Credo Nr. April/2025

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Lobgesang den Chören

Seite 4

Mitten unter Menschen

Seite 12

Mönche und Nonnen am Bahnhof

Seite 14

Katholische Kirche bewegt

Die wichtigsten Ergebnisse der Sotomo-Umfrage ab Seite 6

Aufbauen auf Fakten

Simon Spengler, Bereichsleiter Kommunikation

«War das nötig, den Medien wieder Grund für schlechte News über die Kirche zu geben?» Das Medienecho auf die Umfrage zur Reputation der katholischen Kirche könnte diese Frage aufkommen lassen (eine Übersicht haben wir im iKath zusammengestellt). Denn die Resultate sind zuerst mal niederschmetternd, der Ruf unserer Kirche noch schlechter, als befürchtet. Und sogar bei vielen Mitgliedern erschreckend schlecht, was nichts Gutes für künftige Austrittszahlen erwarten lässt.

Ja, es war nötig, denn nur, wenn wir die Fakten anerkennen, wie sie sind, können wir auch reagieren. Unser Ruf ist ramponiert, das schleckt keine Geiss weg. Und ein Verkriechen in die behagliche, kleine Kirchen-Bubble macht die Realität nicht besser.

Aber Fakt ist auch, dass viele Menschen trotz aller Kritik das soziale Engagement der Kirche sehr schätzen, dass seelsorgerliche Begleitung in guten und, vor allem, in schweren Zeiten für viele wichtig bleiben. Darauf lässt sich aufbauen.

Im Fokus dieser Credo-Ausgabe ordnet Reputationsexperte David Schärer die Resultate ein (ab Seite 6) und vergleicht sie mit der Befragung der Mitarbeitenden. Einen herzlichen Dank allen, die sich beteiligt haben!

Für mich sind zudem die Antworten der Befragung der Migranten-Gemeinschaften sehr interessant. Auch Schärer ortet hier Potenzial für eine bessere Reputation. Aber dafür müssten sie besser integriert und weniger als Sonderwelt wahrgenommen werden.

Simon Spengler

4 Aktuell

Singen in der Kirche

5 Aktuell Innehalten bei einer Suppe

6-11 Fokus Antworten zur Reputationsumfrage

12 Engagiert Im Café der Obdachlosen

14 Perspektiven Einblicke in die Klosterwelt

15 Seelen-Nahrung Verbundensein

16 Ausläuten Brücke zu Ostern

Impressum credo credo erscheint vierteljährlich und Behördenmitglieder und Freiwillige der Katholischen Kirche im Kanton Zürich.

www.zhkath.ch/credo credo@zhkath.ch

Layout Zürich

Herausgeberin und Redaktion

Katholische Kirche im Kanton Zürich

Kommunikationsstelle

Hirschengraben 66 8001 Zürich

Druck und Papier

Zürich aus 100% Recyclingfasern und mit dem Umweltlabel «Blauer

«Ein Traum ist für mich in Erfüllung gegangen.»

Silja Horber, die im Sekretariat der Behindertenseelsorge der Katholischen Kirche im Kanton Zürich arbeitet, hat eine Goldmedaille bei den Special Olympics in Turin gewonnen, der Olympiade für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung.

Bereits seit frühester Kindheit hat sich Silja fürs Eiskunstlaufen interessiert. Das Besondere daran: Die 32-Jährige hat aufgrund einer Zerebralparese Bewegungsstörungen, deren Ursache in einer frühkindlichen Hirnschädigung liegt. Lange hat sie dafür gekämpft, Traum in Erfüllung und sie wurde erst beim Eislauf-Club Zürich (Dolder)

gleich eine Goldmedaille nachhause gebracht.

Hier sehen Sie die Videoaufnahme des Siegeslaufs.

Zahlen & Fakten 77

Chöre existieren ungefähr im Kanton Zürich

Ein Halleluja auf die Chöre

Bei der Sotomo-Umfrage hat sich gezeigt, dass die Kirchenchöre für viele Menschen ein wichtiges Element in der katholischen Kirche ist, das sie schätzen und lieben.

Sängerinnen und Sänger engagieren sich in Kirchen-, Kinder- und Jugendchören

1-2 Konzerte werden pro Chor im Jahr aufgeführt

1,5 Stunden pro Woche, Schulferien ausgenommen, werden jeweils geprobt

Das bewährte Vereins-Modell hat bei den Chören grösstenteils ausgedient. Viele Kirchenchöre arbeiten mit Gastsängerinnen und -sängern, besonders bei grösseren Chorprojekten. Es kann dann jeweils sein, dass der eine Sänger oder die eine Sängerin «hängenbleibt». Gemäss SotomoUmfrage haben rund 15 Prozent der Kirchenmitglieder bereits ein Chorangebot genutzt und finden es wichtig. Für 78 Prozent der Bevölkerung ist die Gemeinschaft im Chor ein Pro-Argument für die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche, bei den Mitgliedern liegt der Wert sogar bei 88 Prozent. Trotz der grossen Zustimmung ist es auch bei den Kirchenchören so, dass sich immer wieder Chöre aufgrund Mitgliederschwunds und -mangels auflösen. «Nachwuchssorgen und die Situation der katholischen Kirche können hier Zugrunde liegen», meint Udo Zimmermann, Präsident des

Kirchenmusikverbandes (KMV) des Bistums Chur.

Die in der linken Spalte genannten Zahlen basieren auf einer Umfrage aus dem Jahr 2022. Leider melden sich beim KMV Bistum Chur nicht alle Chöre, da diese autonom sind. Aus diesem Grund sind die Zahlen als Schätzungen zu sehen.

Jährlich organisiert der KMV alternierend jeweils eine Kirchenmusikwoche oder einen Kirchenmusiktag. Der nächste Kirchenmusiktag findet am 21. November wieder in Chur statt.

Wer sich gerne in einem Chor engagieren und mitsingen möchte, wendet sich am besten an die Pfarrei im Wohnort oder sucht direkt auf den Pfarreiwebseiten nach Kirchenchören.

Anhaltspunkt

Winterthur-Neuhegi

Personelles

Wir begrüssen

Guido Estermann

Suppenhalt mit Sinn

Wer am ersten Freitag im Monat über den Mittag Suppe geniessen und gleichzeitig etwas Gutes tun möchte, ist herzlich in den Anhaltspunkt eingeladen. Im Zentrum der gemeinsamen Tafelrunde steht die gute alte «Suppenschüssel», gefüllt mit einer raffinierten, saisonalen Suppe. Diese wird mit einer pikanten oder süssen Vor- oder Nachspeise serviert. Zum Ausklang gibt es einen Kaffee oder eine Tasse Tee. Der Erlös der Suppe (10 Franken für Erwachsene, 5 Franken für Kinder) geht vollumfänglich an eine wohltätige Organisation. Die Gäste können 2025 unter folgenden Projekten auswählen: der Gassenküche des Vereins shalom, dem Treffpunkt Vogelsang mit integrierter Lernstube oder der VESO (führende Institution für Sozialpsychiatrie in der Region Winterthur). Um Foodwaste zu verhindern, wird um Anmeldung bis am ersten Mittwoch im Monat gebeten.

Der Anhaltspunkt ist das ökumenisch ausgerichtete und weltoffene Begegnungszentrum der katholischen Kirche in Winterthur - direkt am Eulachpark in Winterthur-Neuhegi. www.anhaltspunkt-neuhegi.ch

Claudia Ilauski ist seit 1. Januar neue Sachbearbeiterin in der Kanzlei.

Eberhard Jost wirkt seit 1. Januar als Seelsorger mit besonderen Aufgaben in der Pfarrei St. Theresia in Zürich

Patrick Lier ist seit 1. Januar Pfarradministrator der Pfarreien Mariä Himmelfahrt in Wädenswil und Heilige Familie in SchönenbergHütten. ist seit -

cesco Fazzolari ist neuer Hauswart. Daniela Koller-Böni arbeitet seit 1. Februar auf der Fachstelle Religionspädagogik. ist seit per 1. Februar Sachbearbeiterin im Bereich Finanzen.

Anja Meldau hat im Februar ihr Praktikum bei der hiv-aidsseelsorge begonnen.

Markus Staudinger hat die Nachfolge als Nachhaltigkeitsbeauftragter bei der Kantonalkirche per 1. April übernommen.

Wir verabschieden

Norbert Nagy verlassen und übernimmt neu eine Aufgabe in der Seelsorge von St. Franziskus Zürich-Wollishofen.

Vicky und Anton Raphael Langensand haben die Englischsprachige

tätig waren.

Ueli Stirnimann hat Ende Januar die Spitalseelsorge verlassen.

Kevin Ischi-

WWF im Kanton Aargau.

Claudia Schneider hat per 15. März die Fachstelle für Religionspädagogik verlassen.

Karla Tomaskovic hat ihre Stelle als Sekretärin Jugendseelsorge Ende März aufgegeben.

Maria Golini hat Ende März das verlassen.

Thomas Boutellier hat als Informatigekündigt und übernimmt ab Mai die Diözese Essen (D).

Wislikofen.

Wir gratulieren

Salvador Luis Ferrandis Bellvís von der Kongregation der Klaretianer Missionare wurde am 2. Februar von Bischof Joseph Maria Bonnemain zum Diakon auf dem Weg zum Priestertum geweiht.

Beat Wiederkehr

8. Februar in Wädenswil durch unseren Bischof zum ständigen Diakon geweiht.

Wir trauern

Walter Signer 2011 als Priester in den Zürcher Pfarreien St. Konrad und Heiligvember.

Luis Capilla die spanischen Migranten und bis -

Heimat Spanien am 18. Dezember. Am 21. Februar verstarb Alois Arnold später an verschiedenen Orten der Innerschweiz.

Rudolf Vögele seiner schweren Krankheit. Derletzten Herbst pensioniert worden. Ernst Spichtig

6. Januar. Er war vorher Subregens im Priesterseminar und später dort Spiritual.

Albert Mantel

Am 22. Februar verstarb der Walliser Priester Eduard Imhof

zurückkehrte. Imhof hinterlässt ein breites schriftstellerisches Werk und war vielfältig kulturell engagiert. starb Rudolf Denoth. Er wirkte als

braucht Ihre Mithilfe!

Senden Sie uns bitte die Adressen Ihrer Mitarbeitenden, aber auch jener wichtigen Freiwilligen in der Pfarrei, die an «credo» interessiert sind. Kontaktadresse:

«credo»

Eine gute Nachricht –und eine schlechte

Das Image der katholischen Kirche leidet.

Das bestätigt auch die Umfrage, die im Auftrag des Synodalrats der Zürcher Kirche durchgeführt wurde. Aber die Befragung zeigt auch überraschend positive Aspekte.

Für den Reputationsexperten David Schärer geht es jetzt darum, neben dem Aufarbeiten der Missbrauchsfälle das Gemeinschaftliche und Solidarische wirksam zu kommunizieren.

David Schärer / Simon Spengler

Um den Ruf der katholischen Kirche steht es nicht gut. Dass rund zwei Drittel der befragten Deutschschweizer Bevölkerung (65%) ein negatives Bild der katholischen Kirche haben, zeitigt Handlungsbedarf, um die gesellschaftliche und politische Akzeptanz zu erhalten. Viele Angebote der Kirche hingegen werden geschätzt und von den Befragten als wichtig erachtet, allem voran das soziale Engagement.

Die von der Forschungsstelle Sotomo erhobene Bevölkerungsbefra-

gung zeigt, was die Bevölkerung an der Kirche schätzt. Dazu wurden rund 3ʼ000 Personen befragt und die Mitglieder der katholischen Kirche speziell ausgewertet.

Zudem führte Sotomo die Befragung bei den Mitarbeitenden der Kirche durch sowie bei den aktiven Kirchenmitgliedern der Migranten-Gemeinden (dazu mehr auf Seite 11).

Gemeinschaftlich und solidarisch Auffällig ist, dass der Erhalt der Tradition bei den befragten Personen

Image in der Bevölkerung: mehrheitlich negativ

der am häufigsten genannte Grund für den Verbleib bei der Kirche ist. Ins Auge sticht weiter, dass die Befragung grosse Unterschiede zur reformierten Kirche zeigt. Diese geniesst zwar einen deutlich besseren Ruf (37%), viele aber haben von ihr ein neutrales, indifferentes Bild (36% reformierte Kirche vs. 18% katholische Kirche). Dies macht deutlich, dass die katholische Kirche emotional mehr bewegt.

Für den Reputationsexperten David Schärer ist dies eine gute Nachricht. Den Hebel sieht er einerseits darin,

Image bei Mitgliedern: etwas positiver

positives Bild der katholischen

Kirche.

positives bzw. negatives Bild der katholischen Kirche. Bei den Mitarbeitenden werden können.

die Missbrauchsfälle weiter transparent aufzuarbeiten. Andererseits aber auch in der aktiven Kommunikation von Argumenten, die aus Sicht der Befragten durchaus für die katholische Kirche sprechen. «Die Umfrage macht deutlich, dass es eine mittelfristig angelegte Kommunikationsinitiative braucht, die sowohl das Gemeinschaftliche als auch das Solidarische der katholischen Kirche wirksam in die Öffentlichkeit trägt», sagt Schärer. Gerade mal 15 Prozent der Befragten haben ein positives oder eher positives Bild der katholischen Kirche. Eine

Polarisierung zeigt sich bei den Mitgliedern: Je 38 Prozent haben ein positives bzw. negatives Bild der katholischen Kirche. Bei den Mitarbeitenden haben zwei Drittel ein positives Bild. Die Frage ist, wie diese zu Botschaftern werden können.

27 Prozent der Mitglieder möchten aus der katholischen Kirche austreten oder spielen zumindest mit dem Gedanken. Je jünger und besser ausgebildet die Mitglieder, desto eher spielen sie mit dem Gedanken auszutreten. Den Umgang mit den Missbrauchsfällen bewerten die Mitglieder am

Soziodemographie der Austrittswilligen

beabsichtigt etwa ein Drittel auszutreten.

negativsten (76%). Vorstellungen der Kirche, die als veraltet wahrgenommen werden, rangieren ebenfalls auf hohem Niveau, gefolgt von gesellschaftlichen Stellungnahmen (42%).

Die Herausforderung liegt in den Einflüssen, welche die Zürcher Kirche nicht selber in der Hand hat.

Fortsetzung auf Seite 10.

Rund ein Viertel Austrittswillige

David Schärer wird auf der Basis der Befragungsergebnisse dem Synodalrat ein Kommunikationskonzept für die nächsten zwei Jahre erarbeiten –bis im Herbst 2027 die definitive Studie der Universität Zürich über sexuellen Missbrauch im Umfeld der Katholischen Kirche Schweiz veröffentlicht werden wird.

Zürich
Katholische Kirche Mitglieder
Reformierte Kirche Mitglieder

Unpopuläre Aspekte

Den Umgang mit den Missbrauchsfällen bewerten die Mitglieder am Negaim Kanton Zürich nicht selber in der Hand hat.

Wichtigste Austrittsgründe

Soziales Engagement: populärer Aspekt

ebenfalls auf hohem Niveau.

Die Mitglieder schätzen grossmehrheitlich das soziale Engagement der

Der eingeschlagene Weg der Herstellung von Transparenz war richtig. Und diese Argumente gibt es.

Pro Argumente: Chor und Angebote für Senioren

Positive Emotionen

schaft im Kirchenchor und die kirchlichen Angebote für Senioren.

Soziales

Engagement: wichtiges Handlungsfeld

Soziales Engagement: populär bei Austrittswilligen

Sicht der befragten Mitglieder das wichtigste Handlungsfeld der katholischen der Kommunikation mit der Bevölkerung sein.

Mehr als jedes zweite austrittswillige Mitglied schätzt das soziale Engage-

in Anspruch genommen werden.

Gründe zu bleiben: Tradition/ Soziales > Eigennutz

Einsatz der Kirche für Bedürftige.

Fortsetzung von Seite 7

Und

was spricht für die Kirche?

Es gibt durchaus Argumente, die für den Verbleib in der Kirche sprechen. Die befragten Mitglieder nennen die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, die Gleichberechtigung sowie mit über zwei Drittel die Abschaffung des Zölibats als Hebel, um die Haltung gegenüber der katholischen Kirche zu verbessern. Der eingeschlagene Weg der Herstellung von Transparenz war richtig. Die Mitglieder schätzen grossmehrheitlich das soziale Engagement der Kirche (71%), zu zwei Dritteln die Gottesdienste und religiöse Feiern (65%) und gut die Hälfte das Zusammenleben in der Gemeinde (53%).

Sogar mehr als jedes zweite austristtswillige Mitglied schätzt das soziale Engagement, bei den Mitarbeitenden 90 Prozent. Diese Elemente müssen zentral in der Kommunikation mit der Bevölkerung sein. Auf diesem Fundament gilt es aufzubauen.

Resultate in den Migrationsgemeinden

Neben der breiten Bevölkerungsbefragung hat die Zürcher Kirche auch gezielt aktive Mitglieder der Migranten-Gemeinschaften befragt.

Sie empfinden eine viel stärkere Bindung zur katholischen Kirche. So haben 57% ein positives und 29% ein eher positives Bild der Kirche. Während die allgemeine Bevölkerung vor

Positives Image

allem das soziale Engagement schätzt, schwingen bei den Mitgliedern mit Migrationshintergrund die Gottesdienste und religiösen Feiern obenaus (93%), gefolgt vom Zusammenleben in der Migrantengemeinde (88%) und dem sozialen Engagement (86%). 78% empfinden Dankbarkeit, 74% Respekt, 72% Freude und 65% Geborgenheit.

Im Hinblick auf die verbesserte Reputation sieht David Schärer hier ein grosses Potenzial. Voraussetzung sei aber, diese Gruppe auch gegenüber der Öffentlichkeit als integralen Teil der kulturell und sprachlich vielfältigen Zürcher Kirche sichtbar zu machen, nicht als eine «Sonderwelt» neben den«eigentlichen» Kirchenstrukturen.

Emotionen zur Kirche

Was wichtig ist

Gottesdienste und religiöse Feiern

Zusammenleben/Aktivitäten in der Kirchgemeinde

Soziales Engagement

Entwicklungshilfe

Kulturelles Engagement

Gesellschaftlich-politische Stellungnahmen

Religiöse Positionen

Umgang mit Missbrauchsfällen

bei den Mitgliedern der Migrationscommunity das Zusammenleben und die Aktivitäten in der Kirchgemeinde oben aus. Dies ist ein Hinweis auf eine starke Bindung zur Kirche.

Alle Resultate

Alle Resultate der drei Umfragen sind auf der Homepage aufgeschaltet.

Faszination Klöster

Zum dritten Mal werden am 13. und 14. Juni am Klostermarkt Ordensleute durch die grosse Halle des Hauptbahnhofs Zürich wuseln, einem der meistfrequentierten Orte in der Schweiz. Mitten im Getümmel wartet auch eine Tiny-House-Kapelle auf Ruhe-Suchende.

Zahlreiche Klostergemeinschaften sorgen zwei Tage im Zürcher Hauptbahnhof für ein reichhaltiges Gastroangebot, legen Zeugnis zu ihrer Berufung ab, sind offen für das Gespräch mit den Menschen vor Ort, zeigen klösterliches Handwerk und bieten auch Ruheoasen inmitten der Hektik.

Raum für Stille

Vielseitige kulturelle, künstlerische und handwerkliche Begleitveranstaltungen sind vorgesehen. Eine kleine Kapelle bietet Raum für Stille, während in einer offenen Klostermarkt-Kapelle aus Holz und Stoffbahnen zwei Mal am Tag eine Gebetszeit stattfindet.

«Es ist wohl die niederschwellige Möglichkeit, mit Ordensleuten direkt ins

Gespräch zu kommen, was die Leute fasziniert», meint Michael Glaus, Präsident des Vereins Klostermarkt. «Der ganze Lebensentwurf der Ordensleute verweist auf Gott, auf etwas Höheres.» Trotz der oft kritischen Haltung der Menschen gegenüber Religion und Kirche sind sie fasziniert, hier direkt auf Menschen zu treffen, die sich für diesen einen absoluten, definitiven Lebensweg entschieden hätten.

Die Ordensleute selbst würden sich sehr auf die beiden Tage freuen. Die Chance, ausserhalb der Kloster- und Ordensgemeinschaften mitten im Leben auf sich und ihre Lebensweise aufmerksam zu machen, werde sehr geschätzt.

Fragen zum Leben

Gerade in unserer multioptionalen Welt, wo man so viel machen kann, würden die Leute davor zurückschrecken, sich für einen einzigen Weg festzulegen, sagt Glaus. Man könnte ja etwas verpassen. Trotzdem berühre das Thema «Gott». Jeder und jede sei schliesslich irgendwann im Leben auch mit dem Tod

konfrontiert. Spätestens dann könne man gewissen Fragen nicht mehr wirklich ausweichen.

Es wird in der kleinen Tiny-House-Kapelle auch möglich sein, eine Kerze anzuzünden. Bei Bedarf haben die Ordensleute auch ein offenes Ohr, wenn jemand ein tiefergehendes Gespräch sucht.

Der Klostermarkt Zürich geht auf die Initiative von Pater Thomas Fässler aus Einsiedeln zurück. Michael Glaus, Präsident Verein Klostermarkt, lernte ihn während seiner Studienzeit in Rom bei der Schweizergarde kennen. Er arbeitet heute bei Raiffeisen im Rechtsdienst.

Klostermarkt.org

Hostienherstellung am Klostermarkt im Hauptbahnhof Zürich.

Buchtipp 1

Silent

Portraits

Der Fotograf Axel Kirchhoff erlaubt in seiner fotografischen Hommage an die Schönheit und Wirkmacht der Meditation einen Blick in die faszinierenden Welt der Spiritualität. SILENT PORTRAITS ist eine Sammlung an Zitaten und Portraits und zeigt, wie sich innere Arbeit in den verschiedensten Traditionen, Wegen und Religionen offenbart. Neben den 122 Schwarz-WeissFotografien verleihen die Portraitierten Auskunft über Zugänge ihrer inneren Praxis. Gespräche mit dem Neurowissenschaftler Ulrich Ott zur neuronalen Wirkung von geistiger Übung runden dieses Buch ab.

320 Seiten, 55 Franken. Erscheint im Mai und kann unter diesem Link vorbestellt werden: https://www.silent-portraits.ch/product/ shop. Dieser Bildband wurde von der Katholischen Kirche im Kanton Zürich gefördert.

Buchtipp 2

Die

Kunst des

Wer predigt, will überzeugen. Ob eine Botschaft Wirkung erzeugt, hängt von der Art und Weise ab, wie sie vermittelt wird. Das gilt auf der Kanzel gleich wie an jedem anderen Rednerpult. Der Kommunikationsexperte Viktor Baumgartner beleuchtet in seinem Buch zeitlose rhetorische Prinzipien. Jedes Kapitel verbindet moderne Kommunikationsstrategien mit historischen Parallelen – von Gandhi über Napoleon bis zu Hildegard von Bingen. Ein wichtiges Werk über die Verbindung zwischen kirchlicher und moderner Rhetorik, das wertvolle Impulse für die heutige Glaubensvermittlung bietet.

Viktor Baumgartner, Alexander Peer: Die Kunst des Überzeugens. Verlag Goldegg. 37.90 Franken

Musik und insbesondere Saxophon-Spielen ist für Stefan Gottfried ein wichtiger Teil in seinem Leben.

Mein Hobby

Jazz verbindet

«Ausgehend von prägenden musikalischen Erfahrungen zu meiner Zeit am Gymnasium ging ich meiner Leidenschaft und Faszination für die Musik nach und entschloss mich zum Studium des Jazz-Saxophons in Wien und Den Haag. Die Musik brachte mich schon an viele verschiedene Orte wie etwa von der Bühne des North Sea Jazz Festival bis nach Brasilien. Mehr und mehr rückten eigene musikalische Projekte wie z. B ‹Gottfried di Franco› (So Far, 2018) in den Fokus. Der Abschluss meines Zweitstudiums bewog mich dazu, mich beruflich auch anderen Dingen zu widmen und dabei der Musik, die mir ganz besonders am Herzen liegt, grossen Stellenwert einzuräumen. Über den Link gelangt man zu einer Auswahl an Stücken aus meinem neuen Album ‹Mit Debussy und Ravel… ...ins Kino›, aufgenommen mit meinem Bruder Daniel an der Orgel der Wiener Jesuitenkirche. Mehr gibt es auf der CD.»

Stefan Gottfried arbeitet im Sekretariat der Synode der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Das Album ist auf Spotify Daniel & Stefan Gottfried Mit Debussy und Ravel... ...ins Kino

http://gottfried-music.com/

«Zürich und die Armut»

Barbara Schmid-Federer leistete als Freiwillige ein Praktikum im Café Yucca im Zürcher Niederdorf. Sie erlebte dort einiges, das sie so nicht erwartet hatte.

Im Café Yucca kommt vielfach ein familiäres ‹Wohnzimmerleben› auf: Stammgäste treffen sich. Sie spielen UNO und essen gemeinsam Suppe und Brot, eine warme Mahlzeit. Die Mitarbeitenden kennen viele von ihnen persönlich, wissen um ihre Geschichten und schenken ihnen Beratung und Zuwendung. Ab und zu frage ich mich, ob diejenigen Menschen, die gerade zuhause vor dem Fernseher sitzen, nicht auch einsam sind.

Obdachlose Menschen sind erstaunlich oft hoch gebildet. Nicht Wenige haben eine gute Erziehung und Bildung genossen, die trotz Obdachlosigkeit erkennbar bleibt, sei dies im Gespräch oder dadurch, dass sie am Computer des Café Yucca Konzerte der Wiener Philharmoniker geniessen. Die neun Mitarbeitenden des Café Yucca sind erfahrene, gut ausgebildete Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Was diese Fachleute leisten, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zwei von ihnen kommen aus einem christlich-theologischen Umfeld, was nicht weiter erstaunlich ist, ist doch die Hilfe für den Menschen in Not der Kern des christlichen Glaubens.

«Jeden Abend um 22 Uhr schliesst das Café Yucca seine Türe. Während sich die Mitarbeitenden kurz zuvor an die Reinigung der Tische machen, packen die Gäste ihre Rucksäcke, putzen sich die Zähne und rüsten sich mit Plastiksäcken für die Nacht aus. Gemeinsam verlassen wir das Café, nicht selten bei starkem Regen. Die Gäste suchen sich ihre Schlafplätze, sei dies eine öffentliche Toilette, sei dies ein Platz nahe am Fluss oder eine anerkannte Notschlafstelle. Ich schreite zum Hauptbahnhof, vorbei an Cafés mit chic gekleideten Menschen, vorbei an Touristen, welche die Stadt bewundern und empfinde eine tiefe Demut angesichts der versteckten Armut in der reichen Stadt Zürich. So nahe sind uns Armutsbetroffene, und doch sehen wir sie kaum. mit glänzenden Augen in das Café und erzählte mir glückselig, sie habe soeben an einem Gottesdienst teilgenommen. Das habe ihr Herz wieder erwärmt. Meine Praktikumszeit beim Café Yucca war sinnstiftend und lehrreich. Sicher werde ich diese wertvolle Zeit nie vergessen.»

Doch dies trifft auch für die Gäste zu: Eine Stammkundin kam eines Tages

Das Café Yucca ist ein Angebot des Vereins Solidara Zürich, der aus der Evangelischen Gesellschaft hervorgegangen ist. Die Katholische Kirche Zürichs ist seit vielen Jahren Partnerin von Solidara und unterstützt den Verein finanziell. www.solidara.ch

Barbara Schmid-Federer (59) war von 2007 bis 2018 für die CVP im Nationalrat. Seit mehr als zwanzig Jahren ist sie in Führungspositionen verschiedener NPOs tätig. Aktuell ist sie u.a. Vizepräsidentin der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz.

Das Café Yucca ist ein im Zürcher Niederdorf für Hilfsbedürftige.
Café Yucca
Barbara Schmid-Federer alt Nationalrätin

Edith WeissharAeschlimann ist Seelsorgerin in den Bundesasylzentren (BAZ) Embrach und Dübendorf.

Gemeinschaft ist das Wichtigste

Der farbenfrohe Frühling bereitet im BAZ Freude. Frühlingsgefühle erlebe ich das ganze Jahr. Regelmässig höre ich von neuen Glaubensgemeinschaften. Allein das Christentum ist vielfältig an Farben, immer wieder neu gemischt. Mein «Strauss aus christlichen Gemeinden» ist bunt. Oft google ich den mir fremden Namen. Lieber jedoch lass ich mir vom Gegenüber erzählen, wie sie jeweils Gottesdienst gefeiert haben. Manchmal habe ich Glück und ein Lied wird angestimmt.

Singen mag Mo* nicht. Zu sehr plagen ihn Kopfschmerzen. Beim Kennenlernen fragt er mich, wo die 7-Tags-Adventisten hier seien. In Winterthur gibt es eine Gemeinde. Allein hingehen kann Mo nicht. Bereits im Südsudan entwurzelt, gezwungen zur Flucht, braucht er den Schutz im Zentrum.

Auf seinen Wunsch hin stelle ich den Kontakt mit dem Pastor her. Wir vereinbaren einen Termin am Samstagmorgen. Ich hole Mo ab. Pünktlich ist er bereit. An der Wartstrasse werden wir herzlich willkommen geheissen. Übersetzer sind organisiert. Mehrere bedanken sich bei mir für meine Unterstützung ihres Mitgliedes. Mo kann dem Ganzen folgen, gibt es doch den immer gleichen Ablauf. Die Stimmung ist gelöst. Ich habe den Eindruck, die Leute freuen sich, einander wieder zu sehen. Besuch scheint es ab und zu geben. Beim Bibelgespräch werden verschiedene Bibelübersetzungen benutzt. Am Schluss bittet mich der Pastor um eine Rückmeldung - Lernen sei ihm wichtig.

Trotz eisiger Kälte macht Mo bei der Rückkehr einen zufriedenen Eindruck. Gebotene Sabbatruhe hin oder her: Ich kaufe Mo Mangosaft und Snacks zur Stärkung.

Die folgende Woche steht nicht mehr das fürchterliche Kopfweh im Vordergrund unseres Gesprächs. In schönsten Buchstaben schreibt Mo auf, was bei seiner Gemeinschaft das Wichtigste sei. Und dabei erfahre ich, wie er vom Katholiken zum 7-Tags-Adventisten geworden ist. Im Moment sein Zuhause!

*Name geändert

Verheissung vor Ostern

Die Krippe Jesu an Weihnachten und das Kreuz Jesu am Karfreitag sind aus dem gleichen Holz. Das Weihnachtslied von Jochen Klepper nimmt in der dritten Strophe genau darauf Bezug. Wenn ich mich bei den Kolleginnen umhöre, ob dieses Lied denn an Weihnachten zum Klingen kommt, ernte ich Kopfschütteln. Das Grab Jesu passt ganz und gar nicht zur Idylle, die wir uns an Weihnachten wünschen. Dabei schlägt dieses Lied eine unerlässliche Brücke zu Ostern. Unerlässlich, weil alle Menschen den Weg von der Geburt bis zum persönlichen Ostern über genau diese Brücke beschreiten. Es gibt keine «Option», keinen «Plan B»!

Gotteslob 254, EG 415, Strophe3:

Die Welt liegt heut im Freudenlicht. Dein aber harret das Gericht. Dein Elend wendet keiner ab. Vor deiner Krippe gähnt das Grab. Kyrieleison.

(Jochen Klepper, 1938)

Ähnlich deutlich wird das Weihnachtslied von Paul Gerhardt (KG 333), von Johann Sebastian Bach vertont in der dritten Strophe. Zwar ist mit «Ich» der betrachtende und anbetende Mensch vor der Krippe gemeint, die angstvolle Nacht Jesu auf Golgotha vor dem Kreuzestod jedoch unübersehbar:

Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht’, wie schön sind deine Strahlen!

(Paul Gerhardt, 1653)

Die «Last», die auf den beiden Weihnachtsliedern liegt, nämlich der unausweichliche Lebensweg jedes Menschen, der einerseits von Glück und Freude, andererseits aber auch durch Leid und Tod geprägt ist, führt dazu, dass diese Lieder gemieden werden, insbesondere das Lied von Klepper, aber auch die dritte Strophe des Paul Gerhart Liedes. Dabei sind beide Dichtungen eine einzigartige Möglichkeit der Vergegenwärtigung unseres Daseins. Und zwar ohne etwas dazu zu dichten, aber eben auch ohne etwas Wesentliches wegzulassen.

Ganz anders geht das Osterlied von Franz Seraph Kohlbrenner (1777) mit der Thematik um, insbesondere dann, wenn es in einer überlieferten Volksliedweise aus Kärnten dargeboten wird (Gotteslob Österreich, Nr. 834):

1.Das Grab ist leer, der Held erwacht, der Heiland ist erstanden! Da sieht man seiner Gottheit Macht,

sie macht den Tod zuschanden. Ihm kann kein Siegel, Grab, noch Stein, kein Felsen widerstehn; schliesst ihn der Unglaub selber ein, er wird ihn siegreich sehn.

Halleluja!

2.Wo ist dein Sieg, o bittrer Tod? Du selber musst erbeben; der mit dir rang, ist unser Gott, Herr über Tod und Leben. Verbürgt ist nun die Göttlichkeit von Jesu Werk und Wort, und Jesus ist im letzten Streit für uns ein sichrer Hort. Halleluja!

3.Dir danken nun, Herr Jesus Christ, die Völker aller Zungen, dass du vom Tod erstanden bist, das Heil uns hast errungen. Herr, bleib bei uns, wenn’s Abend wird, dass wir nicht irregehn! So wird die Herde wie der Hirt einst glorreich auferstehn.

Halleluja!

Möge die folgende Toccata meines ehemaligen Lehrers, Domorganist Prof. Wolfram Rehfeldt, Leben und Auferstehung unabhängig von den drei genannten Liedern in Töne fassen: www.youtube.com/ watch?v=Idw9JuYdh0I

Richterswil am

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