Agrarforschung Schweiz, Heft 3, März 2015

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ 2 0 1 5

|

H e f t

3

Agroscope | BLW | HAFL | AGRIDEA | ETH Zürich | FiBL

M ä r z

Pflanzenbau

Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau Seite 84

Nutztiere

Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung Seite 102

Gesellschaft

Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­experten zur neuen Agrarpolitik ­eingestellt? Seite 110


Inhalt März 2015 | Heft 3 In der Schweiz werden zwei Methoden verwendet, um die Stickstoffdüngung im Ackerbau zu optimieren: die Methode der korrigierten Normen und die Nmin-Methode. ­Agroscope hat diese beiden ­Methoden für eine breite ­Auswahl von Ackerbaukulturen evaluiert und Versuche unter pedoklimatischen B ­ edingungen durchgeführt. (Foto: ­Carole Parodi, ­Agroscope)

83 Editorial Pflanzenbau E 84 valuation zweier Methoden für eine

optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau Alexandra Maltas et al.

Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der ­landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös­sische Ämter und weitere Fachinteressierte. Herausgeberin Agroscope Partner b Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB; Institut für Nutztierwissen­schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits­wissenschaften INH), www.agroscope.ch b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.ch b Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Z­ ollikofen, www.hafl.ch b Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.ch b Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org Redaktion Leitung und deutsche Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00 Französische Redaktion Sibylle Willi, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 57 Stellvertretung Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 82 E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), ­Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL). Abonnement Preise Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online/App: CHF 61.–* * reduzierter Tarif, siehe: www.agrarforschungschweiz.ch Adresse Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch, Fax +41 58 466 73 00 Adressänderungen E-Mail: verkauf.zivil@bbl.admin.ch, Fax +41 31 325 50 58 Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz © Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion. Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

Pflanzenbau Wirkung von Sorte und Umwelt auf die 94

­Viskosität beim Weizen Lilia Levy, Yosra Ellemsi und Didier Pellet Nutztiere Tierwohl in der Rindermast: 102

Instrumente zur On-Farm-Erhebung Bernadette Oehen et al. Gesellschaft Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­ 110

experten zur neuen Agrarpolitik ­eingestellt? Rebecca Knoth, Andreas Bosshard und Xenia Junge Kurzbericht AGROfutur: Die ETH Zürich reformiert 118

das ­Studium der Agrarwissenschaften Achim Walter, Brigitte Dorn, Emma Lindberg und Lienhard Dürst Kurzbericht Frauen- und Geschlechterforschung in 122

der Landwirtschaft: Wissensaustausch mit Japan Ruth Rossier 126 Porträt 127 Aktuell 131 Veranstaltungen


Editorial

Internationaler, praxisnaher ­Wissensaustausch Liebe Leserin, lieber Leser «Effizienz ist gestern – Effektivität ist morgen» und «Effizienz und Dialog in der Agrar- und Ernährungswirtschaft», so lauten zwei der Referatstitel an der 54. Tagung der IALB (Internationale Akademie land- und hauswirtschaftlicher Beraterinnen und Berater) in Solothurn. Zum ersten Thema spricht Christine Ax, Philosophin und Ökonomin aus Hamburg und Wien, zum zweiten Martin Keller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Fenaco. Der Begriff Effizienz ist in aller Munde. Wo immer Expertinnen und Experten einen Produktions- oder Dienstleistungsprozess, das Management eines Unternehmens oder einen Wirtschaftssektor unter die Lupe nehmen, ist oft «ungenügende Effizienz» Teil der Diagnose. Roland Künzler, AGRIDEA

Effizienz auch in der Land- und Ernährungswirtschaft gefragt Sind die aus der Wissenschaft bekannten Theorien und Praktiken zur Effizienzverbesserung direkt in den Agrarbereich und die Aktivitäten im ländlichen Raum übertragbar? Sind ursprünglich für Industrie- und Dienstleistungsbereiche entwickelte Ansätze auch für die land- und hauswirtschaftliche Praxis und generell für Betriebe im ländlichen Raum tauglich? Was bedeutet Effizienz in unserem eigenen Bereich, in den Beratungsdiensten und anderen Institutionen und Organisationen im ländlichen Raum, in unserem Berufsalltag? Solche Fragen werden an der IALB-Tagung 2015 erörtert: «Effizienz in der Land- und Ernährungswirtschaft – Sein und Schein in Betrieb und Beratung». IALB-Tagung vom 14. bis 17. Juni 2015 in Solothurn Die Tagungen der IALB finden abwechselnd in deutschsprachigen und angrenzenden Ländern statt. Die AGRIDEA organisiert die Tagung 2015 und kann dabei auf das Mitwirken des Bundes und der Durchführungskantone zählen. Erwartet werden rund 300 Fachpersonen aus der Schweiz und ganz Europa. Über Plenumsreferate und Fachforen ermöglicht die Tagung einen internationalen, praxis­ nahen Wissensaustausch. «Effizienz und Effektivität – das Spannungsfeld zwischen Wunsch und Realität im Berufsalltag und wie wir damit umgehen können» lautet beispielsweise das Thema eines Open Space-Workshops. Tagungsort ist Solothurn, die Fachexkursionen führen auch in die benachbarten Kantone. Die dritte Konferenz von EUFRAS (European Forum for Agricultural and Rural Advisory Services) wird ebenfalls im Rahmen des Anlasses stattfinden. Spannende Gelegenheit für den Austausch im Wissenssystem Den Leserinnen und Lesern der «Agrarforschung Schweiz» hat die IALB-Tagung einiges zu bieten. Wir freuen uns auf einen regen Austausch und darauf, auch Sie in der attraktiven Barockstadt Solothurn begrüssen zu dürfen. Weitere Informationen: http://url.agridea.ch/IALB2015

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P f l a n z e n b a u

Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau Alexandra Maltas, Raphaël Charles, Didier Pellet, Brice Dupuis, Lilia Levy, Alice Baux, Bernard Jeangros und Sokrat Sinaj Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz Auskünfte: Sokrat Sinaj, E-Mail: sokrat.sinaj@agroscope.admin.ch

Einfluss der Stickstoffdüngung auf das Wachstum von Raps, Parzelle 24A in Changins. (Foto: Carole Parodi)

Einleitung Wenn das Stickstoffangebot im Boden mit der auf den Bedarf der Kulturen abgestimmten Menge an Stickstoffdünger ergänzt wird, können gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktion optimiert und die Auswirkungen auf die Umwelt begrenzt werden. Die optimale Dosis des Stickstoffs (N) hängt jedoch stark von den Anbauund Bodenbedingungen der Parzelle ab, da zahlreiche Faktoren den Stickstoffkreislauf beeinflussen und miteinander wechselwirken. Aus diesem Grund ist es für die Landwirtschaftsbetriebe schwierig, diese Dosis richtig abzuschätzen. Deshalb ist es wichtig, Werkzeuge als Entscheidungshilfe zu entwickeln, mit denen die optimale Dosis einfach und zuverlässig berechnet werden kann.

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Gegenwärtig werden in der Schweiz zwei Methoden zur Berechnung des erforderlichen Stickstoffdüngers eingesetzt: die Methode der korrigierten Normen, auch Schätzmethode genannt, und die Nmin-Methode. Diese Methoden werden in den Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau (GRUDAF) 2009 beschrieben (Sinaj et al. 2009). Die Methode der korrigierten Normen Bei dieser Methode wird die erforderliche Stickstoffmenge geschätzt, indem eine Referenzdosis an die Anbauund Bodenbedingungen des Standorts angepasst wird. Diese Referenzdosis, die sogenannte Düngungsnorm, entspricht bei einer bestimmten Kultur der Stickstoffmenge, die unter durchschnittlichen Bedingungen erfor-


derlich ist, um einen in der Schweiz bei der betreffenden Kultur beobachteten mittleren Ertrag, den sogenannten Referenzertrag, zu erreichen. Bei der Festlegung dieser Dßngungsnormen und Referenzerträge werden Kurven, welche die Reaktion der Kulturen auf die Stickstoffdßngung beschreiben, sowie Erfahrungen der Landwirtschaftsbetriebe und Expertenwissen berßcksichtigt. Wenn die pedoklimatischen Bedingungen von den Standardbedingungen abweichen, werden Korrekturfaktoren auf die Dßngungsnormen angewendet. Es werden sechs verschiedene Korrekturfaktoren berßcksichtigt (Gleichung 1), die positive und negative Werte annehmen kÜnnen. Der Faktor Ertrag (fErtr) schätzt den Stickstoffbedarf bei einem prognostizierten unter- oder ßberdurchschnittlichen Ertrag (Sinaj et al. 2009; Richner et al. 2010). Mit den weiteren fßnf Faktoren lassen sich die Auswirkungen der pedoklimatischen Bedingungen der Parzelle auf das Stickstoffangebot im Boden berßcksichtigen (Sinaj et al. 2009). Unter der Annahme, dass sich diese Faktoren addieren und nicht miteinander interagieren, lässt sich die erforderliche Stickstoffgabe (X) mit der folgenden Gleichung 1 berechnen:

Zusammenfassung

Evaluation zweier Methoden fĂźr eine optimale StickstoffdĂźngung im Ackerbau | Pflanzenbau

In der Schweiz werden zwei Methoden verwendet, um die Stickstoffdßngung im Ackerbau zu optimieren: die Methode der korrigierten Normen und die Nmin-Methode. Diese beiden Methoden beruhen auf zwei unterschiedlichen Ansätzen. Die Methode der korrigierten Normen berßcksichtigt verschiedene Eigenschaften der betroffenen Parzelle, welche die Stickstoffverfßgbarkeit beeinflussen. Die Nmin-Methode basiert dagegen auf der Messung des Mineralstickstoffgehalts im Boden während Perioden, die fßr das Wachstum der Kulturen entscheidend sind. In diesem Artikel werden die beiden Methoden auf der Grundlage von Versuchen zur Stickstoffdßngung evaluiert. Diese Versuche wurden von Agroscope fßr eine breite Auswahl von Ackerbaukulturen und pedoklimatischen Bedingungen durchgefßhrt. Es werden Vorteile und Grenzen der beiden Methoden diskutiert und Stossrichtungen fßr Verbesserungen vorgeschlagen.

đ?‘‹=đ?‘ đ?‘œđ?‘&#x;đ?‘š+(đ?‘“đ??¸đ?‘&#x;đ?‘Ąđ?‘&#x;+đ?‘“đ?‘€đ?‘œđ?‘ + đ?‘“đ?‘ƒđ?‘?+đ?‘“đ?‘€đ?‘Ž+đ?‘“đ?‘…đ?‘’đ?‘”đ?‘’đ?‘›+ đ?‘“đ?‘‡đ?‘ )

(Gleichung 1)

Der Faktor fMos berßcksichtigt den Einfluss des Gehalts an Ton und organischer Substanz im Boden auf die Mineralisierung der organischen Substanz. Der Faktor fPc berßcksichtigt den Einfluss der Art der Vorkultur und des Zeitpunktes ihrer Einarbeitung auf die Mineralisierung von Pflanzenresten im Boden. Der Faktor fMa quantifiziert den Anteil des Stickstoffs in den organischen Dßngern, der im Jahr nach dem Dßngereintrag zur Verfßgung stehen wird. Mit dem Faktor fRegen wird der Einfluss des Regens auf den Stickstoffverlust durch Auswaschung während des Winters und Frßhlings einbezogen. Der Faktor fTs schliesslich simuliert den positiven Effekt des wiederholten Hackens auf die Mineralisierung der organischen Substanz im Boden. Die Nmin-Methode Diese Methode beruht auf der Messung des Gehalts an mineralischem Stickstoff im Boden. Sie bezieht sich auf einen Referenzwert, von dem der gemessene Nmin-Wert subtrahiert wird. Dieser Nmin-Wert entspricht dem Vorrat an mineralischem Stickstoff, der sich zu einem gegebenen Zeitpunkt im Boden befindet (vor der ersten und zweiten Stickstoffdßngung). Zeitpunkt und Tiefe der Probennahme fßr die Nmin-Bestimmung hängen von der angebauten Kultur ab (Sinaj et al. 2009). Der gemessene Nmin-

Wert widerspiegelt die spezifischen Eigenschaften der Parzelle, da die verschiedenen oben aufgefĂźhrten Faktoren indirekt in dieser Messung enthalten sind. Diese Methode vereinfacht die Berechnung der optimalen Stickstoffmenge. Allerdings lässt sich der Einfluss der genannten Faktoren nach dem Zeitpunkt der Nmin-Messung nicht mehr berĂźcksichtigen. Um diesen Mangel auszugleichen, werden wie bei der Methode der korrigierten Normen Korrekturfaktoren verwendet. Die Zahl dieser Faktoren ist jedoch begrenzt und es werden nur negative Korrekturfaktoren berĂźcksichtigt (Sinaj et al. 2009). Der vorliegende Artikel evaluiert die Leistungsfähigkeit der beiden Methoden mit Hilfe von StickstoffdĂźngungsversuchen, die von Agroscope bei einer breiten Auswahl von Kulturen und pedoklimatischen Bedingungen durchgefĂźhrt wurden. Er ist als Ergänzung zum Artikel von Richner et al. (2010) zu verstehen, dessen Ziel die Verifizierung der Werte der StickstoffdĂźngungsnormen  bei Ackerkulturen war.

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Pflanzenbau | Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau

Tab. 1 | Eigenschaften der Versuche Kultur*Standort*Jahr. Die Zahl in Klammern bezeichnet die Anzahl Versuche Eigenschaften der Standorte Jahr 1996 (1), 1997 (2), 1998 (2),1999 (3), 2000 (2), 2002 (1), 2003 (1), 2004 (1), 2005 (15), 2006 (19), 2007 (15), 2008 (1), 2009 (1), 2010 (1).

Ort

Bodentextur1

Changins (33), Goumoëns (8), Tänikon (21), Reckenholz (2), Oensingen (1).

Ton (1), lehmiger Ton (2), toniger Lehm (8), Lehm (39), sandiger Lehm (14), stark lehmiger Sand (1).

Vorgeschichte des Anbaus Bodenarbeit

regelmässiges Pflügen (65)

Erntereste

Westschweiz: immer Einarbeitung (41). Deutschschweiz: Einarbeitung jedes zweite Mal (24).

Zwischenfrucht

Alle (65): 1 Jahr von 2

Hofdünger

Wiese

Westschweiz (41): im Allgemeinen seit mehr als 10 Jahren ohne Hofdünger

Westschweiz (41): nie Wiesen in der ­Fruchtfolge

Deutschschweiz (24): immer mit Hofdünger, im Allgemeinen letzter Eintrag von Mist in den letzten 1-3 Jahren

Deutschschweiz (24): immer mit Wiesen, Umbruch im Allgemeinen vor mehr als 3 Jahren

Beschreibung der zu düngenden Kultur Kultur

Westschweiz: Brotweizen (10), Futterweizen (4), Raps (7), Gerste (5), Kartoffel (9), Körnermais (3), ­Silomais (3) Deutschschweiz: Brotweizen (3), Futterweizen (3), Raps (3), Gerste (2), Roggen (4), T­ riticale (3), Körnermais (3), Silomais (3).

Bodenarbeit

Westschweiz: Pflügen (18), reduzierte Bodenbearbeitung (23) Deutschschweiz: reduzierte Bodenbearbeitung (24).

Erntereste

Immer Einarbeitung (53), ohne Einarbeitung bei Silomais (2)

Stickstoffdünger

NH4NO3 (65)

Hofdünger

Nie (64), Kuhmist (1)

Zwischenfrucht

Vorhergehende Kultur

vor Mais und ­Kartoffel immer (18)

Winterweizen (15), Sommerweizen (1), Raps (11), Wintergerste (4), Sommergerste (2), Triticale (8), Futtererbse (8), Soja (3), Silomais (12), Kartoffel (1)

Klassifikation der Böden der Schweiz, Bodenkundliche Gesellschaft der Schweiz, 2010.

1

Material und Methoden Für die Evaluation berücksichtigte Versuche Zwischen 1996 und 2010 wurden von den AgroscopeForschungsstationen 65 durch die Kombination Kultur*Standort*Jahr definierte Versuche zu den wichtigsten Ackerbaukulturen der Schweiz durchgeführt (Tab. 1), die Mehrheit davon (46) im Rahmen der Revision der GRUDAF 2009 (Sinaj et al. 2009; Richner et al. 2010). Die 19 ergänzenden Versuche (neun mit Kartoffeln, sechs mit Brotweizen und vier mit Raps) waren von Richner et al. (2010) nicht berücksichtigt worden. Bei diesen Versuchen wurden die Auswirkungen der Stickstoffdüngung auf den Ertrag untersucht, wobei vier bis sechs der folgenden Stickstoffgaben eingesetzt ­wurden: (i) 0 kg N·ha-1 (bei allen Versuchen), (ii) Norm 40 kg N·ha-1, (iii) Norm, (iv) Norm + 40 kg N·ha-1, (v) Norm + 80 kg N·ha-1 und (vi) Norm + 120 kg N·ha-1. Die Dosen wurden gemäss den Empfehlungen von Sinaj et al. (2009) aufgeteilt. Die Versuche fanden in der Westschweiz (Changins und Goumoëns) und in der Deutschschweiz (Reckenholz, Oensingen und Tänikon) statt. Kennzeichnend für die Deutschschweizer Standorte waren (i) tiefere Tempera-

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turen und höhere Niederschläge als an den Standorten der Romandie (Tab. 2) und (ii) ein häufigerer Einsatz von organischen Düngemitteln und von Wiesen in der Fruchtfolge (Tab. 1). In jedem Versuch Kultur*Standort*Jahr wurden zwischen einer und sechs Sorten getestet: Brotweizen (Arina, Pegassos, Runal, Zinal, Titlis), Futterweizen (Tapidor, Drifter), Wintergerste (Boreale, Verticale, Fridericus, Franziska), Winterroggen (Matador), Hybrid-Winterroggen (Picasso), Wintertriticale (Triamant, Lamberto), Winterraps (Trabant, Cormoran, Express), Kartoffeln (Appell, Bintje, Derby, Gourmandine, Eden, Fontane, Innovator, Jelly, LadyClaire, LadyFelicia, LadyJo, LadyRosetta, Laura, Marlen, Naturella, Victoria), Körnermais (Delitop, Atendo, LG2275) und Silomais (Delitop, Atendo, LG2275). Bestimmung der wirtschaftlich optimalen Stickstoffdosis Bei der Bestimmung der aus wirtschaftlicher Sicht optimalen Stickstoffdosis wird zuerst die Abhängigkeit des Ertrags von der Stickstoffdüngung mit Hilfe einer nichtlinearen Regression beschrieben. Diese Regressionskurve kann verschiedene Formen aufweisen: eine Gerade mit einem Plateau, quadratische Kurven ohne und mit Plateau oder die Quadratwurzel. Bei den Versuchen dieser


Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau | Pflanzenbau

Tab. 2 | Klimatische Bedingungen an den Versuchsstandorten, Durchschnitt 2005–2007 Westschweiz

Deutschschweiz

Changins (VD)

Goumoëns (VD)

Tänikon (TG)

Reckenholz (ZH)

Oensingen (SO)

Höhe (m)

430

600

540

440

460

Durchschnitts temperatur ( °C)

10,4

9,5

8,9

9,9

9,2

Kumulierte Niederschläge (mm)

897

964

1130

1024

1161

Studie wurde mit diesen vier Modellen eine gute und ähnliche Annäherung erreicht, die Wahl des Modells beeinflusste allerdings die geschätzte optimale Dosis erheblich (Abb. 1). Cerrato und Blackmer (1990) kamen bei Mais zum selben Ergebnis, schlossen jedoch daraus, dass der Determinationskoeffizient kein relevantes Kriterium für die Wahl des Modells ist, da die Zahl getesteter Dosen oft beschränkt ist und landwirtschaftliche Kriterien zu berücksichtigen sind. In dieser Studie wurde das quadratische Modell mit Plateau gewählt. Das lineare Modell mit Plateau wurde verworfen, weil es die

Ertrag (dt MF/ha)

35

30

25

20

138 0

50

100

183

fortschreitende Reduktion der Wirksamkeit der Stickstoffdüngung mit zunehmender Dosis ausser Acht lässt und die optimale Dosis deshalb unterschätzt (Cerrato und Blackmer 1990). Schliesslich wurden auf das quadratische Modell und das Quadratwurzelmodell verzichtet, weil sie die optimale Dosis tendenziell überschätzen (Cerrato und Blackmer 1990, Bullock und Bullock 1994, Godard 2005). Das quadratische Modell mit Plateau wird wie folgt beschrieben: falls Dosis > Xmax ist Y = Emax sonst Y = Emax - A* (Dosis - Xmax)2 mit Y: Ertrag bei Standardfeuchtigkeit in dt/ha Dosis: Stickstoff-Gabe in kg N/ha A, Emax und Xmax: Parameter der Kurve, die je nach Sorte für jeden Versuch Kultur*Standort*Jahr angepasst werden. Emax: Maximalertrag und Xmax: Dosis, mit der Emax erreicht wird. Die Dosis, mit der sich das wirtschaftliche Optimum erreichen lässt (Nopt) wurde anschliessend bestimmt, indem der Punkt gesucht wurde, ab dem gemäss der nachfolgenden Gleichung 2 der zusätzliche Ertrag den zusätzlichen Dünger nicht mehr kompensiert: Nopt = min[0, (CP/-2A) + Xmax]

194

150 200 Dosis (kg N/ha)

250

(Gleichung 2)

300

1. Getestete Modelle

Nopt (kg N/ha)

Yopt (dt/ha)

R2

RMSE (dt/ha)

Linear mit ­Plateau

138

45,7

0,967

1,3

Quadratisch mit Plateau

183

45,8

0,988

0,8

Quadratisch

194

46,2

0,986

0,8

Quadratwurzel

1643

83,5

0,985

0,9

Abb. 1 | Einfluss des gewählten Modells auf die Schätzung der optimalen Dosis (Nopt). Im Beispiel ein Versuch mit Raps, 2006 in Oensingen angebaut (Sorte Expert).

wobei CP: Verhältnis zwischen Düngerpreis (1,57 Fr./kg) und Verkaufspreis für die Ernte (Fr./dt). Die Referenzpreise für die Ernten betrugen 36,5 Fr./dt für Futterweizen und Körnermais, 53 Fr./dt für Brotweizen der Klasse Top (Runal und Titlis), 50 Fr./dt für Brotweizen der Klasse I (Arina und Zinal), 44 Fr./dt für Brotweizen der Klasse III (Pegassos), 34,5 Fr./dt für Gerste und Triticale, 40 Fr./dt für Roggen, 90 Fr./dt für klassischen Raps und 36 Fr./dt für Kartoffeln (nicht sortiert) (Pilet und Frei 2012). Der mit dem Modell errechnete Nopt-Wert ist nicht zuverlässig, wenn er über der getesteten maximalen Dosis liegt (Burns 2006, Hernandez und Mulla 2008). Um unzulässige Extrapolationen zu vermeiden, haben wir in diesen 

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Pflanzenbau | Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau

300 250

200 Optimale Dosis (kg N/ha)

150

100

50

200 150 100 50

0

Abb. 2 | Median der optimalen Erträge1, festgestellt mit Hilfe des quadratischen ­M odells mit Plateau. Die roten Kreuze bezeichnen die Referenzerträge gemäss den GRUDAF 2009, das heisst die in der Schweiz beobachteten durchschnittlichen Erträge.

Silomais

Körnermais

Kartoffel

Raps

Roggen Hybrid

Roggen Population

Wintergerste

Triticale

Futterweizen

Silomais

Körnermais

Kartoffel

Raps

Roggen Hybrid

Roggen Population

Wintergerste

Triticale

Futterweizen

Brotweizen

0

Brotweizen

Optimaler Ertrag (dt/ha bzw. t/ha für Kartoffeln)

250

Abb. 3 | Median der optimalen Stickstoffdosen1, festgestellt mit Hilfe des quadratischen Modells mit Plateau. Die roten Kreuze bezeichnen die Düngungsnormen gemäss den GRUDAF 2009.

Bedeutung der Boxplots: Die Box wird jeweils durch das erste und dritte Quartil begrenzt. Der dicke Strich innerhalb der Box bezeichnet den Median. Die Antennen erstrecken sich zum kleinsten bzw. grössten Wert, sofern deren Länge den 1,5-fachen Wert des Interquartilabstandes nicht überschreitet. Andernfalls werden die Extremwerte nicht durch die Antennen erfasst, sondern gelten als Ausreisser, die mit kleinen Kreisen dargestellt sind.

1

Fällen Nopt beim maximalen getesteten Wert festgelegt (Hernandez et Mulla 2008, Richner et al. 2010). Davon betroffen waren hauptsächlich Brotweizen (57  % der Fälle), Raps (45 % der Fälle) und Kartoffeln (71 % der Fälle). Unter Verwendung der Parameter des im vorherigen Schritt gewählten Modells wurden anschliessend folgende Werte berechnet: der mit der Dosis Nopt erreichte wirtschaftliche Ertrag (Yopt), die durch die Düngungsnormen erhaltenen Erträge, die korrigierten Normen und der empfohlene Nmin. Bei allen Kulturen lag Yopt zwischen 97,4 und 99,8 % von Emax (Ergebnisse nicht vorgelegt). Für jede getestete Sorte wurde das Modell individuell angepasst. Anschliessend wurde der Durchschnittswert der verschiedenen Sorten für die unterschiedlichen Erträge und Dosen (wirtschaftliches Optimum, Düngungsnorm, korrigierte Normen, Nmin) errechnet, um jeweils einen Wert pro Kultur und Umgebung (Standort*Jahr) für die 65 Versuche Kultur*Standort*Jahr zu erhalten. Die Eigenschaften dieser Versuche sind in den Tabellen 1 und 2 zusammengefasst. Der optimale Ertrag wurde als Zielertrag in der Methode der korrigierten Normen verwendet für die Kulturen, bei denen der Korrekturfaktor fErtr einbezogen wurde (Getreide und Winterraps). Wenn Yopt über dem durch diesen Korrekturfaktor vorgesehenen Ertrag lag, wurde der Maximalwert des Ertrags verwendet (Sinaj et al. 2009; Richner et al. 2010).

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Messung des mineralischen Stickstoffs im Boden (Nmin) Die Proben zur Bestimmung der Reserven an mineralischem Stickstoff im Rahmen der Nmin-Methode wurden in den obersten 60 cm des Bodens bei Kartoffelkulturen und im Horizont 0 – 90 cm bei den anderen Kulturen entnommen. Die Entnahmen erfolgten am Ende des Winters bei den Winterkulturen und 15 bis 30 Tage nach der Saat bei den Maiskulturen in Tänikon. Bei den Mais- und Kartoffelkulturen in Changins erfolgten die Entnahmen bei der Saat, das heisst vor dem Zeitpunkt, der nach der Nmin-Methode empfohlen wird (Stauden etwa 10 cm hoch bei Kartoffeln und im 5- bis 6-Blatt-Stadium bei Mais, Sinaj et al. 2009). Kriterien zur Evaluation der Methoden Die Wurzel des mittleren quadratischen Fehlers (RMSE, Root Mean Squared Error, Gleichung 3) und der Median der Abweichung zwischen der beobachteten Dosis und der Dosis, die von der Methode der korrigierten Normen bzw. der Nmin-Methode empfohlen wird, wurden als Kriterien für die Evaluation dieser Methoden verwendet. Diese beiden Kriterien ergeben eine Schätzung des Fehlers der Empfehlung in kg N/ha. Der Median der Abweichung zeigt an, ob die Empfehlung die optimale Dosis im Durchschnitt überschätzt (negativer Wert) oder unterschätzt (positiver Wert), Fehler unterschiedlichen Vorzeichens kompensieren sich aber.


Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau | Pflanzenbau

Aus diesem Grund wird mit dem RMSE ein zweites Kriterium eingesetzt, dessen Wert möglichst tief sein sollte.

(Gleichung 3) wobei n die Anzahl Situationen bezeichnet, xi den beobachteten Nopt-Wert für die Situation i, xi die empfohlene Dosis nach der untersuchten Methode (Methode der korrigierten Normen oder Nmin-Methode).

Resultate und Diskussion Optimale Stickstoffdosen und Erträge Die Versuche von Agroscope waren im gesamten Schweizer Mittelland an für den Ackerbau günstigen Standorten angesiedelt. In der Praxis werden die wichtigsten Ackerbaukulturen auch in den am wenigsten produktiven Zonen angebaut (Richner et al. 2010). Deshalb liegen die Mediane der optimalen Erträge im Allgemeinen über den Referenzerträgen der GRUDAF (Sinaj et al. 2009; Abb. 2) und über den mittleren in der Schweiz beobachteten Erträgen (Pilet und Frei 2012). Der Unterschied ist bei Wintergetreide (Triticale, Gerste, Roggen) und Mais (Körnermais und Silomais) besonders ausgeprägt. Bei allen Kulturen sind die in den GRUDAF aufgeführten Düngungsnormen ebenfalls oft niedriger als die in dieser Studie festgestellten optimalen Dosen (Abb. 3). Dies kann auf die hohen Erträge von Wintergetreide und Mais in den für diese Studie analysierten Versuchen zurückgeführt werden (Abb. 2). Diese Tatsache war der Anlass für die Einführung des Korrekturfaktors fRdt im Jahr 2009 in die GRUDAF (Sinaj et al. 2009, Richner et al. 2010). Die beobachteten starken Abweichungen bei Raps und Kartoffeln (Median der Abweichung 65 beziehungsweise 71 kg N/ha; Tab. 3) überraschen dagegen. Bei diesen beiden Kulturen war der Median der beobachteten Erträge nahe beim entsprechenden Referenzertrag (Abb. 2), die Düngungsnorm scheint eine Unterschätzung zu sein. Trotz Veränderungen bei Anbaumethoden und Sorten wurden die Düngungsnormen in den vergangenen 20 Jahren oder noch länger nicht weiterentwickelt [seit 1987 bei Weizen und Winterroggen (Ryser et al. 1987) und seit 1994 bei den anderen Kulturen (Ryser et al. 1994)]. Dennoch müssen die Abweichungen der optimalen Dosis relativiert werden. So sind einerseits ihre Auswirkungen auf die Erträge begrenzt (Tab. 3). Andererseits werden zwar die Düngerkosten miteinbezogen, der gewählte Ansatz der optimalen Dosis berücksichtigt

aber weder die Auswirkungen der Stickstoffdüngung auf die Erntequalität noch die Kosten für das Ausbringen von Stickstoffdüngern, Fungiziden oder Wachstumsregulatoren, noch den Einfluss einer aufgeteilten Düngung auf den Ertrag. Gemäss den Empfehlungen von Sinaj et al. (2009) sollte die Dosis auf drei Gaben aufgeteilt werden bei mehr als 140 kg N/ha für Winterkulturen (Getreide und Raps) und bei mehr als 160 kg N/ha für Sommerkulturen (Mais und Kartoffeln). Damit würden für Weizen, Raps und Kartoffeln zwei Gaben bei der Anwendung der Düngungsnormen ausreichen, während bei den optimalen Dosen drei Gaben erforderlich wären (Tab. 3). Bei derselben Kultur können grosse Abweichungen zwischen den einzelnen Versuchen festgestellt werden: bei Brotweizen reichen die Werte zum Beispiel von 113 bis 209 kg N/ha und bei Wintergerste von 23 bis 137 kg N/ha (Abb. 3). Selbst wenn die Düngungsnorm deshalb im Durchschnitt im Bereich des Optimums liegt (mit Ausnahme von Raps und Kartoffeln), kann die Anwendung der Düngungsnorm ohne Berücksichtigung der Situation eine starke Unter- oder Überdüngung zur Folge haben (Abb. 4). Eine Anpassung der Dosis auf die Gegebenheiten der Parzelle ist also wichtig, um Einkommensverluste (Tab. 3) und Stickstoffverluste in die Umwelt zu vermeiden. Evaluation der Methode der korrigierten Normen Wenn bestimmte Eigenschaften der Parzellen miteinbezogen werden, ermöglicht die Methode der korrigierten Normen eine gute Voraussage zur Variabilität der optimalen Dosis (Abb. 4). Im Vergleich zu den unkorrigierten Normen wird eine leichte Verbesserung des RMSE erreicht. Die optimale Dosis wird weiterhin häufig unterschätzt, besonders ausgeprägt bei Raps und Kartoffeln (Median der Abweichung zwischen 41 und 80 kg N/ha; Tab 3). Auch hier bleiben aber die Auswirkungen auf Ertrag und Bruttogewinn begrenzt (Median des maximalen Verlusts bei 7% für Kartoffeln; Tab. 3). Diese Unterschätzungen bestätigen die von Favre und Charles (2006) zwischen 2001 und 2004 untersuchte landwirtschaftliche Praxis. Nach diesen Autoren setzten die Landwirtschaftsbetriebe in der Westschweiz und im Tessin je nach Kultur durchschnittlich zwischen 10 und 36 kg N/ha mehr ein als nach der korrigierten Norm, wobei der Überschuss bei Raps am grössten war. Die Autoren stellten dagegen bei Kartoffeln einen mittleren Überschuss von nur 10 kg N/ha fest, wahrscheinlich wegen den Anforderungen an die Erntequalität (das heisst den Stärkegehalt und den Knollendurchmesser, zwei Parameter, die in dieser Studie nicht in die Berechnung des Opti mums einfliessen).

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 84–93, 2015

89


Pflanzenbau | Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau

Tab. 3 | Median der Stickstoffdosis, des Ertrags und des vereinfachten Bruttogewinns beim Optimum, und Median der Abweichung zwischen dem beim Optimum festgestellten Wert und dem Wert, der erreicht wird, wenn die Düngungsnorm, die empfohlene Dosis gemäss ­M ethode der korrigierten Normen oder die empfohlene Dosis gemäss Nmin-Methode eingesetzt wird. Ein positiver Wert für den Median der Abweichung zeigt eine Verminderung gegenüber dem Optimum an.

beim Optimum Dosis (kg N/ha)

Median der Abweichung

Ertrag (dt/ha)

Vereinfachter Bruttogewinn (Fr./ha)2

Median der Abweichung

Triticale

Gerste

Roggen

Raps

Kartoffel

Körnermais

Silomais

175

174

131

114

120

205

191

132

134

35

34

21

4

30

65

71

22

24

korrigierte Normen

32

42

34

8

20

41

80

2

-22

Nmin

32

21

38

22

22

61

21

38

31

74,0

92,1

87,8

85,7

88,4

40,6

487

135,9

221,3

Normen

3,2

3,2

3,1

2,5

3,0

2,9

39

3,1

4,5

korrigierte Normen

2,8

3,3

3,7

1,1

1,6

1,6

35

1,8

-0,2

Nmin

2,1

2,6

4,1

2,2

1,7

2,8

11

5,6

5,0

3415

3077

2905

2749

3324

3390

17232

4577

3365

beim Optimum Median der Abweichung

Futterweizen

Normen

beim Optimum 1

Brotweizen

Normen

113

67

112

65

72

155

1291

69

66

korrigierte Normen

90

53

70

62

31

67

1128

60

57

Nmin

62

73

81

77

34

150

354

117

33

Die Erträge bei «Normen», «korrigierte Normen» und «Nmin» wurden für jede Sorte und für jeden der 65 Versuche mit Hilfe der Parameter des quadratischen Modells mit Plateau und unter Verwendung der entsprechenden Stickstoffdosis separat berechnet. Vereinfachter Bruttogewinn = (Ertrag * Verkaufspreis) - (Dosis * Düngerpreis)

1

2

Im Gegensatz dazu überschätzen die korrigierten Normen die Stickstoffdüngung bei zwei Mais-Situationen (Abb. 4) und zwar bei 2007 in Tänikon angebautem Mais auf einer Parzelle mit hohem Mineralstickstoffgehalt bei der Aussaat (153 kg N/ha). Der Zeitraum zwischen Winterende und Mais-Aussaat, in der von den Kulturen kein Stickstoff aufgenommen wird, aber eine gute Mineralisierung der organischen Substanz im Boden stattfindet, ist bei dieser Kultur relativ lang. Wenn Niederschlagsmengen und Temperaturen während dieser Zeit für die Mineralisierung günstig sind, können die Reserven an mineralischem Stickstoff bei der Aussaat sehr gross sein, wie dies 2007 der Fall war. Bei der aktuellen Version der korrigierten Normen kann dieses grosse Stickstoffangebot nicht berücksichtigt werden, weil die Auswirkungen von Wasserhaushalt und Temperaturen im Frühling auf die Mineralisierung der organischen Substanz im Boden nicht in die Berechnung einfliessen. Einzig die Wirkungen der Frühlingsniederschläge auf die Auswaschung des Stickstoffs werden mit dem Faktor Regen (fRegen) berücksichtigt. In der französischen Version von 1987 (Ryser et al. 1987) gab es einen Korrekturfaktor, der die Auswirkungen der Bedingungen im Frühling auf die Mineralisierung der organischen Substanz im Boden und auf die Verfügbarkeit des Stickstoffs in die Berechnung integrierte. Dieser Faktor wurde für die Version 1994 (Ryser et al. 1994) ersetzt durch eine neue Spalte, welche die Frühlings­ niederschläge integriert

90

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(fRegen). Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie wäre es sinnvoll, die Auswirkungen der Wiedereinführung dieses Faktors auf die Qualität der Empfehlungen nach der Methode der korrigierten Normen zu untersuchen. Die Berücksichtigung der Boden- und Anbaubedingungen beschränkt sich auf nur sechs Faktoren, deren Einfluss als bestimmend erachtet wird. Die Zahl der Faktoren ist begrenzt, weil für jeden Faktor Referenztabellen bereitgestellt werden müssen. Dadurch kann der Vielfalt der Situationen jedoch nur teilweise Rechnung getragen werden. Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit den korrigierten Normen besteht darin, dass der Einfluss der verschiedenen Faktoren nicht einfach kumulativ ist und dass die Wirkungen beinahe unbeschränkt miteinander interagieren können (Walther et al. 1998). Für dieses Problem gibt es zwei Gründe: (i) Die Standardsituation, deren Stickstoffversorgung als normal gilt, ist nicht genau definiert. (ii) Die Korrekturfaktoren, deren Ursprung teilweise alt oder unbekannt ist, wurden im Laufe der Weiterentwicklung der Methode schrittweise und unabhängig voneinander eingeführt, wobei oft auf «Expertenwissen» zurückgegriffen wurde. Es ist heute schwierig, diese Faktoren mit der internationalen Literatur zu vergleichen, da sie sich auf die Korrektur einer Norm beziehen und nicht auf den Wert einer Position in der N-Bilanz (wie die Mineralisierung des Humus, die Auswaschung usw.).


Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau | Pflanzenbau

Beobachtete optimale Dosis (kg N/ha)

a) Normen RMSE (kg N/ha)= 48,9

b) Korrigierte Normen RMSE (kg N/ha)= 46,1

300

c) Nmin RMSE (kg N/ha)= 46,4

300

250

250

● ● ● ●

200

● ● ● ●● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

150 100

● ● ● ● ●

250

●●● ●●

200

200

●● ●● ● ● ● ● ● ● ● ●● ●● ● ● ●● ●● ● ● ●● ● ● ●

150 100

● ● ●

50

300

50

150 100

● ●

50

100

150

200

250

300

0 0

Düngungsnorm (kg N/ha)

50

100

150

200

250

300

0

Empfohlene Dosis (kg N/ha) Weizen Triticale

0 0

● ●

50

0

● ●● ● ● ● ●● ● ● ● ● ● ● ● ●● ●● ● ●● ●●●● ● ● ● ●

Gerste Roggen

Raps Kartoffel

50

100

150

200

250

300

Empfohlene Dosis (kg N/ha) Körnermais Silomais

Abb. 4 | Abweichung der optimalen Dosis von a) der Düngungsnorm, b) der Empfehlung gemäss Methode der korrigierten Normen und c) der Empfehlung gemäss Nmin-Methode. Die unterbrochenen Linien bezeichnen die optimale Dosis ± 30 kg N/ha.

Evaluation der Nmin-Methode In diesen Versuchen konnte die Variabilität von Nopt bei den verschiedenen Kulturen durch die Nmin-Methode am besten beschrieben werden (beste Verteilung der Punkte um die Diagonale; Abb. 4). Diese Methode erreicht besonders bei Kartoffeln bessere Ergebnisse als die Methode der korrigierten Normen. Es sei aber daran erinnert, dass bei den Kartoffeln die Entnahme der Probe für die Nmin-Bestimmung vor dem Zeitpunkt erfolgte, der von der Methode vorgeschlagen wurde. Die Hälfte der Maiskulturen (sechs von insgesamt zwölf) befand sich in der gleichen Situation und dies führte zu einer starken Unterschätzung des Bedarfs in zwei Fällen. Es handelte sich um zwei 2007 in Changins angebaute Kulturen mit sehr grossen Vorräten an mineralischem Stickstoff bei der Aussaat (209 und 142 kg N/ha), die vermutlich teilweise durch die bedeutenden Niederschläge nach der Messung ausgewaschen wurden (60 mm in den sechs Tagen nach der Messung). Die Nmin-Empfehlung wäre vermutlich näher bei der optimalen Dosis gewesen, wenn die Probenahme vor der zweiten Stickstoffgabe erfolgt wäre, wie dies von der Nmin-Methode empfohlen wird (Sinaj et al. 2009). Diese Ergebnisse bei Kartoffeln und Mais in Changins können deshalb Hinweise geben, lassen aber nicht auf den Wert schliessen, den man erhalten hätte, wenn die Nmin-Messungen zu den empfohlenen Zeitpunkten stattgefunden hätten. Bei den anderen Mais-Versuchen und den Wintergetreiden ergibt die

Nmin-Methode zufriedenstellende Ergebnisse, die mit den Ergebnissen der Methode der korrigierten Normen vergleichbar sind. Nicht geeignet war die Methode dagegen für Raps (Abb. 4) und insbesondere wenn die RapsPflanzen bei Winterende erst wenig entwickelt waren. Rapskulturen können vor dem Winter grosse Mengen an Stickstoff akkumulieren, mit grossen Abweichungen im folgenden Jahr und je nach klimatischen Bedingungen. In Frankreich stellte das COMIFER (Comité français d’études et de développement de la fertilisation raisonnée; 2013) fest, dass der vor Vegetationsbeginn aufgenommene N bei Winterraps von 25 bis mehr als 150 kg N/ ha variieren kann. In den Agroscope-Versuchen wurden Mengen von 15 bis 97 kg N/ha beobachtet. Eine gut entwickelte Rapskultur zeigte bei identischer Nmin-Messung einen geringeren N-Bedarf als eine wenig entwickelte Kultur, da sie bereits einen Grossteil des benötigten Stickstoffs aufgenommen hatte. Aus diesem Grund entwickelte das CETIOM (Centre technique interprofessionnel des oléagineux et du chanvre) in Frankreich einen Stickstoff-Rechner für Raps. Dieser Rechner subtrahiert von der empfohlenen Dosis den vom Raps bei Winterende bereits aufgenommenen Stickstoff aufgrund einer visuellen Schätzung der Biomasse der Kultur. Sinaj et al. (2009) weisen bereits darauf hin, dass die Genauigkeit der Nmin-Methode reduziert ist, wenn der Gehalt an organischer Substanz im Boden mehr als 20% beträgt und dass die Methode unbrauchbar ist, wenn der 

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Pflanzenbau | Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau

Grundwasserspiegel hoch ist oder stark schwankt. In dieser Studie wurde zusätzlich gezeigt, dass die Methode bei Rapskulturen ungeeignet ist, wenn die Pflanzen bei Winterende besonders klein oder gross sind. Die Ergebnisse könnten verbessert werden, wenn ein neuer Korrekturfaktor eingeführt wird, der den Zustand der Kultur zum Zeitpunkt der Nmin-Messung berücksichtigt.

Schlussfolgerungen Sowohl die Methode der korrigierten Normen als auch die Nmin-Methode führen zu empfohlenen Dosen, die nahe bei den optimalen Dosen liegen. Im Vergleich zu einer festen Stickstoffdosis gemäss der Düngungsnorm lassen sich mit den beiden Methoden die Fälle mit einer Unter- oder Überdüngung reduzieren. Andererseits hat sich gezeigt, dass eine Anpassung der Stickstoffdüngung an die pedoklimatischen Bedingungen sinnvoll ist. Bei den guten Produktionsbedingungen dieser Studie liegen die gemäss den beiden Methoden empfohlenen Dosen im Durchschnitt unter der optimalen Dosis. Zu den grössten Unterschätzungen der erforderlichen Stickstoffgabe kam es bei Kartoffeln mit der Methode

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der korrigierten Normen und bei Raps mit beiden Methoden. Beide Methoden erzielen die besten Empfehlungen bei den Wintergetreiden: Bei diesen Kulturen werden Dosen vorgeschlagen, die ziemlich nahe bei der optimalen Dosis liegen. Aufgrund der vorliegenden Studie lassen sich die folgenden methodologischen Verbesserungen vorschlagen: Schätzung der Raps-Biomasse bei Winterende zur Anpassung der Stickstoffdüngung an den Zustand der Kultur und Berücksichtigung der Mineralisierung im Frühling bei Sommerkulturen von Hackfrüchten. Durch die Kombination dieser Verbesserungen in einem Tool zur Diagnose des Stickstoff-Ernährungszustands der Kultur könnte ein Stickstoffmangel, der durch die Unterschätzung der optimalen Dosis entstanden ist, korrigiert werden. Das Potenzial neuer Beratungstools, die auf dem Europäischen Markt angeboten werden und Eigenschaften der Parzellen und klimatische Bedingungen berückn sichtigen, muss noch getestet werden.


Valutazione dei due metodi per ottimizzare la fertilizzazione azotata delle campicolture In Svizzera per l'ottimizzazione della concimazione azotata in campicoltura ci si basa su due metodi: il metodo delle norme corrette e il metodo Nmin. Questi due metodi si differenziano tra loro nell'approccio all'analisi: il metodo delle norme corrette tiene conto delle varie caratteristiche di una parcella che influenzano la disponibilità dell'azoto, mentre il metodo Nmin si basa su misurazioni dell'azoto minerale presente nel suolo in periodi decisivi per la crescita delle piante. In questo articolo i due metodi sono valutati sulla base di esperimenti inerenti la concimazione azotata su diverse colture e in condizioni pedoclimatiche diverse fra loro realizzati da Agroscope. L'articolo mette in evidenza vantaggi e limiti dei due metodi, così come alcune proposte di miglioramento.

Literatur ▪▪ Bullock D.G. & Bullock D. S., 1994. Quadratic and quadratic-plus-plateau models for predicting optimal nitrogen rate of corn: a comparison. ­A gronomy Journal 86, 191–195. ▪▪ Burns I. G., 2006. Assessing N fertiliser requirements and the reliability of different recommendation systems. Acta horticulturae 700, 35–48. ▪▪ Cerrato M. E. & Blackmer A. M., 1990. Comparison of models for describing corn yield response to nitrogen-fertilizer. Agronomy Journal 82 (1), 138–143. ▪▪ COMIFER, 2013. Calcul de la fertilisation azotée. Guide méthodologique pour l’établissement des prescriptions locales. COMIFER, Groupe Azote. 159 S. ▪▪ Favre G. & Charles R., 2006. Gestion de la fumure azotée en grandes cultures de 1992 à 2004. Agridea. 54 p. ▪▪ Godard C., 2005. Modélisation de la réponse à l'azote du rendement des grandes cultures et intégration dans un modèle économique d'offre agricole à l'échelle européenne: application à l'évaluation des impacts du changement climatique. Thèse de doctorat. Institut National Agronomique Paris Grignon. 278 S.

Summary

Riassunto

Evaluation zweier Methoden für eine optimale Stickstoffdüngung im Ackerbau | Pflanzenbau

Evaluation of two methods for optimising nitrogen fertilisation of field crops Two methods are used in Switzerland to optimise the nitrogen fertilisation of field crops: the «corrected norms» method and the Nmin method. Each of the methods suggests a different approach: the «corrected norms» method takes into account field characteristics influencing nitrogen availability, while the Nmin method is based on the measurement of mineral nitrogen present in the soil during periods that are crucial for the plants growth. In this article, both methods are evaluated using nitrogen fertilisation experiments performed by Agroscope for a wide range of arable crops and pedoclimatic conditions. The advantages and limits of each method are presented, and ways for improvement are suggested. Key words: field crops, nitrogen fertilization, fertilizer recommendation, «corrected norms» method, Nmin method.

▪▪ Hernandez J. A & Mulla D. J., 2008. Estimating uncertainty of economically optimum fertilizer rates. Agronomy Journal 100 (5), 1221–1229. ▪▪ Pilet F. & Frei C., 2012. Mémento agricole 2013. Agridea. 240 S. ▪▪ Richner W., Flisch R., Sinaj S & Charles R., 2010. Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen. Agrarforschung Schweiz 1 (11–12), 410–415. ▪▪ Ryser J. P., Charles J. P., Chauvin B., Degailler J., Dougoud R., Felber R., Maillard A., Rossier D., Thöni E. & Vullioud P., 1987. Directives de fumure pour les grandes cultures et les herbages en Suisse romande. Revue suisse d’Agriculture 19 (6), 297–318. ▪▪ Ryser J.P., Walther U. und Menzi H. 1994. Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau. Agrarforschung Schweiz 1 (07), 1–40. ▪▪ Sinaj S., Richner W., Flisch R. & Charles R., 2009. GRUDAF 2009 – Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau. Agrarforschung Schweiz 16 (2), 1–100 ▪▪ Walther U., Weisskopf P. & Jaggli F., 1998. Schätzung der optimalen N-Düngung zu Wintergetreide? Agrarforschung Schweiz 5, 185–188.

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P f l a n z e n b a u

Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­Viskosität beim Weizen Lilia Levy, Yosra Ellemsi und Didier Pellet Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260 Nyon, Schweiz Auskünfte: Lilia Levy, E-Mail: lilia.levy@agroscope.admin.ch

Die Weizenvielfalt (und die Vielfalt anderer Arten) wirkt sich auf die Viskosität aus.

Einleitung Weizen ist zu einem wichtigen Bestandteil von Tierfuttermitteln geworden (Grosjean et al. 1998). Grund für seine Verwendung ist sein hoher Energiegehalt und der im Vergleich zu anderen Rohstoffen interessante Preis für diese Energie. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die umsetzbare Energie des Weizens sehr variabel ist. Die Viskosität des wässrigen Weizenextrakts ist ein Qualitätsparameter, der diese umsetzbare Energie beeinflussen kann. So weisen Weizenposten mit einer geringen Viskosität mehr umsetzbare Energie auf als solche mit einer höheren Viskosität (Vilariño 2008). Obwohl die Kenntnisse über die Wirkung der Viskosität und ihre Bedeutung in der Fütterung von NichtWiederkäuern und auch in der Humanernährung etabliert sind, wurde dieser Qualitätsparameter bisher in der Schweizer Praxis nicht berücksichtigt. Die Beimischung von Zusätzen zum Futter erhöht die umsetzbare Energie des Weizens und vermindert die Viskosität

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(Vilariño et al. 2009). Doch erlauben es gute Kenntnisse über die Viskosität der Sorten und über den Umwelteinfluss, Futter zu erhalten, das den Bedürfnissen des Viehs gerecht wird. Die Ziele dieser Arbeit sind: ••Sich über die aktuellen Kenntnisse bezüglich der Viskosität als Qualitätsparameter in der tierischen und menschlichen Ernährung einen Überblick zu verschaffen; ••Die Bandbreite der in den aktuellen Weizensorten vorkommenden Viskosität aufzeigen und die Faktoren, welche ihre Variabilität beeinflussen zu evaluieren; ••Untersuchung der Korrelation zwischen Viskosität und agronomischen sowie qualitativen Parametern. Was ist Viskosität? Die Viskosität ist ein indirekter Indikator für die Prävalenz von wasserlöslichen, nicht stärkehaltigen Polysacchariden (Carré et al. 1994) in der Zellwand. Die wich-


tigsten für die Viskosität verantwortlichen Polysaccharide sind im Falle von Weizen die Arabinoxylane (Shewry und Ward, 2012) und die Beta-Glucane (vor allem in der Gerste). Diese Strukturen sammeln in ihren verzweigten Molekülen Wasser an (Saulnier et al. 2007). Sie gehören zu den Nahrungsfasern, welche die Nahrungsqualität der Getreide erheblich beeinflussen (Saulnier et al. 2007). Die wichtigsten Vorteile der Arabinoxylane für die menschliche Gesundheit sind eine senkende Wirkung auf Lipämie im Blut, einschliesslich auf das schlechte Cholesterin, das bei kardiovaskulären Erkrankungen eine Rolle spielt, sowie ein günstiger Effekt auf die Dickdarmflora, was zu einer Verminderung des Krebsrisikos beitragen kann (Adam et al. 2003). Andererseits können Getreide mit einer hohen Viskosität bei der Fütterung von Nicht-Wiederkäuern, vor allem Geflügel und Schweinen, eine antinutritive Wirkung haben (Moss und Givens 2001), nämlich eine verminderte Enzymaktivität im Darmtrakt des Tieres, eine Verlangsamung der Passage des Futterbreis und eine verminderte Futterresorption (Grosjean und Barrier-Guillot 1996; Strnad 2009). Zudem kann eine erhöhte Viskosität des Futters nicht infektiöse Diarrhöen oder ungünstige weiche Ausscheidungen auslösen, was zu einer starken Vermehrung von Mikroben führen kann (Grosjean und Barrier-Guillot, 1996; Strnad 2009). Küken und Schweine reagieren auf eine zu hohe Viskosität des Getreides am empfindlichsten und zeigen den verminderten Energiewert des Getreides am stärksten auf (Vilariño 2008). Dank der Messung der Viskosität verschiedener Getreideposten ist die Wahl des richtigen Futtergetreides für Geflügel und Schweine einfacher (Grosjean et al. 1998). Faktoren, welche die Viskosität beeinflussen Die Variabilität der Viskosität hängt von mehreren Faktoren ab. Der genetische Determinismus ist der wichtigste bekannte Faktor für die Variabilität der Viskosität (Oury et al. 1998; Martinant et al. 1998; Gebruers et al. 2010; Vilariño 2008). Verschiedene Studien zeigten widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Umweltwirkung betreffend ­Viskosität. Zhang et al. (2010) wiesen eine Zunahme der ­Viskosität bei Wasserknappheit oder Hitze nach. Coles et al. (1997) fanden eine positive Korrelation zwischen Viskosität und Wasserknappheit. Levy Haener (2011) konnte in einer Untersuchung von sieben verschiedenen Weizensorten nachweisen, dass eine hohe mittlere Tagestemperatur während der kritischen Phase, 15 Tage nach dem Ährenschieben, die Viskosität des Weizens reduziert. Gemäss Vilariño (2008), haben das Anbauverfahren (vor allem die Düngung, der Saatzeitpunkt und der Fungizideinsatz), der Weizentyp (Brotgetreide oder nicht) 

Zusammenfassung

Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen | Pflanzenbau

Die Viskosität des Weizens ist ein qualitatives Merkmal von Getreide. Einige Studien zeigen positive Wirkungen einer erhöhten Viskosität auf die menschliche Gesundheit, wie eine Senkung des Cholesterinspiegels oder eine Reduktion des Krebsrisikos. Bei der Viehfütterung, vor allem von monogastrischen Tieren, ist jedoch eine geringe Viskosität erwünscht. Eine erhöhte Viskosität reduziert nämlich unter anderem die Enzymaktivität im Darm des Tieres, verlangsamt die Passage des Futterbreis und vermindert den Resorptionsgrad des Futters. Um diesen Nachteile entgegenzuwirken, werden den industriellen Futtermischungen Enzyme beigemischt. Die Viskosität von 48 Weizensorten wurde analysiert, 24 Sorten wurden während des dreijährigen Versuchs getestet. Dieses Merkmal ist äusserst sortenabhängig, variiert aber je nach den pedoklimatischen Anbaubedingungen. 70 % der untersuchten Sorten weisen eine mittlere Viskosität auf und sind somit für die Fütterung geeignet. Die Viskosität ist praktisch mit keinem andern agronomischen (insbesondere dem Kornertrag) oder qualitativen Merkmal verknüpft. Allerdings weist eine Teilstichprobe von elf Sorten eine negative Korrelation zwischen der Viskosität und dem Proteingehalt auf. Die Resultate dieser Untersuchung zeigen, dass die von den Produzenten angebauten Sorten in Bezug auf die Viskosität sehr grosse Unterschiede aufweisen. Mit einer genaueren Kenntnis der Viskosität der Sorten und deren gezieltem Einsatz könnte der Gebrauch von Enzymen in den Futtermischungen reduziert werden, vor allem wenn der Züchter den Rohstoff für das Futter selber produziert.

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Pflanzenbau | Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen

Tab. 1 | Anbautechnik der Versuche und meteorologische Daten: mittlere Temperatur (mittl. T) und kumulierte Niederschläge (kum. N) vom 1. Februar bis 10. Juli für jedes Versuchsjahr Höhe ü. Meer (m)

Ort

Saatzeitpunkt

Stickstoffdüngung Datum

Changins

Goumoëns

430

610

Erntedatum

mittl. T ( °C)

kum. N (mm)

N-Gabe (kg N/ha)

07.10.2009

5/03 und 30/03/2010

40+70

12.07.2010

10,9

337

11.10.2010

21/02 und 10/03/2011

40+50

07.07.2011

12,6

216

12.10.2011

26/02,21/03 und 17/04/2012

43+62+35

18.07.2012

11,1

421

14.10.2009

6/03, 20/03 und 8/04 2010

50+60+30

21.07.2010

9,4

266

12.10.2010

23/02 und 25/03/2011

55+55

28.07.2011

11,6

325

13.10.2011

07/03 und 26/03/2012

50+90

23.07.2012

9,8

368

und die Art der Kornlagerung keinen Einfluss auf die Variabilität der Viskosität. Die Bewässerung und die Wasserknappheit haben nur einen geringen Einfluss auf die Viskosität (Levy Haener 2011). Viskosität sowie agronomische und qualitative Parameter Wenige agronomische und qualitative Parameter scheinen mit der Viskosität verknüpft. Der Kornertrag, das Hektolitergewicht oder das Tausendkorngewicht sind nicht mit der Viskosität korreliert (Dornez et al., 2008a; Levy Haener 2011). Bei den qualitativen Parametern haben einige Studien einen Zusammenhang zwischen Viskosität und Proteinen nachgewiesen (Dornez et al. 2008b; Levy Haener 2011), andere Untersuchungen haben keinen Zusammenhang gezeigt (Carré und Oury 2001).

Material und Methoden In den Jahren 2010, 2011 und 2012 wurden insgesamt achtundvierzig Weizensorten getestet. Diese Sorten gehören zu unterschiedlichen Qualitätsklassen. Die Feldversuche wurden als Gitteranlage angelegt, gesät als Kleinparzelle (7,1 m²) in dreifacher Wiederholung. Die Hälfte der Sorten (24) war während allen drei Versuchsjahren angebaut worden und diente als Grundlage für die statistischen Analysen. Die Versuche wurden als Extenso durchgeführt (ohne den Einsatz von Wachstumsregulatoren noch von Fungiziden), mit maximal 140 kg N/ha/Jahr (Tab. 1), an zwei sehr gegensätzlichen Orten des Kantons Waadt (Changins und Goumoëns). Goumoëns zeichnet sich gegenüber Changins durch tief-

5 4,5 4

Viskosität (ml/g)

3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5

CHAUMONT CH CAMEDO MAGNO RUNAL RIGI SIMANO BATUTA HANSWIN RAINER ZINAL ARINA LUDWIG SURETTA WENZEL SIALA MANHATTAN ISUELA CH CLARO MULAN AROLLA VANILNOIR LORENZO MURETTO ORZIVAL GALAXIE CH COMBIN LEVIS FIORINA TANELIN RUSTIC SERTORI JAZZI PAPAGENO GRAINDOR BOCKRIS TITLIS CH NARA MOIRY IMPRESSION MOLINERA FOREL SCALETTA WINNETOU CAPHORN CAMBRENA TIRONE VALODOR TAPIDOR

0

Sorten 2010/2011/2012

2011/2012

2012

2010/2011

2010

Abb. 1 | Mittlere Viskosität von 48 Sorten, die in den Jahren 2010, 2011 und 2012 in Changins und in Goumoëns angebaut wurden. Nur die 24 Sorten, die in allen drei Jahren analysiert wurden, werden als Säulendiagramm dargestellt (n = 18); die Symbole zeigen den Durchschnittswert der während eines Jahres (2010, 2012; n = 6) oder während zwei Jahren (2010/2011, 2011/2012; n = 12) getesteten Sorten. Die Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung.

96

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 94–101, 2015


Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen | Pflanzenbau

Tab. 2 | Qualitative (Viskosität und Proteingehalt) und agronomische (Ertrag, TKG und HLG) Parameter der 24 Sorten, die über drei Jahre (2010, 2011 und 2012) an zwei Orten (Changins und Goumoëns) angebaut wurden. Die Mittelwerte sind mit der Standardabweichung (n= 18) angegeben Sorten

Viskosität (ml/g)

Qualitätsklasse

Proteingehalt (%)

Ertrag (dt/ha)

HLG (kg)

TKG (g)

79,2

CH CAMEDO

TOP

2,2

±0,06

13,1

±0,29

67,0

±4,42

45,8

RUNAL

TOP

2,2

±0,06

14,1

±0,20

63,8

±3,77

47,5

80,9

RAINER

II

2,3

±0,06

11,7

±0,31

73,0

±5,31

46,1

80,5

SIMANO

I

2,3

±0,12

13,0

±0,34

66,4

±4,05

48,1

78,9

ARINA

I

2,4

±0,07

13,9

±0,24

61,7

±3,78

44,9

81,6

LUDWIG

II

2,4

±0,07

11,8

±0,30

68,9

±3,85

49,8

79,7

ZINAL

I

2,4

±0,07

13,1

±0,25

66,3

±4,42

46,8

82,1

SURETTA

I

2,5

±0,13

13,6

±0,27

62,3

±4,11

43,2

77,7

CH CLARO

TOP

2,6

±0,09

13,0

±0,26

68,0

±4,85

46,1

79,5

MANHATTAN

TOP

2,6

±0,08

10,5

±0,30

75,5

±5,11

44,7

76,1

SIALA

TOP

2,6

±0,08

13,5

±0,29

63,6

±4,76

46,8

80,9

MULAN

F

2,7

±0,07

10,9

±0,26

73,2

±4,30

46,8

79,3

GALAXIE

II

2,8

±0,08

12,3

±0,35

63,5

±4,39

43,8

78,4

ORZIVAL

I

2,8

±0,09

13,0

±0,22

72,0

±3,89

47,0

79,0

CH COMBIN

I

2,9

±0,07

12,5

±0,35

65,4

±4,63

51,8

78,9

FIORINA

I

2,9

±0,06

13,0

±0,40

67,3

±4,23

47,3

81,2

LEVIS

II

2,9

±0,09

12,9

±0,23

65,6

±3,89

47,9

80,0

BOCKRIS

F

3,1

±0,09

11,5

±0,27

75,7

±4,53

49,4

77,6

PAPAGENO

F

3,1

±0,05

10,8

±0,31

72,6

±5,20

42,8

80,2

TITLIS

TOP

3,1

±0,09

13,8

±0,29

63,4

±3,91

46,8

81,1

CH NARA

TOP

3,2

±0,08

14,1

±0,22

63,4

±4,25

43,0

82,1

FOREL

II

3,2

±0,11

13,2

±0,26

67,0

±4,25

42,1

81,0

WINNETOU

F

3,8

±0,09

10,7

±0,20

75,8

±4,38

43,4

76,9

CAMBRENA

B

3,9

±0,11

11,4

±0,27

71,1

±4,05

42,8

78,6

**

0,44

**

5,81

**

1,28

**

1,82

**

2,9

±0,05

12,4

±0,12

76,0

±0,94

48,0

78,7

2011

2,7

±0,04

13,0

±0,16

68,2

±2,15

46,8

80,6

2012

2,8

±0,05

12,3

±0,11

60,0

±0,91

43,4

79,6

**

0,16

**

2,06

**

0,45

LSD (%)

0,12

Jahr 2010

LSD (%) Ort

0,04

**

0,64

Changins

2,9

±0,04

12,8

±0,13

56,3

±0,99

46,0

80,5

Goumoëns

2,7

±0,41

12,4

±0,97

79,7

±3,71

46,1

78,8

**

0,13

**

1,68

**

n.s.

0,52

LSD (%)

0,04

**

**

*signifikant mit P = 0, 05; ** signifikant mit P = 0,01; n.s.: nicht signifikant. B = Biskuitsorte und F = Futtersorte.

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 94–101, 2015

97


Pflanzenbau | Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen

Viskosität 4% 2%Viskosität

Proteingehalt Proteingehalt

4% 2%Viskosität

1% 1%

2% 4% 42% 42%

1%

Proteingehalt 17% 27% 17% 27% 17% 27%

42%

52% 52%

55% 55%

52%

55% Kornertrag 2% 0%Kornertrag 2% 0%Kornertrag 5% 2% 0% 5%

Tausendkorngewicht Tausendkorngewicht 1% 1% 1% 1% Tausendkorngewicht 7% 7% 1% 1%

5%

7%

93% 93%

91% 91%

93%

91%

Hektolitergewicht Hektolitergewicht Hektolitergewicht 18% 20% 18% 20% 4% 4%

18%

20%

4%

Sorte Sorte Umwelt Umwelt 58% Sorte*Umwelt Sorte 58% Sorte*Umwelt Andere Umwelt Andere 58% Sorte*Umwelt Abb. 2 | Anteil der gesamten VariabilitätAndere (mittlere Quadratsummen der Varianzanalyse) der verschiedenen Parameter (Viskosität, Proteingehalt, Kornertrag, Tausendkorngewicht und Hektolitergewicht), der durch Sorte (24), Umwelt (6 Kombinationen Ort x Jahr) und die Sorte*Umwelt Interaktion bedingt wird. Andere Interaktionen und Fehler sind unter «Andere» zusammengefasst.

gründigere Böden aus, reich an organischer Substanz. In Changins sind die Böden lehmig. Betrachtet man die Periode vom Vegetationsbeginn – Reife (anfangs Februar – 10. Juli), so war das Jahr 2012 am feuchtesten, 2011 war das wärmste und 2010 das kälteste Jahr. Changins war im 2011 trockener, in Goumoëns war es hingegen im Jahr 2010 trockener als in Changins. Beobachtungen und Messungen Für jede Wiederholung wurden der Ertrag (bei 15 % Feuchtigkeit standardisiert), das Tausendkorngewicht (TKG), das Hektolitergewicht (HLG), der Proteingehalt und die Viskosität gemessen. Der Zeleny-Index, ein Test für die Proteinqualität, wurde über eine Mischung der drei Wiederholungen ermittelt.

98

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 94–101, 2015

Der Proteingehalt der Körner wurde mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS, Büchi Nirflex N-500, Büchi Labortechnik AG, Flawil) gemessen. Die potenzielle Viskosität wurde mit einem Viskosimeter (AVS370, Schott-Instruments, Deutschland) mit Mikro-Ostwald Kapillaren von 2 ml Volumen gemessen. Die Resultate wurden in (ml/g Mehl) ausgedrückt und als Logarithmus der Viskosität des Extrakts im Vergleich zur Pufferlösung berechnet. Statistische Analyse Die Varianzanalyse und der Fisher-Test wurden mit dem Programm WIDAS (Delivery and Analysis System, Waelti AG, Buchs, Schweiz) berechnet. Die Korrelationen nach Pearson wurden mit XLSTAT 2011.2.04 ermittelt, die Signifikanz der Steigung wurde mit dem Programm SigmaPlot 12.0 eruiert.

Resultate und Diskussion Viskosität In den drei Versuchsjahren wurde die Viskosität von 48 Sorten analysiert. Die Viskosität der Sorten ist sehr unterschiedlich und variiert bei den Einzelproben von 2,1 bis zu 5,7 ml/g. Die Proben wurden in fünf Kategorien aufgeteilt (Abb. 1): 24 Sorten in den Jahren 2010, 2011 und 2012 vorkommend, zwölf Sorten vorkommend in zwei aufeinander folgenden Jahren (2010 und 2011 oder 2011 und 2012), sechs Sorten, die nur in einem einzigen Jahr angebaut wurden (2010 oder 2012). Tabelle 2 zeigt die statistischen Resultate für die 24 über alle drei Versuchsjahre untersuchten Sorten. Die Futterweizensorten Winnetou und Bockris sind mit einem Ertrag von 70 dt/ha am produktivsten. Sie zeichnen sich durch erhöhte Viskosität der Körner (3,8 respektive 3,1 ml/g) und einen geringen Proteingehalt (10,7 respektive 11,5 %) aus. Die Biskuitweizensorte Cambrena zeigt ähnliche Eigenschaften wie die Futterweizen und die höchste Viskosität (3,9 ml/g). Die Sorten der Klasse TOP CH Camedo und Runal haben die geringste Viskosität (in der Höhe von 2.2 ml/g), einen bedeutenden Proteingehalt (13,1 respektive 14,1  %) aber unterdurchschnittliche Erträge (67 respektive 63,8 dt/ha; Abb. 1).Die Sorten Titlis und CH Nara haben einen grossen Proteingehalt (13,8 respektive 14,1 %) und eine hohe Viskosität (3,1 respektive 3,2 ml/g). Klimatisch betrachtet waren die Jahre 2010, 2011 und 2012 sehr unterschiedlich. Dies zeigt sich bei allen beobachteten Kriterien (Tab. 2). In diesem Versuch schlagen sich die pedoklimatischen Unterschiede zwischen den beiden Versuchsorten in ausgeprägten Unterschieden bei den meisten beobachteten Kriterien nieder. Nur das TKG unterscheidet sich zwischen den beiden Standorten nicht.


Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen | Pflanzenbau

Tab. 3 | Pearson-Korrelationen (r) zwischen den verschiedenen Parametern mit Signifikanzniveau (Analyse von 24 Sorten, an zwei Standorten während drei Jahren getestet) Parameter

Kornertrag (dt/ha)

TKG (g)

0,39

***

TKG (g)

HLG (kg/hl)

Proteingehalt (%)

HLG(kg/hl)

-0,21

***

0,09

n.s.

Proteingehalt (%)

-0,38

***

-0,18

***

Proteinertrag (kg/ha)

0,90

***

0,33

***

-0,13

**

0,04

n.s.

Viskosität (ml/g)

0,08

n.s.

0,05

n.s.

-0,07

n.s.

-0,36

***

Frühreife

0,26

***

-0,04

n.s.

-0,25

***

-0,38

***

Pflanzenlänge (cm)

0,47

***

0,08

n.s.

-0,21

***

-0,46

***

0,21

***

Signifikanzniveau: n.s., *, **, *** entspricht P > 0,05, < 0,05, < 0,01, < 0,001.

Faktoren, welche die qualitativen und agronomischen Parameter beeinflussen Die Variabilität der Viskosität wird mit jeweils 52 und 42 % (Abb. 2). vor allem der Wirkung der Umwelt und der Sorte zugeschrieben. Gemäss Literatur (Oury et al. 1998; Martinant et al. 1998; Gebruers et al. 2010; Vilariño, 2008) ist bei der Viskosität der genetische Determinismus ausgeprägt. In dieser Untersuchung erreicht die sortenbedingte Variabilität eine ansehnliche Grösse (42 %), ist aber kleiner als erwartet. In der Tat waren die Unterschiede in der Viskosität der gleichen Sorte, die an verschiedenen Orten angebaut worden war, grösser als die Unterschiede zwischen einer Sorte mit hoher Viskosität gegenüber einer Sorte mit geringer Viskosität. Diese Abweichungen werden hauptsächlich durch einige wenig stabile Sorten verursacht, nämlich Suretta und Simano; diese erzielten 2012 in Goumoëns besonders tiefe Werte (ungefähr 60 % ihres Mittelwerts). Andere Sorten wie Orzival, CH Claro oder Cambrena sind ebenfalls für diese grossen Schwankungen der Werte verantwortlich. Von einigen Ausnahmen abgesehen bestätigen unsere Resultate gleichwohl die Beobachtungen von Oury et al. (1998), wonach die Viskosität ein relativ stabiles Merkmal ist und hauptsächlich vom Genotyp abhängt. Im Vergleich zu den restlichen analysierten Kriterien, wie dem Proteingehalt oder dem Kornertrag, wird die Viskosität vor allem durch die Sortenwahl beeinflusst. Die Schwankungen im Proteingehalt der Körner und im HLG lassen sich ebenfalls zu einem guten Teil durch die Wahl der Sorte erklären (27 % respektive 20 %), doch den entscheidenden Einfluss hat die Umwelt (55 % respektive 58 %). Was den Proteingehalt angeht, so haben Mut et al. (2010) ähnliche Resultate wie wir erzielt. Die Variabilität des Kornertrags und des TKG sind beinahe ganz auf die Umweltwirkung zurückzuführen (93 % respektive 91 %). Die wichtigsten Faktoren, welche das Wachstum des Weizens limitieren, sind in der

Schweiz die zu grosse Nässe bis zum 3-Blattstadium und während des vegetativen Wachstums, eine ungenügende Sonneneinstrahlung (während des reproduktiven Wachstums), aber auch Frostschäden (in der höheren Lagen) und die Hitze (Holzkaemper et al. 2014). Im Jahr 2010 herrschten ideale Bedingungen für eine reichliche Ernte, im Gegensatz dazu fiel im 2012 der Kornertrag im Mittel um 16 dt/ha kleiner aus als im 2010. Die beiden Versuchsorte waren ebenfalls sehr unterschiedlich (Ertragsdifferenz durchschnittlich 23 dt/ha). Aus diesem Grund muss die Variabilität des Kornertrags hauptsächlich mit den verschiedenartigen pedoklimatischen Bedingungen erklärt werden. Korrelation zwischen den verschiedenen qualitativen und agronomischen Parametern Der Ertrag ist positiv mit dem TKG, dem Datum des Ährenschiebens sowie der Pflanzenlänge korreliert (Tab. 3). Konform zu den Beobachtungen von Grant und McCalla (1949), sind der Kornertrag und der Proteingehalt negativ (r=-0,38) miteinander korreliert. Die geerntete Proteinmenge (in kg/ha) korreliert aber stark mit dem Kornertrag. Wie in der Literatur beschrieben (Dornez et al. 2008a; Levy Haener et al. 2013), sind der Kornertrag und die Viskosität nicht miteinander korreliert. Innerhalb jeder Qualitätsklasse kann die Viskosität stark voneinander abweichen: Runal und CH Nara, zwei Sorten der Klasse Top, haben vergleichbare Ertrag und Proteingehalt, während sie sich in der Viskosität stark voneinander unterscheiden (2,2 respektive 3,2 ml/g). Die gleiche Beobachtung kann bei den Futtersorten Mulan (2,7 ml/g) und Winnetou (3,8 ml/g) gemacht werden. Die negative Korrelation zwischen Viskosität und Proteingehalt (r=-0,36) wurde bereits von Dornez et al. (2008b) festgehalten, diese hatten indessen eine stärkere Korrelation beobachtet (r=-0,52), die aber statistisch nicht gesichert war. Unsere Resultate bestätigen auch eine frühere Untersuchung von Levy Haener (2011), 

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 94–101, 2015

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Pflanzenbau | Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen

Tab. 4 | Merkmale der linearen Regression zwischen Viskosität und Proteingehalt für 11 Sorten mit einem Bestimmtheitsmass (R²), das signifikant ungleich 0 ist Bestimmtheitsmass

Steigung

Anzahl ­Beobachtungen

CH CLARO

R² = 0,57 **

a= -0,24 **

n=16

CH COMBIN

R² = 0,62 **

a= -0,16 **

n=18

FOREL

R² = 0,36 *

a= -0,16 **

n=17

GALAXIE

R² = 0,29 *

a= -0,12 *

n=17

LEVIS

R² = 0,26 *

a= -0,20 *

n=18

LUDWIG

R² = 0,26 *

a= -0,12 *

n=17

MULAN

R² =0,25 *

a= -0,14 *

n=18

PAPAGENO

R² = 0,33 *

a= -0,09 *

n=18

RAINER

R² = 0,26 *

a= -0,09 *

n=18

SIALA

R² = 0,52 **

a= -0,20 **

n=18

WINNETOU

R² = 0,40 **

a= -0,30 *

n=18

Sorte

Signifikanzniveau: *P < 0,05; ** P< 0,01.

die zeigt, dass die potenzielle Viskosität des Weizens abnimmt, wenn der Proteingehalt zunimmt, dies ist für die Tierproduktion interessant. Carré und Oury hingegen haben (2001) gezeigt, dass eine Zunahme der Proteinkonzentration keine Veränderungen der potenziellen Viskosität nach sich zieht. Unsere Resultate könnten dazu beitragen, diesen Widerspruch aufzuklären. Wenn man die Resultate für die Viskosität und den Proteingehalt für jede Sorte separat analysiert, stellt man nämlich fest, dass elf der analysierten Sorten eine negative Korrelation zwischen den beiden Parametern (Tab. 4) aufweisen, wohingegen dreizehn Sorten keine Relation zeigen. Eine weitere Analyse nach Umwelt, über alle Sorten zusammen, zeigt eine signifikante negative Korrelation in vier von sechs Fällen. Es sieht so aus, als ob der Antagonismus zwischen Viskosität und Proteingehalt keine allgemeingültige Regel ist, sondern vom analysierten Sorten-Set und von den pedoklimatischen Eigenschaften abhängt. Nur wenige Sorten erfüllen die gestellten Bedingungen: hoher Proteingehalt und geringe Viskosität bei gleichzeitig gutem Kornertrag. Die Sorte Mulan hat für die Viskosität die tiefsten Werte, doch beim Proteingehalt ist die Sorte Bockris deutlich interessanter. Bouguennec et al. (2001) sind der Meinung, dass bei Futterweizen die Viskosität 3 ml/g nicht übersteigen sollte, um in Futtermischung verwendet zu werden. Bockris übersteigt diesen Grenzwert durchschnittlich um 0,1 ml/g, doch unser Versuch hat gezeigt, dass die Viskosität je nach Umwelt stark variiert. Deshalb könnte Bockris durchaus eine interessante Sorte sein, wenn sie an Standorten angebaut wird, wo die Viskosität gering bleibt.

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Agrarforschung Schweiz 6 (3): 94–101, 2015

Schlussfolgerungen Ein stark signifikanter Einfluss der Sorte auf die Viskosität wurde beobachtet, diese Viskosität hängt aber auch sehr von den pedoklimatischen Bedingungen ab. Über alle Sorten zusammen wurde eine negative Korrelation (schwach, aber signifikant) zwischen der Viskosität und dem Proteingehalt des Korns festgestellt; eine Analyse nach Sorte zeigt eine signifikante negative Korrelation bei beinahe der Hälfte der getesteten Sorten. Sieht man vom Einfluss der Umwelt auf die Ausprägung der Viskosität ab, wären beinahe 70 % der untersuchten Weizensorten für die Fütterung von monogastrischen Tieren geeignet. Weil aktuelle Kenntnisse über die Viskosität der Sorten fehlen, wird immer noch eine grosse Anzahl von Sorten mit einer erhöhten Viskosität im Futterbau angebaut. Die in dieser Studie ermittelten Viskositätsunterschiede zwischen den Sorten belegen, dass bereits heute Sorten existieren, die sowohl eine geringe Viskosität besitzen, aber gleichzeitig ebenso ertragreich sind, wie Sorten mit hoher Viskosität. Die Zukunft wird zeigen, ob diesem Kriterium genügend Bedeutung zugeschrieben wird, damit es künftig in die Empfehlungen an die Produzenten einfliesst. n


Effetti della varietà e dell'ambiente sulla viscosità del frumento La viscosità del frumento è una caratteristica qualitativa dei cereali. Alcuni studi rivelano una correlazione tra una viscosità elevata ed effetti positivi sulla salute umana, quali l'abbassamento del colesterolo o la riduzione del rischio di cancro. Ma nel contesto del foraggiamento del bestiame, soprattutto nel caso degli animali monogastrici, sono preferibili viscosità basse. Una viscosità elevata, riduce infatti, tra le altre cose, l'attività enzimatica nell'intestino dell'animale, rallenta il passaggio del bolo alimentare e diminuisce il tasso di assorbimento degli alimenti. Per contrastare questi inconvenienti, l'industria arricchisce di enzimi le miscele per la foraggicoltura. È stata analizzata la viscosità di 48 varietà di frumento, e 24 varietà sono state testate nei tre anni di sperimentazione. Questa caratteristica dipende in larga misura dalla varietà, ma varia anche in base alle condizioni pedoclimatiche della coltura. Il 70 % delle varietà studiate presenta una viscosità media adatta al foraggiamento. La viscosità non è correlata praticamente con nessun'altra caratteristica agronomica (in particolare il rendimento in grano) o qualitativa. Tuttavia, un sottocampione di 11 varietà mostra una correlazione negativa tra viscosità e tenore di proteine. I risultati dello studio mostrano che i produttori dispongono di varietà con viscosità molto diverse. Una conoscenza approfondita della viscosità delle varietà e il loro utilizzo mirato potrebbero contribuire a ridurre l'utilizzo di enzimi nelle miscele, soprattutto nel caso in cui l'allevatore produca egli stesso la materia prima per il foraggiamento degli animali.

Summary

Riassunto

Wirkung von Sorte und Umwelt auf die ­V iskosität beim Weizen | Pflanzenbau

Effects of variety and environment on wheat viscosity Wheat viscosity is a qualitative characteristic of cereals. Certain studies indicate positive effects for human health linked to high viscosity, such as the lowering of cholesterol or a reduction in cancer risks. Where the feeding of livestock is concerned, however – especially monogastric animals – low levels of viscosity are desirable. In fact, among other things, a high viscosity reduces enzymatic activity in the animal’s gut, slows down the passage of the alimentary bolus, and reduces the rate of absorption of the feed. To counteract these disadvantages, the industry enriches forage mixtures with enzymes. The viscosity of 48 varieties of wheat was analysed, with 24 varieties being tested during the three years of the trial. Although this trait is highly dependent upon variety, it also varies according to the pedoclimatic conditions of the crop. Seventy per cent of the varieties studied have an average viscosity that is suitable for feed. Viscosity is linked to practically no other agronomic or qualitative ­characteristic (particularly kernel yield). Despite this, a sub-sample of 11 varieties shows a negative correlation between viscosity and protein content. The results of this study show that producers have access to varieties with highly contrasting viscosities. In-depth knowledge of the viscosities of the different varieties and their targeted usage might contribute to a reduction in the use of enzymes in the mixtures, especially where the breeders themselves produce the raw material for feeding their livestock. Key words: viscosity, wheat, varieties, protein content, GxE interaction.

Literatur Das Literaturverzeichnis ist bei der Autorin erhältlich.

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 94–101, 2015

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N u t z t i e r e

Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung Bernadette Oehen, Anet Spengler Neff, Florian Leiber, Otto Schmid, Friederike Hoffmann und Barbara Früh, ­Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, 5070 Frick, Schweiz Auskünfte: Barbara Früh, E-Mail barbara.frueh@fibl.org

Haltungssysteme, die ein hohes Tierwohl bieten, ermöglichen ein natürliches Verhalten, eine artgerechte Fütterung und sind sauber. Gezielte Beratung kann helfen, das Tierwohl auf Betrieben zu erhalten und zu verbessern. (Foto: Marion Nitsch)

Einleitung Tierwohlerhebung im Biolandbau Biolabels möchten ein hohes Tierwohl bieten und das Attribut «hohes Tierwohl» zudem nutzen, um Biofleisch, Biomilch oder Bioeier am Markt von den Erzeugnissen anderer Produktionssysteme abzugrenzen. Für die Tier-

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Agrarforschung Schweiz 6 (3): 102–109, 2015

haltung machen die Ökolandbau-Verordnung der EU und die Schweizer Bioverordnung nur wenige Vorschriften, die über das geltende Tierschutzrecht hinausgehen. Sie betreffen aber Bereiche, die für das Tierwohl relevant sind. Dazu gehören beispielsweise das Verbot von Vollspaltenböden, spezielle Anforderungen an Einstreu und Liegebereich oder Auslaufvorschriften (Schmid und Kilchsperger 2010, Knutti 2012). Um den respektvollen Umgang mit dem Tier und eine tiergerechte Haltung zu gewährleisten, haben verschiedene Biolandbauorganisationen ergänzend zur Ökoverordnung Richtlinien für die Tierhaltung entwickelt. So haben die deutschen Verbände Bioland, Bio­ kreis, Demeter und Naturland gemeinsam den «Leitfaden Tierwohl» erarbeitet, der aufzeigt und mit Fotos illustriert, wie gutes Tierwohl aussieht. Der Leitfaden ist so gestaltet, dass es den Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern im Selbstaudit möglich ist, die Tierhaltung des eigenen Betriebs zu überprüfen. Abgefragt werden neben der Stallarchitektur und den Stalleinrichtungen auch die Körperkondition und Sauberkeit der Tiere sowie Technopathien, Hautirritationen, Zustand der Klauen und Lahmheiten. Seit 2014 ist eine sogenannte On-Farm-Tierwohlkontrolle, die auf dem «Leitfaden Tierwohl» aufbaut, Teil der jährlichen Biokontrolle auf den Label-Betrieben der Verbände Bioland, Biokreis, Demeter und Naturland in Deutschland. In der Schweiz steht weder zur Sensibilisierung der Bioproduzenten noch für die Biokontrolle ein vergleichbares On-Farm-Instrument zur Verfügung.

Material und Methoden Für die Erarbeitung eines On-Farm-Instrumentes zur Erhebung von Tierwohl in der Schweiz wurden die aktuelle wissenschaftliche Literatur zum Thema Tierwohl durchgearbeitet und Expertenwissen beigezogen. Für die «Checkliste Tierwohl» wurden zudem Schweizer Akteure mit Erfahrung in Biokontrolle, Zertifizierung und Biorichtlinien befragt. Die Instrumente wurden also unter Beachtung der internationalen Literatur zum


Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung | Nutztiere

Zusammenfassung

Tierwohl erarbeitet, man hat aber Wert darauf gelegt, die spezifischen Gegebenheiten der Schweiz zu berücksichtigen. Dabei wurden geeignete direkte Parameter zur Beurteilung des Tierwohls gesucht, die das Verhalten oder die Konstitution der Tiere anzeigen. Diese Parameter stehen in direktem Bezug zum Einzeltier und sind aus diesem Grund sehr valid. Beispiele für direkte Parameter sind ethologische oder leistungsbezogene Parameter. Allerdings ist die quantitative Erhebung ausschliesslich tierbezogener Parameter aufwendig und es besteht die Gefahr einer gewissen Subjektivität. Deshalb wurden in beiden Instrumenten zur Beurteilung des Tierwohls auch indirekte Parameter aufgenommen, die nicht am Tier selbst, sondern in der Haltungsumgebung erhoben werden. Wenn signifikante Korrelationen zwischen bestimmten direkten und indirekten Parametern bestehen, dann lässt sich mit indirekten Parametern das Tierwohl schneller, einfacher und objektiver erfassen (Rütz 2010). Das liegt vor allem daran, dass Masse und Beschaffenheit der Stalleinrichtungen leichter quantifiziert werden können als die direkten Parameter. Indirekte Parameter stehen deshalb auch im Zentrum der Tierschutzgesetzgebung und der entsprechenden Kontrollen. Allerdings sind die Korrelationen zwischen Tierwohl und indirekten Parametern nicht immer gegeben oder nicht für alle Aspekte des Tierwohls bekannt (Rütz 2010). Auf 15 Schweizer Betrieben mit Rindermast wurde eine Tierwohlerhebung durchgeführt, wobei auf sechs Biobetrieben die «Checkliste Tierwohl» und auf neun Betrieben das «Beurteilungsinstrument Tierwohl» getestet wurde. Jeweils drei dieser Betriebe haben Rindermast gemäss den Richtlinien von Bio Weide-Beef, TerraSuisse und Tierschutzgesetz/ÖLN (ökologischer Leistungsnachweis). Aufgrund der geringen Anzahl an Betrieben handelt es sich um Fallstudien zur Anwendbarkeit der Instrumente. Die hier festgestellten Tendenzen erheben deshalb keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit. Das Tierwohl ist nicht nur ein Thema für die Landwirtschaft, sondern auch für Tiertransporte und Schlachtung. Diese Bereiche sind in den beiden Beurteilungsinstrumenten nicht berücksichtigt.

Das grösstmögliche Tierwohl ist ein zentrales Anliegen des Biolandbaus. Um eine Verbesserung des Tierwohls zu erreichen und um den Ansprüchen des Tierschutzes noch besser gerecht zu werden, haben deutsche und britische Bioverbände Instrumente entwickelt, die Tierwohl On-Farm erheben können. Die Instrumente können vom Tierhalter, der Tierhalterin und bei Biokontrollen eingesetzt werden. Für die Schweiz stehen für Biobetriebe und Biokontrollen solche Hilfsmittel noch nicht zur Verfügung. Mit der «Checkliste Tierwohl» und dem «Beurteilungsinstrument Tierwohl» sind zwei Instrumente entwickelt worden, um das Tierwohl in der Schweizer Rindermast zu erheben und zu kontrollieren. Die dazu verwendeten Indikatoren sind aus der wissenschaftlichen Literatur abgeleitet und verbinden Beobachtungen der Tiere (direkte Parameter) mit Messungen im Umfeld der Tiere (indirekte Parameter). Beide Instrumente haben das Potenzial, Tierwohl auf Biobetrieben zu verbessern, ohne dass Richtlinien, Gesetze oder Verordnungen angepasst werden müssen. Zudem verbessern sie das Wissen der Landwirte im Bereich Tierwohl und sind so angelegt, dass sie auch auf nichtbiologisch wirtschaftenden Betrieben eingesetzt werden können.

Resultate Funktionskreise als Basis zur Bewertung von Tierwohl Das von Hoffmann (2013) erarbeitete Bewertungsinstrument für Tierwohl bezieht sich auf die gut abgestützte Annahme, dass sich alle natürlich vorkommenden Verhaltensweisen von Rindern einem typischen Funktions-

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Nutztiere | Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung

Tab. 1 | Funktionskreise und Beschreibung der Indikatoren zur On-Farm -Erhebung von Tierwohl in der Rindermast (nach Hoffmann 2013) Funktionskreise und Indikatoren mit maximal erreichbarer Anzahl Punkte

Parameter und Bewertung

Fortbewegungsverhalten Gesamtbewegungsfläche

5

m2/Tier enthornt: 5: ≥7; 4: ≥6; 3: ≥5; 2: ≥4; 1: ≥3,0: <3 m2/Tier behornt: 5: ≥9; 4: ≥8; 3: ≥7; 2: ≥6; 1: ≥5; 0: <5

Zugang zu Auslauf/Laufhof

5

Tage/Jahr: 5: ≥270 Tage; 4: ≥230 Tage; 3: ≥180 Tage; 2: ≥120 Tage; 1: ≥50 Tage; 0: nie

Weide

3

Tage/Jahr 3: ≥120 Tage; 2: ≥50 Tage; 1: ≥30; 0: nie

Alpung

1

1= Ja; 0= Nein

Bodenbeschaffenheit ­Gangflächen

2

2: griffig; 1: griffig, z.T. rutschig; 0: rutschig, -1: rutschig/Mängel

Bodenbeschaffenheit Auslauf

2

2: griffig; 1: griffig, z.T. rutschig; 0: rutschig; -1: rutschig/Mängel

Topographie Weiden

2

2: Alpböden, steile Hänge; 1: eben, leicht geneigt

5

m2/Tier enthornt: 5: ≥7; 4: ≥6; 3: ≥5; 2 ≥4; 1: ≥3,0: <3 m2/Tier behornt: 5: ≥9; 4: ≥8; 3: ≥7; 2: ≥6; 1: ≥5; 0: <5 Tage/Jahr 5: ≥270 Tage; 4: ≥230 Tage; 3: ≥180 Tage; 2: ≥120 Tage; 1: ≥50 Tage; 0: nie

Sozialverhalten Gesamtbewegungsfläche Zugang zu Auslauf/Laufhof

4

Weide

3

Tage/Jahr 3: ≥120 Tage; 2: ≥50 Tage; 1: ≥30 Tage; 0: nie

Herdenstruktur

5

5: Familienstruktur; 4: Herde ohne Stier; 3: stabile Altersgruppen; -1:häufige Umgruppierung

Remontierung

3

3: eigene Nachzucht/Sichtkontakt zur Herde; 2: eigene Nachzucht/Integration mehrere Tiere; 1: Zukauf/Integration von sich kennenden Gruppen; 0: Zukauf/Integration von Gruppen, -1: Integration von Einzeltieren

Abliegen/Aufstehen

5

5: bequem, uneingeschränkt; 3: bequem, eingeschränkt; 1: unbequem, eingeschränkt; -1: unbequem, sehr behindert

Beschaffenheit Liegefläche

5

5: ≥6cm Stroh; 4: 3-6cm Stroh/≥6cm Sand; 2: Gummi weich, <3cm Stroh/<6cm Sand; 1: Gummispalten; 0: Betonspalten, -1: technisch schlechte Böden

Sauberkeit Liegefläche

5

5: ≤10 % verschmutzt; 3: 10-20 % verschmutzt; 1: 20-30 % verschmutzt; 0: 30-50 % verschmutzt; -1: >50 % verschmutzt

Trittsicherheit Liegefläche

5

5: griffig; 3: griffig, z.T. verschmutzt; 1: wenig griffig, 0: rutschig; -1: sehr rutschig, Mängel

Ruhe- und Schlafverhalten

Nahrungsaufnahmeverhalten Futterverfügbarkeit

3

3: ad libitum; 1: >2mal/Tag; 0: ≤2mal/Tag

Rationsgestaltung

3

3: Komponenten getrennt, 1: Teilmischration; 0: Totalmischration

Rohfaser, Energie, Protein

3

3: wiederkäuergerecht; 1: geringer Energieüberschuss/ Strukturmangel; -1: starker Strukturmangel

Gestaltung Fressplatz

2

Tier : Anzahl Tiere/Fressplatz: 2: <1:1; 0: 1:1; -1: >1:1, ad libitum gilt wie 1:1

Konstruktion Fressplatz

2

2: Fressgitter; 1: Fressholme; 0: Nackenrohr; -1: mangelhafte Einstellung

Sauberkeit Futtertisch

1

1: sauber; 0: verschmutzt; -1: technische Mängel

Kotkonsistenz

1

1: haferbreiähnlich, plumpsend; 0: flüssig-breiig; -1: fest, sehr flüssig

Kotstruktur

1

1: homogen; 0: einzelne unverdaute Körner; -1: unverdaute Strukturen

Wasserbereitstellung

3

3: Trogtränke; 2: Trog- und Schalentränke; 1: Schwimmertränke; 0: Schalentränke;

Sauberkeit Tränke

1

1: sauber; 0: verschmutzt; -1: technische Mängel

Tiergesundheit, Tierkomfort, -hygiene Thermoregulation

104

3

3: Wechsel Umgebungstemperatur möglich; 2: Wechsel Umgebungstemperatur eingeschränkt möglich; 1: Wechsel Umgebungstemperatur nicht möglich

Komforteinrichtungen

3

3: vorhanden, gut platziert; 2: vorhanden; 0: nicht vorhanden

Tageslicht im Stall

2

2: Offenfront, sehr hell; 1: mind. 60 Lux; 0: mind. 15 Lux; -1: dunkel

Luftqualität im Stall

2

2: Offenfont; 1: gut; 0: ausreichend, stinkend; -1: schlecht

Zugluft im Liegebereich

3

3: ausgeschlossen; 1: gelegentlich; 0: für rangniedrige Tiere; -1: immer

Lärmbelastung

2

2: nein; 1: leicht; 0: deutlich; -1: stark

Techno-/Ethopathien Beine

3

3: nein; -1: ja

Techno-/Ethopathien Rumpf/Kopf

3

3: nein; -1: ja

Hautirritationen

3

3: nein; -1: ja

Sauberkeit der Tiere

2

2: sauber, 0-1 Verschmutzung; 1: 1-2 Verschmutzungen; 0: stark verschmutzt; -1: verklebter alter Schmutz

Klauenzustand

2

2: tadellos; 1: gut; 0: noch kein Behandlungsbedarf; -1: Behandlungsbedarf

Tierärztliche allopathische ­Behandlungen der Herde ­während der ­Mastdauer

4

4: ≤1 Behandlung; 2: ≤2 Behandlungen; 1: ≤3 Behandlungen; 0 ≤4 Behandlungen; -1: >4 Behandlungen

Mortalität

3

3: 1 %; 2: 2 %; 1: 3 %; 0: 4 %; -1: ≥5 %

Enthornung

1

1: nein; 0: ja

Kastration

1

1: nein; 0: ja

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 102–109, 2015


Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung | Nutztiere

Thermoregulation Kastration

10,0

Komforteinrichtungen

8,0 6,0

Enthornung

Tageslicht Stall

4,0 2,0

Mortalität

Luftqualität Stall

0,0 -2,0 -4,0

Tierärztl. allopath. Behandlung

Zugluft Liegebereich

Klauenzustand

Lärmbelastung

Sauberkeit Tiere Irritationen Haut

TSchG/ÖLN

TerraSuisse

Techno-/Ethopathien Beine Techno-/Ethopathien Rumpf und Kopf

Bio Weide-Beef

Idealer Betrieb

Abb. 1 | Tierwohl im Funktionskreis «Tiergesundheit, Tierkomfort und -hygiene» nach Produktionssystem (Bio Weide-Beef, TerraSuisse und Tierschutzgesetz/ÖLN im Vergleich zum idealen Betrieb, der in allen Indikatoren in diesem Funktionskreis die maximale Punktzahl erreicht. In der Gesamtbeurteilung (hier nicht dargestellt) bietet der durchschnittliche Tierschutzgesetz/ÖLN-Rindermastbetrieb 16,2 % des potenziell möglichen Tierwohls, der durchschnittliche TerraSuisse-Betrieb 52,5 % und der durchschnittliche Bio Weide-Beef-Betrieb 76 % des unter optimalen Bedingungen möglichen Tierwohls.

kreis zuteilen lassen (Sundrum 1998, KTBL 2006). Je mehr dieser natürlichen Verhaltensweisen in einem Haltungssystem möglich sind, desto tiergerechter ist es. Da das Bewertungsinstrument für die Rindermast entwickelt wurde, umfasst es die folgenden fünf Funktionskreise: Fortbewegungsverhalten, Sozialverhalten, Ruhe- und Schlafverhalten, Nahrungsaufnahmeverhalten sowie Tiergesundheit, Tierkomfort und -hygiene. Jeder der fünf Funktionskreise trägt mit 20 % zum Tierwohl bei. Um das für einen Funktionskreis spezifische Tierwohl zu quantifizieren, wurden anhand der wissenschaftlichen Literatur (Bartussek 1996, Rütz 2010, Schneider 2010, Sundrum 2007, Welfare Quality 2012, Knierim und Winckler 2009) Indikatoren definiert und die zugehörigen Parameter festgelegt (Tab 1). Alle Indikatoren sind daher eindeutig mit Parametern beschrieben und in einer diskreten numerischen Skala bewertbar. Die Indikatoren werden einerseits am Tier beobachtet (z.B. Hautirritationen, Lahmheiten, Sauberkeit), in deren Umfeld gemessen (z.B. Lichtverhältnisse, Platz) und beim Tierhalter nachgefragt (z.B. Fütterung). Zur

Erhebung von tierbezogenen Parametern wird eine zufällige Stichprobe von 25 % aller Rinder ausgewählt und beobachtet. Für das gesamte Tierwohl eines Produktionssystems wird der Mittelwert aller Indikatoren der einzelnen Funktionskreise berechnet und das Tierwohl nach den Vorgaben des WelfareQuality Project (2012) wie folgt bewertet: Hervorragendes Tierwohl: in allen Funktionskreisen mindestens 55 % der erreichbaren Punkte; in zwei Funktionskreisen mindestens 80 % der erreichbaren Punkte. Gutes Tierwohl: in allen Funktionskreisen mindestens 20 % der Punkte; in zwei Funktionskreisen mindestens 55 % der Punkte. Ausreichendes Tierwohl: in allen Funktionskreisen mindestens 10 % der Punkte; in drei Funktionskreisen mindestens 20 % der Punkte. Ungenügendes Tierwohl: ein Betrieb, der die Mindestanforderungen für ausreichendes Tierwohl nicht erfüllt. Das Bewertungsinstrument wurde während des Winterhalbjahres 2012/13 auf neun Rindermastbetrieben in der Schweiz angewendet. Die Datenaufnahme dauerte 

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 102–109, 2015

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Nutztiere | Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung

Kastration

Thermoregulation 10

Komforteinrichtungen

8 6

Enthornung

Tageslicht Stall

4 2 Mortalität

Luftqualität Stall

0 -2 -4

Tierärztl. allopath. Behandlung

Zugluft Liegebereich

Klauenzustand

Lärmbelastung

Sauberkeit Tiere

Techno-/Ethopathien Beine

Irritationen Haut

Bio Weide-Beef 1

Techno-/Ethopathien Rumpf und Kopf

Bio Weide-Beef 2

Bio Weide-Beef 3

Idealer Betrieb

Abb. 2 | Tierwohl im Funktionskreis «Tiergesundheit, Tierwohl, -hygiene» auf drei Bio Weide-Beef-­B etrieben im Vergleich zum idealen Betrieb, der in allen Punkten das Maximum erreicht. Das Instrument zeigt Unterschiede zwischen den drei Betrieben und Abweichungen vom Idealbetrieb.

jeweils zwei Stunden und umfasste auf jedem Betrieb eine Befragung des Tierhalters, die Beobachtung der Tiere im Haltungssystem und Messungen. Das Bewertungsinstrument war in den untersuchten Produktionssystemen anwendbar. Unterschiede im Tierwohl konnten sowohl zwischen den Haltungssystemen (Abb. 1) als auch zwischen den Betrieben mit gleichem Haltungssystem aufgezeigt werden (Abb. 2). Checkliste zur Beurteilung von Tierwohl auf Biobetrieben Während bei Hoffmann (2013) die Entwicklung eines Bewertungsinstrumentes zur On-Farm-Tierwohler­hebung im Vordergrund steht, erarbeitete Knutti (2012) eine Tierwohl-Checkliste für Schweizer Biobetriebe, die Tierhalterinnen zur Tierwohl-Beurteilung sowie Kontrolleure bei der jährlichen Biokontrolle einsetzen können. Dabei orientiert sich Knutti (2012) am «Leitfaden Tierwohl» der deutschen Bioverbände sowie an einem Projekt der britischen Biolandbauorganisation Soil Association (www. assurewel.org) und passt die Kontrollpunkte an die Schweizer Rahmenbedingungen an. Das Tierwohl wird auch bei Knutti (2012) sowohl anhand von Beobachtungen direkter Parameter (z.B. Nährzustand, Verschmut-

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Agrarforschung Schweiz 6 (3): 102–109, 2015

zungsgrad, Verletzungen, Zustand der Klauen) als auch anhand indirekter Parameter (z.B. Stallmasse, Sauberkeit Futterplatz, Komforteinrichtungen) beurteilt. Ein einfaches Ampelsystem bewertet das Tierwohl auf dem Betrieb: gut (grün), verbesserungsfähig (orange) oder unbefriedigend (rot). Die Rindvieh-Checkliste (Tab. 2) wurde auf sechs Betrieben anlässlich einer freiwilligen Betriebskontrolle mit Kontrollpersonen und Betriebsleitenden getestet. Der Zeitaufwand betrug durchschnittlich 30 Minuten pro Betrieb. Bei Knutti (2012) stehen der Lernprozess des Tierhalters und die durch den Betrieb eingeleiteten Verbesserungsmassnahmen im Vordergrund. Deshalb muss die Checkliste praxisgerecht sein, damit Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter mit ihr arbeiten können. Knutti (2012) schlägt darüber hinaus vor, dass Betriebe, die in Tierwohlkontrollen mehrmals trotz Beratung eine schlechte Beurteilung erreichen, keine Tiere und tierischen Produkte mehr unter einem Biolabel vermarkten dürfen, obwohl weder ein Verstoss gegen die Bioverordnung noch gegen das Tierschutzgesetz vorliegt. Inwieweit so etwas sinnvoll und durchführbar ist, müssen die Bioverbände klären.


Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung | Nutztiere

Tab. 2 | Checkliste zur On-Farm-Beurteilung des Tierwohls auf Biorindermastbetrieben im Rahmen der Biokontrolle (vereinfachte Zusammenfassung nach Knutti, 2012) Bewertungssystem

Tierbezogene direkte Indikatoren

Hilfsmittel

gut

verbesserungsfähig

ungenügend

Nährzustand (Body Score Index FiBL)

Illustrationen

gut

zu fett

zu mager

Verschmutzung

Fotos

keine

mittel

stark

Verletzungen (Schürfungen, Wunden, Schwellungen)

Fotos

keine

leicht

stark

keine

leicht

stark

gepflegt

in Ordnung

ungepflegt

Lahmheiten Pflege: Klauen

Illustrationen

Nicht-tierbezogene, indirekte Indikatoren

Hilfsmittel

Bewertungssystem gut

verbesserungsfähig

Futter-/Wasserplatz-Hygiene

sauber

in Ordnung

ungenügend

Boden

trittfest

glatt

sehr rutschig

Luftqualität

gut

stickig

sehr stickig

Komfort (Pflegebürsten oder Striegel)

eingesetzt

mangelhaft

keine

GESAMTERGEBNIS STALL spezielle Beobachtungen (z.B. systematische Haltungsschäden)

Diskussion und Schlussfolgerungen Nach Rütz (2009) muss ein Instrument zur On-Farm-Erhebung des Tierwohls Indikatoren eindeutig benennen und beschreiben. Es sollte einfach und nicht zu zeitaufwendig in der Handhabung sein. Damit es in verschiedenen Haltungssystemen anwendbar ist, sollte es zudem flexibel sein. Die Ergebnisse müssen objektiv und reproduzierbar sein. Das von Hoffmann (2013) entwickelte Instrument entspricht diesen Anforderungen. Es konnte das Tierwohl auf verschiedenen Rindermastbetrieben und in verschiedenen Haltungssystemen erheben und die Ergebnisse transparent herleiten und visualisieren. Die Indikatoren sind klar definiert und entsprechenden Parametern zugeordnet. Da dieses Instrument differenzierter ist als dasjenige von Knutti (2012) ist es zur Sensibilisierung und Weiterbildung von Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern geeignet. Sie können beispielsweise das Tierwohl auf dem eigenen Betrieb erheben und das Instrument zur Überprüfung nutzen, wenn am Haltungssystem etwas verändert wird. Die Checkliste von Knutti (2012) ist auf die Beurteilung von Tierwohl auf Biobetrieben fokussiert. Die

Anwendung ist ebenfalls einfach und die Liste enthält hilfreiche Illustrationen und Bilder. Der Praxistest mit Landwirten und Kontrolleurinnen zeigt zudem, dass die Checkliste mit wenig Zeitaufwand anwendbar ist. Diese Checkliste eignet sich deshalb für eine Anwendung im Rahmen der regelmässigen Biokontrollen. Das Ampelsystem ist für die Sensibilisierung der Betriebsleitenden noch etwas grob und muss zudem um weiteren Rindviehkategorien (Kalb, Milchkuh, Mutterkuh) ergänzt werden. Inhaltlich sind sich das Bewertungsinstrument und die Checkliste ähnlich. Sie verwenden direkte und indirekte Parameter für Tierwohl und benutzen teilweise dieselben Indikatoren. Es wäre wünschenswert, die beiden Instrumente aufeinander abzustimmen und zu kombinieren. Damit stünde zunächst für die Schweizer Biobetriebe mit Rindermast ein Instrumentarium zur Verfügung, das dem «Leitfaden Tierwohl» der deutschen Bioverbände entspricht und an die Schweizer Tierschutzgesetzgebung sowie die Schweizer Bioverordnung und Biorichtlinien angepasst wäre. On-Farm-Instrumente im Bereich Tierwohl können dazu beitragen, das Knowhow der Landwirtinnen und Kontrolleure zu verschiede- 

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Nutztiere | Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung

nen Produktionssystemen zu verbessern. Zwar wird in der Schweiz die Einhaltung des ökologischen Leistungsnachweises (Einhaltung Tierschutzgesetz) sowie der Programme BTS (besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme) und RAUS (regelmässiger Auslauf im Freien) auch On-Farm auf allen Betrieben kontrolliert. Aber die hier vorgestellten tierbezogenen On-Farm-Instrumente zur Erhebung des Tierwohls gehen weiter: Sie geben den Tierhaltenden eine Anleitung, wie sie die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Tiere selber erheben können. So kann das Tierwohl auf landwirtschaftlichen Betrieben in der Schweiz erhöht werden, ohne dass weitere Anpassungen auf der Ebene von Richtlinien, Verordnungen oder Gesetzen notwendig werden. n

Literatur ▪▪ Bartussek H., 1996. Tiergerechtheitsindex für Rinder – TGI 35L/1996-­ Rinder. Gumpenstein, Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft. ▪▪ Hoffmann C. F., 2013. Zielkonflikt? Reduktion von Treibhausgasemissionen und Animal Welfare in Schweizer Rindfleischproduktionssystemen verschiedener Intensität. Masterarbeit im Studiengang Agrarwissenschaften der Fakultät für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Technischen Universität München in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau. ▪▪ Knierim U. und Winckler C., 2009. On-farm welfare assessment in cattle – validity, reliability and feasibility issues and future perspectives with special regard to the Welfare Quality ® approach. Animal Welfare 18, 451–458. ▪▪ Knutti S., 2012. Wie kann die Biokontrolle und im Speziellen im Bereich Tierwohl weiterentwickelt werden. Diplomarbeit Inforama (Höhere Fachschule). Zollikofen, April 2012. ▪▪ KTBL 2006. Nationaler Bewertungsrahmen Tierhaltungsverfahren. Darmstadt, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft, KTBL-Schrift 446. ▪▪ Rütz A., 2010. Untersuchung verschiedener Parameter auf ihre Eignung zur Bewertung der Tiergerechtheit von Laufställen für Milchkühe im Rahmen eines On-farm welfare assessment. München, Ludwig-MaximiliansUniversität München.

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▪▪ Schneider C., 2010. Dimensionierung und Gestaltung von Laufställen für behornte Milchkühe unter Berücksichtigung des Herdenmanagements. Diss. Universität Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, D-Witzenhausen. 184 S. ▪▪ Schmid O. & Knutti S., 2012. Outcome-oriented approaches for regulating animal welfare in organic farming. Paper presented in Workshop 6.3 on «Producing and reproducing farming systems. New modes of organization for sustainable food systems of tomorrow.» 10th European IFSA Symposium, Aarhus, Denmark, 1–4 July 2012. International Farming Systems Association, 8 S. ▪▪ Sundrum A., 1998. Zur Beurteilung der Tiergerechtheit von Haltungs­ bedingungen landwirtschaftlicher Nutztiere. Dtsch. Tierärztl. Wschr. 105, 65–72. ▪▪ WelfareQuality Project 2012. Practical experiences with the cattle on-farm assessment. Summary papers on project website. Edited by ­L inda Keeling. Zugang: http://www.welfarequality.net/everyone/41398/5/0/22 [6.1.2015].


Strumenti per il rilevamento on-farm e la valutazione del benessere dei bovini durante l’ingrasso Il maggior benessere possibile degli animali è uno degli obiettivi centrali dell’agricoltura biologica. Per migliorare il benessere degli animali e per rispondere ancora meglio alle esigenze della protezione degli animali, alcune associazioni bio germaniche e inglesi hanno sviluppato degli strumenti per rilevare il benessere degli animali on-farm. Gli strumenti possono essere applicati dal detentore e in occasione dei controlli bio. Per le aziende biologiche svizzere e per i controlli bio questi mezzi non sono ancora disponibili. Con la «checklist benessere degli animali» e lo «strumento per la valutazione del benessere degli animali» sono stati sviluppati due mezzi per rilevare e controllare il benessere dei bovini durante l’ingrasso. Gli indicatori utilizzati a questo scopo sono tratti dalla letteratura scientifica e combinano l’osservazione degli animali (parametri diretti) con misurazioni nell’ambiente in cui si trovano gli animali (parametri indiretti). Entrambi gli strumenti hanno il potenziale di migliorare il benessere degli animali nelle aziende bio senza che debbano essere adeguate direttive, leggi o ordinanze. Inoltre servono a migliorare le conoscenze relative al benessere degli animali dei contadini e sono stati predisposti in modo da poter essere applicati anche nelle aziende non gestite in regime biologico.

Summary

Riassunto

Tierwohl in der Rindermast: Instrumente zur On-Farm-Erhebung | Nutztiere

Instruments for on-farm animal welfare assessments in beef production Maximum animal welfare is a core concern in organic farming. With a view to improving animal welfare and making further progress in meeting animal welfare requirements, German and British organic farming associations have developed on-farm animal welfare assessment instruments. These instruments can be applied by the farmers themselves and in the context of organic inspections. In Switzerland, such aids are not yet available to organic farmers and inspectors. Two instruments have now been developed, namely the «Animal Welfare Checklist» and the «Animal Welfare Assessment Tool», which allow assessing and monitoring of animal welfare in beef production. The indicators used are derived from the scientific literature and combine animal observation (direct parameters) with measurements taken in animals’ environments (indirect parameters). Both instruments offer potential to improve animal welfare on organic farms without the need to amend standards, laws or regulations. Moreover, they enhance farmers’ knowledge of animal welfare issues and are set out so that they may also be used on non-organic holdings. Key words: animal welfare, on-farm animal welfare assessment, animal welfare indicators.

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G e s e l l s c h a f t

Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­ experten zur neuen Agrarpolitik eingestellt? Rebecca Knoth1,3, Andreas Bosshard2 und Xenia Junge3 Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften IEU, 8057 Zürich 2 Vision Landwirtschaft, 8966 Oberwil-Lieli 3 Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 8903 Birmensdorf Auskünfte: Rebecca Knoth, E-Mail: rebeccaknoth@gmx.ch

1

Eine umfassende Beratung und Information kann das Zufriedenheitsniveau der Landwirte anheben. (Foto: Andreas Bosshard)

Einleitung Im Jahr 2011 hat das Parlament dem Bundesrat den Auftrag erteilt, Vorschläge für eine zielorientierte, effizientere Ausrichtung der staatlichen Zahlungen an die Schweizer Landwirtschaft auszuarbeiten. In der Folge wurde die Schweizer Agrarpolitik mit der AP 14 – 17 auf Anfang 2014 wesentlich angepasst. Die Direktzahlungen, die mit jährlich rund 2,8 Milliarden Franken den grössten Teil der staatlichen Unterstützung ausmachen, wurden grundlegend überarbeitet. Die Allgemeinen Direktzahlungen, mit 80  % vorher der bedeutendste Posten, wurden umverteilt in Instrumente, die den einzelnen

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Agrarforschung Schweiz 6 (3): 110–117, 2015

Ziel­ bereichen des Landwirtschaftsartikels in der Bundesverfassung zugeordnet sind. Damit wird eine multifunktionale Landwirtschaft stärker gefördert, die nicht nur Lebensmittel produziert, sondern auch Landschaften pflegt, Biodiversität erhält, Arbeitsstellen schafft und zur Belebung ländlicher Gegenden beiträgt (Art. 104 Bundesverfassung). Während die Schweizer Agrarpolitik gemeinwirtschaftliche Leistungen zunehmend stärker gewichtet, ist von Bedeutung, wie sich die Direktbetroffenen der damit verbundenen Bestimmungen – die Landwirte – dazu stellen. Wahrnehmungsdifferenzen zwischen


Betroffenen und Verantwortlichen können eine effiziente Umsetzung von Natur- und Umweltschutzmassnahmen behindern (Schenk et al. 2007). Damit Massnahmen, welche die multifunktionalen Aufgaben der Landwirtschaft betreffen, längerfristig effektiv umgesetzt werden können, müssen die Betroffenen ein Verständnis für den Sinn und Zweck dieser Massnahmen entwickeln (Schenk et al. 2007). Die vorliegende Arbeit untersucht die Einstellung von Schweizer Landwirten und Landwirtinnen sowie von Landwirtschaftsexperten gegenüber der AP 14 – 17. Weiter war von Interesse, welche betrieblichen Anpassungen die Landwirte infolge der neuen Bestimmungen planen und in welche Richtung sich demnach die Schweizer Landwirtschaft durch die neue Agrarpolitik bewegen könnte.

Methoden Befragungen Mitte März 2014 wurden insgesamt 1000 Fragebögen an Landwirte aus den Kantonen Graubünden, Zürich, Solothurn und Aargau per Postversand verschickt. Pro Kanton wurden je hälftig Bio- und Nicht-Biobetriebe randomisiert ausgewählt. Anfang April 2014 wurden zudem insgesamt 71 Fragebögen an Landwirtschaftsexperten aus Forschung, Verwaltung, Landwirtschaftlichen Schulen, Ökobüros, NGOs/Verbänden, Wirtschaft und Politik angeschrieben. Die Fragebögen wurden aufgrund von Literaturanalysen und der Konsultation früherer Befragungen, insbesondere derjenigen von Göpfert (2005), entwickelt. Der Rücklauf betrug bei den Landwirten 41% und bei den Experten 52%. Landwirte von Biobetrieben antworteten überdurchschnittlich oft (Bio 61% (Anteil Biobetriebe CH: 12%), Nicht-Bio 31%). Betriebe aus der Talzone sind mit 46% am häufigsten vertreten, gefolgt von solchen aus der Berg- (29%) und der Hügelzone (18%).

Zusammenfassung

Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­e xperten zur neuen Agrarpolitik eingestellt? | Gesellschaft

Wie sind Landwirte und Landwirtschaftsexperten zur neuen Agrarpolitik eingestellt? In der neuen Agrarpolitik 2014–2017 (AP 14–17) sollen gemeinwirtschaftliche Leistungen wie z.B. Ökomassnahmen gezielter abgegolten werden. Die vorliegende Arbeit bildet die Einstellungen der Schweizer Landwirte und Landwirtinnen gegenüber der AP 14-17 ab und zeigt, wie sie zu dem übergeordneten Trend einer ökologischer werdenden Landwirtschaft stehen. Ausserdem zeigt sie, welche Betriebsanpassungen infolge der neuen Bestimmungen erwartet werden können. Dazu wurde je eine schriftliche Befragung bei Landwirten sowie – zur zusätzlichen Abbildung der Expertenmeinung – bei landwirtschaftlichen Fachpersonen durchgeführt. Die Untersuchung hat unter anderem gezeigt, dass die Ökoakzeptanz der befragten Landwirte eher hoch und die AP-Zufriedenheit eher tief ist. Landwirte planen in Bezug auf Ökoflächen eher auf Qualität statt auf Quantität zu setzen, und sie planen nicht ihre Tierbestände zu verringern. Diese Studie bietet Grundlagen für eine erste Standortbestimmung zur AP 14–17.

Auswertung Um Zusammenhänge zwischen den Antworten des Fragebogens prüfen zu können, wurde anhand eines Strukturgleichungsmodells eine multivariate Analyse durchgeführt (Davcik 2014). Die durch Literatur- und Systemkenntnisse hypothetisierten Zusammenhänge zwischen Fragebogen-Items (Messvariablen) und fragebogenübergreifenden Konzepten (latente Variablen) wurden für die statistische Prüfung in ein lineares Gleichungssystem überführt. Gruppenunterschiede wurden mit Varianzanalysen, dem Mann-Whitney-U-Test (Vergleich Experten und Landwirte) oder – bei mehr als zwei Gruppen – mit Post Hoc-Mehrfachvergleichen analysiert.

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Gesellschaft | Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­e xperten zur neuen Agrarpolitik eingestellt?

Wie zufrieden sind Schweizer Landwirte?

Ich bin mit meinem Betrieb, so wie er ist, zufrieden.

Ich bin mit der derzeitigen Entwicklung der Schweizer Landwirtschaft grundsätzlich zufrieden.

A

*

Ich beurteile die Agrarpolitik der Schweiz als gut.

Talzone B

Hügelzone Bergzone

1

2

3 Fehlerbalken +/- 1 SE

4

5

Abb. 1 | Zufriedenheit der Landwirte betreffend Betrieb und Agrarpolitik. Vergleich zwischen den landwirtschaftlichen Produktionszonen. Skalenwerte: 1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = weder noch, 4 = trifft eher zu, 5 = trifft zu. Signifikante Unterschiede zwischen den Subgruppen sind mit unterschiedlichen Buchstaben markiert (Bonferroni-Test), *p < 0,05.

Resultate Einstellungen zur AP 14 – 17 Während die Zufriedenheit mit dem eigenen Betrieb von den befragten Landwirten als eher hoch eingeschätzt wird, wird die derzeitige Agrarpolitik eher negativ beurteilt (Abb. 1). Allerdings sind Landwirte aus der Bergzone zufriedener mit der jetzigen Agrarpolitik als Landwirte aus der Talzone. Sowohl die Landwirtschaftsexperten als auch die Landwirte wurden gefragt, ob sie finden, dass die Beiträge unter der neuen AP zielgerichteter ausgerichtet werden (Abb. 2). Die Experten stimmen dieser Aussage eher zu, die Landwirte weder noch. Die Landwirtschaftsexperten beurteilten die Wirkung der AP 14 – 17 auf das bäuerliche Einkommen positiver als die Landwirte. Gleichzeitig schätzen Landwirtschaftsexperten die Reaktion der Landwirte auf die neue Agrarpolitik pessimistischer ein, als sie tatsächlich ist. Einstellungen zur Ökologisierung der Landwirtschaft Im Grossen und Ganzen haben die Landwirte eine positive Einstellung zum Beitrag der Landwirtschaft zur Ökologie – dies trifft insbesondere für Landwirte von Biobe-

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trieben zu, die in fast allen Aspekten signifikant höhere Zustimmungswerte zeigen als Landwirte von Nicht-Biobetrieben (Abb. 3). Die befragten Landwirte sind mehrheitlich der Meinung, dass ökologische Massnahmen sowohl effektiv (d.h. Natur und Landschaft aufwerten), als auch dem Image der Landwirtschaft dienlich sind. Besonders starke Zustimmung erhielt die Aussage, dass Produktion und Naturschutz auf dem Betrieb gut miteinander vereinbar sind. Betriebsanpassungen Auch bezüglich zu erwartender Betriebsanpassungen infolge der neuen AP treffen Landwirtschaftsexperten und Landwirte unterschiedliche Voraussagen (Abb. 4). Besonders stark differieren die Meinungen bezüglich der Frage, ob die Landwirte infolge der neuen AP weniger Tiere halten werden. Die Experten bejahten dies eher, die Landwirte hingegen – bezogen auf ihren eigenen Betrieb – eher nicht. Ausserdem erwarten die Experten signifikant stärker, dass die Landwirte Qualität und Quantität der Ökoflächen steigern werden, als dies die Landwirte offenbar planen. Die befragten Landwirte wollen hingegen mehrheitlich an einem Landschaftsqualitätsprojekt teilnehmen. Insgesamt erwarten die


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Wie positiv nehmen Schweizer Landwirte die neue AP wahr?

Die Landwirte begrüssen die neue Direktzahlungsverordnung insgesamt. Die Beiträge an die Landwirte werden unter der neuen AP zielgerichteter ausgerichtet.

***

Die AP 14-17 wirkt sich positiv auf das Einkommen der Landwirte aus.

***

Die Landwirte begrüssen weitere Reformschritte in die selbe Richtung beider nächsten AP.

Landwirte Experten 1

2

3 4 Fehlerbalken +/- 1 SE

5

Abb. 2 | Vergleich von Einstellungen zur AP 14–17 zwischen der Eigenmeinung der Landwirte und der Fremdeinschätzung von Landwirtschaftsexperten. Skalenwerte: 1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = weder noch, 4 = trifft eher zu, 5 = trifft zu. Signifikanzniveau: *** p < 0,001.

Landwirtschaftsexperten jedoch, dass die Landwirte ihre Betriebe stärker anpassen, als die Landwirte selbst dies planen. Strukturgleichungsmodell Das Strukturgleichungsmodell (Abb. 5 und Tab. 1) zeigt, welche Einflüsse in welcher Beziehung und in welcher Stärke auf die Zufriedenheit der Landwirte mit der neuen Agrarpolitik wirken. Der Durchschnittslandwirt ist umso zufriedener mit der neuen Agrarpolitik, je besser er sich darüber informiert fühlt, je grösser seine Akzeptanz für die Ökologisierung der Landwirtschaft ist und je weniger stark er sich von den Änderungen durch die neue Politik betroffen fühlt.

Diskussion Eher geringe Zufriedenheit mit der Agrarpolitik Die Umfrageergebnisse zeigen eine Diskrepanz zwischen der Zufriedenheit der Landwirte mit dem eigenen Betrieb (hoch) und derjenigen mit der Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft (eher tief). Allerdings zeigten vergleichbare Umfragen vor zehn (Göpfert 2005), beziehungsweise 20 Jahren (Weiss 2000) das gleiche Muster. Insgesamt sind Schweizer Landwirte heute jedoch etwas zufriedener mit der Agrarpolitik als noch vor zehn Jahren (Knoth 2014). Das Gesamtmodell zeigt, dass die Zufriedenheit höher ist, wenn sich die Landwirte gut informiert und sich weniger negativ betroffen von den politischen Änderungen fühlen. Insofern hätten verständliche und neutrale Informationen (Kobel und

Schwab 2013, El Benni 2013) sowie eine ganzheitliche Beratung (Home et al. 2014, Bosshard und Meierhofer 2014) das Potenzial dazu, das Zufriedenheitsniveau der Landwirte zu heben. Wandelndes Selbstbild Die Zustimmung der Landwirte und Landwirtinnen für Pflegemassnahmen von Natur und Landschaft deutet darauf hin, dass der Stellenwert multifunktionaler Leistungen auch aus bäuerlicher Sicht steigt. Die befragten Landwirtschaftsexperten unterschätzen diesbezüglich den Anpassungswillen und die Offenheit der Landwirte. Die Landwirte zeigten in der Umfrage beispielsweise eine hohe Bereitschaft, bei Landschaftsqualitätsprojekten mitzumachen. Ausserdem finden die befragten Landwirte, dass Ökomassnahmen das Image der Landwirtschaft aufwerten. Dieses Ergebnis weist in Übereinstimmung mit Herzon und Mikk (2007) darauf hin, dass Ökoakzeptanz nicht nur von monetären Anreizen, sondern wesentlich auch von positivem Feedback der Öffentlichkeit auf die geleisteten Ökoleistungen abhängt. Da die Bevölkerung eine ökologisch aufgewertete Landschaft als schön empfindet (Junge et al. 2011), könnte dies zu einer weiter steigenden Akzeptanz der Landwirte von Öko- und Landschaftsleistungen führen. Qualität statt Quantität Die Resultate legen nahe, dass Landwirte und Landwirtinnen in Zukunft bevorzugen, bereits bestehende Ökoflächen qualitativ aufzuwerten, anstatt zusätzliche Ökoflächen anzulegen. Der Bundesrat strebt an, primär die 

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Wie sind Schweizer Landwirte zur Ökologisierung der Landwirtschaft eingestellt?

Die Landwirtschaft sollte einheimische Tierund Pflanzenarten vermehrt schützen und fördern.

*

In 20 Jahren sollte die Erhaltung und die Pflege von Natur und Landschaft einen zentralen Stellenwert in der Schweizer Landwirtschaft einnehmen.

***

Derzeitige ökologische Massnahmen werten Natur und Landschaft massgebend auf.

***

Ökologische Massnahmen werten das Image der Landwirtschaft auf.

Nahrungsmittelproduktion und die Erhaltung und Pflege von Natur und Landschaft sind auf meinem Betrieb derzeit gut nebeneinander möglich.

***

Nicht-Bio Bio

1

2

3 Fehlerbalken +/- 1 SE

4

5

Abb. 3 | Vergleich der Einstellungen zur Ökologisierung der Landwirtschaft zwischen den Landwirten von Bio­ betrieben und Nicht-Biobetrieben. Skalenwerte: 1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = weder noch, 4 = trifft eher zu, 5 = trifft zu. Signifikanzniveau: * p < 0,05, *** p < 0,001.

Anreize für qualitativ hochwertige Flächen auszubauen (Botschaft AP 14 – 17, S.75). Das stimmt mit den geäusserten Absichten der Landwirte überein, die derzeit nicht planen, mengenmässig viel mehr Ökoflächen anzulegen, sich im Gegenzug aber eher bereit zeigen für qualitative Massnahmen. Keine Abnahme der Tierzahlen Der Bundesrat (2011) erwartet, dass die Tierzahl in Zukunft aufgrund der zielgerichteteren Massnahmen bei den Direktzahlungen sinkt. Gemäss Modellberechnungen ist bis 2017 ein Rückgang der Tierzahlen um 15 % zu erwarten (Flury et al. 2012). Damit verbunden wären ein effizienterer Einsatz von Produktionsmitteln sowie ein Rückgang an importierten Kraftfuttermitteln. Das zentrale Instrument, welches zur angestrebten Tierbestandsreduktion beitragen soll, ist die Aufhebung der Tierbeiträge (RGVE- und TEP-Beitrag) sowie die Einführung des Beitrags für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF); allerdings wurden die Anforderungen und die Höhe der Beiträge für das GMF-Programm nach Meinung verschiedener Experten als zu

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gering erachtet (Bosshard et al. 2013). Dies könnte der Grund dafür sein, dass die Landwirte zum Zeitpunkt der Umfrage nicht planten, ihre Tierbestände zu verringern. Zufriedene Bergbauern, motivierte Biobauern Die Berglandwirtschaft erbringt in besonderem Ausmass gemeinwirtschaftliche Leistungen und der Anteil der Direktzahlungen an der landwirtschaftlichen Rohleistung ist für die Bergbetriebe mit bis zu 50 % dementsprechend hoch (BLW 2013). Änderungen im Direktzahlungssystem wirken sich also stärker auf Berg- als auf Talbetriebe aus. In der neuen AP wurde u.a. eine bessere Abgeltung von Steillagen erreicht (Bosshard und Häusler 2012) und laut Flury et al. (2012) führt die AP 14 – 17 zu mehr Direktzahlungen im Berggebiet als Ganzes und auf einzelbetrieblicher Ebene. Diese Faktum widerspiegelt sich in der vorliegenden Untersuchung darin, dass sich die Landwirte von Bergbetrieben überdurchschnittlich zufrieden zeigen mit dem Kurs der Landwirtschaftspolitik. Biobauern und -Bäuerinnen hingegen sind besonders positiv zu Ökoanreizen eingestellt und planen eher, damit verbundene Massnahmen umzusetzen. Auch


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Welche Betriebsanpassungen werden Schweizer Landwirte infolge der neuen AP vornehmen?

***

Weniger Tiere halten.

Mehr Tiere halten. An einem Landschaftsqualitätsprojekt teilnehmen. **

Qualität der Ökoflächen verbessern. ***

Mehr Ökoflächen anlegen.

Landwirte

**

LN vergrössern.

Experten 1

2

3 Fehlerbalken +/- 1 SE

4

5

Abb. 4 | Vergleich der Erwartung von Betriebsanpassungen infolge der neuen AP zwischen der Eigenmeinung der Landwirte und der Fremdeinschätzung von Landwirtschaftsexperten. Skalenwerte: 1 = trifft nicht zu, 2 = trifft eher nicht zu, 3 = weder noch, 4 = trifft eher zu, 5 = trifft zu. ­S ignifikanzniveau: ** p < 0,01, *** p < 0,001.

Berentsen et al. (2007) zeigen, dass sich Biolandwirte durchschnittlich stärker ihrer natürlichen Umgebung verpflichtet fühlen und dadurch eher bereit sind, Ökomassnahmen auf ihrem Betrieb durchzuführen. Mehr Einkommen in Zukunft? Experten und Landwirte schätzen die Auswirkungen der AP 14 – 17 auf das Einkommen der Landwirtschaft unterschiedlich ein. Der Bundesrat (2011) rechnet damit, dass sich bis 2017 die einzelbetrieblichen Einkommen im Mit-

Gut informiert über die neue AP

p=0,000 0,162

tel um sieben Prozent steigern werden. Das Sektoreinkommen soll bis dann 4,2 % höher zu liegen kommen als bei Weiterführung der bisherigen Agrarpolitik 2011 (BLW 2012). Detailanalysen auf ausgewählten Betrieben zeigen, dass selbst unter schwierigen Bedingungen das Einkommen gehalten oder verbessert werden kann, sofern die Betriebsleiter unternehmerisch auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren (Bosshard und Meierhofer 2014). Werden hingegen keine Anpassungen vorgenommen, verliert die Mehrheit der untersuchten 

Zufrieden mit der neuen Agrarpolitik

p=0,000 0,728

Hohe Ökoakzeptanz

-0,337 p=0,000

p=0,000 -0,280

Stark betroffen von der neuen AP

N (gebraucht)=357 Df=129 P-Wert von (Chi-quadrat)=0,000

Abb. 5 | Strukturmodell zur Zufriedenheit der Landwirte mit der neuen Agrarpolitik. Die latenten Variablen (in ovalen Kreisen) sind miteinander durch Pfadkoeffizienten (einseitiger Pfeil) und Kovarianzen (zweiseitiger Pfeil) verbunden. df=degrees of freedom.

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Gesellschaft | Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­e xperten zur neuen Agrarpolitik eingestellt?

Tab. 1 | Dem Strukturmodell aus Abb. 5 zugrunde liegendes Messmodell. Aufgelistet sind die latenten Variablen (fett), die auf jeweils mehrere Messvariablen, d.h. Fragebogen-Items (dünn) laden. Die Höhe der Ladungen, sowie die Messfehler sind in den beiden rechten Spalten angegeben. Je höher die Ladung einer Messvariable, desto stärker erklärt sie die entsprechende latente Variable Variablen

Höhe der Ladung (lambda)

Grösse des Fehlers der Messvariablen (1-lambda^2)

Gut informiert über die neue AP Vor dem Start der neuen Agrarpolitik fühlte ich mich gut auf die AP 14–17 vorbereitet.

1

0,0

Im Vergleich mit meinen Berufskollegen schätze ich meinen heutigen Wissensstand gut ein.

0,5

0,7

Ich habe grosse Anstrengungen unternommen, um mich über die AP 14–17 zu informieren.

0,6

0,7

0,6

0,6

Ich begrüsse die stärkeren Anreize zur Biodiversitätsförderung.

0,9

0,3

Ich begrüsse die neuen Beiträge für Landschaftsqualitätsprojekte.

0,8

0,3

Die neue AP trägt zu mehr Qualität und Nachhaltigkeit in der Produktion bei.

0,8

0,4

Ich begrüsse weitere Reformschritte in dieselbe Richtung bei der nächsten AP.

0,7

0,5

Ich bin zuversichtlich für die zukünftige Entwicklung der Schweizer Agrarpolitik.

0,8

0,3

Ich beurteile die Agrarpolitik der Schweiz als gut.

0,8

0,3

Ich bin mit der derzeitigen Entwicklung der Schweizer Landwirtschaft grundsätzlich zufrieden.

0,8

0,4

Ich gehe von einem steigenden Einkommen der Schweizer Landwirtschaft aus.

0,6

0,6

Hohe Ökoakzeptanz In 20 Jahren sollte die Erhaltung und die Pflege von Natur und Landschaft einen zentralen Stellenwert in der Schweizer Landwirtschaft einnehmen.

Zufrieden mit der neuen Agrarpolitik

Die Beiträge werden nun zielgerichteter ausgerichtet.

0,7

0,6

Ich begrüsse die neue Direktzahlungsverordnung insgesamt.

0,8

0,4

Stark betroffen von der neuen AP (grösserer Arbeitsaufwand) Von den Änderungen durch die AP 14–17 ist mein Betrieb stark betroffen.

0,6

0,7

Ich erwarte, dass mein Arbeitsaufwand mit der AP 14–17 insgesamt grösser wird.

0,9

0,2

Ich erwarte, dass mein Arbeitsaufwand mit der AP 14–17 bei der Flächenbewirtschaftung grösser wird.

0,8

0,4

Ich erwarte, dass mein Arbeitsaufwand mit der AP 14–17 bei der Administration grösser wird.

0,6

0,6

Betriebe in den kommenden Jahren Direktzahlungen und parallel dazu Einkommen. Möglicherweise orientieren sich die Experten bei ihrer Einschätzung an der Voraussage des Bundes, während die Landwirte befürchten, dass sie – ohne Einkommensverluste hinzunehmen – nicht weiterfahren können, wie bisher. In der vorliegenden Untersuchung waren Bio-Landwirte stark übervertreten und es wurde keine schweizweite Stichprobe gezogen. Daher ist betreffend Verallgemeinerung der Ergebnisse Vorsicht geboten. Ausserdem wurden die Umfragen wenige Monate nach Start der neuen Agrarpolitikperiode durchgeführt, was die korrekte Einschätzung derer Auswirkungen durch die befragten Personen erschwert haben könnte.

Schlussfolgerungen Im Moment scheinen einzelne Anreizstrukturen der AP 14 – 17 (vor allem Tierbestandsreduktion) noch nicht so zu greifen wie angestrebt, und die Landwirte und Landwirtinnen planen auf die neuen agrarpolitischen

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Bestimmungen nicht unbedingt so zu reagieren, wie dies gemäss ökonomischen Modellrechnungen und von Experten erwartet wird. Die Zufriedenheit der Landwirte und eine betrieblich sinnvolle Reaktion auf die neuen Programme liessen sich durch eine verbesserte Information fördern. Um Missverständnisse und falsche Erwartungen zu vermeiden, sollten sich Landwirte und Experten um einen engeren Austausch bemühen. Obwohl die Akzeptanz der Landwirte für ökologisch motivierte Massnahmen bereits heute ziemlich gross ist, könnte diese mit einer gezielten Imageaufwertung von multifunktionalen Leistungen weiter gefördert werden. n


Cosa pensano i contadini e gli esperti del settore della nuova politica agraria? Nella nuova politica agraria 2014-2017 (PA 14-17) le prestazioni di interesse economico generali quali per esempio le misure ecologiche dovrebbero essere riconosciute in maniera mirata. Il presente studio si propone di fornire una fotografia dell’opinione che gli operatori del settore hanno sulla PA 14–17 e della tendenza dell’agricoltura di assumere sempre più un’impronta ecologica. Sono stati analizzati anche i probabili adeguamenti necessari a livello aziendale per ottemperare alle nuove disposizioni di legge. A questo scopo sono state organizzate due indagini scritte, la prima presso i contadini e la seconda presso esperti del settore, al fine di ottenere anche l’opinione degli specialisti in materia. I risultati dimostrano come gli aspetti ecologici in generale sono molto ben accettati da parte degli intervistati, mentre la nuova PA trova meno consenso. Nell’ambito delle superfici ecologiche, i contadini puntano di più sulla qualità che sulla quantità, mentre esiste poca disponibilità alla riduzione del numero di capi allevati in azienda. Questo studio fornisce informazioni di base per una prima valutazione della PA 14–17.

Summary

Riassunto

Wie sind Landwirte und Landwirtschafts­e xperten zur neuen Agrarpolitik eingestellt? | Gesellschaft

Literatur ▪▪ Berentsen P. B., Hendriksen A., Heijman W. J., & van Vlokhoven H. A., 2007. Costs and benefits of on-farm nature conservation. Ecological Economics (62), 571–579. ▪▪ Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 2013. Agrarbericht 2013. Bern. ▪▪ Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 2012. Auswirkungen verschiedener Szenarien bezüglich Mittelverteilung im Rahmen der Agrarpolitik 2014–2017. Bern. ▪▪ Bosshard A. & Häusler L., 2012. Gezieltere Erschwernisbeiträge zugunsten einer flächendeckenden Bewirtschaftung. Vision Landwirtschaft/Ö+L, Oberwil-Lieli. ▪▪ Bosshard A., & Meierhofer U., 2014. Entwicklungsmöglichkeiten von Landwirtschaftsbetrieben unter der neuen Schweizer Agrarpolitik AP 2014-17. Vision Landwirtschaft/Ö+L, Oberwil-Lieli. ▪▪ Bosshard A., Jenny M. & Schläpfer F., 2013. Anhörung zu den Ausführungsbestimmungen der Agrarpolitik 2014–2017. Vision Landwirtschaft, Oberwil-Lieli ▪▪ Bundesrat, 2010. Botschaft zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2012 und 2013. Bern. ▪▪ Bundesrat, 2011. Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik in den Jahren 2014-2017 (Agrarpolitik 2014–2017). Bern. ▪▪ Davcik N. S., 2014. The use and misuse of structural equation modeling (SEM) in management research: A review and critique. Journal for Advances in Management

Research 11 (1), 47–81.

Farmers' and experts' attitudes towards the new agricultural policy The new Swiss Agricultural Policy 2014–2017 (AP 14–17) is designed to better compensate farmers for their production of common goods such as ecosystem services. We investigated the attitudes of Swiss farmers towards this new political measure and towards the trend of the increasing ecological performance of agriculture. In addition, we studied the expectations of farmers concerning farm adjustments resulting from the new AP 14–17. A written survey was administered to farmers, and, for comparison, a similar questionnaire was sent to a sample of qualified agricultural experts. Amongst other conclusions, this study demonstrated that the ecological tolerance of the surveyed farmers is quite high, whereas their satisfaction with the new agricultural policy is fairly low. With respect to ecological issues, farmers opt for quality over quantity, and they do not plan to reduce animal numbers. This study serves as a basis for further political discussion of AP 14–17 and its implementation. Key words: multifunctional farming, ecology acceptance of farmers, AP 14–17.

▪▪ Göpfert R., 2005. Die Einstellungen von Landwirten zum ökologischen Ausgleich in der Schweiz – Eine Untersuchung in den Kantonen Graubünden, Zürich, Schaffhausen und Aargau. Universität Zürich, Institut für Umweltwissenschaften und Geographisches Institut, Zürich ▪▪ Herzon I. & Mikk M., 2007. Farmers` perceptions of biodiversity and their willingness to enhance it through agri-environment schemes: A comparative study from Estonia and Finland. Journal for Nature Conservation 15, 10–25. ▪▪ Home R., Balmer O., Jahrl I., Stolze M. & Pfiffner L., 2014. Motivations for implementation of ecological compensation areas on Swiss lowland farms. Journal of Ru-

ral Studies 34, 25–36. ▪▪ Junge X., Lindemann-Matthies P., Hunziker M. & Schüpbach B., 2011. Aesthetic preferences of non-farmers and farmers for different land-use types and proportions of ecological compensation areas in the Swiss lowlands. Biological Conservation 144, 1430–1440. ▪▪ Knoth R., 2014. Reaktion der Schweizer Landwirte auf die Agrarpolitik 2014–2017. Masterarbeit an der Universität Zürich, Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften, Zürich. ▪▪ Kobel T. & Schwab D., 2013. Agrarpolitik 2014-2017 – Kenntnisstand bei den Betroffenen und mögliche Anpassungsstrategien der Betriebe anhand einer Untersuchung im Kanton Bern. Berner Fachhochschule für Wirtschaft. Bern.

▪▪ El Benni N., 2013. Schlussbericht zum Forschungsprojekt «Der Nutzen von Risiko-

▪▪ Schenk A., Hunziker M. & Kienast F., 2007. Factors influencing the acceptance of na-

managementinstrumenten unter Berücksichtigung der Wirkung von Direktzahlun-

ture conservation measures – A qualitative study in Switzerland. Journal of Environ-

gen auf das Einkommensrisiko in der Schweizer Landwirtschaft». ETH Zürich, Institut für Umweltentscheidungen, Zürich. ▪▪ Flury C., Zimmermann A., Mack G. & Möhring A., 2012. Auswirkungen der Agrarpolitik 2014–2017 auf die Berglandwirtschaft. Forschungsanstalt Agroscope Recken-

mental Management 83, 66–79. ▪▪ Weiss J., 2000. Das Missverständnis Landwirtschaft – Befindlichkeit, Selbstbild und Problemwahrnehmung von Bauern und Bäuerinnen in unsicheren Zeiten. Chronos Verlag, Zürich.

holz-Tänikon, AgriMontana, Tänikon, 3–14.

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K u r z b e r i c h t

AGROfutur: Die ETH Zürich reformiert das ­Studium der Agrarwissenschaften Achim Walter, Brigitte Dorn, Emma Lindberg und Lienhard Dürst ETH Zürich, Studiengang Agrarwissenschaft, 8092 Zürich, Schweiz Auskünfte: Achim Walter, E-Mail: achim.walter@usys.ethz.ch

ETH intern tagende Arbeitsgruppe mit Dozierenden, Lehrspezialisten und Studierenden während einer Besprechung zum Einbezug der überfachlichen Kompetenzen ins Studium der Agrarwissenschaft.

Das ETH-Studium der Agrarwissenschaften befindet sich in einem Umbruch. Die Studierendenzahlen steigen seit einigen Jahren wieder an und liegen derzeit bei etwa 60 Neueintretenden ins Bachelor-Studium pro Jahr. Mit der Studiengangsreform «AGROfutur» wurde eine Modernisierung des Studiums in Angriff genommen. Das Studium soll dadurch den Herausforderungen des regionalen und globalen beruflichen und wissenschaftlichen Umfeldes besser gerecht werden. Ein neues Studienreglement tritt voraussichtlich im Herbst 2016 in Kraft.

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Entwicklung der Agrarwissenschaften an der ETH Zürich Das Studium der Agrarwissenschaften existiert an der ETH Zürich seit 1874. Der Studiengang der Lebensmittelwissenschaften hat sich aus den Agrarwissenschaften heraus entwickelt und bietet seit den 1970er Jahren einen eigenen Abschluss an. Seit den 1980er Jahren sank weltweit aus verschiedenen Gründen das Ansehen der Agrarwissenschaften als universitäre Studienrichtung. Als Folge gingen auch an der ETH Zürich die Studierendenzahlen zurück und es fand eine Fokussierung auf die Betrachtung der Umweltaspekte von Agraröko-


AGROfutur: Die ETH Zürich reformiert das ­Studium der Agrarwissenschaften | Kurzbericht

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Neueintritte in BSc-Studium Agrarwissenschaft ETH Zürich

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Neu eingeschriebene BSc-Studierende

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Jahr Abb. 1 | Entwicklung der Studierenden-Zahlen (Neueinschreibung in das Bachelor-Studium) in der Studienrichtung Agrarwissenschaft an der ETH Zürich seit Einführung des Bologna-Systems.

systemen statt. Eine tief greifende Studienreform erfolgte zuletzt im Zuge der Einführung des Bachelorund Master-­ Systems an der ETH Zürich im Jahr 2003. Dabei wurden die Agrar-, Lebensmittel-, Erd- und Umweltnaturwissenschaften zum Fächerverbund der sogenannten «systemorientierten Naturwissenschaften» gruppiert. Für diese Studiengänge existiert seitdem beispielsweise ein gemeinsames erstes Studienjahr. In diesem sogenannten «Basisjahr» werden allgemeine Grundlagen in Mathe­ matik, Physik, Chemie, Biologie aber auch in Ökonomie und Rechtswissenschaften unterrichtet. Danach erst beginnt die fachspezifische Ausrichtung des Studiums. In den Agrarwissenschaften können die Studierenden ihre Veranstaltungen in den verbleibenden zwei Jahren des Bachelor-Studiums aus einer grossen Anzahl von angebotenen Kursen wählen, wobei sie entweder einen Schwerpunkt auf agrarökonomische oder auf naturwissenschaftliche Fächer legen. Den Abschluss des Bachelor-Studiums bildet eine selbständige wissenschaftliche Arbeit, die Bachelor-Arbeit. Wie in allen ETH-Studiengängen stellt das Bachelor-Diplom keinen berufsqualifizierenden Abschluss dar. Dieser wird erst durch den Abschluss des Master-Diploms nach weiteren drei Semestern erlangt. Im Master-Studium

erfolgt eine Spezialisierung in einem der drei Fachbereiche Agrarwirtschaft, Pflanzenwissenschaften oder Nutztierwissenschaften, in welchem die Studierenden zum Abschluss eine sechs Monate dauernde Master-Arbeit durchführen. Einblicke in die landwirtschaftliche Praxis erhalten die Studierenden während des Bachelor-Studiums durch einen obligatorischen Aufenthalt von mindestens sieben Wochen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb. Während des Master-Studiums wird ein freiwilliges Praktikum im beruflichen Umfeld empfohlen. Die meisten Studierenden nehmen sich zwischen dem Bachelor- und Master-Studium eine Auszeit, um im Inoder Ausland berufliche und private Erfahrungen zu sammeln. Diese Studienorganisation erfüllte die Anforderungen des Bologna-Systems, sie entsprach dem damaligen Wunsch der ETH-Schulleitung nach einem kurzen Master-Studium und sie erlaubte es, viele Kurse der «systemorientierten Naturwissenschaften» gemeinsam zu unterrichten. Den vielfältigen Anforderungen des Arbeitsmarktes und des akademischen Umfeldes wurde sie dadurch gerecht, dass man den Studierenden grösstmögliche Wahlfreiheit einräumte, um ihnen eine Spezialisierung im Interessenschwerpunkt ihrer Wahl zu 

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Kurzbericht | AGROfutur: Die ETH Zürich reformiert das ­Studium der Agrarwissenschaften

Basisjahr: Theorie, Standards der ETH erfüllen

★ Basis-­ Prüfung Jahr 1

Grundlagen des ­Agrar-Sektors und ­Praxis kennenlernen

★ AgroPraktikum Jahr 2

Wissenschaftliche Grundlagen der ­Agrarwissenschaft ­verinnerlichen

★ BachelorArbeit Jahr 3

Berufs­qualifizierende ­Praxis kennenlernen in Fachveranstaltungen des M ­ ajors und Wahl­ veranstaltungen

★ BerufsPraktikum Jahr 4

Eigenständige ­Auseinandersetzung mit den Agrar­ wissenschaften; ­wissenschaftlichen ­Tiefgang realisieren

★ MasterArbeit Jahr 5

Abb. 2 | Zeitlicher Ablauf und wichtigste Meilensteine des reformierten Studiums der Agrarwissenschaften an der ETH Zürich.

ermöglichen. Einige Schwächen dieser Studienorganisation traten mit der Zeit jedoch immer stärker zutage. Das fachspezifische, agrarwissenschaftliche Grundwissen der Studierenden war nach Studienabschluss recht uneinheitlich; das Verständnis und die Qualifikationen für das berufliche Umfeld waren wenig intensiv ausgeprägt und die fundierten naturwissenschaftlichen Grundlagen konnten von den Studierenden oft nur recht begrenzt in den spezifischen agrarwissenschaftlichen Kursen eingesetzt werden. Die Notwendigkeit einer Reform war daher seit Jahren spürbar – der Anstieg der Studierendenzahlen (Abb. 1) und die Bereitschaft der ETH-Schulleitung, neue Professuren im Bereich der Agrarwissenschaft auszuschreiben, erlaubte es nun, diesen Reformprozess zu beginnen. Der Weg zum neuen Studienprogramm In einem partizipativen Prozess wurden in den vergangenen zwei Jahren verschiedenste Massnahmen zur Reform des Studiums beraten und abgestimmt. Von grosser Bedeutung war dabei eine moderierte, zwei­ tägige Klausur mit über 40 Teilnehmenden im Sommer 2013 unter Einbeziehung der wichtigsten Stakeholder: Von Seiten der ETH nahmen Vertreter der Studierenden, Professoren und des Mittelbaus inklusive des 2012 neu gegründeten «World Food System Centers» teil. Aus dem beruflichen Umfeld engagierten sich Personen, welche in Bundesämtern, der Industrie, der anwendungsnahen Forschung sowie in der landwirtschaftlichen Bildung und Beratung tätig sind. Während dieser Klausur und in vielen seitdem ETH-intern tagenden

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Arbeitsgruppen wurden die drängendsten Probleme identifiziert und es wurden neue «rote Fäden» für die drei oben genannten Fachbereiche des Studiums vorgeschlagen. Weiterhin wurden neue Ausbildungsgefässe konzipiert, eine Reorganisation der gemeinsamen Lehrveranstaltungen der «systemorientierten Naturwissenschaften» angedacht und es wurde ein Qualifikationsprofil für das Bachelor- und das Master-Studium erstellt, das den aktuellen Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und des akademischen Umfeldes gerecht wird. Die Stakeholder wurden über die entscheidenden Schritte des Reformprozesses informiert. Viele Reformschritte wurden zudem in verschiedenen Gremien und Arbeitskreisen innerhalb und ausserhalb der ETH diskutiert, wie etwa während Sitzungen des Schweizerischen Verbands der Ingenieur-Agronomen und LebensmittelWissenschaftler (SVIAL), der Beratenden Kommission des Instituts für Agrarwissenschaft und des Wirtschaftsbeirats des Departementes für Umweltsystemwissenschaften. Die so erarbeiteten Eckpunkte der Studiengangreform (Abb. 2) finden nun sowohl innerhalb der ETH bei Schulleitung, Lehrspezialisten, Unterrichtsgremien, Dozierenden und Studierenden als auch ausserhalb der ETH bei Partnern des beruflichen Umfelds, der Fachhochschulen und Agroscope breite Zustimmung. Eckpunkte des reformierten Studienprogramms Das oberste Ziel des neuen Studienprogramms ist es, agrarwissenschaftliche Generalisten auszubilden. Vom ersten Bachelor-Semester an werden obligatorische Veranstaltungen der drei Fachbereiche mit äquivalenter


AGROfutur: Die ETH Zürich reformiert das ­Studium der Agrarwissenschaften | Kurzbericht

Gewichtung angeboten, um bei den Studierenden ein einheitliches Wissensfundament in den Agrarwissenschaften zu schaffen. Die intensiven natur- und sozialwissenschaftlichen Grundlagen des Studienprogramms bleiben unangetastet. Ebenfalls werden die engen Verbindungen zu den benachbarten Studiengängen der Lebensmittel- und Umweltnaturwissenschaften aufrecht erhalten. Ein mindestens zehnwöchiges Praktikum auf einem gemischtwirtschaftlichen Landwirtschaftsbetrieb in der Schweiz wird nach dem vierten Bachelor-Semester absolviert. Die Studierenden werden in den Vorlesungen und auf Exkursionen für dieses Praktikum vorbereitet und sie präsentieren nach dem Praktikum eine betriebsspezifische Aufgabe. Ab dem fünften Semester können die Studierenden beginnen, sich in einem der Fachbereiche Agrarwirtschaft, Pflanzenwissenschaft oder Nutztierwissenschaften zu spezialisieren. Zu Beginn des Master-Studiums wählen die Studierenden einen dieser Fachbereiche als Vertiefungsrichtung Das Master-Studium wird um ein obligatorisches Berufspraktikum von mindestens 16 Wochen Dauer erweitert, welches im Inoder Ausland durchgeführt werden kann. In diesem ins Studium eingebetteten Berufspraktikum schulen die Studierenden ihre Fähigkeit, die Verbindungen zwischen dem gelernten Wissen und der Praxis des beruflichen Umfeldes herzustellen und transdisziplinär – also in der Verbindung von akademischem und praxisorientiertem Umfeld – zu denken und zu handeln. Schliesslich werden verschiedene Ausbildungsgefässe neu konzipiert. Dazu gehören agrarwissenschaftliche Vorlesungen des ersten bis vierten Bachelor-Semesters, Vorlesungen und ein dazugehörendes Praktikum zu modernen Labortechniken im fünften Bachelor-Semester sowie Kurse in experimentellem Design und Statistik, in wissenschaftlichem Schreiben, Diskutieren und Präsentieren. All diese Reformvorschläge werden von der breiten Mehrheit der Studierenden und der Dozierenden der Agrarwissenschaften befürwortet. Insgesamt scheint es gelungen, ein anspruchsvolles Wechselspiel von Theorie und Praxis während des Studiums zu realisieren (Abb. 2). Viele Hinweise des beruflichen Umfeldes wurden bei dieser Reform aufgenommen und die Studierenden werden durch den neuen Aufbau des Studiums sowohl intensive fachliche als auch überfachliche Kompetenzen erlangen. Es ist davon auszugehen, dass die neuen Reglemente des Bachelor- und des Master-Studiums zum Herbstsemester 2016 in Kraft treten werden. Bis dahin wird eine intensive Ausarbeitung der einzelnen neuen Lehrgefässe sowie eine inhaltliche Überarbeitung der bestehenden Lehrgefässe durchgeführt werden. In diese Prozesse wird das thematische Umfeld wiederum einbe-

zogen werden. Insgesamt sollen die zukünftigen Agrarwissenschaftler und Agrarwissenschaftlerinnen in ihrer Ausbildung ausgeprägte Fähigkeiten für die Verbindung der systemorientierten Agrarwissenschaften mit Aspekten der grundlagenorientierten Naturwissenschaften, Technologie, Ökonomie, Politik, Gesellschaft und Ökologie erwerben. So werden die ETH-Agrarwissenschaftler und Agrarwissenschaftlerinnen zu wichtigen Problemlösern der kommenden Jahrzehnte, die in der Lage sind, die vielfältigen Komponenten des Welternährungssystems zu analysieren und in der Schweiz ebenso wie in verschiedenen Regionen der Welt massgeschneiderte Lösungen für drängende Herausforderungen unserer n Zeit zu erarbeiten und umzusetzen.

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K u r z b e r i c h t

F rauen- und Geschlechterforschung in der Landwirtschaft: Wissensaustausch mit Japan Ruth Rossier Agroscope, Institut für Nachhaltigkeitswissenschaften INH, 8356 Ettenhausen, Schweiz Auskünfte: Ruth Rossier, E-Mail: ruth.rossier@agroscope.admin.ch

Abb. 1 | Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Japan sind es hauptsächlich die Frauen, welche die Diversifizierung in der Landwirtschaft vorantreiben: Naoko Hida in ihrem Eis-Café auf dem elterlichen Hof in Yokohama.

Die Situation der Bäuerinnen in Japan ist in mancher Hinsicht ähnlich wie in der Schweiz: Die kleinflächigen Betriebe werden meist von den Vätern an die Söhne vererbt. Doch viele Frauen weichen die traditionellen Rollenbilder auf, indem sie neue Geschäftszweige entwickeln. Dies zeigte der Besuch eines Symposiums zur Rolle der Frauen in Familienbetrieben in Japan. Dieses Symposium fand am 12. Juli 2014 in Saitama City, als Vorveranstaltung zum Weltkongress der International Sociological Association (13. bis 19. Juli in Yokohama), statt. In Japan wie auch in der Schweiz dominieren kleinstrukturierte bäuerliche Familienbetriebe, wobei die Betriebe in Japan mit durchschnittlich 1,6 Hektaren im Vergleich zur Schweiz noch wesentlich kleiner sind. Zwei Drittel der Fläche Japans ist von Wald bedeckt und nur 14 Prozent kann landwirtschaftlich genutzt werden. Die grösste Herausforderung für die rurale Entwicklung

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Japans besteht im drastischen Rückgang des Selbstversorgungsgrads mit Nahrungsmitteln. 2011 betrug dieser gerade noch 39 Prozent, was der geringste Selbstversorgungsgrad eines Industrielandes bedeutet. Der Reisanbau deckt hingegen 100 Prozent, der Gemüseanbau 85 Prozent des Eigenbedarfs, und Futtermittel werden zu 75 Prozent importiert (BMEL 2013, Wördermann und Yamaguchi 2014). Weitere Kulturfläche ging unter anderem wegen der Kontaminierung der Böden nach der Atomkatastrophe von Fukushima verloren. Ein weiteres Problem ist der wirtschaftliche Niedergang abgelegener Regionen, die unter Bevölkerungsrückgang und Überalterung leiden. Laut Uchiyama und Whitehead (2012) zeigt die Hofnachfolgesituation in Japan einige spezielle Züge, die durch die Entwicklungspfade der Betriebe gekennzeichnet sind: Viele Landwirte in Japan beabsichtigen, die Bewirtschaftung fortzusetzen, bis sie nicht mehr können. Für Hofnachfolgerinnen und -nachfolger ist die Diversifizierung häufig eine wichtige Option. Wissen, Fähigkeiten und Kapital aus ausserbetrieblichen Jobs können laut dieser Studie das Potenzial für den Neueinstieg in den Agrarsektor erhöhen. Hier sind auch die japanischen Frauen gefragt. Obwohl auch in Japan mittlerweile der Trend des Konsums importierter Lebensmittel verstärkt zu beobachten ist, gilt Reis nach wie vor als traditionelles Grundnahrungsmittel, das trotz veränderter Konsumgewohnheiten bis heute eng mit der japanischen Kultur verbunden ist. Zwar besteht ein Trend zum (schnelleren) Essen auswärts, der sich auf die lange berufsbedingte Abwesenheit von zu Hause und die wachsende Zahl der Ein-Personen-Haushalte zurückführen lässt (Dolles 2003). Doch mit dem so genannten «Shokuiku», einem ganzheitlichen Ansatz der Ernährungserziehung, erhofft sich Japan eine Rückbesinnung auf seine bewährte Ernährungskultur. Wissensaustausch zu Frauen in der Landwirtschaft Der Startschuss zu Kooperation und Austausch zwischen der Schweiz und Japan fand 2005 in einer Arbeitsgruppe zu Frauen- und Geschlechterfragen am Europäischen Kongress für Ländliche Soziologie in Ungarn statt. Die


Frauen- und Geschlechterforschung in der Landwirtschaft: Wissensaustausch mit Japan | Kurzbericht

Abb. 2 | Satomi Hagiwara, Gründerin des Farm Inn Sagiyama, stellt die Speisen des Bäuerinnen-­B uffets vor, das sie für das Symposium organisiert hat.

Kolleginnen aus Japan interessierten sich besonders für die speziellen landwirtschaftlichen Ausbildungsmöglichkeiten im deutschsprachigen Raum. 2008 kontaktierte mich die japanische Familiensoziologin Yukiko Otomo der Jumonji-Universität in Niiza, weil sie die schulische und berufliche Laufbahn von Bäuerinnen in der Schweiz erforschen wollte und ich am gleichen Thema arbeite. So führten wir 2008 und 2011 insgesamt elf gemeinsame Leitfadeninterviews mit Bäuerinnen in verschiedenen Regionen der Deutschschweiz durch (Otomo und Rossier 2013). In einem laufenden Forschungsprojekt untersuchen Yukiko Otomo (Jumonji Universität) und Hitomi Nakamichi (Ehime Universität) «Rechtliche Bedingungen und soziokulturelle Faktoren einer Karriere als landwirtschaftliche Betriebsleiterinnen im deutschsprachigen Raum» (2013–2016). 2013 fanden dafür acht strukturierte Interviews mit landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen in der Schweiz statt, weitere in Österreich und Süddeutschland. Am Internationalen Kongress der Soziologischen Gesellschaft (ISA) 2014 in Yokohama stellte unsere Kollegin erste Resultate vor: verschiedene Typen von landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen auf Biobetrieben im deutschsprachigen Raum (Otomo et al. 2014). Innovative Frauen – auch in Japan In Japan dominiert wie in der Schweiz eine patrilineare Hofnachfolge, die auf dem traditionellen japanischen Familiensystem «Ie» basiert (Otomo und Oedl-Wieser 2009). Der Betrieb geht vom Vater an den Sohn über, und dieser hat die Pflicht, sich um die Eltern zu kümmern. 1995 führte die japanische Regierung das «Family

Management Agreement» zur Sicherung der Hofnachfolge ein. Es ging dabei um eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Familienmitgliedern bei der Entscheidungsfindung (Betriebsführung, Arbeitsstunden, Lohn, Arbeitsteilung innerhalb der Familie in Haushalt und Betrieb). Diese Vereinbarung soll auch die Position der Frauen auf dem bäuerlichen Familienbetrieb stärken, insbesondere jene der Schwiegertochter, die in der traditionellen ländlichen Gesellschaft eher einen niedrigen 

Symposium Am 12. Juli 2014, im UNO-Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe, fand in Saitama-City in Japan ein internationales Symposium zum ­ Thema «Women’s Contribution to Food Culture and Family Farming» statt. Den Eröffnungsvortrag mit dem Titel «Farm Women’s Contribution to Family Farms in Switzerland: A Time-budget Survey» hielt Ruth Rossier von Agroscope. Der Wissens- und Kulturaustausch wurde mit landwirtschaftlichen Betriebsbesuchen, einem Treffen mit der Obfrau des Frauennetzwerks HERS (Heroines for Environment and Rural Support) und einem gemeinsamen Beitrag am Weltkongress der International Sociological Association (ISA) in Yokohama abgerundet. Der Wissenschaftsaustausch und die Zusammenarbeit wurden finanziert von «MEXT/JSPS KAKENHI 24402031» und der ­Jumonji-Universität in Niiza.

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Kurzbericht | Frauen- und Geschlechterforschung in der Landwirtschaft: Wissensaustausch mit Japan

Abb. 3 | Eri Otsu, Obfrau des Frauennetzwerks HERS (Heroines for Environment and R ­ ural Support) und Reisbäuerin, führt in die vielseitige Küche Japans ein.

Status hat (Otomo 2000). Auch in der Schweiz werden derzeit einige Anstrengungen unternommen, um den Status und die Situation der Frauen auf bäuerlichen Familienbetrieben zu verbessern, da Forschungsarbeiten diesbezüglich Lücken ausgewiesen haben (Rossier und Grossenbacher 2012, Rossier 2014, Rossier und Reissig 2014). Frauen gelten im deutschsprachigen Raum oft als treibende Kraft der Diversifizierung in der Landwirtschaft. Auch in Japan sind Frauen innovativ, bringen neue Ideen auf die Bauernhöfe und weichen damit die traditionellen Rollenbilder auf. Nachfolgend einige Beispiele aus Japan. Farm Inn und Catering Service Der Zwei-Hektaren-Betrieb von Satomi Hagiwara befindet sich in einem Vorort von Tokio. Gemeinsam mit ihrem Mann bewirtschaftete sie einst einen traditionellen Gartenbaubetrieb. Während der Wirtschaftskrise der 1990er-Jahre suchte sie nach alternativen Einkommensmöglichkeiten und besuchte Weiterbildungskurse im Bereich «Green Tourism». Wiederholt war sie auf Bildungsreisen in Europa und brachte von dort Ideen nach Japan mit. Sie gründete das Farm Inn Sagiyama: eine Schule auf dem Bauernhof für Kinder aller Altersstufen, ein Restaurant und einen Catering Service mit lokalen Produkten. Satomi Hagiwara stellte ihren innovativen und diversifizierten Betrieb am Symposium «Women’s contributions to food culture and family farming» in Saitama vor und organisierte ein köstliches BäuerinnenBuffet (Abb. 2). Umweltaktivistin und Obfrau eines Frauennetzwerks Das Frauennetzwerk HERS (Heroines for Environment and Rural Support) setzt sich für einen nachhaltigen ländlichen Lebensstil ein. Auch dessen Obfrau, Eri Otsu,

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nahm am Symposium teil und erklärte in einem Interview, was es mit HERS auf sich hat (Abb. 3). Das Netzwerk wurde 1994 gegründet und ist heute eine NonProfit-Organisation mit rund 200 Mitgliedern. Die studierte Landschaftsplanerin (Studium an der Technischen Universität München) und dreifache Mutter baut mit ihrem Mann auf ihrem Fünf-Hektaren-Betrieb auf der Südinsel Kyushu Öko-Reis an. «Reis verbindet», sagt Eri Otsu, «denn in der Reisproduktion ist die Zusammenarbeit unabdingbar. Das Wassersystem zwingt die Leute zusammenzuarbeiten und miteinander auszukommen, denn Wasser benötigen alle». Sie ist davon überzeugt, dass die Zukunft der Landwirtschaft in der Diversifizierung liegt, insbesondere was die Energiegewinnung betrifft (z. B. Biogas). Die 20 Tonnen «Öko-Reis» pro Jahr lassen sich gut vermarkten: Sie werden im Direktverkauf oder per Versand abgesetzt. Auf dem Betrieb arbeiten zwei Arbeitskräfte, ein Lehrling und ein lediger Onkel. Zusätzlich halten sie auf dem Betrieb noch zwanzig Mutterkühe, eine Kreuzung aus Brown Swiss und einer regionaler japanischen Rasse. Zukünftig möchten sie auch das Fleisch direkt vermarkten. Eis-Café auf Milchwirtschaftsbetrieb Der Milchwirtschaftsbetrieb in der Agglomeration von Yokohama wurde 1942 von den Grosseltern gegründet, ein Kleinbetrieb mit ein paar Kühen, ein bisschen Ackerland und Wald. Der Betrieb liegt heute zwischen zwei grossen Bahnlinien. Der Siedlungsdruck ist enorm. Nur wegen der unattraktiven Lage zwischen den Bahngleisen kann sich der Betrieb halten, denn er liegt in der Bauzone. Der Betrieb verfügt inzwischen über keine landwirtschaftliche Nutzfläche mehr und produziert völlig bodenunabhängig Milch. Der Grossteil der Gülle geht in die Kanalisation der Stadt Yokohama. Alles Futter für die 30 Holsteinkühe muss zugekauft werden (Heu, Gras, Kraftfutter als Mischfutter). Betriebsleiter ist der 61-jährige Naoyuki Hida. Bis zur Erkrankung seiner Frau im Jahre 1994 hatte die Familie Hida 50 Kühe. Danach musste der Kuhbestand stark reduziert werden. Um ihre Mutter zu pflegen, hat die älteste Tochter Naoko Hida (40) ihre eigene berufliche Laufbahn als Diätistin aufgegeben. Da sie ein Einkommen brauchte, gründete sie das Eis-Café (Abb. 1). 80 bis 90 Prozent der Milch wird an die Molkerei geliefert (700–800 kg pro Tag). Der Rest geht in die Glace-Produktion. Die Maschinen dazu wurden aus Italien importiert. Es werden rund 30 Liter Glace pro Werktag direkt ab Hof abgesetzt, an den Wochenenden sind es sogar 50–60 Liter. Designierter Hofnachfolger ist der Bruder von Naoko, Tadaaki (32), obwohl er ursprünglich Informati-


Frauen- und Geschlechterforschung in der Landwirtschaft: Wissensaustausch mit Japan | Kurzbericht

ker von Beruf ist. Der Betrieb wird als GmbH geführt und alle Familienmitglieder sind im Monatslohn angestellt. Zusätzlich arbeiten fünf familienfremde Arbeitskräfte stundenweise im Eis-Café. Direktverkauf für Hofprodukte und Lunchboxen Der Schweinemastbetrieb der Familie Kitami liegt im Maioka-Park, eine Stunde von Tokyo entfernt. Der Park wurde gegründet, da das Land (102 ha) von keinem grossen landwirtschaftlichen Wert war, aber auch um den 55 landwirtschaftlichen Haushalten/Betrieben eine Existenz zu sichern. Die Initiative zum Park kam von den Bauernfamilien. Sie wollten die Agrarfläche schützen, damit wegen der Nähe zu Tokyo keine Bauzone mit hohen Steuern daraus wird. Der Park sollte einerseits ein Erholungsgebiet für die städtische Bevölkerung sein, andererseits den Bauernfamilien eine Chance geben, ihre landwirtschaftlichen Produkte abzusetzen. Der Betrieb der Familie Kitami ist seit 1975 eine GmbH. Der Betriebsleiter ist Nobuyuki Kitami (65). Zudem arbeiten der Schwiegersohn, zwei Voll- und eine Teilzeitangestellte und jeweils ein bis zwei Schüler/innen der nahen Mittelschule auf dem Betrieb. Dieser umfasst nicht nur 180 Mutterschweine, sondern auch 130 Aren Reis, 30 Aren Gemüse sowie eine Obstanlage mit 20 Aren Birnen-, Mandarinen- und Feigenbäumen. Seit 2010 sind noch zehn Aren Erdbeeren zum Selberpflücken dazugekommen. Gemeinsam mit anderen Betrieben im Dorf produziert die Familie Kitami so genannte Lunchboxen, die in Japan sehr beliebt sind. Zum Betrieb gehören zudem ein Schweineverarbeitungsbetrieb (Ham Factory Maioka) und ein Verkaufsladen, der von der Ehefrau des Betriebsleiters, Machiko Kitami (68), geführt wird (Abb. 4).

Literatur ▪▪ BMEL, 2013. Länderbericht Japan, Stand: April 2013. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Berlin. Zugang: http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Veranstaltungen/0406-AUWITAG-LaenderberichtJapan.pdf?__blob=publicationFile [8.12.2014]. ▪▪ Dolles H., 2003. Der japanische Reis – «Handelsware» oder «Kulturgut»? Japan Markt, Juli 2003, 21–23. ▪▪ Otomo Y., 2000. Women’s Status in Agricultural Households. In: Women and Families in Rural Japan (Hrsg. Masae Tsutsumi). Tsukuba-Shobo, Tokyo. S. 101–120. ▪▪ Otomo Y. & Rossier R., 2013. Vielfältige Lebensmuster. Lebenslauf und Karriere von Bäuerinnen in der Schweiz. In: Frauen in der Landwirtschaft. Debatten aus Wissenschaft und Praxis (Hrsg. E. Bäschlin et al.). eFeF-Verlag Bern/Wettingen. Gender Wissen Bd. 14, 186–203. ▪▪ Otomo Y. & Oedl-Wieser T., 2009. Comparative analysis of patterns in farm succession in Austria and Japan from a gender perspective. In: Gender Issues (Hrsg. T. Oedl-Wieser & I. Darnhofer). Sonderheft des Jahrbuches der österreichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, Wien, Band 18, Heft 2, 79–92.

Abb. 4 | Machiko Kitami vor ihrem Verkaufsladen, wo sie Hofprodukte und Lunchboxen des Familienbetriebs verkauft.

Fazit Die familiäre Organisation und die Situation der Frauen auf den kleinbäuerlichen Familienbetrieben in Japan zeigen gewisse Gemeinsamkeiten mit der kleinstrukturierten Landwirtschaft der Schweiz. So ist die Rollenteilung der Geschlechter auf den bäuerlichen Familienbetrieben eher traditionell und die Frauen tragen in beiden Ländern die Hauptverantwortung für Haushalt und Kinder. Die Hofnachfolge ist patrilinear organisiert, Betriebsleiterinnen sind die Ausnahme. Hüben und drüben sind Bäuerinnen stark in der Verarbeitung von Lebensmitteln und im Direktverkauf tätig. Neue ökologische Bewegungen in der Landwirtschaft, in denen sich junge Frauen engagieren, wie im Netzwerk HERS, oder Frauen wie Satomi Hagiwara mit ihrem Farm Inn zeigen, was initiative Frauen in der Landwirtschaft bewirken können. n

▪▪ Otomo Y. et al., 2014. The Participation of Women in Farm Management in the Development of Sustainable Food Safety: Case Studies from Switzerland and Austria. XVIII ISA World Congress of Sociology, 13.–19. Juli 2014, Yokohama, Japan. ▪▪ Rossier R., 2014. Die Stellung der Frau auf bäuerlichen Familienbetrieben. In: Frauen am Land, Potentiale und Perspektiven (Hrsg. M. Schmitt et al.), StudienVerlag, Innsbruck, S. 186–203. ▪▪ Rossier R. & Grossenbacher E., 2012. Frauen in der Landwirtschaft. In: Agrarbericht 2011, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, S. 50–78. ▪▪ Rossier R. & Reissig L., 2014. Beitrag der Bäuerinnen für die landwirtschaftlichen Familienbetriebe in der Schweiz. Agroscope Transfer Nr. 21. Agroscope, Ettenhausen. 8 S. ▪▪ Uchiyama T. & Whitehead I., 2012. Intergenerational Farm Business ­Succession in Japan. In: Keeping it in the Family. International Perspectives on Succession and Retirement on Family Farms (Ed. M. Lobley et al.), Perspectives on Rural Policy and Planning, Ashgate, England/USA, S. 55–73. ▪▪ Wördermann R. & Yamaguchi K. (Hrsg.), 2014. Länderbericht Japan. Die Erarbeitung der Zukunft. Schriftenreihe Band 1500, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn.

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P o r t r ä t

Ruth Rossier gibt Bäuerinnen eine Stimme Seit 30 Jahren erforscht die Agronomin Ruth Rossier bei Agroscope in Tänikon die soziale und ökonomische Situation auf bäuerlichen Familienbetrieben. Ein Schwerpunkt ihrer Forschung ist die Situation der Frauen in der Landwirtschaft. Ihre Studien zeigen, dass die Bäuerinnen einen substanziellen Beitrag zum Gesamteinkommen von Familienbetrieben leisten, dafür aber kaum entlohnt werden. Zudem sind sie oft rechtlich benachteiligt – Hofbesitzer ist meist nur der Ehemann – und oft finanziell schlecht abgesichert, wenn es zu einer Trennung kommt oder der Partner stirbt. Ruth Rossier kam nicht auf direktem Weg zur Landwirtschaft, obwohl sie während ihrer Kindheit auf dem Lande viel auf Bauernhöfen gespielt und gearbeitet hatte: «Ich habe alles gemacht, im Stall und auf dem Feld.» Doch ihr Vater besass keinen Landwirtschaftsbetrieb, und so hatte sie keine Chance, einen zu übernehmen. Als Leseratte lernte sie Buchhändlerin, die Arbeit befriedigte sie aber nicht. «Ein Hungerberuf», kommentiert sie heute trocken. Also absolvierte sie die kantonale Maturitätsschule für Erwachsene und studierte Agronomie an der ETH Zürich. «Dass ich mich für die Frauen in der Landwirtschaft engagiere, hat sicher auch mit meiner eigenen typischen Frauenbiographie zu tun», sagt Ruth Rossier. Als sie ihre Diplomarbeit zur Kälteresistenz bei Soja bei Agroscope in Changins machte, war sie bereits hochschwanger. Zwar wäre sie sehr gerne in der Romandie geblieben, aus beruflichen Gründen, musste die junge Familie aber in die Nordostschweiz ziehen. «Ich bin dem Bund sehr dankbar, dass ich 1985 bei Agroscope eine 60-%-Anstellung bekommen habe», sagt die Mutter dreier Kinder. Erst vor wenigen Jahren konnte sie ihr Pensum auf 90 % erhöhen. Zu Beginn war Ruth Rossier als Expertin für bäuerliche Hauswirtschaft angestellt. Grundlage war ein Postulat des Nationalrats Alois Bommer aus dem Jahr 1971, der einen Bericht zur Situation der Bäuerin forderte. Themen wie der Einfluss landwirtschaftlicher Angestellter oder die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte machten schnell einmal klar, dass sich die in den Naturwissenschaften angewandten Methoden nicht für alle Fragestellungen auf dem bäuerlichen Familienbetrieb eigneten. Eine Weiterbildung in verschiedenen qualitativen und quantitativen Methoden der Sozialwissenschaften war unabdingbar. Ruth Rossier erkannte im Laufe ihrer Forschung, wie wichtig es war, die Frauen bei den Studien zur Entwicklung der Familienbetriebe zu berücksichtigen. So unter-

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suchte sie die Arbeit der Frauen in der Landwirtschaft, eruierte deren Zeitaufwand in bäuerlichen Haushalten oder beschäftigte sich mit der Hofnachfolge als zentrales Element des landwirtschaftlichen Strukturwandels. Obwohl Ruth Rossier keine Dissertation und keine hierarchische Karriere machte, findet ihre Forschung zunehmend Resonanz im In- und Ausland. So hat sie verschiedene Beiträge für die jährlichen Agrarberichte des Bundesamts für Landwirtschaft verfasst, Buchkapitel und Artikel für internationale Zeitschriften geschrieben, sowie zahlreiche Referate an nationalen und internationalen Tagungen gehalten (siehe S. 122). Zudem hat sie verschiedentlich in nationalen und internationalen Programmen mitgearbeitet, etwa im Nationalfonds-Programm SCOPES (Scientific co-operation between Eastern Europe and Switzerland), wo sie Projekte in Kroatien und Rumänien durchführte, und im Nationalen Forschungsprogramm «Gleichstellung der Geschlechter» (NFP 60), wo sie am Projekt «Geschlecht, Generationen und Gleichstellung in der Schweizer Landwirtschaft» beteiligt war. 2012 reiste sie als Mitglied der Schweizer Delegation an die Session der Commission on the Status of Women (CSW) an die UNO nach New York ( Ausgabe 11/12 2012). Nun ist sie 63-Jährig und mag noch nicht ans Aufhören denken: «Ich würde gerne das Arbeitsprogramm von Agroscope bis 2017 fertig machen, damit ich noch alle geplanten Projekte beenden kann.» Erika Meili, Agroscope


A k t u e l l

Aktuelles

Die Agrarforschung Schweiz kommt aufs Tablet und Smartphone Seit Anfang dieses Jahres bringt die App «Publikationen Agroscope» die Agrarforschung Schweiz aufs Tablet und aufs Smartphone. Sie bietet nicht nur die elektronische Version der Artikel, sondern auch Zusatzinformationen zu ausgewählten Themen. Ausserdem ist das ganze Archiv der Zeitschrift abrufbar. Dabei sind die Abonnement-Preise attraktiv: Der Zugang zur Tablet-Version kostet mit 61 Franken gleich viel wie die gedruckte oder die Online-Ausgabe. Wer die Zeitschrift sowohl auf dem Tablet als auch auf Papier lesen möchte, bezahlt nur wenig mehr (Fr. 71.–). In der App lassen sich zudem auch die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau sowie die Revue suisse de Viticulture, Arboriculture, Horticulture zu günstigen Konditionen abonnieren. Details zu den Abo-Preisen finden sich auf den Websites der jeweiligen Zeitschriften:

••www.agrarforschungschweiz.ch ••obstundweinbau.ch ••www.revuevitiarbohorti.ch Ergänzt werden die Fachzeitschriften von den anderen Agroscope-Publikationen, die in der App kostenlos heruntergeladen werden können: Agroscope Transfer und die Agroscope Merkblätter, die sich beide an die Praxis richten, Agroscope Science mit Resultaten für die Wissenschaft sowie verschiedene Spezialpublikationen. Damit sich die Leserinnen und Leser leichter orientieren können, sind die Publikationen in sieben thematische Rubriken gegliedert: Pflanzen, Tiere, Lebensmittel, Umwelt, Ökonomie, Technik und Soziales. Die Links zum Download der App (iOs und Android) sind abrufbar unter: www.agroscope.ch > Publikationen > Apps

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Aktuell

Neue Publikationen

Richtlinien für Heubelüftungsanlagen Technik Agroscope Transfer | Nr. 38 / 2014

Richtlinien für Heubelüftungsanlagen Eine fachgerechte Planung sichert den Erfolg und spart Kosten

November 2014

Christian Aschauer, Universität für Bodenkultur Wien (A) Susanne Jakschitz-Wild, Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising (D) Matthias Kittl, Landwirtschaftskammer Salzburg (A) Karl Neuhofer, ARGE Heumilch, Strasswalchen (A) Franz Nydegger, Agroscope, Ettenhausen (CH) Johannes Ostertag, Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising (D) Alfred Pöllinger, Lehr- und Forschungszentrum RaumbergGumpenstein, Irdning (A) Reinhard Resch, Lehr- und Forschungszentrum RaumbergGumpenstein, Irdning (A) Stefan Thurner, Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising (D) Gotthard Wirleitner, Seekirchen (A)

Foto: Franz Nydegger, Agroscope

Autoren

Heubelüftungsanlage mit Fotovoltaikpanels: Die elektrische und thermische Nutzung der Sonnenenergie erlaubt eine klimaschonende Heutrocknung. Heubelüftungsanlagen verringern Bröckelund Atmungsverluste, schränken die Tätigkeit von Pilzen und Bakterien erheblich ein und reduzieren das Wetterrisiko gegenüber der Bodentrocknung wesentlich. Einfache Kaltbelüftungsanlagen können aber bei ungünstigem Wetter den für eine sichere Lagerung erforderlichen Trockenmassegehalt von 87–88 % nicht innerhalb nützlicher Frist erreichen. Für eine effizientere Trocknung wird daher vermehrt erwärmte und/oder entfeuchtete Luft eingesetzt. Je nach Zusammensetzung des Pflanzenbestandes und bei einem Erntezeitpunkt im Stadium des Ähren-/Rispenschiebens der Leitgräser (z. B. Knaulgras) können damit Energiekonzentrationen im Bereich von 6 MJ Nettoenergie Laktation (NEL) pro Kilogramm Trockensubstanz

erreicht werden. Heu behält daher als hochwertiges Grundfutter seine Bedeutung, auch weil es nahezu keine sporenbildenden Bakterien enthält. Dies ist besonders für die Hartkäseerzeugung entscheidend. Der Energieaufwand zur Heutrocknung kann mithilfe der Solarenergie und der Wärmepumpentechnik gegenüber einer Trocknung mit fossilen Energieträgern wesentlich eingeschränkt werden. Eine CO2-neutrale Luftanwärmung mit Holzhackgut oder Stückholz ist für manche Betriebe eine Alternative, ebenso die Nutzung von Abwärme. Interessant ist die Kombination von Fotovoltaik mit thermischen Luftkollektoren. Eine gute Planung und Bedienung der Trocknungsanlage ist entscheidend für den Erfolg.

Agroscope Transfer Nr. 38/2014 Heubelüftungsanlagen verringern Bröckelund Atmungsverluste, schränken die Tätigkeit von Pilzen und Bakterien erheblich ein und reduzieren das Wetterrisiko gegenüber der Bodentrocknung wesentlich. Einfache Kaltbelüftungsanlagen können aber bei ungünstigem Wetter den für eine sichere Lagerung erforderlichen Trockenmassegehalt von 87–88 % nicht innerhalb nützlicher Frist erreichen. Für eine effizientere Trocknung wird daher vermehrt erwärmte und/oder entfeuchtete Luft eingesetzt. Je nach Zusammensetzung des Pflanzenbestandes und bei einem Erntezeitpunkt im Stadium des Ähren-/Rispenschiebens der Leitgräser (z.B. Knaulgras) können damit Energiekonzentrationen im Bereich von 6 MJ Nettoenergie Laktation (NEL) pro Kilogramm Trockensubstanzerreicht werden. Heu behält daher als hochwertiges Grundfutter seine Bedeutung, auch weil es nahezu keine sporenbildenden Bakterien enthält. Dies ist besonders für die Hartkäseerzeugung entscheidend. Der Energieaufwand zur Heutrocknung kann mithilfe der Solarenergie und der Wärmepumpentechnik gegenüber einer Trocknung mit fossilen Energieträgern wesentlich eingeschränkt werden. Eine CO2-neutrale Luftanwärmung mit Holzhackgut oder Stückholz ist für manche Betriebe eine Alternative, ebenso die Nutzung von Abwärme. Interessant ist die Kombination von Fotovoltaik mit thermischen Luftkollektoren. Eine gute Planung und Bedienung der Trocknungsanlage ist entscheidend für den Erfolg. Christian Aschauer et al.

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Aktuell

Landwirtschaftlicher Energieverbrauch in der Schweiz

Umwelt Agroscope Transfer | Nr. 56 / 2015

Landwirtschaftlicher Energieverbrauch in der Schweiz Grosse Abhängigkeit von Diesel und hoher Anteil grauer Energie

Februar 2015

Autoren

Foto: Annett Latsch, Agroscope

Annett Latsch Thomas Anken

Landwirtschaftliche Fahrzeuge in der Schweiz verbrauchen rund 150 Millionen Liter Diesel pro Jahr. Für die Herstellung eines Traktors werden zudem rund drei Liter Heizöläquivalent pro Kilogramm Maschine aufgewendet (sogenannte graue Energie). 1400 Liter Heizöläquivalent pro Hektar Nutzfläche – diese Energiemenge ver­ brauchte die Schweizer Landwirtschaft im Jahr 2012 für die Produktion landwirt­ schaftlicher Primärgüter. Über die Hälfte des Energieverbrauchs steckt dabei in Form grauer Energie in Gebäuden, Maschinen und Futtermitteln. Zu diesem Ergebnis kommt Agroscope bei seinen aktuellen Berechnungen zum Agrarumweltindikator «Energieverbrauch Landwirtschaft». Der im internationalen Vergleich hohe Energie­

bedarf pro Flächeneinheit ist nicht zuletzt den knappen Flächenressourcen geschul­ det. Wichtigste direkte Energiequellen sind Diesel als Treibstoff sowie Heizöl und Gas für die Beheizung von Ställen und Gewächs­ häusern. Die Kalkulationen machen deut­ lich, dass die Schweizer Landwirtschaft in hohem Masse von fossilen Energieträgern abhängig ist und die erneuerbaren Energie­ träger erst einen verschwindend kleinen Bestandteil ausmachen.

Agroscope Transfer Nr. 56/2015 1400 Liter Heizöläquivalent pro Hektar Nutzfläche – diese Energiemenge verbrauchte die Schweizer Landwirtschaft im Jahr 2012 für die Produktion landwirtschaftlicher Primärgüter. Über die Hälfte des Energieverbrauchs steckt dabei in Form grauer Energie in Gebäuden, Maschinen und Futtermitteln. Zu diesem Ergebnis kommt Agroscope bei seinen aktuellen Berechnungen zum Agrarumweltindikator «Energieverbrauch Landwirtschaft». Der im internationalen Vergleich hohe Energiebedarf pro Flächeneinheit ist nicht zuletzt den knappen Flächenressourcen geschuldet. Wichtigste direkte Energiequellen sind Diesel als Treibstoff sowie Heizöl und Gas für die Beheizung von Ställen und Gewächshäusern. Die Kalkulationen machen deutlich, dass die Schweizer Landwirtschaft in hohem Masse von fossilen Energieträgern abhängig ist und die erneuerbaren Energieträger erst einen verschwindend kleinen Bestandteil ausmachen. Annett Latsch und Thomas Anken, Agroscope

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Aktuell

Medienmitteilungen

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen 26.02.2015 Frischer Wind im Schweizer Safran-Anbau In der Schweiz wird Safran traditionellerweise nur im Oberwalliser Dorf Mund angebaut. Zahlreiche Landwirte und Hobbygärtner haben jedoch in den vergangenen Jahren begonnen, Safran an verschiedenen Standorten in der Schweiz anzupflanzen. Agroscope unterstützt diesen Aufschwung des Safran-Anbaus durch landwirtschaftliche Begleitung und Herkunftsstudien und leistet damit einen Beitrag zur innovativen, umweltgerechten Landwirtschaft mit hoher Wertschöpfung.

17.02.2015 Futtermittel: Trotz positiver Entwicklung ist Vorsicht geboten Agroscope hat den Auftrag, die in der Schweiz in den Handel gebrachten Futtermittel für Nutz- und Heimtiere (Petfood) zu kontrollieren. Im vergangenen Jahr wurden 1482 Proben erhoben und analysiert. Trotz einer Erhöhung des Anteils an konformen Proben während der letzten Jahre ist aufgrund einzelner Fälle mit Beanstandungen Vorsicht geboten.

12.02.2015 Schatz gehoben: Bodendaten aus vier Jahrzehnten inventarisiert und digitalisiert Verlässliche Bodendaten sind in der Schweiz dünn gesät: Informationen über die Verteilung und Eigenschaften der verschiedenen Böden liegen nur für einen Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche vor. Sie bilden aber eine unerlässliche Grundlage, um Nutzungsansprüche im Sinne einer nachhaltigen Ressourcenpolitik und einer sicheren Ernährung effizient steuern zu können. Agroscope hat zusammen mit Bund, Kantonen und Privatwirtschaft ein Archiv mit Bodendaten aus den Jahren 1963 bis 1996 digitalisiert.

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Agrarforschung Schweiz 6 (3): 127–131, 2015

27.01.2015 Agroscope und CSEM entwickeln zusammen neue Technologien für die Landwirtschaft Agroscope und das private Forschungs- und Entwicklungszentrum CSEM wollen in Zukunft stärker zusammenarbeiten. Die beiden Forschungsinstitutionen wollen Synergie-Potenziale für Industrie, Landwirtschaft und Umwelt erschliessen, die Mikro- und Nanotechnologie, Mikroelektronik, Photovoltaik und Kommunikationstechnologien bieten. Gemeinsam sollen Instrumente und Prozesse geschaffen werden, welche die Produktivität in der Landwirtschaft steigern und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen schonen.


Aktuell

Internetlinks

Veranstaltungen

Das Informationsportal für Nutztier­ haltende www.nutztiere.ch Nutziere.ch ist ein Informationsportal des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. Das BLV ist der Ansprechpartner für Fragen zur Lebensmittelsicherheit, Ernährung, Tiergesundheit, Tierschutz und Artenschutz im internationalen Handel.

März 2015 14.03.2015 Infotag HAFL Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittel­ wissenschaften Zollikofen Informationen: www.hafl.bfh.ch 18. – 19.03.2015 5. Tänikoner Melktechniktagung Agroscope Tänikon, 8356 Ettenhausen

Vor schau

April 2015

April 2015 / Heft 4

16.04.2015 10. Netzwerktagung Pferdeforschung Schweiz Schweizerisches Nationalgestüt SNG Avenches

Das Freibergerpferd ist die einzige heute noch existierende Pferderasse mit Ursprung in der Schweiz. Es hat mit rückläufigen Bestandes- und Geburtenzahlen sowie einer fehlenden Rentabilität bei der Produktion zu kämpfen. Das Schweizer Nationalgestüt SNG von Agroscope untersuchte im Rahmen eines Strategierapportes zur Erhaltung der Freibergerrasse die Marktkonformität des ­Freibergerpferdes.

••Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz, Ruedi von Niederhäusern et al., Agroscope und HAFL ••Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen, Yves Arrigo et al., Agroscope und HAFL

Juni 2015 14. – 17.06.2015 54. IALB-Tagung ( Internationale Akademie landund hauswirtschaftlicher Beraterinnen und Berater) 3. EUFRAS-Konferenz Effizienz in der Land- und Ernährungswirtschaft Agridea Solothurn Informationen: http://url.agridea.ch/IALB2015 25.06.2015 Agroscope: 125 Jahre Forschung in Wädenswil Jubiläumsveranstaltung von Agroscope Wädenswil

••Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen, Ueli Wyss und Yves Arrigo, ­Agroscope ••Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen, Bernhard Speiser et al., FiBL ••Physiologische Eigenschaften von Kartoffelsorten und Konsequenzen für den Produzenten, Emilie Carrera et al., Agroscope ••Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und Pflanzenschutz, Karin Ruchti und Christoph Studer, HAFL

Informationen: Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Agrarforschung Schweiz 6 (3): 127–131, 2015

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harasnational.ch

Journée anniversaire

Jubiläumstagung

10 ans du Réseau de 10 Jahre Netzwerk recherche équine en Suisse Pferdeforschung Schweiz 16 avril 2015, 9 h - 22 h Au Théâtre du Château, Avenches suivi d’une « science party » au Haras national suisse

16. April 2015, 9 - 22 Uhr Im Théâtre du Château, Avenches gefolgt von einer „Science Party“ im Schweizerischen Nationalgestüt

- Journée ouverte à tout public avec exposés, posters et remise des prix aux meilleur-e-s chercheuses et chercheurs - Recherche appliquée sur les sports et les loisirs équestres de même que sur la détention et l’élevage de chevaux - Gala équestre et surprises - Inscription obligatoire - Pour en savoir plus : www.reseaurechercheequine.ch

- Öffentliche Tagung mit Vorträgen, Poster-Ausstellung und Prämierung der besten Arbeiten - Praxisnahe Forschung zu Sport und Freizeit, Pferdehaltung und Zucht - Pferdegala und Überraschungen (gratis) - Anmeldung obligatorisch - Mehr dazu unter: www.netzwerkpferdeforschung.ch


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