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Neue Generator-Erregung für Traditionskraftwerk in NÖ

Das bald 100 Jahre alte Wasserkraftwerk Brunnenfeld in Niederösterreich deckt den Jahresstrombedarf von rund 1.400 Haushalten. Im Frühjahr 2022 wurde das Erregungssystem des Synchron-Generators von der SCHUBERT Cleantech GmbH umfassend modernisiert. Foto: EVN

TRADITIONSKRAFTWERK BRUNNENFELD IN NÖ MIT NEUER GENERATOR-ERREGUNG FIT FÜR DIE ZUKUNFT

Das 1924 erstmals in Betrieb genommene EVN-Kleinwasserkraftwerk Brunnenfeld im südlichen Niederösterreich hat im Frühjahr 2022 ein elektrotechnisches Update erhalten. Dabei wurde das fast 100 Jahre alte Erregungssystem des Synchron-Generators, der beidseitig von zwei Francis-Turbinen angetrieben wird, auf eine statische externe Erregung umgerüstet. Durch den Umbau wurde ein fortwährend störungsfreier Betrieb gewährleistet, da das alte Erregungssystem bereits fortgeschritten sanierungsbedürftig war. Verantwortlich für die Modernisierung war die niederösterreichische SCHUBERT Cleantech GmbH, die bei dem Projekt einmal mehr ihre Kompetenz im Revitalisierungssektor unter Beweis gestellt hat. Das neue digitale System konnte innerhalb kurzer Zeit installiert werden, wodurch sich der Erzeugungsausfall des Kraftwerks auf ein Minimum beschränkte.

Die EVN AG ist der größte Strom- und Wärmeversorger des Bundeslands Niederösterreich und darüber hinaus auch im Ausland aktiv. Bei der Stromerzeugung setzt die evn naturkraft Erzeugungsgesellschaft m.b.H., eine Tochtergesellschaft der EVN AG, auf die erneuerbaren Quellen Sonne, Wind und Wasser. Aktuell betreibt evn naturkraft fünf Speicherkraftwerke und 67 Wasserkraftwerke unterschiedlicher Bauart und Leistungsklassen in Niederösterreich und der Steiermark, mit denen der jährliche Strombedarf von rund 87.000 Haushalten auf nachhaltige Weise abgedeckt wird. Am Kehrbach südlich von Wiener Neustadt erzeugen insgesamt sieben EVN-Kleinwasserkraftwerke sauberen Strom. Beim Kehrbach handelt es sich um einen 16 Kilometer langen Ausleitungskanal des Gewässers Schwarza, der in historischen Aufzeichnungen bereits im 12. Jahrhundert erwähnt wurde. „Der Kehrbach besitzt einen hohen Stellenwert für das Gewässersystem Schwarza – Leitha, weil die Naturstrecken der Gewässer extrem hohe Versickerungsraten aufweisen. Ohne die vergleichsweise dichte Wasserführung im Kehrbach würden in Niederwasserperioden weite Strecken flussabwärts trockenfallen“, erklärt evn naturkraft-Teamleiter Daniel Selb. Eines der ältesten Anlagen am Kehrbach ist das 1924 erstmals in Betrieb genommene Kraftwerk Brunnenfeld. Das Triebwasser der Anlage im Ausmaß von maximal 7 m³/s wird beim Wasserschloss aus dem Kanal entnommen und über eine ca. 1,7 Kilometer lange Druckleitung zum Krafthaus geführt. Im Maschinengebäude treiben zwei horizontalachsige Francis-Spiral-Turbinen in baugleicher Ausführung einen in der Mitte positionierten Synchron-Generator mit 1.200 kVA Nennscheinleistung über eine gemeinsame Welle an.

ZEIT FÜR E-TECHNIK UPDATE

Anfang 2022 war es für das bald 100 Jahre in Betrieb stehende Kraftwerk mit ca. 950 kW Engpassleistung an der Zeit für eine elektrotechnische Modernisierung, so Daniel Selb: „Im Kern ging es bei dem Projekt um die Erneuerung der Generator-Erregung. An der alten, noch manuell zu bedienenden Erregermaschine waren die Kollektoren bereits stark verschlissen. Die mehrwöchige Reparatur des Erregers wäre mit einem längeren Anlagenstillstand einhergegangen und hätte somit deutliche Erzeugungsverluste bewirkt. Stattdessen wurde der komplette Ersatz durch ein statisches Erregungssystem beschlossen, das innerhalb kurzer Zeit installiert werden konnte.“ Im Rahmen der Ausschreibung wurde der Modernisierungsauftrag im Herbst des Vorjahres der niederösterreichischen SCHUBERT Cleantech GmbH (vormals

Innenansicht des neuen statischen Erregungssystems beim Zusammenbau in der SCHUBERT-Zentrale im niederösterreichischen Ober-Grafendorf. Ein Touchpanel an der Schaltschrankfront ermöglicht die komfortable Bedienung des neuen Systems.

Der Synchrongenerator in der Mitte der Maschinengruppe wird von zwei Francis-Turbinen angetrieben. Mit dem neuen digitalen Erregungssystem wurde die Stromerzeugung der Traditionsanlage ein Stück weiter automatisiert.

Foto: SCHUBERT Foto: SCHUBERT

SCHUBERT Elektroanlagen GmbH) erteilt. Die Branchenexperten, die mit der Namensanpassung ihr Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien hervorheben, sorgten schon in den 1980er Jahren für die Automatisierung von EVN-Wasserkraftanlagen und konnten beim Kraftwerk Brunnenfeld erneut ihr Know-how bei der Revitalisierung von Altanlagen unter Beweis stellen.

SICHERES SYSTEM

Die wesentliche Herausforderung des Projekts stellte laut SCHUBERT-Projektleiter Andreas Griessler das Aufrechterhalten der Generator-Erregungsleistung für die Gewährleistung der Funktion des Tauchwiderstands dar. Beim Tauchwiderstand handelt es sich um eine vor allem bei älteren Anlagen gängige Sicherheitseinrichtung für den Fall einer Netzstörung. Wenn die Anlage wegen eines akuten Lastabwurfs keine Leistung mehr ins Netz abgeben kann, wird ein Fliehkraftregler ausgelöst und drei Elektroden tauchen in ein Wasserbad. Durch diese Methode der Energievernichtung wird in weiterer Folge die langsame und geregelte Stillsetzung der Maschine eingeleitet. Damit ist sichergestellt, dass kein Druckstoß entsteht und der nicht auf Überdrehzahl ausgelegte Generator beschädigt wird. Um eine zuverlässige Bremswirkung zu erzielen, benötigt der Generator ein kontinuierlich erregtes Feld, da die Bremsleistung ansonsten ausfällt bzw. stark geschwächt wird. Die alte Erregermaschine drehte konstruktionsbedingt mit dem Generator mit und hielt somit automatisch die notwendige Spannung und das Erregerfeld aufrecht. „Bei der neuen statischen externen Erregung wird die redundante Spannungsversorgung des Generators durch ein Noterregungssystem mittels 24 V-Batterieanlage gewährleistet. Zum Einsatz kommt die Noterregung bei direkten Störungen am digitalen Erreger, dem Erreger-Trafo oder der SPS-Steuerung“, so Andreas Griessler.

ANLAGE WEITER AUTOMATISIERT

Zur korrekten Auslegung einzelner Komponenten des neuen Systems wurde von SCHUBERT-Technikern Anfang des Jahres eine Versuchsreihe im Krafthaus durchgeführt. Daran anschließend konnte Ende März die praktische Umsetzung erfolgen. „Wie wir es im Vorfeld geplant hatten, wurde das Equipment innerhalb von drei Tagen im Maschinengebäude installiert. Am vierten Tag wurde die Anlage abgestellt und die neue Erregung angeklemmt, bereits am Nachmittag war das Kraftwerk wieder am Netz, diverse Feinjustierungen wurden am darauffolgenden Tag vorgenommen. Die alte Erregermaschine wurde bewusst nicht entfernt, sondern nur mechanisch entkoppelt. Sollte es jemals notwendig sein, könnte die alte Erregung kurzfristig wieder reaktiviert werden“, sagt Andreas Griessler. Für die komfortable Bedienung des neuen Systems sorgt ein Touchpanel, über das verschiedene Informationen zu Temperaturen oder Systemstörungen sowie Erregungsstrom- und Spannungsverläufe abgerufen werden können. Die Spannungs- und Blindleistungsregelung des Erregungssystems erfolgt nun komplett automatisiert – bis auf die nach wie vor manuell durchzuführende Netzsynchronisation kann das Traditionskraftwerk nun nahezu vollautomatisch betrieben werden. „Der Umbau ging wie geplant in kurzer Zeit über die Bühne und hat somit nur einen kurzen Anlagenstillstand notwendig gemacht. Im Hinblick auf die nützlichen Features des modernen Erregungssystems kann man definitiv von einem erfolgreichen Projekt sprechen“, resümiert Daniel Selb und merkt an, dass das Kraftwerk Brunnenfeld mit entsprechender Wartungsfrequenz an der elektromechanischen Ausstattung noch viele Jahrzehnte sauberen Strom am Kehrbach erzeugen kann.

Das Tauchbecken der Anlage sorgt bei einer Netzstörung als Sicherheitseinrichtung für ein bewusst langsames Bremsen der Maschinengruppe.

Foto: SCHUBERT Foto: SCHUBERT

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