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Kultur
Theater Ein Klassentreffen mit viel Rambazamba
Der Auftritt von Ten Sing Baar im Gemeindesaal passte sehr gut zum vielseitigen Angebot der Zuger Kunstnacht vom letzten Samstag.
Hansruedi Hürlimann
«D’Klass 1999», so der Titel der Vorstellung, ermöglicht es den 28 Mitgliedern der Truppe, ihre Talente voll zu entfalten, sei es in der Musik, im Tanz oder im Chorgesang.Aber auch das Theatralische kommt zum Zug. Das erste Klassentreffen der ehemaligen Kameradinnen und Kameraden zehn Jahre nach der Maturafeier bildet den Rahmen des Geschehens. Dabei entpuppt sich die Frage: «Vergässe was isch gscheh?» als zentral. Eine der Schülerinnen liess sich bei diesem Anlass auf ein folgenschweres Techtelmechtel mit einem ihrer Lehrer ein, obwohl sie damals schon einen festen Freund hatte, den sie später heiratete.
Dem Publikum gefielen die mitreissenden Songs
In einem kurzen Pausengespräch betonten einige der Mitwirkenden gegenüber
«Wir betonen das Gemeinsame unseres Projekts.»
Mitwirkende, Ten Sing
unserer Zeitung das Gemeinsame des Projekts. Federführend ist das Leitungsteam des Vereins, das eine Rohfassung erarbeitet, die danach in den regelmässigen Proben gemeinsam Schritt für Schritt Gestalt annimmt. Dabei kommen einzelne Protagonisten in verschiedenen Rollen zum Einsatz. Das geschieht fliessend und nicht zuletzt dank einer Licht- und Tontechnik, die professionell daherkommt, auf einem hohen Niveau. Das Publikum im voll besetzten Saal wusste das zu schätzen und bedankte sich wiederholt mit lang anhaltendem Applaus. Die Truppe bedankte sich ihrerseits mit einem fetzigen Dankeslied und schloss in diesen Dank auch ihre Sponsoren ein, ohne die ein Anlass von diesem Ausmass mit freiem Eintritt nicht möglich wäre.
Zwei weitere Vorstellungen am kommenden Freitag und Samstag
Der 1988 gegründete Verein ist «eine Gruppe von Jugendlichen, die ihre Leidenschaft zur Musik verbindet», wie es auf der Website heisst. Die Motivation dazu ist die jährliche Show, die, wie erwähnt, in enger Zusammenarbeit auf die Beine gestellt wird. Ein Beispiel für die Kreativität der Mitglieder ist der Umstand, dass vor zwei Jahren die Vorstellung wegen Corona eigens in ein Zirkuszelt verlegt wurde.
Nach den zwei Aufführungen vom vergangenen Wochenende stehen zwei weitere an: am Freitag, 4. November, 20.30 Uhr, und am Samstag, 5. November, 20 Uhr, wiederum im Gemeindesaal. Weitere Infos unter www.tensingbaar.ch.
Musik, Tanz und Gesang nonstop, eingebettet in einen Handlungsrahmen – das ist Ten Sing. Bild: Matthias Jurt
Lesung Den literarischen Qualitäten von gutem Humor auf den Grund gegangen
Beim Donschtig-Träff in der Rathus-Schüür ging es um Witze. Aber nicht im Sinne von Schenkelklopfern, sondern von literarischen Trouvaillen.
«Damit keine Missverständnisse entstehen, das ist nicht einfach ein lustiger Morgen, sondern ein Workshop. Wir teilen gleich mal in vier Gruppen ein.» Der Journalist Urs Heinz Aerni steht von seinem Stuhl auf, blickt sich adlergleich im Saal um und trennt das Publikum mit energischen Handbewegungen in etwa gleichgrosse Blöcke auf. Es ist Donnerstagmorgen vergangener Woche, und es ist Donschtig-Träff in der Rathus-Schüür. Zusammen mit dem Schauspieler Hanspeter Müller-Drossaart scheint Aerni als resoluter Kursleiter in die Schüür gekommen zu sein, der nun noch beiläufig anfügt, die Veranstaltung dauere etwa vier Stunden. Ein amüsiertes Raunen regt sich im Publikum, es hat sich schliesslich zu einer Lesung mit Kaffee und Gipfeli im historischen Gemäuer eingefunden, und nicht zu einer Veranstaltung mit Aufgabenstellung. «Sehen Sie, es braucht einVorwissen, um zu erkennen, dass etwas nicht ernst gemeint ist. Ein Witz funktioniert nur dann, wenn die Zuhörerschaft in der Lage ist, eine Situation zu analysieren und ihre Schlüsse daraus zu ziehen», erläutert Müller-Drossaart. Erst so werde das Absurde erkannt und eine Reaktion ausgelöst.
Witze sind auch eine Sympathiebekundung
Im Laufe ihres Vortrags streifen die beiden hochkarätigen Wortkünstler so ziemlich jede Gattung des gepflegten Witzes und geben jeweils köstliche Beispiele, was die Bauchmuskeln des Publikums fordert. So etwa bei den Witzen über andere Regionen und Dialekte, bei denen Hanspeter Müller-Drossaart in seiner Paraderolle als Sprachimitator brilliert, mal als behäbiger Berner, der eine «Züpfe» backt, mal als eigensinniger Bergbauer aus dem Schächental. «Alles, was man in Witzmanier über andere erzählt, ist im Grunde eine Zärtlichkeitsbezeugung. Sie beinhaltet Sympathie für den anderen, aber auch eine Abgrenzung», erfährt der Saal.
Und spätestens beim Witz über den Bauer, der am Euter seiner Kuh sieht, wie spät es ist, hat jede und jeder begriffen, wie dies gemeint ist. Denn besagter Landwirt greift vor gespannter Zuschauerschaft beherzt ans Euter, hebt es an und meint lakonisch, nur so sehe er zur Kirchturmuhr hinunter.
Marcus Weiss
VORSCHAU
DO. 24. NOVEMBER 2022
9 Volt Nelly alias Lea Whitcher und Jane Mumford BÄNG! BÄNG! BÄNG! 20.15 UHR
Zwei furchtlose Ex-Beauty-Queens aus Texas lassen ihr altes, tristes Leben mit einem Knall zurück. 9 Volt Nelly hinterfragt lustvoll, böse und mit jeder Menge EierstockCountry die Tücken moderner Rollenbilder und unser Streben nach der sogenannten Freiheit. Als «Whiskey Sisters» ballern und balladieren sie sich durch den Abend, bewaffnet mit Gitarre, Steckenpferd und einem Optimismus, der sogar die brutalste Realität unter den Tisch trinken kann.
Eintritt: CHF 35.
–Ermässigt: CHF 25. –
Abo
VORVERKAUF Tickets online: www.rathus-schüür.ch Kontakt Gemeindebüro Baar: info.rhs@baar.ch | 041 769 01 11 Urs Heinz Aerni (links im Bild) und Hanspeter Müller-Drossaart sinnieren in der Rathus-Schüür über den literarischen Wert von Witzen. Bild: Marcus Weiss
Samstag, 19. November, 20.15 Uhr, Aula Sennweid
Brenzlige Zeiten mit Simon Enzler
Wenn Energiepreise so hoch steigen, dass ein voller Benzintank schon der Erbmasse angerechnet wird; wenn Laubbläser zum guten Ton gehören und Kinder ihre Berufswünsche ausschliesslich in Fremdsprachen formulieren; wenn nicht mehr gefragt wird, was man alles mitnehmen würde auf die einsame Insel, sondern in den neuen Bunker; wenn Titelseiten reichen, um sich zu informieren, und wenn ’ s am Schluss des Abends schon wieder keine Zugabe geben wird: Dann sitzen Sie in der Aula Sennweid im neuen Programm von Simon Enzler und leben in brenzligen Zeiten.
Der Appenzeller Kabarettist hat soziologisch bedingt Saft im Ranzen und ein gerütteltes Mass an Sturheit. Auch in seinem neuen Programm «Brenzlig» reflektiert er brillant und in markantem Appenzeller Dialekt den eidgenössischen Alltag. Enzler wurde mit zahlreichen Kabarettpreisen wie dem Salzburger Stier, dem Prix Walo und dem Swiss Comedy Award ausgezeichnet. Tickets unter www.rathus-schüür. ch. pd
Bibliothek
«Metropolen» von Ben Wilson
Wie kommt es, dass heute die Hälfte der Menschheit in Städten lebt? Ben Wilson spannt einen faszinierenden Bogen von der Urgeschichte in die Zukunft, um diese Frage zu beantworten. Farbig und detailreich erzählt der Historiker vom Alltag der Menschen in der Stadt. Er beschreibt das bunte Treiben auf den Strassen, erzählt von Seuchen und den ersten Wolkenkratzern, von der Industrialisierung und den Techparks des 21. Jahrhunderts. Denn bis heute verheissen die Städte Schutz und Wohlstand, Arbeit und Vergnügungen, Fortschritt und Konsum. pd
574 Seiten, S. Fischer, 2022 In der Bibliothek zur Ansicht vorhanden. Ausleihbar in einer Woche.