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Automatisierungsspezialist macht Steyr-Kraftwerk zukunftsfit

Das bald 80 Jahre in Betrieb stehende Wasserkraftwerk Humpelmühle an der Steyr hat im Sommer des Vorjahres ein elektro- und leittechnisches Update erhalten. Foto: Energie AG

AUTOMATISIERUNGSSPEZIALIST MACHT TRADITIONSWASSERKRAFTWERK AN DER STEYR ZUKUNFTSFIT

Das Wasserkraftwerk Humpelmühle an der Steyr wurde von der Energie AG im Sommer 2021 in elektro- und leittechnischer Hinsicht auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Für die Modernisierung der 1949 erstmals in Betrieb gesetzten Anlage sorgte in erster Linie der niederösterreichische Branchenexperte SCHUBERT Elektroanlagen GmbH. Dieser schnürte für den Ersatz des über 40 Jahre alten Equipments ein umfassendes Technik- und Softwarepaket. In Summe investierte die Energie AG rund 600.000 Euro in das e-technische Update ihrer Traditionsanlage.

Die Steyr, die von ihrem Ursprung in Hinterstoder bis zur Einmündung in die Enns knapp 70 Kilometer durch das südliche Oberösterreich fließt, ist seit vielen Jahrhunderten ein natürlicher Wirtschaftsmotor der Region. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs diente die Wasserstraße etwa zur Holztrift, eine äußerst gefährliche Art des Holztransports. Noch heute zeugen davon erhalten gebliebene Triftgassen, beispielsweise bei der Wehranlage des wegen seiner Jugendstilarchitektur berühmten Kraftwerks Steyrdurchbruch. Vor der Einführung der elektrischen Stromgewinnung wurde das natürliche Energiepotential der Steyr mittels Wasserrädern und mechanischer Transmissionen von Mühlen, Schmieden oder Sägewerken genutzt. Auf den Standort einer ehemalige Getreidemühle deutet auch die Namensgebung des Wasserkraftwerks Humpelmühle hin. „An der ca. 18 Kilometer flussabwärts vom Kraftwerk Steyrdurchbruch gelegenen Anlage wurde 1924 durch ein Wasserrad erstmals elektrischer Strom erzeugt. Zwischen 1945 und 1949 wurde das Kraftwerk schließlich umfassend erneuert und vergrößert, wobei im Prinzip die gesamte Anlage rund 50 m weiter nach unten verlegt wurde“, erklärt Alfred Fuchs, Meister Betriebsgruppe Steyrdurchbruch bei der Energie AG.

Die drei vertikalen Schutzrechen beim Kraftwerkseinlauf werden nach dem Umbau von einer einzelnen Rechenreinigungsmaschine gesäubert.

Foto: zek

ENERGIE AG EIGENTÜMER SEIT 1997

Bei der Erneuerung wurde der Einlaufbereich des Kraftwerks völlig umgestaltet, wobei auch das Stauziel um 80 cm erhöht werden konnte. Die Streichwehranlage wurde baulich angepasst und für den neuen Einlaufkanal eine Trennwand errichtet. Im Maschinengebäude wurden drei baugleiche vertikalachsige Francis-Schacht-Turbinen mit einer gesamten

Foto: zek

Die niederösterreichische SCHUBERT Elektroanlagen GmbH sorgte für die Automatisierung der drei Maschinengruppen.

Ausbauwassermenge von 33 m³/s installiert. Für die Verbindung zwischen den horizontalachsigen Synchron-Generatoren sorgen jeweils drei zwischengeschaltete Winkelgetriebe. Unter Volllast erreicht das Kraftwerk eine Engpassleistung von rund 880 kW, womit im Regeljahr rund 6 GWh Ökostrom erzeugt werden können. „Das Wasserrecht wurde beim Neubau vor bald 80 Jahren auf einen unbefristeten Zeitraum ausgestellt, was heute natürlich von großem Vorteil ist – und solchen Projekten auch einen stabilen Rahmen gewährleistet,“ sagt Energie AG-Werksgruppenleiter Maximilian Medl. Dieser führt weiter aus, dass sich die Anlagentechnik bei der Übernahme durch die Energie AG 1996 teilweise in schlechtem Erhaltungszustand befand: „1997 ereignete sich im Maschinengebäude ein gefährlicher Zwischenfall. Aufgrund einer Materialermüdung kam es an einem Maschinensatz zu einem Bruch einer aus Stahlguss gefertigten Schwungscheibe, welche früher als mechanisches Element der Netzstabilisierung diente. Infolgedessen hat es im Krafthaus ausgesehen wie nach einem Bombenschaden. Für den zuvor mit der Schwungscheibe gekoppelten Generator gab es keine Rettung mehr, dieser musste durch eine neue Maschine ersetzt werden.“ In den folgenden Jahren sorgten die Techniker der Energie AG dank sukzessiver Wartungen und Inspektionen dafür, dass sich ein solch gefährliches Ereignis nicht noch einmal wiederholt. Darüber hinaus wurde die bestehende baulich-technische Infrastruktur bestmöglich in Stand gehalten bzw. schrittweise modernisiert. Um den Betonabtrag am Grundablass durch den bekannt hohen Geschiebetrieb der Steyr so gering wie möglich zu halten, wurde der Sohl- und Seitenbereich mit Stahlplatten ausgekleidet. Ein vor fünf Jahren am Grobrechen installierter Beräumungskran in Baggerarmausführung zur Entfernung von angeschwemmten Holzstämmen stellt für das Betriebspersonal eine große Erleichterung dar. Für die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit wurde auf der rechten Uferseite zwischen 2014 und 2015 eine Fischaufstiegsanlage in technischer Vertical-Slot-Ausführung errichtet.

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Als Sub-Auftragnehmer von SCHUBERT erledigte die Small Hydro Division von Voith den Umbau der hydraulischen Turbinenregler.

UPDATE-ZYKLUS ÜBERSPRUNGEN

Im Sommer des Vorjahres war es an der Zeit, das Kraftwerk in steuerungs- und regelungstechnischer Hinsicht auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, erklärt Maximilan Medl: „Das elektronische Equipment stammte größtenteils aus 1979 bzw. 1980. Üblicherweise werden solche Bauteile alle 20 Jahre erneuert. Meistens deswegen, weil dann vermehrt Störungen auftreten und es keine Ersatzteile mehr gibt. Beim Kraftwerk Humpelmühle haben wir einen solchen Zyklus übersprungen. Zu verdanken ist dies in erster Linie dem Team um Alfred Fuchs, dass das System mit seinem Fachwissen so lange funktionsfähig gehalten hat.“ Neben der Modernisierung der Anlagensteuerung wurde auch die hydraulische Regelung der Turbinen-Leitapparate sowie der Rechenreiniger am Kraftwerkseinlauf erneuert. Das Erneuerungsprojekt sollte in einem Zug im Sommer des Vorjahres umgesetzt werden.: „Es hat sich bewährt, Sanierungsprojekte ganzheitlich anzugehen und somit mehrere Dinge möglichst unkompliziert unter einen Hut zu bringen. Das Kraftwerk wurde wie geplant im Juni 2021 komplett abgestellt, wodurch mehrere Arbeiten parallel durchgeführt werden konnten. Die Wiederinbetriebnahme der ersten Maschine erfolgte ca. drei Monate später Ende August“, so Medl.

AUTOMATISIERUNGSPROFIS AUS NÖ

Als Generalauftragnehmer für die elektro- und leittechnische Modernisierung wurde der niederösterreichische Automatisierungsexperte SCHUBERT Elektroanlagen GmbH engagiert. Mit der Energie AG verbindet SCHU-

Technische Daten

• Ausbauwassermenge: 33 m³/s • Bruttofallhöhe: 3,4 m • Turbinen: 3 x Francis-Schacht • Turbinenwellen: vertikal • Regelung: hydraulisch • Drehzahl: 3 x 63 U/min • Engpassleistung: 3 x ca. 290 kW • Getriebe Übersetzungsverhältnis: 1 : 11,9 • Generatoren: 3 x Synchron • Generatorenwellen: horizontal • Drehzahl: 3 x 750 U/min • Spannung: 3 x 400 V • Regelarbeitsvermögen: ca. 6 GWh/a

BERT seit Jahrzehnten die Realisierung einer ganzen Reihe von erfolgreichen Projekten. Im vergangenen Jahr waren die Niederösterreicher im Auftrag der Energie AG fast zeitgleich beim Neubau des Kraftwerks Dürnau an der Traun und der Revitalisierung des Kraftwerks Humpelmühle an der Steyr beschäftigt. Für den Umbau der hydraulischen Turbinenregler beauftragte SCHUBERT als Konsortialpartner die Small Hydro Division von Voith, vormals Kössler. Den neuen Rechenreiniger lieferte die Salzburger GMT Wintersteller GmbH. Der nun als Teleskoparm-Variante gefertigte verfahrbare Rechenreiniger ersetzt unmittelbar vor den Turbinen beim Kraftwerkseinlauf drei einzelne Ketten-Rechenreiniger. „Das Kraftwerk Humpelmühle war ein sehr interessantes Projekt, bei dem es im Wesentlichen um die Automatisierung von drei Maschinensätzen ging. Wie wir es von der Energie AG gewohnt sind, galt es im Zuge der Projektumsetzung eine umfangreiche Datenpunktpunktliste abzuarbeiten“, sagt SCHUBERT-Projektleiter Andreas Griessler. „Als Betreiber von mehr als 40 Wasserkraftwerken stellen wir an unsere Lieferanten hohe Anforderungen, die in der Regel über Standardlösungen hinausgehen. Mit dieser Herangehensweise ist zwar viel Aufwand verbunden. Gleichzeitig gewährleisten wir bei unseren Anlagen somit aber auch einen hohen Grad an Effektivität und Betriebssicherheit“, bekräftigt Medl. Alfred Fuchs weist darauf hin, dass die vorgeschriebene Umsetzung der sogenannten „TOR-Richtlinie“ (Technische und organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen) eine der zentralen Projektherausforderung darstellte. „Die Realisierung mancher Vorgaben der TOR-Richtlinie, mit der ein Beitrag zur Netzstabilität geleistet wird, stellt vor allem bei Altanlagen kein leichtes Unterfangen dar“, so Fuchs.

ALLES AUTOMATISIERT

Bei der Modernisierung des Kraftwerks Humpelmühle wurde jeder Maschinensatz mit einer eigenen Siemens SIMATIC-CPU ausgestattet. Auch bei den Hydraulikeinheiten wurden dezentrale CPU-Baugruppen gesetzt, womit man sich zusätzliche Verkabelungen ersparte. Für das Leitsystem installierte SCHUBERT einen Rechner vom Hersteller Beckhoff, auf dem das Prozessvisualisierungssystem WinCC zum Einsatz kommt. „Außerdem wurde eine allgemeine SPS-Steuerung programmiert, mit der die Wasserführung der Anlage geregelt wird. Diese teilt die verfügbare Wassermenge auf und sorgt unter anderem für das Anfahren und die Abschaltung, den Leistungsgrad oder auch die Regelung der Wasserabfuhr für jede einzelne Maschine. Dank der separaten Steuerungen für jede einzelne Maschinengruppe ist die Ausfallsicherheit der Anlage in sehr hohem Maß gewährleistet. Bei der Störung einer Steuerungseinheit können die anderen Maschinen ohne Unterbrechung weiterproduzieren. Diese Lösung hat sich beim Kraftwerk Humpelmühle besonders angeboten, da die Steuerungen dank der identisch konstruierten Turbinen praktischerweise gleich aufgebaut werden konnten. Die neue Rechenreinigungsmaschine wurde in Zusammenarbeit mit GMT Wintersteller natürlich ebenfalls in die Anlagensteuerung integriert. Da die drei vertikalen Einlaufrechen jeweils eine minimal unterschiedliche Breite aufweisen, muss die Putzharke mit einer Abweichungstolerenz von maximal 5 mm genau über dem jeweiligen Rechenfeld positioniert werden“, erklärt Projektleiter Griessler.

Energie AG-Meister Betriebsgruppe Steyrdurchbruch Alfred Fuchs, SCHUBERT-Projektleiter Andreas Griessler und Energie AG-Leiter Kraftwerksgruppe Mitte Maximilian Medl (v.l.) beim Lokalaugenschein von zek HYDRO im März 2022.

JUGENDSTIL-KW KOMMT ALS NÄCHSTES DRAN

Nach der Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks im Herbst 2021 arbeiten SCHUBERT und die Energie AG im heurigen Frühjahr weiter am Feintuning der Anlage „Bei einem Projekt dieser Größenordnung dauert es seine Zeit, bis alle Details vollständig geklärt und sämtliche Implementierungen abgeschlossen sind. Im Großen und Ganzen hat die Projektumsetzung mit den beteiligten Unternehmen, die wir ja auch schon von anderen Wasserkraftprojekten kennen und schätzen, erneut sehr gut funktioniert“, so Maximilian Medl. Ein weiteres interessantes Modernisierungsprojekt plant die Energie AG schon in Kürze unweit vom Kraftwerk Humpelmühle in Angriff zu nehmen. Beim „Vorzeigekraftwerk“ Steyrdurchbruch steht ebenfalls die Erneuerung der elektro- und leittechnischen Ausrüstung bevor. In dem unter Denkmalschutz stehendem Maschinengebäude aus dem Jahr 1908 und in der 1972 daneben errichteten Kaverne wird die Steuerung bald für insgesamt vier Maschinensätze modernisiert.

Foto: zek

Die intuitive Visualisierung der Kraftwerkssteuerung gibt den Bedienern einen Überblick über sämtliche relevanten Daten der Anlage.

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