3 minute read
Bitte zerstört nicht meine Träume
Ansichten eines Offiziersanwärters zur Zukunft des Bundesheeres
Ich bin im Jahre 2000 geboren und absolviere gerade die Offiziersausbildung im dritten Ausbildungsjahr an der Theresianischen Militärakademie. Schön ist es schon beim Militär, in der freien Natur am Truppenübungsplatz Allentsteig und auch im Sommer im Akademiebad. Gerne denke ich auch noch zurück an die fordernde Ausbildung im Winter am Truppenübungsplatz Wattener Lizum sowie an das Schießtraining bei glühender Hitze in Bruckneudorf. Einen großen Mehrwert hatte die Sportausbildung und die Ausbildung zum Hochalpinisten. Besonders interessant war die Ausbildung an ausländischen Militärakademien, ich war in West Point in den USA und hatte auch das Glück, da ich recht gut italienisch spreche, nach Modena entsandt zu werden. / Eigentlich war es von frühester Jugend an mein Wunsch, so wie mein Vater Offizier des Österreichischen Bundesheeres zu werden, aber in letzter Zeit sind mir einige Zweifel gekommen, ob ich mit dieser Berufswahl eine Lebensstellung bis zur Pensionierung erhalten kann und es mit immer geringer werdenden Großwaffensystemen überhaupt noch interessante militärische Kommandantenfunktionen für mich geben wird. / Mein Wunsch, Offizier zu werden, wurde durch meinen Vater bestärkt. Er ist Jahrgang 1965 und absolvierte die Militärakademie Mitte der 1980erJahre. Mein Vater ist gerade von einer längeren Auslandsverwendung wieder nach Österreich zurückgekehrt und hat nun eine hohe Funktion im Verteidigungsministerium erhalten. Er hat in seiner bisherigen militärischen Karriere viele interessante Funktionen inne. Zwischen meinem zehnten und 18. Lebensjahr war mein Vater Militärattaché in zwei schönen Städten der Welt. Und bereits als junger Offizier war er mehrere Male im Auslandseinsatz tätig und verdiente dabei recht gut. Für mich war jedenfalls die Zeit, als meine Eltern und ich im Ausland wohnten, eine Zeit, in der ich nicht nur mehrere Sprachen erlernte, sondern auch viele Kinder ausländischer Militärs kennenlernte, mit denen ich noch heute befreundet bin. Die damaligen großzügig bemessenen Wohnverhältnisse und die Annehmlichkeiten des täglichen Lebens (ich konnte sehr teure Schulen besuchen) waren für mich prägend für mein weiteres Leben. Vom Militär in der Heimat bekam ich nicht sehr viel mit und so hatte ich kein klares Bild über das österreichische Bundesheer im Jahre 2018, als ich zum Grundwehrdienst einrückte. Ich vertraute den Hochglanzbroschüren, welche mir die heile Welt des österreichischen Bundesheeres präsentierten. / Ich vertraute daher darauf, dass das Bundesheer noch das Aussehen hatte, welches ich als junger Bub miterlebt hatte, als mein Vater in einer großen Kaserne am Rande einer großen Stadt in Westösterreich Dienst versah. Wir wohnten damals in einer sogenannten Naturalwohnung angrenzend an die Kaserne. So konnte ich täglich das Kasernengeschehen hautnah miterleben und auch öfters meinen Vater besuchen. Schon damals als kleiner Bub faszinierten mich die großen furchterregenden Panzerfahrzeuge und auch die Fliegerabwehrkanonen, welche mich besonders begeisterten, weil sie sich so schnell drehen konnten wie ein Ringelspiel. / Meine Eltern haben nach wie vor diese Wohnung, mittlerweile konnte mein Vater diese Wohnung ins Eigentum erwerben. Es ist ja nicht schlecht, neben einem Ferienhaus an einem größeren See auch eine große Wohnung in Stadtnähe zu haben. Mein Vater beklagt sich aber trotzdem und kritisiert die damalige Regierung, weil er eigentlich noch vor 60 in Pension gehen wollte und jetzt, will er noch eine brauchbare Pension erhalten, bis 65 arbeiten gehen muss. / Wenn ich heute meine Eltern besuche und bei ihnen eine ganze Woche verbringe, höre ich aus der Kaserne kaum mehr militärische Töne, etwa den Gesang von marschierenden Soldaten oder Startgeräusche von Panzerfahrzeugen. Gehe ich dann in die Kaserne hinein, muss ich sehr weit gehen, um überhaupt noch Soldaten antreffen zu können. Auf meine Frage warum diese Kaserne zur Geisterstadt wurde, fällt meinem Vater nur ein, dass nach 1990 alle Armeen in Europa kräftig abgerüstet haben und auch das österreichische Bundesheer stark abgerüstet hat. Er sagt auch immer wieder, dass uns der Feind von einst abhandengekommen ist und wir jetzt irgendwelche Bedrohungsszenarien entwickeln müssen, damit uns die Bevölkerung glaubt, dass man auch in diesen friedlichen Zeiten ohne greifbare militärische Bedrohung noch eine militärische Landesverteidigung braucht. Er macht mir aber trotzdem Mut, und sagt, es werden wieder bessere Zeiten kommen und man wird dem Bundesheer wieder mehr Aufmerksamkeit schenken. Er sagt auch, dass ich mir keine Sorgen machen solle, denn es wird auch für mich noch interessante Beschäftigungen beim Heer geben. Ich glaube zwar meinem Vater, aber etwas neidvoll blicke ich schon zu meinem älteren Bruder, welcher gerade mit dem Medizinstudium fertig geworden ist und nach seiner Facharztausbildung Militärarzt werden will. Ich bleibe aber trotzdem Optimist und hoffe, dass die Verantwortungsträger in der Politik und ihre militärischen Berater und so mancher opportunistische Einflüsterer nicht meine Träume zerstören werden und mir ein österreichisches Bundesheer erhalten bleibt, in dem es ebensolche interessante Jobs gibt, wie sie einst mein Vater vorfand. (Der Name des Autors liegt der Redaktion vor.)