Credo November 2023

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Das Magazin für Mitarbeitende der Katholischen Kirche im Kanton Zürich

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Kirche schaut hin Seite 4

Versöhnung mit einer Familiengeschichte Seite 12

Der Zauber einer Rose Seite 16

«Schlechte Zeit zum Hinschmeissen» Interview mit Synodalrätin Petra Zermin, verantwortlich für das Ressort Personal. Ab Seite 6

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Editorial

Verantwortung übernehmen

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Friedliches Feiern 4 Aktuell

Seit dem 12. September prasseln beinahe täglich Negativbotschaften über die katholische Kirche herein. Nicht nur im Kanton Zürich mussten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und freiwillig engagierte Katholikinnen und Katholiken viel anhören. Wie kann man nur in so einem Verein tätig sein? Bei einer solchen Dauerbeschallung möchte man gerne auf den «Pause-Knopf» drücken oder auf ein anderes Programm umschalten; mir ging es zumindest manchmal so.

Raphael Meyer, Präsident Synodalrat -V[V! 7L[LY 2U\W

Aber so einfach geht es leider nicht. Als Menschen, denen die katholische Kirche im Kanton Zürich und auf der ganzen Welt am Herzen liegt, stehen wir in einer Verantwortung. Es ist gut und richtig, dass die Pilotstudie veröffentlich wurde, denn dies zwingt die katholische Kirche, sich mit ihrer Vergangenheit und ihren Schattenseiten auseinanderzusetzen. Der Synodalrat hat Ende September seine Legislaturschwerpunkte mitgeteilt. Die Arbeit der nächsten vier Jahre steht unter dem Motto «Transparent, gleichberechtigt und glaubwürdig Kirche gestalten». Unter anderem sollen Präventionsarbeit und die Umsetzung des Verhaltenskodex mit sichtbaren Zeichen vorangetrieben werden; das ist Ausdruck eines Kulturwandels. Die Erwartungen an die Bistumsleitung und den Synodalrat sind hoch, aber wir stellen uns der Herausforderung. Raphael Meyer

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Neues Meldesystem 5 Aktuell

Orgelspiel aus Paris 6-11 Fokus

Bleiben oder gehen? 12 Engagiert

Filme zum Nachdenken 14 Perspektiven

FeierAbend auch mal anders 15 Seelen-Nahrung

wie liebe geht 16 Ausläuten

Rosen zur Ehre Gottes

Impressum credo credo erscheint vierteljährlich und NLO[ HU 4P[HYILP [LUKL Behördenmitglieder und Freiwillige der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.

Herausgeberin und Redaktion Katholische Kirche im Kanton Zürich Kommunikationsstelle Hirschengraben 66 8001 Zürich

5á 5V]LTILY www.zhkath.ch/credo credo@zhkath.ch (\ÅHNL! ˕ ,_WS

Druck und Papier :[HɈLS 4LKPLU (. Zürich )HSHUJL7\Y! OLYNLZ[LSS[ aus 100% Recyclingfasern und mit dem Umweltlabel «Blauer ,UNLS® aLY[PÄaPLY[

Layout +LUPZ :JO^HYa A YPJO .YHÄRRVUaLW[ 4HYH 4 YZL[ )HZLS


Momentum

«Heute sind Äthiopier und Eritrer hier. Sie sind gekommen, um zusammen zu feiern.» Mistre Haile Selassi von der äthiopisch-orthodoxen Tewahedo-Kirche in Opfikon

;YV[a KLY NL^HS[ZHTLU (\ZLPUHUKLYZL[a\UNLU a^PZJOLU f[OPVWPLU \UK ,YP[YLH! )LPT Meskel-Fest in Zürich gedachten rund 1000 Christinnen und Christen beider Länder aus KLY NHUaLU :JO^LPa NLTLPUZHT KLY ­>PLKLYH\ɉUK\UN KLZ /LPSPNLU 2YL\aLZ® K\YJO KPL heilige Helena. -V[V! 4HNKHSLUH ;OPLSL

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Aktuell

Zahlen & Fakten

1 Meldung pro Tag traf im Schnitt in den ersten drei Wochen nach der Aufschaltung des Meldebuttons ein.

2SLPULY 2UVWM NYVZZL >PYR\UN Am 11. September startete das neue Meldesystem «Kirche schaut hin». Heute ist es auf fast allen Zürcher Pfarrei-Homepages aufgeschaltet. Eine erste Bilanz.

1 Person nimmt die Meldungen entgegen und beantwortet sie. Für die Einführungsphase ist dies die stellvertretende Generalsekretärin und Juristin Liliane Gross, die auch Präsidentin des nationalen Genugtuungsfonds für Opfer von verjährten sexuellen Missbräuchen ist. Künftig wird die Anwältin Andrea Gisler diese Aufgabe übernehmen, die Vorbereitung zur Übergabe läuft bereits. Gisler war von 2002 bis 2011 Personalombudsfrau der Kantonalkirche.

50 Prozent (gerundet) aller eingegangenen Meldungen wurden anonym abgegeben.

90 Prozent aller Pfarreien haben den Button «Kirche schaut hin» auf ihren Websites installiert; dazu auch alle Dienststellen der Kantonalkirche.

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Vorweg dies: «Kirche schaut hin» wird genutzt. In den ersten Wochen traf im Schnitt täglich eine Meldung ein, seitdem werden es weniger. Das Erstaunliche: Wir erhielten kaum Spam oder Diffamierungen, die allermeisten Meldungen waren sehr seriös abgefasst. Das Spektrum der Themen dagegen ist sehr breit. Da geht es um Fehlverhalten in kirchlichen Teams bezüglich Wortwahl und Umgangsform bis zur Schilderung von erlebter psychischer und physischer Gewalt im Kindesalter in kirchlichen Betreuungseinrichtungen – um schlimme Erlebnisse, die Jahrzehnte zurückliegen und über die meldende Personen noch nie gesprochen haben. Das anonyme Meldesystem hat sie ermutigt, ihr Schweigen zu brechen.

auf die Genugtuungskommission. Es wird keine Meldung weitergeleitet, ohne dass dafür das Einverständnis der meldenden Person vorliegt. Bei namentlich gezeichneten Meldungen kann sie direkt in Kontakt treten und auf die Bedürfnisse eingehen. So konnten schon mehrere Meldungen dem Genugtuungsfond vermittelt werden. «Kirche schaut hin» ist selbst keine Beratungsstelle und ersetzt nicht bestehende Meldestellen, sondern ist eine zusätzliche, niederschwellige Möglichkeit, Fehlverhalten zu melden und entsprechende Hilfsangebote zu vermitteln. Nach der erfolgreichen Testphase wird das System in Kürze an die Anwältin Andrea Gisler übergeben. Gisler war von 2002 bis 2011 Personalombudsfrau der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.

>HZ NLZJOPLO[ mit den Meldungen? Die für die Testphase zuständige Fachperson und Juristin Liliane Gross triagiert alle Meldungen. Sind sie anonym eingegangen, empfiehlt sie je nach Thema externe Beratungsangebote, verweist auf die nationale Sammeladresse des Forscherteams der Uni Zürich und bei alten Vorkommnissen

O[[WZ! aORH[O RPYJOLZJOH\[OPU JO


Aktuell

Kirchgemeinde St. Franziskus Zürich-Wollishofen

Personelles Wir begrüssen 6SP]LY )PZJOVM als mitarbeitenden Priester in der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit in Bülach ab dem 1. September. (UKYLHZ 7ÄZ[LY als Pfarradministrator der Pfarrei Hl. Antonius in Bauma und KLZ 7MHYY 9LR[VYH[Z /S .HSlus in Fischenthal ab dem 1. September.

seelsorge. Er folgt auf Soosaithasan Douglas Milton Logu.

Wir gratulieren Susanne Hirsch, Stefanie >PU[LYNLYZ[L und Stefan Isenecker zum 20-Jahreund )PSNL *H[HR 2VYRHU 2VYRTHa a\T 1HOre-Dienstjubiläum.

Wir verabschieden Alexandra Dosch als Pfarreibeauftragte ad interim der Pfarrei Heilig Kreuz in Zürich-Altstetten ab dem 1. September.

Ein Hauch von Paris in Zürich Was macht ein Organist einer der berühmtesten Kirchen der Welt, wenn seine Kirche und damit sein Arbeitsplatz abbrennt? Er geht auf Tour und spielt auf Orgeln in der ganzen Welt. Am Sonntag, 19. November, um 17 Uhr, macht Olivier Latry, der Organist von Notre-Dame de Paris, in Wollishofen halt und spielt zum 50-Jahr-Jubiläum der Orgel. Eine einmalige Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Das Orgelkonzert ist der Start der Orgeltrilogie zum 50-Jahr-Jubiläum der Kuhn-Orgel. Ein bisschen weniger berühmt, aber nicht weniger spannend sind am Neujahrstag und am 21. Januar die Konzerte mit Bläsern und mit Alphorn. Das Orgeljubiläum ist Teil eines Konzertzyklus, der unter das Motto «Über die Grenzen hinweg» gestellt werden kann. Die «Grenzen» sehen in allen Konzerten ein wenig anders aus. Die Grenze zwischen Himmel und Erde, über die Grenze schauen mit Gastmusikern, die Grenze zwischen dem alten und neuen Jahr mit Musik überschreiten. Aber auch mal grenzenlos frei etwas kombinieren, das nicht auf den ersten Blick logisch scheint, wie Orgel und Alphorn.

>LP[LYL 0UMVZ \U[LY ^^^ T\ZPRPUZ[MYHUaPZR\Z JO

.YaLNVYa 7PV[YV^ZRP als Pfarradministrator im Nebenamt der Pfarrei Bruder Klaus in Volketswil und des Pfarr-Rektorats Johannes ??000 PU .YLPMLUZLL \UK KLY Pfarrei St. Benignus in PfäfÄRVU HI KLT (\N\Z[ ;OVTHZ )V\[LSSPLY als Informationsbeauftragter KLZ .LULYHS]PRHYZ HI KLT 1. Oktober. Verena Schuhmacher als Sachbearbeiterin Spitalund Klinikseelsorge ab dem 1. Juli. Rainer Groth als Spitalseelsorger Spital- und Klinikseelsorge ab dem 1. September.

Präventionsbeauftragte 2Hrin Iten hat nach 3 Jahren ILP \UZ LPUL UL\L ILY\ÅPJOL Herausforderung gefunden. Magdalena Thiele hat ihren befristeten Einsatz auf der Kommunikationsstelle am 31. Oktober beendet. Sarah Schmitt hat nach 6 Jahren die Mittelschulseelsorge verlassen. Rudolf Vögele ging am 30. September nach 16 Jahren als Pastoralverant^VY[SPJOLY PT .LULYHS]PRHYPH[ in Pension. ;OVTHZ 2SLPUOLUa geht nach 32 Jahren HSZ 4P[[LSZJO\SZLLSZVYNLY Lothar Janssen nach 37 Jahren als Mittelschulseelsorger und Madeleine (TZ[\[a nach 40 Jahren als Spitalseelsorgerin in Pension.

3HYZ 2YPZ[VMLY 9VLS0P 7Htrick Ruegg und Michèle >LUNLY starteten am 1.September in der Mittelschulseelsorge. Ananthanayagam Judes Muralitharan leitet neu seit KLT (\N\Z[ KPL ;HTPSLU-

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-VR\Z! >HY\T ^LP[LY PU KLY 2PYJOL HYILP[LU&

7L[YH ALYTPU! 2H\ɈYH\ TP[ :[\KP\T im Verwaltungswesen, Sprachlehrerin im Migrationsbereich, Expertin für deutsche :WYHJOaLY[PÄRH[L -V[V! a=N

­+HZ ^pYL KLY KLURIHY schlechteste Zeitpunkt a\T /PUZJOTLPZZLU® Mit Beginn der neuen Legislatur hat Petra Zermin das Ressort Personal übernommen. Und damit gleich eine Herkulesaufgabe: das Personalwesen auch für den Seelsorgebereich so zu reformieren, dass es rechtstaatlichen Prinzipien gerecht wird. 0U[LY]PL^! 4HNKHSLUH ;OPLSL

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Wie geht es Ihnen momentan? Haben Sie angesichts der Enthüllungen der letzten Wochen schon einmal ans Hinschmeissen gedacht? Petra Zermin: Das wäre der denkbar schlechteste Zeitpunkt fürs Hinschmeissen. Wir Verbliebenen sollten jetzt alle Kraft aufbringen, um das Gute, was Kirche täglich leistet, zu bewahren und das Schlechte zu bekämpfen. Ich habe mit vielen Mitarbeitenden gesprochen. Die Stimmung ist schlecht, die Zeichen stehen eher auf Resignation und Flucht. Einige leiden unter dem Druck ihres privaten Umfelds und stellen sich teilweise auch selbst die Frage «Wieso arbeitest du noch für die Kirche?» Natürlich geht es auch mir momentan nicht besonders gut. Mich ärgert sehr, dass wir heute immer noch keine konsensfähige Lösung haben für Probleme, die seit langer Zeit bekannt sind. Meine neue Aufgabe im Synodalrat gibt mir das richtige Werkzeug in die Hand, um nachhaltiger und wirkungsvoller an Veränderungen zu arbeiten.

Wie soll es der Kirche gelingen, auch angesichts des Fachkräftemangels, attraktiver Arbeitgeber zu bleiben? Petra Zermin: Die momentane Situation ist extrem belastend – für uns alle. Und das wird noch eine Weile so bleiben. Allerdings bin ich hoffnungsvoll, dass sich das wieder ändert. Ich denke, wir müssen künftig unseren Fokus erweitern und auch um Personal ohne kirchlichen Hintergrund werben. Entsprechend müssen wir die Fortbildungsmöglichkeiten ausbauen. Das gilt im Übrigen auch für theologisch gut bewanderte Akteure. Nicht jeder brillante Theologe oder jede Theologin ist ein Naturtalent in Personalführung oder Kommunikationsplanung. Die vorgestellte Missbrauchs-Pilotstudie hat zu Recht auch kritische Punkte im kirchlichen Personalwesen thematisiert. Ab sofort wird es neben dem etablierten Meldesystem «Kirche schaut hin!» auch ein Seelsorgeangebot für alle Angestellten der Kantonalkirche geben. Apropos Personalführung – Sollte der Synodalrat mehr Einfluss auf pastoraler Seite einfordern? Synodalratspräsident Raphael Meyer hat für die Zusammenführung beider Personalverwaltungen geworben: Was halten Sie davon? Petra Zermin: Das ist ein zentrales Anliegen. Es darf künftig keine Geheimniskrämerei mehr zwischen pastoraler und kirchlicher Personalabteilung geben. Das funktioniert ohne strukturelle Änderungen bisher nur teilweise gut. Es muss klar sein, dass das Kirchenrecht nicht über dem Rechtsstaat steht. Sicherlich geht es auch darum, Mitarbeitende zu schützen - aber nicht auf Kosten anderer.

«Nicht jeder brillante Theologe oder jede Theologin ist ein Naturtalent in Personalführung oder Kommunikationsplanung.» Petra Zermin

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«Transparenz setzt für mich zunächst eine offene und respektvolle Diskussionskultur voraus.» Petra Zermin

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Wie sind die Kräfteverhältnisse momentan: Würden Sie einem Mitarbeitenden kündigen, dem die Missio entzogen wurde, weil er in einer homosexuellen Partnerschaft lebt? Petra Zermin: Nein, das würde ich nicht. Das Wort Missio ist immer mehr zum Reizwort verkommen in den letzten Jahren. Es wird dubios interpretiert und teilweise sogar als Druckmittel gegenüber den Verwaltungen verwendet und dort auch so empfunden. An dieser Stelle werde ich mich für eine Änderung der Anwendung und gegebenenfalls auch der Anstellungsordnung einsetzen. Was planen Sie ansonsten für die bevorstehende Legislatur? Transparenz wurde versprochen, was heisst das konkret? Petra Zermin: Transparenz setzt für mich zunächst eine offene und respektvolle Diskussionskultur voraus. Von beiden Seiten müssen die Beweggründe für Entscheidungen dargelegt werden, wenn dadurch etwas blockiert wird – ein einfaches Nein reicht da nicht. Insofern steht für mich die Umsetzung des Verhaltenskodex ganz oben auf meiner To-Do-Liste. Diese Zehn Gebote in moderner Fassung sollten für alle in der Katholischen Kirche selbstverständlich sein. Ansonsten bleibt natürlich die Missbrauchsprävention als Daueraufgabe. Jede Schraube, an der wir in diesem Kontext drehen können, müssen wir so fest wie möglich ziehen.

7L[YH ALYTPU WLYZ USPJO! Petra Zermin (60) ist verheiratet und Mutter von vier erwachsenen Kindern. Dem Synodalrat gehört sie seit 2019 an und hat vorher bereits als Synodale/Kommissionsmitglied mitgearbeitet. 2003 ist sie mit ihrer Familie in die Schweiz gezogen und lebt in Uetikon a.S. +PL 2 SULYPU SPLI[ LZ ALP[ TP[ KLU ,URLSU a\ ]LYIYPUNLU =LZWH a\ MHOYLU eigene Kleider zu entwerfen und zu UpOLU a\ Y\KLYU \UK a\ SLZLU


«Wie geht es dir?» Die Veröffentlichung der Vorstudie zum Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz hat viele Reaktionen ausgelöst. Die Zahl der Kirchenaustritte explodiert. Die Frustration vieler kirchlicher Mitarbeitenden steigt ob der Reformunwilligkeit der Kirchenleitung. Wir haben verschiedene Kolleginnen und Kollegen gefragt, wie es ihnen in der aktuellen Situation in unserer katholischen Kirche geht.

4HYPH 2VSLR )YH\U Dienststelle Spital- und Klinikseelsorge

Ich habe nur drei Worte: Wut, Enttäuschung und verlorenes Vertrauen. Die Hirten führen die Herde in den Abgrund. Das Ausmass der Vertuschung schockiert mich. Es macht das Ausmass des Klerikalismus deutlich, was ich naiverweise unterschätzt habe. Der Weihestand organisiert sich nach eigenem Rechtssystem und scheint nur auf die Imagewahrung nach aussen bedacht, egal wie viele Opfer das kostet. Die Perspektive auf die Menschen, das Recht auf Selbstbestimmung und Unversehrtheit und die klare Urteilsfähigkeit, was Recht und Unrecht ist, vermisse ich. Es fehlt der Blick auf die vielen Opfer, Menschen, deren Biografie durch Missbrauch sehr beschädigt wurde. Es wäre notwendig, dass die noch lebenden Täter persönlich bei den Betroffenen um Entschuldigung bitten und Schuld als Schuld benennen, damit Versöhnung wenigstens eine Chance bekommt. Ich zitiere einige Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen, Theologen und Theologinnen aus der Spitalseelsorge. «Wir Seelsorger und Seelsorgerinnen an der Basis müssen Taten rechtfertigen, die wir nicht zu verantworten haben.» «Diese Verbrechen und deren Vertuschung desavouieren die Arbeit von so vielen Mitarbeitenden an der Basis»

Zugleich wird die Forderung nach grundlegenden lebensnotwendigen Reformen der Kirche deutlich ausgesprochen: «Es gibt nur noch eines, das erwartet wird: dass unsere Bischöfe in Rom für strukturelle Veränderungen eintreten.» Alles andere (die beschlossenen Massnahmen) wird als Aktivismus wahrgenommen und würde ohne eine grundlegende Reform nichts bringen. «Es muss sich fundamental und strukturell etwas ändern, der Verweis auf Rom ist inakzeptabel, die Bischöfe sind für die Schweiz verantwortlich.» Nun gebe es ein «Ringen um Hoffnung» für diese Kirche. Doch – wie beim Klima – sei der «Kipppunkt» bereits überschritten. «Die Kluft zwischen Klerus und Laien muss überwunden werden». Die Bereitschaft, dieses System weiterhin mitzutragen, schwindet: «Plötzlich heisst es ‹wir›, obwohl wir als Laien sonst von den Klerikern nie ernst genommen worden sind.» Von den Verantwortungsträgern wird erwartet, dass sie zu ihrem Versagen stehen und Verantwortung übernehmen.

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-VR\Z! >HY\T ^LP[LY PU KLY 2PYJOL HYILP[LU& Ich wünsche mir jetzt von der katholischen Kirche, dass der vielgebrauchte Begriff «Kulturwandel» wirklich mit Taten gefüllt wird.

Dabei geht es nicht nur um Missbrauch, Opfer, Täter und Strukturen. Es geht auch nicht um Nachbesserungen oder Modifikation. Kulturwandel heisst Veränderung des Mindsets: der Denkweisen, Überzeugungen, Haltungen und Verhaltensmuster, welche die Institution Kirche und wir als ihre Mitarbeitenden verinnerlicht haben. Kulturwandel tangiert alle Bereiche. Dazu muss das Rad nicht neu erfunden werden, denn es gibt bereits interessante Ansätze für Culture-Change. Ich wünsche mir den Mut, die Offenheit und die Kraft, dass sich die Kirche darauf einlassen kann. Die grundlegende Frage dabei ist, wie wollen wir miteinander als Schwestern und Brüder Jesu nachfolgen. In der Kirche sehe ich jetzt vielfach eine Kultur der Macht, der Kontrolle, der Strafe und der Angst. Jesus aber zeigte uns eine Weggemeinschaft der Geschwisterlichkeit, der Freiheit, der Liebe und des «Fürchtet Euch nicht». Mein Wunsch beinhaltet also nicht weniger als Jesu Aufforderung «Kehrt um». /HYHSK 7VKa\^LP[ Leiter Fachstelle Pfarreiliche Soziale Arbeit

Die Zahl der sowieso schon regelmässigen Kirchenaustritte hat sich massiv erhöht. Das bedaure ich sehr, weiss aber auch, dass dies meist Menschen sind, bei denen der Glaube und die Kirche sowieso keine grosse Bedeutung mehr haben in ihrem Leben. Für mich spielt mein Glaube und auch meine Pfarrei eine grosse Rolle. Ich habe mich im Gegensatz zu vielen anderen aktiv dazu entschieden, der katholischen Kirche beizutreten. 2006 habe ich mich mit meinem Sohn zusammen taufen lassen. Seitdem engagiere ich mich in unserer Pfarrei, die für mich eine Heimat ist. Zudem studiere ich berufsbegleitend Theologie. Ja, es läuft einiges schief in unserer Kirche, aber es läuft auch vieles gut. Die Ereignisse rund um die Missbrauchsthematik lassen mich klar nicht kalt und ich empfinde viel Verständnis für jeden, den es unmittelbar betrifft. Es gibt keine Entschuldigung für solche Vorfälle.

Meine gesamte Biographie ist eng mit der Kirche verbunden. Drei meiner Grossonkel waren Pfarrer, und so habe ich von Kindesbeinen an viel erfüllende Zeit in kirchlichen Räumen verbracht, nicht zuletzt auch als Ministrant und in der Jugendarbeit. Im Blick auf die Pilotstudie muss ich sagen: Ich habe wirklich grosses Glück gehabt, dass ich nie die schrecklichen physischen und psychischen Missbräuche wie andere Menschen durchleben musste. Heute arbeite ich selbst in der Kirche für die theologische Erwachsenenbildung. Ich sehe mich in der Verantwortung, durch meine Tätigkeit eine Kirche mitzugestalten, die befreiend wirkt und Menschen nicht zerstört. Eine realistische Utopie? Jedenfalls eine Hoffnung, die mich auch durch diese dunkle Zeit trägt. Michael Hartlieb, )LYLPJOZSLP[LY ;OLVSVNPZJOL .Y\UKIPSK\UN ;)0

Aber ich habe bisher noch nicht den Druck verspürt, der Kirche den Rücken zu kehren. Im Gegenteil, ich möchte mit dazu beitragen, dass die Zukunft der Kirche wieder besser aussieht. Eine Kirche mit aufzubauen, auf die man stolz sein kann, für die man sich nicht rechtfertigen oder schämen muss, dabei zu sein. Dass der Pflichtzölibat fällt und Frauen gleichgestellt sein werden, würde ich gerne erleben. Vor einigen Jahren noch waren das Themen, die bei vielen nur ein Augenverdrehen erzeugten mit dem Hinweis: «Das wird es nie geben». Aber inzwischen bin ich überzeugt – es wird kommen – die Frage ist nur, wann. Romy Janson, :LRYL[HYPH[ 2PYJOLUWÅLNL PU KLY 2PYJONLTLPUKL :[ -YHUaPZR\Z PU A YPJO >VSSPZOVMLU

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Zerrissen – besser kann ich meine Gefühlslage gegenüber «meiner» Kirche nicht beschreiben.


Wie es mir geht, fragt ihr mich. Derzeit keine einfache Frage. Immer, wenn ich unsere Glaubensgemeinschaft in ihrer Lebendigkeit erlebe, die – ganz wörtlich – begeistert, die mitreisst, fühle ich mich getragen und ich spüre, wie mich diese Begeisterung ansteckt. Aber dann haben wir eben auch eine neuere Kirchengeschichte, die von den Berichten über übelste Verbrechen in der Kirche geprägt ist und die daher eine Kirche zeigt, in der Menschen schwerste Schuld auf sich geladen haben.

Das Wissen darum und das Mitgefühl für all jene, die statt Heil schwerstes Unheil erfahren haben, lähmt und drückt nieder. Mir gehts … ich weiss es nicht so recht.

Als Mitglied der römisch-katholischen Kirche und freiwilliger Mitarbeiter in den verschiedensten Bereichen von der Pfarrei St. Marien bis zum Begegnungszentrum «Anhaltspunkt» bin ich natürlich auch sehr geschockt über die Vorfälle, welche zutage kamen. Selbstverständlich gehört sich so etwas nicht an einem Ort, in dem die Menschlichkeit gepredigt wird. Niemandem dürfen Schmerzen, egal welcher Art, zugefügt werden! Sicher, es gab über die Jahre einige fehlbare Personen auf den unterschiedlichsten Stufen der Kirche. Aber soll jetzt die grosse Masse an Personen, die keine solchen Fehler begangen haben, darunter leiden? Deswegen ist es für mich noch wichtiger, mich so oft wie es meine Kräfte zulassen, zu engagieren. Egal ob in der Kirche, im Religionsunterricht oder im «Anhaltspunkt». Letzterer ist ein wichtiger Ort der Begegnung für alle Generationen, Kulturen und Religionen.

Die beherrschenden Gefühle: Scham, Sprachlosigkeit, Wut, Trauer und Schmerz. Die Enttäuschung: totales Systemversagen, trotz einmaliger, dualer Schweizer Kirchenstruktur.

Die Hoffnung: erneuerte, transparente Strukturen; unbedingt! Und mehr: eine stetig-bleibende Sensibilisierung jeglichen kirchlichen Missbrauchs gegenüber. Seit Jahren das Motto der Pfarrei: «Wir bleiben dran!» Michael Eismann, .LTLPUKLSLP[LY 7MHYYLP :[ 4PJOHLS +PL[SPRVU >HUNLU )Y [[PZLSSLU

Martin Stewen, Synodalrat und priesterlicher Mitarbeiter St. Peter \UK 7H\S A YPJO

Ich wünsche mir eine geschwisterlichere und egalitärere Kirche, die alle einbezieht; Unser Ziel ist es, das gegenseitige eine beweglichere und freiere Kirche, die sich von der Last falscher Si- Verständnis zu wecken, einander kennenzulernen und auch sozial benachcherheiten befreit; teiligte Menschen besser in die Gesellschaft einzubinden. Es gibt kaum eine grössere Bereicherung in meinem Leben! Samuel Rachdi, Pfarreimitglied und Freiwilliger im BegegnungsaLU[Y\T (UOHS[ZW\UR[ 5L\OLNP >PU[LY[O\Y

eine fröhlichere und lebendigere Kirche, deren Leidenschaft einfach das Leben des Evangeliums des Meisters aus Galiläa ist. 1\HU *HYSVZ 9VKYxN\La JTM Misión Católica de Lengua Española del Cantón de Zúrich

Ihre Meinung ist gefragt! >LUU auch Sie sich äussern wollen, schreiben Sie uns Ihre Meinung. info@credo.ch

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Engagiert

«Das Ende des Films bedeutet noch nicht das Ende» ;L_[! :PI`SSL 9H[a

+LY -PST ­3HZ ;VYLYHZ® NLO[ H\M :W\YLUZ\JOL PU KLY -HTPSPLUNLZJOPJO[L KLY 9LNPZZL\YPU \UK ZWPLS[ TP[ ZaLUVNYHÄZJOLU ,SLTLU[LU -V[VZ[PSS! a]N

Am diesjährigen Zurich Film Festival wurde die Dokumentation «Las Toreras» der Zürcherin Jackie Brutsche mit dem ökumenischen Filmpreis der Zürcher Kirchen ausgezeichnet. In der Jury für diesen Preis ist auch Synodalrat Tobias Grimbacher mit dabei. In erster Linie beeindruckte die Vielschichtigkeit des autobiografischen Dokumentarfilms «Las Toreras» von Jacki Brutsche über den Suizid ihrer Mutter die Jury *) des ökumenischen Filmpreises der Zürcher Kirchen. Innert sechs Tagen schaute sich die Jury 14 Filme an. Zuletzt sah sie den späteren Gewinnerfilm und alle Jurymitglieder waren sich schnell einig: Der Film ist es. Tobias Grimbacher, Jurymitglied und Synodalrat, sagt dazu: «Ich bin jetzt im vierten Jahr in der Jury, so einen klaren Entscheid habe ich bisher noch nicht erlebt.» >LY[L ZVSSLU ILYaL\NLU Bei der Auswahl der Filme war wichtig, dass sie filmisch überzeugen. Tobias Grimbacher meint: «Wir zeichnen keine schlechten Filme aus. Die Werthaltung, die im Film transpor-

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tiert wird, muss auch mit derjenigen der Zürcher Kirchen übereinstimmen.» Der jetzt von der Jury ausgezeichnete Film habe mit der Vielfalt der verschiedenen Elemente beeindruckt. Theatralische Szenen wechseln sich ab mit Interviews, Tagebuchtexten, Briefen und impressionistischen Bildern. )La\N H\M eigene Familiengeschichte Auf der inhaltlichen Ebene geht es um den Suizid der Mutter der Protagonistin und der wird Schicht für Schicht immer mehr beleuchtet. Das Ganze zieht immer weitere Kreise, wodurch das Verständnis wächst. Das Ende des Films bedeutet noch nicht das Ende. Es gibt noch weitere Gedanken über den Film hinaus, die letztlich für die Zukunft der Familie, um die es geht, als auch für die Zuschauenden eine hoffnungsvolle Botschaft transportiert. Der Film kreist stark um die Frage nach Schuldzuweisungen und dem Prozess der Einsicht, dass an einer psychischen Krankheit niemand einfach «schuld ist». Die erzählte Familiengeschichte habe auch einen Migrationsaspekt,

der die Kirchen beteffe. *) Die Jury des Filmpreises der Zürcher Kirchen bestand dieses Jahr nebst Tobias Grimbacher aus Jurypräsident und Kirchenrat Andrea Marco Bianca, der Theologin und Kulturjournalistin Brigitta Rotach, dem Religionswissenschaftler Baldassare Scolari und der Filmproduzentin Sophia Rubischung.

­3HZ ;VYLYHZ® In einem sehr persönlichen Dokumentarfilm legt die vielseitige Künstlerin Jackie Brutsche die tragische Geschichte ihrer schweizerisch-spanischen Familie offen. Das emotionale Werk, das gekonnt Dokumentation und Symbolik verbindet, rührt zu Tränen und macht gleichzeitig Mut, eine Transformation im eigenen Leben zu wagen. Filmstart in den Zürcher Kinos ist am 16. November. ^^^ SHZ[VYLYHZ JO


Unsere Kirche

Buchtipp Synodal und demokratisch Daniel Kosch, der langjährige Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ), veröffentlicht Beiträge, die sich mit Herausforderungen und notwendigen Reformen der römisch-katholischen Kirche befassen. Er behandelt Fragen wie jene nach den Folgen der fortschreitenden Säkularisierung oder nach Machtteilung und Beschränkung von Macht angesichts ihres Missbrauchs. Daniel Kosch

— Synodal und demokratisch

Katholische Kirchenreform in schweizerischen Kirchenstrukturen

+HUPLS 2VZJO 2H[OVSPZJOL 2PYJOLUYLMVYT PU ZJO^LPaLYPZJOLU 2PYJOLUZ[Y\R[\YLU Edition Exodus, Luzern 2023, ISBN 978-3-907386-02-6

Ausflugtipp Start Churchtrail Ein neues Angebot von Katholisch Stadt Zürich verbindet zwei Quartiere mit der Kirchen- und Stadtgeschichte. Auf dem Churchtrail erfährt man, wo man dem Teufel begegnet ist, was das Geheimnis der Spöndliwiese ist, auf der heute die Kirche Guthirt steht, und vieles mehr. Start ist bei der katholischen Kirche Guthirt in Wipkingen. churchtrail.ch

Viel Spass!

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Martin Üre Villoria beim Fliegen und mit seinen Kindern. -V[VZ! 4HY[PU lYL =PSSVYPH

Mein Hobby Über den Wolken «Astronaut werden, das war mein Berufswunsch in der Grundschule. Rückblickend reizte mich wohl die Kombination von Abenteuer und Technik. Mit dem Erwachsenwerden führten die Berufswünsche vom Piloten und Luftfahrtingenieur letztlich zum Maschineningenieur, was sich noch am einfachsten mit der Rolle des Familienvaters vereinbaren liess. Als die Kinder nun grösser wurden, war nicht nur etwas Zeit übrig, um als Kirchenpfleger aktiv zu sein, sondern um auch während der Pandemiezeit doch noch den Traum des (Privat-)Piloten wahr werden zu lassen. Nach beinahe zwei Jahren Theorieunterricht, Prüfungen, Funkzeugnis und Flugstunden hatte ich es geschafft. Was mich fasziniert ist, neben dem Freiheitsgefühl, auch die konzentrierte Vorbereitung, die jeder Flug mit sich bringt.» Martin Üre Villoria ist Geschäftsführer einer Technikfirma und Mitglied der Katholischen Kirchenpflege Turbenthal, dort verantwortlich für die Finanzen.

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Perspektiven

«FeierAbend» ist ein Gottesdienst auf Augenhöhe

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Veronika Jehle ist Co-Redaktionsleiterin beim forum, dem Pfarrblatt der katholischen Kirche im Kanton Zürich. Zusammen mit Hella Sodies und Vivien Siemes hat sie die «FeierAbende» im Jahr 2021 initiiert. O[[WZ! ^^^ NSLPJO^\LYKPN JO WYVQLR[L MLPLYHILUK

«Die Kirche muss an- naten zu einem Fixpunkt schen Gottesdiensten unders werden. Bei den ‹Fei- geworden. Jedes Mal tref- mittelbar aus dem Leben erAbend›-Gottesdiensten fen wir uns an einem an- teilen. Die ‹FeierAbende› ist sie das schon. Die ei- deren Ort, in der Regel vor nähren uns. Und wir sind nen gestalten, alle zusam- oder in einer Kirche. Wir so jene Kirche, die wir uns men feiern. Im Mittelpunkt sind eingeladen von je- wünschen zu sein. steht dabei ein Wort aus nen, die den Gottesdienst Was es mit dem 22. auf der Bibel, persönliche Er- gestalten und den Raum sich hat? Der 22. Juli ist der fahrungen der Beteiligten, öffnen. Es kommen Frau- Gedenktag der AposteMusik, Singen, Brot, Wein en und Männer, ältere und lin Maria von Magdala. In und Traubensaft, was wir tatsächlich auch jüngere, ihren Spuren sind wir unalles miteinander teilen. manchmal auch Priester, terwegs. Gleichberechtigt Ganz einfach das, was die im Kreis mitfeiern wie und auf Augenhöhe.» uns überliefert ist von Je- alle anderen. Meist um die sus. Der 22., meist um 19 30 Menschen, welche die Uhr, ist in den letzten Mo- Sehnsucht nach authenti-

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Seelen-Nahrung

wie liebe geht ]VU )Y\KLY (UKYLHZ 2UHWW

Herzlichen Dank

stein auf stein haus an haus tür an tür tag für tag schritt für schritt hand in hand kopf an kopf mund zu mund kuss um kuss wort für wort ton um ton stich für stich

Susanne Altoè lieferte uns mit Geschichten aus ihrer Tätigkeit als Seelsorgerin im Gesundheitszentrum Dielsdorf und im Palliativ-Care-Team des Spitals Affoltern a. A. immer wieder «Seelen-Nahrung». Aufgrund anderer Verpflichtungen steht sie für diese Rubrik leider nicht mehr zur Verfügung. Wir werden Sie in Zukunft auf andere Weise mit Seelen-Nahrung beliefern.

hart auf hart schlag auf schlag schuld um schuld trost um trost herz zu herz glück für glück aug um zug mensch zu mensch du auf du wir

A\T (\[VY! Der im ganzen deutschen Sprachraum bekannte Autor geistlicher Gedichte Andreas 2UHWW (65) ist Mitglied der Ordensgemeinschaft der «Kleinen Brüder vom Evangelium». Er lebt mit seiner kleinen Gemeinschaft in einer Platten-

bausiedlung in Leipzig. Er arbeitet als Gefängnisseelsorger, früher als Fabrikarbeiter. 8\LSSL! Andreas Knapp: «ist wie Liebe». Echter Verlag, Würzburg, 2022. Verschiedene Gedichtbände von Andreas Knapp sind vorrätig bei der )\JOOHUKS\UN :[YVILS >LPUILYNZ[YHZZL PU A YPJO

André Füglister hat in verdankenswerter Weise jeweils den Abschluss des Magazins «Credo» mit interessanten Beiträgen in der Rubrik «Ausläuten» gemacht seit dessen Entstehen im Herbst 2021. Er schaffte es immer wieder, verborgene Schätze hervorzukramen und mit seinem Wissen neue Perspektiven aufzuzeigen; etwas, das unser Denken immer herausfordert.

/LYaSPJOLU +HUR an dieser Stelle an Susanne Altoè und André Füglister für ihre Beiträge. Ab der 4. Ausgabe 2023 werden wir einen neuen Gastautor haben. Lassen Sie sich überraschen und bleiben Sie neugierig.

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Ausläuten

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In der zweiten Generation zur Vermehrung und Rettung der Art Dankbarkeit für die Befreiung Frankführte der junge Francis Meilland die ins Ausland: Nach England und Itali- reichs den Namen des britischen Gegleichnamige Roseraie bei Lyon und en, nach Deutschland und in die Türkei. neralstabschefs Alan Brooke tragen; hatte mit seiner leidenschaftlichen Ar- Dem amerikanischen Konsul konnte dieser aber wies auf seine eigene Verbeit bereits Beachtliches geleistet. 1935 er am Vortag seiner Abreise noch 500 gänglichkeit hin und schlug den Nahielt er aus Kreuzungen, welche er Gramm zuhanden des Präsidenten der men PEACE vor. Unter diesem Namen noch mit seinem Vater unternommen amerikanischen Rosenzüchter mitge- wurde die Rose am 29. April 1945 ( just hatte, einen vielversprechenden Säm- ben. Mit Kriegsausbruch waren die als Berlin fiel) in Pasadena der Öffentling vor sich und registrierte ihn mit Verbindungen unter den Rosenfreun- lichkeit vorgestellt. Und als am 26. Juni dem Eintrag No 3-35-40 in seinem No- den dann gekappt. Meilland reduzier- 1945 die Gründungsversammlung der tizbuch. Im Wissen, dass auch bei ei- te sein Rosenbeet auf eine Ecke, um in UNO in San Francisco zusammentrat, nem wunderbaren Fund die Marktrei- der Gärtnerei Nahrungsmittel zu pro- fand der Delegierte jedes Staates eine fe erst nach Jahren erreicht sein würde, duzieren. Die wenigen zu rettenden Ex- PEACE in seinem Zimmer vor, mit dem hat er seine Pflanze unentwegt durch emplare widmete er seiner früh verstor- Auftrag, dieses Symbol in seine Heimat Pfropfung auf verschiedenen Wurzel- benen Mutter, MMe ANTOINE MEIL- zu tragen. stöcken vegetativ vermehrt und nach LAND (vor der Ehe: Claudia Dubreuil). Genetisch bildet No 3-35-40 eine strenger Musterung unzähliger Exemeinheitliche Art (inzwischen mit natürAntwort auf Antichrist plare wenige allerbeste weiterbearbeilichen Mutanten), und ihre gleichwertigen Namen bilden einen stimmigen tet. Die Rose bewährte sich auch bei Akkord. Bislang wurden über 100 MilStecklinge gehen auf Reisen Paul Pfitzer in Stuttgart und bedurfte lionen Exemplare gehandelt, im deuteines Handelsnamens. Da Pfitzer Fran- schen Sprachraum unter dem schütIm Juni 1939 versammelte er bei zösisches vermeiden musste und so- zenden Namen GLORIA DEI. sich einen einheimischen und interna- wieso dem Regime ablehnend gegen(Eine «Histoire Meilland» ist tionalen Kreis von befreundeten Züch- überstand, taufte er sie 1942 auf den über einen Link auf der Wikipedia-Seitern und stellte ihnen seine Création Namen GLORIA DEI: Der Ruhm Got- te «Francis Meilland» aufzufinden). vor: Die goldgelbe Blüte mit einem Ein- tes «als Antwort auf den satanischen schlag von Karmin, gross und duftend, Ungeist und den Antichristen Adolf Das Universum entfaltet sich in Gott, auf einem starken Strauch mit leuch- Hitler». der es ganz und gar erfüllt. tend grünem Laub. Die Begeisterung In Italien erhielt die gleiche So liegt also Mystik in einem Blütenblatt, wurde getrübt durch den absehba- Rose den Namen GIOIA. Am präch- in einem Weg, im morgendlichen Tau ... ren Ausbruch des zweiten Weltkrieges. tigsten gedieh sie aber in KaliforniLaudato si’ 232 Grosszügig verschenkte er Stecklinge en und sollte kurz vor Kriegsende aus


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