Agrar forschung schweiz 2 0 1 2
Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich
J a n u a r
Umwelt
Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken
Pflanzenbau
Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter Rotklee
Kurzbericht
Wirtschaftlichkeit der Kaninchenfleischproduktion
Seite 4 Seite 20 Seite 55
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H e f t
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Inhalt
Januar 2012 | Heft 1
Lebensraum der Grossen Goldschrecke. Die Vernetzung der ökologischen Ausgleichsflächen fördert die Verbreitung der Feldgrille (Gryllus campestris) und der Grossen Goldschrecke (Chrysochraon dispar). Um dem Biodiversitätsverlust in der Landwirtschaftszone entgegenzuwirken, werden in der Schweiz seit 1993 Direktzahlungen für ökologische Ausgleichsflächen ausgerichtet. (Foto: Roman Graf, Vogelwarte Sempach) Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und weitere Fachinteressierte.
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Editorial
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Umwelt Vernetzte Ökoflächen fördern
Heuschrecken Martin Duss, Kim Silvana Meichtry-Stier, Gilberto Pasinelli, Bruno Baur und Simon Birrer 12
Bio-Getreidesaatgut an Agroscope ART Irene Bänziger, Silvia Zanetti, Thomas Hebeisen, Laurent Graff und Susanne Vogelgsang 20
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Evelyne Fasnacht (ALP-Haras), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich). Abonnement Preise Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder info@agrarforschungschweiz.ch Adresse Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz © Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion. Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
Pflanzenbau Pastor: ein neuer, für die Weide
geeigneter Rotklee Beat Boller, Peter Tanner und Franz Xaver Schubiger
Herausgeberin Agroscope Partner b Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux und Schweizerisches Nationalgestüt ALP-Haras; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART) b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern b Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen b Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement für Umweltsystemwissenschaften
Pflanzenbau 15 Jahre Gesundheitsuntersuchungen von
Pflanzenbau 28 Kulturangepasster Pflanzenschutz bei
hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus Jacob Rüegg, René Total, Mauro Jermini, Sebastiano Scettrini, Ronald Wohlhauser, Stefan Wolf und Graham Sanderson Pflanzenbau 36 Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und
Mineralstoffgehalte von belüftetem Dürrfutter Marc Boessinger und Pascal Python Pflanzenbau 44 Leistung und Stickstoffeffizienz von
Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert Anastase Hategekimana, David Schneider, Dario Fossati und Fabio Mascher Kurzbericht 52 Vogelarten für eine vertiefte Risiko
beurteilung von Pestiziden in der Schweiz Michela Gandolfi und Thomas S. Reichlin Kurzbericht 55 Wirtschaftlichkeit der
Kaninchenfleischproduktion Gregor Albisser Vögeli und Markus Lips 58
Porträt
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Aktuell
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Veranstaltungen
Editorial
Erfolgreicher EAAE-Kongress in Zürich Liebe Leserin, lieber Leser
Stephan Pfefferli, Vizedirektor Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
Ende August 2011 fand in Zürich der Kongress der European Association of Agricultural Economists (EAAE) statt. Die Idee dazu entstand 2006 am Weltkongress in Brisbane (Australien). Dort begann ART, beim Board der EAAE zu sondieren. Zurück in der Schweiz begannen Abklärungen beim Bundesamt für Landwirtschaft BLW, bei der ETH und bei Agroscope, ob die Idee Unterstützung findet. Manfred Bötsch ermunterte ART und die ETH eine Bewerbung einzureichen. Das EAAE-Board entschied sich 2008 unter den vier Bewerbungen für jene der Schweiz. Am EAAE-Kongress 2008 in Gent konnte Zürich als Kongressort 2011 vorgestellt werden. Es begann eine dreijährige Periode, in der das Lokale Organisationskomitee (LOK) in enger Zusammenarbeit mit dem EAAE-Board und dem Programmkomitee den Kongress vorbereitete. Das LOK suchte beispielsweise Sponsoren, machte Werbung, organisierte Verpflegung und diverse soziale Anlässe. Die ETH stellte die Räume kostenlos zur Verfügung und ihr Stab Veranstaltungen gab tatkräftige Unterstützung. Die Registration und das Paper-Handling wurden ausgelagert. Der Kongress war ein grosser Erfolg und erntete viel Lob. Rund 750 Personen aus über 50 Ländern nahmen teil. An der Eröffnungsveranstaltung sprachen unter anderen EAAE-Präsidentin Monika Hartmann, WTO-Generaldirektor Pascal Lamy und Bundesrat Johann Schneider-Ammann. In drei Plenarsitzungen in der umgerüsteten Sporthalle der ETH referierten sechs hochkarätige Forschende zu Themen wie experimentelle Methoden für die Wohlfahrtsbeurteilung und die Entscheidungsunterstützung, Agrarpolitik in einer ungewissen Welt, Nahrungsmittelkrise und politische Ökonomie, Risikobeurteilung von Investitionsprojekten und Klimawandel. 220 Papers und 250 Posters wurden in bis zu 17 Parallelsitzungen präsentiert und ermöglichten einen Überblick über die agrarökonomische Forschung der letzten drei Jahre in Europa. Viele Sponsoren unterstützten den Anlass mit grösseren und kleineren Beiträgen, mit der Übernahme von Exkursionen oder durch Naturalleistungen. Allen ganz herzlichen Dank. Fotos sind unter www.eaae2011.ch zu finden. Der Hauptnutzen von Kongressen ist, dass man innerhalb von wenigen Tagen einen gerafften Überblick über die Forschungsarbeiten im Fachgebiet erhält und den Austausch mit den Fachkolleginnen und -kollegen pflegen kann. Dieses Mal war die Schweiz Gastgeberin. Das war mit zusätzlicher Arbeit verbunden, die auch in der Freizeit geleistet wurde. Dafür geht ein grosser Dank an die Kolleginnen und Kollegen von ART und von der Gruppe Agrar-, Lebensmittel und Umweltökonomie des Instituts für Umweltentscheidungen der ETH, die im LOK mitgearbeitet haben. Herzlichen Dank auch den Verantwortlichen von ART, BLW und ETH für die Unterstützung des Kongresses.
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 3, 2012
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U m w e l t
Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken Martin Duss1,2, Kim Silvana Meichtry-Stier1, Gilberto Pasinelli1, Bruno Baur2 und Simon Birrer1 Schweizerische Vogelwarte Sempach, 6204 Sempach 2 Universität Basel, Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz, 4056 Basel Auskünfte: Simon Birrer, E-Mail: simon.birrer@vogelwarte.ch, Tel. +41 41 462 97 38 1
Abb. 1 | Extensive Wiese in der Wauwiler Ebene mit grossen Vorkommen von Feldgrille und Grosser Goldschrecke. In der Bildmitte liegt ein von Altgras umgebener Tümpel. Die ungemähte Vegetation ist für die Grosse Goldschrecke besonders wichtig. (Foto: Roman Graf)
Einleitung Die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft führte zu einer enormen Habitatfragmentierung und -zerstörung. Landschaftselemente wie Hecken, Tümpel und Streuobstwiesen wurden beseitigt. In der Graslandbewirtschaftung wurden mittels Saatmischungen artenarme, dichte Wiesen angelegt. Diese stellen für die meis-
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ten Tierarten kein geeignetes Habitat mehr dar und die häufige Mähnutzung ist für viele Invertebraten tödlich (Humbert et al. 2009). Um dem Biodiversitätsverlust in der Landwirtschaftszone entgegenzuwirken, werden in der Schweiz seit 1993 Direktzahlungen für ökologische Ausgleichsflächen (öAF) ausgerichtet. Der Effekt dieser Ökoflächen auf die Biodiversität schwankt je nach Studie. Bisher genügen die Massnahmen jedoch kaum, um
die Wiederausbreitung bedrohter Arten zu fördern und das Aussterben von Arten der Roten Liste zu verhindern (Kleijn und Sutherland 2003; Herzog und Walter 2005; Kleijn et al. 2006; Zellweger-Fischer et al. 2011). Intensive landwirtschaftliche Kulturen, Siedlungen sowie Strassen zerstückeln und trennen die Lebensräume und damit auch die öAF. Oft genügt auch die Qualität der öAF den Habitatansprüchen gefährdeter Arten nicht. Fragmentierte, schlecht vernetzte öAF und deren tiefe Qualität sind mögliche Gründe für den mässigen Erfolg, die Biodiversität zu fördern (Whittingham 2007). Um die Qualität und die Vernetzung der öAF zu verbessern, werden in der Schweiz seit 2001 Beiträge nach Ökoqualitätsverordnung (ÖQV) für öAF ausgerichtet. In der Wauwiler Ebene läuft seit 2003 ein Vernetzungsprojekt nach ÖQV, bei welchem die beteiligten öAF entweder zur Vernetzung beitragen oder Mindestanforderungen an die biologische Qualität erfüllen müssen. Dabei wurden mehrere öAF zum Beispiel mit Tümpeln, Hecken, Neueinsaaten, gestaffelter Mahd oder Ähnlichem aufgewertet, um neuen Lebensraum für Arten mit spezifischen Habitatansprüchen zu schaffen (Abb. 1). Die vernetzten Flächen sollen die Ausbreitung der Arten und den Austausch zwischen Populationen fördern. 2003 waren 30 % der öAF in der Wauwiler Ebene beim Vernetzungsprojekt angemeldet, fünf Jahre später waren es 41 % (Graf 2009). Das Ziel der vorliegenden Studie war, den Einfluss von Struktur, Qualität und Vernetzung der ökologischen Ausgleichsflächen in der Wauwiler Ebene auf das Vorkommen der Feldgrille (Gryllus campestris, Abb. 2) und
Zusammenfassung
Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken | Umwelt
Vernetzungsprojekte sollen Qualität und Vernetzung der ökologischen Ausgleichs flächen (öAF) verbessern. Wir untersuchten die Auswirkungen eines solchen Projektes in der Wauwiler Ebene (LU) auf die Verbreitung der Feldgrille (Gryllus campestris) und der Grossen Goldschrecke (Chrysochraon dispar). Die Vorkommen beider Arten sowie acht Habitatvariablen wurden kartiert. Es zeigte sich, dass für beide Arten die Vernetzung der öAF wichtig war, besonders zu einer bereits von der Art besiedelten öAF. Feldgrillen bevorzugten wenig intensive und extensive Wiesen oder Flächen mit niedriger Vegetation und mieden feuchte Standorte mit dichtem, hohem Bewuchs. Zudem nahm die Wahrscheinlichkeit, Feldgrillen anzutreffen, mit der Flächengrösse zu. Für die Grosse Goldschrecke war wichtig, dass ein Teil der Vegetation über den Winter stehen gelassen wurde. Wir zeigen, dass wenig mobile Arten wie die Feldgrille und die Grosse Goldschrecke mit Vernetzungsprojekten gefördert werden können. Dabei sind je nach Art unterschiedliche Faktoren zu beachten.
Abb. 2 | Feldgrillen bevorzugen trockene Standorte mit lückiger, kurz gewachsener Vegetation. (Foto: Albert Krebs)
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 4–11, 2012
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Umwelt | Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken
Feuchtgebiete und weist einen sehr geringen Anteil an Wald und Überbauungen auf. Dank dem intakten Landschaftsbild wurde die Ebene in das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler aufgenommen. Das Gebiet ist für Watvögel, Amphibien und Reptilien, aber auch für den Feldhasen (Lepus europaeus) von grosser Bedeutung. Verschiedene Teilgebiete befinden sich in Naturschutzinventaren von regionaler oder nationaler Bedeutung, wie z.B. dem Inventar der Flachmoore von nationaler Bedeutung.
Abb. 3 | Männchen der Grossen Goldschrecke. Diese Art hält sich in hoch gewachsener Vegetation auf. (Foto: Urs Lustenberger)
der Grossen Goldschrecke (Chrysochraon dispar, Abb. 3) zu untersuchen. Die beiden Heuschreckenarten wurden aus mehreren Gründen als Studienobjekt ausgewählt: Einerseits reagieren sie aufgrund ihrer kurzen Generationsdauer schnell auf Umweltveränderungen, so dass sechs Jahre Projektdauer ausreichen sollten um erste Effekte nachzuweisen. Andererseits sind die Habitatansprüche der beiden Arten bereits bekannt und unterscheiden sich deutlich (Detzel 1998, Baur et al. 2006). Beide Arten sind wenig mobil und lassen sich relativ gut kartieren. Während die Feldgrille in der Schweiz als nicht gefährdet gilt, gehört die Grosse Goldschrecke zu den potenziell gefährdeten Arten (Monerat et al. 2007).
Material und Methoden Untersuchungsgebiet Die Studie wurde in der Wauwiler Ebene (17 km²) durchgeführt, einer intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft im luzernischen Mittelland. Das Gebiet umfasst drei
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Habitatvariablen Es wurden acht erklärende Variablen verwendet, um die Habitatqualität bzw. die räumliche Anordnung der öAF zu beschreiben (Tab. 1). Da es bei den öAF viele Typen gibt, welche für die Studienarten nicht relevant sind, wie z.B. Hochstamm-Feldobstbäume oder Trockenmauern, wurden nur die flächigen öAF in die Untersuchung miteinbezogen. Für Heuschrecken ist die Struktur der Wiese von Bedeutung (Laussmann 1999). Deshalb wurden die öAF in sechs Wiesentypen eingeteilt. Dabei wurden die in der Wiese vorkommenden Pflanzenarten und ihre Häufigkeit berücksichtigt. Die Kartierung der Wiesentypen fand zwischen dem 7. und 15. Juni 2009 und somit vor der ersten Mahd statt. Gleichzeitig wurde überprüft, ob die Wiesen ungemähte Vegetation aus dem Vorjahr enthielten (Altgras).
Tab. 1 | Beschreibung der Habitatvariablen
Ökoflächentyp
Einteilung der flächigen öAF in 4 Typen: E xtensivwiese, wenig intensive Wiese, Heckensaum, Streufläche.
Wiesentyp
Die öAF wurden in 6 Wiesentyp-Kategorien eingeteilt und nach der dominierenden Grasart benannt: Raigras, Fromental (inkl. artenreiche Blumenwiesen), Rispengras (inkl. behaarte Seggen), Wiesen-Fuchsschwanz, Saum, Röhricht.
Distanz zur nächsten öAF
Distanz in Meter zur nächstgelegenen öAF
Distanz zur nächsten besiedelten öAF
Distanz in Meter zur nächstgelegenen durch die Art besiedelten öAF
Distanz zum Wasser
Distanz in Meter zum nächstgelegenen Gewässer
Altgras
Vorkommen (ja/nein) von über den Winter stehen gelassener Vegetation
Alter
Alter der öAF in Jahren
Flächengrösse
Flächengrösse der öAF in ha
Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken | Umwelt
Resultate und Diskussion
Da es bei den Ökoflächentypen Brachen und extensive Weiden sowie dem Wiesentyp Brache zu wenige Fälle (n=7, 1 und 1) hatte und diese zu keiner der anderen Kategorien passten, wurden sie nicht in die Analyse miteinbezogen. Es blieben 347 öAF, um das Vorkommen der beiden Arten zu analysieren.
Veränderungen der öAF Der Anteil der flächigen öAF an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) in der Wauwiler Ebene veränderte sich zwischen 2002 (ca. 7,9 %, 119 ha) und 2008 (7,6 %, 112 ha) kaum. Deren Qualität dagegen schon. In derselben Zeitspanne stieg der Anteil Flächen mit ÖQVHeuschreckenkartierung Die Heuschreckenkartierung wurde 2009 bei trocke- Qualität am Bestand der öAF deutlich von 5,5 % auf nem, warmem Wetter durchgeführt, wobei für jede Art 18,6 % (Graf 2009). Dazu trugen vor allem Aufwertungszwei Durchgänge stattfanden. Jede öAF des Untersu- massnahmen der Flächen im Zusammenhang mit dem chungsgebiets wurde in einem diagonalen Transekt Vernetzungsprojekt bei, wie die Einsaat von Blumen abgeschritten und die Präsenz/Absenz der Art notiert. oder das Anlegen von Saumstreifen. Neben der QualiDie Feldgrillen-Männchen sind aufgrund ihres lauten tätsverbesserung bewirkte das Projekt auch eine Werbegesangs gut festzustellen und wurden im Mai Zunahme des Anteils an vernetzten öAF von 55 % auf und Juni kartiert. Die Kartierung der Grossen Gold- 83 % (n=213 bzw. n=356, x2 = 53,2, p < 0,0001), indem schrecke fand von Ende Juli bis Anfang September statt. einige öAF an geeignetere Standorte verschoben wurZu dieser Jahreszeit waren einige Flächen schon gemäht. den. In der vorliegenden Arbeit wurden öAF als vernetzt Da viele Heuschrecken die Wiesen-Ernte nicht überle- betrachtet, wenn sie max. 5 m auseinander lagen. Diese ben (Humbert et al. 2009), wurden diese Flächen frü- Distanz kann von den Studienarten gut überwunden werden und verhindert, dass benachbarte öAF wegen hestens drei Wochen nach dem Schnitt kartiert. Grosse Vermessungsungenauigkeiten als nicht vernetzt gelten. Goldschrecken sind eher schwierig zu entdecken, da sie leise singen und sich in hoher, dichter Vegetation auf- Die Feldgrille scheint vom Vernetzungsprojekt und der damit zusammenhängenden Qualitätssteigerung und halten. Vernetzung zu profitieren. Zwischen 2005 und 2009 Statistik nahm der Anteil besiedelter Extensivwiesen von 23 % Die statistischen Auswertungen erfolgten mit dem Pro- (Graf et al. 2006) auf 59 % deutlich zu (n = 112 bzw. 238, gramm R 2.12.0. Habitatvariablen, die nicht normal x2 = 35,41, p < 0,0001). Feldgrillenbestände können wetterbedingt stark schwanken (Remmert 1979). Das Vorverteilt waren, wurden transformiert, alle numerischen Variablen zusätzlich standardisiert (Mittelwert = 0, kommen auf einer Fläche schwankt jedoch viel weniger SD = 1). Änderungen der Grösse, Qualität und Vernet- stark als die Dichte auf einer Fläche. Daher ist anzunehzung der öAF wurden mittels Proportionentests über- men, dass die festgestellte Zunahme der von Grillen besiedelten Flächen nicht witterungsbedingt ist. Für die prüft. Zusammenhänge zwischen dem Vorkommen der Bestände der Grossen Goldschrecke können keine VerHeuschrecken und den Habitatvariablen wurden für gleiche über die Jahre angestellt werden, da in früheren jede Art separat mittels general linear models (GLM) Jahren nur Daten in ausgewählten Flächen und mit getestet und die Signifikanz der Habitatvariablen mit anderer Methode erhoben wurden. Likelihood-ratio-Tests überprüft.
Tab. 2 | Effekt der Habitatvariablen auf das Vorkommen der Studienarten: LR- und p-Werte aus Likelihood-Ratio-Tests. N = 347 Distanz zur nächsten besiedelten öAF
LR = 23,37; p < 0,001
LR = 51,96; p<0,001
ns
LR = 11,92, p < 0,001
Ökoflächentyp
LR = 32,12; p < 0,001
ns
Wiesentyp
LR = 16,10; p = 0,007
ns
Flächengrösse
LR = 25,34; p < 0,001
ns
Distanz zum Wasser
ns
LR = 7,785; p = 0,005
Altgras
ns
LR = 15,72; p < 0,001
Alter
ns
ns
Distanz zur nächsten öAF
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Vorkommenswahrschinlichkeit ± 95% CI
Umwelt | Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken
1,0
a)
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
0,4
0,4
0,2
0,2
0,0
0,0 0,0
Vorkommenswahrschinlichkeit ± 95% CI
0 100 200 300 400 500 Distanz zur nächsten besiedelten öAF [m] 1,0
c)
0,5
1,0 2,0 1,5 Flächengrösse [ha]
1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
0,4
0,4
0,2
0,2
0,0
b) 2,5
d)
0,0 Raigras Rispengras Saum Fromental Fuchsschwanz Röhricht Wiesentyp
EW
WLW
HS
ST
Ökoflächentyp
Abb. 4 | Vorkommenswahrscheinlichkeit der Feldgrille in Abhängigkeit von a) der Distanz zur nächsten von Feldgrillen besiedelten ökologischen Ausgleichsfläche; b) der Flächengrösse; c) dem Wiesentyp (Fuchsschwanz = Wiesen- Fuchsschwanz); d) dem Ökoflächentyp (EW = extensive Wiese, WIW = wenig intensive Wiese, HS = Heckensaum, ST = Streufläche). Vom Modell geschätzte Mittelwerte (rote Linien) mit 95 % Konfidenzintervall (schwarze Linien).
Distanz zur nächsten (besiedelten) öAF Für beide Studienarten wurde mit einem Modell der Effekt der acht Habitatvariablen auf die Vorkommenswahrscheinlichkeit der Art analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Verbreitung mit der Distanz zur nächsten öAF und mit der Distanz zur nächsten besiedelten öAF negativ zusammenhing (Tab. 2, Abb. 4a, Abb. 5a, Abb. 5b). Allerdings korrelierte die Variable Distanz zur nächsten öAF mit der Variable Distanz zur nächsten besiedelten öAF. Im Modell ohne die Variable Distanz zur nächsten besiedelten Fläche ist die Variable Distanz zur nächsten öAF nicht mehr signifikant. Je näher die nächste öAF lag, je besser also die Vernetzung, desto höher war die Wahrscheinlichkeit in einer Fläche eine der beiden Studienarten anzutreffen, aber nur wenn eine bereits besiedelte Fläche möglichst nahe lag. Feldgrillen wie auch die meisten grossen Goldschrecken
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sind flugunfähig und legen in ihrem Leben nur kurze Strecken zurück (Baur et al. 2006). Neue Flächen werden daher eher besiedelt, wenn sie direkt an ein bereits besiedeltes Gebiet anschliessen. Dies konnten wir in unserer Studie bestätigen. Peter und Walter (2001) sowie Walter et al. (2004) zeigten, dass die Anzahl Heuschreckenarten auf einer öAF positiv mit dem Anteil angrenzender, artenreicher Flächen korreliert. Um die Ausbreitung und den Erhalt der beiden Arten zu fördern, ist es deshalb von grosser Wichtigkeit, geeignete Flächen möglichst vernetzt anzulegen. Feldgrille Neben der Distanz zur nächsten besiedelten öAF beeinflussten die Habitatvariablen Flächengrösse, Ökoflächentyp und Wiesentyp das Vorkommen der Feldgrille (Tab. 2).
Vorkommenswahrschinlichkeit ± 95% CI
Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken | Umwelt
1,0
a)
0,8
0,8
0,6
0,6
0,4
0,4
0,2
0,2
0,0
0,0 0
50 100 150 200 Distanz zur nächsten öAF [m]
1,0 Vorkommenswahrschinlichkeit ± 95% CI
1,0
250
c)
0 100 200 300 400 500 Distanz zur nächsten besiedelten öAF [m] 1,0
0,8
0,8
0,6
0,6
0,4
0,4
0,2
0,2
0,0
0,0 0
50 100 150 200 Distanz zum Wasser [m]
b)
250
d)
ja
nei n Altgras
Abb. 5 | Vorkommenswahrscheinlichkeit der Grossen Goldschrecke in Abhängigkeit von a) der Distanz zur nächsten ökologischen Ausgleichsfläche; b) der Distanz zur nächsten von Grossen Goldschrecken besiedelten ökologischen Ausgleichsfläche; c) der Distanz der ökologischen Ausgleichsfläche zum nächsten Gewässer; d) dem Vorkommen von Altgras. Vom Modell geschätzte Mittelwerte (rote Linien) mit 95% Konfidenzintervall (schwarze Linien).
Einen positiven Zusammenhang zwischen der Flächengrösse und dem Vorkommen wurde z.B. auch für die Waldgrille Nemobius sylvestris (Brouwers und Newton 2009) gezeigt. In der vorliegenden Studie stieg die Vorkommenswahrscheinlichkeit der Feldgrille mit zunehmender Flächengrösse bis ca. 0,5 ha rasch an und nahm für grössere Flächen nur langsam zu (Abb. 4b). Wir vermuten, dass in kleineren Flächen die Grösse der limitierende Faktor war, in grösseren dagegen die Qualität. Trotzdem sind möglichst grosse Flächen anzustreben, da bei 0,5 ha die Wahrscheinlichkeit, Grillen anzutreffen, erst 65 % betrug. Der Wiesentyp und somit die Vegetationsstruktur der öAF ist für die Feldgrille von grosser Bedeutung. In unserer Untersuchung bevorzugte sie Wiesen mit den dominierenden Arten Wiesen-Rispengras, Wiesen-Fuchs-
schwanz oder behaarte Segge und mied Krautsäume und Röhricht (Abb. 4c). Die Böden in Parzellen mit Wiesen-Ripsengras weisen Manganmangel auf (Schmid & Zihlmann 2009, unveröffentlicht), wodurch dort die Vegetation niedrig und lückig bleibt. Auch WiesenFuchsschwanz und behaarte Segge bilden im Untersuchungsgebiet Flächen mit niedrig gewachsener oder lockerer Vegetation und trockenem Boden und entsprechen so den Habitatansprüchen der Feldgrille. An feuchten Standorten oder in Flächen mit dichtem, hohem Bewuchs wie Krautsaum und Röhricht war sie dagegen nicht anzutreffen. Ebenso wurden die im Untersuchungsgebiet eher trockenen Ökotypen Extensivwiese und wenig intensive Wiese häufiger besiedelt als die relativ feuchten und dichten Heckensäume und Streuflä chen (Abb. 4d).
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Umwelt | Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken
Grosse Goldschrecke Das Vorkommen der Grossen Goldschrecke wurde von vier Habitatvariablen beeinflusst (Tab. 2). Neben der Distanz zur nächsten öAF und der Distanz zur nächsten besiedelten öAF waren dies die Distanz der öAF zum Wasser und ob ungemähte Vegetation aus dem Vorjahr (Altgras) in der Fläche vorhanden war (Abb. 5c und 5d). Dabei nahm die Wahrscheinlichkeit, Goldschrecken zu kartieren, mit der Entfernung der öAF zum Wasser schnell ab: in einer Distanz von 1 m betrug sie 41 %, sank schon bei 10 m auf 12 % und ab 37 m fiel sie unter 5 %. Die öAF in Gewässernähe waren meist feuchte Standorte und entsprachen den Habitatansprüchen der Grossen Goldschrecke, welche unter anderem Feuchtwiesen, Uferbereiche und Grabenränder bevorzugt (Detzel 1998; Baur et al. 2006). Solche Flächen enthalten oft Altgras, da sie schlecht zugänglich und daher schwierig zu mähen sind. Dies wird auch daraus ersichtlich, dass die Variablen Distanz zum Wasser und Altgras korrelierten (t-Test, t = 7,038, p < 0,0001). Das Altgras ist wahrscheinlich von grösserer Bedeutung als die Nähe zum Gewässer. Ungemähte Flächen in Gewässernähe waren zwar tendenziell häufiger besiedelt als weiter entfernte (glm, LR = 3,48, p = 0,062). Dies ist unserer Ansicht nach aber eine Folge davon, dass es in den 1970er Jahren nur noch an Gewässern Goldschrecken gab, da dort die einzigen Flächen mit Altgras lagen. Über den Winter stehen gelassene Vegetation war für die Grosse Goldschrecke besonders wichtig. In öAF die Altgras enthielten war die Wahrscheinlichkeit, Goldschrecken zu finden, deutlich höher (44 %) als in vollständig gemähten Flächen (7 %). In regelmässig gemähten Flächen fehlen die für die Fortpflanzung der Art notwendigen Eiablagemöglichkeiten. Die Weibchen legen ihre Eier in markhaltige Stängel von z.B. Himbeeren, Seggen oder Rohrkolben, in denen die Eier überwintern, bis im Frühling die Larven schlüpfen (Detzel 1998).
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Da generell mit den Jahren die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine Fläche von dispergierenden Individuen besiedelt wird, erwarteten wir einen positiven Effekt des Alters der öAF auf das Vorkommen der Studienarten. Dies konnten wir jedoch nicht bestätigen.
Schlussfolgerungen Die vorliegende Studie bestätigt, was bereits mehrfach vermutet wurde: wenig mobile Arten wie die Feldgrille und die Grosse Goldschrecke können mit Vernetzungsprojekten nach ÖQV gefördert werden. Um einen möglichst positiven Effekt auf die beiden Arten zu erzielen, sind neue öAF möglichst mit bereits bestehenden zusammenzuhängen und in der Nähe einer bereits vorhandenen Population anzulegen. Neben der Vernetzung sind zusätzliche Faktoren zu beachten, die von der zu fördernden Art und ihren Habitatansprüchen abhängen. Für die Feldgrille bedeutet dies v.a., dass die öAF an trockenen Standorten mit niedriger Vegetation zu liegen kommen, während für die Grosse Goldschrecke nicht vollständig gemähte Flächen wichtig sind. n
La connessione delle superfici ecologiche favorisce le cavallette I progetti di interconnessione intendono migliorare la qualità e la connessione delle superfici di compensazione ecologica (SCE). Abbiamo studiato gli effetti di un progetto di questo tipo nella pianura di Wauwil (LU) sulla distribuzione del grillo campestre (Gryllus campestris) e della cavalletta Chrysochraon dispar. Sono state cartografate le zone di presenza delle due specie e otto variabili riguardanti l’habitat. E’ risultato che per ambedue le specie erano importanti l’interconnessione delle SCE e, in particolare, la vicinanza a una superficie già occupata dalla specie. I grilli campestri preferivano prati poco intensivi ed estensivi o superfici con vegetazione bassa, mentre evitavano siti umidi con vegetazione alta e densa. La probabilità di incontrare grilli campestri aumentava inoltre in maniera direttamente proporzionale alla grandezza della superficie. Per Chrysochraon dispar era importante che una parte della vegetazione fosse mantenuta durante l’inverno. Con il nostro studio mostriamo che specie poco mobili, come il grillo campestre e Chrysochraon dispar, possono essere favoriti mediante progetti d’interconnessione, ponendo l’attenzione su fattori diversi a seconda delle specie considerate.
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Summary
Riassunto
Vernetzte Ökoflächen fördern Heuschrecken | Umwelt
Grasshoppers and crickets benefit from connected ecological compensation areas The quality and connectivity of ecological compensation areas (ECA) may be improved by habitat connectivity projects. The effects of such a project on the distribution of field cricket (Gryllus campestris) and large gold grasshopper (Chrysochraon dispar) were studied in the Plain of Wauwil (canton of Lucerne). The presence of both species, as well as eight habitat variables were mapped. The connectivity of ECAs was vital for both species, especially links to ECAs where the species had already settled. Field crickets favoured short vegetation and meadows farmed at a medium or low intensity; they avoided damp sites with a dense sward of tall plants. Moreover, the probability of encountering field crickets increased with field size. For the large gold grasshopper it was important that the vegetation was not mown on part of the area and remained undisturbed over winter. We show that insects with a restricted mobility like the field cricket and the large gold grasshopper profit from habitat connectivity projects. Depending on the species’ requirements, however, specific factors have to be considered. Key words: ecological compensation area, habitat connectivity, grasshoppers, field cricket, large gold grasshopper.
▪▪ Kleijn D., Baquero R. A., Clough Y., Díaz M., De Esteban J., Fernández F., Gabriel D., Herzog F., Holzschuh A., Jöhl R., Knop E., Kruess A., Marshall E. J. P., Steffan-Dewenter I., Tscharntke T., Verhulst J., West T. M. & Yela J. L., 2006. Mixed biodiversity benefits of agri-environment schemes in five European countries. Ecol. Lett. 9, 243–254. ▪▪ Laussmann H., 1999. Die mitteleuropäische Agrarlandschaft als Lebensraum für Heuschrecken (Orthoptera: Saltatoria). Verlag Agrarökologie, Bern. 215 S. ▪▪ Monnerat C., Thorens P., Walter T. & Gonseth Y., 2007. Rote Liste der Heuschrecken der Schweiz. Bundesamt für Umwelt, Bern, und Schweizer Zentrum für die Kartographie der Fauna, Neuenburg. Umwelt-Vollzug 0719. 62 S. ▪▪ Peter B. & Walter T., 2001. Heuschrecken brauchen ökologische Ausgleichsflächen. Agrarforschung 38, 452–457. ▪▪ Remmert H., 1979. Grillen – oder wie gross müssen Naturschutzgebiete sein? Nationalpark 22, 6–9. ▪▪ Walter T., Hunziker M., Peter B. & Ward P., 2004. Threatened grasshopper species profit from ecological compensation areas. Grassland sci. Eur. 9, 234 – 236. ▪▪ Whittingham K. J., 2007. Will agri-environment schemes deliver substantial biodiversity gain and if not why not? J. Appl. Ecol. 44, 1–5. ▪▪ Zellweger-Fischer J., Kéry M. & Pasinelli G., 2011. Population trends of brown hares in Switzerland: The role of land-use and ecological compensation areas. Biol. Conserv. 144, 1364–1373.
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P f l a n z e n b a u
15 Jahre Gesundheitsuntersuchungen von Bio-Getreidesaatgut an Agroscope ART Irene Bänziger, Silvia Zanetti, Thomas Hebeisen, Laurent Graff und Susanne Vogelgsang Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Auskünfte: Irene Bänziger, E-Mail: irene.baenziger@art.admin.ch, Tel. +41 44 377 72 27
Abb. 1 | Mit Schneeschimmel ( Microdochium nivale / M . majus), sichtbar als orange farbiger S porenbelag, befallene Keimlinge.
Einleitung In der Schweiz wächst der Markt für Bioprodukte. Damit steigt auch der Bedarf an Saatgut, das nach den Richt linien für den biologischen Landbau produziert werden muss. Zwischen den Jahren 2000 und 2010 stieg die Fläche von biologisch vermehrtem Getreidesaatgut von 220 auf 369 ha, was einem Anteil von rund 5 % der anerkannten Getreidesaatgutfläche entspricht. Die Verwendung von biologisch produziertem Saatgut im Biolandbau ist seit 2004 in der Schweiz in der «Verordnung über die biologische Landwirtschaft und die Kennzeichnung biologisch produzierter Erzeugnisse und Lebensmittel» gesetzlich verankert. In der EU regelt
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dies die «Verordnung Nr. 1452/2003 der Kommission der EG». Demnach muss das Saatgut gemäss den Richtlinien des Biolandbaus produziert werden und kann nur in Ausnahmefällen mithilfe eines Gesuchs durch konven tionelles Saatgut ersetzt werden. Samenbürtige Krankheitserreger haben weltweit eine grosse Bedeutung. Mit chemisch-synthetischer Beizung konnte ihre Ausbreitung sehr effektiv verhindert werden. Das Angebot wirksamer und für den biologischen Landbau zugelassener Beizmittel ist aber sehr begrenzt. Somit stellt die Gesundheitsuntersuchung des Biosaatguts eine wichtige Massnahme zur Erfassung und Kontrolle der samenbürtigen Krankheiten dar. Für eine unbehandelte Aussaat gelten in der Schweiz die von
Winter et al. (1997) festgelegten Schadschwellen (Stinkund Zwergbrand: 10 Sporen/Korn; Schneeschimmel: 10 %; Spelzenbräune: 40 %). Werden bei den Untersuchungen, welche im Rahmen der Saatgutzertifizierung von Bio-Saatgut durchgeführt werden, höhere Werte festgestellt, wird eine unbehandelte Aussaat durch die Anerkennungsstelle der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART nicht empfohlen. Im benachbarten Ausland gelten zum Teil andere Schadschwellenwerte. In Bayern zum Beispiel haben die Ökoverbände in Zusammenarbeit mit der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft einen Schwellenwert von 20 Sporen/ Korn zur Bekämpfung von Stink- beziehungsweise Steinbrand eingeführt. Die aus wirtschaftlicher Sicht wichtigsten samenbürtigen Getreidekrankheiten in der Schweiz sind der Schneeschimmel (Microdochium nivale / M. majus), der Stinkbrand (Tilletia caries, syn. T. tritici), der Zwergbrand (Tilletia controversa) und die Spelzenbräune (Septoria nodorum). Letztere hat aufgrund toleranterer Getreidesorten in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Der Zwergbrand wird mit dem Saatgut verbreitet, ist aber auch bodenbürtig. Der samenbürtige Schneeschimmelbefall beeinträchtigt bei kühlen Temperaturen die Keimfähigkeit der Getreidekörner und verringert die Anzahl der auflaufenden Pflanzen, was zu lückigen Beständen führt. Beim Stink- und Zwergbrand werden anstelle der Getreidekörner Brandbutten ausgebildet, die mit übelriechenden und giftigen Sporen gefüllt sind. Diese beiden Erreger weisen ein enormes Verbreitungspotenzial auf. Die Brandsporen gelangen beim Dreschen auf die gesunden Körner und infizieren nach der Saat die Keimlinge. Zusätzlich kontaminieren sie den ganzen Verarbeitungsweg (z. B. Erntemaschine, Lagersilo). Beim Stinkbrand spielt neben dem Saatgutbefall (Inokulum) auch die Witterung während der Keimung eine wichtige Rolle. Trockene Bedingungen und Temperaturen zwischen 5 und 10 °C nach der Saat sind ideale Infektionsbedingungen. Im Gegensatz dazu ist der Zwergbrand vorwiegend bodenbürtig und infiziert die Keimlinge bei Tempera turen zwischen 0 und 5 °C. Bei der Spelzenbräune werden die Keimscheide (Koleoptile) und die Wurzeln im Wachstum beeinträchtigt und die Triebkraft vermindert, was zu lückenhaften Feldbeständen führt. Im Rahmen der Zertifizierung werden von allen Bioproben noch zusätzlich die Reinheit sowie die Keimfähigkeit bestimmt. Diese müssen den Anforderungen der Saat- und Pflanzgutverordnung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements EVD genügen. Bei der Anwendung der Schadschwellen handelt es sich um eine Empfehlung, wobei die Mitglieder der Fachkommission Ackerkultu-
Zusammenfassung
15 Jahre Gesundheitsuntersuchungen von B io-Getreidesaatgut an Agroscope ART | Pflanzenbau
Untersuchungen des biologisch produzierten Getreide-Saatgutes der letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass der Kontrolle samen bürtiger Krankheiten eine grosse Bedeutung zukommt. Der Krankheitsdruck hängt von jährlichen, witterungsbedingten Schwankungen ab. Der Befall mit Stink- und Zwergbrand (Tilletia caries / T. controversa) hat aber in den letzten Jahren zugenommen. Bei Dinkel trat vor allem der Stinkbrand und bei Weizen der Zwergbrand vermehrt auf. Bei Dinkel scheint die Sorte «Oberkulmer Rotkorn» anfällig für Stinkbrand zu sein. Da sich die Krankheit sehr schnell durch kontaminiertes Saatgut ausbreiten kann, ist es wichtig, befallsfreies Ausgangssaatgut zu verwenden. In schneereichen Wintern mit lang anhaltender Schneedecke (2008/2009) kam der Zwergbrand auch in tieferen Lagen vor. Probleme mit dem Schneeschimmel gab es vor allem bei Roggen, bei dem häufig über die Hälfte der untersuchten Saatgutproben über der Schadschwelle lagen. Wirkungsvolle, für den Biolandbau zugelassene Saatbeiz mittel gibt es nur gegen den Stinkbrand bei Weizen und Dinkel. Gegen den Schneeschimmel (Microdochium nivale / M. majus) und den Zwergbrand sind diese nur teilweise bzw. unzureichend wirksam.
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Pflanzenbau | 15 Jahre Gesundheitsuntersuchungen von B io-Getreidesaatgut an Agroscope ART
Dazu werden 200 Samenkörner auf feuchtem Filterpapier ausgelegt und zuerst fünf Tage bei 10 °C im Dunkeln und anschliessend drei Tage bei 20 °C mit Licht inkubiert. Ein Befall mit Schneeschimmel zeigt sich in Form deformierter Keimlinge, verbräunter Wurzeln und nicht gekeimter Samen mit dem für den Erreger typischen weiss-rosa gefärbten Pilzmyzel. Anhand dieser Kriterien wird der prozentuale Befall durch den Krankheitserreger ermittelt.
Abb. 2 | Sporen von Tilletia caries (links) und T. controversa (rechts) mit 400-facher Vergrösserung.
ren von «BioSuisse» (Knospe) diese übernommen haben. Die Verantwortlichen der Vermehrungsorganisationen sind für deren Umsetzung zuständig. Im biologischen Anbau nimmt der Gerstenflugbrand (Ustilago nuda) zu. Im Gegensatz zu den Tilletia-Arten ist hier eine Kontrolle bei der Feldbesichtigung eher möglich, da befallene Ähren zu dieser Zeit gut erkennbar sind. Hingegen ist eine Kontrolle beim Saatgut schwierig. Das Myzel des Erregers befindet sich im Embryo und muss aufwändig isoliert werden.
Material und Methoden Nachweis von Microdochium nivale / M. majus Der Befall mit Schneeschimmel (Abb.1) wird bei Weizen, Triticale und Roggen gleichzeitig mit der Bestimmung der Keimfähigkeit in einem modifizierten Keimfähigkeitstest ermittelt (Winter et al. 1997).
Nachweis von Tilletia caries / T. controversa Der Befall mit Stink- und Zwergbrandsporen wird bei Weizen, Dinkel und Triticale mittels einer Filtrationsmethode nach ISTA (International Seed Testing Association; Kietreiber 1984) untersucht. 250 Körner (Dinkel: 50 Fesen) werden mit einer Natriumdihydrogenphosphat-Lösung (0,2 %) gewaschen und die Lösung anschliessend durch einen 5 mm Millipore™-Filter filtriert. Die Brandsporen pro Korn werden mit dem Mikroskop bei 100-facher Vergrösserung gezählt. Seit 2009 werden Stink- und Zwergbrandsporen aufgrund morphologischer Merkmale an der Sporenoberfläche bei 400-facher Vergrösserung voneinander unterschieden. Zwergbrandsporen haben eine deutlicher ausgeprägte Netzstruktur auf ihrer Oberfläche sowie längere Leisten als Stinkbrandsporen (Abb. 2). Nachweis von Septoria nodorum Der Anteil der mit Spelzenbräune befallenen Weizenund Triticalekörner wird mit einem Fluoreszenztest nach ISTA (Kietreiber 1981) festgestellt. Auf dreilagigem, feuchtem Filterpapier werden die Samen drei Tage bei 18 °C (Keimung), anschliessend vier Stunden bei –20 °C (Abtötung des Keimlings) und danach vier Tage bei 28 °C (Pilzwachstum) inkubiert. Alle Test-
Abgelehnte Proben (%)
60 50 40 30 20 10
M. nivale / M. majus
'1
0
(1
17 )
6) (1 3 '0 9
6) (1 2
) '0 8
)
(1 54 7 '0
(1 61
) '0
6
(1 48 5
)
T. caries / T. controversa
'0
7)
(1 38 '0 4
(9 '0
3
21 ) (1 2 '0
(9 2) '0 1
(8 6) '0 0
(6 2) '9 9
1) (6 8 '9
7) (3 7 '9
1) (3 6 '9
'9
5
(2
0)
0
S. nodorum
M. nivale / M. majus: 10 %, T. caries / T. controversa: 10 Sporen / Korn, S. nodorum: 40 % Abb. 3 | Anteil Proben über der Schadschwelle je Krankheit in den Jahren 1995 bis 2010 in Prozent. Gesamte Anzahl Proben in Klammern.
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phasen erfolgen in Dunkelheit. Der Erreger produziert Toxine, die unter einer Lichtquelle (Wellenlänge 366 nm) schwefelgelb fluoreszieren.
Resultate und Diskussion Zwischen 1995 und 2010 wurden über 1500 Saatgutproben geprüft. Im ersten Jahr waren es nur 20, seit 2002 stieg die Anzahl auf 120 bis 160 Proben pro Jahr. Die Mehrheit der Proben waren Weizen, wobei sich in den letzten Jahren der Anteil zugunsten von Dinkel verringert hat. Seit 2005 betrug der Anteil der Dinkelproben ein Drittel aller Getreideproben. Roggen und Triticale hatten je einen Anteil von unter 10 %.
100
100
90
90
80
80
Proben mit Befall (%)
Proben mit Befall (%)
Gesundheitszustand der eingesandten Proben Der Anteil gesunder Proben unterlag starken, jahresbedingten Schwankungen. In den Jahren von 1996 bis 1998, von 2002 bis 2004 und 2006 lagen mindestens 80 % der untersuchten Saatgutproben bei allen Prüfpunkten unter der Schadschwelle und konnten als «gesund» zur unbehandelten Aussaat empfohlen werden. In den Jahren 1995, 1999, 2007, 2009 und 2010 hatten ein Viertel der Proben einen zu hohen Befall mit Microdochium nivale / M. majus und waren ungeeignet zur unbehandelten Aussaat. Der Befall mit Tilletia spp. stieg seit 2005 an, von durchschnittlich unter 3 % auf 9 bis 17 % (Ausnahme im 2007: 1 %). Septoria nodorum zeigte nur in den Jahren 1998, 1999 und 2001 einen erhöhten Anteil an abgelehnten Proben (7–11 %) und hatte seither eine geringe Bedeutung (Abb. 3).
Vermehrtes Auftreten von Stink- und Zwergbrand bei Weizen und Dinkel seit 2005 Der Anstieg der Proben mit Tilletia spp. (Befallshöhe und -häufigkeit) war besonders auffällig. Um die Befallshäufigkeit bzw. das Vorkommen aufzuzeigen, wurden auch jene Proben dargestellt, die über eine Spore pro Korn aufwiesen (Abb. 4a und 4b). Bereits Rüegger et al. 1998 wiesen darauf hin, dass die Entwicklung von Stink- und Zwergbrand auf Bio-Saatgut verfolgt werden müsse. Selbst wenn der Erreger nur auf tiefem Niveau präsent ist, kann er sich schnell verbreiten, wenn das Saatgut nicht auf den Besatz mit Brandsporen kontrolliert wird und entsprechende Massnahmen getroffen werden. Zusätzlich ist es wichtig, dass man die Saatgutvermehrung mit einem befallsfreien Ausgangsposten startet. Bei der Feldbesichtigung ist es je nach Sorte und Stadium sehr schwierig, befallene Weizen- und Dinkelähren von gesunden Ähren zu unterscheiden. Die Zunahme bei Dinkel war vor allem auf Stinkbrand zurückzuführen, diejenige bei Weizen vor allem auf Zwergbrand (Abb. 5). Auch in Deutschland und Österreich wurden diese Beobachtungen gemacht: «Der Weizensteinbrand (Stinkbrand) und der Zwergsteinbrand (Zwergbrand) sind derzeit die wichtigsten samenbürtigen Krankheiten im ökologischen Getreideanbau, mit zunehmender Tendenz.» Zitiert aus der 11. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau in Giessen, 2011. «In den letzten Jahren haben Befallsmeldungen von Stein- und Zwergsteinbrand wieder zugenommen. Der Befall ist im Ökologischen Landbau als auch in der konventio-
70 60 50 40 30
70 60 50 40 30
20
20
10
10
0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 (62) (61) (81) (65) (98) (89) (89) (81) (70) (76) (70) > 10 Sporen pro Korn
> 1 Sporen pro Korn
Abb. 4a | Verlauf des Befalls mit Tilletia spp. ( T. caries und T. controversa) bei Weizen zwischen 2000 und 2010. Gesamte Anzahl P roben in Klammern.
0
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 (18) (20) (27) (22) (32) (47) (59) (46) (42) (42) (39) > 10 Sporen pro Korn > 1 Sporen pro Korn
Abb. 4b | Verlauf des Befalls mit Tilletia spp. ( T. caries und T. controversa) bei Dinkel zwischen 2000 und 2010. Gesamte Anzahl P roben in Klammern.
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Tab. 1 | Durchschnittlicher Befall (Mittelwert / Median) mit Microdochium nivale / M. majus und Tilletia caries / T. controversa bei verschiedenen Weizensorten in den Jahren 2008 bis 2010 Anzahl Proben
M. nivale / M. majus (%)
Fiorina
19
16,4 / 13,0
0,7 / 0,2
Ludwig
11
9,6 / 8,0
0,2 / 0,0
Runal
21
12,0 / 10,0
5,6 / 0,8*
Scaro
17
6,0 / 3,0
1,1 / 0,4
Weizensorte
Tilletia spp. (Sporen/Korn)
Siala
37
9,9 / 8,5
17,7 / 0,7*
Titlis
36
6,8 / 7,0
0,7 / 0,2
Wiwa
44
7,6 / 7,0
1,3 / 0,2
*hauptsächlich T. controversa
nellen Landwirtschaft festzustellen. Besonders stark war der Befall in den Erntejahren 2004 für Steinbrand und 2006 für Zwergsteinbrand.» Zitiert aus der 58. Tagung der Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs, 2007. Zwergbrandbefall von Weizen auch in tieferen Lagen Üblicherweise kommt der Zwergbrand nur in höheren Lagen über 600 m ü. M. mit tiefen Bodentemperaturen vor, da die Keimung der Sporen bei Temperaturen von 0 bis 5 °C erfolgt. Im Jahr 2009 wurde der Zwergbrand bei Weizen aber auch in Grenzlagen beobachtet. So in Fehraltorf (530 m ü. M. ), Oberembrach (600 m ü. M.), Brütten (610 m ü. M.) und Schaffhausen (600 m ü. M.). Dies war wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass
der Winter 2008/2009 häufiger Schnee in tiefen Lagen aufwies und die Schneedecke auch länger liegen blieb (Quelle: MeteoSchweiz). Hinweis auf Sortenunterschiede bei allen untersuchten Getreidearten Schneeschimmel Beim Schneeschimmel zeigten sich in den letzten drei Jahren Unterschiede in der Befallshöhe der einzelnen Weizensorten (Tab. 1). Die Sorte «Fiorina» war mit 16 % am stärksten befallen, die Sorten «Scaro» und «Titlis» mit 6 beziehungsweise 7 % am geringsten. Roggen und Triticale sind allgemein anfälliger gegenüber dem Schneeschimmel. Bei Roggen war die Sorte «Matador» mit durchschnittlich 24 % sehr stark befallen, die Sorte
45 Proben mit > 10 Sporen pro Korn (%)
40 35 30 25 20 15 10 5 0 Weizen (70) Dinkel (42) 2008
Weizen (76) Dinkel (42) 2009 T. controversa
Weizen (70) Dinkel (39) 2010
T. caries
Abb. 5 | Prozentualer Anteil von Tilletia caries und Tilletia controversa bei Weizen und D inkel von 2008 bis 2010. Anzahl Proben in Klammern.
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Tab. 2 | Durchschnittlicher Befall (Mittelwert/Median) mit Microdochium nivale / M. majus bei verschiedenen Roggen- und Triticale sorten in den Jahren 2008 bis 2010 Sorte
Anzahl Proben
M. nivale / M.majus (%)
Roggen
Matador
8
24,1 / 20,0
Roggen
Recrut
7
13,1 / 10,0
Triticale
Bedretto
14
11,9 / 11,0
Triticale
Triamant
5
11,4 / 10,0
Getreideart
«Recrut» mit 13 % etwas weniger. Die Sorten «Bedretto» und «Triamant» bei Triticale schnitten mit 12 bzw. 11 % ähnlich ab (Tab. 2). Bei Dinkel hat der samenbürtige Schneeschimmel keine Bedeutung. Stink- und Zwergbrand Bei Dinkel fiel vor allem die Sorte «Oberkulmer Rotkorn» auf, die mit durchschnittlich 132 Sporen pro Korn in den letzten drei Jahren sehr stark befallen war (Tab. 3). Die Sorten «Ostro» (Ø 17 Sporen pro Korn), «Titan» (Ø 20 Sporen pro Korn) « und Tauro» (Ø 4 Sporen pro Korn) waren bedeutend weniger stark und auch weniger häufig befallen. Bei Weizen wies die Sorte «Siala» im Mittel der letzten drei Jahre mit 18 Sporen pro Korn den höchsten Stink- oder Zwergbrandbefall auf (Tab. 1). Die Sorten «Fiorina», «Ludwig», «Scaro», «Titlis» und «Wiwa» wiesen hingegen alle einen durchschnittlichen Befall von unter zwei Sporen pro Korn auf. Roggen und Triticale waren bis jetzt selten und dann nur geringfügig befallen. Der Medianwert wich beim Stink- und Zwergbrand zum Teil stark vom Mittelwert ab. Dies zeigt auf, dass die einzelnen Werte viel stärker schwankten als beim Schneeschimmel. Viele Posten waren wenig befallen, einzelne Posten wiesen jedoch einen sehr hohen Befall auf und führten somit zu einem relativ hohen Mittelwert (Tab. 1 bis 3).
Frühere Versuche (Bänziger et al. 2003) haben gezeigt, dass es signifikante Sortenunterschiede in der Anfälligkeit auf Stinkbrand gibt. Um die Anfälligkeit der aktuellen Sorten zu prüfen, müssten aber erneut Sortenver suche durchgeführt werden. Wirkung des biologisch verträglichen Beizmittels Cerall® Die Saatbeizmittel Cerall® und Cedomon® (Pseudomonas chlororaphis) sind seit 2007 für den Biolandbau zugelassen. Cedomon® wurde für bespelzte Getreidearten entwickelt und bei Gerste gegen die Netzflecken(Drechslera teres) sowie Streifenkrankheit (Drechslera gramineum) und bei Dinkel gegen den Stinkbrand zugelassen. Cerall® hat eine Wirkung gegen Stinkbrand bei Weizen und Dinkel sowie eine Teilwirkung gegen den samenbürtigen Schneeschimmel bei Weizen, Roggen und Triticale und gegen die samenbürtige Septoria bei Weizen (Tab. 4). Eigene Versuche haben gezeigt, dass bei 65 untersuchten Getreideproben mit unterschiedlichem Befall eine Behandlung mit Cerall® die Keimfähigkeit von 78 auf 88 % erhöhte und der Befall mit Schneeschimmel von 20 auf 9 % reduzierte. Hiermit erreichten sowohl die Keimfähigkeit als auch den Befall mit Schneeschimmel im Durchschnitt ein Niveau, das eine unbehandelte Aussaat des Saatgutes ermöglichte.
Tab. 3 | Durchschnittlicher Befall (Mittelwert/Median) mit Microdochium nivale / M. majus und Tilletia caries / T. controversa bei verschiedenen Dinkelsorten in den Jahren 2008 bis 2010 Anzahl Proben
M. nivale / M. majus (%)
Alkor
9
< 2,0
3,3 / 2,0
Oberkulmer Rotkorn
30
< 2,0
131,9 / 18,5
Ostro
50
< 2,0
17,4 / 2,9
Samir
3
< 2,0
0,7 / 0,0
Tauro
11
< 2,0
4,2 / 0,0
Titan
14
< 2,0
19,6 / 0,2
Dinkelsorte
Tilletia spp. (Sporen/Korn)
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Tab. 4 | Zugelassene Saatbeizmittel für den biologischen Getreidebau Beizmittel Cerall Cedomon Tillecur
Aufwandmenge/100 kg Saatgut
samenbürtiger Krankheitsbefall
Weizen
Roggen/Triticale
Dinkel
Stinkbrand
Schneeschimmel
Septoria nodorum
1000 ml
1000 ml
1500 ml
+
Teilwirkung
Teilwirkung
−
−
1000 ml
+
−
−
1,3 kg*
−
−
+
−
−
* in 5–6 Liter Wasser anrühren
Schlussfolgerungen Obwohl in knapp der Hälfte der Jahre der Anteil an gesundem Bio-Getreidesaatgut über 80 % lag, gab es auch Jahre, in denen nur 60 bis 70 % als geeignet für eine unbehandelte Aussaat empfohlen werden konnten. Besondere Aufmerksamkeit muss der Zunahme an Proben mit einem erhöhten Befall durch Stink- und Zwergbrand geschenkt werden. Daher ist es unerlässlich, die Befallsentwicklung in einem jährlichen Gesundheitstest zu prüfen. Damit sich die Krankheit nicht noch stärker ausbreiten kann, ist die Einhaltung der Empfehlung «ungeeignet für die Aussaat ohne Behandlung» sehr wichtig. Sollte die Befallsentwicklung in Zukunft weiter ansteigen, müsste eine Verschärfung der heute geltenden Schadschwelle überprüft werden. Die Unterscheidung von Stinkbrand und Zwergbrand ist insofern von Bedeutung, da eine Infektion mit Zwergbrand hauptsächlich über kontaminierte Böden erfolgt. Somit genügt es nicht, befallfreies Saatgut zu verwenden. Zwergbrandsporen können bis zu zehn Jahre im Boden überdauern. Daher sollte auf solchen Böden über mehrere Jahre kein Wintergetreide angebaut werden respektive nur Sommergetreide oder Gerste, da diese nicht befallen werden. In kalten, schneereichen Wintern kann der Zwergbrand auch in tieferen Lagen auftreten. Bei der Züchtung neuer Bio-Sorten müsste zudem der Schwerpunkt auf Brandresistenzen gelegt werden. In früheren Versuchen gab es zwar Unterschiede in der Anfälligkeit der Weizen- und Dinkelsorten gegenüber Stink- und Zwergbrand, eine echte Resistenz konnte jedoch noch nicht erzielt werden. Mit der Sorte «Butaro» aus der Züchtung des Dottenfelderhofs in Deutschland steht aber eine resistente Weizensorte in den aktuellen Sortenversuchen der Agroscope Forschungsanstalten. In der Praxis stehen drei Saatbeizmittel zur Verfügung, die im Biolandbau verwendet werden dürfen. Cerall® (Bakterienpräparat, wässrig) wirkt gegen Stinkbrand bei Weizen und hat eine Teilwirkung gegen den Schnee-
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schimmel. Cedomon® (Bakterienpräparat, ölig) ist zugelassen gegen Stinkbrand bei Dinkel. Tillecur® (Gelbsenfmehl) kann gegen Stinkbrand bei Weizen eingesetzt werden. Gegen den Zwergbrand gibt es bis heute kein biologisch wirksames Saatbeizmittel. Im Unterschied zu Cerall® und Cedomon® ist Tillecur® nicht geeignet für eine Anwendung in Grossbeizanlagen. Demgegenüber bleibt die Haltbarkeit der Bakterienpräparate ungekühlt auf wenige Tage und kühl gelagert auf einige Wochen beschränkt. Damit behandeltes Saatgut ist jedoch bis zu n 18 Monate lagerfähig.
15 anni di controlli sanitari su sementi cerealicole biologiche presso Agroscope ART Le ricerche condotte negli ultimi quindici anni sulle sementi cerealicole biologiche indicano l'importanza del controllo delle loro patologie. La pressione esercitata dalle malattie è legata a oscillazioni annuali, influenzate dalle condizioni meteorologiche. Tuttavia, negli ultimi anni, gli attacchi di carie e carie nana del frumento (Tilletia caries / T. controversa) sono aumentati. Si sono riscontrati soprattutto più casi di carie del frumento nella spelta e di carie nana nel frumento. La varietà di spelta «Oberkulmer Rotkorn» sembra particolarmente sensibile alla carie del frumento. È importante ricorrere a sementi sane, poiché questa patologia si propaga molto rapidamente mediante le sementi contaminate. Durante gli inverni molto innevati e con manto nevoso persistente (2008/2009), la carie nana del frumento è apparsa anche in pianura. I problemi con il mal del piede dei cereali si sono manifestati soprattutto nella segale: più della metà dei campioni di sementi analizzate si trovava oltre il valore di soglia. Dei prodotti fitosanitari efficaci e omologati per l’agricoltura biologica esistono solamente per il trattamento delle sementi contro la carie del frumento che attacca frumento e spelta. Tuttavia, essi riscontrano solo una parziale o insufficiente efficacia contro il mal del piede dei cereali (Microdochium nivale / M. majus) e contro la carie nana del frumento.
Literatur ▪▪ Bänziger I., Forrer H. R., Schachermayr G., Frei P. & Gindrat D., 2003. Stinkbrandanfälligkeit in- und ausländischer Weizensorten, Agrarforschung 10, 328–333. ▪▪ Gengenbach H., 2011. 11. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau in Giessen vom 15.–18. März 2011. Ergänzender Tagungsband zu den Dialog-Workshops, 14–21. ▪▪ Kietreiber M., 1981. Filterpapier-Fluoreszenztest für die Feststellung von Septoria nodorum in Triticum aestivum unter Berücksichtigung des in Keimruhe befindlichen Saatgutes. Seed Science and Technology 9, 717–723. ▪▪ Kietreiber M., 1984. Wheat: dwarf bunt, bunt (stinking smut), smoothspored bunt (stinking smut). In: ISTA Handbook on Seed Health Testing, ISTA, Zürich, Working sheet No 53, 1–4.
Summary
Riassunto
15 Jahre Gesundheitsuntersuchungen von B io-Getreidesaatgut an Agroscope ART | Pflanzenbau
Fifteen years of organic cereal seed health analyses at Agroscope ART Investigations on organically produced cereal seed over the past 15 years have shown the importance of the control of seed-borne diseases. Although disease pressure depends on annual fluctuations caused by the weather, infestation with common and dwarf bunt (Tilletia caries/T. controversa) has increased in the last few years, with the former primarily occurring on spelt and the latter on wheat. On spelt, the cultivar «Oberkulmer Rotkorn» seems to be particularly susceptible to common bunt. Since the disease can spread very quickly through contaminated seed, it is important to use non-infested starter seed. In winters with abundant snow fall and persistent snow cover (2008/2009), dwarf bunt also occurred in lower altitudes. Problems with snow mould occurred primarily on rye, with over half of the examined seed samples frequently exceeding the threshold value. Effective seed dressings registered for organic farming are only available against common bunt on wheat and spelt; they are only partially or insufficiently effective against snow mould (Microdochium nivale/M. majus) and dwarf bunt. Key words: seed borne disease, soil born disease, seed health testing, bunt, snow mould, glume blotch, threshold value, organic cereal seed.
▪▪ Killermann B., Voit B. & Büttner P., 2007. Brandkrankheiten bei Weizen – Erfahrungen und Ergebnisse aus der Saatgutuntersuchung, 58. Tagung der Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs in Gumpenstein vom 20.–22. November 2007, 41–44. ▪▪ Rüegger A., Winter W. & Bänziger I., 1998. Gesundheitsdienst im Dienste der Biosaatgutproduktion. Agrarforschung 5, 121–124. ▪▪ Winter W., Bänziger I., Krebs H., Rüegger A., Frei P. & Gindrat D., 1997. Beizung nach Schadschwellen. Ergebnisse mit Sommerweizen. Agrarforschung 4, separater Farbteil.
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P f l a n z e n b a u
Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter Rotklee Beat Boller, Peter Tanner und Franz Xaver Schubiger, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Auskünfte: Beat Boller, E-Mail: beat.boller@art.admin.ch, Tel. +41 44 377 73 63
Abb. 1 | Die Weideeignung der neuen Rotkleesorte Pastor wurde am Standort Reckenholz in von Rindern beweideten Parzellenversuchen geprüft. (Foto: ART)
Einleitung Rotklee (Trifolium pratense L.) gilt als wenig geeignet für die Weidenutzung. Die in Weiden am meisten natürlich vorkommende und in Mischungen ausgesäte Leguminosenart ist der Weissklee, der sich dank seinen oberirdischen Ausläufern (Stolonen) nach der Beweidung rasch regenerieren kann und ausdauernd bleibt. Weissklee hat aber ein geringes Ertragspotenzial (Lehmann 1999) und trägt mit seinem sehr hohen Proteingehalt zum Missverhältnis zwischen Protein- und Energiegehalt
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in jungem Weidefutter bei, das zu verstärkter Stickstoffausscheidung und erhöhten Ammoniakverlusten führen kann. Zudem kann Weissklee in Weiden bei zusagenden Bedingungen und geringer Stickstoffzufuhr überhandnehmen und die Gräser in unerwünschtem Ausmass zurückdrängen, was Bestandesdichte und Trittfestigkeit beeinträchtigt. Als mögliche Alternative wurde die Luzerne züchterisch bearbeitet (Bouton et al. 1991, Piano et al. 1996). In der Schweizer Sortenprüfung konnten sich die Weideluzerne-Typen allerdings nicht durchsetzen (Mosimann et al. 2007).
Rotklee verfügt im Vergleich zu Weissklee über ein hohes Ertragspotenzial und einen nicht so extrem hohen Proteingehalt. Die hohe Aktivität des Enzyms Polyphenoloxidase (PPO) ermöglicht, dass ein höherer Anteil des Proteins dem Abbau im Pansen entgeht, so dass die Stickstoffverluste auf der Weide reduziert werden können (Lee et al. 2004). Durch das Fehlen oberirdischer Ausläufer wird die Gefahr reduziert, dass Rotklee bei geringer Stickstoffzufuhr zu Lasten der Weidegräser überhand nehmen kann. Konventioneller Rotklee wächst aber wesentlich höher auf als die für die Weide wichtigen Untergräser wie Englisches Raigras und Wiesenrispengras, und das Aufkommen dieser für Trittfestigkeit und Narbendichte wichtigen Gräser kann behindert werden. Auch leidet Rotklee unter Tritt und tiefem Verbiss und kann sich nicht so gut regenerieren, so dass mit herkömmlichen Sorten kein stabiler Kleeanteil im Weidebestand erwartet werden kann. Deshalb nahm ART 1990 ein Zuchtprogramm auf, um einen Rotklee für die Weidenutzung zu züchten. Unsere WeiderotkleeZüchtung hat zum Ziel, Rotkleesorten mit befriedigendem Ertragspotenzial und guter Ausdauer zu entwickeln, die das Aufkommen der Weidegräser nicht behindern und sich nach der Beweidung gut regenerieren können. Hier stellen wir mit Pastor eine erste Rotkleesorte mit verbesserter Weideeignung vor. Sie wurde unter der Zuchtstammbezeichnung TP0325 erfolgreich auf agronomischen Wert (Frick et al. 2008) und inzwischen ebenfalls auf Unterscheidbarkeit und Homogenität geprüft und steht seit diesem Jahr in den offiziellen Sortenkatalogen der Schweiz und Frankreichs.
Zusammenfassung
Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee | Pflanzenbau
Mit Pastor steht für die Schweizer Landwirtschaft zum ersten Mal eine Sorte von Rotklee zur Verfügung, die speziell auf Weideeignung gezüchtet und geprüft wurde. Pastor geht auf Kreuzungen zwischen einem aus dem Kanton Jura stammenden Ökotyp und Zuchtmaterial des Mattenklees zurück. Die neue Sorte zeichnet sich durch niedrigeren, flacheren Wuchs und kleinere Blätter als herkömmlicher Mattenklee aus. In zwei Parzellenversuchen, die mit Rindern oder Mutterkühen beweidet wurden, hielt sie sich bis zum Ende des 2. Hauptnutzungsjahres besser als die bewährte Mattenkleesorte Milvus. Pastor erreichte höhere Bestandesanteile, es überlebten mehr Pflanzen, und sie bildete mindestens doppelt so viele Triebe pro Pflanze und pro Flächeneinheit wie Milvus. Wurde Pastor in den für Weide empfohlenen Standardmischungen SM 440 oder SM 462 anstelle von Weissklee ausgesät und beweidet, entwickelten sich Bestände mit einem über die Zeit besser ausgeglichenen Kleeanteil als mit Weissklee oder mit der Mattenkleesorte Dafila. Die neue Rotkleesorte Pastor hat das Potenzial, in geeigneten Mischungen für mindestens drei Nutzungsjahre die Rolle des Weissklees als Weideleguminose zu übernehmen.
Material und Methoden Abstammung der Sorte Pastor Die Sorte Pastor geht auf Kreuzungen zwischen Zuchtmaterial von ART und einem Ökotyp aus dem Kanton Jura zurück. Saatgut einer Ökotypenpopulation aus dem Gebiet Pré de Joux – La Metteneux in der Gemeinde Undervelier erhielt ART 1990 von Dr. Peter Thomet (Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft, Zollikofen). Die Population stammte aus einer stets sehr kurz gehaltenen Pferdeweide auf 620 m über Meer. Wir bauten sie in Zürich-Reckenholz im Zuchtgarten an und wählten zehn typische, kleinblättrige und flachwüchsige Pflanzen aus, die wir 1992/93 mit 20 Elitepflanzen vom Mattenkleetyp kreuzten. Deren Nachkommen (F1) kreuzten wir erneut mit Mattenklee und unterzogen die entstandene Population, die zu 75 % Mattenklee- und zu 25 % Jura-Wildklee Genetik enthielt, in weiteren drei Generationen einer Einzelpflanzenauslese in den Zuchtgärten. In jeder Generation wurde auf flachen Wuchs,
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Pflanzenbau | Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee
Tab. 1 | Ausgesäte Mischungen im Weideversuch WV08b (2008 – 2010)
Art Rohrschwingel Timothe Engl. Raigras (2n)
Saatmengen g/a
Sorte
SM 462
BELFINE
SM 440
150
RICHMOND
30
ARVELLA
30
100
Wiesenrispe
LATO
100
100
Rotschwingel
ECHO
50
Kleevarianten: Weiderotklee
PASTOR
Mattenklee
DAFILA
Weissklee Total
40
40 40
grossbl. / kleinbl. 2:1
40 40
320
40 320
fünf Weidegängen pro Hauptnutzungsjahr zwei bis drei Wochen, in den intensiver geführten Versuchen 2008 bis 2010 waren es sechs bis sieben Weidegänge pro Hauptnutzungsjahr mit Besatzzeiten von je sechs bis zehn Tagen. Nachdem die Tiere von der Weide genommen worden waren, wurden die Bestände bei Bedarf nachgemäht, um gute Bonituren in ausgeglichenen Beständen durchführen zu können. Jeweils vor dem Weidegang wurde der Bestandesanteil des Rot- beziehungsweise Weissklees visuell eingeschätzt. An Stichproben wurde die visuelle Einschätzung mit einer botanischen Analyse überprüft, wobei sich eine hoch signifikante Korrelation (r=0,985 für n=12 Vergleiche) und eine gute absolute Übereinstimmung (im Mittel von 12 Vergleichen visuelle Einschätzung 24,5 % gegenüber botanischer Analyse 25,0 %) ergaben. An einzelnen Zeitpunkten wurden zudem die Anzahl vorhandener Rotkleepflanzen sowie die Anzahl Triebe pro Pflanze ausgezählt.
Resultate und Diskussion
intensive Triebbildung und kleine Blätter geachtet, um den Sortencharakter zu erhalten. 2002 liessen wir 42 ausgewählte Pflanzen untereinander in Isolation abblühen und säten 2003 einen Reihenversuch mit den Nachkommen der 25 Pflanzen mit dem höchsten Samenertrag. Hieraus wählten wir 21 typische Nachkommenschaften aus, welche zusammen die Sorte Pastor bilden. Weideversuche Die Fähigkeit von Pastor und Vergleichssorten, Beweidung zu ertragen, wurde in Parzellenversuchen (Parzellengrösse mindestens 30 m²) in Zürich-Reckenholz untersucht (Abb. 1). In den Versuchen WV04 (2004−2006) und WV08a (2008−2010) wurde Rotklee mit einer Saatmenge von 30 g/a zusammen mit 150 g/a feinblättrigem Rohrschwingel in vier Wiederholungen ausgesät. Im Versuch WV08b (2008−2010) wurde komplexere Mischungen in vier bis fünf Wiederholungen ausgesät, die den Standardmischungen SM 462 und SM 440 entsprechen (Tab. 1). Dabei wurde entweder das Originalrezept mit Weissklee ausgesät, oder der in den Mischungsrezepten vorgesehene Weissklee wurde in gleicher Saatmenge entweder durch Pastor oder durch die neue Mattenkleesorte Dafila ersetzt. Ab dem Herbst des Aussaatjahres entsprach die Nutzung einer Umtriebsweide. Im eher extensiv geführten Versuch 2004 bis 2006 betrug die jeweilige Besatzzeit bei vier bis
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Verhalten in den Weideversuchen mit Rohrschwingel In der einfachen Mischung mit Rohrschwingel (WV04, 2004−2006) konnte sich Pastor im zeitlichen Verlauf besser entwickeln und höhere Bestandesanteile erobern als der bewährte Mattenklee Milvus (Abb. 2). Während der Bestandesanteil von Milvus über die Versuchsperiode hinweg kontinuierlich abnahm, nahm Pastor bis zur Mitte des ersten Hauptnutzungsjahres leicht zu und blieb danach stets auf einem höheren Niveau als Milvus. Auch im Weideversuch WV08a (2008−2010) erreichte Pastor die höchsten Bestandesanteile der vier geprüften Sorten (Tab. 2). Im Herbst jedes Jahres wies Pastor die höchste Anzahl Pflanzen, Triebe pro Pflanze und Triebe pro Flächeneinheit auf. Im Vergleich zu Milvus bildete Pastor 2,6- bis 3,0-mal so viel Triebe pro Flächeneinheit. Die Ergebnisse dieses Versuches wurden beim positiven Entscheid der französischen Sortenprüfbehörde für die Aufnahme von Pastor in den nationalen Sortenkatalog von Frankreich mitberücksichtigt. Typische Pflanzen von Pastor wachsen in der Weide flacher und haben kleinere, rundlichere Blätter als beispielsweise der Mattenklee Dafila (Abb. 3). Zahlreiche junge Triebe bilden sich bei Pastor nahe am Boden und streben fast horizontal vom Zentrum der Pflanze weg. Diese flachen Triebe ermöglichen eine rasche Regeneration nach der Beweidung. In den Blattachseln ausgewachsener, niederliegender Stengel bilden sich Tochterpflanzen, die sich mit Adventivwurzeln im Boden verankern können. In der offiziellen Sortenprüfung (Frick et al. 2008) unter Schnittnutzung wurden Ertrag, allgemeiner Ein-
Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee | Pflanzenbau
Tab. 2 | Ertragsanteil, Anzahl Pflanzen und Anzahl Triebe von Pastor im Weideversuch WV08a (2008 – 2010) mit Rohrschwingel im Vergleich zu herkömmlichen Rotkleesorten Sorte
Ertragsanteil (%) Rotklee
Zeitpunkt
Pastor
Milvus
Lemmon
Mistral
Mittel von 12 Beobachtungen 2008 – 2010
39,7 a
35,2 b
35,3 b
28,4 c
Herbst 2008
65,3 a
55,5 a
63,8 a
55 a
Herbst 2009
36,1 a
29,1 ab
35,1 a
20,2 b
Herbst 2010
4,5 a
3,1 ab
2,3 ab
0,6 b
Mittel von 3 Beobachtungen
35,3 a
29,2 bc
33,7 ab
25,3 c
Herbst 2009
21,6 a
9,8 bc
13,0 b
8,7 c
Anzahl Rotklee-Pflanzen / m²
Herbst 2010
8,9 a
4,4 b
4,3 b
3,8 b
Mittel von 2 Beobachtungen
15,2 a
7,1 bc
8,6 bc
5,9 c
Herbst 2009
770 a
295 bc
450 b
170 c
Herbst 2010
40 a
13 b
10 b
2b
Mittel von 2 Beobachtungen
406 a
155 b
231 b
87 c
Anzahl Triebe / Pflanze
Anzahl Triebe / m²
Ertragsanteil, Anzahl Pflanzen und Anzahl Triebe von Pastor im Weideversuch WV08a (2008 – 2010) mit Rohrschwingel im Vergleich zu herkömmlichen Rotkleesorten
druck und Konkurrenzkraft von Pastor deutlich schwächer beurteilt als Milvus. Umso mehr unterstreicht der im Vergleich mit Milvus höhere Bestandesanteil von Pastor in unseren Weideversuchen seine spezielle Weideeignung.
Rot- statt Weissklee in Standardmischungen? Bisher gibt es keine Standardmischungsrezepte mit ausdauerndem Rotklee, die für die Weide empfohlen werden (Suter et al. 2008). Die Standardmischungen setzen
100 90 80
Aussaatjahr
1. Hauptnutzungsjahr
2. Hauptnutzungsjahr
Bestandesanteil %
70 KGD (5%) 60 50
Weiderotklee Typ Pastor
40
MILVUS
30 20 10 0 02.09.04
14.04.05
30.06.05
24.04.06
30.05.06
04.07.06
14.08.06
Abb. 2 | Verlauf der geschätzten Ertragsanteile von Pastor und Milvus im Weideversuch WV04 (2004 – 2006) in Mischung mit Rohrschwingel.
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Pflanzenbau | Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee
Abb. 3 | Typische Pflanze von Rotklee des Weidetyps Pastor (links) bzw. des Mattenkleetyps Dafila (rechts) aus einem Weidebestand im Herbst des 1. Hauptnutzungsjahres. Das jeweils jüngste Blatt der sieben (Pastor) bzw. vier (Dafila) Triebe ist durch Schraffur hervorgehoben. (Zeichnungen von Malin Maurer)
auf den Weissklee als tragende Kleeart in den Weiden. ART hat hier eine Einsatzmöglichkeit für den Weide rotklee Pastor als Ersatz für Weissklee aufbauend auf den Mischungsrezepten SM 440 und SM 462 geprüft (Tab. 1). In beiden Mischungen entwickelte sich der Weissklee zuerst ähnlich wie die beiden Rotkleevarianten, eroberte dann aber zusehends höhere Bestandesanteile (Abb. 4). Ab dem Herbst des 1. Hauptnutzungsjahres blieb der Weisskleeanteil signifikant höher als beide Rotkleesorten und lag meist über 50 %. Solch hohe Kleeanteile sind in der Weide nicht erwünscht. Sie führen zu einseitig proteinreichem Futter mit ungenügendem Gehalt an
leicht abbaubaren Kohlenhydraten, wodurch die Gefahr von Stickstoffverlusten im Verdauungssystem der Wiederkäuer ansteigt. Ausserdem verlieren die Bestände mit weniger Gräsern an Trittfestigkeit. Dies ist besonders dann der Fall, wenn wie im Biolandbau die Gräser nicht durch gezielte Stickstoffdüngung gefördert werden können. Der Mattenklee Dafila erreichte zeitweise ebenfalls sehr hohe Bestandesanteile, bevor er gegen Ende des 2. Hauptnutzungsjahres stark abnahm. Der Einsatz von Pastor hingegen führte zu ziemlich ausgeglichenen Kleeanteilen. Nur im Frühjahr des 1. Hauptnutzungsjahres in der SM 462 stieg der Kleeanteil in den Mischungen mit Pastor wesentlich über 40 %, meist lag er zwischen
PASTOR
80 70 60 50
KGD(5%)
40 30 20
Bestandesanteile % in SM 462
1.Hauptnutzungsjahr
Weissklee DAFILA 100 Aussaatjahr 2.Hauptnutzungsjahr 90 70
KGD (5%)
50 40 30
Ziel: 30-40 % Klee
20 0
01
.0 08 9.08 .1 09 0.08 .0 30 4.09 .0 27 4.09 .0 30 5.09 .0 05 6.09 .0 10 8.09 .0 22 9.09 .1 08 0.09 .0 06 4.10 .0 15 5.10 .0 27 6.10 .0 26 8.10 .1 0. 10
0
.0
2. Hauptnutzungsjahr
60
10
01
1. Hauptnutzungsjahr
80
10
08 9.08 .1 09 0.08 .0 30 4.09 .0 27 4.09 .0 30 5.09 .0 05 6.09 .0 10 8.09 .0 22 9.09 .1 08 0.09 .0 06 4.10 .0 15 5.10 .0 27 6.10 .0 26 8.10 .1 0. 10
Bestandesanteile % in SM 440
100 Aussaatjahr 90
Abb. 4 | Verlauf der geschätzten Ertragsanteile von Rotklee Pastor oder Dafila bzw. Weissklee im Weideversuch WV08b (2008–2010), jeweils vor dem Weideauftrieb in der Standardmischung SM 440 (links) bzw. SM 462 (rechts). Vertikale Balken bezeichnen den B ereich Mittelwert ± kleinste gesicherte Differenz (p=0,05).
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Agrarforschung Schweiz 3 (1): 20–27, 2012
Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee | Pflanzenbau
SM 440
L.p.
mit Weissklee
T.r.
L.p.
mit Mattenklee DAFILA
P.p.
L.p.
mit Weiderotklee PASTOR
SM 462
P.p.
F.a.
mit Weissklee
P.p.
L.p.
F.a.
mit Mattenklee DAFILA
L.p.
0%
20%
40%
T.r.
T.r.
P.p.
L.p.
T.r.
T.p.
P.p.
F.a.
mit Weiderotklee PASTOR
T.p.
T.p.
P.p.
T.r.
T.p.
60%
T.r.
80%
100%
Rohrschwingel (F.a.)
Engl. Raigras (L.p.)
Wiesenrispe (P.p.)
Timothe
Rotschwingel
andere Gräser
Rotklee (T.p.)
Weissklee (T.r.)
Löwenzahn
andere Kräuter
Abb. 5 | Bestandesanteil der einzelnen Arten, erhoben nach Daget-Poissonnet im Herbst 2010 im Weideversuch WV08b (2008 – 2010) mit Varianten der Standardmischungen SM 440 und SM 462: Original mit Weissklee, modifiziert mit Mattenklee D afila oder Weiderotklee Pastor anstelle von Weissklee. Der Weisskleeanteil in den Varianten mit Rotklee kam spontan (ohne Aussaat) auf.
30 und 40 %. Gegen Ende des 2. Hauptnutzungsjahres ging der Rotkleeanteil aber auch in den Mischungen mit Pastor deutlich zurück. Gleichzeitig nahm in diesen Beständen spontan aufkommender Weissklee zu. Zwischen den beiden Mischungen SM 440 und SM 462 gab es nur geringfügige Unterschiede im Kleeanteil und im relativen Verhalten der verschiedenen Kleevarianten. In der SM 462 waren die Unterschiede zwischen den Kleevarianten etwas geringer, und es dauerte länger, bis der Weissklee einen deutlich höheren Bestandesanteil erreichte als die beiden Rotkleesorten. Die exakte Erhebung der Bestandeszusammensetzung mittels der Daget-Poissonnet Methode im Herbst des 2. Hauptnutzungsjahres bestätigte den hohen Kleeanteil in den Mischungen mit Weissklee (Abb. 5) und den damit verbundenen, im Vergleich zu den Rotkleevarianten geringeren Gräseranteil. Zwischen den Rotkleevarianten gab es zu diesem Zeitpunkt keine signifikanten Unterschiede, obschon Pastor einen etwas höheren Bestandesanteil erreichte als Dafila. Hingegen beeinflusste die Berücksichtigung von Rotklee anstelle von Weissklee in der SM 462 nicht nur das Verhältnis zwischen dem Klee- und dem gesamten Grasanteil, sondern
auch das Verhältnis der Grasarten untereinander. Mit Rot- anstelle von Weissklee erhöhte sich der Rohrschwingel-Anteil stark, während der Anteil Englisches Raigras trotz insgesamt höherem Grasanteil signifikant (p < 0,05) zurückging. Dies deutet darauf hin, dass der Rohrschwingel besser an ein Zusammenleben mit Rotklee angepasst ist als das Englische Raigras. In allen Varianten mit Rotklee kam auch etwas Weissklee auf. Von Interesse ist hier die Tendenz zu höheren Weisskleeanteilen in den Beständen mit Dafila als in jenen mit Pastor. Möglicherweise besetzte der Weissklee hier die Lücken, die Dafila beim starken Rückgang im Sommer des 2. Hauptnutzungsjahres hinterliess (Abb. 4). Versamen für längerfristig stabilen Rotkleeanteil nötig Trotz der nachgewiesenen besseren Weideeignung von Pastor im Vergleich zu herkömmlichen Rotkleesorten war auch bei Pastor ein über die drei beobachteten Nutzungsjahre fortschreitender Rückgang der Anzahl vorhandener Rotkleepflanzen festzustellen (Tab. 2). Um diesem Rückgang entgegen zu wirken und längerfristig einen ausreichenden Rotklee-Anteil in den Wiesen aufrecht zu erhalten, wäre ein erfolgreiches Versa-
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Pflanzenbau | Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee
men des Rotklees nötig. In unseren Versuchen wurden die Bestände nach dem Abtrieb der Tiere jeweils nachgemäht, um gute Voraussetzungen für die Beurteilung eines möglichst ausgeglichenen nächsten Aufwuchses zu schaffen. Deshalb konnte der Rotklee kaum versamen, weil allfällig noch vorhandene Blütenköpfe nicht ausreifen konnten. Durch den Verzicht auf das Nachmähen könnten die Chancen dafür verbessert werden. In einem laufenden, neuen Weideversuch konnten wir gegen Herbst des ersten Hauptnutzungsjahres 2011 erste Hinweise finden, dass Pastor günstige Voraussetzungen mitbringt, beim Verzicht auf das Nachmähen in geeigneten Perioden (Spätsommer und Herbst) diese Chance zu nutzen. Anfang Oktober zählten wir in den nach der Septemberbeweidung nicht nachgemähten Mischbeständen mit verschiedenen Raigrassorten im Durchschnitt von je zwölf Parzellen bei Pastor 18,6 und bei Dafila 8,8 Blütenköpfchen mit reifenden Samen pro Parzelle. Das höhere Samenbildungspotential von Pastor kam offenkundig zustande, weil an seinen niederliegenden Stengeln mehr Blütenköpfchen der Beweidung entgingen als beim aufrecht wachsenden Rotklee Dafila.
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Schlussfolgerungen Mit der neuen Sorte Pastor steht für den Schweizer Kunstfutterbau erstmals ein Rotklee zur Verfügung, der das Potenzial hat, sich in geeigneten Mischungen unter Beweidung zu halten. Pastor erreichte zwar unter Schnittnutzung nicht das Ertragspotenzial des herkömmlichen Mattenklees, hielt sich aber in den durchgeführten Weideversuchen mit Rohrschwingel als Mischungspartner stets besser als die Mattenkleesorte Milvus. Dieses günstige Verhalten zeigte sich vor allem in einer höheren Triebzahl pro Pflanze und Flächeneinheit. Die Berücksichtigung von Pastor als Kleekomponente anstelle von Weissklee in den getesteten Standardmischungen SM 440 und SM 462 führte zu ausgeglichenen Kleeanteilen über drei Nutzungsjahre (Saatjahr bei Frühjahrsaussaat und zwei Hauptnutzungsjahre), da es nicht wie bei Weissklee oder herkömmlichem Mattenklee zu einem zeitweise Überhandnehmen des Klees kam. Feinblättrige Sorten von Rohrschwingel scheinen ein geeigneter Mischungspartner für Weidemischungen mit der neuen Rotkleesorte Pastor zu sein. n
Pastor, un nuovo trifoglio rosso per il pascolo Pastor è, la prima varietà di trifoglio rosso a disposizione dell’agricoltura svizzera, selezionata e testata per il pascolo. Essa risale a incroci tra un ecotipo originario del canton Giura e alcune varietà coltivate di trifoglio pratense lunga durata. Si distingue per il portamento basso, rampante, e per le foglie più piccole del trifoglio pratense lunga durata comune. Questa varietà, in due parcelle sperimentali pascolate da manzi e mucche allattanti, si è mantenuta fino alla fine del secondo anno di sfruttamento con risultati migliori della varietà raccomandata di trifoglio pratense lunga durata Milvus. Pastor raggiunge un’importante copertura vegetale con un maggior tasso di sopravvivenza e, rispetto a Milvus, gli individui producono almeno il doppio di germogli per pianta e per unità di superficie. Sostituendo Pastor al trifoglio bianco impiegato in due miscele standard raccomandate, SM 440 o SM 462, le semine si sono sviluppate in una popolazione più equilibrata rispetto alle miscele contenenti trifoglio bianco o trifoglio pratense lunga durata della varietà Dafila. In miscele adeguate, la nuova varietà di trifoglio rosso Pastor ha il potenziale di assumere il ruolo di leguminosa da pascolo per almeno tre anni di utilizzazione.
Summary
Riassunto
Pastor: ein neuer, für die Weide geeigneter R otklee | Pflanzenbau
Pastor – a new red clover suitable for grazing For the first time, a red clover variety bred and tested especially for its suitability for grazing is available to Swiss agriculture. Named Pastor, this variety traces back to crosses between an ecotype stemming from the canton of Jura, and Mattenklee breeding material. The new variety is characterised by a lower, flatter growth habit and smaller leaves than conventional Mattenklee. In two plot trials where beef cattle or suckler cows were grazed, it performed better than the recommended Mattenklee variety Milvus up to the end of the second year. Pastor achieved higher percentages of the total population and more plants survived than with Milvus, and it formed at least twice as many shoots per plant and per unit of area as the latter. Where Pastor was sown and grazed in the standard mixtures recommended for pasture (SM 440 or SM 462) instead of white clover, stands developed which, over time, had a better-balanced proportion of clover than was the case with white clover or with the Mattenklee variety Dafila. In suitable mixtures, the new red-clover variety Pastor has the potential to take on the role of white clover as a grazing legume for at least three years. Key words: breeding, cultivars, grazing, red clover, selection, Trifolium pratense.
Literatur ▪▪ Bouton J.H., Smith S.R.J., Wood D. T., Hoveland C.S. & Brummer E. C., 1991. Registration of 'Alfagraze' alfalfa. Crop Science 31, 479. ▪▪ Frick R., Jeangros B., Demenga M., Suter D. & Hirschi H. U., 2008. Essais de variétés de trèfle violet. Revue suisse d'Agriculture 40 (6), 245–248. ▪▪ Lee M.R.F., Winters A. L., Scollan N. D., Dewhurst R. J., Theodorou M. K. & Minchin F. R., 2004. Plant-mediated lipolysis and proteolysis in red clover with different polyphenol oxidase activities. Journal of the Science of Food and Agriculture 84 (13),1639–1645. ▪▪ Lehmann J., 1999. Der Ertrag und Nährwert von Futterpflanzen und die Milchleistung. Vorträge für Pflanzenzüchtung 44,102–109. ▪▪ Mosimann E., Jeangros B., Suter D. & Briner H. U., 2007. Essais de variétés de luzerne et de bromes fourragers (2004 – 2006). Revue suisse d'Agriculture 39 (4),189–192. ▪▪ Piano E., Valentini P., Pecetti L. & Romani M., 1996. Evaluation of lucerne germplasm collection in relation to traits conferring grazing tolerance. Euphytica 89, 279–288. ▪▪ Suter D., Rosenberg E., Frick R. & Mosimann E., 2008. Standardmischungen für den Futterbau, Revision 2009 – 2012. Agrarforschung 15 (10),1–12.
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Kulturangepasster Pflanzenschutz bei hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus Jacob Rüegg1, René Total1, Mauro Jermini2, Sebastiano Scettrini2, Ronald Wohlhauser3, Stefan Wolf3 und Graham Sanderson3 1 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil 2 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Centro di Cadenazzo, 6594 Contone 3 Syngenta Crop Protection AG, 4002 Basel Auskünfte: E-Mail: jacob.rueegg@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 64 28 / 079 777 26 17
A
B Abb. 1 | Auberginen Sorte Madonna, Reihenabstand 2 Meter. 14 Tage nach der Pflanzung: Laubwand 53 cm hoch, berechnete Laubwandfläche 5340 m ² pro ha, ermittelte Blattfläche etwa 2800 m ² pro Hektare (A) und 121 Tage nach der Pflanzung: Laubwand 227 cm hoch, b erechnete Laubwandfläche 22 710 m ² pro ha, ermittelte Blattfläche etwa 65 000 m ² pro Hektare (B).
Einleitung Krankheiten und Schädlinge zuverlässig unter der Schadschwelle zu halten gehört zu den Kernelementen einer erfolgreichen Produktion von Tomaten, Gurken, Auberginen und Paprika im Gewächshaus. Schadinsekten und Milben werden vorrangig durch den Einsatz biologischer Gegenspieler im Schach gehalten; der Einsatz von Insektiziden und Akariziden hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert, ist aber bei einer kritischen, raschen Vermehrung der Schädlinge zuweilen noch nötig. Die Ausbreitung von Pilzkrankheiten kann durch eine gute Klimaführung in modernen Gewächshäusern stark eingedämmt, aber nicht immer ausreichend unter Kontrolle gebracht werden. Fungizide aus verschiedenen Wirkstoffklassen werden meist wieder-
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holt und präventiv eingesetzt, da zuverlässige Prognosemodelle für die wichtigsten Pilzkrankheiten im Gewächshausbereich fehlen und somit ein zeitlich gezielter Einsatz auf Grund einer Prognose nicht möglich ist. Von einem modernen Pflanzenschutz wird erwartet, dass die Pflanzenschutzmittel gezielt, wirkungsvoll und zugleich sparsam eingesetzt werden. Kulturangepasster Pflanzenschutz bedeutet zweierlei: a) die Dosis des gewählten Produktes und das Wasser volumen sollen der jeweiligen Kultur und ihrem Wachstum angepasst werden und b) das Gerät soll das anzuwendende Produkt möglichst vollständig und gut verteilt auf die Kultur applizieren. In der Mehrheit der Fälle soll das Blattwerk der Kultur behandelt werden, damit ist die gesamte Blattfläche der Pflanzen die Zielfläche des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Je nach Schad
erreger und Kulturstadium sind zuweilen auch nur bestimmte Abschnitte der Blattfläche zu behandeln. Zum Schutz der Anwendenden, der Umwelt und aus Kostengründen ist eine möglichst hohe Wiederfindungsrate anzustreben, das heisst ein möglichst hoher Prozentsatz von etwa 60 – 85 % der total ausgebrachten Wirkstoffmenge soll auf der Kultur angelagert werden. Die Anforderungen an einen kulturangepassten Pflanzenschutz sind nicht einfach zu erfüllen. Heute stellt man bei den üblichen Geräten fest, dass die Verteilung der applizierten Pflanzenschutzmittel in der ganzen Kultur oft noch recht ungleich ist und vor allem die Unterseiten der Blätter wenig bis gar nicht erreicht werden. ACW prüft in Zusammenarbeit mit der Industrie bestehende und neuere Typen von Geräten. In der hier vorgestellten Arbeit soll der ebenfalls noch nicht befriedigend gelöste Aspekt «Anpassung der Produktedosis und des Wasservolumens an die Blattfläche der jeweiligen Kultur» näher beleuchtet werden. Ein erster, wichtiger Schritt auf diesem Weg besteht darin, dass die Blattfläche als Zielfläche des Pflanzenschutzmitteleinsatzes besser erfasst und mit einem möglichst einfachen Massstab gut charakterisiert werden kann.
Material und Methoden In den Jahren 2009 und 2010 wurden von ACW bei Tomaten, Gurken, Auberginen und Gemüsepaprika wiederholte Messungen an eigenen Kulturen sowie solchen in Praxisbetrieben der Süd- und Nordschweiz durchgeführt (Abb. 1 bis 3). In ein- bis dreiwöchigen Abständen wurden jeweils bei zehn repräsentativen Pflanzen die Höhe und Breite der Laubwand gemessen und die Anzahl Blätter pro Pflanze bestimmt. Anhand von Stichproben repräsentativer Blätter wurde deren projizierte Fläche mittels elektronischer Blattflächenmessgeräte (Firma LI-COR Inc. Lincoln, Nebraska USA; stationäres Modell LI-3100A und Portables Modell LI-3000A) bestimmt (Abb. 3a). Auf Grund der Pflanzabstände in den Reihen und der Distanzen zwischen den Reihen wurde die Pflanzenzahl pro Hektare bzw. Quadratmeter ermittelt. Mittels dieser Daten wurde die Blattfläche pro Pflanze bzw. pro Hektare berechnet (Abb. 3b). Bei Auberginen (Abb. 1a, 1b), Gurken (Abb. 2a, 2b) und Paprikapflanzen war die Zunahme der Laubwandfläche und der Blattfläche pro Woche Wachstumszeit recht unterschiedlich. Die Zielfläche für den Einsatz der Pflanzenschutzmittel veränderte sich im Laufe des Wachstums stark und fiel nicht bei allen Kulturen gleich aus. Die bisher vorhandenen Daten müssen durch weitere Messwerte ergänzt werden, um ein vollständigeres Bild des Blattflächenwachstums zu erarbeiten.
Zusammenfassung
Kulturangepasster Pflanzenschutz bei hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus | Pflanzenbau
Bei den hochwachsenden Gewächshauskulturen Tomaten, Gurken, Auberginen und Paprika ist zur Zeit für die Praktiker unklar, wie sie die Dosierung der Fungizide, Insektizide und Akarizide an die wachsenden Kulturen anpassen sollen. In den meisten Fällen stellt die Blattfläche der Kultur die Zielfläche für den Einsatz von Produkten gegen Schädlinge und Pilzkrankheiten dar. Erste Messungen zeigen, dass die Blattfläche bei Auberginen, Gurken und Paprika indirekt durch die einfach zu bestimmende Laubwandfläche mit ausreichender Genauigkeit geschätzt werden kann. Bei Tomaten sind wegen der Vielzahl von Anbauformen und Sorten weitere Messungen nötig. Als provisorisches Arbeitsmodell wird vorgeschlagen, dass eine Laubwandfläche von 20 000 m² pro Hektare der Basisproduktmenge entspricht, welche sich aus dem Basiswasservolumen von 1000 Liter pro Hektare und der bewilligten Anwendungskonzentration errechnet. Ähnlich wie im Obst-, Wein- und Beerenbau könnte dann das einfach konzentrierte Brühevolumen linear der Laubwandfläche nach oben und unten angepasst werden. Das provisorische Dosiermodell muss durch weitere Messungen und Versuche validiert werden. Überdies müssen auf der Seite der Applikationsgeräte weitere Verbesserungen erzielt werden, damit das zu applizierende Brühevolumen möglichst vollständig und gut verteilt auf der jeweiligen Kultur ausgebracht wird.
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Pflanzenbau | Kulturangepasster Pflanzenschutz bei hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus
A
B
Abb. 2 | Gurken Sorte Loustik, Reihenabstand 2 Meter. 16 Tage nach der Pflanzung: Laubwand 80 cm hoch, berechnete Laubwandfläche 8100 m ² pro ha, ermittelte Blattfläche etwa 3000 m ² pro Hektare (A) und 56 Tage nach der Pflanzung: Laubwand 332 cm hoch, berechnete Laubwandfläche 33 200 m ² pro ha, ermittelte Blattfläche etwa 22 500 m ² pro Hektare (B).
Resultate und Diskussion
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Die Bestimmung der Blattfläche einer Kultur, wie oben kurz beschrieben, ist ein aufwändiger Vorgang. Es ist daher naheliegend, nach einem einfachen Massstab zu suchen, welcher die Blattfläche einfach, rasch und mit annehmbarer Genauigkeit beschreiben könnte. Die Höhe der Laubwand, gemessen als Distanz vom untersten Blatt bis zur Triebspitze, lässt sich einfach und rasch bestimmen. Die Distanz zwischen den Reihen ist dem Produzenten von der Pflanzung her bekannt, kann aber auch leicht nachgemessen werden. Mit diesen beiden
einfach zu bestimmenden Grössen lässt sich die Fläche der Laubwand zu beiden Seiten der Pflanzreihen und für alle Pflanzreihen pro Hektare einfach berechnen. Abbildung 4 erläutert am Beispiel Auberginen die nötigen Messungen und die resultierende Berechnung. Analog kann auch für Gurken, Paprika und Tomaten in jedem Wachstumsstadium die Laubwandfläche rasch ermittelt werden. Für die Beispiele Auberginen und Gurken zeigen die Abbildungen 5 und 7 den Verlauf der Laubwandfläche während des Wachstums dieser Kulturen, gleichzeitig ist auch die effektiv gemessene Blattfläche dargestellt. Ist nun die Laubwandfläche als ein-
Abb. 3a | Die projizierte Blattfläche einer repräsentativen Anzahl Blätter pro Gemüsepaprika – Pflanze wird mit einem elektronischen, mobilen Blattflächenmessgerät gemessen. Jeder Messzeitpunkt beruht auf einer Stichprobe von zehn Pflanzen.
Abb. 3b | Gemüsepaprika Sorte Derby, Reihenabstand 2,2 Meter. 57 Tage nach der Pflanzung, Höhe der Laubwand 102 cm; berechnete Laubwandfläche 9309 m ² pro ha, ermittelte Blattfläche etwa 11 500 m ² pro Hektare.
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Kulturangepasster Pflanzenschutz bei hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus | Pflanzenbau
Höhe der Laubwand Abstand zwischen den Doppelreihen Berechnung der Laubwandfläche in m ² pro Hektare: 2 × Höhe der Laubwand in m × 10 000 m ² Abstand zwischen den Doppelreihen in m Beispiel: Höhe der Laubwand 2,2 m, Abstand zwischen den Doppelreihen 2,0 m 2 × 2,2 m × 10 000 m ² 2,0 m
= 22 000 m ²
Abb. 4 | Berechnung der Laubwandfläche am Beispiel einer Auberginenkultur.
fach zu bestimmende Grösse ein guter Massstab zur Beschreibung der Blattfläche? Die in den Abbildungen 6 und 8 dargestellten Regressionsrechungen zeigen, dass ein valabler Zusammenhang zwischen Laubwandfläche und Blattfläche besteht. Konkret heisst dies, dass die effektiv vorhandene Blattfläche durch die Laubwandfläche angenähert beschrieben werden kann. Auch bei Gemüsepaprika ergeben die bisherigen Messungen (Abb. 9), dass die schnell und einfach zu bestimmende Laubwandfläche als indirekter Massstab für die gesamte Blattläche der jeweiligen Kultur in Frage kommen kann.
Fläche der Laubwand m² / ha
Bei Tomaten erwarten wir, dass trotz Sortenunterschieden, die Laubwandfläche geeignet ist, um die Blattfläche zu charakterisieren. Auf Grund der bisherigen Messungen gehen wir von der vorläufigen Annahme aus, dass die Laubwandfläche die Blattfläche und somit die Zielfläche des Einsatzes von Fungiziden, Insektiziden und Akariziden bei Auberginen, Gurken, Tomaten und Gemüsepaprika ausreichend gut schätzen dürfte. Als nächster Schritt stellt sich nun die Frage, wie der Massstab «Laubwandfläche» sich in eine Dosierungsanleitung übersetzen lässt.
Blattfläche m² pro ha
90 000 Pflanzdistanz 60 cm Reihendistanz 200 cm Pflanzen pro m² 1,67
80 000 70 000 60 000 50 000 40 000 30 000 20 000 10 000 0
0
14
28
42
56
70
84
98
112
126
140
154
168
182
Tage seit der Pflanzung Abb. 5 | Verlauf der Fläche der Laubwand und der effektiven Blattfläche einer Auberginenkultur Sorte Fläche der Laubwand m² / ha Blattfläche m² pro ha M adonna vom 7. bis 176. Tag nach der Pflanzung.
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100 000 y = 0,0009×1,7864 R² = 0,9103 N=90
Blattfläche m² pro ha
90 000 80 000 70 000 60 000 50 000 40 000 30 000 20 000
Pflanzdistanz 60 cm Reihenabstand 200 cm Pflanzen pro m² 1,67
10 000 0
0
4000
8000
12 000
16 000
20 000
24 000
28 000
32 000
36 000
40 000
Fläche der Laubwand m² pro ha Abb. 6 | Zusammenhang zwischen der Fläche der Laubwand und der Blattfläche bei Auberginen Sorte Madonna.
Fläche der Laubwand m² pro ha
Blattfläche m² pro ha
40 000 Pflanzdistanz 80 cm Reihendistanz 200 cm Pflanzen pro m² 1,25
35 000 30 000 25 000 20 000 15 000 10 000 5000 0 0
7
14
21
28
35 42 Tage seit der Pflanzung
49
56
63
70
77
Abb. 7 | Verlauf der Fläche der Laubwand und der effektiven Blattfläche einer Gurkenkultur Sorte Loustik vom 7. bis 77. Tag nach der Pflanzung.
Schlussfolgerungen In der Schweiz führen die meisten Bewilligungen von Pflanzenschutzmitteln für den Einsatz im Gewächshaus eine Anwendungskonzentration auf (siehe Information im Kasten). Der Anwender weiss damit zwar, wie konzentriert das Pflanzenschutzmittel in der Spritzbrühe zu bemessen ist, aber es bleibt unklar, welche Brühemenge
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und damit welche Produktmenge auf die jeweils vorhandene Kultur appliziert werden soll. ACW und die Applikationstechnikgruppe der Firma Syngenta Crop Protection AG pflegen seit vielen Jahren eine gute Zusammenarbeit im Obst-, Wein- und Gemüsebau. ACW und Syngenta haben die zur Zeit vorliegenden Daten zu Gewächshausgemüsekulturen aus dem In- und Ausland analysiert. Zur Diskussion steht zur Zeit ein vorläufiges
Kulturangepasster Pflanzenschutz bei hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus | Pflanzenbau
30 000 y = 0,0222 × 1,3285 R² = 0,9664 N=100
Blattfläche m² pro Hektare
25 000 20 000 15 000 10 000
Pflanzdistanz 80 cm Reihendistanz 200 cm Pflanzen pro m² 1,25
5000 0 0
5000
10 000
15 000
20 000
25 000
30 000
35 000
40 000
Fläche der Laubwand m² pro Hektare Abb. 8 | Zusammenhang zwischen der Fläche der Laubwand und der Blattfläche bei Gurken Sorte Loustik.
50 000 y = 0,0007 × 1,8179 R² = 0,9433 N= 110
45 000
Blattfläche m² pro Hektare
40 000 35 000 30 000 25 000 20 000 15 000 10 000 5000 0 0
2500
5000
7500
10 000
12 500
15 000
17 500
20 000
Fläche der Laubwand m² pro Hektare Abb. 9 | Zusammenhang zwischen der Fläche der Laubwand und der Blattfläche bei Gemüsepaprika Sorten Derby, Golden Summer und Selmabel.
Arbeitsmodell, das weiter zu überprüfen und mit zusätzlichen Daten zu ergänzen und zu validieren ist. Dieses Modell geht als Arbeitshypothese davon aus, dass die Basisproduktmenge, errechnet aus der bewilligten Anwendungskonzentration und der Basiswassermenge von 1000 Liter pro Hektare, sich auf eine Laubwandfläche von 20 000 m² pro Hektare beziehen soll. Wird bei einer Kultur eine Laubwandfläche von 15 000 m²/ha
ermittelt, würde das Brühevolumen bei gleichbleibender Konzentration auf 750 l/ha reduziert, umgekehrt würde bei einer Laubwandfläche von 30 000 m²/ha das Brühevolumen auf 1500 l/ha erhöht. In der Praxis wäre somit die jeweilige Laubwandfläche zu ermitteln und durch 20 zu dividieren, um das Brühevolumen mit der bewilligten einfachen Konzentration des Pflanzenschutzmittels zu errechnen. Dieses Arbeitsmodell wird nun im europä-
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ischen Kontext sowohl im Obst- und Weinbau wie auch im Gemüsebau diskutiert. Das Modell, allenfalls mit Anpassungen an die unterschiedlichen Gemüsekulturen, wird mit weiteren Versuchen und Messungen in Bezug auf Wirkung und Rückstände zu validieren sein. Damit ein solches Modell in der Praxis erfolgreich zur Anwendung kommen kann, braucht es jedoch auch Applikationsgeräte, welche das Brühevolumen gut in der Kultur verteilen, inklusive der Blattunterseiten. Mit gut gebauten und auf die Kultur eingestellten Geräten sollte eine möglichst hohe Wiederfindungsrate erreicht werden. Die bisherigen Arbeiten und Diskussionen mit Kollegen im europäischen Umfeld geben zur Hoffnung Anlass, dass wir uns auf einem erfolgversprechenden Weg befinden. Zweifellos ist noch einige Arbeit zu bewältigen, bis robuste, praxistaugliche Empfehlungen vorliegen, welche sowohl in der Schweiz wie im umliegenden Europa brauchbar sind. Man darf jedoch von der Annahme ausgehen, dass ähnlich wie im Obstbau (Rueegg J. und Viret O. 1999; Rüegg J. et al. 1999), Weinbau (Siegfried W. et al. 2007) und Beerenbau (Rüegg J. und Neuweiler R. 2003), wo bereits brauchbare Dosiermodelle und gute Geräte im Einsatz sind, auch für die wichtigen Gewächshausgemüsekulturen Tomaten, Gurken, Auberginen und Paprika praxisgerechte Lösungen erarbeitet werden können. n
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Dosierung von Pflanzenschutzmitteln Gegenwärtig geben die schweizerischen Pflanzenschutzmittelbewilligungen bei den meisten Fungiziden, Insektiziden und Akariziden für die Anwendung im Gewächshaus nur eine Konzentration in % zur Herstellung der Spritzbrühe an. In andern europäischen Ländern wird oft die Produktmenge pro 100 Liter Spritzbrühe angegeben. Die Produktmenge pro Hektare wird üblicherweise auf einer Basiswassermenge von 1000 Litern pro Hektare berechnet. Da die Kulturen jedoch wachsen, ist eine Einheitsdosierung pro Hektare wenig sinnvoll; eine Anpassung an die wachsende Kultur wäre wünschenswert (Rüegg J. et al. 2007; Albert R. et al. 2009).
Sulla via verso una protezione fitosanitaria adattata alla coltura di ortaggi a crescita indeterminata in serra Attualmente per i produttori non è molto chiaro come adattare il dosaggio di fungicidi, insetticidi e acaricidi alla crescita delle colture a crescita indeterminata in serra come pomodori, cetrioli, melanzane e peperoni. Nella maggior parte dei casi l’obiettivo nell’uso dei prodotti contro parassiti e malattie fungine deve essere orientato alla superficie fogliare della coltura. Misurazioni preliminari mostrano che la superficie fogliare delle colture di melanzane, cetrioli e peperoni può essere stimata indirettamente e in modo sufficientemente preciso mediante il semplice rilevamento della superficie della parete fogliare. Nel pomodoro, a causa dei diversi sistemi di coltura e delle numerose varietà, è necessario eseguire ulteriori misurazioni. Proponiamo come modello di lavoro provvisorio, una superficie fogliare di 20 000 m²/ha come base di riferimento per una poltiglia di 1000 l/ha contenente il prodotto alla concentrazione omologata. Come per la coltivazione di frutti, uva e bacche la poltiglia aumenterà, o diminuirà, linearmente a dipendenza della superficie della parete fogliare presente. Questo modello di dosaggio provvisorio dovrà essere validato attraverso ulteriori misure e prove. Per quanto concerne le irroratrici, bisognerà migliorare la loro capacità di distribuzione della poltiglia in modo da ottenere una copertura la più completa possibile della coltura.
Summary
Riassunto
Kulturangepasster Pflanzenschutz bei hochwachsenden Gemüsekulturen im Gewächshaus | Pflanzenbau
Crop-adapted crop protection measures in high-growing greenhouse vegetables Currently the grower of glasshouse crops such as tomatoes, cucumbers, eggplants or sweet pepper does not have a clear guidance on how to adapt the dosage of fungicides, insecticides or acaricides to his growing crops. In most cases the total leaf area of the crop represents the target area for the application of crop protection products against diseases and pests. Preliminary measurements on eggplants, cucumbers and sweet pepper show that the total leaf area can be adequately estimated by the leaf wall area which is easy and quick to determine. More measurements will be necessary for tomatoes since the many varieties and forms of cultivation complicate matters here considerably. As a tentative model to estimate the total leaf area the leaf wall area is suggested whereby a leaf wall area of 20 000 m² per hectare would correspond to a single strength spray broth volume of 1000 liters per hectare. Similarly to models used in fruit-, berry- and grape production, the dose of the crop protection product would be increased or decreased linearly in relation to a greater or smaller leaf wall area. This tentative model must be tested and verified through further experiments and measurements. In addition to better crop adapted dosage of crop protection products current spray equipment used in glasshouses must be improved so as to achieve an even spray deposit on the entire canopy and a high rate of product recovery on the crop. Key words: leaf area model, dosage, crop protection products, vegetables, glasshouse, eggplant, cucumber, sweet pepper, tomato, crop adapted spraying.
Literatur ▪▪ Rüegg J. & Viret O. 1999. Determination of the tree row volume in stone fruit orchards as a tool for adapting the spray dosage. EPPO Bulletin 29, 95–101. ▪▪ Rüegg J., Siegfried W., Holliger E., Viret O. & Raisigl U. 1999. Anpassung der Menge des Pflanzenschutzmittels an das Baumvolumen der Kernund Steinobstbäume. Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Weinbau 9, 237–240. ▪▪ Rüegg J. & Neuweiler R. 2003. Massgeschneiderter Pflanzenschutz in Beerenkulturen. Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Weinbau 4, 1–12.
▪▪ Rüegg J., Heller W., Baur R., Krauss R. & Neuweiler R. 2007. Pflanzenschutzmittel im Gemüsebau: Dosierung und Wasservolumen. Der Gemüsebau 5, 9. ▪▪ Siegfried W., Viret O., Huber B. & Wohlhauser R. 2007. Dosage of plant protection products adapted to leaf area index in viticulture. Crop Protection . 26, 73 – 82. ▪▪ Albert R., Luedtke H. & Merz F. 2009. Pflanzenschutz im Erwerbsgemüsebau 2009. Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), 76227 Karlsruhe, Baden-Württemberg.
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Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Mineral stoffgehalte von belüftetem Dürrfutter Marc Boessinger und Pascal Python, AGRIDEA, 8315 Lindau Auskünfte: Marc Boessinger, E-Mail: marc.boessinger@agridea.ch, Tel. +41 52 354 97 68
Je nach Standort wirken sich Wettergeschehen, Bodeneigenschaften und Bewirtschaftungsmassnahmen sehr unterschiedlich auf die Zusammensetzung und Qualität von Dürrfutter aus.
Einleitung Seit 1979 werden von der landwirtschaftlichen Beratungszentrale AGRIDEA im Rahmen einer jährlichen Dürrfutterenquête Analysenresultate (Nährstoff-, Mineralstoffwerte und berechnete Futternährwerte) für Wiederkäuer von belüfteten und unbelüfteten Dürrfutter gesamtschweizerisch erfasst, ausgewertet und publiziert (Boessinger et al. 2011). Die hierzu verwendeten Daten entstammen Analysen- und Berechnungswerten der wichtigsten schweizerischen Futtermittellabors. Neben einem direkten Nutzen der Futteranalyse für den beauftragenden Zusteller, dient die Auswertung und Zusammenstellung der Analysenresultate auch Beratungs- und Lehrpersonen, Landwir-
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ten und weiteren Interessierten als Information über regionale Durchschnittswerte der Dürrfutterqualität eines bestimmten Jahres. Längerfristig betrachtet ermöglicht die Auswertung eine Variation der Inhaltsstoffe sowie die Nährwert- und Qualitätsentwicklung von Dürrfutter über Zeiträume zu verfolgen und in Bezug auf Klima, Boden und Bewirtschaftungsmassnahmen zu interpretieren (Boessinger et al., 2010; Python et al., 2010). Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, anhand von Daten der Dürrfutterenquêten 2005 bis 2009, Faktoren mit statistisch gesicherten Effekten auf die Dürrfutterqualität zu eruieren. Insbesondere sollten anhand der Datenauswertung folgende Fragen beantwortet werden:
Zusammenfassung
Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter | Pflanzenbau
Abb. 1 | Einteilung der Schweiz in 12 Dürrfutter-Erfassungsregionen.
••Welchen statistisch gesicherten Einfluss haben Jahrgang, Region, Höhenlage und botanische Zusammensetzung des Pflanzenbestands auf die Inhaltsstoffe (Nährstoffe, Mineralstoffe, Spurenelemente) von belüftetem Dürrfutter? ••Wie repräsentativ sind die Werte der Dürrfutterenquête zur Beschreibung regionaler Dürrfutterqualitäten im Vergleich zu bestehenden Referenzwerten der Schweizerischen Futtermitteldatenbank von Agroscope Liebefeld-Posieux ALP (2009)?
Material und Methoden Dürrfutterproben Um einen möglichen Einfluss differenzierender Analysemethoden auszuschliessen, entstammten die zur Auswertung verwendeten Datensätze ausschliesslich den Analysenergebnissen der UFAG Laboratorien AG. Von jeder Dürrfutterprobe standen folgende Informationen zur Verfügung: a) Schnitt als Heu (erster Aufwuchs) oder als Emd (Folgeaufwüchse); b) Konservierung als belüfte-
Anhand der Analysendaten von 1077 Dürrfutterproben, die im Rahmen der AGRIDEADürrfutterenquête 2005 bis 2009 anfielen, wurden statistische Effekte der Faktoren Jahrgang, Region, Höhenlage und botanische Zusammensetzung auf Nährwertbestimmende Inhaltsstoffe, Mineralstoffe und Spurenelemente von belüftetem Dürrfutter untersucht. Die Resultate zeigen einen signifikanten Einfluss der Region auf die Mehrheit an Inhaltsstoffen des Dürrfutters, mit Ausnahme von Kupfer. Die Höhenlage übt einen signifikanten Einfluss auf die Rohfaseranteile, die Mengenelemente sowie auf Mangan und Zink aus, und auch der Faktor Jahrgang beeinflusst zahlreiche Inhaltsstoffe signifikant, mit Ausnahme von Rohprotein, Rohasche und Natrium. Der Effekt der botanischen Zusammensetzung liess sich aufgrund der überwiegenden Zahl an ausgewogenen und gräserreichen Dürrfutterproben statistisch nicht testen. Die jährliche Dürrfutterenquête vermittelt ein repräsentatives Abbild der regionalen und gesamtschweizerischen Dürrfutterqualität, mit deutlichen Unterschieden zwischen typischen Futterbauregionen und alpinen Höhenlagen. Diesbezügliche Daten könnten zukünftig Eingang in Futtermitteldatenbanken oder in Geodaten-Informationssysteme finden.
Tab. 1 | Nährstoff- und Mineralstoffgehalte von belüftetem Dürrfutter der Jahre 2005 – 2009 g/kg TS RP
RF
Anzahl, n
1073
1076
460
Minimum
76,0
172,3
Maximum
185,0
Median
NDF
Zucker
RA
Ca
P
Mg
K
460
457
1054
1054
1076
1066
1073
212
214
216
216
212
424,0
223,0
70,0
65,0
3,8
1,7
1,1
14,1
0,08
75,9
5,6
17,6
20,1
316,0
594,0
356,0
196,0
161,3
12,4
4,7
3,7
40,1
0,77
1363,0
10,1
194,8
44,5
1
ADF
mg/kg TS
1
1
2
Na
2
Fe
2
Cu
2
Mn
2
Zn
IA= s2(n – 1) Mittelwert, x
129,0
245,2
489,0
280,0
123,0
110,3
7,2
3,5
2,2
28,5
0,3
474,0
7,9
75,7
30,1
128,6
245,0
491,4
279,5
126,9
111,5
7,4
3,4
2,2
28,0
0,29
530,7
7,9
82,1
30,6
Standardabweichung, s
16,4
21,5
33,5
22,6
25,0
14,7
1,5
0,5
0,5
4,4
0,15
268,1
0,9
36,8
4,5
Variationskoeffizient, %
12,7
8,8
6,8
8,1
19,7
13,2
20,1
15,8
20,1
15,6
50,1
50,5
11,1
44,9
14,8
Proben der Jahre: 12008 – 2009, 22009
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 36–43, 2012
37
Pflanzenbau | Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter
tes oder unbelüftetes Dürrfutter; c) Botanische Zusam- R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n mensetzung des Pflanzenbestands nach AGFF (2007); d) Beschreibende Statistik Betriebseinteilung nach Postleitzahl in eine von zwölf Erfassungsregionen der Schweiz (Abb. 1); e) Höhen- Tabelle 1 zeigt die Verteilung der Gehaltswerte der analysierten Nähr- und Mineralstoffe. Der Variationskoeffilage des Betriebs, gemäss Einteilung in eine von vier zient erreicht ca. 50 % für Fe, Mn und Na. Für den Rest Höhenstufen: a) ≤ 599 m; b) 600 – 799 m; c) 800 – 999 m; der analysierten Mineralstoffe liegt der Variationskoeffid) ≥ 1000 m.ü.M. zient zwischen 15 und 20 %. Ab einer Betriebshöhe über Für die Auswertung über die Jahre 2005 bis 2009 konnten insgesamt 1077 Analysedatensätze von belüfte- 1000 m beträgt die Standardabweichung etwa das Zweifache der vorangehenden Höhenstufe (Tab. 2). ten Dürrfutterproben einbezogen werden. Die Anzahl Die Verteilung der Mittelwerte und Standardabweiberücksichtigter Proben (n) je Region ist in Tabelle 3 aufgeführt. Die Analysen umfassten die Gehalte an Tro- chungen zeigt je nach Region (Tab. 3) zum Teil sehr hohe ckenmasse (TS), Rohfaser (RF), Rohprotein (RP), Roha- Abweichungen zwischen den Regionen. Die Regionen Graubünden (10) und Wallis (12) weisen die tiefsten sche (RA), Kalzium (Ca), Phosphor (P), Magnesium (Mg) Gehaltswerte an RP, P und K, jedoch die höchsten Werte und Kalium (K). Für Proben der Jahre 2008 und 2009 an Ca und Mg auf. In diesen Regionen entstammt die konnten von 460 Dürrfutterproben zusätzlich die Mehrzahl analysierter Dürrfutterproben von WiesenparGehalte der Faserbestandteile (NDF), der Lignozellulose zellen über 1000 m Meereshöhe, deren Düngungs- und (ADF) und von Zucker (ZU) einbezogen werden. Im Jahr Bewirtschaftungsintensität in der Regel wesentlich 2009 standen von 218 Analysesätzen erstmals auch die Gehalte an Natrium (Na), Eisen (Fe), Kupfer (Cu), Man- geringer ist als in tieferen Lagen. Hingegen werden die höchsten Gehalte an RP in den Regionen Bern-Solothurn gan (Mn) und Zink (Zn) zur Verfügung. (4) und Waadt (2) erzielt. Die höchsten Gehalte an P finStatistische Auswertung den sich in den futterbaulich intensiv genutzten RegioDie Effekte der Faktoren Jahrgang, Region, Höhenlage nen Luzern-Aargau (6) sowie Zürich-Thurgau (8); die und botanische Zusammensetzung sowie die Wechsel- höchsten Gehalte an K in den Regionen Luzern-Aargau wirkungen zwischen diesen Faktoren auf die Nähr- (6) und Bern-Solothurn (4). wertbestimmenden Analysenmerkmale, die Inhaltsstoffe sowie die Mineralstoffe und Spurenelemente, Regionale Verteilung, Höhenlage und botanische Zuwurden mit linearen Modellen der Maximum-Likeli- sammensetzung hood-Methode statistisch analysiert. Signifikante Mit- In Tabelle 3 sind die regionalen Mittelwerte und Standardabweichungen ersichtlich. Geringe Probenzahlen telwertvergleiche wurden mit dem Tukey-Kramer Test kamen aus den Regionen 1, 2, 5, 10 und 12. Keine Anaausgeführt.
Tab. 2 | Nährstoff- und Mineralstoffgehalte von belüftetem Dürrfutter 2005 – 2009, nach Höhenlage Höhe in m.ü.M. a) ≤ 599
g/kg TS
n
RP
IA= s2(n – 1) x 130,2
380
s
0,9
IA= s2(n – 1) x 129,4
b) 600 – 799 385
s
0,8
IA= s2(n – 1) x 127,4
c) 800 – 999 235
d) ≥ 1000
s
1,0
IA= s2(n – 1) x 120,0
77
s
1,6
RF
NDF
mg/kg TS
Zucker
RA
Ca
P
Mg
K
276,9
133,5
109,6
7,1
3,5
2,1
29,2
0,3
436,2
7,8
56,7
28,4
2,2
1,9
2,2
0,7
0,1
0,02
0,02
0,2
0,02
27,6
0,1
2,3
0,4
492,7
279,3
126,0
112,4
7,3
3,5
2,2
28,7
0,3
560,1
7,9
79,6
30,7
1
245,9
494,2
1,1 246,3
1
2
Na
2
Fe
2
Cu
2
Mn
2
Zn
1,1
2,6
1,6
1,8
0,8
0,1
0,03
0,02
0,2
0,02
27,3
0,1
3,2
0,5
240,8
482,4
279,5
122,8
113,8
7,6
3,3
2,4
26,7
0,2
586,7
8,0
114,6
32,9
1,4
3,7
2,1
2,0
1,0
0,1
0,03
0,03
0,3
0,02
41,4
0,1
5,3
0,6
246,7
501,7
298,6
107,1
109,4
8,8
2,8
2,5
23,1
0,3
652,6
7,5
108,6
32,3
2,4
8,0
4,1
3,3
1,9
0,2
0,07
0,06
0,5
0,05
108,3
0,3
10,4
1,1
Proben der Jahre: 12008 – 2009, 22009
38
ADF
1
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 36–43, 2012
Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter | Pflanzenbau
lysen erfolgten in der Region Tessin (11). Die Verteilung der Proben je Höhenlage des Betriebs (Tab. 2) gestaltete sich wie folgt: 380 Probennahmen erfolgten unter 600 m, 385 zwischen 600 und 799 m, 235 zwischen 800 und 999 m und 77 Proben entstammten einer Höhe von über 1000 m. ü. M. Letztere entsprachen damit weniger als 10 % der Gesamtzahl von 1077 Dürrfutterproben. Die Verteilung der Dürrfutterproben gemäss botanischer Zusammensetzung umfasste 433 Proben von ausgeglichenen Pflanzenbeständen (A), 448 Proben von ausgeglichenen Pflanzenbeständen mit vorherrschendem Anteil an Raigräsern (AR), 92 Proben von gräserreichen Beständen (G), 89 Proben von gräserreichen Beständen mit vorherrschendem Anteil an Raigräsern (GR) und 15 Proben von leguminosen- oder kräuterreichen Beständen. Damit entsprach die Mehrheit der
belüfteten Dürrfutterproben (98,6 %) botanisch ausgewogenen oder gräserreichen Wiesenbeständen. Einflussfaktoren auf die Nährstoffe und Mineralstoffe Faktor Jahrgang Aus Tabelle 4 wird ersichtlich, dass zahlreiche Nährund Mineralstoffe (RF, NDF, Zucker, RA, Ca, P, Mg) signifikant durch das Jahr beziehungsweise dem darin stattfindenden Wettergeschehen, mit Wirkung auf den Schnittzeitpunkt und Trocknungsverlauf, beeinflusst werden. Einzig die mittleren Gehalte von RP, ADF und K unterscheiden sich nicht nachweislich von Jahr zu Jahr. Für die Spurenelemente und den NaGehalt, deren Analysenwerte erst seit 2009 zur Verfügung stehen, konnte kein statistischer Test durchge führt werden.
Tab. 3 | Nährstoff- und Mineralstoffgehalte von belüftetem Dürrfutter der Jahre 2005 – 2009, nach Region g/kg TS Regionen 1
n
RP
K
8,0
3,3
1,9
27,5
0,4
574,9
7,8
67,4
27,6
3,1
0,4
0,1
0,1
1,0
0,04
95,7
0,3
5,7
1,5
109,1
8,1
3,4
2,1
29,3
3,5
0,4
0,1
0,1
0,9
7,2
3,3
2,2
26,5
0,3
521,4
7,7
103,8
32,6
0,1
0,03
0,03
0,3
0,02
36,5
0,1
5,7
0,8
7,5
3,5
2,0
29,8
0,4
437,4
8,0
69,4
28,4
0,2
0,1
0,04
0,6
0,04
98,7
0,3
9,1
0,9
8,8
3,4
2,6
26,2
6,5
3,7
1,9
30,1
0,3
349,5
7,6
61,7
28,1
BE, SO
IA= s2(n – 1) x 55 134,0 262,8 511,2 296,8 106,8 110,9
BS, BL
6
LU, AG
OW, NW, SZ, UR
5,3
1,0
2,5
5,8
11,4
6,2
4,7
4,5
1,3
2,8
3,8
5,0
2,1
3,5
1,7
3,4
1,0
1,8
IA= s2(n – 1) x 2 122,0 265,5 105,0 IA= s2(n – 1) x 201 130,2 251,1 506,2 279,0 133,7 107,5 s
IA= s2(n – 1) x
127
s
Cu
2
Mn
2
Zn
2,1
2,8
1,0
0,1
0,03
0,02
0,3
0,02
38,6
0,2
3,9
0,8
127,8
240,0
475,1
271,5
131,5
117,2
7,9
3,3
2,2
27,6
0,3
621,5
8,0
82,4
31,7
1,2
1,3
3,2
2,0
3,0
1,4
0,1
0,05
0,03
0,3
0,02
40,0
0,1
4,7
0,6
7,3
3,6
2,4
29,1
0,3
540,4
8,2
63,7
29,7
0,1
0,03
0,03
0,3
0,02
40,5
0,1
4,7
0,6
7,9
3,3
2,6
27,2
0,2
612,5
8,0
106,7
31,8
1,2
0,1
0,04
0,04
0,3
0,03
42,0
0,1
7,1
0,6
101,1
9,3
2,6
2,6
21,1
2,7
0,4
0,1
0,1
1,2
117,3
10,3
2,4
3,1
23,8
15,1
1,0
0,3
0,2
2,8
GL, AR, AI
1,1
1,0
1,4
1,5
10 GR
IA= s2(n – 1) x 24 120,5 254,1
12 VS
IA= s2(n – 1) x 5 117,0 240,2 s
Fe
2
2,7
IA= s2(n – 1) x 138 130,7 229,3 467,4 268,8 131,2 113,7
s
Na
2
1,3
ZH, TG
s
2
1,3
IA= s2(n – 1) x 229 132,3 237,6 478,4 269,8 135,3 110,8 s
9
Mg
BE, FR
5
8
P
IA= s2(n – 1) x 251 122,8 251,0 506,0 291,6 116,6 112,7
3,6
mg/g TS Ca
VD
s
7
RA
IA= s2(n – 1) x 22 131,2 248,8
s
4
ADF Sucres 1
JU, NE
s
3
NDF
1
IA= s2(n – 1) x 23 126,6 263,5 509,4 301,9 106,9 111,4 s
2
RF
1
3,3
4,0
4,0
3,4
2,9
2,9
2,6
1,9
2,7
2,7
0,9
Proben der Jahre: 12008 – 2009, 22009
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 36–43, 2012
39
Pflanzenbau | Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter
Tab. 4 | Signifikanznachweis im linearen Modell nach Maximum-Likelihood
Effekte
RP
RF
NDF
ADF
Zucker
RA
Ca
P
Mg
K
Na
Fe
Cu
Mn
Zn
Jahr
n.s.
**
**
n.s.
**
**
**
*
**
n.s.
NA
NA
NA
NA
NA
*
**
**
**
**
P = 0,06
**
**
**
**
**
*
n.s.
P = 0,08
*
Höhenlage
n.s.
**
n.s.
n.s.
n.s.
n.s.
*
**
**
**
n.s.
n.s.
n.s.
**
**
Botanische Zusammensetzung
n.s.
n.s.
n.s.
n.s.
n.s.
n.s.
n.s.
P = 0,10
n.s.
n.s.
n.s.
P = 0,07
n.s.
n.s.
n.s.
Region
*P ≤ 0,05; **P ≤ 0,01; n.s.: nicht signifikant; NA: nicht analysiert
So sind zum Beispiel die Mittelwerte von RF signifikant unterschiedlich zwischen den Jahren 2005 und 2008 respektive 2005 und 2009. Gute Wetterverhältnisse sorgten 2005 für eine hohe Dürrfutterqualität mit tiefen RF-Gehalten (233,4 ± 1,4 g/kg TS). In den Jahren 2008 und 2009 herrschten hingegen vielerorts ungünstige Wetterverhältnisse, erkenntlich an hohen RF-Werten (250,3 ± 1,4 g bzw. 253,4 ± 1,2 g/kg TS). Auch der Gehalt an Ca (6,8 ± 0,08 g/kg TS) ist 2008 signifikant tiefer als in den Jahren 2006 (7,8 ± 0,1 g/kg TS), 2007 (7,1 ± 0,1 g/kg TS) und 2009 (7,7 ± 0,1 g/kg TS).
5,0
FMDB
DF-Enquête 2005-09
Faktor Region Bei der Mehrzahl der Inhaltsstoffe von Dürrfutter (Tab. 4) ist der Faktor Region signifikant. Einen geringen Zusammenhang mit der Region lässt sich für RA und Mn nachweisen. Kein Effekt der Region ist für Cu nachweisbar. Mittelwerte der Region 1 (JU, NE) für RF und Mg unterscheiden sich signifikant von Mittelwerten der Regionen 7, 8, 9 (Regionen der Zentral- und Ostschweiz). Diese Effekte erklären sich vor allem aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Proben je Höhenstufe.
linear (DF-Enquête)
4,5
Gehalte an P [g/kg TS]
4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 10
15
20
25
30
Gehalte an K [g/kg TS]
Abb. 2 | Korrelation der Gehalte an Phosphor (P) und Kalium (K) von belüftetem Dürrfutter.
40
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 36–43, 2012
35
40
Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter | Pflanzenbau
Tab. 5 | Mittelwerte der Dürrfutterenquêten und der Schweizerischen Futtermitteldatenbank Mittelwerte g/kg TS
RP
RF
NDF
ADF
Zucker
RA
Ca
P
Mg
K
Na
DF-Enquêtea)
128,6
245,0
491,4
279,5
126,9
111,5
7,4
3,4
2,2
28,0
0,29
FMDBb)
132,3
249,3
455,0
283,9
104,6
92,1
5,5 / 27,2
3,9
1,5 / 22,3
34,0
0,20
1
1
erster Aufwuchs, 2zweiter und folgende Aufwüchse Dürrfutterenquête 2005 – 2009 (belüftetes Dürrfutter) b) FMDB: Schweizerische Futtermitteldatenbank; Agroscope Liebefeld-Posieux, 2009 Belüftetes Dürrfutter, Nutzungsstadium 3, 4; botanische Zusammensetzung: G, G R , A, A R 1
a)
Auch Mittelwerte für RF, NDF, ADF und Na in der Region 4 (BE, SO) unterscheiden sich signifikant von den Werten der Regionen 8 (ZH, TG) und 9 (GL, AR, AI), wobei hierfür eher die regionale Wetterlage verantwortlich scheint. Im Falle von P lassen sich signifikante Unterschiede nur zwischen der Region 3 (BE, FR) und der Region 8 (ZH, TG) feststellen. Faktor Höhenlage Ein signifikanter Effekt der Höhenlage, deren Wirkung von Klima, Bodeneigenschaften, Bewirtschaftungsintensität und der Zusammensetzung des Pflanzenbestands beeinflusst wird, ergibt sich für RF, Ca, P, Mg, K, Mn und Zn. Ohne Einfluss ist die Höhenlage auf den Gehalt an RP, NDF, ADF, Zucker, RA, Fe und Cu. Kupfer ist das einzige Spurenelement, welches weder mit der Region noch mit der Höhenlage signifikant zusammenhängt (P > 0,05; Tab. 4) und dessen Variationskoeffizient mit 11% einer der tiefsten der analysierten Mineralstoffe ist (Tab. 1). Signifikante Unterschiede zeigen sich zudem im Falle von RF zwischen den Höhenstufen a) und c) beziehungsweise b) und c), bei Mg zwischen a) und b) bis d). Im Falle von K differenzieren die Mittelwerte nur zwischen den Höhenstufen a) und d). Für P ist nur eine Tendenz zwischen den Höhenstufen a) und d) festzustellen (Tab. 2). Faktor Botanische Zusammensetzung Gegenüber gräserreichen- und ausgewogenen Pflanzenbeständen weisen leguminosen- und kräuterreiche Wiesenbestände bekannterweise höhere Mg- und CaGehalte auf. Mit nur 15 Dürrfutterproben solcher Wiesenbestände liess sich kein statistisch gesicherter Einfluss der botanischen Zusammensetzung nachweisen. Nur im Falle von Phosphor (P = 0,10) und Eisen (P = 0,07) liessen sich gewisse Effekte beobachten.
Korrelationen zwischen Mineralstoffgehalten Phosphor - Kalium Der Korrelationskoeffizient nach Pearson liegt zwischen P und K bei 0,72. Eine enge Korrelation zwischen P und K bei Gräsern wurde bereits von Daccord et al., 2001 nachgewiesen. Abbildung 2 zeigt die Abhängigkeit zwischen diesen zwei Merkmalen für 1074 Proben, aus welcher folgende Regression abgeleitet werden konnte: P [g/kg TS] = 0,089 × K [g/kg TS] + 0,935; R2 = 0,52. In Abbildung 2 wurden auch die Referenzwerte der Schweizerischen Futtermitteldatenbank (FMDB) für Dürrfutter der botanischen Pflanzenbestände G, GR, A, AR ergänzt. Die diesbezüglichen Mittelwerte für belüftetes Dürrfutter der Entwicklungsstadien 3 (Beginn Rispenschieben) und 4 (Volles Rispenschieben) liegen für P bei 3,9 g und für K bei 34,0 g/kg TS. Mittelwerte der vorliegenden Auswertung ergaben mit P = 3,4 ± 0,5 g bzw. K = 28,0 ± 4,4 g/kg TS leicht tiefere Werte. Dürrfutterproben der intensiven Futterbauregionen 6 (LU, AG) wiesen mit Gehalten für P = 3,7 ± 0,03 g beziehungsweise K = 30,1 ± 0,3 g/kg TS und der Region 8 (ZH, TG) mit Werten von P = 3,6 ± 0,03 g beziehungsweise K = 29,1 ± 0,3 g/kg TS die höchsten Werte auf, liegen damit aber immer noch tiefer als Referenzwerte der Schweizerischen Futtermittel datenbank. Weitere Mineralstoffe Für Ca, Mn, Cu, Mg und Zn liessen sich vier Korrelationskoeffizienten nach Pearson (≥ 0,5) ermitteln: Ca – Mg (R = 0,64; n = 1050); Cu – Mg (R = 0,56; n = 215); Zn – Mn (R = 0,54; n = 210); Mg – Zn (R = 0,54; n = 211).
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 36–43, 2012
41
Pflanzenbau | Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter
Schlussfolgerungen Die Region respektive regionsspezifische, natürliche und anthropogene Gegebenheiten üben einen starken Einfluss auf die meisten Gehaltswerte in Dürrfutter aus. Der Effekt der Region umfasst vor allem den Einfluss der Höhenlage, des Klimas (Niederschläge, Temperatur, Einstrahlung), der Bewirtschaftungs- und Düngungsintensität sowie charakteristische Bodeneigenschaften. Einzig das Spurenelement Kupfer scheint weder von der Region noch von der Höhenlage beeinflusst zu werden. Analysedaten von Kupfer und anderen Spurenelementen stehen bisher jedoch erst in geringem Umfang zur Verfügung. Für die Daten der Dürrfutterenquête stellt sich oft die Frage der Repräsentativität der Probennahmen. Da nur Proben von ergebnisinteressierten Zustellern analysiert werden, handelt es sich in der Gesamtheit der ausgewerteten Daten nicht um eine homogene Stichprobe. Zudem sind einzelne Dürrfutterproben nicht eindeutig definiert. Sie entstammen einem oder mehrerer Schnitte, der Herkunft nach oft von unterschiedlichen Wiesenflächen, verschiedenen Vegetationsstadien und zum Teil von unterschiedlicher botanischer Zusammensetzung. Auch eine korrekte Einschätzung der botanischen Zusammensetzung ist oft nicht gesichert, zumal sich ausgewogene und gräserreiche Pflanzenbestände mit zunehmender Höhenlage botanisch rasch verändern
(Kessler 1989). Trotz dieser teils unpräzisen aber auf Betriebsebene kaum zu beeinflussenden Probenerhebungen, ermöglichte die vorliegende Auswertung deutliche Zusammenhänge zwischen Einflussfaktoren und Qualitätsmerkmalen von Dürrfutter aufzuzeigen. Der Vergleich von Mittelwerten der Dürrfutterenquête 2005 – 2009 mit Werten der Schweizerischen Futtermitteldatenbank zeigt anhand der Daten in Tabelle 5 und der Korrelation in Abbildung 2, dass die Werte beider Quellen relativ nahe beieinander liegen, wenn auch die Werte für P und K der Enquêten jeweils leicht tiefer und die Werte für Ca und Mg jeweils leicht höher als die Referenzwerte der Futtermitteldatenbank sind. Ausgehend von signifikanten Effekten der Faktoren Jahrgang, Region und Höhenlage auf die Mehrzahl an Nähr- und Mineralstoffen erscheint eine ergänzende Differenzierung der Dürrfutterqualität, zum Beispiel nach Klimazonen (Region, Höhenstufe), zusätzlich zur bisherigen Einteilung nach botanischer Zusammensetzung, Entwicklungsstadium und Aufwuchs (Daccord et al. 2006), als prüfenswert. Die jährliche Dürrfutterenquête vermittelt eine aktuelle Übersicht zur regionalen und gesamtschweizerischen Dürrfutterqualität. Über Zeiträume erfasst, könnte sie auch als mögliche Datenquelle für Futtermitteldatenbanken und für Geodaten-Informationssysteme (multidimensionale Datenstrukturen über Zeit und Raum) Verwendung finden n
Dank
Die Autoren danken Herrn Dr. Werner Luginbühl, ChemStat, für die wertvolle Unterstützung und Beratung zur statistischen Datenauswertung.
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Fattori che influenzano il contenuto di nutrienti e minerali del foraggio secco ventilato I risultati d'analisi di 1077 campioni di foraggio secco ventilato, provenienti da un’inchiesta condotta da AGRIDEA dal 2005 al 2009, sono stati sottoposti a un’analisi statistica per evidenziare l’effetto dei fattori anno, regione, altitudine e composizione botanica sul valore nutritivo determinato da sostanze minerali e oligoelementi del foraggio secco ventilato. I risultati mostrano un influsso significativo della regione sulla maggior parte delle tenori sostanze contenute nel fieno ad eccezione del rame. L'altitudine agisce in modo significativo sul contenuto di fibre, la quantità di elementi e su manganese e zinco. Anche il fattore anno influenza in modo significativo gran parte tenori delle sostanze contenute, eccezion fatta per proteina grezza, ceneri e sodio. Non è stato possibile provare statisticamente l’influenza della composizione botanica, poiché i campioni provenivano principalmente da pascoli equilibrati e ricchi in graminacee. Quest’inchiesta annuale offre un quadro rappresentativo della qualità regionale e nazionale del foraggio secco svizzero, illustrando le importanti differenze tra le tipiche regioni foraggere intensive e montane d’alta quota. In futuro questi dati potrebbero essere pubblicati nella banca dati dei foraggi o nel sistema d'informazione geografico.
Literatur ▪▪ AGFF, 2007. Bewertung von Wiesenfutter, Nährstoffgehalt für die Milchund Fleischproduktion, AGFF-Merkblatt 3, 2007. ▪▪ Agroscope Liebefeld-Posieux, 2009. Schweizerische Futtermitteldatenbank. Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/futtermitteldatenbank/ index.html?lang=de ▪▪ Boessinger M., Buchmann M. & Python P., 2011. Dürrfutterenquête 2011. Jahrespublikation, AGRIDEA www.agridea.ch/publikationen/downloads/ index.htm ▪▪ Boessinger M., Buchmann M. & Python P., Tagungsbericht, ETH Zürich, Institut für Pflanzen-, Tier- und Agrarökosystem-Wissenschaften, 2010. Dürrfutterproduktion: Von den Besten kann noch gelernt werden. ▪▪ Daccord R., Arrigo, Y. & Kessler, J., Nährwert von Wiesenpflanzen: Gehalt an Ca, P, Mg und K; Agrarforschung 8: 2001; S. 264–269.
Summary
Riassunto
Faktoren mit Einfluss auf die Nähr- und Minerals toffgehalte von belüftetem Dürrfutter | Pflanzenbau
Factors influencing the nutrient and mineral content of ventilated dry forage AGRIDEA has assembled the results of its annual forage survey (nutrient, mineral and trace elements content) undertaken between 2005 and 2009. Data of 1077 samples of ventilated dry forage were used in a statistical analysis to detect the various influences of factors such as year, region, altitude and botanical composition on the nutrient and mineral content of ventilated dry forage. The region influences significantly most of the nutrient contents, except for copper. Altitude influences the crude fiber, major minerals, manganese and zinc. The effect of the year is statistically significant on a majority of the nutrient contents, with the exception of crude protein, ash and potassium. The effect of botanical composition could not be determined due to the fact that most samples came from balanced meadows or grass-rich meadows. This study provides a representative picture of the regional quality of dry forages in Switzerland. Differences between intensive forage regions and mountain zones are sometimes considerable. This survey data could in the future be used in feed data bases or geographic information systems. Key words: forage, survey, influence factors, nutrient content, mineral content, trace elements.
▪▪ Daccord R., Wyss U., Kessler J. Arrigo, Y. Rouel, M. Lehmann, J. & Jean gros B., 2006. Apports alimentaires recommandés et tables de la valeur nutritive des aliments pour les ruminants, valeur nutritive des fourrages. Livre Vert, chap. 13. ▪▪ Kessler J., 1989. Mineralstoffgehalt von Wiesenfutter : Zusammenfassende Ergebnisse. Landwirtschaft Schweiz 9 (2), 523–526. ▪▪ Python P., Boessinger M., & Buchmann M., Tagungsbericht, ETH Zürich, Institut für Pflanzen-, Tier- und Agrarökosystem-Wissenschaften, 2010. Teneur moyenne en minéraux majeurs des fourrages secs ventilés selon l’altitude et la situation géographique.
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P f l a n z e n b a u
Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert Anastase Hategekimana, David Schneider, Dario Fossati und Fabio Mascher Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1 Auskünfte: Fabio Mascher, E-mail: fabio.mascher@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 47 33
Letzte Erhebungen in den Versuchen vor der Ernte. (Foto: ACW)
Einleitung Die Schweizer Weizenzüchtung verfolgt seit ihrem Beginn, Ende des 19. Jahrhunderts, drei Ziele: hoher und stabiler Ertrag, gute Krankheitsresistenz und hervorragende Backqualität (Fossati und Brabant 2003). Der nationale Durchschnittsertrag von Brotweizen ist deutlich gestiegen. Im Jahr 1850 betrug er rund 13 dt/ha, heute über 60 dt/ha (Fossati und Brabant 2003; SWISSGRANUM 2011). Dieser enorme Zuwachs ist auf verbesserte Anbaumethoden, den Einsatz von Düngemitteln, insbesondere Mineralstickstoff, und auf den Fortschritt bei der Züch-
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tung zurückzuführen. Der Beitrag jedes einzelnen Faktors am Gesamtfortschritt ist nur schwer zu bewerten. Was die Entwicklung der Sorten anbelangt, so stellt man fest, dass das Verhältnis des Kornertrags zur gesamten oberirdischen Pflanzenmasse (Ernteindex) von 35 % im Jahr 1930 auf 50 % im Jahr 1980 (Fossati und Paccaud 1986) angestiegen ist. Begleitet wurde diese Verschiebung durch eine Verkürzung der Halme, womit die Stickstoffzufuhr erhöht und zugleich Lagerung vermieden werden konnten (Fossati und Paccaud 1986). Der grosse Einfluss der Stickstoffgabe bei der Steigerung der Weizenerträge ist wohl bekannt (Ladha et al. 2005). Nur sehr
wenig ist jedoch bekannt über die Effizienz der Stickstoffnutzung durch die Schweizer Winterweizensorten, trotz der bekannten Umweltbelastungen durch übermässige Stickstoffverwendung (Spiess und Richner 2005). Wenn man bedenkt, dass die ältesten Sorten unter Bedingungen nur mit wenig verfügbarem Stickstoff gezüchtet wurden, ist es denkbar, dass sie den Stickstoff wirksamer aufnehmen und verwerten. Die Effizienz der Stickstoffnutzung durch die Pflanze ist ein agronomischer Indikator zur Beurteilung der Effizienz, mit welcher die Pflanze den zugeführten Stickstoff aufnimmt, ihn anschliessend verwertet und daraufhin den Körnern zuführt. Die Effizienz wird als Körnermasse pro verfügbare Stickstoffeinheit im Boden definiert. Dies erlaubt eine Charakterisierung und einen Vergleich der Sorten (Foulkes et al. 2009). Die Effizenz der Stickstoffnutzung kann in zwei Komponenten unterteilt werden: (1) die Effizienz der Stickstoffaufnahme aus dem Boden und (2) die Effizienz der Nutzung des Stickstoffs zur Körnerproduktion (Moll et al. 1982). Die vorliegende Studie vergleicht den Ertrag, die Ertragskomponenten und die Effizienz der Stickstoffnutzung von sieben Schweizer Weizensorten, die zwischen 1926 und 2003 auf den Markt gebracht wurden sowie der modernen französischen Sorte Caphorn. Mit Hilfe dieses Versuchsansatzes soll untersucht werden, wie die Pflanzenzüchtung zur gesamten Ertragssteigerung beigetragen hat. Um die Unterschiede in der Stickstoffeffizienz bei alten und modernen Sorten besser miteinander vergleichen zu können wurden Versuche mit zwei Stickstoffdüngungsstufen durchgeführt (praxisüblich nach Extensonorm und niedrige Stickstoffgabe). Diese Informationen sind für die künftige Ausrichtung der Züchtung auf wettbewerbsfähige und stickstoffgenügsamere Sorten hilfreich.
Material und Methoden Verwendete Sorten und Eigenschaften Im Versuch wurden die zu jeder Epoche am meisten angebauten Schweizer Winterweizensorten sowie zum Vergleich die beiden modernen Sorten Piotta (Agroscope/DSP) und die französische Sorte Caphorn (Florimont-Desprez; Tab. 1) einbezogen. Sämtliche Sorten weisen Backqualität der Klassen 1 oder 2 auf und sind daher miteinander vergleichbar. Versuchsaufbau Der Versuch wurde während zwei Jahren (2005 und 2006) am Standort Changins auf 440 m ü. M. durchgeführt. In den Versuchsjahren 2004 – 2005 belief sich die Niederschlagsmenge während der Wachstumsphase auf
Zusammenfassung
Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert | Pflanzenbau
Der durchschnittliche Weizenertrag in der Schweiz ist von 13dt/ha im Jahre 1850 auf heute 60dt/ha gestiegen. Diese Studie befasst sich mit dem Faktor Weizensorte in dieser beeindruckenden Ertragssteigerung. Die Erträge, die Ertragskomponenten und die Stickstoffeffizienz von sieben Schweizer Weizensorten, die zwischen 1926 und 2003 in den Sortenkatalog aufgenommen wurden, sowie die Französische Sorte Caphorn (2001) wurden in standardisierten Parzellenversuchen über zwei Jahre und auf zwei Stickstoffdüngungsstufen getestet (niedrige und extenso Düngungsstufen). Der Körnerertrag zeigt eine stetige Steigerung von 0,24 dt/ha/ Jahr in Funktion des Einschreibungsjahres der Sorten. Diese gewaltige Steigerung kann auf eine deutliche Vergrösserung der Anzahl der Körner pro Quadratmeter zurückgeführt werden. Die stetige Verbesserung der Stickstoffeffizienz durch die Pflanzen hat jedoch ebenfalls stark zu dieser Entwicklung beigetragen. Ein besseres Verständnis diese morphologischen und physiologischen Entwicklung der Pflanzen wird dazu beitragen Pflanzen züchten zu können, die noch effizienter mit dem vorhandenen Stickstoff umgehen können.
Tab. 1 | Zulassungsjahr und Qualitätsklasse der untersuchten Weizensorten
Name
Züchter
Eintragungsjahr in den Nationalen Sortenkatalog
Qualitätsklasse
MC 245
Agroscope
1926
II
MC 268
Agroscope
1926
II
Probus
Agroscope
1948
I
Zénith
Agroscope
1969
II
Arina
Agroscope/DSP
1981
I
Zinal
Agroscope/DSP
2003
I
Piotta
Agroscope/DSP
2003
II
Florimond-Desprez
2001
III
Caphorn
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Pflanzenbau | Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert
70,00 65,00 R² = 0,7329 Zunahme =0,27 dt/ha.an Zenith
Körnerertrag (dt/ha)
60,00 55,00 50,00 45,00 40,00
MC 268 35,00
Arina
Probus
MC 245
Arina
Zenith
Probus MC 245
Caphorn
Piotta Caphorn Piotta Zinal Zinal Extenso-Niveau SchwachesN-Niveau
R² = 0,8247 Zunahme=0,20dt/ha.an
Schwache Regression N-Niveau Regression ExtensoNiveau
MC 268
30,00 1920
1940
1960
1980
2000
2020
Jahr der Zulassung der Sorte in den Nationalen Sortenkatalog Abb. 1 | Korrelation zwischen Körnerertrag und Zulassungsjahr der in der Schweiz im Laufe des 20. Jahrhunderts gezüchteten Winterweizensorten bei niedriger Stickstoffgabe (blaue Linie und Dreieck) und bei Extens (rote Linie und Dreieck). Mittel von zwei Versuchsjahren.
755 mm, in den Jahren 2005 – 2006 auf 707 mm. Im Jahr 2004 setzte sich der Boden der Parzelle aus 24,3 % Ton, 47,4 % Lehm und 28,3 % Sand zusammen. Der Boden im Jahr 2005 bestand aus 26,6 % Ton, 42,2 % Lehm und 31,6 % Sand. Die Vorfrucht war in beiden Fällen Wintereiweisserbse ohne Stickstoffdüngung. Zur Vermeidung von Interferenzen durch die unterschiedlichen Pflanzenhöhen wurde jede Sorte auf drei nebeneinander liegenden Parzellen von je 4,7 m Länge und 1,5 m Breite ausgesät. Die mittlere Parzelle wurde für die Ertragsuntersuchungen verwendet. Die Aussaat erfolgte mit einer Dichte von 350 Körnern/m² in 8 Reihen. Zur Verhinderung der Lagerung auf den Parzellen mit grosser Stickstoffzufuhr im Jahr 2006 wurde der Wachstumsregulator Moddus (Syngenta, Basel, Schweiz) im «Zweiknotenstadium» (BBCH32) mit 0,4 l/ha eingesetzt. Stickstoffstufen und Aufteilung der Gaben Der Stickstoff (N) wurde nach der Methode der korrigierten Norm (Sinaj et al. 2009) gegeben. Im Jahr 2005, entsprach das höhere Düngungsniveau (Extensoniveau) 120 kg N/ha. Im Jahr 2006 wurde eine Extenso plus 60 kg Düngung vorgenommen: 180 kg N/ha. Das niedrige Stickstoffniveau entsprach der korrigierten Norm abzüglich 50 Einheiten N (d. h. 70 kg N/ha) im Jahr 2005, und der korrigierten Norm abzüglich 90 Einheiten N (d. h. 20 kg N/ha) im Jahr 2006. Die Stickstoffgaben erfolgten in Form von Ammoniumnitrat (27,5 % Stickstoff) vor dem Ährenschieben – im Jahr 2005 in zwei Gaben, im Jahr 2006 in vier Gaben. Beobachtete Parameter Die Ährendichte und die Körnerzahl pro Ähre wurden
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auf einer repräsentativen Probe in jeder Parzelle erhoben. Nach der Ernte wurden das Tausendkorngewicht (TKG) und das Hektolitergewicht gemessen. Zur Untersuchung der Biomasse und des Stickstoffgehalts der Pflanze in der Blüte- und in der Reifezeit wurden von jeder Sorte auf einer Länge von 25 cm in der Mitte der dritten Reihe einer Seitenparzelle Pflanzen entnommen. Der Stickstoffgehalt der Körner sowie der ganzen Pflanze (während der Blüte- und Reifezeit) wurde mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) auf gemahlenen Proben bestimmt (NIRS6500, FOSS NIRSystems, Inc., Laurel, MD, USA). Die durchgeführten Messungen basieren auf Kalibrierungen mit Pflanzmaterial, das nach der Referenzmethode nach Kjeldahl untersucht wurde. In dieser Studie wurde die NIRS-Referenzkurve mit zusätzlichen Proben validiert (Fossati et al. 1993). Die Stickstoffnutzungseffizienz (NUE) sowie ihre zwei Komponenten Stickstoffaufnahmeeffizienz (NUpE) und die Stickstoffverwertungseffizienz (NutE) wurden mit der von Moll et al. (1982) vorgeschlagenen Methode berechnet. Die Berechnung der Effizienz der Stickstoffremobilisierung (ERemN) basiert auf der Methode von Barbottin et al. (2005). Statistische Untersuchung Die Versuchsanlage bestand aus einer Split-Plot-Anlage mit drei unterteilten Wiederholungen. Hauptfaktor war dabei die Düngung, Nebenfaktor war die Sorte. Alle statistischen Untersuchungen wurden mit der Software Sigma Plot 11 (Systat Software Inc., Chicago, USA) durchgeführt. Die verschiedenen Faktoren und deren Interaktionen wurden statistisch mit dem Modul ANOVA vergli-
Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert | Pflanzenbau
Tab. 2 | Körnerertrag und seine Komponenten. Mittel der während zwei Beobachtungsjahren und bei zwei Stickstoffniveaus zusammengetragenen Daten Sorten
Körnerertrag (dt/ ha)
Ährenanzahl pro m² (NE2)
Körneranzahl pro Ähre (NGE)
Körneranzahl pro m² (NG2)
Tausendkorngewicht (TKG)
MC 245
42,70 (±8,53)
369 (±51)
28 (±6)
10092 (±2042)
42,48 (±0,65)
MC 268
35,56 (±5,19)
311 (±44)
30 (±5)
9124 (±1060)
40,26 (±1,08)
Probus
46,78 (±11,59)
324 (±57)
36 (±6)
11586 (±2986)
40,33 (±1,21)
Zénith
53,99 (±10,40)
376 (±65)
39 (±6)
14503 (±3344)
37,74 (±1,44)
Arina
51,03 (±10,05)
409 (±93)
33 (±6)
13104 (±2500)
38,99 (±0,57)
Zinal
52,28 (±13,21)
392 (±80)
32 (±6)
12537 (±3082)
41,80 (±1,39)
Piotta
59,82 (±10,96)
461 (±67)
32 (±3)
14627 (±3229)
40,82 (±1,31)
Caphorn
61,58 (±16,22)
361 (±48)
42 (±9)
15092 (±3895)
40,76 (±0,94)
chen, nachdem mit dem Modul «test Normalverteilung» sichergestellt wurde, dass die Residuen normal verteilt waren. Die Regressions- und Korrelationsanalysen wurden mit den entsprechenden Modulen durchgeführt.
Resultate Körnerertrag und Ertragskomponenten Der höchste Ertrag wurde mit der französischen Sorte Caphorn erzielt (61,58 dt/ha), eng gefolgt von der Schweizer Sorte Piotta (59,82 dt/ha). Der tiefste Ertrag (35,56 dt/ha) wurde mit der Sorte MC 268 (Tab. 2) erzielt. Die Regression des Ertrags gegen das Jahr der Zulas-
Niedrige Stickstoffgabe
A
Piotta
7,00
Probus
6,50
Arina
6,00
Caphorn
Zinal
5,50 5,00 4,50 MC 268
4,00 5,00
Zénith MC 245
y = 0,9866x - 1,1328 R² = 0,9876 (p < 0,001)
6,00 7,00 8,00 Absorbierter Stickstoff bei Blüte (g/m²)
9,00
Remobilisierter Stickstoff (g/m²)
Remobilisierter Stickstoff (g/m²)
7,50
sung der acht Sorten (Abb. 1) zeigt eine Ertragszunahme um rund 0,24 dt/ha/Jahr. Um besser zu verstehen welche Ertragskomponenten durch die Züchtung verändert wurden, wurden Ährenzahl pro m², Körnerzahl pro Ähre, Körnerzahl pro m² und Tausendkorngewicht erhoben und zwischen den Sorten verglichent (Tab. 2). Die Resultate zeigen eine deutliche Zunahme der Körnerzahl pro Ähre, die sich selbstverständlich auf die Körnerzahl pro m² auswirkt. Während die Sorten Mont Calme rund 10 000 Körner pro m² ausbilden, erreichen die neueren Sorten bis zu 15 000 Körner pro m². Das Tausendkorngewicht ist sortenabhängig, doch ist dieser Ertragsfaktor nicht mit dem
10,00 9,50 9,00 8,50 8,00 7,50 7,00 6,50 6,00 5,50 5,00
Extenso niveau
B
Caphorn
Zénith Piotta Arina
MC 245
Zinal y = 0,8292x + 0,0541 R² = 0,9695 (p < 0,001)
Probus MC 268 7,00
9,00 11,00 Absorbierter Stickstoff bei Blüte (g/m²)
13,00
Abb. 2 | Beziehung zwischen der absorbierten und an die Körner remobiliserten Stickstoffmenge und der von der Pflanze vor der Blüte absorbierten Stickstoffmenge, bei niedriger Stickstoffgabe (2A) und bei Extenso (2B).
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Pflanzenbau | Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert
Tab. 3 | Varianzanalyse des Körnerertrags und seiner Komponenten Ährenanzahl Körneranzahl pro pro m² Ähre (NGE) (NE2)
Freiheitsgrad
Körnerertrag (g/m²)
Jahr (J)
1
*
ns
Sorte (S)
7
***
Stickstoff (N)
1
ns
Varianzquelle
Körneranzahl pro m² (NG2)
Tausendkorngewicht (TKG)
ns
**
***
***
***
***
***
*
ns
ns
**
JxS
7
ns
ns
*
ns
**
JxN
1
ns
ns
ns
ns
ns
VxN
7
ns
ns
ns
ns
ns
JxSxN
7
ns
ns
ns
ns
ns
***hoch signifikant (P ≤ 0,1 %); **sehr signifikant (P ≤ 1 %); *signifikant (P ≤ 5 %); ns: nicht signifikant.
Zulassungsjahr korreliert. Die Varianzanalyse (Tab. 3) zeigt, dass der Sortenfaktor starken Einfluss auf die unterschiedlichen Erträge und sämtliche Ertragskomponenten hatte. Auch die Faktoren Versuchsjahr und Düngung haben gewisse Ertragskomponenten beeinflusst, wenn auch in geringerem Ausmass. Stickstoffabsorption und -remobilisierung Im Schnitt haben die Sorten in allen Verfahren vor der Blüte 7,82 g N/m² absorbiert und nach der Blüte 6,48 g N/m² remobilisiert und in den Körnern unter gebracht (Tab. 4). Abbildung 2 zeigt für die acht Sorten die Relation zwischen der vor der Blüte absorbierten Stickstoffmasse und der in die Körner deponierten Masse. Die Absorption und die Remobilisierung sind stark miteinander korreliert und der Anteil des remobili-
serten Stickstoffs (ERemN) beträgt im Schnitt bei allen Sorten 82 %. Die absorbierte und remobiliserte Stickstoffmenge hängt vom für die Pflanze im Boden verfügbaren Stickstoff ab (Tab. 5). Abbildung 2 legt nahe, dass die neueren Sorten mehr Stickstoff absorbieren als ältere Sorten. Diese Tendenz wird jedoch nicht durch die Varianzanalyse bestätigt (Tab. 5). Man kann jedoch feststellen, dass die Sorten, die bei allen Verfahren den höchsten Ertrag erzielten, vor der Blütezeit am meisten Stickstoff lagerten und in der Lage sind, den Stickstoff schnell in die Körner zu remobilisieren. Effizienz der Stickstoffabsorption und -nutzung Die Effizienz der Stickstoffnutzung der getesteten Weizensorten ist in Abbildung 3 ersichtlich. Mit Ausnahme von Arina zeigen alle Sorten eine grössere Effizienz bei
Tab. 4 | Stickstoffabsorption und -remobilisierung
Sorte
StickstoffStickstoffabsorption absorption vor nach der Blüte (g/m²) der Blüte Napf
MC 245
7,08 (±2,09)
MC 268
6,25 (±0,83)
Probus
7,84 (±1,56)
Zénith
7,44 (±1,11)
Arina
1,69 (±1,76)
Nach der Blüte in die Effizienz der StickKörner remobilisier- stoffremobilisierung ter Stickstoff (g/m²) (Index) NRem* ERemN*
1,44 (±0,66)
5,64 (±1,97)
2,39 (±1,74)
1,21 (±0,35)
2,16 (±1,48)
1,33 (±0,37)
2,83 (2,31)±
7,47 (±3,06)
Zinal
Proteingehalt im Korn (%)
0,78(±0,10)
12,25 (±1,42)
5,04 (±0,57)
0,81 (±0,05)
12,26 (±1,67)
6,51 (±1,41)
0,83 (±0,04)
12,14 (±0,76)
1,16 (±0,34)
6,29 (±1,20)
0,83 (±0,05)
10,42 (±0,92)
2,26 (±0,87)
1,16 (±0,52)
6,32 (±2,57)
0,85 (±0,02)
11,49 (±0,76)
8,41 (±0,99)
2,55 (±2,30)
1,55 (±0,39)
6,86 (±0,99)
0,82 (±0,05)
11,09 (±0,52)
Piotta
8,48 (±1,21)
3,54 (±0,93)
1,24 (±0,12)
7,24 (±1,11)
0,86 (±0,01)
10,60 (±0,36)
Caphorn
9,59 (±2,26)
2,43 (±1,64)
1,61(±0,19)
7,98 (±2,21)
0,83 (±0,05)
10,27 (±0,42)
Moyenne
7,82 (±1,64)
2,48 (±1,63)
1,33 (±0,37)
6,48 (±1,50)
0,82 (±0,05)
11,32 (±0,85)
*NRem = Nf-Npm und ERemN = (NRem/Nf)*100.
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Bei Reife im Stroh vorhandener Stickstoff (g/m²) Npm
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Niedrige N-Gabe
120,00
bc
100,00
Extensoniveau
bc
a
40,00
abc
bc
c
60,00
b
bc
bc
80,00
a
a
a
a
a
a
a
20,00 0,00 MC 245 MC 268 Probus Zenith Arina Sorten
Zinal
Piotta Caphorn
Stickstoffaufnahmeeffizienz (NupE) (g-1)
Stickstoffnutzungseffizienz (NUE) (g-¹)
Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert | Pflanzenbau
Niedrige N-Gabe
2,50 2,00 1,50
b
b
b
b
b
b
b
b ab
ab
ab
1,00
Extensoniveau
a
a
a
ab
ab
0,50 0,00
MC 245 MC 268 Probus Zenith Arina Sorten
Zinal
Piotta Caphorn
Abb. 3 | Die Stickstoffnutzungseffizienz (NUE) von sieben in der Schweiz im Laufe des 20. Jahrhunderts gezüchteten Winterweizensorten sowie der französischen Sorte Caphorn wurden während zwei Jahren bei zwei Stickstoffniveaus getestet. Der Standardfehler ist durch die Balken dargestellt. Die verschiedenen Buchstaben zeigen die statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Sorten.
Abb. 4 | Die Stickstoffaufnahmeeffizienz (NUpE) von sieben in der Schweiz im Laufe des 20. Jahrhunderts gezüchteten Winterweizensorten sowie der französischen Sorte Caphorn wurden während zwei Jahren bei zwei Stickstoffniveaus getestet. Der Standardfehler ist durch die Balken dargestellt. Die verschiedenen Buchstaben zeigen die statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Sorten.
einem schwachen Stickstoffniveau als bei einem ExtensoNiveau. Die Sortenunterschiede werden bei einem niedrigen Stickstoffniveau offensichtlicher. So zeigt beispielsweise Caphorn gegenüber MC 245 eine signifikant höhere Effizienz. Im Allgemeinen tendieren die neuen Sorten bei einem schwachen Stickstoffniveau dazu, den Stickstoff besser zu verwerten als die Sorten Mont Calme 245 und 268 oder Arina. Die Effizienz der Stickstoffabsorption der acht Sorten (Abb. 4) zeigt eine ähnliche Tendenz wie die Effizienz der Stickstoffnutzung.
Pflanze, welche die Ertragssteigerung ermöglicht haben. Es handelt sich insbesondere um die Steigerung der Körnerzahl pro Ähre und die Ährenzahl pro m². Das Tausen dkorngewicht hingegen, ein wichtiges Indiz der Verbesserung von Triticale (Schori et al. 2011), wurde kaum verändert. Die hier mit einigen der am häufigsten zwischen 1926 und 2003 vermarkteten Sorten erzielten Resultate bestätigen die Beobachtungen, die Fossati und Paccaud bei einem beschränkteren Sortensortiment gemacht haben (1986). In verschiedenen Studien über die zwischen 1946 und 1992 eingetragenen französischen Weizensorten wird von einer analogen Entwicklung des Ertrags und der morphologischen Veränderungen der Pflanze berichtet (Le Buanec, 1999; Trottet und Doussinault, 2002). Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die Stickstoffdüngung zur Ertragssteigerung deutlich erhöht. Die Züchtung stellte Sorten zur Verfügung, welche gegen Lagerung resistent waren und beträchtliche Stickstoff-
Diskussion Die im Verlaufe des 20. Jahrhunderts entwickelten Schweizer Weizensorten, die in der vorliegenden Studie verwendet wurden, haben eine konstante Ertragssteigerung von rund 0,24 dt/ha/Jahr gezeigt. Obwohl jede Sorte eine individuelle Ertragsstruktur besitzt, sind es hauptsächlich die morphologischen Änderungen der
Tab. 5 | Varianzanalyse der Absorptionsparameter und der Stickstoffremobilisierung
Varianzquelle
Freiheitsgrad
Stickstoffabsorption Stickstoffabsorption Nach der Blüte in die Effizienz der Stickvor der Blüte nach der Blüte Körner remobilisierstoffremobilisierung (g/ m²) (en g/m²) ter Stickstoff (g/m²) (in %) (ERemN) (Nf) (Napf) NRem
Proteingehalt im Korn (%)
Sorte (S)
7
ns
ns
ns
ns
***
Stickstoff (N)
1
***
ns
***
ns
***
SxN
7
ns
ns
ns
ns
ns
***hoch signifikant (P ≤ 0,1 %); **sehr signifikant (P ≤ 1 %); *signifikant (P ≤ 5 %); ns: nicht signifikant.
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Pflanzenbau | Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert
Tab. 5 | Varianzanalyse der Stickstoffnutzungseffizienz (NUE) und ihrer Komponenten (NUpE und NUtE) bei zwei Stickstoffniveaus
Freiheitsgrad
Stickstoffausnutzungseffizienz (NUE)
Sorte (S)
7
*
ns
ns
Stickstoff (N)
1
***
***
ns
SxN
7
ns
ns
ns
Varianzquelle
Stickstoffaufnahmeeffizienz Stickstoffverwertungseffizi(NUpE) enz (NUtE)
***hoch signifikant (P ≤ 0,1 %); **sehr signifikant (P ≤ 1 %); *signifikant (P ≤ 5 %); ns: nicht signifikant.
gaben verwerten konnten. Die in dieser Studie erarbeiteten Resultate zeigen auch, dass die neueren Sorten den Stickstoff in Bezug auf die Erträge immer besser nutzen. In der Tat ist der Einfluss der Sorte auf die Effizienz der Stickstoffnutzung statistisch signifikant. Die Verbesserung beider Kriterien, d.h. die Stickstoffabsorption und die Stickstoffnutzung, ermöglicht selbst bei beschränkter Stickstoffverfügbarkeit eine bessere Leistung der Sorten. Eine Verbesserung der Stickstoffabsorption kann durch ein grösseres Wurzelsystems (Le Gouis et al. 2000; Foulkes et al. 2009) sowie durch eine verbesserte Stickstoffabsorption über die Wurzeln (Slimane 2010) erreicht werden. Architektur und Funktionalität der Wurzeln der hier getesteten Sorten konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht erforscht werden. Zwischen 60 und 95 % des durch die Pflanze assimilierten Stickstoffs wird bei der Reife in die Körner remobilisiert (Barbottin et al. 2005). Die hier zusammengetragenen Werte zeigen, dass alle Sorten im oberen Feld dieser Skala liegen. Bei diesem Merkmal gibt es zwischen den Sorten keine Unterschiede. Bei den Sorten Mont Calme ist der Anteil an remobilisiertem Stickstoff bereits ziemlich hoch. Dieses Merkmal wurden während des Züchtungsverlaufs nicht noch weiter verbessert.
Schlussfolgerungen ••Die Züchtung von Weizentypen, die mehr Körner pro m² produzieren, führte zu einer deutlichen Steigerung des Ertragspotenzials der in der Schweiz im Verlauf des 20. Jahrhunderts gezüchteten Weizensorten. ••Parallel dazu konnte die Effizienz der Stickstoffnutzung im Verlaufe der Jahre verbessert werden, dies hauptsächlich durch eine effizientere Stickstoffabsorption. ••Die Frage welchen Beitrag die beiden Schlüsselfaktoren Wurzelarchitektur und Stickstoffabsorption an diese Entwicklung leisten, müssten zusätzliche Forschungen angestellt werden. ••Die in dieser Studie erforschten modernen Sorten konnten den Stickstoff bei schwacher Stickstoffverfügbarkeit besser nutzen als die herkömmlichen Sorten. ••Ein besseres Verständnis des durch die modernen Sorten erzielten Fortschritts wird erlauben, Genotypen zu züchten, welche über einen noch höhere Stickstoffn effizienz verfügen.
Dank
Diese Arbeit wurde im Rahmen der Aktion COST 860 SUSVAR (Sustainable lowinput cereal production: required varietal characteristics and crop diversity) durchgeführt. Die Autoren danken dem Staatssekretariat für Bildung und Forschung SBF für die finanzielle Unterstützung (Vertragsnummer C04.0203).
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Evoluzione della resa e dell'efficacia d'utilizzazione di varietà di frumento selezionate in Svizzera durante il novecento La resa media di frumento in Svizzera è passata da 13q/ha nel 1850 all’attuale 60q/ ha. Questo studio ha analizzato il fattore varietale in questa impressionante progressione della resa. Attraverso delle prove standardizzate sull’arco di due anni e con due regimi di fertilizzazione d’azoto (livello basso e livello Extenso), si è esaminato le rese, i componenti di essa e l’efficacia dell’impiego dell’azoto di sette varietà di frumento svizzere omologate tra il 1926 ed il 2003 e della varietà francese Caphorn (2001). La resa in grani mostra un aumento costante in funzione dell’anno d’iscrizione al catalogo nazionale delle varietà e ammonta a ca. 0,24q/ ha/anno Questo incremento straordinario è sicuramente dovuto ad un aumento del numero di grani per m². Tuttavia, anche il miglioramento costante nell’uso dell’azoto ricopre un ruolo primordiale in quest’evoluzione. La comprensione di questo progresso, realizzato a livello morfologico e fisiologico della pianta, permetterà, in futuro, di selezionare le varietà con un’elevata efficacia nell’uso dell’azoto.
Literatur ▪▪ Barbottin A., Lecomte C., Bouchard C. & Jeuffroy M.-H., 2005. Nitrogen remobilization during grain filling in wheat : genotypic and environmental effects. Crop Science 45, 1141–1150. ▪▪ Spiess E. & Richner W., 2005. L'azote dans l'Agriculture. Cahiers de la FAL 57, 24–25. ▪▪ Fossati A. & Paccaud F.-X., 1986. La sélection du blé en Suisse : passé, présent, futur. Revue suisse d’Agriculture 18 (2), 73–80. ▪▪ Fossati D., Fossati A. & Feil B., 1993. Relationship between grain yield and grain nitrogen concentration in winter triticale. Euphytica 71, 115–123. ▪▪ Fossati D. & Brabant C., 2003. La sélection du blé en Suisse : Le programme des stations fédérales. Revue suisse d’Agriculture 35 (4), 169–180. ▪▪ Foulkes M. J., Hawkesford M. J., Barraclough P. B., Holdsworth M. J., Kerr S., Kightley S. & Shewry P. R., 2009. Identifying traits to improve the nitrogen economy of wheat: recent advances and future prospects. Field Crops Research 114, 329–342. ▪▪ Ladha J. K., Pathak H., Krupnik T. J, Six J. & van Kessel C., 2005. Efficiency of fertilizer nitrogen in cereal production: retrospects and prospects. Advances in Agronomy 87, 85–156. ▪▪ Le Buanec B., 1999. La diversité génétique des variétés de blé tendre cultivées en France au cours du vingtième siècle : Evolution variétale, données techniques et économiques. Comptes rendus de l’Académie d’agriculture de France 85 (8), 37–59.
Summary
Riassunto
Leistung und Stickstoffeffizienz von Schweizer Weizensorten aus dem 20. Jahrhundert | Pflanzenbau
Performance and nitrogen efficiency of Swiss wheat varieties of the 20th century The average wheat yield in Switzerland has increased from 13dt/ha in 1850 to 60dt/ha today. The present study investigates the factor variety in this spectacular yield improvement. Yield, yield components and nitrogen efficiency efficacy of seven Swiss wheat varieties released between 1926 and 2003 and the French variety Caphorn (released in 2001) have been studied in standardized plot trials for 2 years and at 2 nitrogen fertilization levels (low nitrogen level and medium extenso level). Grain yield shows a constant increase of about 0.24dt/ ha/year, in direct correlation with the year of release of the varieties. This impressive increase is due to the net increase of the number of grains produced per square meter. However, constant improvement of nitrogen utilization by the plants has strongly contributed to this evolution. Understanding of the evolution at both the morphological and the physiological level will contribute, in future, to breed varieties displaying an even more elevated efficacy of nitrogen utilization. Key words: wheat, breeding, low input agriculture, breeding for undemanding varieties.
▪▪ Le Gouis, J. Béghin D., Heumez E., & Pluchard P., 2000. Genetic differences for nitrogen uptake and nitrogen utilization efficiencies in winter wheat. European Journal Agronomy 12, 163–173. ▪▪ Moll R.-H., Kamprath J. & Jackson W.-A., 1982. Analysis and Interpretation of Factors Which Contribute to Efficiency of Nitrogen Utilization. A gronomy Journal 74, 562–564. ▪▪ Schori A., Mascher F. & Fossati D., 2011. Verbesserung des Ertrags, der Standfestigkeit und des spezifischen Gewichts bei Triticale. 61. Tagung der Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs 69–72. ▪▪ Slimane R.-B., 2010. Effets de la septoriose foliaire sur la sénescence et les flux d’azote pendant le remplissage des grains chez le blé tendre. Thèse de doctorat, Institut des Sciences et Industries du Vivant et de l’Environnement (AgroParisTech)-Institut National de la Recherche Agronomique (INRA), Unité Environnement et Grandes cultures. ▪▪ Sinaj S., Richner W., Flisch R. & Charles R., 2009. Données de base pour la fumure des grandes cultures et des herbages (DBF-GCH 2009). Revue suisse d’Agriculture 41 (1), 98 p. ▪▪ swissgranum, 2011. Rendements moyens utilisables. Accès : http://swissgranum.ch/pdf/5df1_F_Marche_rendements.pdf (Accès: 30 juillet 2011). ▪▪ Trottet M. & Doussinault G., 2002. Analyse du progrès génétique chez le blé tendre au cours du XXe siècle. Le Sélectionneur français 53, 2–18.
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Vogelarten für eine vertiefte Risikobeurteilung von Pestiziden in der Schweiz Michela Gandolfi und Thomas S. Reichlin, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil Auskünfte: Michela Gandolfi, E-Mail: michela.gandolfi@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 62 70
Die Feldlerche, eine typische Vogelart im Kulturland. (Foto: Markus Jenny)
In einer Studie von 2011 haben Experten von Agroscope Changins-Wädenswil ACW die Vogelarten ausgewählt, die in der Schweizer Landwirtschaft vorkommen und sich am besten für eine realitätsnahe Risikoabschätzung von Pflanzenschutzmitteln eignen. Hintergrund Pestizide (Pflanzenschutzmittel, PSM) dürfen nach der Verwendung entsprechend der guten landwirtschaftlichen Praxis keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben (PSMV 2010). Die gesuchstellenden Firmen müssen die Unbedenklichkeit für Nichtziel-Organismen, u.a. Vögel, mit einem Dossier belegen. Die Fachgruppe Ökotoxikologie an der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW prüft die Unterlagen
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Agrarforschung Schweiz 3 (1): 52–54, 2012
der Firmen und führt eine Risikoabschätzung durch, die analog zur EU verläuft und an die Schweizer Bedingungen angepasst ist. Die Risikoabschätzung für Vögel erfolgt in mehreren Schritten: als Erstes wird ein Worst-Case Modell verwendet, welches annimmt, dass eine fiktive Vogelart sich ausschliesslich in der frisch mit PSM behandelten Kultur ernährt. Wenn in diesem ersten Schritt ein mögliches Risiko nicht ausgeschlossen werden kann, muss die Risikoabschätzung weiter vertieft werden (EFSA 2009). Dazu werden real existierende Vogelarten hinzugezogen, so genannte «Fokusarten» (übersetzt aus dem Englischen focal species), welche zur Zeit der Behandlung tatsächlich in der behandelten Kultur erwartet werden. Für diese reellen Arten können ökologische und biologi-
Vogelarten für eine vertiefte Risikobeurteilung von Pestiziden in der Schweiz | Kurzbericht
Tab. 1 | Potenzielle Schweizer Fokusarten für alle Hauptkulturen Kulturtyp
Stadium
Bewuchsfrei
Saat
Nahrung
Kulturen
Fokusart
Bodeninsekten
alle
Hausrotschwanz (Frühling) Goldammer (Herbst)
Unkrautsamen
alle
Distelfink (Frühling) Hänfling (Herbst)
Würmer
alle
Wacholderdrossel
Getreide, Zuckerrübe, Raps, Gemüse
Feldlerche
Saatgut Mais, Bohnen, Erbsen, Sonnenblumen, Kartoffeln
Ringeltaube
Bodeninsekten
alle
Goldammer
Unkrautsamen
alle
Hänfling
Getreide Auflauf Sämlinge
Ackerbau
Zuckerrübe, Raps, Gemüse, Mais, Bohnen,
Feldlerche Ringeltaube
Erbsen, Sonnenblumen, Kartoffeln Insekten
Vegetation
Unkrautsamen
alle
Goldammer
Getreide, Mais, Zuckerrübe, Kartoffel
Feldlerche
Bohnen, Erbsen, Sonnenblumen Raps Gemüse
Nach Ernte
Weinbau
Beerenbau
alle
alle
alle
Wachtel Ringeltaube
Getreide, Mais, Zuckerrübe, Raps, Kartoffel
Bachstelze
Bohnen, Erbsen, Sonnenblumen
Goldammer
alle
Grünfink
Bodeninsekten
alle
Gartenrotschwanz
Blattinsekten
alle
Blaumeise
Unkrautsamen
alle
Distelfink
Würmer / Früchte
alle
Wacholderdrossel
Boden-/Blattinsekten
alle
Hausrotschwanz
Unkrautsamen
alle
Distelfink
Würmer / Beeren
alle
Star
Bodeninsekten
alle
Bachstelze
Unkrautsamen
alle
Grünfink
Würmer / Beeren
alle
Wacholderdrossel
Blattinsekten
nur Beeren-Sträucher
Blaumeise
Blumen und Sträucher
Wacholderdrossel
Wiesen
Bachstelze
nur Blumen und Sträucher
Blaumeise
Blumen und Sträucher
Grünfink
Insekten
Unkrautsamen
Obstbau
Grünfink
Bodeninsekten
Zierpflanzenbau
alle
Blattinsekten Unkrautsamen Würmer
Wiesen
Distelfink
alle
Wacholderdrossel
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Kurzbericht | Vogelarten für eine vertiefte Risikobeurteilung von Pestiziden in der Schweiz
sche Faktoren wie Habitatnutzung und Ernährungsverhalten beigezogen werden, um die PSM-Exposition realistischer abzuschätzen. Methode zur Bestimmung der Fokusarten Für die Bestimmung der Fokusarten in der Schweiz wurden vorhandene schweizerische Feldbeobachtungsdaten, umfassende ornithologische CH-Literatur (BAFU und BLW 2008; Baur et al. 2005; Maumary et al. 2007; Schmid et al. 1998; www.vogelwarte.ch) und Expertenwissen verwendet. Die in Frage kommenden Vogelarten wurden für die Hauptkulturen der Schweiz von der Fachgruppe Ökotoxikologie und zwei unabhängigen Ornithologen hinsichtlich ihrer Eignung als Fokusarten beurteilt. Als Kriterien dienten: ••hohe Assoziation mit der Kultur ••hohe Abundanz in der Kultur ••hohe Nahrungsaufnahmerate pro Körpergewicht. Für alle Schweizer Kulturen und deren verschiedene Wachstumsstadien wurden jeweils zwei bis vier Fokusarten mit unterschiedlichen Nahrungspräferenzen definiert. Die Beurteilung durch die verschiedenen Experten war in der Regel deckungsgleich. Abweichungen wurden individuell besprochen und abgeglichen. Schweizer Fokusarten und Verwendungszweck Die ermittelten Fokusarten (Tab. 1) könnten in Zukunft dafür verwendet werden, um eine kulturspezifische und realistischere Abschätzung der Risiken von PSM auf Schweizer Vögel zu erreichen. Anhand von zwei nachfolgenden Beispielen soll exemplarisch erläutert werden, welche Überlegungen in die Auswahl der Fokusarten einflossen und welche Bedeutung den ermittelten Fokusarten zukommt. Hausrotschwanz in Rebbergen Der Hausrotschwanz ist eine sehr häufige (500 000 Brutpaare) und landesweit verbreitete Vogelart in der Schweiz. In Rebbergen ist er besonders häufig anzutreffen, da er dort gut Nahrung findet. Mit seinem geringen Körpergewicht (13 g) muss er im Vergleich zu grösseren Vogelarten mehr Insekten pro Körpergewicht fressen, um den täglichen Nahrungs- und Energiebedarf abzudecken. Wird ein Rebberg mit PSM behandelt, so nimmt der Hausrotschwanz über das Fressen von PSM-kontaminierten Insekten im Vergleich zu grösseren Vögeln mehr PSM pro Körpergewicht auf, und ist somit durch die Behandlung stärker betroffen. Wenn die Risikoabschätzung für den Hausrotschwanz als akzeptabel eingestuft
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Agrarforschung Schweiz 3 (1): 52–54, 2012
wird, dann wird mit höchster Wahrscheinlichkeit auch für alle anderen insektenfressenden Vogelarten im Weinbau keine Gefahr bestehen. Der Hausrotschwanz wird daher als insektenfressende Fokusart im Weinbau definiert. Feldlerche in Getreidefeldern Die Feldlerche ist eine typische Vogelart im Kulturland. Obwohl sie nur mässig häufig in der Schweiz (50 000 Brutpaare) vorkommt, ist sie dennoch weit verbreitet, und ist weitgehend an Getreidefelder und andere Feldbaukulturen gebunden. In Getreidefeldern kann die Feldlerche auf verschiedene Weise und zu verschiedenen Zeitpunkten mit einem PSM in Kontakt kommen, nämlich indem sie: i) nach der Aussaat gebeizte Getreidesamen aufnimmt, ii) nach dem Auflaufen der Kultur mit PSM gespritzte Sämlinge frisst, und iii) in wachsendem Getreide kontaminierte Unkrautsamen frisst. Die Feldlerche wird daher als samen- und sämlingsfressende Fokusart in Getreidefeldern definiert. Die methodologischen Details und weitere Informationen stehen bei der Autorin zur Verfügung. n
Dank
Ein herzlicher Dank geht an die Ornithologen Simon Birrer von der Schweizerischen Vogelwarte und Michael Schaad vom Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz für ihre wertvolle Mitarbeit.
Literatur ▪▪ BAFU und BLW (2008) Umweltziele Landwirtschaft. Umwelt-Wissen Nr. 0820. BAFU, Bern. ▪▪ Bauer, H.-G., Bezzel, E. & Fiedler, W. (2005) Kompendium der Vögel Mitteleuropas Band I. ▪▪ EFSA (2009) Guidance Document on Risk Assessment for Birds & Mammals. EFSA Journal 7 (12):1438. ▪▪ Maumary, L., Vallotton, L. & Knaus, P. (2007) Die Vögel der Schweiz. Schweizerische Vogelwarte, Sempach und Nos Oiseaux , Montmollin. ▪▪ Schmid, H., Luder, R., Naef-Daenzer, R., Graf, R. & Zbinden, N. (1998) Schweizer Brutvogelatlas: Verbreitung der Brutvögel in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein 1993–1996. Schweizerische Vogelwarte, Sempach. ▪▪ Schweizerische Verordnung vom 12. Mai 2010 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Pflanzenschutzmittelverordnung, PSMV). ▪▪ www.vogelwarte.ch
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Wirtschaftlichkeit der Kaninchenfleischproduktion Gregor Albisser Vögeli und Markus Lips, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Auskünfte: Markus Lips, E-Mail: markus.lips@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 31 85
Nur ein Drittel der Kaninchenfleisch-Konsummenge stammt aus dem Inland. (Foto: H.R. Kyburz Vieh und Fleisch AG)
Um die Wirtschaftlichkeit der Kaninchenfleischproduktion zu beurteilen, wird eine Vollkostenrechnung erstellt. Pro Kilogramm Schlachtgewicht resultieren Kosten von CHF 14.23, denen Leistungen (Erträge) in der Höhe von CHF 12.25 gegenüberstehen. Der resultierende Verlust kann dahingehend interpretiert werden, dass nur ein Stundenlohn von knapp CHF 14.– und nicht wie angenommen CHF 28.– erreicht wird.
Bei einer Konsummenge von 1866 Tonnen Kaninchenfleisch im Jahr 2009, stammten lediglich 35 % (645 Tonnen) aus dem Inland (Bundesamt für Statistik BFS 2011). Entsprechend der Nachfrage könnte die Inlandproduktion ausgedehnt werden, was für etliche Landwirtschaftsbetriebe einen möglicherweise interessanten Betriebszweig darstellen dürfte. Um die Wirtschaftlichkeit dieser Nischenproduktion beurteilen zu können,
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Kurzbericht | Wirtschaftlichkeit der Kaninchenfleischp roduktion
werden mittels Vollkostenrechnung die Leistungen (Erträge) und Selbst- beziehungsweise Produktionskosten sowohl für die Zucht als auch für die Mast von Kaninchen abgeschätzt. Fünf analysierte Betriebe Die Untersuchung stützt sich auf fünf Landwirtschaftsbetriebe mit Kaninchenproduktion. Alle Betriebe sind in die «Integration Kyburz» der H. R. Kyburz Vieh und Fleisch AG eingebunden und hielten ursprünglich Milchvieh oder Schweine. Anstelle von notwendigen, aber wirtschaftlich nicht mehr sinnvollen Sanierungen, der entsprechenden Ställe fand eine Umstellung auf Kaninchenhaltung statt. Der Einstieg in die Kaninchenproduktion war denn auch primär dadurch motiviert, die bestehenden Gebäude weiterhin zu nutzen. Neben der Kaninchenproduktion betreiben alle untersuchten Betriebe auch Ackerbau. Drei der fünf Betriebe sind sowohl in der Kaninchenzucht als auch in der -mast tätig. Je ein Halter betreibt nur Zucht oder Mast. Somit sind jeweils vier Betriebszweigergebnisse verfügbar, die eine beachtliche Vielfalt von Haltungsformen widerspiegeln. Bei der Zucht bewegt sich die Anzahl Zibben (Muttertiere) zwischen 42 und 400. Während die kleineren zwei Betriebszweige Einzelhaltung führen, werden die Zibben bei den beiden grösseren Betriebszweigen in Gruppen gehalten. Bezüglich Mast reicht die Spanne von 1400 bis 5400 Mastkaninchen pro Jahr, wobei alle vier Betriebszweige die Anforderungen für BTS (Besonders Tiergerechte Stallhaltungssysteme) erfüllen. Vollkostenrechnung Die Vollkostenrechnungen werden für die Betriebszweige Zucht und Mast separat erstellt und anschliessend über die jeweils vier Betriebe gemittelt. Als Bezugsgrösse dient das Kilogramm Schlachtgewicht Kaninchenfleisch, unter der Annahme, dass jedes (Jung-)Tier 1,5 kg Schlachtgewicht erreicht. Um den betriebsspezifischen Einfluss zu begrenzen, werden bei der Kaninchenzucht nicht die effektive Anzahl Jungtiere pro Zibbe und Jahr, sondern langjährige Erfahrungswerte (45 Jungtiere bei der Einzel- bzw. 40 bei der Gruppenhaltung) verwendet. Bei den Leistungen werden die Beiträge für BTS anhand der Tierbestände kalkuliert. Die übrigen Leistungen sowie die Direktkosten für Kaninchenfutter, Einstreu, Tierarzt und Medikamente stammen aus den Buchhaltungen der befragten Betriebe. Die Kosten für das betriebseigene Heu werden mit dem Marktpreis bewertet (Agridea 2010). Die Kosten für den Ersatz der Zuchttiere stützen sich auf eine Expertenangabe von Michael Notter von der «Integration
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Agrarforschung Schweiz 3 (1): 55–57, 2012
Kyburz». Ebenfalls auf Expertenangaben basiert die betriebsspezifische Kostenaufteilung, wenn sowohl Zucht als auch Mast betrieben wird. Bei den (Stall-) Ein richtungen wird ausgehend von den Investitionen eine Abschreibungsdauer von fünf Jahren angenommen. Die Gebäudekosten sind auf Basis eines Neubaus (Holzbau mit Isolation auf Betonplatte) mit Schieberentmistung und einem entsprechend grossen Futter- sowie Güllesilo kalkuliert. Dazu werden Erstellungskosten von CHF 255.– pro Kubikmeter sowie eine Nutzungsdauer von 30 Jahren angenommen. Während eine Zibbe (mit Jungtieren) in Einzelhaltung 1,8 m3 benötigt, liegt der Raumbedarf für eine Zibbe in Gruppenhaltung mit 3,9 m3 bei mehr als dem Doppelten. Der Raumbedarf je Mastplatz hingegen beträgt nur 0,5 m3. Bei der Kaninchenzucht ist die Auslastung saisonbedingt im Sommer um 25 % tiefer, was bei den gebäuderelevanten Kosten berücksichtigt wird. Für das gebundene Kapital kommen ein Zinssatz von 3,75 % und die eingesetzte Arbeit ein Stundenlohn von CHF 28.– zur Anwendung (Gazzarin und Albisser 2010). Die Arbeitskosten gehen auf Schätzungen der konsultierten Betriebsleiter ihrer eingesetzten Arbeitszeit zurück. Die Kosten für elektrische Energie, Wasser und Telefon stützten sich auf die Befragung der Betriebsleitenden. Die Kosten für (Gebäude-)Versicherungen, Anteil Auto und allgemeine Betriebskosten werden auf der Basis von Buchhaltungsdaten (Dux und Schmid 2010) sowie aufgrund von Expertenangaben abgeschätzt.
Resultate In Tabelle 1 sind für Zucht und Mast die Durchschnittswerte der jeweils vier Betriebszweige sowie die resultierenden Produktionskosten beziehungsweise totalen Kosten für die Kaninchenproduktion angegeben. Alle Angaben beziehen sich auf ein Kilogramm Schlachtgewicht Kaninchenfleisch. Abgesehen vom Erlös für abgehende Zuchtkaninchen, entstammen die Leistungen dem Verkauf von Mastkaninchen und BTS-Beiträgen. Insgesamt resultieren durchschnittliche Leistungen von CHF 12.25 pro Kilogramm Schlachtgewicht. Auf Kostenseite fallen pro Kilogramm Schlachtgewicht CHF 6.75 bei der Zucht und CHF 7.48 bei der Mast an, was zu totalen Kosten von CHF 14.23 führt. Verglichen mit den Leistungen, resultiert ein Verlust von knapp CHF 2.– pro Kilogramm Schlachtgewicht. Dieser Verlust ist dahingehend zu interpretieren, dass der verwendete Stundenlohn von CHF 28.– nicht erreicht wird. Die erzielte Verwertung der eingesetzten Arbeit liegt durchschnittlich bei knapp CHF 14.–, wobei angenommen wird, dass pro Kilogramm Schlachtgewicht ins
Wirtschaftlichkeit der Kaninchenfleischp roduktion | Kurzbericht
Tab. 1 | Vollkostenrechnung Zucht und Mast in CHF pro Kilogramm Schlachtgewicht Kaninchenfleisch Betriebszweig Erlös alte Zuchtkaninchen
Zucht
Mast
0,01
Kaninchen-produktion
Anteil der totalen Kosten
0,01
Erlös Mastkaninchen
11,85
11,85
Beitrag BTS
0,39
0,39
Total Leistungen
0,01
12,24
12,25
Futter
1,69
3,72
5,41
38 %
Einstreu
0,06
0,11
0,17
1 %
Ersatz Zuchttiere
0,3
0,3
2 %
Tierarzt und Medikamente
0,1
0,08
0,18
1 %
Total Direktkosten
2,15
3,91
6,06
43 %
Einrichtung
0,83
0,67
1,5
11 %
Gebäude
0,49
0,56
1,05
7 %
Zins für geb. Kapital
0,46
0,28
0,74
5 %
Arbeit
2,67
1,52
4,19
29 %
Weitere Betriebskosten (inkl. Strom, Wasser, Versicherungen, Anteil Auto)
0,15
0,54
0,69
5 %
Total Kosten
6,75
7,48
14,23
100 %
gesamt 0,15 Arbeitskraftstunden eingesetzt werden – 0,1 Stunden bei der Zucht und 0,05 Stunden bei der Mast. Betrachtet man die Kostenstruktur für die gesamte Kaninchenproduktion, wird die Bedeutung von Futter (38 %) und Arbeit (29 %) deutlich, die zusammen zwei Drittel der Kosten (67 %) ausmachen. Die Einrichtungen (11 %) und Gebäude (7 %) sind zusammen mit knapp 20 % ebenfalls von Bedeutung.
Lips 2011). Ein weiterer Anknüpfungspunkt stellt das Management dar, indem die Anzahl Jungtiere pro Zibbe erhöht und somit die Kosten besser verteilt werden könnten. Es gilt darauf hinzuweisen, dass die fünf untersuchten Betriebe eine kleine Stichprobe darstellen und folglich betriebsspezifische Effekte einen starken Einn fluss haben.
Schlussfolgerungen Der Vergleich von Leistungen und Kosten zeigt deutlich, dass in der Kaninchenfleischproduktion der Lohnansatz von CHF 28.– pro Stunde bei Weitem nicht erreicht wird. Gleichzeitig gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass die Anforderungen an die Betriebsleitung hoch sind und ein Risiko von Produktionsausfällen infolge von Krankheitserregern besteht. Folglich ist der Einstieg für weitere Betriebsleitende in die Kaninchenproduktion momentan wenig attraktiv. Es stellt sich die Frage, wie die Wirtschaftlichkeit verbessert werden könnte. Ausgehend von der Kostenstruktur steht die Arbeit im Zentrum. Der Vergleich unterschiedlicher Betriebsgrössen deutet darauf hin, dass insbesondere bei der Zucht mit zunehmender Bestandsgrösse die Arbeitskosten sinken (Albisser und
Literatur ▪▪ Agridea, 2010. Preiskatalog, Ausgabe 2010. Agridea, Lindau. ▪▪ Albisser G. & Lips M., 2011. Vollkostenrechnung für Kaninchenfleisch, Schlussbericht, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen. ▪▪ Bundesamt für Statistik, 2011. Statistisches Lexikon der Schweiz: Fleischbilanz 2009, Neuenburg. Zugang: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/ de/index/themen/07/22/lexi.Document.21051.xls [13. Mai. 2011]. ▪▪ Dux D. & Schmid D., 2010. Grundlagenbericht 2009. Zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen. ▪▪ Gazzarin Ch. & Albisser G., 2010. Maschinenkosten 2010. ART-Bericht Nr. 733. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen.
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P o r t r ä t
Stefan Rieder: Tiergenetik und -zucht am Pferd aufgezäumt «Wenn ich mit meinen zwei Buben ausreite, so nehmen wir ein bis zwei Pferde und sind dann alternierend mit Ross und Fahrrad unterwegs.» Auf dem Mont Vully mit Sicht auf Alpen, Jura und Mittelland hat sich Stefan Rieder zusammen mit seiner Familie vor Jahren bereits eine Abbruchliegenschaft erworben und Schritt für Schritt renoviert. «Dort hatte es Platz für unseren Zoo», umreisst Stefan Rieder die Standortwahl. Doch wer weiss, dass Weinbau aber auch Pferdehaltung im Umfeld des «Haras» von Avenches, die Landschaft um den Murten See prägen, erkennt leicht, dass es besonders Pferdeliebhaber hier hinzieht. Deshalb wundert es wenig, dass es den ehemaligen Dozenten für Tiergenetik und Pferdewissenschaften der SHL* schon in die Gegend verschlagen hatte, noch bevor er 2011 an Agroscope zum Leiter des Forschungsbereichs Nationalgestüt ernannt wurde. Das Pferd als treibende Kraft Nach dem Abschluss einer KV-Lehre ist Stefan Rieder stets den Themen Pferd und Tierzucht gefolgt. Zunächst arbeitete er auf Farmen in Südamerika und trekkte mit dem Pferd in Europa. Dieses Tier und die zugehörige Kultur faszinierten ihn schon immer − ihn, der zwar aus einem landwirtschaftlichen Umfeld stammte, aber in der Region Bern aufgewachsen war. Dem Büroberuf entronnen folgte er diesem Ruf nun konsequent: Im Agro nomiestudium an der ETH Zürich befasste er sich während einer Semesterarbeit mit der Frage von Melanomen bei Pferden, Grundlagen, die bis zur Dissertation und dem anschliessende Postdoc an der INRA in Frankreich weiterbearbeitet wurden. 2003 folgte die Berufung an die SHL*, wo Stefan Rieder ein auch mit Drittmitteln finanziertes Team von fünf Personen im Tierzuchtbereich aufbaute und sich massgeblich an der Gründung des Studiengangs Pferdewissenschaften beteiligte. Dank dem Pferd auf die Biene gekommen «Mich hat das Pferd im In- wie im Ausland immer besonders im landwirtschaftlichen Kontext interessiert. Der Tierzucht und Genetik fühle ich mich zudem besonders verbunden. Deshalb besteht für mich am Gestüt die Herausforderung, dem Haras seinen Platz in der landwirtschaftlichen Forschungslandschaft zu geben» blickt er in die Zukunft. Dies gelte auch für jene Bereiche, die bislang nicht direkt in einen reinen Forschungsbetrieb eingebunden waren. Eine Herausforderung, die mit dem Bereich Bienenforschung noch ergänzt wird. Die Distanz
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Stefan Rieder, neuer Forschungsbereichsleiter Nationalgestüt, ist auch für die Bienenforschung an Agroscope verantwortlich. (Foto: ART)
zwischen Pferde- und Bienenforschung sei geringer, als man meine, erklärt Rieder. «In beiden Gebieten handelt es sich in der Praxis um ein breites Milizsystem mit Impact auf Landwirtschaft und Biodiversität.» Der Forschungsbereich Pferde und Bienen könne hier durch gezielte, neutrale Expertise, sehr heterogene Märkte von Laien und Fachexperten gleichermassen kompetent bedienen. Etel Keller-Doroszlai, Forschungsanstalt Agroscope ReckenholzTänikon ART, 8356 Ettenhausen
*
Die SHL heisst ab 1.1.2012 Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL).
A k t u e l l
Aktuell Neues ETH-Departement Umweltsystemwissenschaften – Zusammenschluss Agrarwissenschaften und Umweltwissenschaften Die Schulleitung der ETH Zürich hat beschlossen das Department Agrar- und Lebensmittelwissenschaften (D-AGRL) aufzulösen und die beiden Teilbereiche Lebensmittelwissenschaften und Agrarwissenschaften per 1. Januar 2012 in zwei neue Departemente zu integrieren. Das Institut für Agrarwissenschaften (IAS) und die Umweltnaturwissenschaften werden im Departement für Umweltsystemwissenschaften (D-USYS) zusammengeführt. Das Institut für Lebensmittel, Ernährung und Gesundheit (IFNH) fusioniert mit den Bewegungswissenschaften zum neuen Department für Gesundheit und Technologie (D-HEST). Für die seit fast 150 Jahren an der ETH Zürich betriebenen Agrarwissenschaften bedeutet diese Fusion den Eintritt in eine neue Phase. Die nachhaltige Landwirtschaft, einem fundamentalen Postulat für die globale Ernährungssicherheit, erhält mit diesem strategischen Forschungsschwerpunkt der ETH Zürich den gebührenden Stellenwert. Die Neuausrichtung entspricht den zukünftigen Herausforderungen, die sich der Menschheit stellen. Der siebenmilliardste Mensch wurde geboren. Ohne die nachhaltige Intensivierung der Produktion bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Ressourcen wird die sichere Nahrungsmittelversorgung nicht zu bewerkstelligen sein. Die Herausforderungen sind vielschichtig und komplex. Der Pfad der disziplinzentrierten Forschung muss in die interdisziplinäre Vernetzung der relevanten Fachbereiche der Umweltsysteme münden. Das neugeschaffene D-USYS vereint die Kompetenzen der Institute Agrarwissenschaften (IAS), Atmosphäre und Klimawissenschaft (IAC), Biogeochemie und Schadstoffdynamik (IBP), Integrative Biologie (IBZ), Terrestrische Ökosysteme (ITES), Umweltentscheidungen (IED) unter einem Dach und definiert im Wechselspiel von Schutz und Nutzung fünf Themenschwerpunkte, die künftig im Zentrum der wissenschaftlichen Tätigkeit stehen werden: ••Umweltsystemleistungen: Intakte Umweltsysteme erfüllen vielfältige Funktionen und Dienstleistungen. Die langfristige Funktionsfähigkeit soll erhalten bleiben.
••Ressourcenknappheit: Effizienter Umgang mit endlichen Ressourcen wird zu einer dringenden Aufgabe, um den Druck auf die Ökosysteme zu entschärfen. ••Ernährungssicherung: Steigende Weltbevölkerung mit veränderten Ernährungsgewohnheiten als Herausforderung für eine nachhaltige Nahrungsmittelerzeugung bedarf der Entwicklung von neuen integrierten und robusten Produktions- und Verteilungssystemen. ••Klimawandel: Klimaänderung, -schutz und -anpassung sind komplexe, bisher ungenügend verstandene Phänomene. CO2-Emissionen und Klimawandel verlangen übergreifende technische, ökologische und sozioökonomische Lösungsansätze, basierend auf qualitativ verbesserten Modellen des gekoppelten Klimasystems. ••Umwelt und Gesundheit: Umweltveränderungen beeinflussen die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen und verlangen integrative Forschungsansätze u.a. in den Bereichen Schadstoffe und Infektionskrankheiten, die Fortschritte in der Molekularbiologie, Genetik und Immunologie einbeziehen. Über die bestehenden Beziehungen zu den eidgenössischen Forschungsinstitutionen wie EAWAG, WSL oder Agroscope und die eigenen Forschungseinrichtungen ist das neue Departement bestens in der Schweiz verankert. Die bestehenden guten Beziehungen zu den Lebensmittelwissenschaften werden weiterhin durch das kürzlich gegründete Kompetenzzentrum World Food System (WFS) gepflegt. Die Neustrukturierung und Bündelung der Kräfte eröffnet für die Forschenden und Studierenden Chancen und Synergien, um für die globale Herausforderung der Ernährungssicherheit zentrale Beiträge liefern zu können. Jörg Beck, ETH Zürich
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Aktuell
Die SHL ab 2012 mit neuem Namen und neuer Trägerschaft Die Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL in Zollikofen ändert ihren Namen: ab Januar 2012 heisst sie Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL). Ihr neuer Träger ist der Kanton Bern. Er tritt an die Stelle des Konkordats aller Kantone und des Fürstentums Liechtenstein. Seit der Einführung des Fachhochschulgesetzes haben die meisten Fachhochschulen ihren Sitzkanton als Träger. Diesen Weg geht jetzt auch die SHL. Nachdem sie über zehn Jahre der Berner Fachhochschule BFH administrativ angegliedert war, wird sie nächstes Jahr ein voll integriertes Departement der BFH. Die neue Organisationsstruktur führt zu einer Namensänderung. Aus der SHL wird die HAFL. Mit dem neuen Namen tritt zudem deutlicher zu Tage, dass die Leistungsbereiche und Ausrichtung der
AGrAr ForSchUNG Schweiz recherche AGroNomiqUe SUiSSe
Hochschule neben der Agronomie auch die Lebensmitteltechnologie und die Forstwirtschaft umfassen. Neue Verpackung – gleicher Inhalt An der Rolle der Hochschule für Agar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften im schweizerischen Bildungssystem, an ihrem Leistungsangebot und der Ausrichtung ändert sich jedoch nichts. Lehre, Forschung, Dienstleistungen und Weiterbildung in den drei fachlichen Bereichen sind auch künftig national und international ausgerichtet. Gaby Allheilig, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL)
Aktuelle Forschungsergebnisse für Beratung und Praxis: Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online verfügbar unter: www.agrarforschungschweiz.ch
NEU
Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe! Name/Firma Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Partner der zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirtschaft, die Schweizerische hochschule für Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen AGriDeA, die eidgenössische Technische hochschule eTh zürich, Departement Agrarund Lebensmittelwissenschaften und Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der zeitschrift ist. Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und an weitere Fachinteressierte.
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Vorname Strasse/Nr PLZ/Ort Beruf E-Mail Datum Unterschrift Talon einsenden an: Redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00 E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch
Aktuell
Neue Publikationen
ART-Bericht 745
Ammoniak-Emissionen von Milchviehlaufställen mit Laufhof: Im Winter weniger Verluste
August 2011
AmmoniakEmissionen von Milchviehlaufställen mit Laufhof: Im Winter weniger Verluste
ART-Bericht 745 Laufställe sind bedeutende Quellen von Ammoniak-Emissionen. Bisher fehlten Emissionsdaten für Liegeboxenlaufställe mit Laufhof, wie sie in der Schweiz weit verbreitet sind. Die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART und die Empa bestimmten die Ammoniak-Emissionen des Haltungssystems Liegeboxenlaufstall mit planbefestigten Laufflächen und angrenzendem Laufhof für Milchvieh. Die Messungen auf sechs Praxisbetrieben waren übers Jahr verteilt und deckten somit jahreszeitliche und betriebliche Unterschiede ab. Zur Beschreibung der jeweiligen Messsituation wurden Betriebsund Klimadaten, Laufflächenverschmutzung, Tieraufenthalt sowie Stickstoff- Input,- Output und -Verwertung erhoben. Die Tagesmittelwerte der Ammoniak-Emissionen variierten im Sommer von 31 bis 67 g pro Grossvieheinheit (1 GV = 500 kg Lebendmasse) und Tag (d), in der Übergangszeit von 16 bis 44 g/GV·d und im Winter von 6 bis 23 g/GV·d. Die Ammoniak- Emission lässt sich mit der Aussentemperatur, der Windgeschwindigkeit und dem Harnstoffgehalt der Tankmilch erklären: Bei höheren Temperaturen und Windgeschwindigkeiten entstehen deutlich mehr Ammoniak- Emissionen. Entscheidend ist auch die Menge des ausgeschiedenen Stickstoffs. Dazu gibt der Milchharnstoffgehalt Hinweise. Von diesen Einflussgrössen ergeben sich die Minderungsansätze für bedarfsgerechte und ausgeglichene Fütterung sowie Stallklima-Aspekte. Mit Vordach, Sonnenschutz und Windschutz können Temperatur und Windgeschwindigkeit und somit die Ammoniak-Emissionen reduziert werden. Weitere Massnahmen setzen bei der Grösse der verschmutzten Laufflächen sowie der Reinigungshäufigkeit und -qualität an. Autorinnen und Autoren
Sabine Schrade, Margret Keck, ART Kerstin Zeyer, Lukas Emmenegger, Empa. sabine.schrade@art.admin.ch Impressum
Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch ISSN 1661-7568
Für die in der Schweiz verbreiteten frei gelüfteten Milchviehlaufställe mit planbefestigten Laufflächen und Laufhof wurden die Emissionen von Ammoniak (NH3) bestimmt. (Foto: ART)
Laufställe sind bedeutende Quellen von Ammoniak-Emissionen. Bisher fehlten Emissionsdaten für Liegeboxenlaufställe mit Laufhof, wie sie in der Schweiz weit verbreitet sind. Die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART und die Empa bestimmten die Ammoniak-Emissionen des Haltungssystems Liegeboxenlaufstall mit planbefestigten Laufflächen und angrenzendem Laufhof für Milchvieh. Die Messungen auf sechs Praxisbetrieben waren übers Jahr verteilt und deckten somit jahreszeitliche und betriebliche Unterschiede ab. Zur Beschreibung der jeweiligen Messsituation wurden Betriebsund Klimadaten, Laufflächenverschmutzung, Tieraufenthalt sowie StickstoffInput, -Output und -Verwertung erhoben. Die Tagesmittelwerte der Ammoniak-Emissionen variierten im Sommer von 31 bis 67 g pro Grossvieheinheit (1 GV = 500 kg
Lebendmasse) und Tag (d), in der Übergangszeit von 16 bis 44 g/GV·d und im Winter von 6 bis 23 g/GV·d. Die AmmoniakEmission lässt sich mit der Aussentemperatur, der Windgeschwindigkeit und dem Harnstoffgehalt der Tankmilch erklären: Bei höheren Temperaturen und Windgeschwindigkeiten entstehen deutlich mehr Ammoniak-Emissionen. Entscheidend ist auch die Menge des ausgeschiedenen Stickstoffs. Dazu gibt der Milchharnstoffgehalt Hinweise. Von diesen Einflussgrössen ergeben sich die Minderungsansätze für bedarfsgerechte und ausgeglichene Fütterung sowie Stallklima-Aspekte. Mit Vordach, Sonnenschutz und Windschutz können Temperatur und Windgeschwindigkeit und somit die Ammoniak-Emissionen reduziert werden. Weitere Massnahmen setzen bei der Grösse der verschmutzten Laufflächen sowie der Reinigungshäufigkeit und -qualität an.
ART-Bericht 747
Maschinenkosten 2011 Mit Kostenansätzen für Gebäudeteile und mechanische Einrichtungen
Maschinenkosten 2011
September 2011
Autoren Christian Gazzarin, ART christian.gazzarin@art.admin.ch Impressum Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch
Die neue Einteilung der Traktoren ermöglicht mit den Zusatzausrüstungen individuelle Konfigurationen (Fotos: Christian Gazzarin, ART).
Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen und Richtwerte für die Ent schädigung überbetrieblich eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsan sätze sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen. Sie sind kalkulatorische Grös sen, die unter den getroffenen Annahmen eine kostendeckende Benutzung der Maschine erlauben. Die Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive Feldar beitszeit; entsprechend sind Stör, Rüst und Wegzeiten (ausser Transportgeräte) nicht berücksichtigt.
Die Entschädigungsansätze gelten pro Arbeitsdurchgang. Die Treibstoffkosten sind inbegriffen. Für Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen entsprechend der konkre ten Betriebssituation anzupassen. In der Praxis sind die verhandelten Entschädi gungsansätze zudem durch Angebot und Nachfrage bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abweichungen zu den ARTAnsätzen ergeben können.
ISSN 1661-7568
ART-Bericht 747 Die vorliegende Datensammlung enthält Grundlagen und Richtwerte für die Entschädigung überbetrieblich eingesetzter Landmaschinen. Die Entschädigungsansätze sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen. Sie sind kalkulatorische Grössen, die unter den getroffenen Annahmen eine kostendeckende Benutzung der Maschine erlauben. Die Arbeitsleistungen beziehen sich nur auf die effektive Feldarbeitszeit; entsprechend sind Stör, Rüstund Wegzeiten (ausser Transportgeräte) nicht berücksichtigt. Die Entschädigungsansätze gelten pro Arbeitsdurchgang. Die Treibstoffkosten sind inbegriffen. Für Kostenberechnungen im Einzelfall sind die Annahmen entsprechend der konkreten Betriebssituation anzupassen. In der Praxis sind die verhandelten Entschädigungsansätze zudem durch Angebot und Nachfrage bestimmt, sodass sich mehr oder weniger grosse Abweichungen zu den ARTAnsätzen ergeben können. Christian Gazzarin, ART
Sabine Schrade und Margret Keck, ART Kerstin Zeyer und Lukas Emmenegger, Empa
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Aktuell
Medienmitteilungen
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen 19.12.2011 / ACW Navigieren in der Aromavielfalt von Äpfeln Die Welt der Aromen ist riesig. Um sich darin zurecht zu finden, braucht es Navigationshilfen. Deshalb haben Experten der Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW das erste Aromarad für Äpfel entwickelt. Es funktioniert ähnlich wie das Aromarad für Wein. Daraus abgeleitete Informationen können eingesetzt werden, um Konsumentinnen und Konsumenten zu helfen, sich für ein bestimmtes Produkt zu entscheiden. Und Fachleute nutzen solche Werkzeuge bei professionellen Degustationen.
15.12.2011 / ACW Kartoffelsaatgut direkt aus der «Agrobox»-Dose Künftig wachsen Kartoffeln auch in der Dose und bilden Knollen wie dies Kartoffeln üblicherweise in der Erde tun. Biotechnologie-Experten der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW haben zur Kartoffelsaatgutproduktion einen Pflanzcontainer entwickelt. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Systemen: Kartoffelsaatgut kann mit der neuen Methode ganzjährig und in noch besserer Qualität produziert werden.
08.12.2011 / ACW Schnellere Diagnose von Krankheitserregern Wer Früchte und Gemüse kauft, erwartet gesundheitlich bedenkenlose Frischprodukte. Um das zu gewährleisten, müssen Labors krankmachende Keime verlässlich identifizieren können. Damit dies noch schneller als bisher möglich wird, hat die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW zusammen mit dem Functional Genomics Center Zurich (FGCZ) eine neue Methode erarbeitet. Das Ziel ist es, auf der Basis dieser Methode einen einfachen Diagnose-Test zu entwickeln, um krankmachende Bakterien und Pilze zu erkennen. So hilft ACW mit, die Nahrungsmittel-Sicherheit von Früchten und Gemüse weiter zu verbessern.
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06.12.2011 / ALP-Haras Joghurts mit weniger Zucker und Aromastoffen stehen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern hoch im Kurs Die Verbraucher wissen Joghurt mit weniger Zucker und Geschmackszusätzen zu schätzen. So das Ergebnis einer von der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras bei der breiten Öffentlichkeit durchgeführten Abklärung.
28.11.2011 / ACW Lichtbad für Gemüse könnte den Füssen guttun Wenn Pflanzen ultravioletten Strahlen ausgesetzt werden, regt dies die Produktion zahlreicher neuer Moleküle an, deren biologische Eigenschaften für Landwirtschaft und Medizin interessant sind. Dank einer Methode, die an der Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW entwickelt wurde, können alle einheimischen Pflanzenarten auf bisher unbekannte biologische Eigenschaften untersucht werden – so z. B. auf Inhaltsstoffe, die gegen Pilzkrankheiten helfen, bei denen herkömmliche Medikamente unwirksam geworden sind.
Aktuell
Veranstaltungen
Internetlinks
2012: Jahr der erneuerbaren Energie für alle
Januar 2012
www.unesco.ch
12. – 15.01.2012 Agroscope an der Swiss’Expo 2012 Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Lausanne
Die UNO hat das Jahr 2012 zum Internationalen Jahr der erneuerbaren Energie für alle erklärt. In den nächsten 20 Jahren ist der Höhepunkt der Erdöl funde erreicht. Erneuerbare Energien sind von entscheidender Bedeutung, um die Welt auf einen sichereren, zuverlässigeren und nachhaltigeren Energiepfad zu führen. Das Potenzial ist zweifellos immens, aber wie schnell ihr Anteil bei der Deckung des globalen Energiebedarfs wächst ist noch ungewiss.
Vor schau Februar 2012 / Heft 2 Milchfieber ist eine häufige und wirtschaftlich bedeutende Krankheit bei Hochleistungskühen nach dem Abkalben. Forscher von Agroscope ALPHaras haben untersucht, ob sich Säure-Basen-Parameter im Harn vor dem Abkalben zur Frühdiagnose für ein Milch fieberrisiko eignen.
••Säure-Basen Indikatoren im Harn zur Früherkennung von Milchfieber bei der Milchkuh, Michel Rérat und Hans Dieter Hess, ALP-Haras ••Effizienz der Futterbauflächen für die Milchproduktion im Kanton Freiburg, Lucie Winckler et al., HAFL ••Reaktion neu zugelassener Kartoffelsorten auf unterschiedliche Stickstoff-Versorgung, Thomas Hebeisen et al., ART und ACW
21.01.2012 Infotag HAFL Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittel wissenschaften HAFL Zollikofen Informationen: www.hafl.bfh.ch 24.01.2012 Schweizer Obstkulturtag 2012 Agroscope Changins-Wädenswil ACW Martigny, im Rahmen der Agrovina 26.01.2012 ART-Tagung 2012 Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon Februar 2012 03.02.2012 Journée Agriculture 2012 Agroscope Changins-Wädenswil ACW ACW, Changins Aula 23. – 26.02.2012 Agroscope an der Tier & Technik 2012 Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART St. Gallen März 2012
••Sorten, Saatdichte und Stickstoffdüngung bei Wintergerste, Raphaël Charles et al., ACW
13. – 14.03.2012 18. Arbeitswissenschaftliches Kolloquium Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon
••Attraktivität von extensiven Wiesen für Blattlausfeinde, Lisa Eggenschwiler et al., ART
Mai 2012
••Gesamtbetriebliche Beratung steigert Qualität und Quantität von Ökoausgleichsflächen, Véronique Chevillat et al., FiBL, Schweizerische Vogelwarte und Agrofutura
09. – 10.05.2012 Landtechnik im Alpenraum Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Feldkrich, Oesterreich
••Die Schweizerische Futtermitteldatenbank www.feedbase.ch, Monika Boltshauser, ALP-Haras ••Listen der empfohlenen Sorten von Soja, Sonnen blumen, Eiweisserbsen und Mais für die Ernte 2012
Informationen: Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Agrarforschung Schweiz 3 (1): 59–63, 2012
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Berner Fachhochschule Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften
Reinschauen!
Infotag, 21. Januar 2012 www.hafl.bfh.ch Bachelor in Lebensmitteltechnologie breite Ausrichtung in Food Science & Management
Bachelor in Forstwirtschaft einziger Studiengang der Forstwirtschaft in der Schweiz
Bachelor in Agronomie z.B. Pferdewissenschaften oder Internationale Landwirtschaft
Master in Life Sciences Vertiefungen in angewandten Agrar- und Forstwissenschaften
Vendredi 3 février 2012
Journée 20 ans de production d’information intégrée en grandes cultures Station de recherche Agroscope ACW - Changins
Inscription et renseignements
ProfiCrops Programmes de recherche Agroscope
http://www.agroscope.admin.ch/journee-agriculture ou Agnès Welten Tél. 022 363 46 71 agnes.welten@acw.admin.ch
Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra
Département fédéral de l'économie DFE Station de recherche Agroscope Changins-Wädenswil ACW