SAATGUT - GEFÄHRLICHE UND UNERWÜNSCHTE BEIMENGUNGEN Landwirtschaft Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
70 g
200 g
Rübsen
Senf
alle
5
Sklerotien von Sclerotinia spp. 10 alle 100 g 1000 g Raps Sonnenblume
Cuscuta spp. (Seide, Kleeseide)
Cuscuta spp. (Seide, Kleeseide) -0- alle Arbeitsprobe* Futter- und Rasengräser
Melilotus spp. (Steinklee)
-0- -0,3 %** -0- B Z1/ Z2 alle Kleinsamige Leguminosen Reinheitsprobe* Kleinsamige Leguminosen Arbeitsprobe*
-4Z
alle Arbeitsprobe*
Getreide
-0-Brandbutten Sporen von Tilletia spp. (Steinbrände)
Lolium remotum (Leinlolch) Claviceps purpurea (Mutterkorn) -0- -1- -3- -1alle B Z/ Z1/ Z2 B Öl- und Faserpflanzen Arbeitsprobe* Getreide 500 g Hybridroggen 500 g
(Kornrade)
Lolium temulentum (Taumellolch) -0- alle 500 g Getreide
Agrostemma githago -1-
-3- Z/ Z1/ Z2
B 500 g
Getreide
Kategorie/n
Maximale Anzahl an Besatz anderer Arten bzw. gefährliche und unerwünschte Beimengungen In Mitteleuropa sind schätzungsweise Samen und Pflanzenteile von Pflanzenarten aus 50 Pflanzenfamilien toxikologisch und pflanzenbaulich sowie verarbeitungstechnisch bedeutsam. Es sollen hier einige dieser Pflanzenarten, die in der Produktion von Saatgut und in der Folge bei Konsumware druschfähiger Körnerfrüchte toxikologisch relevant sind, genannt werden. Besonders Landwirte, Fachkräfte des Landesprodukten- und Getreidehandels, Personal von Mühlen, Aufbereitungsstellen, der Bioproduktion, Personen aus der Saatgut-, Futtermittel- und Lebensmittelproduktion und deren Berater sollten im Erkennen der gefährlichen und unerwünschten pflanzlichen Beimengungen geschult sein um diese zielsicher zu erkennen. Generell ist das Bewusstsein aller Beteiligter an der landwirtschaftlichen Erzeugung so zu stärken, dass trotz Einsatz moderner Technik im Bereich der Ernte, Aufbereitung und Verarbeitung die Qualitätsbildung von Ernteprodukten auch hinsichtlich des Besatzes mit gefährlichen und unerwünschten Beimengungen bereits auf dem Feld stattfindet. Besonders Saatgut, das am Anfang jeder landwirtschaftlicher Produktion steht, hat daher strengen Anforderungen zu entsprechen.
Art Probengröße
In der landwirtschaftlichen Erzeugung entlang der Lebensmittelkette sind vom Saatgut bis zum fertigen Futter- bzw. Lebensmittel gefährliche und unerwünschte Verunreinigungen zu vermeiden.
*Definition der Probengröße gemäß Methoden für Saatgut und Sorten gem SaatG1997 i.d.g.F. **Gewichtsprozent
Neben den hier genannten tabellarisch dargestellten, spezifischen Grenzwerten sind im Saatgutrecht auch allgemeine Regelungen zum Besatz mit Samen anderer Arten und gefährlicher Beimengungen als Summenwert (definiert als Summe aus Kultur- und Unkrautsamen) bzw. im Sinne der Reinheitsuntersuchung mit Grenzen in Form von maximal zulässigen Gewichtsprozent angeführt.
Kornrade (Agrostemma githago)
Die Kornrade gehört in die Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae). Die Pflanze besitzt fünfzählige, relativ große rosafarbene Blüten und ist graufilzig behaart. Der Same ist 2 – 4 mm lang, rundlich, nierenförmig gebogen und besitzt ein weißes Endosperm. Seine Oberfläche ist dunkelgrau bis schwarz, mit konzentrischen Reihen aus igelstacheligen Höckern besetzt. Die Kornrade wird auf passenden Standorten 50 - 100 cm hoch und wurde früher häufig als Unkrautpflanze in Getreidefeldern beobachtet. Sie war ein klassisches Unkraut vor Etablierung des Mähdrusches und verschwand danach fast zur Gänze. Erst in letzter Zeit erfolgte im Zuge von speziellen Umweltprogrammen wieder eine Auswilderung, um die Ausbreitung und damit das Überleben der Art sicher zu stellen. Vereinzelt wird Kornrade in Biosaatgut sowie in Winter- und Sommergerste gefunden. Samen der Kornrade enthalten das Glykosid Githagin, das stark giftig wirkt.
Taumellolch (Lolium temulentum)
Der Taumellolch gehört in die Familie der Gräser (Poaceae). Die endständigen Ähren weisen 2 bis 22 Einzelblüten pro Ährchen auf, sie besitzen relativ derbe Deckspelzen. Typischerweise stehen die Ährchen mit der Schmalseite zur Ährenhauptachse. Die Spelzfrucht ist 6 – 7 mm lang, dick eiförmig, die Deckspelze ist gelblich braun mit deutlichen Nerven. Die Granne ist bis zu 12 mm lang, jedoch zumeist abgebrochen. Das Stielchen ist eng anliegend abgeflacht.
Der Taumelloch wird 30 - 80 cm hoch, die 6 – 7 mm großen, typischen Gräserfrüchte können die Pyridinbase Temulin enthalten, die sowohl auf Tiere als auch den Menschen giftig wirken kann. Die verwandten Ray- oder Weidelgräser sind häufig verwendete Futter- und Rasengräser und völlig unbedenklich. Taumellolch und auch die eng verwandte Art Leinlolch (Lolium remotum) kommen in Saatgut so gut wie nicht vor. Erst durch die Übernahme der EU-Saatgutstandards erfolgte eine gesetzliche Regelung in Österreich.
Mutterkorn (Claviceps purpurea)
Beim Mutterkorn handelt sich um etwa 1 - 4 cm lange, hornartig gebogene Dauerorgane (Sklerotien) eines gräserparasitisch lebenden Pilzes, der sich im Gewebe des Fruchtknotens an Futterund Rasengräser, Roggen und Triticale am häufigsten entwickelt. Generell ist es jedoch möglich, Mutterkörner an allen Gräser- und damit auch Getreidearten anzutreffen. Die Gebilde weisen eine dunkelviolette bis schwarze Färbung auf und sind giftig. Mutterkornsklerotien enthalten verschiedene pharmakologisch wirksame Alkaloide. Sie waren im Mittelalter aufgrund der Verwendung von Brotgetreide mit Mutterkornbesatz und des kontaminierten Mehles Auslöser epidemieartig auftretender Massenvergiftungen. Umwelteinflüsse und Sortenanfälligkeit bedingen ein unterschiedliches Auftreten von Mutterkorn sowohl in Konsumgetreidebeständen als auch in Saatgutvermehrungsbeständen. In der Züchtung wird der Anfälligkeit gegenüber dem Erreger Berücksichtigung geschenkt. Besonders die Hybridzüchtung bei Roggen sieht sich gerade hier einer großen Herausforderung gegenüber. In Saatgut und Körnergut findet man teils Bruchstücke des verhärteten Dauermycels des Pilzes, aber auch ganze Sklerotien.
Gewöhnlicher Steinbrand (Tilletia caries) und Zwergsteinbrand (Tilletia controversa)
Beim Gewöhnlichen Steinbrand (Tilletia caries) handelt es sich um eine samenbürtige Pilzkrankheit an Weizen und Dinkel, egal in welchen klimatischen Lagen diese angebaut werden. Die Krankheit verändert die ausreifenden Getreidesamen in der Ähre dahingehend, dass die Körner zu braunschwarzen Sporenbehältern umgebildet werden, die im Laufe der Reife zwischen den Spelzen sichtbar werden. Bei der Sporenreife brechen die so genannten „Brandbutten“ auf und verströmen einen deutlichen Fischgeruch. Dies macht bei Massenauftreten das Erntegut unbrauchbar. Das Auftreten von Gewöhnlichem Steinbrand ist vor allem von der Qualität des verwendeten Saatgutes abhängig. Der so genannte Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) tritt gerne an Winterweizen, Winterdinkel, aber auch Winterroggen und Wintertriticale auf. Er ist maßgeblich witterungsabhängig, besonders lang anhaltende Schneedecken sind befallsfördernd. Er verursacht eine deutliche Halmverkürzung und verströmt geringeren Fischgeruch. Allerdings ist der Zwergsteinbrand nicht nur samenbürtig sondern vor allem bodenbürtig. Hinsichtlich der Sortenanfälligkeiten gibt es Unterschiede. Das in der Praxis verwendete Sortiment ist aber überwiegend anfällig gegenüber Steinbrandarten. Wirkungsvoll begegnet man dem Problem mit gesundem oder gebeiztem, zertifiziertem Saatgut.
Sklerotien (Sclerotinia ssp.)
Bei Sklerotien handelt es sich um Dauerorgane von Pilzen, hier der Gattung Sclerotinia. In der Saatgutproduktion bei Öl- und Eiweißpflanzen dürfen sie nur in geringem Ausmaß in Raps, Rübsen, Senf und Sonnenblume vorhanden sein. Die Überdauerungsorgane werden am Stängel in Bodennähe und im Stängelinneren gebildet und gelangen im Zuge des Drusches in das Erntegut. Es ist nicht von einer Toxizität der Sklerotien für den Menschen auszugehen, vielmehr soll eine Weiterverbreitung der Krankheit über Samenmaterial unterbleiben. Bei Saatgutimporten von kreuzblütigen Zwischenfrüchten (beispielsweise Ölrettich oder Senf) oder auch Phazelia aus dem osteuropäischen Raum kann es zu verstärkten Problemen mit Sklerotien kommen, da die genannten Arten zum Wirtspflanzenspektrum des Erregers gehören. Bei Saatgutvermehrungsvorhaben ist auf potenzielle Wirtspflanzen aus der Fruchtfolge der vergangenen Jahre zu achten.
Eine Regelung in der Saatgutproduktion im Sinne der Methoden für Saatgut und Sorten ist aus toxikologischen Gründen sowie pflanzenbaulicher Sicht für folgende Arten gegeben:
Flughafer (Avena fatua)
Der Flughafer gehört in die Familie der Gräser (Poaceae). Er besitzt eine allseitswendige Rispe als Blüten- bzw. Fruchtstand. Die Spelzfrucht ist 15 – 20 mm lang und eilanzettlich zugespitzt, auf dem Rücken entspringt eine bis zu 40 mm lange, bis zu ihrer Krümmung gedrehte Granne, diese ist zumeist abgebrochen. Flughafer ist an der Basis mit vielen borstigen Haaren besetzt. Er wird 60 - 120 cm hoch, weist eine starke Bestockung und Wüchsigkeit auf und bleibt im Boden viele Jahre keimfähig. Durch seinen starken Keimverzug bewirkt er eine nachhaltige Verunkrautung. Flughafer ist befähigt, mit Kulturhafer spontan Bastarde zu bilden, was ihn auf landwirtschaftlich genutzten Flächen besonders unerwünscht macht. In der Landwirtschaft stellt Flughafer eines der Hauptunkräuter dar, das aufgrund der schwierigen Bekämpfung in Getreide ein echtes Produktionsrisiko ist, zumal die Saatgutstandards mit Nulltoleranz festgelegt sind.
Seide, Kleeseide (Cuscuta spp.)
Die Seide gehört in die Familie der Windengewächse (Convolvulaceae) und hat, zumeist auf Klee oder Luzerne, eine schmarotzende Lebensweise. Sie besitzt zartrosa bis weiße Blüten, bildet keine Blätter aus und windet sich mit ihren kräftig gefärbten orangen, rötlichen oder grünen Stängeln an den Wirtspflanzen hoch. Anfangs tritt sie nesterweise auf, bis diese zu einem Flächenbefall zusammengewachsen sind. Der Same ist 0,6-0,9 mm lang und kugelförmig. Die Oberfläche ist grau bis graubraun und feingrubig matt. Der Vollparasit schien noch vor wenigen Jahren in Landwirtschaftskulturen im Griff zu sein, er kehrte dennoch durch mangelnde Sorgfalt in Sonderkulturen und der Produktion und den Import von BIO-Saatgut wieder in die Kleefelder (Rotklee, Luzerne) zurück. Bekämpfungsmaßnahmen sind äußerst aufwändig. Massives Auftreten bedingt starke Ertragsverluste und eine nachhaltige Verseuchung des Bodens, was die Fruchtfolgegestaltung einengt.
Eine Regelung hinsichtlich gefährlicher und unerwünschter Beimengungen sehen auch Handelsvereinbarung vor. So werden verschiedene Arten in den Wiener Börseusancen erwähnt, wie im Folgenden anhand einiger Beispiele erläutert wird:
Großblütiger Stechapfel (Datura innoxia)
Gemeiner Stechapfel (Datura stramonium)
Der Gemeine Stechapfel gehört mit seinen großen, weißen, nach dem Erblühen angenehm duftenden Blüten in die botanische Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Die Pflanze ist unbehaart, mit scheinbar endständigen Blüten, die stachelige, aufrecht stehende Kapselfrucht sitzt in den Triebgabelungen und öffnet sich schon in relativ zeitigem Reifezustand. Die Samen sind 3,3 – 3,8 mm lang, flach und nierenförmig, ihre Oberfläche ist dunkelgrau, braunschwarz bis schwarz und feinwarzig. Sie zeigen in unbehandeltem Zustand eine dunkelbraune bis schwarze Färbung, im unreifen Stadium sind sie hellgraugrün bis braun. Durchlaufen die Samen eine mechanische Bearbeitung wie Schälen oder Schleifen wird die Samenschale abgehoben und der Same nimmt eine beige Färbung an, was ihn kaum von anderen geschälten Ernteprodukten unterscheidbar macht (Hirse). Die wärmebedürftige Pflanze wird auf passenden Standorten bis zu 100 cm hoch. Man findet sie hauptsächlich in spät gesäten, dikotylen Feldfrüchten, wie beispielsweise in Kartoffel, Sojabohne, Feldgemüse wie Karotte, Rübe, aber immer häufiger auch in Mais. Sie wächst vorwiegend an Feldrändern und dem Vorgewende. Mangelhafte Unkrautbekämpfung und lückige Kulturpflanzenbestände erhöhen maßgeblich das Auftreten von Stechapfel. Stechapfel wird vereinzelt in Importware von kreuzblütigen Zwischenfrüchten wie Senf oder Ölrettich oder aber auch in wirtschaftseigenem Saatgut gefunden. Die Art ist als sehr giftig zu bezeichnen, sie enthält Tropanalkaloide, die für die Pflanzenfamilie typisch sind.
Auch der Großblütige Stechapfel gehört zu den Nachtschattengewächsen und hat große, weiße, nach dem Erblühen angenehm duftende Blüten. Die Pflanze ist in allen Teilen behaart, mit scheinbar endständigen Blüten. Die stachelige, nickende Kapselfrucht sitzt in den Triebgabelungen und öffnet sich nicht. Sie weist an der Basis einen charakteristischen Ring auf. Der Same ist 3,8 – 6,0 mm lang, flach und nierenförmig. Die Oberfläche ist gelbbraun, beinahe glatt und matt; unreife Samen der Art sind heller. Man findet die extrem wärmebedürftige Pflanze, die bis zu 100 cm hoch wird, hauptsächlich als Zierpflanze, die auf besonders warmen Ruderalstandorten zu verwildern beginnt. Auch der Großblütige Stechapfel enthält Tropanalkaloide.
Sommer- Adonisröschen (Adonis aestivalis)
Das Sommer-Adonisröschen ist der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) zuzurechnen und ist einjährig. Die Blüte ist rot, selten auch gelb und weist viele Staubgefäße auf. Das Nüsschen ist 3,5 – 5 mm lang mit deutlich zugespitzten Ecken. Die Oberfläche ist hellgrau bis graugelb, netzgrubig und matt. Die Pflanze besitzt fiederteilige Blätter und wird 20 - 60 cm hoch. In Saatgutvermehrungsbeständen ist das Auftreten eher selten, in Konsumflächen häufiger. Gelegentlich kann man Adonisröschen in Untersuchungen von wirtschaftseigenem Saatgut nachweisen. Aufgrund ihrer Glycoside des Cardenolidtyps ist sie als stark giftig einzuordnen.
Auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 178/ 2002 wurde zum Zwecke der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes hinsichtlich eines gemeinsamen europäischen Marktes von der EU das Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (Rapid Alert System for Food and Feed, RASFF) geschaffen. Darin wird unter anderen auch vor dem Schwarzen Bilsenkraut gewarnt.
Ragweed, Beifußblättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia)
Die Ragweed bzw. Beifußblättrige Ambrosie gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und ist einjährig. Die Scheinfrucht ist 2 – 3 mm lang und eiförmig, das obere Ende mündet in eine etwa 1,8 mm hohe Spitze. Diese ist von 6 niedrigeren Dornen umgeben. Letztere fehlen zumeist nach Bearbeitungsprozessen. Die Oberfläche ist gelblich bis dunkelbraun. Die Pflanze breitet sich in wärmeren Gegenden, begünstigt durch den Klimawandel (Anstieg von Temperatur und Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre) teils massiv aus. Sie besitzt keine giftigen Samen, dennoch soll die Verbreitung unterbleiben, da die hoch allergenen Pollen Heuschnupfen, tränende Augen bis hin zu Asthma hervorrufen können. Die Verbreitung wird durch Vogelfutter (Winterstreufutter) und durch Mäh- und Erntemaschinen zusätzlich stark begünstigt. Besonders in Ost- und Südostösterreich, beides klimatisch begünstigt, breitet sich die allergene Unkrautart rasant aus. Bei Saatgut- und Samenherkünften aus Osteuropa, dies gilt besonders für Importe von Brachemischungen (Senf, Ölrettich, Sonnenblume) oder Komponenten von Vogelfuttermischungen, muss besonderes Augenmerk auf Ragweed gelegt werden. Eine rigorose Eingangskontrolle bei Sonnenblumensämereien ist daher unerlässlich, da es sich um dieselbe Pflanzenfamilie handelt. Werden Samen von Ragweed nur einmal etwas zu tief in den Boden eingearbeitet, können sie dort viele Jahre überliegen und in der Folge jahrelang zur unerwünschten Verunkrautung führen. Außer den genannten Arten der Wiener Börseusancen sind darin ebenso Ackerhahnenfuß (Ranunculus arvensis), Zottiger Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus syn. Alectorolophus hirsutus), Floh-Knöterich (Persicaria maculosa syn. Polygonum persicaria) oder die Sonnen-Wolfsmilch (Euphorbia helioscopia) geregelt.
Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger)
Das Schwarze Bilsenkraut gehört zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) und ist zweijährig, wobei auch einjährige Formen bekannt sind. Die attraktiven gelben fünfzähligen Blüten besitzen einen schwarzen Schlund. Die ganze Pflanze ist grau behaart. Die Samen sind 1,2 – 1,6 mm lang, flach und fast rund, ihre Oberfläche ist graugelb bis graubraun, netzmaschig mit deutlichen Grübchen. Sie weisen ziemlich exakt die Größe von Mohnsamen auf und sind damit schwierig von kleinsamigen Arten zu trennen. Die Pflanze wird auf passenden Standorten zwischen 40 und 100 cm hoch. Mangelhafte Unkrautbekämpfung kann beispielsweise bei Mohnkulturen aufgrund der ähnlichen Korngrößen und teils auch der Samenfarbe zu Verunreinigungen bei Lebensmitteln führen. Dieser Umstand bedingt eine schwierige Reinigung des Erntegutes. In Ostösterreich ist auf guten Böden bei ausreichenden Niederschlägen zunehmend mit häufigerem Auftreten zu rechnen. Bilsenkraut ist als sehr giftig zu bezeichnen, es enthält Tropanalkaloide, die für die Pflanzenfamilie typisch sind.
Keine Erwähnung in Regelwerken findet der Schwarze Nachtschatten. Er ist ebenfalls giftig und damit unerwünscht.
Unter der Berücksichtigung, dass Pflanzeninhaltsstoffe nicht nur giftig im engeren Sinne sein können, sondern auch allergische, phototoxische und andere Reaktionen hervorrufen können, wurde auf die Nennung nahezu aller Arten, die letztgenannte Reaktionen hervorrufen können, verzichtet. Denn mehrere heimische (Unkraut)-Arten zeigen ebenfalls Giftwirkung in Pflanzenteilen wie z.B. Zaunrübe oder Tollkirsche, sie gelangen aber so gut wie nie in die Produktion und Verarbeitung von Saatgut, Lebensmitteln oder Futtermitteln. Auch einige unserer Nahrungspflanzen oder ihre Teile können in verschiedenen Stadien eine giftige Wirkung haben. Hier wären zum Beispiel die unreifen Früchte der Tomate, die unreifen Hülsen der Bohne oder die grünen Knollen der Kartoffel, sowie deren unreife Früchte zu nennen. Toxikologisch relevante Pflanzen und Pflanzenteile sollten aber nicht nur aus dem Blickwinkel der Unerwünschtheit betrachtet werden. Einige von ihnen stellen und stellten wichtige Rohstoffquellen in der Erzeugung von Arzneimittel der Veterinär- und Humanmedizin sowie der Homöopathie oder der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) dar. Hier sind als Beispiele Mutterkorn, Fingerhut, Eisenhut und Zaunrübe zu nennen.
Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum)
Der Schwarze Nachtschatten gehört zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) und ist einjährig. Die Blüten sind unscheinbar klein, weiß und fünfzählig, die Früchte sind Beeren, die unreif grün sind und im Reifeverlauf schwarz werden. Der Same ist 1,6 – 2,0 mm lang, flach und schiefeiförmig bis rund. Seine Oberfläche ist graugelb, feingrubig und matt. Der Schwarze Nachtschatten wird auf passenden Standorten bis 75 cm hoch, wächst aufrecht, rankt nicht und enthält die für die Pflanzenfamilie typischen Tropanalkaloide. In lückigen Beständen oder an Feldrändern kann diese Art bei Reihenkulturen durchaus auftreten, insbesondere in Kombination mit später Ernte wie dies etwa bei Sonnenblume der Fall ist. In der Saatgutproduktion werden danach häufig ganze Früchte in den Saatgutpartien gefunden, die aufgrund ihrer ähnlichen Größe schwer herauszufiltern sind. Die Pflanze ist als stark giftig zu bezeichnen.
Quellen: J. Glauninger: Der Pflanzenarzt, 11-12/2007. L. Roth, M. Daunderer, K. Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte, 4. Auflage, 1994. H. Wagner: Pharmazeutische Biologie, 1988. H. Häupler, Th. Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands, 2007. W. Brouwer, A. Stählin: Handbuch der Samenkunde, 1955.
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