energie AG bemüht sich

Zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts im Kraftwerksbereich werden umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt.

dabei jederzeit um eine offene Kommunikation über die aktuellen Baufortschritte. Dadurch konnte auch die anfängliche Skepsis gegenüber dem Kraftwerksumbau ausgeräumt und eine breite Zustimmung zu dem Projekt bei der lokalen Bevölkerung gefunden werden. UMFASSENDE ÖKOLOGISCHE BEGLEITMASSNAHMEN WERDEN UMGESETZT Bei der Planung wurden auch umfassende ökologische Begleitmaßnahmen vereinbart: So wird der Durchfluss der Riedler Traun durch die Mühlau bei jedem Wasserstand gewährleistet und der Stillwasserbereich im Flussbogen des „Eisl Umadum“ wird auch nach dem Kraftwerksbau erhalten bleiben. Im Unterlauf des Kraftwerkes erfolgt eine Neugestaltung der Mündung des Stambaches, damit künftig die Fischpassierbarkeit in den Bach gegeben ist. Dazu werden im Flussbett der Traun Stummelbuhnen und

Felsrippen errichtet, die eine ökologische Strukturierung des Flusslaufes ergeben. Das Kraftwerk selbst wird mit einer Fischaufstiegshilfe und einem Fischabstieg ausgeführt. NEUE DRUCKLEITUNG FÜR KW GOSAU Ein weiteres Großprojekt der Energie AG im inneren Salzkammergut konnte erst im September am unweit gelegenen Pumpspeicherkraftwerk Gosau erfolgreich abgeschlossen werden. Dort machte der natürliche Materialabrieb einer seit 1913 im Einsatz stehenden Kraftwerksleitung aus genieteten Stahlrohren einen Austausch erforderlich. Um auch die zukünftige Betriebssicherheit der Anlage zu gewährleisen verlegte man im Zeitraum Mai bis September die Druckrohrleitung DN 1300 auf einer Länge von 442 m in geschweißter Stahlausführung völlig neu. In Summe wurden in die beiden Kraftwerksprojekte rund 18,7 Mio. Euro investiert.

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 53 m³/s • Bruttofallhöhe: 6,13 m • Wehranlage: Schlauchwehr • Turbine: Kaplan-Rohrturbine • Ausbauleistung: 2.600 kW • Jahresarbeit: 13 GWh

Im ersten Bauabschnitt errichtete man die zweifeldrige Schlauchwehranlage sowie den Fischauf- und Abstieg.

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Alle Fotos: AÜW

Die „Very Low Head“ (VLH)-Turbine des französichen Herstelles MJ2 Technologies kommt beim Kraftwerk Sulzberg Au in der Nähe der Stadt Kempten weltweit zum ersten Mal an einem alpinen Gewässer in Kombination mit einem Schlauchwehr zum Einsatz.

„VERY LOW HEAD“-TURBINE ALS WELTNEUHEIT IN ALPINEM GEWÄSSER IM EINSATZ Knapp ein Jahr nach dem Spatenstich am 14. November 2014 gab es Ende Oktober Grund zum Feiern am Kraftwerk SulzbergAu im Oberallgäu. Vor rund 150 geladenen Gästen wurden die beiden „Very Low Head“ (VLH)-Turbinen des französischen Herstellers „MJ2 Technologies“ durch einen Schwerlastkran in ihr Betonbauwerk eingehoben. Die VLH-Technologie kommt in Deutschland am Gewässer Iller zum ersten Mal an einem alpinen Gebirgsfluss mit hohem Geschiebe- und Treibholzanteil zum Einsatz. In Kombination mit der variablen Stauzielregelung durch ein wassergefülltes Schlauchwehr stellt das Projekt sogar eine Weltneuheit dar. Rund 3,9 GWh saubere Ökoenergie wird das höchst fischfreundliche Kraftwerk mit seinen beiden baugleichen Maschinensätzen jährlich erzeugen. Realisiert wird das Gemeinschaftsprojekt von der Allgäuer Überlandwerk GmbH sowie den Bayerischen Landeskraftwerken. n der sogenannten Hochzeit, wie das Einheben der jeweils 45 Tonnen schweren Turbinen in das Krafthaus bezeichnet wird, nahmen in der Nähe der Stadt Kempten mehrere prominente Festredner aus Politik und Wirtschaft teil. „Die VLH Technologie ermöglicht eine effiziente Erzeugung erneuerbarer Energien an Wehranlagen mit niedriger Fallhöhe. Bayernweit gibt es rund 700 solcher Staustufen, deren Standorte bislang als ineffizient galten. Bewährt sich die neue Technologie in einem

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alpinen Gebirgsfluss, wäre das ein neuer Durchbruch in der Nutzung der Wasserkraft“, erläuterte AÜW-Geschäftsführer Michael Lucke. Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle, AÜW-Verwaltungsratsvorsitzender, hob hervor, dass neben der Bauzeit auch das geplante Budget in Höhe von 8,7 Millionen Euro nicht überschritten wurde. Landrat Anton Klotz hingegen sah durch das Projekt den Beschluss des Landkreises bestätigt, bis zum Jahr 2022 70 % des benötigten En-

ergiebedarfs aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen. „Mit der Pilotanlage in Sulzberg Au wird ein wichtiger Schritt für den umweltverträglichen Ausbau der Wasserkraft in Bayern getan. Pionierprojekte werden benötigt, um im Praxistest Erkenntnisse über innovative Technik unter den Besonderheiten bayerischer Wildflüsse zu gewinnen“, hielt der bayerische Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat Dr. Markus Söder fest.


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KONZEPT VLH-TURBINE Üblicherweise kommen bei Wasserkraftstandorten mit kleinen Fallhöhen vertikale Kaplan-Turbinen in unterschiedlichen Ausführungen zum Einsatz. Turbinen dieser Bauart werden meist mit möglichst kleinen Abmessungen konstruiert und setzen zur Energiegewinnung auf große Durchflussmengen sowie hohe Drehzahlen. Damit einher geht die Errichtung von massiven Betonbauwerken, um das Triebwasser vom Einlaufbereich bis zur energetischen Verwertung am Maschinensatz eine möglichst hohe Geschwindigkeit erreichen zu lassen. Die VLH-Turbine hingegen setzt auf ein gegensätzliches Konzept – das Laufrad hat einen großen Durchmesser und ist auf geringe Durchflussmengen sowie kleine Drehzahlen ausgelegt. Daraus ergibt sich eine relativ geringe Transportgeschwindigkeit des Wassers am Ein- und Austrittsbereich der Turbine, wodurch auf großflächige Betonbauten verzichtet werden kann. Die Maschinensätze am Kraftwerk Sulzberg/Au kommen bei einer Nettofallhöhe von maximal 2,32 m und dem Nenndurchfluss von 54 m³/s gemeinsam mit den direkt gekoppelten Permanent Magnet-Generatoren auf eine Ausbauleistung von 900 kW. Ein Laufrad verfügt jeweils über einen Durchmesser von 5 m und dreht die Maschinenkombination mit 17 bis 30 U/min. Die VLH-Turbinen werden im Regeljahr etwa 3,9 GWh Ökostrom erzeugen, genug Energie für rund 1.100 Haushalte. Zur optimalen ökologischen Verträglichkeit wurde zusätzlich zu den fischdurchgängigen Turbinen ein Vertical-Slot-Pass mit 16 Becken als Fischaufstiegshilfe errichtet. INTENSIVE TESTMASSNAHMEN Die Kombination des Einsatzes einer VLHTurbine in einem alpinen Gebirgsfluss mit hohem Geschiebeanteil in Verbindung mit

Noch im heurigen Jahr sollen die VLH-Turbinen am Kraftwerk Sulzberg-Au in den Regelbetrieb übergehen.

einem dynamischen Schlauchwehr stellt dabei ein weltweites Novum dar. Deswegen wurde vor der praktischen Bewährungsprobe in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) München ein 1:20 Modell des Kraftwerks nachgebaut. Über einen Zeitraum von 8 Monaten führte man an der Nachbildung umfangreiche Tests und Simulationen verschiedener Betriebszustände durch. In den Versuchen wurden die Kraftwerksanströmung, die Geschiebespülung, die Schwemmholzabfuhr sowie die Überprüfung der Abflussleistung im Hochwasserfall so weit optimiert, dass die Kombination aus VLH-Turbine mit Schlauchwehr sich auch für alpine Flüsse eignet. Mit diesen Ergebnissen konnte das Projekt an der Iller schließlich realisiert werden.

ÖKOLOGISCHE BESTNOTEN Durch ein unabhängiges, staatlich finanziertes Monitoring werden die Fischverträglichkeit der VLH-Turbine sowie die ökologischen Auswirkungen der Wasserkraftanlage Sulzberg-Au auf die umliegenden Habitate überwacht und geprüft. Durchgeführt wird dieses Monitoring ebenfalls von der TU München. Dabei werden verschiedene Fischarten nach der Passage der Turbine untersucht. Auch Kleintiere und Wasserpflanzen werden in ihrer Entwicklung beobachtet. Tests in Frankreich mit der VLH-Turbine haben bei Forellen, Karpfen und Schleien eine Überlebensrate von bis zu 100 % gezeigt. Noch 2015 soll die Wasserkraftanlage nach dem Abschluss der Probephase im Regelbetrieb ans Netz gehen.

Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle, AÜW-Geschäftsführer Michael Lucke und Landrat Anton Klotz hielten vor 150 geladenen Gästen ein Plädoyer für den Ausbau der Wasserkraft in Bayern (v.l.).

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 2x 27 m³/s • Nettofallhöhe: max 2,32 m • Turbine: 2 x Very Low Head • Durchmesser Laufrad: 5 m • Drehzahl: 17 – 30 U/min • Ausbauleistung: 2x 450 kW • Generator: 2 x Permanentmagnet • Anschlussspannung: 400 V • Fischaufstieg: Vertical Slot Pass • Jahresarbeit: ca. 3,9 GWh

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Das Kraftwerk Enns wurde mit einem beweglichen Krafthaus der HSI Hydro Engineering GmbH ausgerüstet. Der Maschinensatz der Anlage befindet sich in einem komplett von Wasser umspülten Stahlgehäuse.

ÖSTERREICHPREMIERE FÜR BEWEGLICHES KRAFTHAUS AN DER ENNS Schon seit dem Jahr 1966 steht das Laufwasserkraftwerk Enns am gleichnamigen Fluss in Oberösterreich in Betrieb. Wegen einer massiven Erhöhung der Ausbauwassermenge am Standort wurde die von der Ennskraftwerke AG betriebene Anlage einer kompletten Sanierung unterzogen. Damit konnte eine technische Österreichpremiere gefeiert werden: Zum ersten Mal nämlich kommt in der Alpenrepublik das bewegliche Krafthaus der HSI Hydro Engineering GmbH zur Stromproduktion zum Einsatz. ötig wurde die großangelegte Revision des in einer Restwasserstrecke der Enns angelegten Laufkraftwerks Enns im Bezirk Linz-Land aufgrund einer Vorschreibung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes (NGP) von 2009. Gemäß dieser Anordnung wurde eine Erhöhung der Restwassermengenabgabe von 5 beziehungsweise 10 m³/s auf rund 20 m³/s an der Oberliegeranlage Thurnsdorf gefordert. Dort werden pro Sekunde bis zu 340 m³ Wasser in einem offenen Kanal zum Kraftwerk St. Pantaleon ausgeleitet sowie die

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Restwasserstrecke der Enns über eine Restwasserturbine dotiert. In weiterer Folge bedeutete das für die Betreiber, dass man an der Unterliegeranlage Enns künftig ein Mehrfaches der ursprünglichen Durchflussmenge zur Verfügung hat. Weil aber die alte Francis-Turbine des Kraftwerks Enns auf eine Durchflussmenge von maximal 5 m³/s ausgelegt war, musste für den wirtschaftlichen Weiterbetrieb ein völlig neues technisches Konzept am Standort gefunden werden. „Die Überlegungen schlossen dabei anfangs sogar einen Totalrückbau der Anlage nicht aus.

Nach der sorgfältigen Prüfung aller Optionen entschied man sich schließlich für eine großangelegte Revitalisierung mit hydroenergetischem Ausbau“, sagt Ennskraft Projektleiter Dipl.-Ing. Josef Lettner und führt weiter aus: „In Folge gab man eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, bei der verschiedene technische Möglichkeiten sowie Turbinentypen diskutiert wurden. Für den Kraftwerksstandort Enns bot sich dabei das Konzept des beweglichen Wasserkraftwerks als sowohl technisch als auch wirtschaftlich beste Variante an.“ Auch in ökologischer


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Foto: BHM

Die Bauarbeiten begannen bereits in den Sommermonaten des Vorjahres.

Hinsicht sollte sich die bewegliche Wasserkraftanlage als optimale Lösung herausstellen. Diese ist im Betrieb periodisch von Wasser überströmt und dabei gleichzeitig für Fische passierbar. Als zusätzliche Vorschreibung des NGP sollte zur gewässerökologischen Aufwertung im Kraftwerksbereich nämlich die Fischdurchgängigkeit hergestellt werden. Dazu errichtete man im Einstiegsbereich der rund 5,1 m hohen Gefällestufe einen Vertical-Slot-Fischpass. Im weiteren Abschnitt ist die Umgehungsstrecke als 140 m langes naturnahes Gerinne gestaltet, welches die Fische ins Oberwasser führt.

Foto: BHM

HERAUSFORDERNDES PROJEKT Mit der Generalplanung der Umbauarbeiten wurde die renommierte BHM Ingenieure GmbH der Unternehmensniederlassung Linz beauftragt. BHM Ingenieure fokussiert sich in seinem interdisziplinären Tätigkeitsfeld auf die Bereiche Industrie, Verkehr und

Kraftwerke und kann sowohl national als auch international auf eine Vielzahl erfolgreich umgesetzter Projekte verweisen. Bei der Totalrevitalisierung des KW Enns stieg man mit der Erstellung der behördlichen Einreichplanung 2012 in das Projekt ein. „Vom Stahlwasserbau über die maschinelle und elektrotechnische Ausrüstung, die statischkonstruktive Bearbeitung und die örtliche Bauaufsicht begleitete man die Umbaumaßnahmen in sämtlichen Facetten“, erklärt der mit der maschinellen und stahlwasserbaulichen Planung betraute Dipl.-Ing. Rudolf Kandler. Mit den eigentlichen Bauarbeiten konnte man nach dem Abschluss der Genehmigungsphase im Juli 2014 beginnen. Die stahlwasserbaulich interessanteste Maßnahme stellte für BHM Ingenieur Kandler der Einbau eines Mittelpfeilers in die fast 100 m breite Wehranlage dar. Die Wehranlage besteht aus zwei massiven Fischbauchklappen mit einer Breite von nunmehr 48 beziehungsweise 50 m. Bewegt werden die 2,6 m

An der insgesamt 100 m breiten Wehranlage wurden stahlwasserbauliche Maßnahmen zur optimierten Betriebsführung vorgenommen.

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KRAFTHAUS UNTER WASSER Von technischer Seite lässt sich das bewegliche Krafthaus als in vertikaler Richtung drehbarer Stahlkörper beschreiben. Der überströmbare Stahlkasten liegt dabei komplett im Wasser und wird auf seiner Unterseite durch hydraulische Zylinder bewegt. Auf seiner Oberseite ist das bewegliche Krafthaus durch eine Schwenkachse am Betontrog fixiert. Die gesamte elektromechanische Ausrüstung in Form einer doppelt-regulierten Kaplan-Turbine mit einem direkt gekoppelten Permanentmagnet erregten Generator befindet sich im Inneren des Stahlgehäuses. Gefertigt und montiert wird das System

Technische Daten • Bruttofallhöhe: 5,1 m • Ausbauwassermenge: 18,75 m³/s • Turbine: Kaplan doppelt-reguliert • Ausbauleistung : 850 kW • Hersteller: HSI Hydro Engineering GmbH • Generator: Permanentmagnet erregt • Anschlussspannung: 400 V • Hersteller: Krebs & Aulich GmbH • Jahresarbeit/Regeljahr: 6,9 GWh

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Das bewegliche Krafktwerk wird im HSI-Werk in Trier vormontiert und getestet. Foto: HSI

hohen Stahlriesen jeweils einseitig mit Hydraulikaggregaten. Mit dem Einbau des Mittelpfeilers können die Wehrklappen, die vormals nur um 15 Grad zueinander verstellt werden konnten, nunmehr voneinander unabhängig bedient werden. Dadurch erleichtert sich die Überwasser- und Geschiebeabgabe im Kraftwerksbetrieb enorm. Durchgeführt wurden die Arbeiten am Stahlwasserbau von der Braun Maschinenfabrik aus Vöcklabruck, die neben dem Trennpfeilereinbau auch die Revisionsschützen und die Dammtafelgarnituren erneuerte. Für den Einbau des beweglichen Krafthauses wurde nach dem Rückbau des alten Maschinengebäudes ein Betontrog auf Flussniveau errichtet. Obwohl man den Betonbau neben der Wehranlage in einer trockenen Baugrube ausführte, blieb man bei einem lokalen Hochwasserereignis im Oktober des Vorjahres nicht von einer Überschwemmung verschont. Glücklicherweise verursachte die Flutung keine gravierenden Folgen auf der Baustelle. Parallel zum Trogbauwerk des beweglichen Krafthauses errichtete die mit den gesamten Bauarbeiten betraute GLS Bau und Montage GmbH ein oberirdisches Trafo- und Steuerungsgebäude sowie die technischen und naturnahen Abschnitte der Fischaufstiegshilfe.

Foto: HSI

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Auf dem Wasserweg wurde das System in zwei Teilen nach Enns transportiert und vor dem Einhub endgültig zusammengebaut.

durch die HSI Hydro Engineering GmbH in Trier. Durch seine Konstruktionsweise nutzt das Krafthaus den sogenannten „EjektorEffekt“ aus. Der seit Jahrzehnten zwar bekannte aber in der Praxis kaum genutzte Effekt entsteht durch Geschwindigkeitsunterschiede der Strömung am Saugrohrende und lässt sich energetisch verwerten. Die dadurch erhöhte Leistungssteigerung kann die Jahresarbeit der Anlage um 5 bis 7% gegenüber konventionellen Anlagen erhöhen. DURCHDACHTES SYSTEM HSI-Geschäftsführer Peter Marx hebt die hydrologische und ökologische Aufwertung von Querbauwerken durch den Einsatz des beweglichen Wasserkraftwerks hervor: „Der Abflussquerschnitt am Querbauwerk bleibt unbeeinflusst, weil das System quasi einen beweglichen Wehrverschluss darstellt. Ein

Gebäude im Flussquerschnitt ist nicht erforderlich, da der Standort der Schaltwarte unabhängig von der Platzierung des Kraftwerks bleibt. Dies ermöglicht den Ausbau mit dieser Technik auch an kritischen Stellen. Bei Hochwasser wird die Anlage über Hochwassersensoren vollautomatisch angehoben und gleichzeitig die Abschwemmklappe geöffnet.“ Fische und Treibgut werden im Betrieb periodisch mit der fließenden Welle über das Krafthaus geschwemmt, während feinere Sedimente unterwasserseitig durchströmen. Damit erzielt man gleichzeitig eine gewässerökologische Verbesserung und setzt eine Maßnahme zur Hochwasserentlastung. Zudem kann auf einen Geschiebeschütz verzichtet werden, da durch das Anheben der Anlage eine konstante Spülung des Einlaufbereichs erfolgt. Einlaufrechen, Rechenreiniger und


Das Gewicht des bewegliche Kraftwerks beträgt rund 300 Tonnen, Mitte September wurde es durch einen Schwerlastkran in sein vorbereitetes Bauwerk eingehoben.

Abschwemmklappe sind bereits in das gesamte System integriert, wodurch stahlwasserbauliche Schnittstellen entfallen. „Die maschinelle Ausrüstung selbst befindet sich in einem Stahlgehäuse und ist durch seine durchgängige Überströmung optisch kaum wahrnehmbar. In Verbindung mit den geringen Schallemissionen im Betrieb erfüllt das bewegliche Krafthaus dabei die höchsten städtebaulichen Anforderungen“, erklärt Peter Marx. OPTIMALES MASCHINENGESPANN Das gesamte bewegliche Wasserkraftwerk wird im HSI-Werk in Trier vormontiert und vor seiner Auslieferung auf volle Funktionalität getestet. Bei der Herstellung werden die Maschinen in mehreren technischen Ausführungen auf die standortbedingten Gegebenheiten hin konstruiert. Das Leistungsspektrum deckt dabei Fallhöhen zwischen 1

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bis 10 m sowie Durchflussmengen von rund 4 bis 25 m³/s ab. Die elektrische Leistung des Maschinensatzes reicht von 50 bis 2000 kW und wird als 3-, 4- oder 5-flügelige doppeltregulierte Kaplan-Turbine ausgeführt. Der neue Maschinensatz des Ennser Kraftwerks ist bei einem Ausbaudurchfluss von 18,75 m³/s auf eine Ausbauleistung von 850 kW ausgelegt. Als Stromwandler kommt ein direkt gekoppelter Permanentmagnet erregter Generator (PMG) des Herstellers Krebs & Aulich zum Einsatz. Gekühlt wird der Generator automatisch durch das umströmende Triebwasser des Stahlgehäuses, wodurch eine lange Lebensdauer durch geringe Wärmebelastung erzielt wird. „Ein PMG als Stromwandler funktioniert ohne Umrichter und weist auch im Teillastbereich einen äußerst hohen Wirkungsgrad aus. Durch den Wegfall der Verluste im Erregersystem des PMG lassen sich Spitzen-

wirkungsgrade der Gesamtanlage von über 90 % ermöglichen. Somit können sogar ohne Ejektor-Effekt im Vergleich zu konventionellen Anlagen wesentlich höhere Jahresenergien unter gleichen Rahmenbedingungen erzeugt werden“, führt Peter Marx aus. VERSCHIFFUNG NACH ÖSTERREICH Der Transport des beweglichen Krafthauses erfolgte fast durchwegs auf dem Wasserweg von Trier über den Rhein-Main-Donaukanal zum Hafen nach Enns. Von dort wurden die insgesamt rund 300 Tonnen schweren Turbinenkomponenten per LKW zum Anlagenstandort geliefert und vor Ort von HSI-Monteuren zusammengebaut. Spannend wurde es schließlich Mitte September, als der 5,2 m breite, 4 m hohe sowie 20 m lange Stahlkoloss in Zentimeterarbeit durch einen Schwerlastkran in sein Betonbauwerk eingehoben wurde. Nachdem das heikle Manöver erfolgreich vollbracht war, konnten in den folgenden zwei Wochen die elektro- und maschinenbautechnischen Restmontagen an der Anlage vorgenommen werden. Bereits Anfang Oktober begannen die Betreiber die Probephase des neuen Kraftwerks und gingen knapp 6 Wochen später in den Regelbetrieb über. INVESTITION ZAHLT SICH AUS Durch die Erhöhung der Restwasserabgabe wird sich die Restwassersituation unterhalb der Wehrstelle Thurnsdorf erheblich verbessern, gleichzeitig erzielt man auch eine energiewirtschaftliche Aufwertung der Anlage. Das Jahresarbeitsvermögen der Anlage im Regeljahr erhöht sich durch den Komplettumbau von 1,4 GWh um ein Vielfaches auf 6,9 GWh. Zudem ist die Anlage durch Ihre Fischpassierbarkeit nun auch gewässerökologisch in bestem Zustand. Viele gute Gründe also, die belegen, dass die Umbaukosten von rund 8,7 Mio. Euro gut investiert wurden.

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NEUE DRUCKROHRE FÜR DAS KRAFTWERKSSYSTEM RESCHENSEE IM OBERVINSCHGAU

er aus dem Wasser ragende Kirchturm im Reschensee gilt heute als Wahrzeichen des Südtiroler Vinschgaus. Mag der Turm eine Faszination für Besucher ausüben, sehen ihn Einheim-ische gleichsam als stumme Anklage, um welchen Preis hier „Fortschritt“ erkauft wurde. Die heute als „Tragödie des Reschensees“ titulierte Geschichte war der rücksichtslosen Diktatur Benito Mussolinis zu verdanken. Dem Reschensee fielen damals das malerische Dorf Graun mit insgesamt 163 Häuser und Teile des Ortes Reschen zum Opfer. Zusätzlich verloren die Dorfbewohner 523 ha fruchtbarer Kulturboden und somit ihre Lebensgrundlage. Über die Hälfte der 650 Bewohner von Graun mussten in die Fremde ziehen, rund 1000 Menschen waren von der Katastrophe betroffen. Gegenüber des daraus entstandenen Kraftwerks „Guido Donegani“ thront heute noch immer das Denkmal des „Rossbändigers“, dem es gelungen ist, die mächtigen Naturkräfte zu bezwingen und für seine Zwecke zu nutzen. Er steht somit symbolhaft für die Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung. Mit schwarzem Humor wird die Statue von Einheimischen auch „Bennito’s Pferdeflüsterer“ genannt – in Anlehnung an den

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Die 70 Jahre alte armierte Betondruckrohrleitung (li) des Kraftwerkssystems Reschensee wird nun sukzessive durch eine duktile Druckrohrleitung aus dem Hause TRM (re) ersetzt.

damaligen Diktator und den damit verbundenen Größenwahn der Faschisten. BEEINDRUCKENDES KRAFTWERKSSYSTEM Unabhängig von dem viel zu hohen „Preis“, der dafür bezahlt werden musste, ist das Kraftwerkssystem rund um den Reschensee aber ein technisches Meisterwerk. Ein weit verzweigtes Stollen- und Rohrsystem sammelt Wasser von nahezu jedem Gewässer der links- und rechtsseitigen Seitentäler des Vinschgaus vom Reschensee hinab bis Schluderns. Es handelt sich dabei um das weitreichende Gewässersystem der Etsch mit seinen Zuflüssen: Arundabach, Meltzbach, Foto: Adrian Michael

Das Wasserkraftwerk Guido Donegani in Glurns bildet die erste Stufe der so genannten „Reschenseen-Konzession“ im Südtiroler Obervinschgau. Das ausgeklügelte Kraftwerkssystem aus dem Jahre 1948 nützt heute neben den Reschensee noch sieben weitere Gewässer zur Stromerzeugung. Für den Transport des Ausbauwassers sorgt ein weitreichendes System bestehend aus Druckrohrleitungen und Druckstollen an beiden Seiten des Tales. Nach langjährigem Dienst sind vor allem die Beton-Druckrohrleitungen an den Grenzen ihrer Haltbarkeit angelangt. Nach einem Rohrbruch im Bereich der Pumpstation am Haidersee im Jahre 2012, entschied sich die Betreibergesellschaft Seledison AG nun die Rohrleitung sukzessive zu erneuern. Den Beginn machte die rund 1.000 m lange Rohrstrecke im Bereich der Bruchstelle am Haidersee.

Der ehemalige Turm des Ortes Alt-Graun ragt heute als Wahrzeichen des Vinschgaus aus dem Reschensee.

Marienbergbach, Zerzerbach, Punibach und dem Saldurbach. Der Reschensee fungiert dabei als zentraler Jahresspeicher und versorgt die beiden Kraftwerksstufen in Glurns und Kastelbell mit Ausbauwasser. Die erste Kraftwerksstufe in Glurns kann somit auf eine maximale Wassermenge von 22 m3/s zurückgreifen. Bei einer Fallhöhe von 586,2 m sorgen 2 x 2 Pelton-Turbinen für eine durchschnittliche Jahresproduktion von 248.740.000 kWh. ROHRBRUCH AM HAIDERSEE Direkt unterhalb des Reschensees liegt auf ca. 1.450 m Seehöhe der Haidersee. Mittels Pumpstation gelangt hier das Wasser in den Druckstollen des Wasserkraftwerks Glurns. Konkret wird hier das gefasste Wasser der rechtsufrigen Zuflüsse der Etsch – der Arundabach, der Meltzbach, der Marienbach und der Zerzerbach – in den Stollen gepumpt. Genau bei diesem Abschnitt von der Pumpstation hin zum Druckstollen kam es im Jahre 2012 zu einem Bruch der armierten Beton-Druckrohrleitung. Daraufhin beschloss die Betreiberin, die Seledison AG, den kompletten Druckrohrleitungsabschnitt zu erneuern und weitere Teile des Rohrleitungssystems zu überprüfen.


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SONDERROHRSTÜCK FÜR BE- UND ENTLÜFTUNG Für den ersten knapp 1.000 m langen Rohrabschnitt, der zurzeit erneuert wird, lieferte TRM Druckrohrelemente mit den Dimensionen DN1000 und einer Druckstufe bis 10 bar. Da die Rohrtrasse in diesem Bereich relativ unkompliziert verläuft, konnte auf Sonderrohrstücke weitgehend verzichtet werden. Eine Besonderheit der Rohrstrecke ergab sich jedoch aufgrund der ebenfalls benötigten Erneuerung des Beund Entlüftungssystem. Früher noch in einem separaten Gebäude im Endbereich

der Rohrtrasse beheimatet, sollte nun auf Wunsch der Betreibergesellschaft ein Ventil in die Rohrstrecke direkt integriert werden. „Ein Sonderrohrstück solcher Art ist absolut nicht gängig und wurde deshalb von uns speziell für dieses Projekt realisiert“, so geom. Christoph Obkircher, Vertriebsmanager Region Südtirol der Firma TRM. Hierzu wurde ein Flansch mit der Dimension DN300 an der Oberseite der Rohrleitung integriert. Darauf wird später das Ventil verschraubt. Die große Schwierigkeit dabei war, ein geeignetes Ventil für diesen Anwendungszweck zu finden und es sicher an die Rohrleitung anzubinden, sodass es im Einsatzfall einwandfrei und sicher funktioniert. FERTIGSTELLUNG IM FRÜHJAHR Die ersten rund 700 m Rohrstrecke konnten bis Mitte November 2015 bereits getauscht werden. Für die Verlegung wurde die Firma Marx AG beauftragt. Aufgrund der Höhenlage wird man die Arbeiten nun bis zum Frühjahr 2016 ruhen lassen. Sollte alles nach Plan laufen, rechnet man bis Mai 2016 mit der Fertigstellung der Verlegung der restlichen 300 m. Wann die Rohrstrecken oberhalb der Pumpstation, die zu insgesamt fünf

unterschiedlichen Wasserfassungen führen, getauscht werden, entscheidet sich dann im neuen Jahr. Für den Anschluss eines Be- und Entlüftungsventils wurde von der Firma TRM ein Sonderrohrstück mit einem DN300 Flansch gefertigt.

Foto: TRM

DUKTILE GUSSROHRE FÜR DIE NÄCHSTEN GENERATIONEN Aufgrund der hohen Druckanforderungen und dem teilweise schwierigen Gelände entschied man sich für robuste duktile Gussrohre aus dem Hause TRM. Dank der bereits mehrfach bewährten längskraftschlüssigen VRS-T/BLS Verbindung ist sowohl eine schnelle Verlegung als auch eine zuverlässige Verbindung über Generationen hinaus gesichert. Das TRM-Steckmuffensystem ermöglicht außerdem eine schnelle Inbetriebnahme der Rohrstrecke ohne Schweißarbeiten und Schweißnahtprüfungen.

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Die diesjährige Tagung von Kleinwasserkraft Österreich ging im Tiroler Alpbach über die Bühne.

KLEINWASSERKRAFT ÖSTERREICH RÜCKT DAS THEMA „FAIRNESS“ IN DEN FOKUS Von 23. bis 24. Oktober traf sich Österreichs Kleinwasserkraft-Familie auf Einladung der rot-weiß-roten Interessensver- tretung Kleinwasserkraft Österreich im Tiroler Alpbach. Unter dem Leit-Motto „Fairness für Kleinwasserkraft“ standen auch diesmal wieder große Themen wie der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan, ökologische Herausforderungen, oder wirtschaftliche Bedrohungen und Chancen im Mittelpunkt von Vorträgen und Diskussionen. Gesellschaftlicher Höhepunkt war das gemütlich, urige Abendessen auf über 1800 Meter Seehöhe am Wiedersberghorn. it dem beschaulichen Dorf Alpbach in den Kitzbüheler Alpen assoziiert man heute gemeinhin vor allem das berühmte Europäische Forum Alpbach. Seit mittlerweile 70 Jahren stellt es eine Plattform für eine aktive Auseinandersetzung mit großen gesellschaftspolitischen Fragestellungen dar. Eine Vielzahl an Größen aus Politik,

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Ein gewohntes Bild: Die Vortragshalle ist bis auf den letzten Platz gefüllt.

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Wissenschaft, Kultur und Philosophie hat daran teilgenommen. Die Abgeschiedenheit und die Ruhe des Alpbachtals sowie die moderne Veranstaltungs-Infrastruktur bieten einen vorzüglichen Rahmen für ein derartiges Gesprächs- und Diskussionsforum. Der Rahmen sollte sich auch für die diesjährige Tagung von Kleinwasserkraft Österreich

als ideal präsentieren. Wie schon in den Jahren zuvor waren viele Mitglieder, Anlagenbetreiber wie Vertreter der Branche gleichermaßen, der Einladung gefolgt und nutzten das interessante Tagungsprogramm und das entspannte Umfeld, um sich zu informieren, auszutauschen und Kontakte zu pflegen. PRIORITÄTEN IM NEUEN GEWÄSSERBEWIRTSCHAFTUNGSPLAN 2015 Den Auftakt im Tagungsprogramm machte MR DI Günter Walkner vom Büro Bundesminister Andrä Rupprechter, der über die „Balance zwischen Gewässerschutz“ und Klimaschutz referierte – und diesen „Drahtseilakt“ auch zur Debatte stellte. Im Anschluss daran nahm sich DI Dr. Robert Fenz vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft das Thema „Gewässerbewirtschaftungsplan“ vor, wobei dabei die Position Österreichs im Vergleich zum restlichen Europa im Mittelpunkt stand. Zudem erläuterte er detailliert, welche Schwerpunktsetzung der NGP 2015 haben werde – und wel-


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Die Geschäftsführerin von Kleinwasserkraft Österreich DI Martina Prechtl-Grundnig moderierte durch das Tagungsprogramm.

URIGER ABEND IM BERGGASTHOF Am Nachmittag des ersten Veranstaltungstages standen in der Folge Exkursionen auf dem Programm. Während ein Teil der Teilnehmer das neue Kraftwerk Alpsteg und danach das Bergbau- und Hüttenmuseum Brixlegg besichtigte, konnte ein anderer Teil das Werk von Tiroler Rohre in Hall besuchen, wo man einen Eindruck davon bekam, wie heute moderne Gussrohrsysteme hergestellt werden. Darüber hinaus boten die Veranstalter auch noch spezielle Workshops und Sprechstunden an, die in kleineren Räumlichkeiten im Kongresszentrum Alpbach abgehalten wurden. Abgerundet wurde der informationsreiche erste Veranstaltungstag mit einem gemeinsamen Abendessen auf dem Wiedersberghorn.

Mit der Seilbahn ging es hinauf bis zur Bergstation. Im nahe gelegenen Berggasthof Hornboden wurde anschließend ein mehrgängiges Menü serviert, untermalt mit zünftiger Volksmusik. In der urigen Atmosphäre des Berggasthofs stieg schnell das Stimmungsbarometer – beste Voraussetzungen, um neue Kontakte in der heimische Kleinwasserkraftbranche zu knüpfen oder die bestehenden zu vertiefen. GLEICHE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN FÜR ALLE GEFORDERT Tag 2 in Alpbach war einerseits geprägt von Fragen der europäischen Energiepolitik und anderseits von verschiedenen Perspektiven auf den Strommarkt. Den Auftakt machte

Das Kongresszentrum in Alpbach bot einen hervorragenden Rahmen für die Tagung.

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che weiteren Prioritäten im Vergleich zum NGP 2009 umgesetzt werden sollen. Einen Blick von außerhalb auf die rot-weißrote Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie vermittelte danach Dr. Anne Pénalba, Präsidentin von France Hydro Électricité, die über die schwierige Situation für die französischen Kraftwerksbetreiber berichtete. Sowohl die Errichtung von neuen Kraftwerken als auch die Ertüchtigung von Altanlagen leidet derzeit unter schwierigen Rahmenbedingungen. Den Abschluss des ersten Vortragsreigens bildete das Thema „Gewässerökologische Maßnahmen bei Kleinkraftwerken“, das DI Bernhard Zeiringer von der Universität für Bodenkultur, Wien, in übersichtlicher Form präsentierte – und vor allem auch einige Berichte aus der Praxis mitlieferte.

Dr. Dörte Fouquet, Direktorin der European Renewable Energies Federation, mit ihrem Vortrag zum Thema „Die (Irr)Wege der Europäischen Energiepolitik“, in dem sie hinterfragte, was „der Fall Hinkley Point C“ sowie die neuen Beihilfenleitlinien für die Zukunft des Ökostroms bedeuten. Im Anschluss daran sprach Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie, über die Erfordernisse für einen wettbewerbsfähige Wasserkraft am Strommarkt und über dessen aktuelle Entwicklung. Sie plädierte für faire Rahmenbedingungen, in denen unter anderem gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Wasserkraft und alle anderen Technologien geschaffen werden sollten. Damit kam sie dem Tagungsmotto „Fairness für Kleinwasserkraft“ am nächsten. Die Herausforderungen an einen funktionierenden österreichischen Strommarkt und die Rolle von Ökostrom thematisierte danach DI Mag. (FH) Martin Graf, MBA, Vorstand von EnergieControl Austria. Er meinte ganz offen: „Die Zukunft des Strommarktes ist vielfältig und der Ruf nach Förderungen und Subventionierungen wird nicht mehr ausreichen, um erfolgreich zu sein.“ Die Ehre des letzten Vortrags der diesjährigen „Kleinwasserkrafttagung“ fiel Hans-Josef Fell, dem Präsident der Energy Watch Group zu, der über Wahrheiten und Lügen am Strommarkt sprach. Den Abschluss der Veranstaltung bildete wie jedes Jahr eine Exkursion, welche die Teilnehmer zum Trinkwasserstollen und dem Trinkwasserkraftwerk Hall führte. Ein passender Ausklang für eine Veranstaltung, die einmal mehr ihrem Ruf als wichtige Plattform für die Belange der österreichischen Kleinwasserkraft gerecht wurde.

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Foto: Hainzl

Vom 2-Mann-Betrieb zu einem international renommierten Technologiekonzern mit 750 Mitarbeitern war es ein langer Weg. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens feierte man mit Kunden und Partnern den Hainzl Technologie-Tag 2015.

HAINZL FEIERT MIT TECHNOLOGIE-TAG 50-JÄHRIGES JUBILÄUM Von hydraulischen und elektrischen Antrieben über Maschinen- und Anlagenautomatisierungen bis hin zu ausgereiften Softwarelösungen deckt das Linzer Familienunternehmen Hainzl Industriesysteme GmbH ein wahrhaft breites technisches Spektrum ab. Das 1965 als 2-Mann-Firma gestartete Unternehmen beschäftigt mittlerweile 750 Mitarbeiter und setzt jährlich rund 130 Millionen Euro um. Das 50-jährige Firmenjubiläum feierte man im November mit dem Hainzl Technologie-Tag 2015 in der oberösterreichischen Landeshauptstadt.

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meinsam mit Klaus Krüger das Unternehmen Kappa Filter Systeme, welches sich auf Luftfiltersysteme im Industriebereich spezialisiert. Außerdem entwickelte man in den 90-er Jahren ein Brandbekämpfungssystem durch Hochdruck-Wassernebel, welches unter der Marke „Aquasys“ vertrieben wird.

Komplettiert wird die Hainzl-Unternehmensgruppe durch die SAWI Electronic Gmbh sowie die Frankonia Hydraulik GmbH. Zum heutigen Tage beschäftigt Hainzl insgesamt 750 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von rund 130 Millionen Euro jährlich. Foto: Hainzl

ie Erfolgsgeschichte der Hainzl Industriesysteme GmbH begann im Jahr 1965, als die Ingenieure Hainzl & Bauer das Unternehmen in Linz-Urfahr gründeten. Damals wurden die ersten Hydraulikaggregate noch auf einem Bauernhof gefertigt. Aufgrund steigender Nachfrage war 1970 die Zeit reif für einen Umzug an den heutigen Produktionsstandort an der Linzer Industriezeile. 1980 schließlich konnte der bereits 100. Mitarbeiter eingestellt werden. 1985 übernahm die Familie Hainzl das Unternehmen zu 100 % – die Hainzl Industriesysteme GmbH war damit geboren. Seit diesem Zeitpunkt wurde der Standort im Linzer Hafenviertel kontinuierlich vergrößert und erweitert. Zum heutigen Zeitpunkt verfügt man an den Unternehmensstandorten in Österreich und Deutschland über eine Gesamtfläche von rund 60.000 m². Als weiteres wirtschaftliches Standbein gründete man 1993 in Steyr ge-

Funktion der Komponenten und Systeme anschaulich dargestellt von den Linzer Technikspezialisten.


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STARK IM WASSERKRAFTSEKTOR Im Bereich der Turbinentechnik bietet man komplette Hydraulikaggregate und hydraulische Steuerungen welche kundenspezifisch gefertigt werden. Hydraulische Verstellzy-linder für Leitapparat, Schaufel, Düse und Einlaufklappenverstellung sorgen für optimale Betriebsbedingungen bei der Ökostromproduktion. Im Segment Stahlwasserbau setzt man auf sowohl hydraulische als auch elektrische Antriebstechnik für Wehrfelder und Klappen. Hainzl übernimmt dabei Auslegung, Projektierung, Integration und Inbetriebnahme hydraulischer Antriebe aller Art sowie Revitalisierung und Service. Im Steuerungsbereich bietet das Linzer Unternehmen anlagenspezifische Einzeloder Gesamtlösungen für Automatisierungs-, Steuerungs- und Schutztechnik, von der Planung bis zur Inbetriebnahme. Kleinkraftwerke mit einer Leistung von unter 10 MW können dabei sogar mit einer kompletten

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Vertriebsgruppenleiter Ing. Horst Hofrichter erklärt unterschiedliche Hydraulikaggregate.

Anlagensteuerung ausgerüstet werden. Des Weiteren bietet man Regelungen zur Generatorenleistung, Aggregatssteuerungen, Betriebsdatenerfassung und Auswertung sowie Visualisierungen. Mit der „Condition Monitoring“-Produktfamilie ermöglicht Hainzl die optimale Überwachung von Kraftwerkssystemen. Der Fokus liegt dabei auf der Früherkennung von Schäden an Turbinen und Generatoren sowie aussagekräftigen und übersichtlichen Berichten für den Betriebsführer. Damit können etwaige kostspielige Reparaturen durch elektronische Überwachung vermieden und ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet werden. GELUNGE VERANSTALTUNG Zur Feier des 50-jährigen Firmenjubiläums veranstaltete man für Kunden und Partner am 10. November den Hainzl TechnologieTag 2015. Geschäftsführer Dr. Martin

Hainzl freute sich in seiner Eröffnungsrede über das große Publikumsinteresse und beglückwünschte seinen Vater und Firmengründer Ing. Erich Hainzl zum runden Firmenjubiläum. Die zahlreichen Besucher überzeugten sich bei den angebotenen Führungen vom breiten Produktsortiment des Linzer Unternehmens. Abteilungsleiter und Technikspezialisten standen den Fragen der Gäste bei den praktischen Vorführungen in lockerer Atmosphäre Rede und Antwort zu den spezifischen Produkten. Zwar theoretischer aber um kein Stück weniger interessant wurde es beim Vortrag von Prof. Dr. Hubertus Murrenhoff von der RWTH Aachen. Dieser umriss in anschaulicher Manier Trends und zukünftige Herausforderungen in der Hydraulik. Zum Abschluss des Hainzl Technologie-Tags 2015 eröffnete man für das leibliche Wohlbefinden noch ein reichhaltiges Buffet und ließ den Abend gemütlich ausklingen. Foto: Hainzl

8 TECHNISCHE KERNELEMENTE Das Angebotsspektrum des Unternehmens manifestiert sich in folgenden 8 technologischen Kernkompetenzfeldern: Hydraulik, Elektromechanik, Maschinen- & Anlagenautomatisierung, Embedded Electronic Systems, Energetische Maschinen- & Anlagenoptimierung, Handling- & Robotiksysteme, Prozess- & Sprühtechnik sowie Gebäudetechnik. Ein wichtiges Geschäftsfeld stellt für Hainzl der Energie- und Kraftwerksbereich dar. Speziell im Hinblick auf Revitalisierungen konnte man sich in der Firmengeschichte einen hervorragenden Ruf in der Branche erarbeiten. Dabei deckt man von der Turbinentechnik über den Stahlwasserbau bis hin zu kompletten Automatisierungslösungen ein breites Angebot ab. Hydraulische Aggregate und Zylinder gehören dabei ebenso in das Hainzl-Portfolio wie Windwerke, Kräne und Rechenreinigungsmaschinen sowie elektronische Anlagensteuerungen. Die einzelnen Komponenten beziehungsweise Systeme werden exakt auf die jeweiligen Kundenanfordernisse hin konstruiert. „Für Andritz Hydro etwa haben wir für die Revitalisierung des 160 MW-Kraftwerks Kpong in Ghana ein komplettes Hydraulikaggregatsystem aufgrund der Platzierung im Freien in einem Container verbaut. Schaltschrank, Automatisierungstechnik und sämtliche Hydraulikkomponenten werden im Werk in Linz konstruiert, zusammengesetzt und als fertige ‘Plug & Play’-Lösung nach Afrika verschifft“, erklärt Hainzl-Vertriebsgruppenleiter Ing. Horst Hofrichter.

Aufmerksame Zuhörer beim Fachvortrag von Prof. Dr. Hubertus Murrenhoff. Nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung blieb noch genügend Zeit zum Netzwerken und Erfahrungsaustausch.

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RENEXPO® HYDRO 2015 IST DIE INNOVATIVE DREHSCHEIBE FÜR EUROPAS WASSERKRAFT Modernste Technik, Wissenstransfer und Kontakt-Börsen machen die Kongressmesse für gewässerverträglichen Wasserkraftausbau vom 26. – 28.11.2015 im Messezentrum Salzburg zum einzigartigen Erlebnis. Die RENEXPO® HYDRO hat unter der Schirmherrschaft des Landes Salzburg in wenigen Jahren die europaweite Themenführerschaft im Bereich der öffentlichen und privaten Wasserkraftnutzung erreicht. röffnet wird die RENEXPO® HYDRO am 26. November 2015 um 11.00 Uhr mit dem brisanten Energie-Talk zur „Bedeutung der Wasserkraft für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende“, moderiert vom Chefredakteur der Salzburger Nachrichten.

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Mehr als 100 Aussteller aus 14 Ländern Europas haben bereits ihren Stand auf der Messe gebucht. 30 Hersteller von Turbinen und Wasserkraftschnecken bis hin zum Wasserrad, 12 Rohrleitungsproduzenten und 10 Firmen aus der Mess- und Regeltechnik stellen das Groß der Aussteller. Wehr- und

Rechenanlagen, Generatoren, Energiehandel, Medien und hoch interessante Nischenprodukte wie mobile Kleinstwasserkraft für offgrid-Regionen oder High-Tech zum Stand der Technik von Fischwanderhilfen runden das umfassendste Messeangebot, das es in Europa je zu diesen Themen gab, ab.


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KOSTENLOSE BERATUNG DURCH KOMPETENTE PARTNER Die Wasserkraftberatung des Landes Salzburg bietet Kraftwerksbetreibern kostenlose Information für alle Fragen um ihr Wasserkraftwerk. Beim Workshop “(M)ein Traum von (m)einem Kraftwerk“ haben Betreiber die einmalige Möglichkeit, unter fachkundiger Moderation das Zukunftsbild ihres eigenen Kraftwerkes (weiter) zu entwickeln. Mit dem Impulsvortrag „Kleinwasserkraft in der EU-Politik“ startet die „7. Internationale Kleinwasserkraftkonferenz“ ihr Vortragsprogramm über Rechtsfragen, neueste technische Innovationen und Wirtschaftlichkeit. PUMPSPEICHER FÜR DIE ZUKUNFT Die „1. Internationale Konferenz: Pumpspeicherkraftwerke“ beleuchtet die Energie-wende und die Wasserkraft aus österreichischer und bayerischer Sicht sowie Nutzen und Wirtschaftlichkeit neuer Pumpspeicher bis ins Jahr 2050. Beim „Einführungsseminar: Kompaktwissen Strom“ lernt man die Facetten des liberalisierten Energiemarktes und seiner Preisbildung für Strom kennen.

BERATUNG FÜR BETRIEBLICHE PROBLEME Spannende weitere Seminare über Mess- und Regeltechnik, Druckrohrleitungen sowie über Inspektion, Wartung, Instandhaltung und Reparaturen bieten dem Kraftwerksbetreiber fachkundige Beratung und Hilfe-stellung bei der Lösung von betrieblichen Problemen. WASSERKRAFT ALS PARTNER FÜR ÖKOLOGISCHE SANIERUNG Beim „3. Fachkongress: Gewässerverträglicher Wasserkraftausbau“ beweisen Beispiele aus Deutschland und Österreich, dass sich das ökotechnische Know-How für eine gewässerverträgliche Wasserkraftnutzung rasant weiterentwickelt. Die Wasserkraft ist längst Partner bei der ökologischen Sanierung der Gewässer in der EU. Die Exkursion zum Kraftwerk Lehen an der Salzach wird das auch in der Praxis zeigen. Die tägliche Kooperationsbörse „RENEXPO® HYDRO Business Matchmaking“ ermöglicht es, treffsicher neue Kontakte herzustellen. Sie müssen nur zur Messe kommen und sich registrieren. Und Sie werden auf der Wasserkraftmesse auch den Grünen Strom aus Ihrem Kraftwerk verkaufen können. Sollten Sie kein eigenes Kraftwerk besitzen, bietet Ihnen die Strombörse auf der Messe Ihren individuellen Grünstrom aus der eigenen Steckdose. Die RENEXPO® HYDRO will noch 2015 den Start zu dieser europaweiten Zusammenarbeit im Bereich Wasserkraft ermöglichen, die auch das Wort „gewässerverträglich“ als eigenen Wert schätzt.

Kontakt und Information: REECO Austria GmbH Doina Vorosan Josef-Schwer-Gasse 9 / AT - 5020 Salzburg Tel: +43 (0) 662 8226 – 35 / Fax: +43 (0) 662 8226 – 47

presse@reeco.eu

www.renexpo-hydro.eu

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Die EU-Wasserrahmenrichtlinie schreibt großen und kleinen Wasserkraftbetreibern vor, an Wehranlagen Fischdurchgängigkeit herzustellen. Gastautorin Lisa Meißl behandelt im Schwerpunktbeitrag sowohl bewährte als auch neuartige und innovative Systeme zum Fischauf- und -abstieg.

FISCHAUFSTIEGSHILFEN: VIELE WEGE FÜHREN DIE FISCHE INS OBER- UND UNTERWASSER Das Thema Fischaufstieg ist seit dem letzten Jahrzehnt regelmäßig in der europäischen Medienlandschaft vertreten. Speziell für den Wasserkraftsektor ist dieses von großer Bedeutung, schreibt doch die EU-Wasserrahmenrichtlinie die Errichtung von Fischwanderhilfen an Wehranlagen vor. Die bisherigen Medienberichte stellen jedoch meist sowohl räumlich als auch zeitlich voneinander getrennte Fragmente dar, die je eine neuartige Lösung oder ein konkretes Projekt beschreiben. Dieser Sonderbeitrag soll dem Leser nun einen Überblick darüber verschaffen, welche Anforderungen an Fischaufstiegshilfen im Allgemeinen gestellt werden. Erprobte und bereits viel berichtete Varianten werden kurz gegenübergestellt und zudem wird über neue Lösungen und wissenschaftliche Erkenntnisse informiert. * verfasst von DI Lisa Meißl it dem Beginn des 20. Jahrhunderts stieg der Bedarf an elektrischer Energie. Damit einhergehend entstanden vor allem in Österreich zunehmend mehr Wasserkraftwerke, die ihre Umgebung mit Strom versorgten. Die Lösung schien perfekt – Saubere Energie aus einer sich von selbst erneuernden Ressource ohne unerwünschte Nebenwirkungen wie schädliche Emissionen. Mit voranschreitender Zahl an Stauwehren und Kraftwerken zeigte sich jedoch bald der sprichwörtlich so berühmte Haken – ein Haken, der ganze Fischpopulationen zappeln lässt. Die Liste der nachgewiesenen Beeinflussungen von Wasserkraftanlagen auf die Fließgewässerfauna ist lang. Eine in diesem Zu-

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sammenhang besonders weitreichende Auswirkung stellt bekanntlich die Unterbrechung des Fließgewässerkontinuums dar. Unüberwindbare Stauwerke sowie teils trokken fallende Gewässerabschnitte an Ausleitungskraftwerken sind dafür als Hauptursachen zu nennen. Ein Fisch unternimmt im Laufe seines Lebens zahlreiche Wanderungen, die ihn quer durch „sein“ Fließgewässersystem führen. Unüberwindbare Barrieren im Längsverlauf sowie ein fehlender Zugang zu beruhigteren Seitenarmen bedeuten für ihn eine enorme Einschränkung seines natürlichen Lebensraums und gehen mit negativen Auswirkungen, vor allem seine Fortpflanzung, seine Ernährung und sein Wachstum betreffend, einher.

ERSTE WANDERHILFEN FÜR DIE KATZ’ Die eben erwähnten Erkenntnisse ließen gegen Ende des 20. Jahrhunderts nach und nach die ersten Fischaufstiegshilfen (FAH) entstehen. Diese bestanden anfänglich zumeist aus linear aufeinanderfolgenden flachen Becken, die unzureichend strukturiert waren. Erfahrungswerten zufolge erfüllten diese wenig attraktiven Anlagen ihre gewünschte Funktion schlecht bis gar nicht. „Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass es sich hierbei aufgrund der starken Exposition der Fische im Falle eines tatsächlichen Aufstieges auch gerne mal um ein ,Running-Sushi-Buffet’ für Katzen und Raubvögel handelte“, erinnert sich DI Gerhard Meißl, erfahrener Projektleiter bei PÖYRY Energy GmbH.


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Bei diesem antiquierten Fischaufstieg ist es äußerst fraglich, ob er seiner Funktion auch gerecht wird.

AUFFINDBARKEIT Die beste Fischaufstiegshilfe ist wertlos, wenn der Fisch deren Eingang nicht findet. Um dies zu vermeiden, seien bei der Planung besonders auf die richtige Positionierung des Einstieges sowie auf das Vorhandensein einer von den Fischen eindeutig wahrnehmbaren Leitströmung zu achten. Die Orientierung eines Fisches in einem Fließgewässer wird in erster Linie durch die Strömung bedingt. Damit dies gelingt, darf eine Fließgeschwindigkeit von 0,2 - 0,3 m/s nicht unterschritten werden. Vor allem strömungsliebende Fischarten wie Nase, Barbe oder Huchen folgen prinzipiell der Hauptströmung. Bei einer unzureichend erkennbaren Leitströmung aus der FAH dringen diese bis direkt zum Wanderhindernis vor und suchen dort nach einer geeigneten Aufstiegsmöglichkeit. Sind sie einmal am Einstieg vorbeigeschwommen, so finden sie diesen erfahrungsgemäß nicht so leicht wieder. An die Kreativität eines Fisches und somit daran, eine Umkehr in Betracht zu ziehen, sollte also besser nicht

appelliert werden. Vielmehr sei laut Leitfaden dafür zu sorgen, dass der Einstieg so angelegt wird, dass dieser an den natürlichen Wanderweg der Fische anschließt. Hierbei hat sich eine uferseitige Positionierung der Einstiegsöffnung auf etwa gleicher Höhe wie das Querbauwerk selbst sehr gut bewährt. Für Laufkraftwerke empfiehlt der Leitfaden eine Situierung des Einstieges am turbinenseitigen Ufer auf Höhe des Triebwasserauslaufes bzw. bei starken Turbulenzen oder sehr hohen Fließgeschwindigkeiten unmittelbar flussab davon. Bei Ausleitungskraftwerken wird an sich der seitliche Randbereich des Wehrkolkes angeraten. LEITSTRÖMUNG Wie bereits erwähnt spielt für das Auffinden einer Fischaufstiegshilfe neben der optimalen Lage des Einstieges zusätzlich auch die entsprechende Leitströmung eine wesentliche Rolle. Der aus der FAH austretende Strömungsimpuls, welcher sich aus Fließgeschwindigkeit und Wasservolumen zusam-

Bei der Planung einer Fischaufstiegshilfe ist bei der Dimensionierung der Becken besonders auf die Bedürfnisse der jeweiligen Leitfischart Rücksicht zu nehmen.

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GRUNDREZEPT: ERFOLGREICHER FISCHAUFSTIEG Das österreichische Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft brachte gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien im Jahr 2012 einen Leitfaden heraus, der – basierend auf den oben erwähnten Forschungsergebnissen der letzten zwanzig Jahre – als Orientierungshilfe zum Bau geeigneter Fischaufstiegshilfen dienen soll. Ein allgemein anwendbares Kochrezept stellt dieser freilich nicht dar, da sich die einzelnen Parameter der Natur nicht einfach so in Gewürzgläser stecken lassen. Prinzipiell kann jedoch unter Einhaltung nachfolgender darin angeführter Grundregeln und Bemessungswerte mit einem erfolgreichen Fischaufstieg gerechnet werden. Die Gestaltung einer FAH hat sich stets an den Bedürfnissen der vor Ort vorkommenden bzw. der dort wanderwilligen Fische zu orientieren. Hierbei sind vor allem Schwimmleistungen, generelle artspezifische Verhaltensweisen sowie Körpergrößen der (Leit-)Fische zu berücksichtigen. Die Dimensionierung und Dotation der Becken richtet sich grundsätzlich nach den Ansprüchen der größten aller für das entsprechende Gewässer typischen Fischarten. Es wird jedoch nicht automatisch von der maximal erreichbaren Körpergröße dieser Art ausgegangen. Vielmehr orientieren sich die Bemessungswerte an der durchschnittlichen Fischgröße jenes Altersstadiums, bei dem jeweils die höchste Reproduktionsrate zu erwarten ist. Anders verhält es sich bezüglich hydraulischer Kennwerte, allen voran die Fließgeschwindigkeit. Diese gilt es besonders auf die schwimmschwachen Fischarten und Altersstadien abzustimmen. Laut erwähntem Leitfaden ist eine funktionsfähige FAH vor allem von zwei Hauptkriterien abhängig, nämlich von der Gewährleistung der Auffindbarkeit sowie der Passierbarkeit.

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Spätestens mit der im Jahr 2000 in Kraft getretenen EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde letztendlich die Gewährleistung einer Durchgängigkeit europäischer Fließgewässer gesetzlich vorgeschrieben und damit einhergehend auch die Errichtung von Fischwanderhilfen an diversen Kraftwerken. Auch die Wissenschaft steht zu diesem Thema nicht still. Es wird geforscht, geplant, gebaut, geprüft, wie so eine Fischaufstiegshilfe im Optimalfall auszusehen hat. Mit dem Ergebnis, dass bis zum heutigen Tag bereits auf eine Vielzahl erprobter Lösungen zurückgegriffen werden kann.

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Naturnaher Beckenpasss beim KW Schwalmmühle.

mensetzt, muss stark genug sein, um sich gegen den Abfluss, in den er einmündet, behaupten zu können. Ein Fisch nimmt nämlich allein jene Strömung wahr, die direkt auf seinen Körper auftrifft. Die notwendige Leitstromdotation richtet sich demnach stark nach der jeweiligen Größe des Fließgewässers. Für die Gesamtdotation, also die für die Passierbarkeit der FAH erforderliche Mindestdotation in Kombination mit einer eventuell zusätzlich nötigen Wasserabgabe zur Sicherstellung der Auffindbarkeit, kann laut Leitfaden von einem Wert zwischen 1 - 5 % des jeweiligen mittleren Gewässerabflusses ausgegangen werden. Die Fließgeschwindigkeit im Hauptleitstrahl muss so gewählt werden, dass sie der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Zielfischarten entspricht und gleichzeitig von diesen aber auch als wegweisende Strömung interpretiert wird. Auch der Neigungswinkel, in dem die Leitdotation aus der FAH ins Unterwasser mündet, ist für ein erfolgreiches Aufspüren der Anlage ausschlaggebend. Vor allem ein parallel zum Unterwasser eintretender Strömungsimpuls erzielt die bislang besten Resultate. Der maximale Neigungswinkel sollte 30 - 45 Grad jedoch nicht überschreiten, falls ein paralleler Zufluss nicht möglich ist. PASSIERBARKEIT War der Einstieg in die FAH erfolgreich, so muss der Fisch nun die einzelnen Becken oder Kolk-Furt-Abfolgen überwinden. Hierzu ist es verständlicherweise von absoluter Notwendigkeit, dass ihm seine eigene Körpergröße dabei nicht im Weg steht. Die Dimensionierung des Wanderkorridors muss also wie bereits erwähnt auf die größenbestimmende Fischart abgestimmt werden. Bei naturnahen wie technischen Beckenpässen bedeutet dies, eine ausreichende Länge, Breite und Tiefe der Becken sowie angemes-

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sen breite Engstellen im Bereich der Übergänge zu berücksichtigen. Die Ausformung ist auch wichtig für den Abbau der mit dem Wasser eingetragenen Energie, um Turbulenzen so gut es geht zu vermieden, beeinträchtigen diese doch die Orientierung und die Schwimmleistung von Fischen erheblich. Zudem stellt ebenso die Fließgeschwindigkeit einen begrenzenden Faktor dar. Muss diese für eine erfolgreiche Orientierung der Fische einerseits mindestens 0,2 - 0,3 m/s aufweisen, darf sie jedoch wiederum keinesfalls zu stark ausfallen, um auch schwimmschwachen Arten den Aufstieg zu ermöglichen. Somit muss der Wanderkorridor und besonders dessen Engstellen zumindest im bodennahen Bereich hydraulisch an die sportlichen Leistungen der weniger guten Schwimmer angepasst werden. Dies kann durch Sohlanschluss bei den Beckenübergängen sowie durch das Einbringen eines rauen Sohlsubstrats und Störsteine erreicht werden. Ferner dürfen die zu überwindenden Schwellen nicht zu hoch dimensioniert sein und müssen einen ausreichend tiefen Wasserpolster aufweisen, in dem die Fische das Hindernis hinaufschwimmen können. Das Klischee vom weit empor springenden Fisch trifft nämlich hierzulande nur auf adulte Bachforellen zu. ANSCHLUSS ANS OBER- UND UNTERWASSER SOWIE FISCHAUSSTIEG Die Passage einer Fischaufstiegsanlage kann dann vollends als erfolgreich angesehen werden, wenn der Fisch danach munter oberhalb des Wanderhindernisses weiterschwimmt. Dazu muss letztendlich auch der Anschluss an das Ober- und das Unterwasser gewährleistet sein. Oft saisonal bedingte schwankende Wasserstände müssen gegebenenfalls berücksichtigt und bei sehr starken Schwankungen auch baulich durch mehrere Ein- sowie

Ausstiege ausgeglichen werden. Darüber hinaus sind Dotation sowie Leitströmung der Fischwanderhilfe ebenfalls an unterschiedliche saisonale Bedingungen anzupassen. Der Fischausstieg an sich muss zudem ausreichend weit vom Wehr und dem Turbineneinlauf entfernt sein, damit sich der Fisch anhand der Strömung flussauf gerichtet orientieren kann und vor allem nicht in die Turbine abdriftet. Für eine schonende Gestaltung des Ausstieges können auch eingebrachte Uferstrukturen als Einstandsmöglichkeit für Fische hilfreich sein. Für den Ausstieg werden im Leitfaden je nach Gewässergröße Abstände zwischen 10 und 100 m genannt. Sowohl Ausstieg wie Einstieg der FAH sind so anzulegen, dass diese so wenig wie möglich durch Treibgut oder eingetragenes Geschiebe beeinträchtigt werden, und um dementsprechend auch den Wartungsaufwand gering zu halten. Ganz zu schweigen davon, dass eine FAH so angelegt werden muss, dass sie auch in der Lage ist größere Hochwässer zu überstehen. DIE QUAL DER WAHL Eine FAH muss stets auf die Art des Wanderhindernisses abgestimmt werden und hat sich an den gewässertypspezifischen Gegebenheiten sowie den größenbestimmenden Fischarten zu orientieren. Die Wahl des FAH-Typs selbst liegt jedoch in erster Linie bei den Kraftwerksbetreibern bzw. Planern. Der Bau einer Fischaufstiegshilfe stellt diese vor eine wichtige Entscheidung. Nun heißt es, die für das jeweilige Kraftwerk individuell am besten geeignete Lösung zu finden. Jene Lösung, die unter Einhaltung aller gesetzlich vorgeschriebenen Dotations- und Bemessungswerte das Kraftwerk dennoch so rentabel wie nur möglich hält. Ausschlaggebend bei der Wahl der geeigneten FAH sind unter anderem auch die zur Verfügung stehenden Platzverhältnisse vor Ort. Nicht zuletzt sind natürlich die anfallenden Bau- und Planungskosten und in weiterer Folge auch der Wartungsaufwand zu berücksichtigen. Mit dem Bau einer FAH allein ist es nämlich nicht getan. Diese muss fortlaufend kontrolliert und in Stand gehalten werden, um ihre volle Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Nachfolgend seien die im Zusammenhang mit Wasserkraftanlagen gängigsten, in ihrer Funktionsweise bereits jahrelang erprobten und auch durch den FAH-Leitfaden des Bundesministeriums als geeignet anerkannten Fischaufstiegshilfen mit ihren Vor- und Nachteilen überblicksmäßig zusammengefasst.


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GEWÄSSERTYPISCHES UMGEHUNGSGERINNE Ein gewässertypisches Umgehungsgerinne ist, wie der Name bereits verrät, dem Vorbild des natürlichen Flusslaufs oder dessen Zubringern nachempfunden und orientiert sich an deren Gefälle und morphologischen Ausformungen. Besonders wichtig für eine dauerhafte Funktionalität eines solchen Gerinnes ist die künstliche Schaffung natürlicher Kolk-Furt-Abfolgen sowie eine an den jahreszeitlichen Verlauf angepasste, dynamische Wasserführung. Somit bietet es neben

Foto: zek

Naturnaher Beckenpass beim KW Antholz

seiner Funktion als Fischaufstiegshilfe gleichzeitig auch einen zusätzlichen Lebensraum für Wasserorganismen aller Art. Dies ist vor allem bei hydromorphologisch stark beeinträchtigten Fließgewässern ein großer ökologischer Vorteil. Die Dotation des Umgehungsgerinnes muss sich stets nach dem Gefälle richten. Das bedeutet, dass die Wasserführung auf das vorhandene Gefälle abgestimmt bzw. bei dessen Bau das maximal zulässige mittlere Gefälle bei entsprechender Dotationsmenge berücksichtigt werden muss. Dies bedingt einen entscheidenden Nachteil gegenüber anderen Lösungen zum Fischaufstieg: ein gewässertypisches Umgehungsgerinne braucht bei gewünschter geringer Dotationsmenge relativ viel Platz für die Überwindung von Höhenunterschieden. Ist dieser jedoch vorhanden, bietet es aufgrund seiner vergleichsweise geringen Bau- und Instandhaltungskosten eine gute, und vor allem für das Gewässersystem ansprechende Alternative. NATURNAHER BECKENPASS Der naturnahe Beckenpass kann als eine Kombination aus gewässertypischem Umgehungsgerinne und technischem Schlitzpass aufgefasst werden. Wie erstgenanntes bietet dieser ebenfalls einen zusätzlichen Lebensraum für die ansässige Fließgewässerfauna und auch die Errichtungs- und Instandhaltungskosten belaufen sich hier im Vergleich zu letzterem geringer. Jedoch erfordert besonders der Bau und die Ausgestaltung der Beckenübergänge bereits deutlich mehr Know-how und Erfahrung als ein Umgehungsgerinne. Technisch gesehen handelt es sich hier um eine Aufeinanderfolge einzelner Kolke mit je nach Einsatzort individuell zu bemessenem Volumen, die über Schwellen miteinander verbunden sind. Eine meist notwendige Stabilisierung der häufig steilen Ufer erfolgt mittels Steinen und Wurzelstöcken, die den Fischen gleichzeitig Unterschlupf sowie Sichtschutz bieten. Der Ausformung der trapezförmigen Beckenübergänge muss hier wie beim technischen Schlitzpass besondere Aufmerksamkeit erteilt werden, um ein Verletzungsrisiko durch zu enge oder scharfkantige Schlitze auszuschließen bzw. den Aufstieg mittels ausreichender Rauigkeit vor allem im sohlnahen Bereich auch für schwimmschwache Arten zu ermöglichen. SCHLITZPASS – VERTICAL SLOT Die deutlich platzsparendere Variante ist der Vertical Slot oder technische Schlitzpass, da sich durch ihn auf gleichem Raum größere Gefälle überwinden lassen als durch die bei-

Vertical-Slot-Fischpass am Kraftwerk Penz.

Foto: zek

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Gewässertypisches Umgehungsgerinne am Kraftwerk Werfen.

den eben vorgestellten Lösungen. Auch hier erfolgt der Aufstieg über aneinandergereihte Becken, die in ihrer Ausformung und Schlitzbreite an den Beckenübergängen auf die jeweilige Leitfischart und hydraulischen Gegebenheiten abzustimmen sind. Für technische Schlitzpässe kann eine "Pi mal Daumen Regel" zur Beckendimensionierung aufgestellt werden: 3 mal so lang und 2 mal so breit wie die größenbestimmende Fischart, die dreifache Körperbreite als Mindestschlitzweite sowie 2,5 mal die Körperhöhe als Mindesttiefe bei den Übergängen. Die aus Sichtbeton gefertigten, robusten Anlagen haben den Vorteil, dass sie durch ihre fixen Größenverhältnisse die vergleichsweise genauesten hydraulischen Berechnungen zulassen. Strömungslenkende Hakenelemente vor den Schlitzöffnungen sorgen dafür, dass der Wasserdurchsatz nicht geradlinig, sondern in Form einer geschwungenen Hauptströmung abgeführt wird und dabei Energie in den Becken abbauen kann. Mithilfe dieses Schemas und der Einbringung eines rauen Sohlsubstrats sollen Fließgeschwindigkeiten und Turbulenzen möglichst gering gehalten werden, um einen erfolgreichen Aufstieg für diverse, unterschiedlich schwimmstarke Fischarten zu ermöglichen. Ein großes Plus des technischen Schlitzpasses ist wie bereits erwähnt sein geringer Platzbedarf. Dieser Vorteil bringt jedoch wiederum vergleichsweise höhere Errichtungskosten mit sich. Unter Annahme der gleichen Wasserspiegeldifferenzen muss der Schlitzpass im Vergleich zu einem naturnahen Dezember 2015

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Enature FISHPASS beim Kraftwerk Rosegg St. Jakob.

Beckenpass oder einem Umgehungsgerinne zudem höher dotiert werden. Auch die Wartung gestaltet sich hier aufwendiger. Vor allem Schlitzweiten unter 20 cm müssen besonders aufmerksam kontrolliert werden, um die hier vergleichsweise leichter auftretenden Verklausungen zu entfernen und somit für die ständige Funktionsfähigkeit der Anlage zu sorgen. Ferner bietet ein Vertical Slot auch keinen Lebensraum, sondern lediglich Ruhezonen während des Aufstieges. Die Fische sind hier jedoch weniger exponiert als beim naturnahen Beckenpass. Anschließend werden einige neuartige Lösungen und deren jeweilige prinzipielle Funktionsweise vorgestellt. DER ENATURE FISHPASS Ausgehend vom Prinzip des oben erwähnten Vertical Slots hat die Firma Maba Fertigteilindustrie gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien dieses weiterentwickelt. Mit dem Ziel, die Anlage sowohl für Kraftwerksbetreiber, als auch für Fische noch attraktiver zu machen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der sogenannte Multi Structure Slot kommt mit einer bis zu 30 40% geringeren Dotationsmenge aus als bisherige Schlitzpässe. „Im Optimalfall bedeutet dies geringere Produktionsverluste für ein Kraftwerk, da die eingesparte Wassermenge im Falle eines Laufkraftwerkes somit direkt den Turbinen zugeführt werden kann. Bei einem Ausleitungskraftwerk wäre eine noch effizientere Restwassernutzung möglich“, erklärt Daniel Briedl von Maba FTI. Einhergehend mit einem verminderten Wasserdurchsatz werden auch Fließgeschwindigkeiten und Turbulenzen in der FAH nachweislich reduziert. Dies gibt wiederum Fischen Anlass zur Freude.

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Foto: MABA

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INNOVATION DURCH MULTI SLOTS Der Fischaufstieg von Becken zu Becken erfolgt hier im Gegensatz zu den herkömmlichen Schlitzpässen anstatt über jeweils einen über zwei aufeinanderfolgende Schlitze (Multi Slots), wodurch sich kleine Zwischenbecken ergeben. Innerhalb dieser bilden sich aufgrund von Wandrauheitselementen isolierte Rauigkeitsströmungen aus, die wiederum für hydraulische Verluste sorgen, und somit den Durchfluss reduzieren. Die Multi Slots münden versetzt in die großen Ruheund Erholungsbecken der Anlage, wodurch sich ein alternierendes Strömungsmuster ergibt. Die Summe dieser Maßnahmen begünstigt die Energiedissipation in den Becken insofern, dass sich eine deutlich geringere induzierte Energiedichte ergibt. Turbulenzen können somit besser abgebaut und vermindert werden. Zusammen mit den bis zu 15% geringeren Fließgeschwindigkeiten wird besonders juvenilen und schwimmschwachen Fischarten der Aufstieg dadurch erleichtert. Die positive biologische Akzeptanz bei schwimmstarken Fischarten wie Forellen, Nasen und Barben, aber auch bei der schwimmschwachen Koppe wird anhand zahlreicher Untersuchungen durch die BOKU Wien bestätigt. EINBAU UND PLANUNG Das enature FISHPASS System wurde bis dato bereits an mehr als 20 Standorten in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz erfolgreich realisiert. Es ist in zwei Beckengrößen und -tiefen mit in Summe fünf unterschiedlichen Schlitzbreiten erhältlich, um eine Anpassung an die Bedürfnisse der größenbestimmenden Leitfischarten zu ermöglichen. Neigungsknickelemente helfen einen Höhenunterschied von 10 bis 20 cm zwischen den einzelnen Becken zu überwin-

den. Je nach Wasserspiegeldifferenz weisen diese unterschiedliche Neigungswinkel auf. Eine gewünschte Kehre lässt sich mithilfe von 45° Becken bewerkstelligen. Wie bei einem uns allen bekannten Bausatz werden diese Teile nun in der Planungsphase individuell miteinander verbunden und auf den Einsatzort abgestimmt. Dies muss natürlich äußerst fachgerecht erfolgen, keine Frage. Doch auch hier wird seitens Maba Unterstützung angeboten: ein digital verfügbares 2D und 3D Planungstool soll diesen Prozess etwas erleichtern. Die Firma Maba FTI verspricht sich anhand dieses Systems „eine für Kraftwerksbetreiber attraktive, kostengünstige, leicht nachrüstbare Lösung mit kurzer Installationszeit und vor allem einer Minimierung von Erzeugungsverlusten durch die Einsparung von Betriebswasser“. Die erste Pilotanlage zur Systemgröße „Klein“ befindet sich beim Wehr Glöckler an der Piesting mit einer Dotationsmenge von 94 l/s und den Leitfischarten Äsche und Bachforelle. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Schlitzpass mit benötigten 148 l/s spart man hier 36% des Betriebswassers ein. Dieses soll zukünftig von einer geplanten Wasserkraftschnecke direkt in Energie umgewandelt werden. Eine weitere Pilotanlage zur Systemgröße „Mittel“ steht beim Wehr Hart an der Ager. Hier wird in etwa dieselbe Wassermenge wie bei der ersten Anlage eingespart und bereits durch eine Restwasserturbine energietechnisch genutzt. Besonderen Anlass zur Freude gab dort die Dokumentation eines aufsteigenden 1050 mm Huchens sowie eines 1360 mm Wels. NATURNAHER FISCHAUFSTIEG MIT SCHLITZELEMENTEN Ein charakteristisches Merkmal naturnaher Fischaufstiegshilfen stellt die Verwendung von Wasserbausteinen dar. Diese eignen sich besonders für die Anlage der einzelnen Becken, können jedoch die präzise Umsetzung der benötigten Schlitzbreiten und -tiefen an den jeweiligen Beckenübergängen erschweren. Das Unternehmen Mitterfelner Schalungsbau nahm sich dieser Problematik an und erweiterte in Zusammenarbeit mit den Behörden den naturnahen Beckenpass um die produktionstechnischen Vorteile eines Vertical Slots. Der sogenannte naturnahe Fischpass macht sich an seinen Beckenübergängen standardisierte Schlitzelemente zunutze, die eine oft aufwändige Suche nach genau passenden Steinen ersetzen. Diese bestehen aus robustem Lärchenholz, eingebaut in einen u-förmigen Betonteil. Das Holz begünstigt hier eine flexible Gestaltung individueller Schlitzbreiten und


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Fotos: Feistritzwerke-Steweag GmbH

Vorgefertigte standardisierte Schlitzelemente erleichtern die Gestaltung der naturnahen FAH enorm.Das Bild links zeigt die FAH am KW Pölz vor der Befüllung, rechts daneben den Betriebszustand.

Foto: zek

Borstenfischpass am Kraftwerk Nüland.

ckenpässen. In Österreich und Deutschland wurden bereits 40 dieser Fischpassanlagen mit großem Erfolg realisiert. DER BORSTENFISCHPASS Eine ebenfalls universitär entwickelte Variante zum Fischaufstieg stellt der Borstenfischpass dar. Unter Leitung der Universität Kassel wurde hier nicht nur auf die Bedürfnisse der Fließgewässerfauna, sondern über diese hinaus auch noch auf jene der Kanufahrer eingegangen. Der Fischpass ist nämlich durchaus auch für eine Bootspassage geeignet. Dies kann dadurch gewährleistet werden, dass er keine baulichen Trennwände aufweist. Die Dissipation der Strömungsenergie und somit die Verminderung von Fließgeschwindigkeiten und auftretenden Turbulenzen wird hier jedoch lediglich durch gebündelte Borstenelemente als Strömungswiderstand gewährleistet. Diese sind in einer Bodenplatte unter grobkörnigem Substrat verankert und lasssen sich bei Bedarf relativ leicht tauschen. Das Konzept des Borstenfischpass eignet sich sowohl für starke als auch schwache Schwimmarten und kann dank des elastischen Materials auch von Booten durchquert werden.

Foto: Hydro-Solar

-tiefen. Einen weiteren wesentlichen Vorteil sieht das Unternehmen in der erheblichen Vereinfachung der Bauarbeiten: Je nach Projekt wird vorab ein genau definierter Abstand, Versatz und Höhenunterschied der einzelnen Schlitzelemente festgelegt. Die Becken selbst werden wie gehabt vor Ort mit Wasserbausteinen angelegt und geformt, deren Übergänge sind jedoch bereits über die vorgefertigten Schlitzelemente definiert. Diese werden in einem Winkel von 10 Grad versetzt zur Mittellinie eingebracht. Dadurch wird ein alternierendes Strömungsmuster begünstigt und kann der Verlauf des Fischpasses optimal an das Gelände und den verfügbaren Platz angepasst werden. Zu guter Letzt wird durchgehend raues Sohlsubstrat eingebracht und das System geflutet. Von den Schlitzelementen selbst sind danach noch etwa 20 cm sichtbar und der Fischpass gliedert sich somit auch optisch gut in das Landschaftsbild ein. Die anfallenden Kosten sind vergleichbar mit herkömmlichen Be-

STARKE WIRKUNG BEI SANFTEM STRÖMUNGSWIDERSTAND Die elastischen und durchlässigen Borstenelemente sind in regelmäßigen Abständen, die je nach Fischgrößen und hydraulischen Bedingungen bemessen sind, in Form von über die gesamte Gerinnebreite reichenden, lückenhaft unterbrochenen Reihen angelegt, die wie Bürsten aus dem Boden ragen. Die Fließgeschwindigkeit auf Höhe der Borsten wird hier rein von diesen sowie dem Gefälle bestimmt und pendelt sich auf einen konstanten, gleichbleibenden Wert ein, ebenso bei Überströmung der Kämme. Auch die Fließgeschwindigkeit zwischen den Borsten selbst fällt äußerst gering aus, wodurch vor allem schwimmschwachen und bodenorientierten Lebewesen eine einfache Passage ermöglicht wird. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bestätigt, dass dieser Fischpass von schwimmschwachen wie auch strömungsliebenden Arten in gleicher Weise angenommen wird und diese die Rinne sowohl flussauf wie auch flussab passieren können. Durch die Elastizität der Borsten verletzen sich die Fische zudem an diesen nicht. Die Borsten selbst bieten den Gewässerbewohnern ferner auch Schutz vor Räubern in und außerhalb des Wasserkörpers und in deren Lückensystem konnte eine dichte Besiedelung durch Makrozoobenthos-Organismen festgestellt werden. BEWÄHRTE SCHWEIZER TECHNIK Seit der Inbetriebnahme der Pilotanlage am Kraftwerk Au an der Thur durch das Schweizer Unternehmen Hydro Solar AG im Jahre 2002 wurden von diesem bereits viele weitere dieser Fischaufstiegsanlagen in bewährter Weise umgesetzt. Im Falle der Pilotanlage überwindet die 1,2 m breite FAH einen Höhenunterschied von 7,12 m mit 8% mittlerem Gefälle bei einer Gesamtlänge von Dezember 2015

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Das Fischliftschleusensystem des Herstellers Wasserwirt verbirgt sich platzsparend in einem unscheinbaren Betonzylinder.

DAS FISCHLIFTSCHLEUSENSYSTEM Man stelle sich die Suche nach einer geeigneten FAH an einer Wehranlage mit äußerst beengten Platzverhältnissen vor, die selbst einen Schlitzfischpass nicht bzw. nur mit erheblich großem Aufwand zulassen. Fische interessiert eine solche technische Herausforderung jedoch nicht. Sie wollen trotzdem wandern und sich fortpflanzen. Im Falle eines Kleinkraftwerks am Kärtner Löllingbach konnte das neuartige Fischliftschleusensystem, kurz Fischlift genannt, des Unternehmens „Der Wasserwirt“ Abhilfe schaffen. „In der Schweiz sind Fischlifte bereits seit Jahrzehnten im Einsatz“, weiß DI Bernhard Monai, Unternehmensgründer von „Der Wasserwirt“. „Wir haben dieses grundsätzliche Prinzip aufgegriffen und weiterentwickelt.“ Bisherige Fischliftmodelle sind aufgrund des häufig eingesetzten Stahlgerüsts für sei-

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Foto: Wasserwirt

Foto: Wasserwirt

95 m und einem benötigten Wasserdurchsatz von 200 l/s. Ebenso wie der Vertical Slot braucht auch der Borstenfischpass vergleichsweise sehr wenig Platz. Hinter den Borsten selbst entstehen strömungsberuhigte Zonen durch die auf gesonderte Ruhebecken verzichtet und die Aufstiegshilfe somit vergleichsweise kürzer gestaltet bzw. kostengünstiger errichtet werden kann. Bei gleichem Abfluss tritt beim Borstenfischpass zudem auch ein geringeres Maß an Turbulenzen und Fließgeschwindigkeiten auf als bei einem herkömmlichen technischen Schlitzpass. Mit einem kammartigen Rechen können die Borstenelemente relativ leicht von Treibgut oder Geschiebeeintrag befreit werden. Und vielleicht für manche Nachbarschaften ein ebenfalls nicht zu verachtender Vorteil: der Borstenfischpass besticht durch seinen geräuscharmen Betrieb ohne große Lärmbelästigungen.

DI Bernhard Monai vor seinem Fischlift.

nen Geschmack zu aufwendig konzipiert. Deren Handhabung erfolgt mittels einer Seilwinde über ein Korb- und Wannensystem in einem Stahlgerüst. Die von Monai entwickelte Variante hingegen funktioniert ohne Seilwinde und Stahlkonstruktion.

treibt den Schwimmer inklusive Fische und Lochblechplatte nach oben. Sobald sich der Wasserspiegel im Lift auf gleichem Niveau wie jener im Oberwasser befindet, öffnet sich der dortige Schieber. An der vom Oberwasser in den Schacht eintretenden Strömung von etwa 0,40 m/s können sich die Fische orientieren und finden so ihren Weg nach draußen. Die Dauer dieser „Ausstiegsphase“ muss je Standort optimiert werden und kann zwischen 5 und 30 Minuten beanspruchen. Danach wird der Schieber wieder geschlossen, das Wasser entweicht über Rohrleitungen im Boden. Aufgrund des fehlenden Zuflusses von oben sinkt der Wasserspiegel im Schacht ab, der Schwimmer bewegt sich nach unten, wo das Spiel wieder von neuem beginnt.

PRINZIPIELLE FUNKTIONS- UND FAHRWEISE Im Prinzip besteht der Schacht dieses Fischliftes aus einer Betonfertigteil-Röhre, die vertikal zwischen Ober- und Unterwasser eingebaut und mit dessen jeweiligem Wasserspiegel verbunden ist. Darin befindet sich ein Schwimmer, an dessen Unterseite eine Lochblechplatte montiert ist. Der genaue Abstand zwischen Platte und Schwimmer muss stets an den jeweiligen Standort angepasst werden und einen Mindestabstand von 40 cm betragen. Zur Seite hin wird dieses Liftsystem allein durch die Betonröhre begrenzt, die aufsteigenden Fische befinden sich zwischen Schwimmer und Lochblechplatte. Die Funktionsweise des Liftes erfolgt über Abarbeitung bestimmter aufeinanderfolgender Phasen. In der „Fangphase“ befindet sich der Schwimmer auf dem tiefsten Niveau. Der Schieber zum Unterwasser ist geöffnet. Zusätzlich zu einer permanent vorhandenen Leitströmung wird diese nun dadurch verstärkt, dass Wasser über die Bodenplatte in den Schacht strömt. Dadurch intensiviert sich die Leitströmung außerhalb des Lifteinganges und die Fische erhalten den Impuls, in diesen einzuschwimmen. Angenehmer Side-Effekt: die Löcher werden dadurch automatisch gleich gereinigt. Nach etwa 5 Minuten schließt sich der untere Schieber und die „Hubphase“ beginnt. Über eine seitliche Rohrleitung wird Wasser durch die Löcher der Bodenplatte in den Schacht gepumpt. Dieser spiegelt automatisch mit dem Oberwasserspiegel aus und

BISHERIGE EINSATZBEREICHE UND ERFAHRUNGSWERTE Das Pilotprojekt für dieses Fischschleusensystem befindet sich am Löllingbach. Hier wird ein Höhenunterschied von 2,44 m mittels eines Fischliftes mit 1 Meter Innendurchmesser überwunden. Die je nach Jahreszeit für die Restwasserstrecke unterschiedlich bemessene Dotationsmenge von 60 bis 110 l/s wird über den Fischlift abgegeben und dient diesem zugleich als Betriebswassermenge. Ein begleitendes Monitoring der BOKU Wien soll zudem die ökologische Funktion der Anlage überprüfen. „Erste Ergebnisse zeigen bereits, dass sowohl Bachforellen, als auch Koppen die Liftfahrt vom Unter- bis in das Oberwasser erfolgreich gemeistert haben“, freut sich Bernhard Monai. Die Anlage scheint somit auch schwimmschwachen Fischarten eine geeignete Aufstiegsmöglichkeit zu bieten. Bei dem zweiten Pilotprojekt an einem Laufkraftwerk an der Gurk ist die festgelegte Leitfischart der Huchen. Hier


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FISCHHEBESYSTEM ERMÖGLICHT MONITORING Neben der Überwindung von Höhenunterschieden im Gewässerlauf können Fischliftsysteme auch für Monitoring-Zwecke eingesetzt werden. Hierzu entwickelte die im oberbayrischen Brannenburg ansässige Firma Muhr an der Wehranlage Geesthacht am Nordufer der Elbe ein Fischhebesystem zur Kontrolle des Aufstiegsverhaltens der Gewässerlebewesen am Kraftwerk Moorburg. Platziert ist die Fischleit- und Hebeanlage im Auslaufbereich des 550 m langen, als Schlitzpass angelegten Fischaufstiegs und wurde 2010 in Betrieb genommen. Dieser Fischaufstieg gehört mit seinen 45 einzelnen

Fischhebsystem des Herstellers Muhr zum Monitoring der wanderwilligen Fische an der Wehranlage Geesthacht.

Foto: Muhr

misst der Innendurchmesser des Liftschachtes 2 m und dient zur Überwindung von 3,35 m Fallhöhe. Die Fischaufstiegsanlage befindet sich direkt im Krafthaus mit orographisch linksufrig situiertem Einstieg zwischen den beiden Turbinenauslässen. „Der Bau eines Fischlifts ist vor allem bei äußerst beengten Platzverhältnissen sinnvoll. Außerdem passt er sich automatisch an schwankende Ober- und Unterwasserspiegel an, wodurch die Fischpassierbarkeit stets gewährleistet wird“ erklärt Monai. Als weitere Vorteile für Kraftwerksbetreiber führt er die Überwindung größerer Fallhöhen bei geringeren Mehrkosten, den vergleichsweise geringeren Wasserbedarf sowie günstige Baukosten an. Der Fischlift ist außerdem als sich selbst reinigendes System konzipiert und mit einem Blick gut überschaubar.

Becken, die jeweils 16 m breit und 9 m lang sind, zu den größten Anlagen Europas. Durch schwenkbare Leitrechen mit integriertem Reinigungssystem kann der Zugang zum Aufstiegsgerinne unterbrochen werden. Die aufwärts wandernden Fische können somit in die Reuse des Fischliftes einschwimmen. Diese besteht aus einer äußeren Stahltragekonstruktion mit Lochblechverkleidung, in deren Sohlbereich passgenau eine rund 25 cm hohe, maßgefertigte Kunststoffwanne mit Flutventil eingebaut ist. Zum Heben und Senken der Reuse dient ein elektromotorisch betriebener Kettenzug. Die Aufnahmeöse für diesen befindet sich auf der Oberseite der Stahlkonstruktion. Am Auslauf der angehobenen Reuse werden die darin enthaltenen Fische über eine Fischrinne dem zentralen Fangbehälter zugeführt.

Grafik: Hydro-Energie Roth

Grafische Animation der beiden Hydro-Fischlifte der Hydro-Energie Roth GmbH an der Ruhrstaustufe Baldeney.

HYDRO-FISCHLIFT BEI WENIG PLATZ Das Anlegen einer Fischaufstiegshilfe kann bei eingeschränktem Platzangebot am Kraftwerks- oder Wehrstandort große Schwierigkeiten bereiten. Für solche Engstellen entwickelte die Hydro-Energie Roth GmbH gemeinsam mit der Baumann Hydrotec GmbH den Hydro-Fischlift. Dieses Liftsystem ist wie eine Art Schleuse konzipiert, bei der die Fische durch ein als Schwimmkolben ausgeführtes Fischpassbecken kräftesparend zwischen Unter- und Oberwasser wechseln können. Das Becken zum Fischtransport befindet sich dabei innerhalb eines vertikal platzierten GFK-Rohres und wird durch den Schleusenwasserstand hydraulisch bewegt. Für den Transport von 15 t Wassergewicht wird hierbei kein zusätzliches Windwerk benötigt. Das wassersparende System kann Höhenunterschiede von 30 m und mehr überwinden, variable Stauhöhen von mehreren Metern können ebenfalls berücksichtigt werden. Die Wassertiefe bleibt beim Hebevorgang auf konstantem Niveau. Der Aufstieg für Fische kann dadurch in deutlich beruhigteren Verhältnissen ermöglicht werden, als dies beispielsweise bei Becken- oder Schlitzpässen der Fall wäre. Der Fischlift bietet somit auch den schwimmschwächsten Fischarten einen vergleichsweise entspannten Aufstieg ins Oberwasser, sogar Koppen können wandern. Gesteuert wird die Liftanlage durch eine eigens dafür entwickelte Software inklusive Visualisierung der wichtigsten Systemkomponenten. Zum Einsatz kommt der HydroFischlift etwa an der Ruhrstaustufe Baldeney in Westdeutschland. Anlässlich des Höhenunterschieds von rund 8,7 m sowie äußerst beengten Platzverhältnissen setzten die Betreiber hier auf dieses Schleusensystem. Ein Hebevorgang dauert dabei weniger als 5 Minuten. Aufgrund der beträchtlichen Gewässergröße der Ruhr werden dementsprechend Dezember 2015

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Foto: Hydroconnect

Das Konzept der Drehrohr-Doppel-Wasserkraftschnecke der Hydroconnect GmbH wurde mit dem österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologie 2015 ausgezeichnet. Am Bild das Schaukraftwerk Jessnitz.

zwei Hydro-Fischlifte mit jeweils 2,7 m Innendurchmesser eingesetzt, Wartezeiten für Fische entfallen dadurch. Die Systemfunktion wurde an der Uni Karlsruhe (KIT) ausgiebig getestet und vollends bestätigt sowie auch für den Salmonidenabstieg als geeignet befunden. DIE DREHROHR-DOPPELWASSERKRAFTSCHNECKE Eine weitere platzsparende und innovative Lösung zur Fischwanderung stellt die Drehrohr-Doppel-Wasserkraftschnecke mit integriertem „Albrecht Fishlift“ der Hydroconnect GmbH dar. Sie erzeugt Energie, während Fische über diese gleichzeitig sowohl aufwärts, als auch abwärts wandern können.

Der Traum vieler Kraftwerksbetreiber? Das Team um Hydroconnect setzte diesen in die Realität um: „Die stromproduzierende Fischwanderhilfe bietet neben dem Fischaufstieg die Zukunftslösung Fischabstieg. Damit gewährleisten wir bereits heute die Fisch-durchgängigkeit in einem kompakten ressourcenschonenden System. Durch die gleichzeitige Stromproduktion lässt sich die DoppelWasserkraftschnecke amortisieren“, erklären die Geschäftsführer Walter Al-brecht, Nino Struska und Paul Edelsegger in einer aktuellen Presse Aussendung. Für ihre stromproduzierende Fischwanderhilfe wurde Hydroconnect mit dem österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologie 2015 ausgezeichnet.

Drehrohr-Doppel-Wasserkraftschnecke im Einsatz am Kraftwerk Retznei an der Sulm.

REFERENZANLAGEN UND RFAHRUNGSWERTE Bereits im Jahr 2010 beschäftigte sich Walter Albrecht mit Fischaufstiegsschnecken sowie mit Methoden zur Optimierung der Auffindbarkeit deren Einstieges durch Fische. Seine weitere Intention war es, das mit einem Verletzungs-Risiko behaftete System der Trog-Schnecke zu verbessern. In den Jahren 2013 bis 2015 wurde intensiv an einer Kombination aus spaltfreier Kraftmaschine und integrierter Fischaufstiegsschnecke geforscht. Im September 2015 wurde das Hydroconnect System seitens des BMLFUW als grundsätzlich bewilligungsfähig eingestuft. Die erste Referenzanlage zu diesem Produkt wurde an der steirischen Sulm beim Verbund KW Retznei errichtet. Eine zweite kürzlich in

Foto: Hydroconnect

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FUNKTIONSWEISE UND ÖKOLOGISCHE AKZEPTANZ Basierend auf dem Prinzip herkömmlicher Wasserkraftschnecken nutzt hier eine ummantelte Triebwasserschnecke die Abwärtsbewegung des Wassers, um elektrischen Strom zu erzeugen. Sie unterscheidet sich in ihrer technischen Ausführung von gängigen Schnecken besonders darin, dass das Mantelrohr fest mit den Schneckenflügeln verschweißt und somit spaltfrei ist. Zudem weicht deren Lagerung ebenfalls von bisher Bekanntem ab: ein patentiertes, wartungsarmes Riemenlager trägt die Schnecke mittels eines Flachriemens aus Aramid oder Glasfiber am Außenmantel und hält sie so an Ort und Stelle ohne dafür ein Unterwasserlager zu benötigen. Der jedoch bedeutendste Unterschied ist freilich die innere, gegenläufig gewundene Fischförderschnecke, die sich während des Betriebes zeitgleich in entgegengesetzte Richtung dreht und dadurch Fischen eine Mitfahrgelegenheit nach oben bietet. Dort angekommen verlassen die Fische diese über eine Rutsche ins Oberwasser. Das nach oben geförderte Wasser kann, abzüglich der wirkungsgradbedingten Anlagenverluste, danach anschließend zur Stromproduktion genutzt werden. Die speziell ausgeformten Flügel der Schnecke sorgen dafür, dass mehr Wasser in deren Inneres gefördert wird, als sie aufnehmen kann. Das überschüssige Wasser fließt aus dieser wieder heraus und - genau - sorgt für die notwendige Lockströmung, damit die Fische deren Eingang auch finden. Umfangreiche Untersuchungen durch die BOKU Wien bestätigen ferner den erfolgreichen und vor allem durch die spaltfreie Ausführung verletzungsfreien Fischauf- und auch Fischabstieg mithilfe der Anlage, sowohl für schwimmstarke, als auch für schwimmschwache Fischarten.

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DIE FISCHAUFSTIEGSSCHNECKE Einen anderen Ansatz verfolgen die Firmen Rehart GmbH und SGW GmbH mit ihrem System der Fischaufstiegsschnecke (FAS): Die bereits in über 100 Anlagen erfolgreich eingesetzte Rehart Power Wasserkrafttechnik wird durch eine parallel zur Triebwasserschnecke eingebaute Fischaufstiegsschnecke erweitert. Diese ergänzt den im Allgemeinen fischschonenden Abstieg einer Wasserkraftschnecke nun ebenfalls um die Möglichkeit des Aufstieges. Die Fische werden vom Leitstrom angelockt und anhand einer gegenläufigen, fest mit dem Mantelrohr verschweißten und somit spaltfreien Wendel, unabhängig von deren Schwimmleistung, zusammen mit dem Wasser nach oben befördert. Dieses steht nun abzüglich der wirkungsgradbedingten Anlagenverluste einer weiteren energietechnischen Nutzung zur Verfügung. Auch hier belegt ein begleitendes Monitoring die gewünschte Funktionsfähigkeit der Anlage mit einem Ergebnis, das sich sehen lassen kann: Organismen aller Art, darunter 18 unterschiedliche Fischarten, aber auch Signalkrebse und große Insektenlarven fanden sich in der beim Ausstieg platzierten Reuse ein. Durch die volle Sohlanbindung sowie der niedrigen konstanten Drehzahl von lediglich 6 U/min erhalten auch schwimmschwache Fische optimale Aufstiegsbedingungen.

Fischaufstiegsschnecke System Rehart/Strasser am Kraftwerk Pilsing an der niederösterreichischen Url.

REFERENZANLAGE KW PILSING Die erst kürzlich in der zek Februarausgabe dieses Jahres vorgestellte Pilotanlage zu diesem Produkt befindet sich beim KW Pilsing an der Url. Dort gewährleistet die Fischaufstiegsschnecke mit einem Durchmesser von 1,2 m und 6 U/min gemeinsam mit der bei 4 bis 24 U/min jährlich etwa 400.000 kWh produzierenden 86 kW starken Triebwasserschnecke die flussauf-, wie auch flussabgerichtete Fischwanderung. Der zusätzliche Energieverbrauch durch Einsatz der zweiten Schnecke gestaltet sich der Firma Rehart GmbH zufolge äußerst gering, kann doch das zum Fischtransport benötigte Wasser im Gegensatz zu herkömmlichen FAHs in weiterer Folge energietechnisch genutzt werden. Bei der Pilotanlage in Pilsing stehen aufgrund dieses Konzeptes zusätzliche

350 l Wasser pro Sekunde für die Energiegewinnung zur Verfügung, wodurch die Anlage 7 kW/h mehr Leistung erzeugen kann. Dadurch wird am Standort eine Amortisierung der FAS-Erweiterung innerhalb von 11 Jahren ermöglicht. Der in der Februarausgabe bereits angekündigte Aufstiegsversuch mit der größenbestimmenden Leitfischart, nämlich dem Huchen, ist nebenbei bemerkt zur großen Freude aller Beteiligten höchst erfolgreich verlaufen. „Mittlerweile wurde der Fischaufstiegsschnecke des Systems Rehart/Strasser die volle Funktionsfähigkeit amtlich bestätigt und dieses System somit auch seitens der zuständigen Behörden als grundsätzlich bewilligungsfähig zur Herstellung der Durchgängigkeit erklärt“, freut sich Anlagenerrichter Bernhard Strasser.

Rechts Rechts befindet befindet sich sich die die Wasserkraftschnecke, Wasserkraftschnecke, links links die die parallel parallel dazu dazu angeordnete angeordnete Fischaufstiegsschnecke. Fischaufstiegsschnecke. Angelockt Angelockt durch durch die die Strömung Strömung begeben begeben sich sich die die Fische Fische in in die die geschlossene geschlossene Schneckenpumpe Schneckenpumpe und und werden werden mit mit dem dem Wasser Wasser nach nach oben oben transportiert. transportiert.

Foto: Rehart

Betrieb genommene Anlage befindet sich an der Jessnitz und fungiert als betriebseigenes Schaukraftwerk. Die dort eingebaute 17,5 t schwere Doppel-Wasserkraftschnecke überwindet bei einem Wassertransport von 1.000 l/s einen Höhenunterschied von 3,32 m. Die Abmessungen der Anlagen richten sich prinzipiell nach der zu erwartenden Leitfischart. Im Falle des Schaukraftwerks richtet sich die Auslegung nach dem Wasserangebot und fällt deshalb sehr großzügig aus: Fische bis zu 90 cm Größe finden hier ausreichend Platz für einen Auf- und Abstieg. Die Betriebsdrehzahl und somit die Dotation der Schnecke kann je nach Wasserführung angepasst werden. Dies wird über eine drehzahlgesteuerte Generatoreinheit bewerkstelligt. Je nach Wasserangebot, Neigung, Gangzahl und Durchmesserverhältnis gibt Hydroconnect mittlere Gesamtwirkungsgrade zwischen 60 und 70 % an. Diese Wirkungsgrade ermöglichen eine effiziente Restwassernutzung: „Die Wasserkraftschnecke holt auf das ganze Jahr gerechnet sogar die Turbine auf, die bei Niedrigwasser deutliche Abstriche machen muss“, erklärt deren stolzer Erfinder Walter Albrecht.

Foto: Rehart

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FAH des Südtiroler Kraftwerks Enerpass.

Foto: zek

Technischer Fischaufstieg mit vorgefertigten Betonelementen an der Wehranlage des Kraftwerks Vellach in Kärnten.

fach eingesetzte fischschonende Turbine stellt die Wasserkraftschnecke dar, wobei es hier aber sehr wohl auf deren Bau- und Betriebsweise ankommt. „Vor allem der Spalt zwischen Trog und Schnecke stellt für passierende Fische eine Gefahrenquelle dar, für sensible Altersstadien können auch eventuell auftretende Druckschwankungen problematisch sein“, gibt DI Dr. Günther Unfer, Fischökologe an der Universität für Bodenkultur Wien, zu bedenken. „Bei der spaltfreien Ausführung kann jedoch ein Verletzungsrisiko beim Fischabstieg ausgeschlossen werden“. „In Zukunft wird es vor allem wichtig werden, die Fische gezielt zu leiten“, so der Experte Unfer weiter. Wurde der Fisch erfolgreich von dem Einzugsbereich der Turbine weggelenkt, können eigens konstruierte Bauwerke, aber eventuell auch bestehende Fischaufstiegshilfen sowie andere Anlagenteile bei Gewährleistung der Auffindbarkeit dem Fischabstieg dienen.

Naturnahe Umgehungsstrecke am KW Wolfsgrubermühle.

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Foto: zek

Foto: zek

FISCHABSTIEG ≠ FISCHAUFSTIEG? Für alle, die sich nun fragen, warum es wichtig ist, den Fischabstieg getrennt vom Fischaufstieg zu betrachten, sei an dieser Stelle daran erinnert: ein Fisch orientiert sich an der Hauptströmung. Folgt er dieser flussab, führt sie ihn zwangsläufig in den Turbineneinzug. Er verpasst somit tendenziell den Einstieg in beispielsweise eine bestehende Fischaufstiegsanlage. Und für alle, die noch keinen durch eine herkömmliche Turbine beförderten Fisch zu Gesicht bekommen haben: dies ist wahrlich kein schöner Anblick. Hier kommt somit das Thema Fischschutz ins Spiel. Dessen Ziel ist es, die Fische entweder daran zu hindern, in die Turbine einzuschwimmen, oder diese fischpassierbar und verletzungsfrei zu gestalten. Hierzu existieren bereits auch erste fischfreundliche Turbinen. Diese sind jedoch teilweise nur begrenzt anwendbar und somit für einen breiten Einsatz noch etwas auszureifen. Eine ebenfalls anerkannte und bereits viel-


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Foto: Grimsel Hydro

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Bearbeitungen an Wellen und Zapfen, die früher aufwändig in einer Werkstätte vorgenommen werden mussten, können heute mithilfe der mobilen Bearbeitungsmaschine von Grimsel Hydro vorgenommen werden.

SPEZIALMASCHINE MACHT REVISIONEN VOR ORT MÖGLICH Als das eigene Kompetenzzentrum für die Instandhaltung und Modernisierung von hydromechanischen Anlagen der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) hat sich Grimsel Hydro einen Namen gemacht. Die jahrzehntelange Erfahrung im Unterhalt von Maschinen, Abschlussorganen und Turbinenlaufrädern macht Grimsel Hydro zum idealen Ansprechpartner in der Wasserkraftbranche bei der Inspektion, Zustandsanalyse, Umbau, Montage und Revisionen. Mit knapp 50 Mitarbeitern und dem modernen Maschinenpark bietet das Unternehmen seine Erfahrung und Know-how auch anderen Kraftwerksbetreibern an. Seit einigen Jahren ist Grimsel Hydro auch im Besitz einer weltweit einzigartigen mobilen Bearbeitungsmaschine. Mit dieser Bearbeitungsmaschine lassen sich bisher aufwändige Revisionen und Reparaturen an Wellen und Zapfen präzise und kostengünstig vor Ort durchführen. ie im Berner Oberland gelegenen Kraftwerkgruppen der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) produzieren bereits seit mehr als 80 Jahren Strom aus Wasserkraft. Sie bestehen aus neun Kraftwerkzentralen mit 26 Pelton- und Fancisturbinen sowie einstufigen Pumpen mit Leistungen von 5 bis 100MW pro Einheit. Die KWO verfügt über eine installierte Leistung von 1125MW, mit der eine durchschnittliche Energieproduktion von 2340GWh pro Jahr erreicht wird. Das Triebwassersystem umfasst neben vier grossen Stauseen mit insgesamt 195 Mio. m3 Speichervolumen ca. 130km wasserführende Stollen und Druckleitungen. Die Erfahrungen aus der Instandhaltung, dem Umbau und der Modernisierung der KWO eigenen Anlagen durch Grimsel Hydro wird heute auch anderen Kraftwerksbetreibern angeboten. Bei Revisionen und der Modernisierung eigener und externer Absperrorgane und

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Turbinen durch Grimsel Hydro zeigte sich immer wieder, dass eine wirtschaftliche Lösung für die Bearbeitung von Wellenende und Zapfen von grossen Bauteilen und zum Teil auch unsymmetrischen Bauteilen wie Drosslklappenteller (exzentrisch angeordnete Zapfen), bei denen eine Bearbeitung auf konventionellen Drehmaschinen nicht möglich ist, sehr gefragt ist. Dieser Bedarf bewegte Grimsel Hydro dazu, eine Sondermaschine für die Bearbeitung von Wellen und Zapfen zu beschaffen. BEARBEITUNG DER TURBINENWELLE IM EINGEBAUTEN ZUSTAND In der Kraftwerkszentrale Handeck 1 sind vier vertikale zweidüsige Peltonturbinen (Escher Wyss) mit einer Leistung von je 25MW installiert. Bei zwei der vier Maschinen wurde durch die KWO ein umfangreiches Retrofitprojekt durchgeführt,

wobei alle mechanischen Revisionsarbeiten, wie z.B. der Umbau der Nadelservomotoren durch Grimsel Hydro ausgeführt wurden. Bei den aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts stammenden Maschinen wurde im Rahmen des Retrofitprojektes eine Zustandsbeurteilung des Rotors vorgenommen. Der Bereich der Turbinenwelle, genauer gesagt der Wellenkonus (Länge 705mm, Durchmesser 480/409.5mm), auf dem das Laufrad montiert ist, wurde von Grimsel Hydro zerstörungsfrei geprüft und mit den hauseigenen FARO-Messmitteln genau vermessen. Es zeigte sich, dass am Wellenkonus erhebliche Massabweichungen und sogar plastische Verformungen vorhanden waren, wodurch die Kraftübertragung vom Laufrad auf die Turbinenwelle nicht mehr einwandfrei gegeben war. Die masslichen Abweichungen und Schäden sind unter anderem die Folge von Korrosion und Abnutzung während des über


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von Grimsel Hydro mit dem zuständigen Projektleiter der KWO und dem Kraftwerksleiter Handeck eingehend besprochen wurde, begann man damit die mobile Bearbeitungsmaschine von Grimsel Hydro in die Zentrale Handeck 1 zu transportieren und im Turbinengehäuse zu installieren. Die Bearbeitungsmaschine wurde mittels Adapter hängend an die Turbinenwelle der Maschine 2 montiert. Nach dem Ausrichten der Bearbeitungsmaschine auf die Turbinenwellenachse wurde der Konus bei eingebautem Zustand des Ro-

tors, also ohne aufwändige Demontage und Transporte, zunächst minimalst vorgedreht und danach komplett überschliffen sowie die Keilbahn entsprechend vertieft. Mittels Tuschierfarbe wurde anschliessend an die Bearbeitung die Passgenauigkeit des Konus vom Turbinenrad und der Turbinenwelle überprüft. Es zeigte sich, dass nach der Bearbeitung der Konus wieder vollflächig trägt. Die Turbinenwelle ist nun wieder bis zum Konzessionsende im Jahr 2042 uneingeschränkt einsetzbar.

Fotos: Grimsel Hydro

AUFWÄNDIGE DEMONTAGE ENTFÄLLT Die Spezialisten von Grimsel Hydro erstellten ein CAD-Modell des Wellenkonus und berechneten mittels FEM die Verbindung zwischen Laufrad und Turbinenwelle neu. Durch Bearbeiten der Konusfläche und Vertiefen der Keilbahn mit entsprechenden Entlastungsradien konnten die Spannungen reduziert werden, damit künftig keine plastischen Verformungen mehr an der Keilbahn auftreten. Nachdem der Reparaturvorschlag

Mit der weltweit einzigartigen Bearbeitungsmaschine können die Retrofitmaßnahmen präzise und dabei kostengünstig vor Ort durchgeführt werden.

Foto: Grimsel Hydro

80-jähringen Betriebs. Ohne Massnahmen kann dieser Zustand bei Weiterbetrieb zu einem Wellenschaden mit nicht absehbaren Folgen führen. Bei einem Rotorgewicht von 80Tonnen und einer Länge von ca. 10m kommt in solchen Fällen meist nur ein Wellenersatz oder eine Überarbeitung mit der entsprechenden Genauigkeit in einer mit grossen Drehbänken ausgerüsteten Firma in Frage. Beide Varianten sind - abgesehen von den langen Stillstandzeiten - mit erheblichem Mehraufwand und somit entsprechend grossen Kosten verbunden. Mit der mobilen Bearbeitungsmaschine von Grimsel Hydro, die für solche Anwendungen beschafft wurde, steht eine weitere Variante zur Verfügung. Im Gegensatz zu einem Ersatz oder dem Transport und der Bearbeitung in einem externen Werk, wird von Grimsel Hydro die Bearbeitungsmaschine zum Werkstück vor Ort gebracht. Damit ergibt sich eine weitere, kosten- und terminattraktive Reparaturvariante.

Ohne Mobiler Bearbeitungsmaschine hätte der Rotor mit der Turbinenwelle ausgebaut und in die Werkhalle nach Innertkirchen transportiert werden müssen.

Das komplett überarbeitete Wellenende mit neuer Keilbahn

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WERKZEUG ROTIERT UM WERKSTÜCK Anders als bei einer konventionellen Drehmaschine rotiert bei der mobilen Bearbeitungsmaschine nicht das Werkstück sondern das Werkzeug um das Werkstück. Eine moderne CNC-Steuerung garantiert hochpräzise Bearbeitungen auch vor Ort wie z.B. bei einer eingebauten Turbinenwelle. Die Mobile Bearbeitungsmaschine wird mittels eines Adapters an die zu bearbeitende Welle oder den Zapfen montiert und kann sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Position betrieben werden. Neben dem Spannsystem für Drehwerkzeuge ist die Maschine auch mit einer Fräs- oder Schleifspindel ausrüstbar. Somit ist garantiert, dass alle Bearbeitung wie z.B. auch Keilnuten mit einer Maschine in höchster Präzision vor Ort ausgeführt werden können. Die Maschine und ihre Steuerung sind so aufgebaut, dass sie auch mittels Seilbahnen oder via Helikopter problemlos an die entlegensten Orte transportiert werden kann. Damit ist es möglich, Bearbeitungen von z.B. Drosselklappenlagerungen oder Turbinenwellenbearbeitungen ohne aufwändigen Transport des Rotors oder der Drehlinsen vor Ort durchzuführen. REFERENZEN SPRECHEN FÜR SICH Mit der Mobilen Bearbeitungsmaschine konnten von Grimsel Hydro neben der Turbinenwellenbearbeitung im KW Handeck 1 in den letzten Jahren bereits erfolgreich verschiedene andere Projekte realisiert werden. So wurden z.B. an den Zapfen der Drehlinsen der 8 Maschinendrosselklappen des Kraftwerkes Grimsel 2 (CH) mit einem Durchmesser von 2200mm und einem Gewicht von fünf Tonnen Entlastungsradien am Übergang vom Teller zum Zapfen gedreht, die aufgrund einer bevorstehenden Betriebsdruckerhöhung für die Weiterverwendung der Drosselklappen notwendig sind. Zahlreiche Zapfen von Kugelschiebern, die im Zuge der Revision rostfrei aufgepanzert

REVISION WELLENKUPPLUNG IM KW HANDECK Das Kraftwerk Handeck 1 verfügt über vier vertikalachsige Pelton-Maschinen aus den 1930er Jahren. Die PeltonLaufräder sind mittels eines konischen Presssitzes an die Generatorwellen gekuppelt. Durch diesen Sitz wird ein Teil des Moments reibschlüssig übertragen. Die erforderliche Vorspannung wird durch eine Schraube im Zentrum der Welle erzeugt. Da diese Verbindung bei hohen Lasten nicht das gesamte Moment übertragen kann, ist zusätzlich ein Keil vorhanden, der einen Teil der Last formschlüssig überträgt. Im Rahmen des erfolgten Retrofits wurde diese Kupplung nachgerechnet und auf ihre Qualität hin bewertet. Bei den Berechnungen zeigte sich, dass ab mittleren Teillasten ein Teil des Moments über den Keil übertragen wird. Erschwerend kam hinzu, dass das Laufrad bisher ohne eine definierte Vorspannung auf den Konus gekuppelt wurde. Zuletzt zeigte sich bei der Demontage des Laufrades, dass das Tragbild sehr schlecht war und nur ca. zehn Prozent der Kupplungsfläche an der Lastübertragung beteiligt waren. Große Bereiche offenbarten deutliche Korrosionsspuren und damit verbunden einen Verlust der Idealgeometrie. Ausserdem waren an Keil und Keilbahn bereits Spuren plastischer Verformung sichtbar. Um die Maschine für die Zukunft zu rüsten, mussten an dieser Kupplung einige Verbesserungen vorgenommen, werden. Durch neue betriebliche Erfordernisse wird die Maschine künftig vor allem in der Primärregulierung eingesetzt. Dadurch kommt es einerseits zu mehr Regelvorgängen und andererseits zu mehr Betriebsstunden bei hohen Teillasten und bei Volllast. Um die Vorgänge und die Belastungen in der Kupplung besser verstehen zu können, wurden aufwändige FEMBerechnungen der Kupplung durchgeführt. Um diese herausfordernde Berechnung zuverlässig bewerten zu können, wurde durch die Berechnungsfirma Cadfem eine Zweitrechnung durchgeführt und so das Ergebnis von Grimsel Hydro verifiziert und bestätigt.

Nach dem Ausrichten der Bearbeitungsmaschine auf die Turbinenwellenachse wurde der Konus bei eingebautem Zustand des Rotors zunächst minimalst vorgedreht und danach komplett überschliffen sowie die Keilbahn entsprechend vergrössert.

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Foto: Grimsel Hydro

Aufgrund dieser Berechnungen wurde die Keilbahn um sechs Millimeter vertieft sowie mit einem Eckradius von vier Millimeter versehen. Um die Vorspannung zu kennen, mit der das Laufrad auf den Konus gepresst wird, wurde die bestehende Mutter durch ein Superbolt-Spannelement ersetzt. Sowohl das Spannelement wie auch die gesamte Kupplung werden nun durch eine neu konstruierte Trockenlegung geschützt. Der Konus der Welle wurde vor Ort, in eingebautem Zustand, durch die Spezialisten von Grimsel Hydro mit der Mobilen Bearbeitungsmaschine CNC-geschliffen und somit wieder in die ideale Form gebracht. Dabei konnte der Materialabtrag so gering gehalten werden, dass die Position des Laufrades innerhalb der vorgegebenen Toleranzen liegt. Mittels Tuschierfarbe wurde nachgewiesen, dass das Laufrad nun vollflächig Kontakt zur Welle hat.


wurden, sind mit der Mobilen Bearbeitungsmaschine auf Mass fertig bearbeitet worden. An der 16 Tonnen schweren Gehäusehälfte des Kugelschiebers Limberg (AT) (1700mm Durchm., 48bar Betriebsdruck) wurde der Bronze-Dichtungsring in eingebautem Zustand überarbeitet: Die konische Dichtfläche des 1700 mm weiten Ringes wurde überdreht, um die Dichtfunktion wieder sicherzustellen. Beim Kugelschieber Limberg wurde die Maschine durch Nach-Außen-Wenden des Drehwerkzeuges für eine stirnseitige Bearbeitung bzw. eine Innenbearbeitung eines großen Durchmessers eingesetzt. Ähnliche Bearbeitungen sind z.B. auch an Flanschen von einbetonierten Rohren möglich. Diese Einsätze bestätigten die vielseitige Anwendbarkeit der Maschine. Grimsel Hydro kann mit dieser Maschine einerseits rasch und gezielt in den eigenen Anlagen intervenieren und anspruchsvolle Sanierungsarbeiten durchführen, andererseits auch Drittkunden interes-

Bei Grimsel Hydro setzt man auf mobile 3D-Messtechnik. Die Vermessung der Objekte erfolgt berührungslos mittels Laserstrahl.

sante Lösungen zur Instandsetzung und Reparatur von Maschinen und Abschlussorganen anbieten. So konnte z.B. vor kurzem für die Firma Holcim eine komplette Aufarbeitung (vordrehen, schweissen und fertig bearbeiten) einer Welle eines Brechers im Zementwerk vor Ort realisiert werden. Ein Transport der Welle aus dem Werk hätte massive bauliche Eingriffe mit sich gebracht, da ohne die Zerstörung von Decken und Wänden die Welle nicht aus dem Fabrikgebäude abtransportiert hätte werden können. VOR-ORT-REPARATUR ALS KOSTENFAKTOR Reparaturen im eingebauten Zustand an z.B. Druckereimaschinen oder Schiffswellen, also überall dort, wo - wie beim Laufrad einer Turbine - die Demontage und der Transport wesentliche Kosten- und auch Zeitfaktoren darstellen, können dank der mobilen Bearbeitungseinheit rasch und genau vor Ort durchgeführt werden. Eine wesentlich verkürzte Still-

standzeit und die erzielte Kosteneffizienz sind zusammen mit der technischen Lösung die positiven Folgen für den Betreiber der Maschinen. MODERNSTE MESSTECHNIK INKLUSIVE Mit knapp 50 Mitarbeitern und dem modernen Maschinenpark bietet Grimsel Hydro seine Erfahrung und Know-how im Bereich der Zustandsanalyse, bei Umbauten, Erneuerung und Modernisierung von Wasserkraftanlagen an. Neben modernster Messtechnik wie Faro-Lasertracker und Phased Array UT-Prüfgerät, steht Grimsel Hydro ein Schweissroboter, ein Glühofen, Dreh und Fräsmaschinen sowie Bearbeitungszentren für Grossteile bis zu einem Stückgewicht von 20Tonnen zur Verfügung. Die jahrzehntelange Erfahrung aus den eigenen Anlagen und das erfahrene Montagepersonal sind ein Garant für eine erfolgreiche Realisierung auch von schwierigsten Projekten. Mehr auf: www.grimselhydro.ch Foto: Grimsel Hydro

Der Ausbau der Turbinenwelle im Kraftwerk Handeck war nicht erforderlich.

Foto: Grimsel Hydro

Foto: Grimsel Hydro

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MOBILE BEARBEITUNGSMASCHINE VON GRIMSEL HYDRO Die Maschine wird stirnseitig an der Welle fixiert und kann in einer Aufspannung bei stillstehender Welle die gesamte Bearbeitung vorn nehmen. geeignet für Wellendurchmesser von 250 mm bis 750 mm. Verfahrensweg: in Längsachse 900 mm, radial 200 mm. Genauigkeit Rundlauf: 1/100mm bei einer Zylindrizität von 2/100 mm über die 900 mm Bearbeitungslänge Mögliche Bearbeitungsschritte: Drehen, Fräsen und Schleifen. Verpackt in zwei Containern von 2000 kg und 800 kg – auch per Helikopter gut transportierbar. Container Mobile Dreheinheit. LxBxH 2600x1360x1400 [mm], 2000 kg, Container NC-Steuerung: LxBxH 2600x1500x1400 [mm], 800 kg

Werkstatt von Grimsel Hydro im Schweizerischen Innertkirchen

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DIVE-TURBINEN NUTZEN RESTWASSER UND LOCKSTRÖMUNG ZUR EFFEKTIVEN STROMPRODUKTION

ie DIVE-Turbine ist ein innovatives Turbinen- und Antriebssystem für moderne Wasserkraftwerke mit Fallhöhen zwischen 2 und 25 Metern, und einer Leistung bis zu 2 MW pro Turbine. Produktentwicklung und Fertigung der DIVE-Turbinen finden im Firmensitz der DIVE Turbinen GmbH & Co. KG im bayerischen Amorbach statt. Das Leistungs-portfolio umfasst außerdem auch die Montage und die Inbetriebnahme der Maschinen. Die DIVE-Turbine bietet dank ihrer kompakten Bauweise völlig neue konstruktive Möglichkeiten. So stellt sie, bedingt durch den gänzlichen Betrieb unter Wasser, nur geringste Anforderungen an das Bauwerk – einzige Verbindung zwischen Turbine und Anlagensteuerung ist eine flexible Versorgungs-leitung (Energie- und Steuerungskabel). Dadurch ist der Betrieb der DIVE-Turbine geräusch- und vibrationsarm und durch Hochwasser nicht gefährdet. Aufgrund der direkten Verbindung von Turbine und Generator unter Wasser, ist der Ort für die Steuerungselektronik der DIVE-Turbine unabhängig vom Einbauort der Turbine. Vor allem bei Dotieranlagen kann die DIVETurbine ihre spezifischen Vorteile voll ausspielen. Als vormontierte kompakte Einheit kann sie bei beengten Platzverhältnissen unkompliziert eingebracht und wartungsfrei betrieben werden.

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DOTIERANLAGE BRUCKHÄUSL Dieser Überzeugung war auch die Tiroler Wasserkraft AG und setzte im Wehrbereich, beim Neubau ihres Kraftwerks Bruckhäusl, auf eine DIVE-Dotierturbine. Das Wasserkraftwerk Bruckhäusl liegt am Fuße des Schlosses Itter an der Brixentaler Ache und

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Dank der kompakten Bauweise der DIVE-Turbine konnte das Dotierkraftwerk Bruckhäusl direkt in die Uferböschung integriert werden.

Fotos: DIVE Turbinen GmbH

Für die kosteneffiziente Restwassernutzung sind Turbinen mit hohen Wirkungsgraden und geringen Ansprüchen an das Bauwerk gefragt. Die kompakte DIVE-Turbine, bei der Generator und Turbine getriebefrei miteinander verbunden und komplett überspült sind, eignet sich daher ideal für diesen Anwendungsbereich. Dank spaltfreiem Laufrad und Drehzahlvariation ist sie zudem eine besonders fischfreundliche Turbine und eignet sich daher auch zum Einsatz in Lockströmungen bei Fischwechselanlagen.

wurde im Jahr 2011 in Betrieb genommen. Da es zwei 100-jährige Kraftwerke an diesem Standort damals ersetzte, musste der Wehrbereich dementsprechend neu errichtet werden. Um die Restwassermenge zu nutzen, wurde eine DIVE-Turbine als Dotierturbine eingesetzt. Diese konnte aufgrund ihrer kompakten Bauform platzsparend direkt in die Uferböschung integriert werden. Die gelieferte DIVE-Turbine besitzt einen Laufraddurchmesser von 1150 mm und verfügt über eine Netto-Einspeiseleistung von 389 kW bei einer Fallhöhe von 10 m. LOCKSTRÖM-TURBINE KOBLENZ Die Bauweise der DIVE-Turbine bietet aber noch weitere Vorteile: Aufgrund des spaltfreien Laufrads und ihrer Regelung durch Drehzahlvariation ist sie nämlich auch eine besonders fischfreundliche Turbine. Als man sich entschied die Moselstufe Koblenz mit einer modernen Fischwechselanlage auszustatten, stellte sich die Frage, wie die für die Lockströmung erforderliche Wassermenge von 5000 l/s noch effizient genutzt werden könnte. Denn der Aufstieg verschiedener Fischarten ist nur möglich, indem eine Lockströmung erzeugt wird,

damit die Lebewesen den Eingang in die Fischwechselanlage finden. Für die Funktionsfähigkeit der Fischwechselanlage sind 700 l/s ausreichend. Um die restliche Wassermenge und Fallhöhe effizient zu nutzen, entschied man sich eine DIVE-Turbine mit einer Leistung von 190 kW zu installieren. Somit ist es möglich die notwendige Lockströmung aufzubringen und gleichzeitig ca. 250 Haushalte mit Strom zu versorgen. Bei der Fischwechselanlage der Moselstufe Koblenz wird die Lockströmung dank einer DIVE-Turbine effektiv genutzt.


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Alle Fotos: ANDRITZ

Wasserkraftschnecken nutzen ein über 2.000 Jahre altes Prinzip zur effizienten und gleichsam fischfreundlichen Ökostromproduktion.

MIT INNOVATIVER TECHNIK ZU MEHR GRÜNER ENERGIE Modernste technische Lösungen von ANDRITZ für maximale Leistung. Die eine dreht dabei das uralte archimedische Prinzip um, die andere läuft rückwärts. Beide gewinnen so auf innovative Weise Energie aus bisher vielfach ungenutzten Quellen: die Wasserkraftschnecke und die Kreiselpumpe. Zwei Technologien von ANDRITZ HYDRO mit viel grünem Potenzial. iedrige Investitionskosten sowie die Möglichkeit, auch ein geringes Wasserkraftpotenzial bzw. Abfallenergie zu nutzen, zeichnen die Wasserkraftschnecke und die Kreiselpumpe von ANDRITZ aus. Je nach Fallhöhe und Projektgegebenheiten kommt entweder die eine oder die andere Technologie des Geschäftsbereichs HYDRO zum Einsatz. Beide Mini-Hydro-Lösungen bewährten sich bereits in zahlreichen Ein-

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satzfällen und überzeugen durch einen hohen Energieertrag. Zudem spielt die Stromgewinnung aus Wasserkraft mit ihren ökologischen und ökonomischen Vorteilen weltweit eine immer wesentlichere Rolle in der Energieversorgung. ALTES PRINZIP MODERN GENUTZT Die Vorarbeiten zur Entwicklung der Wasserkraftschnecke leistete der griechische

Mathematiker und Physiker Archimedes schon vor mehr als 2000 Jahren. Er entwikkelte die archimedische Schraube, die Wasser aufwärts fließen lässt. Dieses Prinzip wurde von ANDRITZ übernommen und in seinen Schneckenpumpen perfektioniert. Große Mengen Wasser oder Abwasser werden auf eine bestimmte Höhe gebracht. Die Wasserkraftschnecke dreht dabei das Prinzip um und nutzt das Energiepotenzial von Dezember 2015

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Das Konzept der Kreiselpumpe ermöglicht auch einen Turbinenbetrieb. Die Einsatzbereiche reichen dabei vom Transport aller Arten von Flüssigkeiten im Industrie- und Wasserkraftsektor.

abwärts fließendem Wasser zur Stromerzeugung. Das Besondere daran: Selbst bei sehr kleinem Gefälle und geringen Wassermengen erfolgt eine effiziente Nutzung der Wasserkraft (Wasserstrom bis 10 m³/s, Fallhöhe bis 10 m) kostensparend und umweltfreundlich bei einer Leistung bis zu 500 kW. „Auch mit schwankenden Wasserständen kommt die Wasserkraftschnecke sehr gut zurecht und erreicht dabei einen Wirkungsgrad von bis zu 92%“, betont Ludger Glosemeyer, Entwicklungsleiter bei ANDRITZ. Dank geringer Investitions- und Betriebskosten ist sie auch für Kommunen, Unternehmen oder Privatpersonen, die über ein Wasserrecht verfügen, eine lukrative Möglichkeit, um Energie zu gewinnen. Darüber hinaus entlastet jede durch eine Wasserkraftschnecke erzeugte Kilowattstunde Strom die Umwelt um bis zu 1 kg CO². Indem sich die Wasserkraftschnecke sehr gut an vorhandene Gegebenheiten anpassen lässt, sind keine größeren

Eingriffe in die Natur erforderlich. Fische und andere Wassertiere können diese unbeschadet passieren, da nur ein grober Rechen zum Schutz gegen schwimmende Gegenstände notwendig ist. „Zusätzlich wird die Wasserqualität in tieferen Gewässern durch die Sauerstoffanreicherung verbessert“, fügt Glosemeyer hinzu. Weltweit sind rund 200 Wasserkraftschnecken von ANDRITZ installiert. Durch die hohe Qualität der Ausführung sowie den leisen und praktisch wartungsfreien Betrieb konnte sich das Unternehmen in diesem Bereich einen ausgezeichneten Ruf erwerben. ENERGIEEFFIZIENT VORWÄRTS UND RÜCKWÄRTS BETRIEBEN Die innovative Pumpentechnologie von ANDRITZ setzt den Grundstein für eine kontinuierliche Weiterentwicklung und den optimalen Einsatz von Pumpen. Hier wird die Idee, Pumpen auch rückwärts laufen zu

Via Smartphone oder PC gibt die intuitive Andritz-Software jederzeit Auskunft über alle wichtigen Anlagenparameter. Kraftwerks betreiber können komfortabel aus der Ferne zugreifen.

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Die Wasserkraftschnecke produziert auch bei kleinem Gefälle und geringen Wassermengen effektiv.

lassen, schon lange und erfolgreich umgesetzt. Das Ergebnis ist eine Kreiselpumpe, die als Turbine dient. ANDRITZ-Kreiselpumpen sind weltweit im Einsatz, um Flüssigkeiten verschiedenster Art zu transportieren. Die Pumpen zeichnen sich durch einen hohen Wirkungsgrad und geringen Energieverbrauch aus. Als Mini-Turbinen gewinnen sie in industriellen Prozessen Energie zurück oder erzeugen bereits aus geringem Wasserkraftpotenzial Strom. „In vielen industriellen Prozessen geht Energie verloren, wenn zum Beispiel vor einem Filter Druck aufgebaut werden muss, der später im Prozess nicht mehr benötigt und daher ungenutzt abgelassen wird“, erklärt Bruno Mellacher, Vertriebs- und Projektleiter bei ANDRITZ. „Diese Energie lässt sich mit ANDRITZ-Kreiselpumpen auch schon bei relativ niedrigem Druck effizient zurückgewinnen.“ Zu diesem Zweck sind zwei Pumpen aneinandergekoppelt. Die rückwärts laufende Pumpe (Mini-Turbine) nimmt den Überschussdruck auf. Sie nutzt die gewonnene Energie und unterstützt die im Normalbetrieb laufende Pumpe. So werden mehr als 50 % der Energie, die ansonsten verloren ginge, wiederverwertet und Energiekosten reduziert. Auch in zahlreichen anderen Bereichen wie Druckabbaustationen in Wasserleitungen oder Restwasserabgaben von Wasserkraftwerken wird bisher unerschöpftes Wasserkraftpotenzial mithilfe von Mini-Turbinen rentabel genutzt. Diese werden mit Generatoren kombiniert und können so bis zu 1 MW Leistung pro Einheit erzeugen. ANDRITZ HYDRO errichtet derzeit eine Mini-HydroAnlage im Rahmen eines riesigen landwirt-


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schaftlichen Bewässerungsprojekts im Südlibanon. Geliefert werden unter anderem vier doppelflutige Pumpen, um den Druck in der Wasserleitung vor dem Ausgleichsbecken zur Stromerzeugung zu nutzen. In Spitzenzeiten wird die Anlage am Litani-Fluss – die Inbetriebnahme ist für das Frühjahr 2016 geplant – mehr als 4,7 MW Leistung bereitstellen. In einem Papier- und Zellstoffwerk in Deutschland laufen zwei ANDRITZ-Kreiselpumpen erfolgreich zur Energierückgewinnung. Bei Wasserleitungen in Österreich, Südkorea und Südafrika sind bis dato insgesamt neun Kreiselpumpen von ANDRITZ HYDRO zur wirtschaftlichen Stromerzeugung im Einsatz. In Südafrika beispielsweise wird die erzeugte Energie für ein Kommunikationssystem und ein aktives Korrosionsschutzsystem der Rohrleitungen verwendet. Zudem werden ANDRITZ-Kreiselpumpen bei Kleinstwasserkraftanlagen eingesetzt und unterstützen Forst- und Schutzhäuser, Privathaushalte oder Gewerbe- und Industriebetriebe dabei, sich mit Strom aus der eigenen Anlage zu versorgen oder in ein bestehendes Stromnetz einzuspeisen. VOLLAUTOMATISCH UND JEDERZEIT PER HANDY ERREICHBAR Das moderne Automatisierungssystem von ANDRITZ garantiert jederzeit den sicheren und ungestörten Normalbetrieb des Kraftwerks und des Triebwasserwegs. Die Bedienung erfolgt dabei vor Ort, vom Maschinenleitstand oder von der Ferne durch den Anlagenbetreiber. Die integrierte Regelung der Anlagenteile berücksichtigt sowohl die Primärtechnik wie Maschinensatz, Wehr- oder Schaltanlage als auch Betriebsvorgaben und erhöht damit die permanente Verfügbarkeit der Gesamtanlage. Im Normalbetrieb steuert und überwacht sie den Anlagenteil zuverlässig und im Falle einer Störung führt sie einen sicheren Betriebszustand herbei. Dies gilt einerseits für den Netzparallelbetrieb, aber auch für einen Inselbetrieb mit Tauglichkeit zum Schwarzstart. Erhältlich sind sowohl standardisierte Lösungen (Compact- oder Premium-Line) als auch kundenspezifische Lösungen, wobei bestehende Wehranlagenteile integriert oder in ein existentes Leitsystem eingebunden werden. Bei der Betriebsoptimierung und Instandhaltung von Wasserkraftanlagen ist ein kompetentes Automatisierungssystem unverzichtbar. „Kleinwasserkraft-Anlagen müssen verlässlich vollautomatisch und unbesetzt arbeiten; außerdem möchten die Betreiber Energieproduktionsdaten jederzeit online, beispielsweise über ein Smartphone, abfragen können“, erklärt Armin Martinz, Leiter Automation ANDRITZ Hydro Power & Pumps. Diese Anforderungen erfüllt für Wasser-kraftschnecken der ANDRITZ Hydrodynamic Screw Controller und für Pumpen als Turbinen der ANDRITZ Pump Controller. „Beide Produkte steuern und schützen die Gesamtanlage mit modernster, skalierbarer Technik in Industrieausführung und bieten neben zahlreichen anderen Features einen sicheren Fernzugriff über PC oder Smartphone“, betont Martinz. In beiden Technologien vereinen sich umfassendes Prozess-Know-how, eine lange Unternehmenstradition sowie langjährige Erfahrung im Bau von Wasserkraftmaschinen. Diese werden ständig durch Erkenntnisse aus den eigenen Versuchsanlagen bzw. Anlagenerfahrungen erweitert. Auch die hohen Kundenanforderungen werden im Rahmen eines kompletten Leistungspakets 100prozentig erfüllt. Der Nutzen liegt hier in modernsten Bedien- und Steuerungskonzepten, flexibler und stufenweiser Ausbaubarkeit sowie selbstüberwachender Systemsoftware und wird durch spezifische Module wie WEBCam-Integration, Handy-Alarmierung mittels SMS oder einen sicheren Fernzugriff für Computer oder Smartphone und eine ANDRITZFernwartungsmöglichkeit unterstrichen. Zudem werden die Wartungs- und Servicekosten auf ein Minimum reduziert. Dezember 2015

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Foto: Ossberger

Bei der Schleusenanlage Lanaye nahe dem belgischen Lüttich wurde im November eine vierte Schleusenkammer in Betrieb genommen. In das Befüllungssystem wurde ein Wasserkraftwerk mit fünf Kaplan-Turbinen integriert.

NEUE RECHENREINIGUNGSANLAGE FÜR BELGISCHES SCHLEUSENKRAFTWERK LANAYE Die Schleuse Lanaye nahe der belgischen Stadt Lüttich ist ein zentraler Knotenpunkt der europäischen Frachtschifffahrt. Um den Schifffahrtsdurchsatz zu erhöhen und kostenintensive Wartezeiten zu verringern, entschloss man sich, das aus drei Schleusen bestehende System um eine weitere Schleuse zu erweitern. In das neue Schleusensystem wurde ein Wasserkraftwerk mit fünf KaplanTurbinen installiert. Es nutzt die zur Füllung der Schleusenkammer benötigte Wassermenge zur Stromproduktion. Eine zentrale Rolle bei dem Projekt spielte dabei auch die von der Firma Ossberger gelieferte Rechenreinigungsanlage für den Eingangskanal der Schleuse. Eine Verklausung würde nämlich neben einem Ausfall der Turbinen auch jenen der Schleusenanlage zur Folge haben.

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as Lanaye Schleusensystem verbindet den Albertkanal, der von Lüttich bis Antwerpen reicht, mit der Maas und somit Belgien mit den Niederlanden. Damit zählt es auch zu einem der wichtigsten Knotenpunkte der Europäischen Frachtschifffahrt. Genau diese zentrale Rolle sorgte bereits für eine 20 Jahre andauernde Diskussion, weil die drei Schleusenkammern aus den 60er Jahren mit einer Hebekraft von maximal 2.000 Tonnen den Frachtverkehr nicht

mehr effizient abwickeln konnten. Stauzeiten von bis zu 8 Stunden waren keine Seltenheit. Mit dem Baustart einer vierten Schleusenkammer im Juni 2011 sollen diese Probleme nun der Vergangenheit angehören. EFFIZIENTER BETRIEB DURCH WASSERKRAFT Für die Befüllung der Schleusenkammer dient eine Eingangskanal mit einer Durchflussmenge von 18 m3/s. Zum Rücktransport ins Oberwasser wurden vier Pumpen mit einer Förderleistung von insgesamt 17 m3/s installiert. Um den Betrieb dieser Anlage möglichst kosteneffizient zu gestalten, wurden in das Einlaufsystem fünf Kaplan-Turbinen installiert. Hierfür wird das Wasser am Ende des Kanals in fünf vertikale Rohrschächte aufgeteilt. Jede Turbine in den jeweiligen Schächten besitzt eine Leistung von 460 kW – was eine installierte Gesamtleistung von 2,3 MW ergibt. RECHENREINIGUNG ALS ZENTRALE KOMPONENTE Das Verhindern von Verklausungen im Einlaufbereich von Kraftwerken ist grundsätzlich eine zentrale Komponente um die Betriebssicherheit der Anlage zu gewährleisten. Im Falle des Wasserkraftwerks Lanaye geht damit aber auch die Betriebssicherheit der Schleuse einher. Längere Standzeiten durch einen Schleusenausfall haben massive wirtschaftliche Konsequenzen für den Betreiber zur Folge. Um den Einlaufkanal also vor grobem

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Ein Förderband sorgt für den Abtransport des geborgenen Schwemmguts.

FAHRBARES RECHENREINIGUNGSSYSTEM Für die stetige Reinigung des Rechens wurde oberhalb des Einlaufrechens eine fahrbare Rechenreinigungsmaschine installiert. Rechenbereiche können so gezielt angefahren und gereinigt werden. Das System der Firma Ossberger vom Typ RRH-3F besitzt dabei eine Reinigungsbreite von 3.800 mm bei einer Reinigungstiefe von 5.400 mm. Die Einbauschräge der Einlaufrechen beträgt in Lanaye 75 Grad. Die Versetzung der Maschine von Rechenfeld zu Rechenfeld geschieht mittels eines Kranfahrwerks, das von einem Elektromotor betrieben wird. Die Ansteuerung des Fahrwerks, der Ablauf der Reinigungszyklen und die Maschinenüberwachung erfolgt durch eine speicherprogrammierbare Steuerung automatisch. Damit so wenig Rechengut wie möglich verloren geht, ist die Harke schwenkbar. Die Rechenreinigungsmaschine in Lanaye wurde zusätzlich mit einem Förderband ausgestattet, um das Reinigungsgut zum Ort des Abtransports weiter zu befördern.

Foto: Ossberger

Schwemmgut zu bewahren, wurde ein Grobrechen installiert. Da die Aufteilung in die fünf Rohrschächte danach erfolgt, ist dieser für den Einlaufschutz aller Rohrschächte gleichermaßen zuständig.

INBETRIEBNAHME MITTE NOVEMBER Nach vierjähriger Bauzeit wurde die neue Schleusenkammer samt Wasserkraftwerk im November 2015 von König Philippe eingeweiht. Ganze 153 Millionen Euro wurden in den Ausbau der Schleusenanlage Lanaye investiert, die somit eines der teuersten Ausbauprojekte Belgiens in der jüngsten Vergangenheit. Der Hauptteil der Kosten,

FH-Kärnten am Standort Villach

MASTERKURS FÜR WASSERKRAFT Wasserkraft gleich welcher Größe stellt weltweit in vielen Ländern ein stabiles Rückgrat der Elektrizitätsversorgung dar. Die vorhandenen Potentiale sind erst zu etwa 25% genutzt. Es ist anzunehmen, dass die zukünftige Entwicklung z.B. in Afrika oder auch in Lateinamerika Hand in Hand mit dem Wasserkraftausbau verlaufen wird. Um diese Entwicklung auf stabile und unabhängige Beine zu stellen, bedarf es der Entwicklung regionaler Kompetenz. Die genannten Randbedingungen berücksichtigend hat die Fachhochschule Technikum Kärnten in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Bernhard Pelikan einen Masterlehrgang mit dem Titel: „Small Hydropower for Sustainable development“ entwickelt, der genau dem Erwerb dieser Kompetenz dienen soll. Da der Zugang zu derartigen Ausbildungsprogrammen zumeist mit erheblichen Reise- und Aufenthaltskosten belastet ist, wurde

115 Millionen Euro, wurde von der wallonischen Investitionsgesellschaft Sofico – mit Hilfe der Europäischen Investitions-bank – gestemmt. Die vierte Schleuse in Lanaye macht nun die Aufnahme von Schiffen mit einem Gewicht von bis zu 9.000 Tonnen möglich – somit kann ab sofort bis zu 500.000 Tonnen Fracht zusätzlich pro Jahr durchgeschleust werden.

dieses Masterprogramm als Fernlehrgang konzipiert. Die Studierenden sind somit nicht genötigt länger andauernde Auslandsaufenthalte bezahlen zu müssen, sondern können ihr Studium praktisch zu 100% von ihrer Heimat aus absolvieren. Der Kontakt zu den Lehrenden muss dennoch bestehen und wird unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationsinstrumente wie Prof. Dr. Bernhard Pelikan skype oder doodle bewerkstelligt werden. Das Spektrum der Unterrichtsfächer reicht von den Grundlagen wie Hydromechanik, Hydrologie, Energiewirtschaft, Flussbau, Gewässerkunde und Gewässerökologie bis zu sehr speziellen Fachbereichen wie Tunnelbau, Rohrleitungsbau, Stahlwasserbau und Sperrenbau. Darüber hinaus werden auch begleitende Kompetenzen durch Fächer wie Architektur, Projektmanagement, Wirtschaftlichkeitsanalyse, Risikoanalyse und Verhandlungstechnik vermittelt. Selbstverständlich ist auch die Abfassung einer Master Arbeit verpflichtend vorgesehen. Der Beginn der Master Lehrganges, der zur Gänze in englischer Sprache abgehalten wird, ist für Anfang März 2016 geplant. Genauere Informationen erhalten sie auf der Homepage des Technikums Kärnten (http://www.fhkaernten.at) sowie direkt vom Lehrgangsleiter Prof. Dr. Pelikan (pelikan@boku.ac.at)

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EJEKTORWIRKUNG BEI VERTIKALEN KAPLANTURBINEN ZUR ERHÖHUNG DER ANLAGENEFFIZIENZ VERGLEICH VON EXPERIMENTELLEN UNTERSUCHUNGEN UND FELDVERSUCHEN AN PROTOTYPENANLAGEN Der in den letzten Jahren international angestiegene Ausbaugrad in der Kleinwasserkraft ist stark verbunden mit einer ständigen Weiterentwicklung der Kaplanturbine, die im Leistungsbereich kleiner als 10 MW verstärkt zum Einsatz kommt. Hierbei sind sowohl im elektrischen Teil der Wasserkraftanlage, als auch in der Regulierung und Laufradtechnologie Fortschritte zu verzeichnen. Eine Auslegung auf 60 Volllasttage stellt heute keine Seltenheit dar, was jedoch trotzdem in den meisten Fällen Effizienzund Leistungseinbußen durch den unvermeidlichen Anstieg des Unterwasserspiegels bedeutet. Es sind somit Innovationen gefragt, welche die Wirtschaftlichkeit von Anlagen, auch im Hinblick auf die immer kostenintensiver werdende Einbeziehung der steigenden ökologisch relevanten Anforderungen, verbessern bzw. einen optimalen Ausbau der Wasserkraft unterstützen. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Anlageneffizienz stellt beispielsweise die Möglichkeit der Nutzung der sogenannten Ejektorwirkung dar.

Ein Artikel der Technischen Universität Graz / Institut für hydraulische Strömungsmaschinen von Dipl.-Ing. Dr. techn. Jürgen Schiffer unter Leitung von O.Univ.-Prof. Dr.-Ing. Helmut Jaberg gemeinsam mit ZT Dipl.-Ing. Rudolf Fritsch / Steyr

Abbildung 1: Grundriss und Schnitt des Pilotprojektes KW Mühltalwehr: rote Fläche: Ejektorrampe; orangene Fläche: das unter die Ejektorrampe geführte Saugrohr. Oberwasserseite der Ejektorrampe in Blau: Ejektorschütz (Quelle: Fritsch et al.)

DER EJEKTOREFFEKT BEI VERTIKALEN KAPLANTURBINEN MIT GERINGER FALLHÖHE:

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as Ejektorprinzip basiert auf einer konstruktiven Lösung zur möglichst verlustarmen Vereinigung des bereits in der Turbine energetisch genutzten Triebwassers mit dem sonst ungenutzten Überwasser der Kraftwerksanlage. Durch bauliche Kombination einer geneigten Ejektorrampe für das Überfallwasser sowie einem bei gegenständlichem System im Grundriss gekrümmten Saugrohr gelingt es, am Saugrohraustritt einen Impulsaustauch einzuleiten, der in weiterer Folge zur Verdrängung des Unterwassers führt. Im Überwasserfall kann der Unterwasserspiegel am Saugrohraustritt der Turbine dadurch lokal deutlich abgesenkt werden, was einerseits zu einer Erhöhung des Turbinendurchflusses, andererseits zu einer Fallhöhensteigerung führt. Bei entsprechender Gestaltung der Ejektorrampe bzw. Anpassung des Turbinenauslaufs an die Abflusscharakteristik im Unterwasser führt

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die Integration des Ejektorprinzips zu einer markanten Leistungssteigerung. Im Vergleich zu einer konventionellen Kleinwasserkraftanlage ist im Überwasserfall eine Leistungssteigerung über 20 % erzielbar, wodurch die jährliche Energieproduktion deutlich gesteigert werden kann. Das Prinzip der Ejektorwirkung stellt keine grundsätzliche Neuerfindung dar. Die historische Entwicklung von Ejektorkraftwerken geht zurück bis ins 19. Jahrhundert und wird bereits in den 50-er Jahren von S.M Slisskii [1] an Hand von bestehenden Anlagen in der Sowjetunion und experimentell untersucht. Auch E. Mosonyi widmet dem Prinzip der Ejektorwirkung in seinem Fachbuch ein eigenes Kapitel [2] . Die im Laufe der Zeit wieder in Vergessenheit geratene Idee wird dann vor etwa 20 Jahren vom Kraftwerksbetreiber K&F Drack aus Scharnstein in Oberösterreich für sein neues Kraftwerk an der Alm als

nutzbar erkannt und von seinem Projektanten, dem Ingenieurbüro ZT Fritsch GmbH aus Steyr, im Projekt wasserbautechnisch und konstruktiv umgesetzt. DIE REFERENZANLAGEN: An den zwei Referenzanlagen, die inzwischen in Ober- bzw. Niederösterreich bereits laufen, kann nachweislich gezeigt werden, dass die Integration des sogenannten Ejektorprinzips hoch wirksam ist. Das Kraftwerk Mühltalwehr [3] an der Alm ist im Jahr 2005 entstanden. Der Grundriss sowie ein Schnitt des Pilotprojektes sind in Abbildung 1 abgebildet. Für die gegebenen Ausbauverhältnisse, mit etwa 5 m Fallhöhe bei etwa 15 m3/s Ausbauwassermenge für die vertikale Kaplanturbine und dem im Grundriss gekrümmten Saugrohr stellt dieses Ejektorkraftwerk eine grundlegende Neuentwicklung dar. Die zweite Referenzanlage, ebenfalls projektiert vom Ingenieurbüro ZT-Fritsch, die das


Abbildung 2: CAD-Modell des Ejektorprüfstands inklusive Messstellendefinition und Teilebezeichnung (Quelle: Schiffer et al.)

Prinzip der Ejektorwirkung nutzt, kann in das historische Wehr im Zentrum von Waidhofen an der Ybbs [4] integriert werden und geht im Jahr 2012 in Betrieb. Im Vergleich zum sehr effizienten Mühltalwehr lassen hier die Höhenverhältnisse und die Unterwassersituation nur eine etwas eingeschränktere Ertragssteigerung zu. Hier ist dafür aber neben der Fallhöhenmehrung durch den Ejektor eine weitere Neuerung in Form der dynamischen Stauregelung ins Projekt integriert, angeglichen an die im Bestand am festen Stadtwehr bei veränderlichen Abflüssen gegebenen Spiegellagen. Im Vergleich zum Standort Mühltalwehr ist die Fallhöhe hier mit gerade eben 4 m etwas geringer, aber der Ausbaudurchfluss mit etwa 30 m3/s deutlich höher. EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN: Obwohl es aus der Vergangenheit generelle Untersuchungen zur Ejektorwirkung für überströmte Anlagen gibt, sind diese nicht auf die beiden Referenzanlagen mit dem gekrümmten Saugrohr direkt übertragbar. Um einen fundierten, wissenschaftlichen Nachweis der Ejektorwirkung bei vertikalen Kaplanturbinen zu erbringen, sowie wesentliche Einflussgrößen auf die Ejektorwirkung und die bauliche Gestaltung zu identifizieren, wird im Jahr 2014 im Labor des Instituts für Hydraulische Strömungsmaschinen der Technischen Universität Graz ein Modell eines Ejektorkraftwerks errichtet. Die experimentelle Untersuchung an diesem Modell ermöglicht es, ausgewählte Konstruktionsparameter sowie die in der Natur sonst gegebenen physikalischen Randbedingungen, wie Fallhöhe oder Unterwassercharakteristik einfach zu variieren und deren Einfluss auf die Ejektorwirkung aufzuzeigen. Die Ergebnisse und Erkenntnisse liefern einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Ejektorprinzips sowie zur Planungssicherheit von Ejektorkraftwerken (siehe [5]). Die wesentlichen Bestandteile der realen Wasserkraftanlage werden mit einem Modellmaßstab von M = 1:10 an die reale Wasserkraftanlage „Stadtwehr Waidhofen“ angepasst. Das 3D-CAD-Modell des konzipierten Prüfstands sowie dessen Hauptbestandteile sind in Abbildung 2 ersichtlich. Abbildung 3 wiederum vermittelt eine erste Impression der sich bei der Nutzung des Ejektorprinzips einstellenden Strömungsphänomene. Das Bild zeigt eine Seitenansicht der lokalen Wasserspiegelabsenkung am Saugrohraustritt, die beim Kraftwerksbetrieb mit Ejektor typischerweise beobachtet werden kann. Die experimentell erarbeiteten Messergebnisse zeigen, dass mit einer optimalen Kombination der Geometrien für Saugrohrsaustritt und Ejektorrampe sowie durch eine geeignete Sohlgestaltung am Über-

gang zwischen Saugrohraustritt und Unterwasser, abhängig vom Ejektorabfluss sowie vom jeweiligen Unterwasserspiegel, eine Steigerung des hydraulischen Leistungsdarbots von deutlich über 20 % erreicht werden konnte. Die maximale Leistungssteigerung wird erzielt, wenn der Ejektorabfluss etwa dem 2.5-fachen der Ausbauwassermenge der Turbine entspricht und die Ejektorrampe bei Aktivierung des Ejektors nur leicht eingestaut ist. Begleitet werden die experimentellen Untersuchungen von numerischen Strömungssimulationen. Es zeigt sich, dass mit stationären, zweiphasigen CFD-Simulationen dieselben Strömungszustände errechnet werden können, die auch schon im Experiment ersichtlich sind (siehe [6]). Abbildung 4 zeigt beispielsweise die im Zuge der Simulationen errechnete Wasseroberfläche sowie den sich einstellenden Wasservolumsanteil (Water Volume Fraction) an einem Mittelschnitt durch das CFD-Modell. Es kann folglich der Nachweis erbracht werden, dass für zukünftige Projekte auch die numerische Strömungssimulation einzusetzen ist, um die Ejektorwirkung realistisch zu bewerten.

Wassertiefe Ejektorströmung

X-Position Ejektorwalze Y-Position Ejektorwalze

Ejektornase

Abbildung 3: Seitenansicht der sich einstellenden Ejektorwalze mit charakteristischen Abmaßen (Quelle: Schiffer et al.)

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ERGEBNISSE DER FELDMESSUNGEN AN DEN REFERENZANLAGEN: An beiden Referenzanlagen werden die für die Beurteilung des Ejektoreffekts notwendigen Parameter wie Turbinendurchfluss, Ejektorabfluss, Pegelstände sowie die Turbinenleistung im Überwasserfall über einige Jahre hinweg gemessen und aufgezeichnet. Die Betriebserfahrung beim Kraftwerk Mühltalwehr zeigt beispielsweise, dass die zu Beginn des Projekts prognostizierten Leistungssteigerungen im Überwasserfall weitaus übertroffen werden (siehe [7] ). Eine Detailauswertung für ein Hochwasser im Mai 2015 zeigt, dass dort die maximale Generatorleistung bei maximaler Turbinenbeaufschlagung von Q = 15 m3/s, also kurz bevor der Ejektor geöffnet wird, bei P = 696 kW liegt. Die maximale Generatorleistung bei Ejektorbetrieb mit einem Ejektorabfluss von 21 m³/s findet sich allerdings bei P = 788 kW. Bei einem Ejektorabfluss von ca. 27 m3/s, das entspricht beinahe dem doppelten Schluckvermögen der Turbine, kann immerhin noch eine Leistung von ca. P = 700 kW gemessen werden. Bei maximaler Ejektoröffnung bzw. ca. 46 m3/s Ejektorabfluss sinkt die Generatorleistung auf P = 561 kW ab. Die theoretisch erzielbare Leistung ohne Ejektor fällt an diesem Betriebspunkt hingegen mit P = 458 kW wesentlich geringer aus, was in dieser Phase einem Zugewinn an Leistung von 22,5 % entspricht. Auf Basis der Messwertaufzeichnungen kann mittlerweile nachweislich gezeigt werden, dass nicht nur die Steigerung zur vergleichbaren Leistung bei Überwasser mit stark erhöhtem Unterwasserspiegel bis über 20 %

Abbildung 4. Im Zuge von CFD-Simulationen errechnete Wasseroberfläche (blau) sowie der sich einstellende Wasservolumsanteil (Water Volume Fraction) an einem Mittelschnitt durch das CFD-Modell. (Quelle: Schiffer et al.)

beträgt, sondern auch die Auslegungsleistung bei konventioneller Nutzung bei weitem übertroffen wird. Diese Ergebnisse decken sich demnach auch mit den im Zuge der experimentellen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnissen. UMSETZUNG DER GEWONNENEN ERKENNTNISSE AUF NEUPROJEKTE: Die im Zuge der experimentellen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse im Hinblick auf die optimale Gestaltung der Ejektorrampe sowie der Vereinigungsstrecke von Ejektorabfluss und Saugrohraustritt sind nun bereits in das dritte Ejektorkraftwerk, diesmal mit wesentlich höherer Ausgangs-

fallhöhe, eingeflossen. Für das Kraftwerk Gaissulz an der Ybbs ist ein Ausbaudurchfluss von QA = 16 m3/s projektiert. Die Bruttofallhöhe liegt bei H = 8,65 m und ist damit etwa doppelt so groß wie bei den beiden zuvor erwähnten Referenzanlagen. Ab Erreichen der Ausbauwassermenge fließt an ca. 85 Tagen das Überwasser über den sogenannten Ejektorablass, was eine Fallhöhenoptimierung und auch eine Leistungssteigerung bewirkt. Die Ejektorrampenneigung beträgt bei diesem Projekt 12° mit einer Rampenlänge von ca. 20 m. Die Bauarbeiten haben im September begonnen und die Inbetriebnahme des Kraftwerks ist für Mitte des kommenden Jahres geplant.

Referenzen [1] Slisskii S.M.: Ejection into tailraces of hydropower plants. 1. Auflage. Moskau: Gosudarstvennoe Energeticheskoe Izdatel’stvo, 1953. [2] Mosonyi E.: Low-Head Power Plants. 3. Auflage. Budapest: Akademiai Kiado, 1987. [3] Drack K.: Effizienzsteigerung bei Kleinwasserkraftwerken durch Nutzung der „Ejektorwirkung“ am Beispiel Mühltalwehr. Firmenschrift der K. u. F. Drack GmbH & Co. KG. Scharnstein, 2007. [4] Gruber R.: Ejektor Kraftwerk macht Standort an d. Ybbs wirtschaftlich. In: zek-Hydro 5/2013. S. 14-17. [5] Schiffer, J. et al.: Experimentelle Untersuchung der Ejektorwirkung bei vertikalen Kaplan-Turbinen. In: WasserWirtschaft 105 (2015), Heft 5, S. 33-39. [6] Schiffer, J. et al.: Numerical and experimental investigation of the ejector effect applicable to low head vertical Kaplan turbines. In: Proceedings of the Conference on Modelling Fluid Flow, Budapest, Sept. 2015. [7] Fritsch, R. et al.: Ejektorwirkung bei Überwasser mit Vertikaler Kaplan-Turbine. In: WasserWirtschaft 110 (2015), Heft 10, S. 32-35.

Das Kraftwerk Mühltalwehr der Firma Drack gilt mit 600 kW als das leistungsstärkste Kleinwasserkraftwerk an der Alm. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2005 wird mit der Anlage auch der Ejektor-Effekt genutzt. (Quelle: zek)

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