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Salzburg AG setzt bei Instand haltung auf PM-Lösungen

Beim Wasserkraftwerk Wald im Pinzgau erprobte die Salzburg AG erstmals einen Predictive Maintenance-Ansatz, um den Laufradverschleiß der Francis-Turbine vorherzusagen. Fotos: Salzburg AG

SALZBURG AG SETZT BEI INSTANDHALTUNG VERSTÄRKT AUF PREDICTIVE MAINTENANCE

Gemeinsam mit dem deutschen KI-Spezialisten LexaTexer hat die Salzburg AG beim Wasserkraftwerk Wald im Pinzgau erstmals den Einsatz von Predictive Maintenance getestet. Basierend auf der vorhandenen Sensortechnik und der Anwendung von künstlicher Intelligenz entstand aus einem Datenpool ein leistungsfähiges Modell, das nicht nur den Verschleiß des Turbinen-Laufrads vorhersagen kann. Als Nebenprodukte entstanden unter anderem digitale Werkzeuge, mit denen Anomalien im Betrieb frühzeitig erkannt werden können. Die Erkenntnisse aus dem Pionierprojekt sind so überragend, dass die Anwendung auf weitere Kraftwerke ausgerollt wird.

Die Salzburg AG zählt zu den größten öffentlichen Kundendienstleistern im Bundesland, ihr Kerngebiet umfasst die Bereiche Energie, Verkehr und Telekommunikation. Bei der Stromerzeugung setzt die Salzburg AG traditionell auf die Nutzung nachhaltiger Ressourcen, wobei der Wasserkraft seit jeher eine tragende Rolle zukommt, erläutert der Leiter für Erneuerbare Erzeugung bei der Salzburg AG Markus Matschl: „Zu meinem Verantwortungsbereich zählen insgesamt 60 Anlagen, 30 davon sind Wasserkraftwerke. Dabei handelt es sich um Anlagen von großem technischen und wirtschaftlichen Wert. Deren Instandhaltung ist natürlich stets ein wichtiges Thema, denn sie gewährleistet den störungsfreien Betrieb und minimiert potentielle Ausfallrisiken.“

PREDICTIVE MAINTENANCE UNTER DER LUPE

Beim Kraftwerk Wald im Pinzgau, wenige 100 m unterhalb der weltberühmten Krimmler Wasserfälle gelegen, testete die Salzburg AG erstmals das Konzept der vorausschauenden Instandhaltung, in Fachkreisen auch als Predictive Maintenance bekannt. Die 1988 fertiggestellte Anlage nutzt zur Stromgewinnung den rund 200 m großen Höhenunterschied zwischen Krimml und Wald. Im Sommer kann die Anlage dank der hohen

Zuflussmengen als Laufkraftwerk betrieben werden. Während der wasserärmeren Zeit in den Herbst- und Wintermonaten dient das Kraftwerk zur Erzeugung von Spitzenenergie, wozu ein Tagesspeicher genutzt wird. „Das Kraftwerk Wald wurde für ein ‚Proof of Concept‘-Projekt ausgewählt, den Einsatz von Predictive Maintenance auf seine Praxis- und Wirtschaftstauglichkeit hin zu überprüfen. Im Gegensatz zur zustandsorientierten Instandhaltung, die bei leicht zugänglichen Komponenten relativ einfach umgesetzt werden kann, hat die vorausschauende Instandhaltung vor allem jene Bauteile im Visier, die nicht laufend kontrolliert werden können, beispielsweise Turbinen-Laufräder“, erklärt Salzburg AG-Innovation Manager Jörg Hinterberger. Als Projektpartner wurde das deutsche Unternehmen LexaTexer (LXTXR) an Bord geholt, das sich als Spezialist für Enterprise AI, also die Integration von künstlicher Intelligenz bzw. datengetriebene Lösungen für Industrie- und Produktionsprozesse, einen Namen gemacht hat. „Zu unseren Kunden zählen vor allem Hersteller aus dem TIER 1-Sektor, also Zulieferer für die Automobilindustrie oder die Automobilindustrie selbst, beispielsweise Mercedes in Stuttgart. Mit der Salzburg AG haben wir einen Partner gefunden, bei dem wir unsere Technologie erstmals im Energiesektor einsetzen konnten“, sagt LexaTexer-Geschäftsführer Günther Hoffmann.

DATENPOOL WIRD GEFÜLLT

Beim Kraftwerk Wald lag der Untersuchungsfokus zunächst auf der Vorhersage der Laufradabnutzung der vertikalachsigen Francis-Turbine. Im Regelfall wird das Laufrad mit einem Durchmesser von 1.475 mm einmal jährlich inspiziert. Ein Kernpunkt bestand darin, dass das Projekt ohne den Einbau zusätzlicher Sensoren an der Turbine umgesetzt werden kann, führt Matschl aus: „Die Messungen sollten bewusst mit den bestehenden Möglichkeiten am Maschinensatz auskommen. Die zentral erfassten Werte, wie Drehzahl, Fallhöhe oder Lagertemperaturen, die ohnehin zur Betriebsführung notwendig sind, liefern wertvolles Datenmaterial zur Anwendung von Predictive Maintenance.“ Darüber hinaus konnten bei der Datensammlung und Auswahl auf die vom Leitsystem automatisch für einen Zeitraum von 12 Jahren gespeicherten Betriebsdaten der Anlage zurückgegriffen werden. Die von LexaTexer entwickelte Plattform ermöglicht es, dass auch schriftliche Aufzeichnungen einbezogen werden konnten. Die Erfahrungen des Betriebspersonals, das über die Feinheiten der Anlage dank jahrzehntelanger Erfahrung bestens Bescheid weiß, flossen ebenfalls in den Datenpool ein.

Als „Nebenprodukt“ entstand ein digitales Werkzeug zur Anomalieanalyse, das Störungen frühzeitig erkennen kann.

PREDICTIVE MAINTENANCE HAT ZUKUNFT

Bei der Salzburg AG zeigte man sich laut Markus Matschl überrascht, wie genau das Vorhersagemodell den Zustand des Laufrads vorhersagen konnte. Innerhalb von zwei Jahren wurden mehrere Messreihen durchgeführt, wobei der prognostizierte Verschleiß jeweils punktgenau innerhalb der Messtoleranz lag. Aus dem Predictive MaintenanceProjekt entstanden zudem eine ganze Reihe von nützlichen digitalen „Nebenprodukten“. So kann die Software beispielsweise die Anpassung verschiedener Einflussparameter vorschlagen, um einen gewünschten Wartungstermin zu erreichen, bevor das Laufrad zu starken Schaden nehmen würde. Außerdem wurde ein System zur Analyse von Anomalien entwickelt, das ungewöhnliches Verhalten der Anlage erkennt, noch bevor ein offenkundiger Fehler vorliegt bzw. bevor Grenzwerte erreicht werden, die zu einer Alarmierung führen. „Basierend auf den präzisen Vorhersagen beim Kraftwerk Wald wurde beschlossen, die Predictive Maintenance-Methode auch bei weiteren Anlagen der Salzburg AG anzuwenden. Beim Kraftwerk Wald konnte der durchschnittliche Wartungszyklus des Laufrads um bis zu 31 Prozent verlängert werden“, sagt Markus Matschl. Für Günther Hoffmann ist der Projekterfolg eine Kombination aus dem Betriebswissen der Salzburg AG, der richtigen Daten und einer leistungsfähigen technischen Plattform (LXTXR), die sich leicht in bestehende Prozesse und Bestands-IT integrieren lässt. „Es handelte sich um eine komplexe Aufgabe, von deren gemeinsamer Lösung letztendlich beide Seiten profitiert haben.“ Bei der Salzburg AG ist man überzeugt, dass das Thema Predictive Maintenance zukünftig eine noch gewichtigere Rolle spielen wird. Im Fokus kommender Predictive Maintenance-Projekte liegen die Einbindung weiterer Turbinentypen sowie eine Ausweitung auf den elektrotechnischen Bereich (z.B.: Generatoren) in den Kraftwerken der Salzburg AG.

Bei weiteren Fragen an Dr. Günther Hoffmann über das Projekt schreiben Sie eine E-Mail an: contact@lexatexer.com

Die Erkenntnisse des Proof of Concept-Projekts kommen mittlerweile auch bei der Instandhaltungsstrategie des KW Böckstein zum Einsatz.

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