Press Review Film Festival achtung berlin - new berlin film award 2013

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Pressespiegel 9. achtung berlin – new berlin film award vom 17.-24. April 2013

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Ausgabe/Datum Heft 9 / 10.04.2013 17., 19., 20., 22.04.2013 Online, 16.04.2013 Online, 06.03.2013 Online, 28.03., 16.04.2013 Online, April 2013 Online, 20.04.2013 Online, 07.03., 17., 24.04.2013 21., 22.04.2013 14., 16., 18.-24.04.2013 16., 17., 19., 22.04.2013 22.04.2013 Online, 13.03., 17.04.2013 Online, 17.04.2013 Online, 20.04.2013 Online, 18.04.2013 Heft 115 / Online April 2013 Heft 8, 11.04.2013 Online, 19.04.2013 April 2013 Online, 22.04.2013 April 2013 April 2013

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April 2013 Online, 25.03.2012 Online, 22.04.2013 Online, 17.04.2013 Online, April 2013 Online, 28.03.2013 Online 16.04.2013 30.03.2013 18.04.2013 Heft 23, April 2013 Online, 25.04.2013 Online, 17.04.2013 18.04.203 Online, 16.04.2013 2012/2013 Online, 16.04.2013 Online, 22.04.2013 Online, 17.04.2013 Online, 17.04.2013 Online, 11., 18.04.2013 Online, 19.04.2013 Online, 18.04.2013 04., 10.04.2013 18.04.2013 Online, 18.04.2013 Heft 9 / 2013, Online: 17.04.2013 April 2013 Online, 17.04.2013 Online, 11.04.2013 16.04.2013 Heft 6, 06.03.2013 / Heft 7 20.03.2013 / Heft 9 17.04.2013 / Online: 19.04.2013

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030 Heft 9 / 10.04.2013


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B.Z. 17.04.2013


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B.Z. 20.04.2013


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B.Z. 22.04.2013


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Berlin&I online 16.04.2013



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Berlin.de 06.03.2013


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BerlinOnline 28.03.2013



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Berlin Online 16.04.2013


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Berlin Poche April 2013



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Berliner Blatt online 20.04.2013



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Berliner Filmfestivals.de 07.03.2013



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Berliner Filmfestivals.de 17.04.2013






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Berliner Filmfestivals.de 24.04.2013





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Berliner Kurier 21.04.2013


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Berliner Kurier 22.04.2013


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Berliner Morgenpost / ABO-Spezial 14.04.2013


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Berliner Morgenpost 16.04.2013


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Berliner Morgenpost 18.04.2013


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Berliner Morgenpost 19.04.2013


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Berliner Morgenpost 20.04.2013


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Berliner Morgenpost 22.04.2013


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Berliner Morgenpost 22.04.2013


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Berliner Morgenpost 23.04.2013


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Berliner Morgenpost 24.04.2013


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Berliner Zeitung 16.04.2013


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Berliner Zeitung 17.04.2013


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Berliner Zeitung 19.04.2013


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Berliner Zeitung 22.04.2013


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BILD Berlin 22.04.2013


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BLN.FM 13.03.2013



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BLN.FM 17.04.2013





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borlife.de 17.04.2013



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CLOF online 20.04.2013


Die Rekonstruktion eines Amoklaufs als Liebesgeschichte. „Keine Ahnung, hab ich noch nie drüber nachgedacht, schon krank irgendwie“ ist die lapidare Antwort auf die Frage seines Chefs Schadt, was er denn von Amokläufern eigentlich halte. Roman (Friedrich Mücke), ein irgendwo zwischen Schulzeit und Studium in den Berliner Seilen hängender Anfang-Zwanziger, fertigt für den Staatsanwalt (Dominic Raacke, über den gesamten Film lediglich in Skype-Bildern zu sehen) Tonaufnahmen juristischer Akten an. Die übrige Zeit zockt an der Konsole oder macht lust- und wortlos mit der genervten Freundin Schluss. Ähnlich wenig Enthusiasmus bringt Roman anfangs für seinen nächsten Auftrag auf. Dieser beschäftigt sich mit dem Fall eines Schülers, der in einer Dorfschule im Allgäu 17 Menschen erschossen hat. Einige Dokumente fehlen jedoch, sodass der gebürtige Münchner kurzerhand selbst in die bayerischen Berge fahren muss. Die Mühlen der Demokratie mahlen dort langsamer als gedacht, sein Aufenthalt verlängert sich unverhofft, und er begegnet Laura (Liv Lisa Fries), die den Amokläufer kannte und die Tat hautnah miterlebte. Regisseur und Co-Autor Thomas Sieben erschließt die schreckliche Tat retrospektiv. Anders als Gus van Sants Meisterwerk Elephant (2003), das vor allem die Täter kurz vor ihrem Amoklauf in den Blick nimmt, ist der Schütze in Staudamm längst tot. Die beiden Protagonisten begehen im Verlauf der Erzählung die prägnanten Orte der Geschehnisse: den titelgebenden Staudamm, an dem der Täter von der Polizei gestellt und erschossen wurde, das Haus der umgesiedelten Familie, die nicht mehr in Betrieb genommene Schule, den Tatort. Nach und nach steigert sich Romans Neugierde, die Faszination für die Persönlichkeit und Motive des Täters. Parallel dazu ist es die lang aufrechterhaltene geheimnisvolle Rolle Lauras, die den Film bisweilen zu einer echten Kriminalgeschichte werden lässt. Romans Auto wird zerkratzt, er sieht sich Anfeindungen gegenübergestellt – lockt ihn seine neue Bekannte in eine Falle? Und auf welche Art und Weise war sie wirklich an den Geschehnissen beteiligt? Sieben erzählt bedächtig, dabei formal äußerst innovativ: Immer wieder unterbrechen weitläufige Landschaftsaufnahmen und Dorfansichten den Handlungsverlauf, aufgeladen durch das im Off eingeblendete, monotone Verlesen der Zeugenaussagen, psychologischer Gutachten und wissenschaftlicher Abhandlungen zum Thema. Ort und Zeit der Tat binden sich so an die Protagonisten der Gegenwart, gleichzeitig tun sich aber auch Risse im psychogrammatikalischen Vorgehen bei Unglücken solcher Art auf – es gibt keinen Kriterienkatalog für den Amokläufer. Das freie Reenactement des Vergangenen wird im Film mit der allmählich wachsenden Vertrautheit und Annäherung der Protagonisten gespiegelt. Diese schillert andauernd zwischen logischer Kompensationshandlung und tatsächlicher Zuneigung und rückt damit wiederum noch einmal den Täter in den Mittelpunkt: In seinem

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ehemaligen Zimmer kommt es zum ersten Kuss, ein vor den Behörden verstecktes Tagebuch enttarnt ihn als radikalen, aber auch reflektierten und liebenden Menschenhasser. Siebens Werk wird zu keinem Zeitpunkt zu pädagogisch, entgeht der Klischee- und Stereotypenfalle und nimmt die Thematik in ihrer Vielschichtigkeit nicht nur ernst, sondern findet auch eine adäquate filmische Form dafür. Filmkritik von Danny Gronmaier

17.04.2013

TITEL: Staudamm PRODUKTION: Deutschland 2013 LAUFZEIT: 89 Minuten REGIE: Thomas Sieben DREHBUCH: Christian Lyra, Thomas Sieben PRODUKTION: Christian Lyra BILDGESTALTUNG: Jan Vogel, Christian Pfeil MONTAGE: Manuel Reidinger MUSIK: Eckart Lottmann DARSTELLER: Friedrich Mücke, Liv Lisa Fries, Dominic Raacke, Lucy Wirth, Arnd Schimkat, Daniel Volckamer

Fotos: © milkfilm

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Büchner in der modernen Großstadt. Der Tambourmajor ist eine Berliner Zuhältergröße mit Migrationshintergrund, Woyzeck (Tom Schilling) ein sich als Reinigungskraft und Küchenhilfe verdingender Jungproletarier, der sich zum Nebenverdienst statt einer Erbsendiät dubiosen Medikamentenstudien unterzieht. Theater- und Fernsehregisseur Nuran David Calis widmet sich in seinem neuesten Film einem der zentralsten Stoffe deutscher Literaturgeschichte und versetzt Büchners Dramenfragment ins neuzeitliche Berlin. Dabei geht er äußerst bedacht vor, wägt historische Vorlagentreue und Gegenwartsbezug gewitzt gegeneinander ab und präsentiert gut 30 Jahre nach Werner Herzogs filmischer Bearbeitung überraschend leichtfüßig die Aktualität des klassenkritischen Stücks. Die von 3sat, Arte und ZDF-Kultur co-finanzierte Fernsehproduktion orientiert sich in Bezug auf Raum und Zeit nahe an der losen Struktur von Büchners unvollendeter Vorlage: schlaglichtartige Szenen, von keinem umfassenden Erzählfluss zusammengebunden, wechseln einander ab. Von Beginn an wird sich streng an den dramatischen Modus gehalten: Jede Dialogzeile und jeder Blick steht im Dienste der zu skizzierenden Konfliktlage zwischen Woyzeck, der sich so rast- wie mittellos mehr und mehr seinen paranoiden (Eifersuchts-)Halluzinationen hingeben muss, und dem um seine schöne Frau Marie (Nora von Waldstätten) buhlenden Kiez-Boss/Tambourmajor (Simon Kirsch). Die wenigen Handlungsorte – eine kleine Mietswohnung, ein Weddinger Innenhof, die beengte Küche eines Restaurants – übersetzen in ihrer betonten Begrenztheit die mentale Enge, der sich die Hauptfigur ausgesetzt fühlt, immer wieder visuell. Das Urbane wirkt noch stärker als Urgrund der Wahnzustände Woyzecks, selbst das freie Feld Büchners ist nun ein dreckiger und dröhnender U-Bahnschacht. Kein Wunder also, dass der Drang nach Freiheit und einer glücklicheren Zukunft in Calis’ Hauptfigur deutlich stärker ökonomisch verdinglicht wird. Anders als die literarische Vorlage erträgt sie die Kreisläufe ihres sozialen Dilemmas viel weniger passiv: Woyzeck spart für ein kleines Häuschen am Stadtrand, will ausbrechen und die kleinbürgerliche Utopie leben. Er erscheint damit weniger als Leidtragender eines allzu ideologischen Klassensystems denn als Opfer der Verinnerlichung moderner Mentalität: höher, schneller, weiter. Alles dreht sich um (ökonomische) Potenz, das macht bereits die in tiefes Rot getauchte, anfängliche Sexszene deutlich. Prostitution und (Drogen-)Handel, die Abkehr von moralischem Handeln, bei Büchner zumindest

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noch künstlich und vor allem durch die Sprache kaschiert, hat hier längst jeden Lebenswinkel durchdrungen, ist gemeinhin anerkannt und wird als die Wurzel allen Übels in den Vordergrund gerückt. Woyzeck scheitert nicht an Autoritäten, sondern an undurchschaubar gewordenen Entwicklungen. Calis gelingt zum 200. Geburtstag Büchners die Transponierung des Woyzeck in die Gegenwart. Subtil und ideenreich, nicht mit dem Holzhammer verwebt er seine motivischen Aktualisierungen. Und auch auf formaler Ebene nutzt er die Möglichkeiten des Films, um mehr zu präsentieren als lediglich abgefilmte Theatralik. Eine flirrende Soundspur, dosiert eingesetzte Parallelmontagen und Traumpassagen verdeutlichen Konfliktlagen und psychologische Zustände. Überraschend stimmig auch die Dialogebene: Pointiert eingepasste Originalzitate wirken kaum einmal allzu abgehoben. Ein Spagat zwischen distinkter Theatralik und eigenständiger filmischer Fiktion, der gelingt. Filmkritik von Danny Gronmaier

17.04.2013

TITEL: Woyzeck PRODUKTION: Deutschland 2013 LAUFZEIT: 90 Minuten REGIE: Nuran Calis DREHBUCH: Georg Büchner, Nuran Calis PRODUKTION: Christian Rohde BILDGESTALTUNG: Björn Knechtel MONTAGE: Simon Blasi MUSIK: Ketan Bhatti, Vivan Bhatti DARSTELLER: Julischka Eichel, Christoph Franken, Simon Kirsch, Tom Schilling, Gunnar Teuber, Markus Tomczyk, Georgios Tsivanoglou, Nora von Waldstätten

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Der Drehort ist der Protagonist: Das achtung berlin-Festival zeigt Filme aus der Hauptstadt und ihrer Umgebung. In diesem Jahr setzen viele Beiträge vor allem auf Improvisation. Am 17.4.2013 startet die neunte Ausgabe des achtung berlin – new berlin film award-Festivals. Die Spielfilmsektion des Wettbewerbs „Made in Berlin-Brandenburg“, des Herzstücks des Festivals, bietet neuen deutschen Film satt – und die Chance, sich neben brandneuen Produktionen auch einige bereits vielversprechend ins Festivaljahr gestartete Werke noch vor ihrem (nie gesicherten) Kinostart oder einer Fernsehauswertung auf großer Leinwand anzusehen. Der spezifische Blickpunkt von achtung berlin, die Konzentration auf Produktionen, die direkt mit der Hauptstadt und dem umgebenden Bundesland assoziiert sind, macht zumeist schon das Setting der Filme zu einer Art eigenständigem und oftmals selbstbezüglichem Protagonisten – ein Großteil des deutschen Filmnachwuchses lebt und arbeitet in Berlin. Bemerkenswert ist dabei die beinahe ausschließliche Bearbeitung des (inner)städtischen Raums, kaum ein Film kommt über die Grenzen der besonders hippen, aber irgendwie auch auserzählten Bezirke FriedrichshainKreuzberg und Neukölln hinaus. Thomas Siebens kluge Annäherung an das Thema Schul-Amoklauf Staudamm (2012) nimmt sich da angenehm aus, ist doch der vielschichtige Hybrid aus Kriminalfilm und Romanze beinahe ausschließlich in den bayerischen Bergen verortet (siehe Kritik). Bildsprachlich bietet der aktuelle Jahrgang sicher keine außergewöhnlichen Experimente, dennoch werden seit geraumer Zeit zu beobachtende formale Entwicklungen hin zu einer, was Drehbuchentwicklung und Schauspiel angeht, mehr auf Improvisation beruhenden Arbeitsweise fortgeführt. Aron Lehmann nimmt diesen durchaus situationistischen Ansatz in seiner heterogenen und bissigen Film-im-Film-Spielerei Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel (2012) direkt auf. Der bei der diesjährigen Berlinale in der Sektion Perspektive Deutsches Kino gelaufene Film Silvi überzeugte bereits dort mit einer Mischung aus dokumentarischem Interview-Material und einer fiktionalisierten Handlung als eines der interessantesten Beispiele dieser Bewegung. Regisseur Nico Sommer erzählt in der unabhängig produzierten Tragikomödie von den Irrungen und Wirrungen seiner gleichnamigen Protagonistin, die sich knapp fünfzigjährig und nach einer gescheiterten langjährigen Ehe auf Partnersuche begibt. Ähnlich wie Sommer arbeitet auch Schauspieler und Jungregisseur Tom Lass vermehrt mit einer freieren Werkentwicklung, wenngleich er dabei thematisch mehr die

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eigene Generation in den Blick nimmt. Nach seinem Debüt Papa Gold (2011) präsentiert achtung berlin nun auch sein neustes Werk Kaptn Oskar (2013), in dem er das ziellose Beziehungsleben aufgekratzter Großstadt-Kids in den 1920ern fragmentarisch seziert. Ebenfalls zu ihren verdienten Berliner Festivalwürden kommt Moritz Laubes improvisierte Aussteiger-Utopie Freiland (2013), der zusammen mit Kaptn Oskar und Kohlhaas bereits ins Rennen um den diesjährigen Max Ophüls Preis in Saarbrücken ging. Deutlich enger als Lehmann, aber nicht weniger gelungen hält sich Nuran David Calis mit seiner Woyzeck-Adaption an die literarische Vorlage eines anderen deutschen Originalstoffes der Revolutionsepoche (siehe Kritik). In Der Jäger ist die Beute (2013) des Regieduos Tim Staffel und Fabian Spuck dauert es eine ganze Weile, bis man sich auf das obskure Figurenensemble einlassen kann. Begründet liegt das nicht nur in der Tatsache, dass mindestens die Hälfte der Protagonisten ganz offensichtlich mit reichlich Persönlichkeitsstörung ausgestattet ist, sondern auch an der eher fragmentierten Erzählweise des Films. Ohne große Einführung und in konsequenter Parallelmontage platzen wir mitten in den Alltag von Melanie (Nina Kronjäger) und Moira (Jule Böwe). Erstere ist Schriftstellerin, führt eine oberflächliche Beziehung mit dem deutlich jüngeren Möchtegern-Tyson und wird seit neuestem gestalkt. Moira ist ihr Gegenentwurf, eine verstört wirkende Einzelgängerin, ein gescheitertes Talent, das sich zwischen Realität und eigener Fiktion zu verlieren droht: Ständig monologisiert sie vor sich hin, diktiert tagebuchartig (mögliche Passagen eines zukünftigen Textes?) in ein Aufnahmegerät. Durch frei flottierende Überlagerungen auf der Tonebene und der damit einhergehenden unsicheren Verfassung der Erzählinstanz wird die offene Struktur des Films zusätzlich verstärkt. Das dramatische Karussell beginnt sich so richtig zu drehen, als Melanie die Polizei hinzuzieht. Der Stalking-Beauftragte ist ihr Ex Enno (Bruno Cathomas), der alles andere als über die gescheiterte Beziehung hinweg ist und zusammen mit seinem traumatisch gestörten Macho-Kollegen Torge (André Szymanski) zuweilen eine Art zeitgenössischer Laurel & Hardy-Version verkörpert. Das immer wieder unerwartet sich verändernde Schauspiel und die improvisiert wirkenden Dialoge schlagen wirre Risse in einen Mikrokosmos der Beziehungen, in dem sich nach und nach immer mehr Abgründe auftun. Staffel und Spuck schaffen einen tragikomischen Raum, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Sehr wörtlich ist der Titel von Silent Youth (2012) zu nehmen. Besonders viel reden die beiden Hauptfiguren Marlo (Martin Bruchmann) und Kirill (Josef Mattes), die sich beim frühmorgendlichen Schlendern durch Berlin begegnen, nämlich nicht. Die beiden jungen Männer fühlen sich zueinander hingezogen, bleiben aber durchweg verschlossen und geheimnisvoll. Je länger man sich kennt, desto weniger gibt man von sich preis, so scheint es. Auch das Zuschauerwissen wird klein gehalten: Marlo studiert eigentlich in Lübeck Maschinenbau, besucht eine Freundin und mag Zahlenspiele, Kirill erzählt von einer Schlägerei in Moskau, seinem Kind in einer anderen Stadt und der Mutter, die ihn nicht mehr sehen will. Zusammen spazieren sie durch ein seltsam leeres Kreuzberg, hängen auf dem Flugfeld Tempelhof ab und essen Toast mit Nutella im Wohnheim. Dann wird geduscht, und man kommt sich (zumindest körperlich) näher. Anflüge von Souveränität wechseln leise zwischen dem Darsteller-Duo hin und her. Zwei signifikante, mit Musik unterlegte Zeitlupenszenen – sie markieren die erste Kontaktaufnahme und das gemeinsame Schreiten in die Zukunft zum Ende hin – rahmen die ansonsten in langen, naturalistischen Einstellungen erzählte und über weite Strecken uninspirierte Coming-out-Geschichte. Anderen bei der Überwindung ihrer Verklemmtheit

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zuzuschauen ist zumeist einfach nicht faszinierend, sondern schlichtweg langweilig. Erfrischender geht es in Rona & Nele (2013) der italienisch-stämmigen Regisseurin Silvia Chiogna zu. Auch hier ein gleichgeschlechtliches Filmpaar, zwei Lebenskonzepte, die aufeinanderprallen und sich langsam annähern. Nele ist ArchitekturStudentin, genervt vom Uni-Druck, vom Leben nach Plan mit ihrer zur tiefen Depression neigenden Mutter. Sie trifft auf Rona, Hausbesetzerin, Gelegenheitsdiebin, Berliner Lebenskünstlerin. Diese nimmt sich, was sie will, und hat allerlei Tricks auf Lager, ohne Geld in der Großstadt ein bescheidenes, aber selbstbestimmtes Leben zu führen. Nele beneidet sie um ihre Unabhängigkeit und schließt sich ihr fasziniert an. Doch auch das Leben in absoluter Freiheit hat seine Kehrseiten. Chiogna hat ein modernes Märchen konstruiert, webt immer wieder romantisch entrückte Passagen, in denen die Fantasie der Protagonistinnen mit ihnen durchgeht, in die Erzählung mit ein: Eine Hose beginnt zu tanzen, ein Zeichnungsentwurf mutiert zum Papierflieger. Im letzten Drittel, vor der finalen Katharsis, werden die dramatischen Stellschrauben dann plötzlich nochmal überraschend stark angezogen und das fragwürdige Männerbild des Films vollends in den Graben gefahren: ein schmieriges Dating-Opfer, ein Bauerntölpel aus Südtirol und ein emotionsbehinderter Stromtechniker. Come on! Zu guter Letzt, und unabhängig vom Einzelbeispiel Rona & Nele, eine sich aufdrängende Frage an die Statistiker: Gibt es eigentlich einen hinreichend bekannten Zusammenhang zwischen (jungdeutschen) Filmemacherinnen und dem Stilmittel subjektives Tagebuch-Voice-over? In den Festivalkinos Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz, Filmtheater am Friedrichshain und Passage Neukölln gibt es neben dem Spielfilm-Wettbewerb auch noch einige Kurzfilmprogramme und eine Retrospektive zu Darstellung von Kindheit und Jugend in Spielfilmen. Besonders lohnenswert präsentiert sich für gewöhnlich auch die Dokumentarfilm-Sektion. Hier sind wir besonders auf das Langzeitprojekt Nach Wriezen - Ein Film über das Leben nach der Haft (2012), der drei jugendliche Straftäter auf ihrem Weg zurück ins brandenburgische Leben über drei Jahre begleitete, und Tobias Lindners Film Orania (2012) über den verstörenden Nicht-Ort einer rein weißen Burensiedlung in der südafrikanischen Wüste, gespannt. Danny Gronmaier

Fotos: achtung berlin

17.04.2013

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EXBERLINER Heft 115 / April 2013


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Exberliner online April 2013



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Film Dienst Heft 8 / 11.04.2013


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filmfestivallife.com 19.04.2013





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gala.de 22.04.2013




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GREATEST April 2013


VIP-TERMINE

VIP-Termine

© Sebastian Runge

© Magic Flight; Film Woyzeck

8.4. bis 20.4.2013

AC H T U N G B E R L I N E . V.

Berliner Klavierfestival

achtung berlin – new berlin film award

Zum zweiten Mal findet in Berlin das Klavierfestival statt, vom 13. bis 21. April. Ein Besuch lohnt sich: Im Eröffnungskonzert zeigt Marc-André Hamelin sein Können als Pianist und Komponist, und der 20-jährige Benjamin Grosvenor beschließt das Festival mit Bach, Skrjabin und Chopin.

Vom 17. bis 24. April veranstaltet das drittgrößte Berliner Filmfestival in verschiedenen Kategorien Wettbewerbe. Nachwuchstalente und Regiegrößen der Berliner und Brandenburger Filmszene zeigen ihre Lang- und Kurzfilme einem interessierten Publikum.

www.konzerthaus.de

www.achtungberlin.de

TIPI BERLIN

S C H LO S S C H A R LOT T E N B U R G

Rhyth.mix

Berlins schönste Franzosen

Nur noch bis 21. April präsentiert die Bühnenshow viel Rhythmus, Musik und Tanz. Mit Abwechslung und Farbeffekten wird der Besucher Teil der Inszenierung, und das weibliche Ensemble zieht jeden mit in seinen Bann. www.tipi-am-kanzleramt.de

In der Ausstellung sind berühmte französische Maler neu zu entdecken. Die Gemälde von Künstlern wie Antoine Watteau, Jean-Baptiste Pater und Nicolas Lancret gehören zu den Sammlungen von Friedrich dem Großen und seinem Bruder Heinrich.

Titelbild: © City-Press

www.spsg.de

© Bags Entertainment 2012

© Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

KONZ ERTH AU S AM G ENDA R M ENM A R KT

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Website Hotel L端tzow 25.03.2013


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inTouch online 22.04.2013


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Juraforum.de 17.04.2013


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kino-zeit April 2013




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kino-zeit April 2013




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kino-zeit April 2013


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kino-zeit April 2013




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kino-zeit April 2013


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kino-zeit April 2013




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kino-zeit April 2013



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kino-zeit April 2013





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kino-zeit April 2013




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kino-zeit.de 11.04.2013




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Kultur_Port.de 28.03.2013




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Berlin&I online 16.04.2013



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M채rkische Allgemeine Zeitung 30.03.2013



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MAZ 18.04.2013


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MAZ 18.04.2013


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Mitteschรถn Heft 23 / April 2013


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moviepilot.de 25.04.2013





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MOZ 17.04.2013


12 | Berlin-Kultur

Donnerstag, 18. April 2013 | u neues deutschland

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Busch-Chor wird 40 (nd). »Wann wir schreiten Seit an Seit, und die alten Lieder singen …« – das 1914 von Hermann Claudius gedichtete und ein Jahr später von Michael Englert vertonte Arbeiterlied sang der Chor der Berliner Parteiveteranen bei seinem ersten Auftritt am 22. Juli 1973 auf den X. Weltfestspiele der Jugend in Berlin, Hauptstadt der DDR. Seither hat sich vieles verändert, nicht aber der Zusammenhalt jenes Ensembles, das sich mit dem Schönklang des gemeinsamen Singens nicht begnügen will. Gesungen wird hier immer auch in der festen Überzeugung, Musik könne ihren Teil dazu beitragen, das gemeinsame Leben auf der Welt zu verbessern. Zum Repertoire des Chores, der 1983 den Namen des »Barrikaden-Taubers« Ernst Busch erhielt und seit 1995 von Kurt Hartke geleitet wird, gehören neben Hanns-Eisler-Werken wie dem »Einheitsfrontlied« oder dem »Solidaritätslied«, die seinerzeit von Busch interpretiert worden sind, auch Friedens- und Volkslieder aus aller Welt sowie klassische Chorliteratur etwa von Mozart und Händel. Am 18. April 1973, auf den Tag genau heute vor 40 Jahren, ist der Ernst-Busch-Chor gegründet worden. Die Sängerinnen und Sänger, die seit Langem jeden Mittwoch im nd-Gebäude am Franz-MehringPlatz proben und gestern das Chorjubiläum feierten, sind größtenteils deutlich älter. Aber das hört man ihren Stimmen wahrlich nicht an. Das einem Lied entlehnte Chormotto »Wir bleiben jung, jung, jung ein ganzes Leben lang« scheint seine Wirkung zu tun. Wer sich davon überzeugen will, hat am 1. Mai beim Tierparkfest in Friedrichsfelde und am 12. Mai beim gemeinsamen Konzert mit dem finnischen Arbeiterchor ILTATÄHDET und dem Hans Beimler Chor im Russisches Haus der Wissenschaft und Kultur dazu die nächsten Gelegenheiten.

Megacity Uruk erobert Berlin (epd/nd). Das Pergamonmuseum ermöglicht vom 25. April bis zum 8. September einen Blick auf die erste Großstadt der Welt. Unter dem Titel »Uruk – 5000 Jahre Megacity« werden in der Ausstellung erstmals die Ergebnisse von einem Jahrhundert archäologischer Forschungsarbeit im heutigen Südirak präsentiert. Die seinerzeit von der Deutschen Orientgesellschaft begründeten Ausgrabungen in Uruk laufen seit dem Winter 1912/13. Sie sind heute das wichtigste Forschungsprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts in Irak. Der nahe dem Euphrat liegende Ort gilt als größte Ruinenstätte Babyloniens. Dort wurde die erste Schrift erfunden, auch entstand dort mit dem Gilgamesch-Epos das älteste dichterische Werk. Fotos, 3D-Simulationen und Grabungsfunde sollen in der Ausstellung die Entstehung und Blütezeit der Metropole veranschaulichen, die rund drei Jahrtausende Bestand hatte. Nach der Präsentation in Berlin ist die Dokumentation ein halbes Jahr lang in Mannheim zu sehen.

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Kohlhaas und die Katholiken Diese Woche laufen die Filmfestivals »Achtung Berlin« und »Film Polska«

Ein Paar knutscht ungeniert vor der Kamera, dann schleckt der Regisseur seinerseits die Schauspielerin ab. Es folgt eine hemmungslose Knutschorgie von Kamera-, Tonleuten und der RestCrew des Filmsets. Die ausgelassene Szene spielt sich im Festivaltrailer der nunmehr neunten Ausgabe von »achtung berlin« ab – ihr Untertitel lautet passenderweise »mit Liebe gemacht«. Als Mitknutscher tun sich unter anderem überregionale und lokale Filmgrößen wie Robert Gwisdek oder das Regisseurs-Bruderpaar Jakob und Tom Lass hervor. Letzterer stellt nach seinem Erfolg »Papa Gold« von 2011 in diesem Jahr bei »achtung berlin« seinen zweiten Film vor: »Kaptn Oskar«. Auch er kreist um Liebe und steht mit seinem niedrigen Budget für den Geist des Festivals, das sich im Wesentlichen der Promotion von jungem deutschem Kino verschreibt. Oskar erholt sich gerade von der Beziehung zu seiner gewalttätigen Ex und hat mit seiner jetzigen Freundin ausgehandelt, keinen Sex zu haben. Doch die Abstinenz fällt ihm schwer, während sie wahllos mit älteren Männern schläft. So sieht man das Paar durch Berlin und Umgebung ziehen und albern: in der U-Bahn, in Parks oder auf der Straße. Tom Lass – er spielt auch die Hauptrolle – reduziert seine Tragikomödie auf die Gefühle und Befindlichkeiten seines merkwürdigen Gespanns. Es entspinnt sich ein lakonisches filmisches In-den-Tag-Hineinleben, von dem man sich immer mehr einlullen lässt und das weder mit Komik noch Ernst geizt. Voraussetzung für die ca. 70 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme des Festivals ist nach wie vor, dass sie in Berlin oder Brandenburg gefilmt oder produziert wurden. Kein Wunder also, dass eine Komödie über den berühmtesten brandenburgischen Querulanten der Weltliteratur, Michael Kohlhaas, die Veranstaltung eröffnet. In »Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel« will ein Filmteam Kleists Novelle verfilmen. Doch während Kleist die Mittel des Gerechtigkeitsfanatikers hinterfragte, sprich dessen Gewalt, dreht sich beim Filmprojekt alles um die Finanzierung. Denn bayerische Produzenten und För-

Junges deutsches Kino

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Ein Dank an alle Freunde und Gäste am Stand der edition bodoni auf der Leipziger Buchmesse 2013.

Jochanan Trilse-Finkelstein: Jeder Tag ein Gedenktag – Jüdische Lebensund Gesellschaftsbilder 412 Seiten, 26 EUR ISBN: 978-3-940781-30-7

derer sind abgesprungen, und so improvisiert man tapfer in der Pampa des Freistaats: Pferde gibt es keine, also reitet der »Rosshändler« hochkomisch auf einem Ochsen durch die Landschaft. Ansonsten besteht die Freude an dem doch eher süffisanten Regiedebüt von HFF-Absolvent Aron Lehmann vor allem darin, »achtung berlin«-Bekannte älterer Ausgaben zu entdecken, etwa Heiko Pinkowski und Peter Trabner (aus »Dicke Mädchen« von 2012) oder Peter Fuith (aus »Rammbock«, 2010). Auch eine weitere KlassikerAdaption, »Woyzeck« von Nuran David Calis, gefällt sich mehr in ihrer pseudo-originellen Prämisse – das Drama ist ins heutige Wedding transponiert – als dass sie tatsächlich neue Impulse setzte. In dem Milieu deutscher und türkischer Kleinganoven vernimmt man wenig Büchner, dafür Fäkalinjurien und »Kanak Sprak«. Allein das Spiel von Tom Schilling in der Hauptrolle vermag das Martyrium des als Versuchskaninchen missbrauchten Helden aber glaubhaft zu vermitteln. Muss man sich also in Acht nehmen vor »achtung berlin«? Kaum. Denn zum einen verspricht das Festival durch Publikumsgespräche, Partys oder Workshops auch außerfilmische Höhepunkte. Zudem bieten die Dokfilme manchen Denkanstoß, etwa Biene Pilavcis »Alleine Tanzen«. Die türkischstämmige Regisseurin flüchtete als Zwölfjährige wegen ständiger Prügel vor ihrer Familie in ein Heim. Ihr Trauma verarbeitet sie, indem sie den Dialog mit Geschwistern und Eltern sucht. Zuweilen platziert sie die Kamera dabei zu aufdringlich vor ihre Gesprächspartner, eine packende Bestandsaufnahme schafft sie dennoch. »Alles, was wir wollen« von Beatrice Möller dagegen begleitet drei Frauen in den Dreißigern drei Jahre lang durch ihr Leben. Zwischen Abgrenzung von der Muttergeneration und der Orientierung im eigenen Arbeits- und Liebesleben über Rück- und Schicksalsschläge kommen die Heldinnen einem näher. Das aufwühlende Gegenstück mit männlicher Besetzung gelingt Daniel Abma mit »Nach Wriezen«. Drei Ex-Jugendstraftäter beobachtet er bei ihrem Versuch, im zivilen Leben wieder Fuß zu fassen. Imo und Jano haben Drogen- und Gewaltdelikte begangen, Marcel dagegen einen Mord. In der Freiheit versuchen sie mit durchwachsenem Erfolg, Familien zu gründen und Arbeit zu finden. Wie eigene Unreife, aber auch unsensible Mitarbeiter des Jugendamts die Mühen der drei Außenseiter erschweren, dokumentiert der Film hautnah. Er lässt einen in Sorge um junge Männer zurück, deren Weg zur Reintegration noch steinig ist.

Salve Bodoni! Salve Klaus Johne ! † 18.4. 2011 www.bodoni.org www.edition-bodoni.de

edition bodoni

Bis 24.4. im Babylon-Mitte, FaF, Passage Neukölln; www.achtungberlin.de

Von Kira Taszman

Szenen aus »Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel« (ganz oben), »Woyzeck«, »Poklosie« und »Baby Blues« (Spalte von oben nach unten)

Fotos: Standbilder / »Woyzeck«: Magic Flight

Sind polnische Filme düster, deprimierend, katholisch gar? Durchaus. Aber beileibe nicht nur. Dass sich das polnische Kino mit seinen Komödien, Genre-, Historienfilmen und Sozialdramen daheim großer Popularität erfreut und international Preise gewinnt, hat sich beim deutschen Publikum aber leider kaum herumgesprochen – nicht zuletzt, weil hier zu Lande nur wenige polnische Filme einen Verleih finden. Doch in Berlin ist alles anders. Hier startet nun zum 8. Mal das größte polnische Filmfestival außerhalb Polens, »filmPOLSKA«. Einmal pro Jahr präsentiert diese Filmoffensive mehrere Dutzend Spiel- und Dokumentarfilme – neue und alte, lange und kurze – welche das Filmschaffen jenseits der Oder in all ihrer Vielfalt zeigen. Wie präzise eine Generation jüngerer polnischer Filmemacher ihre Gesellschaft zwischen Turbokapitalismus, sozialer Verwahrlosung, sozialistischem und kirchlichem Erbe seziert, sah man bereits auf der letzten Berlinale. So zeigt filmPOLSKA auch das bereits dort präsentierte aufrüttelnde Sozialdrama »Baby Blues« der 30-jährigen Katarzyna Roslaniec. Es erzählt von zwei Teenagern, die Eltern werden und mit der Erziehung ihres Kindes komplett überfordert sind. Sie sind selbst noch große Kinder und wollen an der Spaß- und Konsumgesellschaft teilhaben. Die fatale Kette von Ereignissen bis zur finalen Katastrophe schildert Roslaniec als einen Teufelskreis aus Verlassensein, Hilflosigkeit, aber auch unfassbarer Naivität. Mit dem heißen Eisen von Homosexualität in der katholischen Kirche befasst sich dagegen Malgorzata Szumowskas Drama »Im Namen des…«. Hier beeindruckt vor allem die Schilderung der trostlosen Provinz mit ihrem Hinterwäldlertum, ihrer Aggressivität und Intoleranz. Ob sich die angestaute Spannung gegen den schwulen Priester entladen wird oder nicht, macht den Reiz dieses mit Andrzej Chyra glänzend besetzten Films aus. Ein weiterer polnischer Star, Marcin Dorocinski, spielt die Hauptrolle in Michal Wazniaks Historien-Thriller »Oblawa« (Manhunt). Als Mitglied einer Gruppe von in den Wäldern hausenden Partisanen erschießt Wydra 1943 polnische Kollaborateure. Doch als er einen Bekannten aus Kindheitstagen eliminieren

soll, der für die Gestapo arbeitet, wird er mit seinem Lebenstrauma konfrontiert. »Manhunt« erzählt seine Geschichte extrem realistisch und in verschachtelten Rückblenden. Das Werk gehört zu den neueren polnischen Historienfilmen, die sich schonungslos und ideologisch unverfärbt mit der brutalen deutschen Okkupation ihres Landes im Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen. Ohne seine Figuren zu verteufeln, schildert dieser harte Film, wie der Krieg auch Widerstandskämpfer zu Peinigern macht, enthüllt Gewissensbisse und Verrat. Doch er zeigt auch Ursache und Wirkung auf. Historisch wie filmisch wertvoll ist auch eine diesjährige Retrospektive des Festivals im Zeughauskino: Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums des Aufstands im Warschauer Ghetto dokumentiert filmPOLSKA mit einer Handvoll Filmen jüdisches Leben in Polen während des Krieges sowie davor und danach. Zu sehen sind kurze Dokfilme, die sich mit den wenigen, meist von den Nazis propagandistisch aufgeladenen, Aufnahmen aus dem Warschauer Ghetto beschäftigen. Ein frühes Beispiel filmischen Gedenkens, Aleksander Fords »Grenzstraße« (1948), war wiederum der Aufsehen erregende erste polnische Spielfilm über die verzweifelte Revolte der GhettoKämpfer. Auch den mit 1,4 Millionen Zuschauern größten polnischen KinoHit von 2012, »Du bist Gott«, enthält »filmPOLSKA« Berlin nicht vor. Er erzählt die authentische Geschichte des Hip-Hop-Trios »Paktofonika«, das jenseits der Oder Kultstatus genießt. Aufstieg und Niedergang der Band und ihres charismatischen, depressiven Sängers »Magik« schildert Regisseur Leszek Dawid nicht chronologisch, bebildert kalte Kattowicer Plattenbausiedlungen oder Fans in übervollen Clubs. Weit entfernt von White-Trash-Kitsch vermittelt der Film die Tragik einer talentierten Band, die wegen Missmanagements die Früchte ihres Ruhmes nie ernten konnte. Doch nicht alles ist düster im polnischen Kino: Wer Lust auf freche Anarchie hat, der genieße die Kurzfilme der jungen polnischen Independent-Szene in der Reihe »Podlasie atakuje!«.

Vielfalt des polnischen Films

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18.4. bis 24.4. in den Hackeschen Höfe Kinos, Arsenal, Zeughauskino, fsk u.a.; www.filmpolska.de

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Griechenland: Frauen im Widerstand Filmtrilogie von Alinta Dimitriou Birds in the mire Among the rocks The girls in the rain (Alle im Original mit engl. UT)

11. + 25. April Lichtblick-Kino KASTANIENALLEE 77,

BERLIN-PRENZLAUER BERG

TEL: 030-44 05 81 79,

WWW.LICHTBLICK-KINO.ORG


Medium: Datum:

neukรถllner.net 16.04.2013




Medium: Datum:

NEUSTÄDTER 2012 / 2013



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Prenzlauerberg Nachrichten online 16.04.2013



Medium: Datum:

promiflash.tv 22.04.2013




Medium: Datum:

Qiez –Dein Stadtteilportal 17.04.2013



Medium: Datum:

rbb online 17.04.2013





Medium: Datum:

rbb Stilbruch 11.04.2013



Medium: Datum:

rbb Stilbruch 18.04.2013




Medium: Datum:

siegess채ule.de 19.04.2013



Medium: Datum:

stagepress-pictures 18.04.2013


Medium: Datum:

DER TAGESSPIEGEL 04.04.2013


Medium: Datum:

DER TAGESSPIEGEL 10. April 2013


Medium: Datum:

taz.plan 18.04.2013



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TIK online 18.04.2013



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TIP BERLIN Heft 9 / 2013



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Tipp Berlin online 17.04.2013




Medium: Datum:

UMag April 2013



Medium: Datum:

vivreaberlin.com 17.04.2013


Medium: Datum:

Website RP Kahl April / 2013


SEITE 18

DIE WELT KOMPAKT

DIENSTAG, 16. APRIL 2013

ACHTUNG BERLIN/ACHTUNG BERLIN

BERLIN

Im Eröffnungsfilm „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ will ein Regisseur seinen Film ohne alle Gelder realisieren

Was Großes, Fettes sollte es sein „Achtung Berlin Filmfestival“ zeigt: Tolle Werke sind auch ohne großes Budget möglich PETER ZANDER

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lle stehen sie schon bereit. Die Schauspieler, die Techniker, das Team: Sie alle sind in die bayrische Provinz gereist, um Kleists Bühnenklassiker „Michael Kohlhaas“ als großes Kinoepos zu verfilmen. Aber dann, noch bevor die erste Klappe fällt, muss ihnen der junge Regisseur die Hiobsbotschaft verkünden: Die Produzenten sind ausgestiegen, die Förderung ist geplatzt und das Restgeld ist weg. Sogar das Pferd wird dem verdutzten Hauptdarsteller quasi unter den Beinen weggezogen. Aber der Regisseur bittet sie dennoch zu bleiben. Es werde zwar nicht derselbe Film, aber man könne doch improvisieren. Warum soll Kohlhaas denn nicht auf einer Kuh reiten, wenn man sich kein Pferd leisten kann? Und warum nicht das gesamte Team in einer Halle einquartieren statt einzeln im Hotel? Dem 32-jährigen Regisseur Aron Lehmann ist Ähnliches passiert. Der Regie-Student an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Potsdam hatte für seinen Abschlussfilm einen ganz anderen Film im Kopf. Aber nach drei Jahren Vor-

planung war auch ihm kurzfristig die Finanzierung geplatzt. Da stand er nun, mit leeren Taschen, wollte aber nicht in Selbstmitleid zerfließen. Und „auf keinen Fall“, wie er noch jetzt behauptet, „ein Küchentischdrama machen“. „Was Großes, Fettes“ sollte es schon sein. Und so wurde diese grelle Satire aufs Filmemachen daraus, die auch eine Liebeserklärung ans Kino ist: „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“. Der Regisseur im Film, grandios verkörpert von Robert Gwisdek, heißt nicht zufällig ‚Herr Lehmann‘. Aron Lehmann hat wie jener in seiner bayrischen Heimat gedreht. Und die Leute vom Ort spielen nicht nur in kleinen Rollen selber mit. Die Frauen haben für die Crew gekocht, der Bäcker überließ ihnen jeden

Morgen Brotkisten, der Feuerwehrmann sogar das Löschauto („Aber fahrt nicht zu weit weg!“). Was aber für ,Herrn Lehmann‘ im Film unweigerlich in einem Fiasko endet, das wird für Aron Lehmann zum Triumph: dass man auch ohne großes Budget tolle, ungewohnte Filme drehen kann. „Kohlhaas“ ist nicht nur sein Abschlussfilm, sondern auch der des Kameramanns, des Cutters und des Produzenten. Um den Filmnachwuchs, das zeigt ihre Filmfarce klar, muss man sich hierzulande keine Sorgen machen. Nun wird dem Kohlhaas auf der Kuh statt dem Pferd auch in Berlin ein roter Teppich ausgerollt. Morgen Abend wird Lehmanns Debüt das „Achtung Berlin Filmfestival“ eröffnen. Eine Woche lang sind dann wieder

„ACHTUNG BERLIN FILMFESTIVAL“ Zehn Spielfilme, elf Dokumentarfilme, sieben mittellange und 20 kurze Filme laufen dieses Jahr allein im Wettbewerb. Viele Werke sind wieder von Filmstudenten. Das

„Achtung Berlin Filmfestival“ läuft vom 17. bis zum 24. April in den Kinos Babylon Mitte, Filmtheater am Friedrichshain und Passage. Infos unter www.achtungberlin.de.

lauter Produktionen zu sehen, die hier entworfen, entstanden, für die hier gekämpft und gestritten wurde. Es ist bereits die neunte Ausgabe des Festivals, das sich inzwischen zum drittgrößten der Stadt gemausert hat – nach der Berlinale und dem Interfilm. Hatten die beiden Festivalchefs Hajo Schäfer und Sebastian Brose anfangs noch zu hören bekommen, eine rein geographische Ausrichtung, das sei doch zu wenig für ein Festival, haben sie längst das Gegenteil bewiesen. Die Stadt ist stark und reizvoll genug, sie bietet Themen und Filme ohne Ende. Und der Trend hält an. Inzwischen gebe es eine ganze Generation neuer Filmemacher, so Schäfer, die ihre Stadt neu entdecken. Und die auch ganz anders leben als Filmemacher noch vor zehn Jahren. Nun müssen nicht immer illustre Kulissen der Stadt ins Bild ragen, um einen Film zum Berlin-Film zu machen. Oft geht es um Stimmungslagen oder Missstände, die in einer großen Stadt viel leichter zu erfühlen, zu erspüren sind. Oder auch um Illusionen, die zu erfüllen man selbst in die Provinz fährt, wie beim Eröffnungsfilm „Kohlhaas“.

Assousins „Paarungen“: Knallende Erkenntnismomente GEORG KASCH

Wenn Ehen so funktionieren, ahnt man schnell, dass sie nicht gar so heil sind, wie sie scheinen: „Stephan, sag, dass dir auch übel wird!“, zischt Katharina ihrem Mann zu, als dessen bester Freund Paul mit seiner neuen Flamme Elisa auftaucht und sich danebenbenimmt. Schließlich ist Pauls Ex-Frau noch immer eng mit Katharina befreundet. Die Trennung hat vor allem etwas mit Pauls 16-Millionen-Euro-Ge-

winn zu tun – damit kann sich der Küchenverkäufer nicht nur die Scheidung, sondern auch seine neue Traumfrau leisten. Was die wiederum mit Stephan zu tun hat, und warum Katharina bei allem nicht gar so unbeteiligt an dem Beziehungswirrwarr ist, wie es scheint, erzählt Eric Assous in „Paarungen“ in geschickten Rück- und Vorblenden. Bei dem französischen Autor geht es immer um die schwierigen Beziehungen zwischen Männern und Frauen, wo-

bei der frivol-französische Komödiencharme die Dinge oft angenehm in der Schwebe lässt, um dann Abgründe zu öffnen. Die liegen im schicken Apartment von Katharina und Stephan unterm dicken FlokatiTeppich verborgen: Julia Hattstein hat in der Komödie am Kurfürstendamm elegante Holzrahmen ineinander verschachtelt wie die Beziehungsgeflechte der Figuren und darunter ein paar elegante Hocker und einen großen Strauß roter Rosen dra-

piert. Unterbrochen werden die Szenen von Videoprojektionen einer Berliner Straße: Wenn sie rückwärts laufen, springt die Handlung in die Vergangenheit. So behält man leicht den Überblick, wenn Bettina Rehm ihre Schauspieler aufeinanderprallen lässt – zuerst knallen die Pointen, dann die Erkenntnismomente. Peter Pragers Paul umgibt auch nach dem LottoGewinn zunächst noch die Aura des Küchenverkäufers als er glaubt, für Geld sei alles zu ha-

ben. Dass Elisa nicht nur ein hübsches Ding ist, lässt Theresa Scholze erst allmählich durchblicken, während Stephan bei Mathias Herrmann nur ein Westentaschengigolo ist. Vor allem im Gegensatz zu Katharina, deren moralische Überlegenheit sich auch dann nicht gegen sie wendet, als sie vor den Trümmern ihrer Beziehung steht, weil Katja Weitzenböck von Anfang an ein ironisches Lächeln mitspielt, ohne sich damit über die eigene Rolle zu stellen.


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ZITTY Nr. 6 / 06.03.2013


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ZITTY Heft 7 / 2013, 20.03.2013


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ZITTY Heft 7 / 2013




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ZITTY Heft 9 / 17.04.2013


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ZITTY Heft 9 / 17.04.2013


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ZITTY Heft 9 / 17.04.2013


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ZITTY Heft 9 / 17.04.2013


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ZITTY online 19.04.2013




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