Heft 10 Oktober 2011

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Agrar forschung schweiz 2 0 1 1

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H e f t

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Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich

O k t o b e r

Umwelt

Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer

Nutztiere

Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010

Pflanzenbau

Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz

Seite 432 Seite 440 Seite 454


Die Regenwürmer verbessern mit ­ihrer Tätigkeit die ­ odenfruchtbarkeit. Um festzustellen, wie sich die B ­Regenwurmpopulationen in Äckern mit und ohne Pflugeinsatz entwickeln, haben Forscherinnen und ­Forscher von Agroscope Reckenholz-Tänikon ART an zwei Standorten mehrjährige Erhebungen durch­geführt. (Foto: Gabriela Brändle, ART)

Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös­sische Ämter und weitere Fachinteressierte. Herausgeberin Agroscope Partner b Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART) b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern b Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen b Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften

Inhalt Oktober 2011 | Heft 10 431 432

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Evelyne Fasnacht (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich). Abonnement Preise Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder info@agrarforschungschweiz.ch Adresse Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz © Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Umwelt

R eduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer Werner Jossi, Urs Zihlmann, Thomas Anken, Brigitte Dorn und Marcel Van der Heijden

Nutztiere 440 Siliermittel und aerobe Stabilität –

­Testergebnisse 2010 Ueli Wyss 446

Pflanzenbau Freilandversuche mit gentechnisch ver­

ändertem Weizen mit Mehltauresistenz Andrea Foetzki, Michael Winzeler, Thomas Boller, François Felber, Wilhelm Gruissem, Christoph Keel, Beat Keller, Fabio Mascher, Monika Maurhofer, Wolfgang Nentwig, Jörg Romeis, Christof Sautter, Bernhard Schmid und Franz Bigler

Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / ­Recherche Agro­ nomique Suisse, Forschungs­anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21 Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch

Editorial

Pflanzenbau 454 Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­

Erste Erfahrungen aus der Schweiz Stefan Kuske, Christian Schweizer und Ursula Kölliker Pflanzenbau 462 Bedeutung und Verbreitung des neuen

Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz Cornelia Sauer-Kesper, Noël Lucia, Hanspeter Buser und Ute Vogler Pflanzenbau 470 ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk

als ­integriertes Projekt von ProfiCrops Ute Vogler und Robert Baur 476

Porträt

477

Aktuell

479

Veranstaltungen

Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS

Berner Fachhochschule Haute école spécialisée bernoise Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL Haute école suisse d’agronomie HESA


Editorial

«Le veau en rose» Liebe Leserin, lieber Leser

Michel Rérat, Agroscope Liebefeld-Posieux ALP

Die Kalbfleischproduktion spielt in der Schweiz wegen der Regulierung des Milch- und Rindfleischmarktes eine wichtige Rolle. Da über diesen Weg Milchüberschüsse verwertet werden können, trägt sie wesentlich zur Stütz­ ung des Milchpreises bei. Zudem werden so die männlichen Kälber aus Milchviehbetrieben vom Rindfleischmarkt ferngehalten, was eine Stabilisierung dieses Sektors erleichtert. Alternative Produktionsmethoden wie die Kalbfleischerzeugung mit Kälbern aus Mutterkuhhaltung sowie die strenge schweizerische Tierschutzgesetzgebung machen es möglich, der Forderung der Konsumentinnen und Konsumenten nach einer tiergerechten Haltung nachzukommen. Die neue Tierschutzverordnung aus dem Jahre 2008 legt fest, dass die Grundbedürfnisse von Mastkälbern – wie ein ständiger Zugang zu Trinkwasser und anderen Rohfaserquellen als Stroh – gedeckt sein müssen. Um den Mästern Empfehlungen zur Raufutterergänzung geben zu können, wurde 2009 von der Wiederkäuerklinik der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern in Zusammenarbeit mit Agroscope Liebefeld-Posieux ALP ein Forschungs­ projekt lanciert, in welchem die Auswirkungen verschiedener Arten von Raufutter auf die Gesundheit und Leistung von Mastkälbern untersucht wurden. Ende 2011 werden die Ergebnisse dieser Studie in verschiedenen landwirtschaftlichen Medien publiziert werden. Auch wenn es wichtig ist, die Lebensqualität unserer landwirtschaftlichen Nutztiere zu verbessern, so sollte doch auch die wirtschaftliche Realität dieses Produktionszweiges nicht ausser Acht gelassen werden. Bei Kalbfleisch wird momentan einzig die Farbe als Qualitätskriterium herangezogen. Sie dient Konsumentinnen und Konsumenten zur sofortigen Erkennung des im Vergleich zu den übrigen Rindfleischerzeugnissen hellen Kalbfleisches. Obwohl die Farbe keine objektive Aussage über die eigentliche Produkt­ qualität zulässt, werden bei jeglicher Rotfärbung des Kalbfleisches weiterhin Abzüge auf den Schlachtkörperpreis vorgenommen. Die Veränderungen in der Fütterung, die auf eine Verbesserung der Lebensqualität der Kälber abzielen, gehen mit einer Erhöhung der Eisenzufuhr und einer Pigmentierung des Fleisches einher, die tendenziell zu einer deutlicheren Rotfärbung führt. Es besteht eine Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Realität der Kalbfleischproduktion und den Empfehlungen für eine tiergerechte Haltung. Es ist an uns Akteurinnen und Akteuren dieses Sektors, stichhaltige Beurteilungskriterien aufzustellen, um diesen Zwiespalt zu lösen aber auch an uns, Konsumentinnen und Konsumenten, an der Fleischtheke «rosa» als Kalbfleischfarbe zu wählen.

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U m w e l t

Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer Werner Jossi, Urs Zihlmann, Thomas Anken, Brigitte Dorn und Marcel Van der Heijden Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Ruedi Tschachtli, Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung BBZN, 6170 Schüpfheim Auskünfte: Werner Jossi, E-Mail: werner.jossi@art-admin.ch, Tel. +41 44 377 73 91

Lumbricus terrestris: Grosse Regenwurmarten verbinden mit ihren Gängen den Ober- mit dem Unterboden und ver­b essern mit diesem Gangsystem den Wasser und Lufttransport. (Foto: ART)

Einleitung Bodenruhe und reichlich Futter Mehr als vier Tonnen Regenwürmer können in einem tiefgründigen, fruchtbaren Wiesenboden pro Hektare leben (Cuendet 1997). Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem grosse, tiefgrabende Arten durch die Bodenbearbeitung beeinträchtigt werden (Maurer-Troxler et al. 2005, Jossi et al. 2004). Die Verletzungsgefahr der grossen Würmer ist besonders hoch, wenn die Bodenbearbeitung im Frühjahr oder im Herbst stattfindet, weil sie sich zu diesen Zeitpunkten hauptsächlich im Oberboden aufhalten. Im Winter und während den tro-

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Agrarforschung Schweiz 2 (10): 432–439, 2011

ckenen Sommermonaten wandern sie in tiefere Bodenschichten, wo sie vor Kälte oder Trockenheit geschützt sind. Bei landwirtschaftlicher Nutzung kann sich ein wirkungsvoller Regenwurmbestand in der Regel nur in mehrjährigen Wiesen aufbauen, wo sie genügend Futter finden und praktisch keine Bodenbearbeitungseingriffe stattfinden. Regenwürmer verschlingen grosse Mengen an Nahrung in Form von abgestorbenen Pflanzenteilen. Eine ständige Bodenbedeckung mit Kulturpflanzen sowie Zwischenbegrünungen kann sie nachhaltig mit Futter versorgen. Wirkungsvoll sind Pflanzenreste, die auf der Bodenoberfläche liegen und nicht solche, die untergepflügt werden. Die Pflanzenteile werden von den Regenwürmern als Vorrat in die Röhren gezogen, wo sie verrotten und erst dann von den Würmern gefressen werden. Aus dem Regenwurmkot bilden sich schliesslich nährstoffreiche Bodenkrümel. Bauchhenss (2005) hat nachgewiesen, dass in einem regenwurmaktiven Boden bis zu 60 dt/ha Strohrückstände vom Dreschen bis zur Maisansaat im folgenden Frühjahr von Regenwürmern abgebaut werden. Um festzustellen, wie sich die Regenwurmpopulationen in Äckern ohne Pflugeinsatz sowie in einem Direktsaatsystem entwickeln, wurden in den zwei Anbausystemversuchen Burgrain (Alberswil LU) und Hausweid (Aadorf TG) mehrjährige Erhebungen durchgeführt (Kasten).

Material und Methoden Versuchsstandorte Burgrain: Der von 1991 bis 2008 dauernde Anbausystemversuch befand sich auf dem gemischtwirtschaftlichen Betrieb Burgrain in Alberswil (LU). Der Versuch verfolgte das Ziel, die Auswirkungen eines reduzierten Nährstoffund Pflanzenschutzeinsatzes auf Ertrag, Wirtschaftlichkeit und Umwelt in drei unterschiedlichen Anbausystemen (IPintensiv, IPextensiv, Bio) zu prüfen (Kasten). Während den drei sechsjährigen Fruchtfolgeperioden wurden in allen Anbausystemen Regenwurmerhebun-


Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer | Umwelt

Bestimmung der Regenwurmarten Auf Grund ihres Verhaltens, ihrer Grösse und Färbung werden die Regenwürmer in vier ökomorphologische Gruppen (Lebensformtypen) eingeteilt:

Zusammenfassung

gen durchgeführt. In der zweiten Fruchtfolgeperiode 1997 bis 2002 wurden alle sechs Parzellen jährlich beprobt (Jossi et al. 2004). In der dritten Fruchtfolgeperiode 2003 bis 2008 wurden einige Betriebswirtschaftsänderungen vorgenommen: Anstelle von Kartoffeln wurde Raps und anstelle von Sommergerste Wintergerste angebaut. Zudem wurde das Anbausystem IPextensiv auf pfluglos umgestellt. Silomais wurde mit Streifenfrässaat nach der zweijährigen Kunstwiese, Raps mit Mulchsaat im dritten Jahr nach Kunstwiese angebaut. Für den Anbau von Winterweizen, Wintergerste und Kunstwiese wurden Grubber und Zinkenrotor eingesetzt (Kasten). Die Anbausysteme Bio und IPintensiv wurden unverändert mit Onland-Pflug und Zinkenrotor bearbeitet (Zihlmann et al. 2010). Hausweid: Der Versuch Hausweid in Aadorf (TG) wurde 1987 angelegt, um langjährige Einflüsse verschiedener reduzierter Bodenbearbeitungsmethoden auf agronomische- und Boden-Parameter zu untersuchen (Anken et al. 1997). Insgesamt wurden drei reduzierte Bodenbearbeitungssysteme sowie ein Direktsaatsystem mit einem herkömmlichen Pflugverfahren verglichen (Kasten). Regenwurmerhebungen wurden in den Jahren 2005 und 2008 in den Verfahren Pflug und Direktsaat durchgeführt. Die Erhebungen wurden jeweils im Oktober, wenn sich die Regenwürmer in der obersten Bodenschicht aufhalten, durchgeführt. Pro Anbausystem wurden im Burgrainversuch sechs und im Hausweidversuch pro Verfahren acht Teilflächen (zwei pro Wiederholung) von 0,25 m² untersucht. Als Fangmethode kam die Handauslese mit anschliessender Formalinaustreibung im Unterboden zur Anwendung. Die Erde wurde mit einem Spaten zirka 20 cm tief ausgehoben und von Hand durchsucht. Anschliessend wurden zehn Liter Formalinlösung (0,1 %) in die ausgehobene Grube gegossen und während 45 Minuten überwacht. Mit dieser Nachbehandlung lassen sich Würmer, die sich in tiefere Bodenschichten verzogen haben, an die Oberfläche treiben. Meistens handelt es sich um grosse Würmer der Art Lumbricus terrestris, welche besonders in tiefgründigen Böden mit intakten Regenwurmröhren beim Ausgraben nicht vollständig erfasst werden (Cuendet 1997). In den gepflügten Kulturen waren diese Nachfänge meistens gering (Abb. 2). Die Würmer wurden in einer vierprozentigen Formalinlösung konserviert und im Labor gezählt, gewogen und die Artzugehörigkeit bestimmt (Cuendet 1995).

Die Regenwürmer verbessern mit ihrer Tätigkeit die Bodenfruchtbarkeit. Die höchsten Regenwurmpopulationen im Landwirtschaftsareal findet man in mehrjährigen Wiesen. Die Auswirkungen der Bodenbearbeitungsart und -intensität auf die Regenwurmpopulation wurden in den zwei langjährigen Anbausystemversuchen Burgrain (Alberswil LU) und Hausweid (Aadorf TG) untersucht. In einer sechsjährigen Fruchtfolge zeigten sich auf Burgrain in den Verfahren IP-Mulchsaat bei Raps und IP-Streifenfrässaat bei Silomais (IP extensiv) im Durchschnitt von 2004 bis 2008 keine signifikanten Unterschiede der Regenwurmbiomasse im Vergleich zu den Pflugverfahren im Bio- und IP-Anbau (IP intensiv). Deutlichere Unterschiede zwischen der Bearbeitungsintensität und -art wies nach 21 Jahren Versuchsdauer die Fläche Hausweid auf. In der vierjährigen Ackerfruchtfolge ohne Kunstwiese wurden die Regenwurmpopulationen im Direktsaat- und im Pflugverfahren sowie in den angrenzenden Naturwiesenflächen erhoben. In der Naturwiese wurde eine Regenwurmbiomasse von 330 g pro Quadratmeter gemessen. In den Direktsaat-Parzellen war sie rund 50 % und im Pflugverfahren 80 % geringer. Die Artenvielfalt der Regenwürmer war in der Naturwiese und im Direktsaatverfahren durchschnittlich 30 % höher als im Pflugverfahren. Die Ergebnisse bestätigen den positiven Einfluss der Direktsaat auf die Regenwürmer.

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Umwelt | Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer

Standortbeschreibung und Bewirtschaftungsdaten der Langzeitversuche Burgrain und Hausweid Hausweid (Aadorf TG) 1987 – 2008

Burgrain (Alberswil LU) 1991 – 2008

Parzellenversuch (12 m × 19 m), 4 Wiederholungen

Sechs Parzellen mit je drei Anbau­systemen, je 65 Aren Boden: 5 Parzellen Schwemmlandböden: schwach humos bis humos, tiefgründig, sandiger Lehm bis Lehm 1 Parzelle Moräneboden: schw. humos, tiefgründig, sand. Lehm

mässig tiefgründig, steiniger ­Moräneboden: sandiger Lehm, schwach humos

Klima: Höhe über Meer Mittlere Jahresniederschläge

520 m 1100 mm

550 m 1180 mm

Fruchtfolgen: sechsjährig

1991 – 2002

2003 – 2008

vierjährig

1987 – 2008

1. Jahr

Kartoffeln

Silomais

1. Jahr

Winterweizen

2. Jahr

Winterweizen

Winterweizen

2. Jahr

Silomais

3. Jahr

Körnermais

Raps

3. Jahr

Winterweizen

4. Jahr

Sommergerste

Wintergerste

4. Jahr

Raps

5. Jahr

Kunstwiese

Kunstwiese

6. Jahr

Kunstwiese

Kunstwiese

Düngung: siehe unten

nur Mineraldünger

Bodenbearbeitung: 2003 – 2008

1987 – 2008

IPintensiv

Onland-Pflug, 1 x Zinkenrotor

IPextensiv

Grubber, 1 x Zinkenrotor, ­Silomais Streifenfrässaat Raps Mulchsaat

Bio

Onland-Pflug, 1 x Zinkenrotor

1991 – 2002 in allen Systemen Pflug­ und Zinkenrotor

1. Pflug, 1 x Zinkenrotor 2. Parapflug, 1 x Zinkenrotor 3. Schichtengrubber, 1x Zinkenrotor 4. Frässaat 5. Direktsaat

Charakterisierung der drei ­A nbausysteme Burgrain IPintensiv

ortsübliche Bewirtschaftungsintensität, ÖLN erfüllt, hoher Pflanzenschutz- und Düngereinsatz (Hof- und N-­Mineraldünger)

IPextensiv

ÖLN erfüllt, reduzierter Pflanzenschutz- und Düngereinsatz (Hof- und N-Mineraldünger, Extenso-Produktion bei ­ Getreide und Raps)

Bio

biologischer Anbau auf Parzellenstufe, Verzicht auf Mineraldünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel

Epigäische Arten: Kleine, rot pigmentierte Arten. Sie leben in der Streuschicht des Bodens und ernähren sich von verrottenden Pflanzenresten. Diese Arten sind zahlreich im Kompost anzutreffen. Im Ackerland sind sie in der Regel schwach vertreten und können sich allenfalls in Mulchschichten oder in mehrjährigen Wiesen etablieren. Endogäische Arten: Unpigmentierte, rosa bis graublau gefärbte Regenwürmer. Sie leben im Wurzelbereich des Oberbodens. Durch die Aufnahme organischer Bodensubstanz bauen sie diese weiter ab und vermischen sie mit der umgebenden Erde. Sie bauen meist horizontale Gänge, die nicht dauerhaft sind.

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Agrarforschung Schweiz 2 (10): 432–439, 2011

Anözische Lumbricus-Arten: Grosse, rotbraun pigmentierte Regenwürmer. Sie legen senkrechte, dauerhafte Gänge an, die tief in den Unterboden reichen. Als Nahrungsvorrat ziehen sie Pflanzenreste von der Bodenoberfläche in die Gänge. Sie deponieren ihren Kot meistens im Boden. Sie bleiben das ganze Jahr über aktiv, in Trockenperioden und bei starker Kälte ziehen sie sich in tiefere Bodenzonen zurück. Kleine, juvenile Tiere (Jugendstadien) verhalten sich epigäisch, das heisst, sie leben in der Spreuschicht. Die häufigste dazugehörende Art ist der Tauwurm (Lumbricus terrestris). Dank seiner wichtigen Funktion, wurde er von Pro Natura zum Tier des Jahres 2011 gewählt.


Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer | Umwelt

350

anözische Nicodrilus endogäische Arten

Regenwurmbiomasse g/m

300

anözische Lumbricus epigäische Arten

250 200 150 100 50 0 IP intensiv

IP extensiv

Bio

IP intensiv

Pflug

Streifenfrässaat(SF)

Pflug

Pflug

nach Siliomais (1. Ackerkultur nach Kunstwiese)

IP extensiv Mulchsaat (MS)

Bio Pflug

nach Raps (3. Ackerkultur nach Kunstwiese)

Abb. 1 | Biomasse (g/m ²) der Regenwurm-Artengruppen in den Kulturen Silomais und Raps. Mittelwerte der drei Anbausysteme Burgrain von 2004 bis 2008 mit verschiedener Bodenbearbeitung. Die Unterschiede der Gesamtbiomassen zwischen den Systemen sind nicht gesichert (Tukey HSD-Test, P < 5 %).

Anözische Nicodrilus-Arten: Grosse, braunschwarz pigmentierte Würmer, die ebenfalls in vertikalen Wohnröhren leben. Sie ernähren sich von oberirdischen Pflanzenteilen. Die ausgewachsenen Tiere produzieren viel Kot, welcher an der Oberfläche des Bodens ausgestossen wird (Wurmhaufen). Trockene Sommerperioden überdauern sie – als Kugel zusammengerollt – in tieferen Bodenschichten. Die Juvenilen verhalten sich endogäisch, das heisst, sie leben im Oberboden. Für die Beurteilung wird in der Regel die Regenwurm-Biomasse (z. B. g pro m²) bevorzugt, weil sie die ökologische Wirkung der Regenwürmer auf den Boden besser widerspiegelt als die Individuenzahl.

Resultate Gefährdet Maishacken Regenwürmer? In der dritten Fruchtfolgeperiode war die Regenwurmpopulation im Versuch Burgrain nach der zweijährigen Kunstwiese im nachfolgenden Silomais mit einer Biomasse von rund 300 g pro m² sehr hoch (Cuendet 1997). Der Mittelwert lag beim System IPintensiv mit Pfluganbau nur 3 % tiefer als bei IPextensiv mit Streifenfrässaat. Bei IPextensiv wurden etwas mehr epigäische Arten festgestellt. Die geringen Unterschiede zwischen den beiden IP-Anbausystemen waren bei keiner Artengruppe gesichert (Tab 1). Trotz Pflugeinsatz im Mai waren die Wurmbestände bei IPintensiv besonders in den Jahren

2004 und 2005 sehr hoch. Beim ebenfalls gepflügten BioAnbausystem lag die Regenwurmpopulation hingegen im Durchschnitt aller fünf Jahre 17 % tiefer als bei IPextensiv. Besonders die tiefgrabenden anözischen Nicodrilus-Arten traten bei Bio gesichert schwächer auf. Möglicherweise schädigte das zweimalige Hacken mit einem Sternhackgerät im Mai/Juni diese grossen Regenwurmarten (Abb. 1, Tab. 1). Raps günstig für Regenwürmer Ähnlich wie nach Silomais waren die Ergebnisse nach Raps. Im Mittel der fünfjährigen Untersuchung lag die Regenwurm-Biomasse in den Pflugverfahren bei IPintensiv 7 % und bei Bio 14 % tiefer als bei IPextensiv mit Mulchsaat (Abb. 1, Tab. 1). Mit Ausnahme der anözischen Nicodrilus-Arten wiesen bei IPextensiv alle Artengruppen leicht höhere Werte auf. Die Unterschiede waren aber nur bei den epigäischen Regenwurmarten gesichert. Letztere profitierten vermutlich vom Mulchmaterial auf der Bodenoberfläche. Allgemein kann Raps als regenwurmschonende Kultur betrachtet werden, da die Bodenbearbeitung Ende August/Anfang September erfolgt, wenn sich die Würmer meist noch in tieferen Bodenschichten aufhalten. Dank dem raschen Raps-Wachstum und der fast einjährigen Vegetationszeit steht den Würmern eine lange, ungestörte Phase mit steter Futterversorgung zur Ver fügung.

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Umwelt | Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer

Tab. 1 | Biomasse (g/m ²) und Anzahl Regenwürmer pro m ² der Regenwurm-Artengruppen der Kulturen Silomais und Raps. Mittelwerte der drei Anbausysteme Burgrain von 2004 bis 2008 mit den Bodenbearbeitungverfahren Pflug/Zinkenrotor und Streifenfrässaat Mais/Mulchsaat Raps. Signifikante Unterschiede zwischen den Systemen sind mit unterschiedlichen Buchstaben gekennzeichnet (Tukey HSD-Test, P < 5 %). Anbausystem

Bodenbearbeitung anözische Nicodrilus

anözische Lumbricus

epigäische Arten

Total

Silomais

Biomasse g/m²

IP intensiv

Pflug, Zinkenrotor

194,9

ab

30,3

a

73,4

a

6,4

a

305,1

a

IP extensiv

Streifenfrässaat

203,2

a

26,4

a

70,5

a

13,1

a

313,2

a

Pflug, Zinkenrotor

153,8

b

20,0

a

74,6

a

11,3

a

259,8

a

Bio

Anzahl pro m

²

IP intensiv

Pflug, Zinkenrotor

182,6

a

14,4

a

225,3

a

14,7

b

437,0

a

IP extensiv

Streifenfrässaat

165,8

ab

13,6

a

227,6

a

26,2

a

433,1

a

Pflug, Zinkenrotor

118,4

b

9,6

a

239,1

a

19,0

ab

386,1

a

Bio Raps

Biomasse g/m

²

IP intensiv

Pflug, Zinkenrotor

155,0

a

22,4

a

46,7

a

4,5

b

228,6

a

IP extensiv

Mulchsaat

149,3

a

32,2

a

53,1

a

10,1

a

244,7

a

134,4

a

24,0

a

45,7

a

6,5

ab

210,7

a

Bio

Pflug, Zinkenrotor Anzahl pro m

²

IP intensiv

Pflug, Zinkenrotor

104,9

a

7,7

a

181,2

a

11,5

a

305,3

a

IP extensiv

Mulchsaat

112,1

a

10,8

a

196,3

a

21,5

a

340,7

a

Pflug, Zinkenrotor

114,0

a

8,7

a

179,1

a

20,8

a

322,5

a

Bio

Durchschnittlich wurde bei Raps eine um 22% tiefere Regenwurmbiomasse gemessen als beim Silomais (Abb. 1). Die Reduktion ist mit der Stellung von Raps in der Fruchtfolge nach Silomais und Winterweizen zu erklären. Die Bodenbearbeitung für die Vorkultur Winterweizen dürfte die Regenwürmer vermindert haben. In der Fruchtfolgeperiode 1997 bis 2002 waren die Regenwürmer durch die Bearbeitung im Oktober für Winterweizen am stärksten geschädigt worden und erholten sich erst in der zweijährigen Kunstwiese wieder (Jossi et al. 2004). Gesamthaft stellten auf Burgrain die anözischen Nicodrilus-Arten mit rund 63 % den Hauptanteil der Regenwurmbiomasse, gefolgt von den endogäischen Arten mit 23 %, L. terrestris mit 10 % und den epigäischen Arten mit 4 %. Anzahlmässig dominierten die endogäischen Arten mit rund 55 %. Mulchschicht fördert Regenwürmer Im Versuch Hausweid wurde bereits im 18. Anbaujahr 2005 nach Raps eine Regenwurmerhebung durchgeführt. Sie wurde durch Graben und Handauslese ohne

436

endogäische Arten

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 432–439, 2011

Austreibung mit Formalin durchgeführt. Die Art L. terrestris könnte deshalb bei dieser Untersuchung etwas unterbewertet worden sein (Tab 2, Abb. 2). Die Gesamtbiomasse war in den Direktsaatparzellen rund 27 % höher als in den gepflügten. Vor allem traten die anözischen Nicodrilus- und die epigäischen Arten häufiger bei Direktsaat auf, während die im Oberboden lebenden endogäischen Regenwürmer im Pflugverfahren beinahe doppelt so zahlreich vorkamen. Ungewöhnlich war auch der vergleichsweise hohe Anteil epigäischer Arten in beiden Verfahren (Tab 2). Die epigäischen Arten leben in der Mulchschicht an der Erdoberfläche und sind in Ackerböden sonst eher untervertreten. Vermutlich war das Erhebungsjahr klimatisch günstig und die Versorgung mit Pflanzenmaterial im Raps für die Regen­ wurmentwicklung optimal. Anzahlmässig war die Population bei Direktsaat nur 10 % höher als beim Pflugverfahren. Bei der Regenwurmerhebung 2008, 21 Jahre nach Versuchsbeginn, wurden zusätzlich die zwischen den Ackerparzellen liegenden Naturwiesenstreifen untersucht. Mit 60 g pro m² war die Biomasse im Pflugverfah-


Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer | Umwelt

Tab. 2 | Biomasse (g/m ²) 2005 und 2008 und Anzahl Regenwürmer 2008 pro m ² der Regenwurm-Artengruppen im Versuch Hausweid. Mittelwerte der Bodenbearbeitungsverfahren Pflug/Zinkenrotor und Direktsaat im Vergleich zur Naturwiese 2008. Signifikante Unterschiede s. Tab. 1. anözische Nicodrilus

Bodenbearbeitung 2005

Biomasse g/m²

Pflug, Zinkenrotor

47,1

Direktsaat

84,5

anözische Lumbricus

endogäische Arten

epigäische Arten

Total

b

11,9

a

44,3

a

19,6

122,9

b

a

18,5

a

27,9

a

37,7

168,6

a

2008

Biomasse g/m

Pflug, Zinkenrotor

14,2

c

7,6

b

36,4

b

1,2

a

59,4

c

Direktsaat

89,1

b

35,1

b

23,0

b

7,1

a

154,3

b

Naturwiese

137,7

a

122,7

a

57,6

a

11,6

a

329,7

a

Anzahl pro m

²

²

Pflug, Zinkenrotor

15,5

b

4,5

b

99,0

a

2,5

b

121,5

b

Direktsaat

73,0

a

15,0

b

49,0

b

18,0

ab

155,0

b

Naturwiese

83,5

a

29,5

a

109,5

a

30,0

a

252,5

a

ren 61 % kleiner als bei Direktsaat. Bei der Anzahl Regenwürmer betrug die Reduktion 21 %. Wie am Standort Burgrain wurden durch das Pflügen vor allem die änözischen Arten reduziert, um durchschnittlich 82 %. Auch den epigäischen Arten fehlte vermutlich in den gepflügten ­Parzellen die nötige Mulchschicht als Nahrungsquelle (Abb. 2, Tab. 2). Wie in der Erhebung 2005 traten jedoch die endogäischen Arten beim Pflugverfahren doppelt so häufig auf wie bei Direktsaat. Mehrere Autoren haben festgestellt, dass die Bodenbearbeitung die kleineren Regenwürmer weniger beeinträchtigt als die grossen Tiefgräber (Maurer-Troxler et al. 2005, Jossi et al. 2004). Erstaunlich ist, dass die im Ober-

boden lebenden endogäischen Regenwürmer durch den Pflugeinsatz scheinbar gefördert worden sind. Über die Ursachen kann nur spekuliert werden, möglicherweise führte die um 10 % höhere Pflanzendichte im Pflugverfahren zu besseren Lebensbedingungen für die Wurmarten. Zudem war der Grobporenanteil im gepflügten Oberboden deutlich höher als in den Direktsaatparzellen (Anken et al. 1997). Pflug reduziert auch die Artenvielfalt Im Vergleich zur angrenzenden Naturwiese (= 100 %) erreichte die Gesamtbiomasse bei Direktsaat etwa 50 %, beim Pflugeinsatz noch 20 %, wobei der Tauwurm (Lum- 

Regenwurmbiomasse g/m²

350 epigäische Arten endogäische Arten anözische Lumbricus anözische Nicodrilus

300 250 200

c

b

a

150

c

100

b

c

b

a

a

50 0

Pflug

Direktsaat Naturwiese

von Hand ausgegrabene (H) Regenwürmer (0 - 20 cm)

Pflug

Direktsaat Naturwiese

mit Formalin im Unterboden (F) ausgetriebene Regenwürmer

Pflug

Direktsaat Naturwiese Total (H und F)

Abb. 2 | Biomasse (g/m ²) der Regenwurm-Artengruppen im Versuch Hausweid 2008. Mittelwerte in den ­B odenbearbeitungs-verfahren Pflug und Direktsaat im Vergleich mit der 21-jährigen Naturwiese. Signifikante Unterschiede zwischen den Bewirtschaftungssystemen sind mit unterschiedlichen Buchstaben gekennzeichnet (Tukey HSD-Test, P <5 %). Ergebnisse dargestellt für die Handauslese (H) und das anschliessende Austreiben mit Formalin im Unterboden (F) sowie dem Total der beiden Fangmethoden.

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 432–439, 2011

437


Umwelt | Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer

9 8

b

a

a

Pflug

Direktsaat

Naturwiese

Artenvielfalt

7 6 5 4 3 2 1 0 Abb. 3 | Anzahl Regenwurmarten im Versuch Hausweid 2008. Mittelwerte in den Bodenbearbeitungsverfahren Pflug, Direktsaat und in der 21-jährigen Naturwiese. Signifikante Unterschiede zwischen den Bewirtschaftungssystemen sind mit unterschiedlichen Buchstaben gekennzeichnet (T-Test, P < 5 %). Die Artenliste ist beim Autor erhältlich.

bricus terrestris) am stärksten reduziert wurde (Abb. 2). Im Pflugverfahren wurde zudem die Artenvielfalt der Regenwürmer gegenüber der Naturwiese und dem Direktsaatverfahren um durchschnittlich 30 % reduziert (Abb. 3). Im Durchschnitt aller Erhebungen im 2008 setzte sich die Regenwurm-Biomasse am Standort Hausweid aus 41 % anözischen Nicodrilus-, 24 % anözischen Lumbricus-, 31 % endogäischen und 4 % epigäischen Arten zusammen.

Diskussion Direktsaat schont Regenwürmer Ohne die ganzflächige Lockerung bei der Direktsaat sind die Böden tragfähiger und besser vor Erosion geschützt und es können – dank weniger Durchfahrten – bedeutende Mengen an Treibstoff eingespart werden (Anken et al. 1997). Im Versuch Hausweid wurden dabei keine wesentlichen Ertragseinbussen im Vergleich zum Pflugverfahren festgestellt (Anken et al. 2004). Insgesamt profitiert auch das Bodenleben von dieser konservierenden Bewirtschaftungsart. Wie in einer Naturwiese wird das Durchmischen, Durchlüften sowie die Drainage der obersten Bodenschichten zu einem grossen Teil von den Regenwürmern übernommen. Allerdings kann das Befahren mit schweren Lasten bei zu feuchtem Boden Verdichtungen verursachen und die Aktivitäten der Regenwürmer dadurch wiederum einschränken. Kramer (2008) hatte in künstlich verdichteten Böden eine Reduktion der Regenwurmpopulation nachgewiesen, besonders wenn die Böden in nassem Zustand befahren wurden.

438

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 432–439, 2011

In mehreren Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass sich die Regenwurmpopulation in Kunstwiesen relativ rasch regenerieren kann. Im Anbausystemversuch Burgrain (Periode 1997 bis 2002) vermehrten sich die anözischen Nicodrillus-Arten während der zweijährigen Kunstwiese um durchschnittlich 80 % (Jossi et al. 2004). Auch die Direktsaat schont die Regenwürmer, was mit der Erhebung im Versuch Hausweid bestätigt werden konnte. In diesem Versuch mit einer Fruchtfolge ohne Kunstwiese hat sich jedoch gezeigt, dass die Bedingungen für Regenwürmer auch bei Direktsaat nur halb so gut sind wie in der angrenzenden Naturwiese. Je nach Kultur und Bewirtschaftungsart benötigen die Regenwürmer unter Direktsaatbedingungen mehr Zeit für die Regeneration als in einer Kunstwiese. MaurerTroxler et al. (2005) konnte bei Direktsaat sieben Jahre nach den letzten Bodeneingriffen einen deutlichen Anstieg der anözischen Regenwurmarten auf eine wiesenähnliche Population feststellen. Die Regenwurm fördernde Wirkung der Direktsaat war besonders hoch in der Fruchtfolge ohne Kartoffeln.

Schlussfolgerungen Die Regenwürmer werden durch viele Faktoren mehr oder weniger stark beeinflusst. Neben der Bodenbearbeitung spielen auch Düngung und Bodenbeschaffenheit (Jäggi et al. 2002) eine Rolle. Naturnahe Bewirtschaftung wie Bio (Pfiffner & Luka 2007) oder IP Extensivanbau (Jossi et al. 2004) wirken regenwurmschonend. Pflanzenbehandlungsmittel können die Population schwächen. Immerhin sind in den letzten Jahren regenwurmtoxische Pestizide weitgehend vom Markt genommen worden (Jossi et al. 2004). Ausschlaggebend für eine nachhaltige Förderung der Regenwurmpopulation bei ackerbaulicher Bewirtschaftung sind möglichst wenig Bodenbearbeitungseigriffe vor allem während den regenwurmaktiven Zeiten im Frühjahr und im Herbst, die Vermeidung von Bodenverdichtungen, sowie ein möglichst dauernder Pflanzen-bewuchs und der Anbau von mehrjährigen Wiesen in der Fruchtfolge. n


La lavorazione ridotta del suolo protegge i lombrichi I lombrichi migliorano la fertilità del suolo attraverso la loro attività. Nell'area agricola, le popolazioni più numerose si concentrano nelle praterie permanenti. Nell'ambito di due prove pluriennali sul sistema di coltivazione condotti a Burgrain (Alberswil LU) e Haudweid (Aadorf TG), si sono studiati gli effetti del tipo e dell'intensità della lavorazione del suolo sulla popolazione di lombrichi. A Burgrain, in una rotazione delle colture sessennale, i metodi di semina su pacciamatura PI per colza e il metodo PI con semina di mais da silo su banda fresata (PI estensiva), non hanno mostrato, sulla media dal 2004 al 2008, nessuna differenza significativa nella biomassa di lombrichi rispetto al metodo di aratura nella coltivazione biologica e PI (PI intensiva). Sulla superficie di Hausweid si sono registrate dopo 21 anni differenze più marcate tra intensità e tipo di lavorazione. Nella rotazione delle colture quadriennale senza prati artificiali le popolazioni di lombrichi sono state rilevate in relazione ai metodi di semina diretta e con aratura, nonché nei prati naturali limitrofi. In questi ultimi è stata misurata una biomassa da lombrichi di 330 g per m². Nelle particelle a semina diretta e in quelle arate si sono registrati valori inferiori rispettivamente del 50 per cento circa e dell'80 per cento. La diversità delle specie di lombrichi nei prati naturali e nei terreni a semina diretta è risultata in media del 30 per cento superiore rispetto a quella dei terreni arati. I risultati confermano l'effetto positivo della semina diretta sui lombrichi.

Literatur ▪▪ Anken T., Heusser J., Weisskopf P., Zihlmann U., Forrer H.R., Högger H.R., Scherrer C., Mozafar A. & Sturny W., 1997. Bodenbearbeitungs­ systeme, Direktsaat stellt höchste Anforderungen. FAT-Bericht Nr. 501, Tänikon, 14 S. ▪▪ Anken T., Weisskopf P., Zihlmann U., Forrer H.R., Jansa J. & Perhacova K., 2004. Long-term tillage system effects under moist cool conditions in Switzerland. Soil & Tillage Research 78, 171–183. ▪▪ Bauchhenss J., 2005. Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit – Bestandesaufnahme zum Wissensstand in Deutschland. FLN Heft 10/2005, 15–29. ▪▪ Cuendet G., 1995. Identification des lombriciens de Suisse. Vauderens, 19 S. ▪▪ Cuendet G., 1997. Die Regenwurmfauna von Dauergrünland des Schweizer Mittellandes. Buwal Schriftenreihe Umwelt Nr. 291, 1–92. ▪▪ Jäggi W., Weisskopf P., Oberholzer H.R. & Zihlmann U., 2002. Die Regenwürmer zweier Ackerböden. Agrarforschung 9 (10), 446–451.

Summary

Riassunto

Reduzierte Bodenbearbeitung schont die Regenwürmer | Umwelt

Reduced tillage protects earthworms Earthworm activity improves soil fertility. In arable crop rotations highest earthworm populations are usually found in leys. The impact of tillage system and tillage intensity on earthworm populations was studied in the two long term trials at Burgrain (Albertswil LU) and at Hausweid (Aadorf TG). At Burgrain having a crop rotation lasting six years and including a ley, no significant difference of earthworm biomass was found between ploughed plots and plots with in the sampling period 2004 – 2008 in the tillage system usingminimum tillage (mulch drilling for oilseed rape and sowing with a rotary band cultivatorrotary band seeding for silage maize) (IP extensive) compared to ploughing in both, the organic as well as the integrated production (IP intensive). In contrast, at Hausweid having a four years crop rotation at Hausweid without ley, earthworm populations differed significantly depending on tillage system and tillage intensity after 21 years of the trial. Earthworm biomass reached 330 g per m² in the permanent grassland adjacent to the trial whereas it was reduced by 50 % in the no-till and even by 80 % in the ploughed plots. Additionally, average earthworm species diversity in permanent grassland and no-till was 30 % higher than in ploughed tillage system. These findings confirm the positive impact of no-till on the increase of earthworm populations and species diversity. Key words: Earthworm, no-till, farming system, tillage system.

▪▪ Jossi W., Valenta A. & Tschachtli R., 2004. Das Auf und Ab der Regenwurmfauna. Schriftenreihe der FAL 52, Zürich, 53–58. ▪▪ Kramer S., Weisskopf P. & Oberholzer H.R., 2008. Status of earthworm populations after different copaction impacts and varying subsequent soli management practices. 5th International Soil Conference ISTRO Czech Branch – Brno 2008, 249 – 256. ▪▪ Maurer-Troxler C., Chervet A., Ramseier L. & Sturny W., 2005. Bodenbiologie nach zehn Jahren Direktsaat und Pflug. Agrarforschung 12 (10), 460–465. ▪▪ Pfiffner L. & Luka H., 2007. Earthworm populations in two low-input ­c ereal farming systems. Applied Soil Ecology 37, 184–191. ▪▪ Zihlmann U. & Tschachtli R., 2010. Integrierter und biologischer Anbau im Vergleich. ART-Bericht Nr. 722, Zürich, 16 S.

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 432–439, 2011

439


N u t z t i e r e

Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010 Ueli Wyss, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux Auskünfte: Ueli Wyss, E-mail: ueli.wyss@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 14

Eine gute Verdichtung der Silagen und besonders ein genügend hoher Vorschub während der Entnahme sind die wichtigsten Faktoren zur Verhinderung von Nachgärungen. (Foto: ALP)

Einleitung Silomais siliert rasch und problemlos, sofern beim Einsilieren die Silierregeln eingehalten wurden. Eine ungenügende Verdichtung und vor allem zu geringe Entnahmemengen bei der Verfütterung sind die Hauptgründe für die Erwärmung der Silagen. Durch einen gezielten Einsatz von Siliermitteln können die Nachgärungen ver-

440

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 440–445, 2011

hindert werden. Dies gelingt jedoch nur, wenn die Silierregeln eingehalten wurden, das gewählte Siliermittel in der empfohlenen Dosierung eingesetzt und homogen im Siliergut verteilt wird. Zudem muss das Mittel für den gewünschten Anwendungsbereich wirksam sein. Inwieweit das Produkt Schaumasil supra NK zur Verbesserung der aeroben Stabilität wirksam ist, wurde in Versuchen mit Silomais im Herbst 2010 untersucht.


Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010 | Nutztiere

Silomais der Sorte Amadeo wurde am 20. September (1. Erntetermin) und am 11. Oktober 2010 (2. Erntetermin) mit einem durchschnittlichen TS-Gehalt von 32,8 und 36,2 % einsiliert. Die Maispflanzen wurden auf dem Feld von Hand geschnitten und anschliessend mit einem Probenhäcksler zerkleinert (theoretische Häcksellänge 5 mm). Pro Erntetermin und Variante wurden jeweils fünf Laborsilos zu 1,5 l Inhalt gefüllt. Die Gehaltswerte der Maispflanzen beim Einsilieren sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Die anhand des TS-Gehaltes und des Verhältnisses Zucker/Pufferkapazität berechneten Vergärbarkeitskoeffizienten ergaben Werte von 77 und 85. Bei Werten über 45 gilt das Siliergut als leicht silierbar (Kaiser und Weiss 2007). Als Negativkontrolle diente eine Variante «Ohne Zusatz» und als Positivkontrolle eine Variante mit Luprosil. Geprüft wurde das Produkt Schaumasil supra NK. Die genauen Dosierungen der eingesetzten Siliermittel sind in Tabelle 2 dargestellt. Das Produkt Schaumasil supra NK enthält hauptsächlich Ammoniumpropionat. Zur Bestimmung der Säuerungsgeschwindigkeit wurde bereits drei Tage nach dem Einsilieren ein Silo pro Variante geöffnet und der pH-Wert analysiert. Die restlichen Silos wurden nach acht Wochen Silierdauer geöffnet. Eine Woche vor der Entnahme wurden die Silagen während 24 Stunden einem Luftstress unterzogen, dabei wurden die Löcher (oben und unten im Glas) geöffnet. 

Zusammenfassung

Material und Methoden

Durch einen gezielten Einsatz von wirksamen Siliermitteln können die Nachgärungen verhindert werden. Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP hat das Siliermittel Schaumasil supra NK bei Silomais zur Verbesserung der aeroben Stabilität geprüft. Zusätzlich wurde neben einer Negativkontrolle ohne Zusatz auch eine Positivkontrolle mit Luprosil mitberücksichtigt. Die Versuche wurden mit Silomais der Sorte Amadeo mit Trockensubstanz (TS)Gehalten von 33 und 36 % in Laborsilos zu 1,5 Liter Inhalt durchgeführt. Die Silierdauer betrug 56 Tage. Alle Silagen wiesen eine gute Gärqualität auf. Die unbehandelten Silagen erwärmten sich nach der Entnahme sehr schnell. Sowohl die Positivkontrolle mit Luprosil als auch das zu prüfende Siliermittel Schaumasil supra NK verbesserten die aerobe Stabilität der Silagen. Auf Grund dieser Ergebnisse wurde das Siliermittel Schaumasil supra NK nun definitiv für die Verbesserung der aeroben Stabilität bewilligt.

Tab. 1 | Gehaltswerte des Silomais beim Einsilieren 1. Erntetermin

2. Erntetermin

Trockensubstanz

%

32,8

36,2

Rohasche

g/kg TS

33

33

Rohprotein

g/kg TS

65

81

Rohfaser

g/kg TS

164

145

ADF

g/kg TS

191

172

NDF

g/kg TS

370

334

Zucker

g/kg TS

131

132

Nitrat

g/kg TS

< 0,5

< 0,5

Pufferkapazität

g/kg TS

23

22

Vergärbarkeitskoeffizient

77

85

NEL

MJ/kg TS

6,5

6,7

APDE

g/kg TS

65

71

APDN

g/kg TS

40

50

ADF: Lignozellulose NDF: Zellwände NEL: Netto-Energie Laktation APDE: Absorbierbares Protein im Darm, das auf Grund der verfügbaren Energiemenge aufgebaut werden kann. APDN: Absorbierbares Protein im Darm, das auf Grund des abgebauten Rohproteins aufgebaut werden kann.

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 440–445, 2011

441


Nutztiere | Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010

Tab. 2 | Die Prüfverfahren und die Dosierungen der eingesetzten Siliermittel (Dosierung für 100 kg Futter) 1. Erntetermin

2. Erntetermin

Luprosil (Positivkontrolle)

500 g

600 g

Schaumasil supra NK

600 g

600 g

Ohne Zusatz (Negativkontrolle)

Tab. 3 | Gehaltswerte und Nährwerte der Maissilagen Variante

Erntetermin

Rohasche

Rohprotein

Rohfaser

ADF

NDF

Zucker

NEL

APDE

APDN

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

MJ/kg TS

Ohne Zusatz

1

31

68

178

199

353

51

6,4

64

42

Luprosil

1

30

65

165

189

350

69

6,5

64

40

Schaumasil supra NK

1

33

70

173

200

379

69

6,5

65

43

Ohne Zusatz

2

33

76

144

165

341

44

6,7

68

47

Luprosil

2

32

74

140

164

323

103

6,7

68

46

Schaumasil supra NK

2

33

77

150

176

334

85

6,7

68

47

DLG Punkte

Tab. 4 | Gärparameter der Maissilagen Variante

Ernte­ termin

TS

pH-Wert Tag 3

pHWert

% Ohne Zusatz

1

Luprosil Schaumasil supra NK

Milchsäure

Essigsäure

Propions­äure

Buttersäure

Ethanol

fl. S./ Ges. S.

NH3-N / Ges. N

Gärgasverlust

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

g/kg TS

%

%

%

46

12

0

0

14

21

6,6

2,9

100

31,7

4,4

4,1

1

31,8

4,8

4,0

47

8

11

0

5

29

6,3

1,4

100

1

32,3

4,9

4,0

45

9

9

0

10

30

10,4

2,2

100

Ohne Zusatz

2

35,2

4,6

4,0

54

10

0

0

6

16

5,9

2,3

100

Luprosil

2

36,0

4,7

4,0

43

5

14

0

1

31

3,5

0,8

100

Schaumasil supra NK

2

35,0

5,0

3,9

57

7

11

0

2

24

9,0

1,1

100

fl. S./Ges. S.: Anteil der flüchtigen Säuren an den Gesamtsäuren NH 3 -N/Ges. N: Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff

Tab. 5 | Aerobe Stabilität der Maissilagen Variante

Ohne Zusatz

Erntetermin

Max. Temperatur-­ differenz

Anzahl Stunden

°C

1

12

14,8

pH-Wert Ende Nachgärtest 7,3

Luprosil

1

216*

0,0

3,9

Schaumasil supra NK

1

124

4,1

5,0

Ohne Zusatz

2

26

13,5

7,2

Luprosil

2

216*

-0,4

4,0

Schaumasil supra NK

2

216*

-0,1

3,9

* Test nach 216 Stunden abgebrochen

442

Aerobe Stabilität

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 440–445, 2011


Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010 | Nutztiere

Abb. 1 | Eine gute Silagequalität ist eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Futteraufnahme. (Foto: ALP)

Gehaltswerte der Silagen Die Gehaltswerte der Silagen, aufgeteilt nach Erntetermin und Variante, sind aus Tabelle 3 ersichtlich. Dabei wiesen bei beiden Ernteterminen die behandelten Silagen stets höhere Zuckergehalte auf als die unbehandelten. Die übrigen Rohnährstoffgehalte sowie die NEL-, APDE- und APDN-Werte waren innerhalb des gleichen Erntetermins sehr ähnlich.

ten Silagen sank der pH-Wert innerhalb der ersten drei Tage tiefer ab als bei den beiden behandelten Silagen. Die chemischen Wirkstoffe verzögerten hier die Milchsäuregärung. Nach zwei Monaten Lagerdauer wiesen alle Silagen pH-Werte um 4,0 auf. In den unbehandelten Silagen konnte keine Propionsäure nachgewiesen werden. Die behandelten Silagen, bei denen mit dem Siliermittel Propionsäure zugesetzt wurde, wiesen hingegen Propionsäure auf. Alle Silagen waren frei von Buttersäure. Essigsäure wurde relativ wenig gebildet. Der Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff war bei fast allen Silagen tiefer als 10 %. Die tiefsten Werte wies jeweils die Positivkontrolle auf. Die Gärgasverluste waren bei allen Silagen gering. Die tiefsten Werte wiesen bei beiden Ernteterminen die mit Luprosil behandelten Silagen auf. Nach dem DLG-Bewertungsschlüssel (DLG 2006) erreichten alle Silagen die Maximalpunktzahl.

Gärparameter der Silagen Die verschiedenen Gärparameter sind aus Tabelle 4 ersichtlich. Eine gute Silagequalität wirkt sich positiv auf die Futteraufnahme aus (Abb. 1). Bei den unbehandel-

Aerobe Stabilität Bei den Silagen des ersten und zweiten Erntetermins erwärmten sich die Negativkontrollen sehr schnell und der pH-Wert stieg stark an (Tab. 5). Nach der neuntägi- 

Für die Analysen wurden drei Silos pro Variante berücksichtigt. Die aerobe Stabilität wurde anhand von Temperaturmessungen ermittelt. Alle 30 Minuten wurde die Temperatur gemessen und registriert. Diese Erhebung dauerte mindestens acht Tage. Als aerob stabil wurden die Silagen angesehen, solange die Temperatur in der Silage die Lokaltemperatur nicht um mehr als 1°C übertraf.

Ergebnisse und Diskussion

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 440–445, 2011

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Nutztiere | Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010

18 16 14

Temperaturdifferenz, °C

12 10 8 6 4 2 0 -2 0

24

48

72

96

120

144

168

192

216

Erhebungsdauer, Stunden Ohne Zusatz - 1. Probe

Ohne Zusatz - 2. Probe

Ohne Zusatz - 3. Probe

Luprosil - 1. Probe

Luprosil - 2. Probe

Luprosil - 3. Probe

Schaumasil supra NK - 1. Probe

Schaumasil supra NK - 2. Probe

Schaumasil supra NK - 3. Probe

Abb. 2 | Temperaturverlauf bei Maissilagen mit 33 % TS nach der Entnahme.

gen Erhebungsdauer waren diese Silagen total verdorben. Die Positivkontrolle mit Luprosil vermochte die Erwärmung während der neuntägigen Erhebungsdauer bei beiden Ernteterminen ganz zu verhindern und der pH-Wert stieg nicht an. Eine gute Wirkung zeigte auch das zu prüfende Siliermittel Schaumasil supra NK. Beim ersten Erntetermin erwärmten sich die drei Wiederholungen (1. – 3. Probe) unterschiedlich schnell (Abb. 2). Doch im Durchschnitt konnte eine Verbesserung der aeroben Stabilität um 4,7 Tage festgestellt werden. Beim zweiten Erntetermin konnte bei keiner Wiederholung eine Erwärmung festgestellt werden und auch der pHWert veränderte sich nicht.

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Agrarforschung Schweiz 2 (10): 440–445, 2011

Schlussfolgerungen ••Alle Silagen wiesen eine gute Gärqualität auf und erreichten 100 DLG-Punkte. ••Mit dem Einsatz des Siliermittels Schaumsil supra NK konnte die aerobe Stabilität der Silagen verbessert werden. ••Aufgrund von diesen Daten wurde das Siliermittel Schaumail supra NK zur Verbesserung der aeroben Stabilität bewilligt. n


Additivi per insilati e stabilità aerobica: risultati dei test 2010 Attraverso l’uso mirato di additivi efficaci per l'insilamento è possibile evitare fermentazioni successive. La Stazione di ricerca Agroscope Liebefeld-Posieux ALP ha testato l'additivo Schaumasil supra NK su insilati di mais per migliorare la stabilità aerobica. Oltre ad un controllo negativo senza additivi è stato preso in considerazione un controllo positivo utilizzando Luprosil. Le prove sono state eseguite su insilati di mais della varietà Amadeo con tenori in sostanza secca (SS) compresi tra il 33 e il 36 % in silos di laboratorio da 1,5 litri. La durata d’insilamento era di 56 giorni. Tutti gli insilati hanno mostrato una buona qualità fermentativa. Dopo il prelevamento quelli non trattati si riscaldavano molto velocemente. La stabilità aerobica è risultata migliore sia nel controllo positivo con Luprosil, che in quello con il prodotto in prova, Schaumasil supra NK. Sulla base di tali risultati, Schaumasil supra NK è stato omologato definitivamente quale prodotto per il miglioramento della stabilità aerobica.

Summary

Riassunto

Siliermittel und aerobe Stabilität – ­Testergebnisse 2010 | Nutztiere

Silage additives and aerobic stability: test results 2010 When using efficient silage additives the aerobic instability can be reduced. The Liebefeld-Posieux Research Station ALP tested the silage additive Schaumasil supra NK meant for improving the aerobic stability of maize silages. In addition to a negative control without additives, a positive control with Luprosil was taken into account. The trials were conducted with silage maize of the Amadeo variety with dry-matter (DM) contents of 33 % and 36 %, ensiled in 1,5-litre laboratoryscale silos. The storage period lasted 56 days. All silages showed a very good fermentation quality. The silages without additives warmed up very fast after opening the silos. The silages of the positive control with Luprosil as well as as the variant with Schaumasil supra NK improved the aerobic stability. Based on these results, the product Schaumasil supra NK was now definitively authorized for the improvement of aerobic stability. Key words: silage additives, maize silage, aerobic stability, fermentation quality.

Literatur ▪▪ DLG, 2006. Grobfutterbewertung. Teil B – DLG-Schlüssel zur Beurteilung der Gärqualität von Grünfuttersilagen auf Basis der chemischen Untersuchung. DLG-Information (2). ▪▪ Kaiser E. & Weiss K., 2007. Nitratgehalt im Grünfutter – Bedeutung für Gärqualität und siliertechnische Massnahmen. Übersichten zur Tierernährung 35 (1), 13–30.

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 440–445, 2011

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P f l a n z e n b a u

Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz Andrea Foetzki1, Michael Winzeler1, Thomas Boller2, François Felber3, Wilhelm Gruissem4, Christoph Keel5, Beat Keller6, Fabio Mascher7, Monika Maurhofer8, Wolfgang Nentwig9, Jörg Romeis1, Christof Sautter4, Bernhard Schmid10 und Franz Bigler1 1 Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich 2 Universität Basel, Botanisches Institut, 4056 Basel 3 Université de Neuchâtel, Institut de biologie, 2000 Neuchâtel 4 ETH Zürich, Pflanzenbiotechnologie, 8092 Zürich 5 Université de Lausanne, Dép. de microbiologie fondamentale, 1015 Lausanne 6 Universität Zürich, Institut für Pflanzenbiologie, 8008 Zürich 7 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 8 ETH Zürich, Pflanzenpathologie, 8092 Zürich 9 Universität Bern, Institute für Ökologie und Evolution, 3012 Bern 10 Universität Zürich, Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften, 8057 Zürich Auskünfte: Andrea Foetzki, E-Mail: andrea.foetzki@art.admin.ch, Tel. +41 44 377 76 64

Abb. 1 | Versuchsparzellen im Feldversuch mit gentechnisch verändertem Weizen am Standort ­Reckenholz. (Foto: ART)

Einleitung NFP59 und Weizenkonsortium Gentechnisch veränderte (GV) Pflanzen wurden erstmals 1996 kommerziell angebaut und wuchsen im Jahr 2010 bereits in 29 Ländern auf 148 Mio. ha (10 % der weltweiten Ackerfläche, James 2010). In der Schweiz verbietet ein Moratorium die kommerzielle Nutzung

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Agrarforschung Schweiz 2 (10): 446–453, 2011

von GV Pflanzen bis November 2013. Die Forschung mit GV Pflanzen wurde davon explizit ausgenommen und vom Bundesrat beauftragt, mögliche Vor- und Nachteile des Anbaus von GV Pflanzen zu untersuchen. Hierzu wurde im Jahre 2006 das Nationale Forschungs­ programm NFP 59 «Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen» durch den Schweize­rischen Nationalfonds (SNF) ausgeschrieben


(www.nfp59.ch). Daraufhin wurde das Weizenkon­ sortium gebildet, um im Forschungsverbund wissenschaftliche Projekte mit mehltauresistentem GV Weizen in Freilandversuchen zu bearbeiten. Beteiligt waren die Universität Zürich (Leitung), ETH Zürich, die Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW und Agroscope Reckenholz-Tänikon ART sowie die Universitäten Basel, Bern, Lausanne und Neuchâtel. Der SNF bewilligte acht Projekte für das Weizenkonsortium. Zwei dieser Projekte untersuchten die verbesserte Mehltauresistenz des Weizens (Nutzen) und sechs Projekte beschäftigten sich mit Biosicherheitsforschung (Umwelt­risiken). Für die rechtliche Bewilligung der Freilandver­suche wurden drei Gesuche für GV Weizenlinien und Hybriden von GV Weizen mit dem Gras Zylindrischer Walch (Aegilops cylindrica) beim BAFU eingereicht. Nach der Vernehmlassung bei den betroffenen Bundesämtern, Kommissionen und Standortskantonen wurden die Gesuche mit Auflagen bewilligt. Eine grosse Tab. 1 | Projekte des Weizenkonsortiums in den Feldversuchen mit gentechnisch verändertem (GV) mehltauresistentem Weizen 2008 – 2010 Resistenzforschung B. Keller

Universität Zürich

W. Gruissem

ETH Zürich

C. Sautter

ETH Zürich

F. Mascher

ACW

Analyse der Mehltauresistenz durch Chitinase/Glukanase aus Gerste

T. Boller

Universität Basel

Wechselwirkungen von arbuskulären Mykorrhizapilzen mit GV und nicht-GV Weizen

W. Nentwig

Universität Bern

Effekte von GV Weizenanbau auf die Abbaurate von GV ­Biomasse durch Bodenarthropoden und Anneliden

M. Maurhofer

ETH Zürich

C. Keel

Université de Lausanne

J. Romeis

ART

B. Schmid

Auswirkungen von GV Weizen auf die Bodenfruchtbarkeit durch nützliche Bodenbakterien

Auswirkungen von GV Weizen auf herUniversität Zürich bivore Insekten und Nahrungsnetze Einfluss von abiotischer und bio­tischer Universität Zürich Umwelt auf ökologische ­Eigenschaften von GV und nicht-GV Weizen

F. Felber Université de R. Guadagnuolo Neuchâtel A. Foetzki

ART

F. Mascher

ACW

C. Sautter

ETH Zürich

*teilweise vom SNF finanziert

Nutzen und Umweltrisiken von gentechnisch verändertem (GV) Sommerweizen mit verbesserter Mehltauresistenz wurde von einem Verbund Schweizer Forschungsgruppen von 2008 bis 2010 an zwei Standorten im Freiland untersucht. GV Weizenlinien mit spezifischer Resistenz gegen Mehltau und allgemeiner Pilzresistenz wurde mit Kontrolllinien, kommerziellen Weizensorten sowie Gerste und Triticale verglichen. Neben der Mehltauresistenz wurden die Auswirkungen auf Insekten und Bodenlebewesen (Bakterien, Mykorrhizapilze, Bodenfauna) sowie die Auskreuzung auf Weizen untersucht. Mehrere GV Weizenlinien waren deutlich resistenter gegen Mehltau als ihre Kontrollen. Es wurden keine relevanten Auswirkungen auf Nichtzielorganismen, deren Biodiversität und ausgewählte Ökosystemleistungen gefunden. Insgesamt waren die Unterschiede zwischen GV und Kontrolllinien geringer als zwischen kommerziellen Weizensorten oder anderen Getreidearten. Auskreuzungsereignisse waren selten und wurden nur in kurzer Distanz zu GV Versuchspflanzen gefunden.

Analyse der Funktion des Pm3 Resistenzgens in ­transgenem Weizen

Biosicherheitsforschung

B. Schmid

Zusammenfassung

Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz | Pflanzenbau

Genetische und ökologische Konsequenzen von Introgression transgener Weizen in ein verwandtes Wildgras, Aegilops ­c ylindrica Auskreuzung der Chitinase/­GlukanaseLinien auf Weizen*

Anzahl Massnahmen betrafen die Biosicherheit (z.B. Vermeidung der Verschleppung von GV Material) oder sollten die Versuchssicherheit (Schutz vor Vandalismus) gewährleisten. Das Weizenkonsortium hatte sich zum Ziel gesetzt, mit mehltauresistentem GV Weizen Erkenntnisse zur Feldresistenz von Pathogenen zu erarbeiten und Fragen zur Biosicherheit interdisziplinär zu untersuchen. Die Ausbildung von jungen Forschenden in der Resistenzund Biosicherheitsforschung war ein besonderes Anliegen des Konsortiums. Ausserdem förderte das Weizenkonsortium die wissenschaftlich basierte Diskussion über Nutzen und Risiken der Gentechnologie und suchte aktiv den Dialog mit der Bevölkerung. Versuchsstandorte und beteiligte Projekte Die Feldversuche mit GV Weizen wurden in den Jahren 2008 bis  2010 an den Forschungsanstalten ART am Standort Zürich-Reckenholz (Abb. 1) und ACW am Standort Pully/Lausanne (2009 bis 2010) durchgeführt. ART und ACW waren für die technische Versuchsdurchführung und die agronomische Betreuung der Freilandversuche, die technische und wissenschaftliche Koordination und die Planung und Umsetzung der Sicherheitsmassnahmen  (Biosicherheit, Versuchssicherheit) verantwortlich.

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447


Pflanzenbau | Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz

Die wissenschaftlichen Projekte (Tab. 1) untersuchten am Standort Reckenholz die Mehltauresistenz, agronomische Eigenschaften und Auswirkungen auf Insekten und Bodenorganismen. Es wurden ebenfalls Versuche zum ökologischen Verhalten der Pflanzen, zu Ökosystemleistungen und Auskreuzung durchgeführt. In Pully wurde neben den agronomischen Eigenschaften die Resistenz gegen verschiedene Pilzkrankheiten, Auswirkungen auf Bodenorganismen und Auskreuzung untersucht. Wir präsentieren hier ausgewählte Methoden und Resultate einiger Projekte des Weizenkonsortiums. Pflanzenmaterial und Versuchstechnik In den Feldversuchen wurden verschiedene GV Sommerweizenlinien und ihre Kontrolllinien mit kommerziell erhältlichen Sommerweizensorten und anderen

Tab. 2 | Weizenlinien und Getreidesorten in den Feldversuchen mit gentechnisch verändertem Weizen 2008 – 2010 (S = Kontrolllinie, Pm3 = GV Linien mit Ursprungssorte Bobwhite, Chi, Chi/Glu = Chitinase/Glukanase GV Linien mit Ursprungssorte Frisal) Prüfsorte

Transgen

Pm3a (2 Linien)

Pm3a

Sa (2 Linien)

Pm3b (4 Linien)

Pm3b

Sb (4 Linien)

Pm3c (2 Linien)

Pm3c

Sc (2 Linien)

Pm3d

Pm3d

Sd

Pm3f (2 Linien)

Pm3f

Sf (2 Linien)

Pm3g

Pm3g

Sg

Bobwhite SH 98 26

Chi Chi/Glu

Chi Chi, Glu

Frisal

Toronit, Fiorina, Casana, Rubli

Chul (Pm3b)*

Asosan (Pm3a)*

Estana (Gerste)

Trado (Titicale)

*asiatische Landrassen mit natürlichen Varianten der Pm3 Gene

448

Getreidearten verglichen. Insgesamt zwölf Weizen­ linien mit Allel-spezifischer Mehltauresistenz (mit den Pm3 Allelen Pm3a-d, Pm3f-g) und deren unveränderte Kontrolllinien auf Grundlage der mexikanischen Zuchtlinie Bobwhite S26 stammten von der Universität Zürich (Brunner et al. 2011). Zwei Weizenlinien mit einer quantitativen Pilzresistenz (Chitinase- und Glukanase-Gene) auf der Grundlage der Schweizer Sommerweizensorte Frisal kamen von der ETH Zürich (Bieri et al. 2003). Bei diesen Weizenlinien handelt es sich um Modellpflanzen für die Erforschung von Pilzresistenzen, also nicht um Linien, die für die Sortenzüchtung und eine mögliche Kommerzialisierung entwickelt worden waren. Alle Transgene sind Gene, die aus Weizen (Pm3 Allele) oder Gerste (Chitinase, Glukanase) isoliert wurden, deren Aktivität aber in den transgenen Pflanzen erhöht wurde. Dieses Pflanzenmaterial wurde zusammen mit den für die Transformation verwendeten Ursprungssorten (Bobwhite S26, Frisal), vier neueren Schweizer Sommerweizensorten sowie Sommergerste und Sommertriticale im Feldversuch angebaut (Tab. 2). Es wurden zwei Parzellengrössen verwendet, Kleinparzellen mit einer Fläche von 1,3 m² und Grossparzellen mit einer Fläche, die je nach Versuchsjahr und -standort zwischen 3,9 und 9,1 m² variierte. Die Versuchsteile wurden jeweils in vier- bis fünffacher Wiederholung zufallsverteilt angelegt, um eine statistische Auswertung zu ermöglichen. Der gesamte Versuch war von einer 2,6 m breiten Mantelsaat aus Sommertriticale umgeben. Die Versuchsfläche in Pully war etwa 0,1 ha gross, am Reckenholz variierte die Versuchsfläche je nach Jahr zwischen 0,5 und 0,9 ha.

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Verfahren In den Resistenzanalysen (Kleinparzellen) wurden verschiedene Verfahren der Mehltauinfektion untersucht: künstliche Infektion, natürliche Infektion sowie Verhinderung der Infektion durch Fungizide. Für die künstliche Infektion wurden mehltauanfällige Weizensorten in Töpfen angezogen, mit definierten Mehltauisolaten infiziert und in Infektionsreihen ausgepflanzt. Die Infektionsreihen bestanden aus hoch anfälligen Weizensorten, die zwischen den Versuchsparzellen angesät wurden. Ausgehend von den eingesetzten Töpfen entwickelte sich in diesen Reihen ein hoher Infektionsdruck auf die Prüfparzellen.

Methoden und Resultate Mehltauresistenz Im Verlauf der Versuche wurden alle Weizenlinien und -sorten in den Mehltau-Resistenzanalysen untersucht.


Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz | Pflanzenbau

Mehltaubefall (AUDPC)

150

100

50

it on

bli

To r

Ru

Fio r

ina

a Ca sa n

e

4

bw hit

Sb

Bo

3 Sb

2 Sb

1 Sb

4

3

Pm 3b

2

Pm 3b

Pm 3b

Pm 3b

1

0

Abb. 2 | Natürlicher Mehltaubefall (Reckenholz, 2008) als Fläche unter der Krankheitsverlaufskurve (AUDPC = area under disease progress curve). Pm3b1 – 4 : GV Linien, Sb1 – 4 : Kontrolllinien, Bobwhite: Ursprungssorte der GV und Kontrolllinien, Casana, Fiorina, Rubli, Toronit: kommerzielle Sorten.

Auswirkungen auf Insekten und Bodentiere Eine gentechnische Veränderung kann den Stoffwechsel der Pflanzen beeinflussen und dies kann Auswirkungen auf herbivore Insekten haben. Blattläuse haben ein sehr enges Verhältnis zu ihren Wirtspflanzen und sind daher gute Indikatoren für eine mögliche Veränderung ihrer Futterpflanze. Blattläuse und ihre natürlichen Gegenspieler (Schlupfwespen) eignen sich ausserdem gut zur Untersuchung ganzer Nahrungsnetze, um Effekte auf höheren Ebenen der Nahrungskette aufzuzeigen (von Burg et al. 2011). Die Untersuchungen der Insekten und ihrer Nahrungsnetze wurden im halb-offenen Gewächshaus (Romeis et al. 2007) und im Feld durchgeführt. Blattläuse und die Larven des Getreidehähnchens (Oulema melanopus) wurden alle zwei Wochen von Mai bis Juli auf Teilflächen in den Parzellen gezählt. Zusätz-

lich wurden parasitierte Blattlausmumien gesammelt und zur Bestimmung der Schlupfwespen ins Labor gebracht. Die Schäden, die durch die Larven des Getreidehähnchens und der Gelben Getreidehalmfliege (Chlorops pumilionis) entstanden, wurden jeweils Anfang Juli als Anteil der geschädigten Blattfläche beziehungsweise Anzahl befallener Halme aufgenommen. Die Anzahl der Blattläuse im halb-offenen Gewächshaus war unterschiedlich zwischen den Jahren und Sorten bzw. Weizenlinien (Álvarez-Alfageme et al., 2011). Die mehltauresistente GV Linie Pm3b1 hatte deutlich mehr Blattläuse als ihre Kontrolle Sb1 (Abb. 3). Zusätzliche Laborversuche haben gezeigt, dass die Blattläuse weniger von Mehltau befallene Weizenpflanzen bevorzugen. Dagegen hatten die GV Weizenlinien keine konsistenten Auswirkungen auf die Blattlaus-Schlupfwespen Nahrungsnetze (von Burg et al. 2011). Für die herbivoren Insekten im Freiland wurden grosse Unterschiede zwischen den Versuchsjahren festgestellt, das eingeführte Transgen hatte jedoch keinen Einfluss  (Álvarez-Alfageme et al. 2011). * 15

Blattläuse / Halm

Für die meisten Prüfsorten wurden die drei Verfahren künstliche beziehungsweise natürliche Mehltau-Infektion und Fungizidbehandlung durchgeführt. Mit beginnender Infektion wurde wöchentlich Mehltau in den Versuchsparzellen bonitiert. In den Versuchen zur Mehltauresistenzanalyse am Reckenholz zeigten sich die GV Weizenlinien Pm3a1 und Pm3a2 sowie Pm3b1 bis Pm3b4 deutlich resistenter als ihre Kontrolllinien (Abb. 2, Zeller et al. 2010, Brunner et al. 2011) und die asiatischen Landrassen Asosan und Chul, aus denen die Pm3a oder Pm3b Gene isoliert worden waren (Tab. 2). Auch die anderen Weizenlinien mit Pm3Allelen und die kommerziellen Schweizer Sorten wiesen eine erhöhte Resistenz gegen Mehltau auf. Sie zeigten einen geringeren Mehltaubefall als die mexikanische Sorte Bobwhite. Dies konnte sowohl bei natürlicher Infektion wie auch bei künstlicher Infektion beobachtet werden. Die GV Weizenlinien Chi und Chi/Glu waren im Feldversuch nicht resistenter als ihre Ursprungssorte Frisal.

10

1 Pm3b1

*

2 Sb1 3 Chi/Glu

5

4 Frisal 5 Rubli

0

1

2

3 4 2008

5

1

2

3 4 2009

5

Abb. 3 | Anzahl Blattläuse pro Halm im halb-offenen Gewächshaus 2008 und 2009. GV Linien: Pm3b1, Chi/Glu , Kontrollen: Sb1, Frisal, kommerzielle Sorte: Rubli.* = Signifikante Unterschiede (P < 0,05).

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 446–453, 2011

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Pflanzenbau | Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz

3,5 Sb Frisal komm. Sorten Pm3 Linien A Linien

3,0

Streubiomasse (g)

2,5

2,0

1,5

1,0

0,5

0,0 Okt 08

Nov 08

Dez 08

Jan 09

Feb 09

Mrz 09

Apr 09

Abb. 4 | Streuabbaurate von Weizenblättern im Boden (Reckenholz) im Winter 2008/2009, acht Wiederholungen. GV Linien: Pm3b und Chi/Glu, Kontrollen: Sb, Frisal, kommerzielle Sorten: Rubli, Toronit.

Eine veränderte Nährstoffzusammensetzung des organischen Materials kann die Streuabbaurate und damit eine wichtige Ökosystemleistung beeinflussen (Lindfeld 2011). Im Sommer 2008 wurden im Feld auf 72 und 2009 auf 60 Grossparzellen Bodenbohrkerne aus 0 – 20 cm Tiefe entnommen. Auf den gleichen Parzellen fand jeweils im folgenden Winter die Untersuchung zum Streuabbau statt. Im Oktober 2008 und 2009 wurden pro Parzelle zwölf Streubeutel aus PVC-Netz mit je 3 g getrockneten Weizenblättern der jeweiligen Prüfsorte in einer Tiefe von 5 cm vergraben. Von November bis April wurden jeden Monat pro Parzelle zwei dieser Streubeutel entnommen, die Bodenorganismen im Labor extrahiert, gezählt und bestimmt sowie die verbliebene Streumenge gewogen. Weder die Streuabbaurate der 18 (im Jahr 2008) respektive zwölf (im Jahr 2009) verwendeten Sorten (Abb. 4) noch die Anzahl der gefundenen Bodenorganismen in den Streubeuteln unterschieden sich signifikant (Lindfeld 2011). In Laborversuchen wurden einzelne Schlüsselarten, die in Agrarböden eine wichtige Funktion haben können, vertieft getestet. Bei den Larven von zwei Fliegenarten (Drosophila melanogaster, Megaselia scalaris), Asseln (Porcellio scaber), Enchyträen (Enchytraeus albi-

450

Agrarforschung Schweiz 2 (10): 446–453, 2011

dus) und Regenwürmern (Lumbricus terrestris) wurden je nach Tierart Frassrate, Gewichtsveränderung der Tiere, Mortalität, Vermehrungsrate, Entwicklungszeit und Geschlechtsverhältnis analysiert. Im Vergleich mit nicht-GV Weizen und mit anderen Getreidearten fand sich kein nachteiliger Einfluss der GV Biomasse auf die untersuchten Organismen (Peter et al. 2010, Lindfeld et al. 2011, Bigler et al. 2011).

Abb. 5 | Entnahme von Weizenpflanzen für die Untersuchung der wurzelbesiedelnden Bodenbakterien und Mykorrhizapilze. (Foto: ART)


Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz | Pflanzenbau

Populationsgrösse (log Anzahl KBE/g Wurzel)

9

8

7

6

5

4 Entwicklungsstadium der Pflanzen

Abb. 6 | Populationsgrösse von nützlichen Pseudomonas -Bakterien auf Weizenwurzeln am Standort Reckenholz (2008 – 2010) zu zwei Entwicklungsstadien der Pflanzen (Bestockung, Milchreife). KBE = koloniebildende Einheiten

Auswirkungen auf nützliche Bodenbakterien und Mykorrhizapilze Zwei der Forschungsprojekte befassten sich mit nützlichen Bakterien und Pilzen im Boden, die in enger Beziehung zu den Wurzeln der Getreidepflanzen stehen. Wurzelbesiedelnde Bodenbakterien (Pseudomonas sp.) können einerseits Krankheitserreger unterdrücken und sorgen andererseits für eine bessere Phosphatverfügbarkeit. Mykorrhizapilze sind Symbiosepartner von über 80 % der Landpflanzen und spielen bei der Nährstoffversorgung eine entscheidende Rolle. Auch in landwirtschaftlichen Systemen können mykorrhizierte Pflanzen das Nährstoffangebot im Boden besser ausnutzen. Ganze Weizenpflanzen wurden zum Zeitpunkt der Bestockung (Abb. 5) und der Milchreife in allen drei Versuchsjahren aus den Versuchsparzellen ausgegraben und die Wurzeln im Labor gewaschen. Die Wurzelproben wurden auf beide Projekte aufgeteilt. Die Pseudomonas-Bakterien wurden auf Nährmedien kultiviert und ihre Populationsgrösse bestimmt. Mit Hilfe von Gelelektrophorese wurde auch die genetische Vielfalt der Bakterien analysiert. Das Entwicklungsstadium der Pflanzen (Abb. 6), die Weizensorte, der Standort und das Versuchsjahr hatten einen wesentlich grösseren Einfluss auf die Populationsgrössen der untersuchten Pseudomonas-Bakterien als die gentechnische Veränderung. Bei der Diversität der Bodenbakterien-Gruppen wurden nur bei den Wurzelproben der ersten Probenahme (Ende der Bestockung 2008) Unterschiede zwischen GV Weizenlinien und ihren Kontrolllinien einerseits und konventionellen Sorten andererseits festgestellt, die aber bei allen späteren Proben nicht mehr zu sehen waren. Dies könnte durch die unterschiedliche Produktionsbedingungen des Saat­

gutes für das erste Versuchsjahr (Labor/Gewächshaus bzw. Freiland) bedingt sein. Für die Untersuchung der Mykorrhizierungsrate wurden Wurzelabschnitte angefärbt und die Pilzstrukturen unter dem Mikroskop ausgezählt. Bei der Kolonisierung der Weizenwurzeln durch Mykorrhizapilze wurden an beiden Standorten in den meisten Fällen keine signifikanten Unterschiede zwischen GV Weizen- und Kontrolllinien gefunden. Nur eine der vier Pm3b Linien zeigte eine etwas geringere Mykorrhizierung als ihre Kontrolllinie, und zwar nur im ersten der beiden Jahre. Unterschiede traten zwischen Weizensorten und vor allem zwischen den Getreidearten auf: Triticale hatte deutlich mehr Mykorrhiza als Gerste (Abb. 7). Eine Behandlung der Pflanzen mit Fungizid wirkte sich negativ auf die Mykorrhiza aus. Zusammenfassend ist festzustellen, dass in den Projekten zur Biosicherheitsforschung keine einheitlichen Unterschiede zwischen GV und nicht-GV Pflanzen gefunden werden konnten. Geringfügige Unterschiede zwischen GV Pflanzen und ihren Kontrolllinien waren kleiner als die Unterschiede, die durch die Weizensorte respektive die Getreideart, das Versuchsjahr und den Versuchsstandort verursacht wurden. Insbesondere hatten die GV Pflanzen keinen negativen Einfluss auf andere Organismen, die Biodiversität oder auf Ökosystemleistungen. Auskreuzung Ausreichende Isolationsabstände zwischen GV Feldern und nicht-GV Feldern können dafür sorgen, dass ­Auskreuzung sehr unwahrscheinlich wird. Die Distanz hängt stark von der Art der Kulturpflanze ab. Weizen ist vorwiegend selbstbestäubend und man findet schon im Abstand von wenigen Metern Auskreuzungsraten unter 1 % (Gustafson et al. 2005). Die Auskreuzungsversuche waren Teil der Biosicherheitsauflagen des BAFU. Vom Rand des Versuchsfeldes bis in 200 m Entfernung wurden zusammen mit dem Feldversuch Kleinparzellen mit der Weizensorte Frisal als Pollenempfänger angelegt, die gleichzeitig mit den GV Frisallinien Chi und Chi/Glu im Versuchsfeld blühten (Foetzki et al., eingereicht). Ein Teil der Samen dieser Kleinparzellen wurde im Gewächshaus ausgesät. Die Linien Chi und Chi/Glu enthalten zusätzlich eine Herbizidtoleranz gegenüber Glufosinat, dem aktiven Wirkstoff des Herbizids Basta®. Die durch Auskreuzung entstehenden Hybriden wären deshalb ebenfalls herbizidtolerant und können durch Spritzen von Keimlingen mit Basta einfach gefunden werden. Pflanzen, die das Spritzen überlebten, wurden mit PCR auf das Vorhandensein des  Basta-Resistenzgens überprüft.

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Pflanzenbau | Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz

20 18

Mykorrhizierungsrate (%)

16 14 12 10 8 6 4 2

Bo Sb4 bw hit Ca e sa n Fio a rin a Ru bli To ro nit Ch Ch i i/G lu Fr isa l Ge rst Tr e iti ca le

3b Pm 2 3b Pm 3 3b 4 Sb 1 Sb 2 Sb 3

Pm

Pm

3b 1

0

Abb. 7 | Mykorrhizierungsrate von unterschiedlichen Weizenlinien und -sorten sowie Gerste und Triticale am Standort Reckenholz (2008). Pm3b1 – 4 : GV Linien der Sorte Bobwhite, Sb1 – 4 : Kontrolllinien von Pm3b1 – 4 , Casana, Fiorina, Rubli, Toronit: kommerzielle Weizensorten, Chi, Chi/Glu : GV Linien der Sorte Frisal.

In den drei Versuchsjahren am Reckenholz wurden insgesamt über 130 000 Keimlinge auf Auskreuzung untersucht, in Pully zusätzlich etwa 60 000 Pflanzen. Am Reckenholz wurde kein Auskreuzungsereignis gefunden. In Pully wurden in 2009 zwei und in 2010 eine Pflanze in der Mantelsaat, das heisst in maximal 2,6 m Entfernung vom Feld, gefunden.

Diskussion und Schlussfolgerungen Labor- und Gewächshausbedingungen ermöglichen die Optimierung von Versuchsansätzen, um das Potenzial der Wirkung von transgenen Eigenschaften zu testen. Die Versuche zeigten aber auch, dass Freilandversuche unerlässlich sind, da die Pflanzen unter normalen Umweltbedingungen anders reagieren können als dies auf Grund von Labor- und Gewächshausversuchen erwartet werden kann. Eine abschliessende Beurteilung des Verhaltens von GV Pflanzen in der Umwelt kann nur im Freiland untersucht werden. Resistenzanalyse Das Einfügen von Resistenzgenen kann erfolgreich für eine erhöhte Mehltauresistenz sein wie bei den Allelspezifischen Pm3 Linien der Sorte Bobwhite gezeigt werden konnte. Schon bei den Vorversuchen im Gewächshaus waren die gentechnisch veränderten Pm3

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Linien resistenter als ihre Kontrollen (Brunner et al. 2011). Dagegen zeigten die Frisallinien Chi und Chi/Glu im Feldversuch keine bessere Mehltauresistenz als ihre Ursprungssorte, obwohl eine verbesserte Resistenz im Gewächshaus beobachtet worden war. Da die Sorte Frisal bereits eine sehr gute Resistenz aufweist, konnten die zusätzlichen Gene aus Gerste hier keine Verbesserung erzielen. Von vielen GV Pflanzen ist jedoch bekannt, dass zusätzliche Chitinase und GlukanaseGene zur erfolgreichen Pilzresistenz beitragen können (z.B. Shin et al. 2008). Auswirkungen auf Nichtzielorganismen Grosse Effekte auf Mikro- und Makroorganismen entstehen vor allem durch Standort- und Umweltbedingungen sowie Anbauverfahren. Effekte zwischen GV und nicht GV Weizen auf Mikro- und Makroorganismen sind klein und über die Jahre nicht konsistent oder sie sind gar nicht vorhanden. Sie liegen in der Regel in der Bandbreite der natürlichen Streuung zwischen Weizensorten und anderen Getreidearten. Die gemessenen Parameter weisen nicht auf unerwünschte Umweltwirkungen der untersuchten GV Weizen hin, die über die Auswirkungen konventioneller Sorten hinausgehen. Die in unseren Feldversuchen vereinzelt beobachteten Effekte auf die untersuchten Organismen scheinen somit nicht ökologisch relevant zu sein.


Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen mit Mehltauresistenz | Pflanzenbau

Prove in campo aperto con frumento geneticamente modificato resistente all'oidio Dal 2008 al 2010, un’associazione di gruppi di ricerca svizzera hanno condotto in due siti delle prove di pieno campo per valutare benefici e rischi ambientali di linee di frumento primaverile geneticamente modificato (GM) che presentano una migliore resistenza all'oidio. Le linee di frumento GM con resistenza specifica all'oidio e una resistenza generale contro funghi patogeni sono state confrontate con varietà di frumento commerciali, linee testimone, nonché con orzo e triticale. Oltre alla resistenza all'oidio sono stati esaminati gli effetti su insetti e altri organismi del suolo (batteri, funghi micorrizici, fauna del suolo) come pure gli incroci spontanei del frumento. Diverse linee di frumento GM si sono rivelate decisamente più resistenti all'oidio rispetto a quelle di controllo. Non sono stati invece riscontrati effetti rilevanti su organismi non bersaglio, sulla loro biodiversità e sulle funzioni ecosistemiche studiate. Nel complesso, le differenze tra linee GM e linee di controllo sono risultate inferiori a quelle tra varietà di frumento commerciali e altre specie di cereali. Casi d’incroci spontanei sono rari e si sono riscontrati soltanto in un breve raggio di distanza dalle piante GM.

Dank Wir bedanken uns beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) für die Finanzierung der Projekte.

Summary

Riassunto

Auskreuzung Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die in der ­Literatur vorhandenen Daten. Weizen zeigt selbst auf kurze Entfernung sehr geringe Auskreuzungsraten und es wurden keine Auskreuzungsereignisse ausserhalb des Versuchsfeldes gefunden. Isolationsabstände zwischen Weizenfeldern können wirkungsvoll Auskreuzung verhindern. n

Field trials with genetically modified powdery mildew-resistant wheat The benefits and environmental risks of genetically modified (GM) spring wheat with improved powdery mildew resistance were investigated on two field sites by a consortium of Swiss research groups from 2008 to 2010. GM wheat lines with specific powdery mildew resistance and general fungal resistance were compared with control lines, commercial wheat varieties, and with barley and triticale. The impact on insects and soil organisms (bacteria, mycorrhizal fungi, soil fauna) as well as outcrossing to wheat were investigated in addition to powdery mildew resistance. Several GM wheat lines were significantly more resistant to powdery mildew than their controls. No relevant impact was found on non-target organisms, their biodiversity or selected ecosystem services. On the whole, the differences between GM and control lines were smaller than between commercial wheat varieties or other cereal crops. Outcrossing events were rare and found only at a short distance from GM test plants. Key words: genetically modified wheat, powdery mildew, disease resistance, non-target organisms, outcrossing.

Literatur Die Literaturliste kann bei der Erstautorin bezogen werden.

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P f l a n z e n b a u

Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­ Erste Erfahrungen aus der Schweiz Stefan Kuske, Christian Schweizer und Ursula Kölliker Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Auskünfte: Stefan Kuske, E-Mail: stefan.kuske@art.admin.ch, Tel. +41 44 377 72 11

Abb. 1 | Nach Verlassen der Winterquartiere ernähren sich Rapsglanzkäfer zunächst von verschiedenen blühenden Pflanzen (hier Löwenzahn), bevor sie, angelockt vom Duft der Rapspflanzen, in die Rapsfelder einwandern. (Foto: ART)

Einleitung Die Rapsglanzkäfer Meligethes aeneus (F.) und M. viridescens (F.) sind die Hauptschädlinge im Raps (Brassica napus L.). Zu deren Bekämpfung sind im konventionellen Anbau regelmässig ein bis zwei Insektizidbehandlungen notwendig. In der Bioproduktion und unter ExtensoAnbaubedingungen stehen hingegen weder Insektizide noch andere wirksame Bekämpfungsmassnahmen zur Verfügung. Ohne wirksamen Schutz vor diesen Käfern

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entstehen bei Anbauformen ohne Insektizideinsatz alljährlich erhebliche bis teils massive Schäden an den Blütenknospen. Die Folge sind stark schwankende Erträge. Es kam daher vermehrt zu Flächenabmeldungen während der Saison und zur Reduktion der abgelieferten Erntemengen. Die Anbaufläche für Bio- und ExtensoRaps stagniert seit zwei bis drei Jahren und auch die angestrebten Aussaatflächen werden nicht immer erzielt. Trotz guter Produzentenpreise und einer ungebrochen hohen Nachfrage nach einheimischem Rapsöl


Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz | Pflanzenbau

Zusammenfassung

aus ökologischem Anbau steht nur ein limitiertes Angebot zur Verfügung. Aktuell liegt die Anbaufläche von Raps in der Schweiz bei rund 22 000 ha. Der Anteil Extenso Raps liegt um 3500 ha, jener für Bioraps bei weniger als 150 ha. Für den Bio-Rapsanbau gibt die Genossenschaft Biofarm in Kleindietwil das hohe Anbaurisiko als Hauptgrund für die jüngst gesunkenen Aussaatflächen an, wobei dem Rapsglanzkäfer als limitierender Faktor offenbar eine zentrale Rolle zukommt. Neben dem Rapsglanzkäfer können lokal aber auch Schnecken, Erdflöhe, Rüssler oder die Kohlschotengallmücke als Schädlinge von Bedeutung sein. Käfer verursachen den Schaden Der Schaden des Rapsglanzkäfers an der Rapspflanze wird fast ausschliesslich durch adulte Käfer verursacht. Diese ernähren sich strikt von Pollen. Sie überwintern bevorzugt an Waldrändern, Hecken und Wegrändern, wo sie sich in der Streuschicht oder in humusreicher Erde verkriechen. Zeitig im Frühjahr verlassen sie bei Temperaturen über 15 °C ihre Verstecke und suchen auf verschiedenen Blütenpflanzen nach Pollen (Abb. 1). Angezogen vom Duft der Rapspflanzen fliegen sie in der Folge massenhaft vom Rand her in die Rapsfelder ein und beginnen dort mit Pollenfrass, Begattung und Eiablage. Später verteilen sich die Käfer über das ganze Feld. Zur Ernährung beissen sie die Blütenknospen an, welche zu diesem Zeitpunkt noch geschlossen sind (Abb. 2a). Ab Blühbeginn wechseln sie dann für den Pollenfrass auf bereits geöffnete Blüten und erzeugen kaum mehr Frassschäden (Abb. 2b). Die Eiablage erfolgt ins Innere der Blütenknospen, wo sich Eier und Junglarven entwickeln (Borg und Ekbom 1996). Die Larven selbst ernähren sich ebenfalls von Pollen, verursachen aber kaum Schäden. In der Blütezeit suchen die heranwachsenden 

Abb. 2a | Rapsglanzkäfer beissen Blütenknospen an und bringen Blüte zum Absterben (Foto: ART)

Die Rapsglanzkäferbekämpfung ohne Insektizide ist eine grosse Herausforderung für die ökologische Landwirtschaft. Für die Bioproduktion und für den Anbau gemäss den Richtlinien von IP-SUISSE stehen derzeit keine wirksamen Bekämpfungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zur Abschätzung des Potenzials mikrobieller Schädlingsbekämpfungsstrategien wurde ein Verfahren auf der Basis eines insektentötenden Pilzes geprüft. Einheimische Isolate von Beauveria bassiana, welche als natürliche Krankheitserreger auf dem Rapsglanzkäfer gefunden wurden, zeigten im Labor eine gute Wirkung. Die Prüfung eines handelsüblichen Pilzproduktes auf der Basis der gleichen Pilzart deutete sein Potenzial zur Rapsglanzkäferbekämpfung ebenfalls an. Von den beiden wichtigsten Rapsglanzkäferarten wurden im Labor mehr als 50 bis 60 Prozent der Käfer innerhalb von zwei Tagen abgetötet. Unter Feldbedingungen viel der Effekt jedoch deutlich geringer aus und der Schutz vor dem Käferfrass blieb unter den Erwartungen. Optimierte Pilzformulierungen werden zurzeit auf ihre Wirkung hin geprüft und könnten in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Regulierung des Schädlings im ökologischen Anbau leisten.

Abb. 2b | Ab Blühbeginn wechseln die Käfer für den Pollenfrass in bereits geöffnete Blüten: die Schadwirkung nimmt rasch ab. (Foto: ART)

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Pflanzenbau | Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz

Abb. 3 | Feldapplikation der Pilzformulierung mit einer Rückenspritze. (Foto: ART)

Larven auch frische Blüten auf (Free und Williams 1978). Ist die Larvenentwicklung abgeschlossen, lassen sie sich zu Boden fallen und verpuppen sich in der obersten Bodenschicht. Die Folgegeneration schlüpft im Frühsommer noch vor der Rapsernte. Sie erzeugt keine Schäden mehr im Feld. Allmählich verlassen diese Käfer das Feld und suchen auf anderen Blütenpflanzen weiter nach Pollen. Anschliessend beziehen sie erneut ihr Winterquartier (Fritsche 1957). Habitatmanagement und Nützlingsförderung Wie können Rapsglanzkäfer ohne Insektizide reguliert werden? Seit vielen Jahren werden an der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART alternative Bekämpfungsmethoden erforscht. Neben der direkten Bekämpfung der Käfer wurden auch Möglichkeiten zur nachhaltigen Regulierung der Glanzkäferpopulation untersucht. Büchi und Roos-Humbel (1991) zeigten, dass die Larven wichtiger Rapsschädlinge oft von einheimischen Nützlingen parasitiert werden. Allerdings war nur selten eine Auswirkung auf die gesamte Schädlingspopulation nachweisbar. Mit an Rapsfelder angrenzenden, blühenden Wildblumenstreifen und extensiven Mähwiesen gelang es, wichtige Parasitioiden wie Tersilochus heterocerus und Phradis spp. (Hymenoptera: Ichneumonidae) zu fördern und deren Parasitierungsleistung im Feld zu steigern (Büchi 2002, Ulber et al. 2010).

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Ablenken, anlocken, abtöten Gewisse Erfolgsaussichten lieferte auch der Einsatz von Rübsen (Brassica rapa L.) als Fangpflanzen für Rapsschädlinge (Hokkanen 1991). Rapsglanzkäfer bevorzugen aus verschiedenen Gründen Rübsen für den Pollen­ frass und die Eiablage. Durch Beimischung eines geringfügigen Anteils von Rübsensaat im Rapssaatgut oder durch Anlage von Randstreifen mit Rübsen konnten die Rapsglanzkäfer auf den Fangpflanzen konzentriert und die Besiedlung der Rapspflanzen reduziert und verzögert werden (Büchi 1995). Aufgrund der hohen Lockwirkung von Rübsen wurde aber auch festgestellt, dass bei grosser Käferzahl in den Rübsen eine Zuwanderung ins Innere der Rapsfelder nicht vermieden werden konnte, weshalb auch eine Behandlung von Fangpflanzenstreifen mit Insektiziden vorgeschlagen wurde (Büchi et al. 1987). Diese Option steht den Produzenten von Biound IP-SUISSE-Raps jedoch nicht zur Verfügung. Zudem ist die Anlage von Randstreifen mit Rübsen mit Mehrkosten verbunden. Es bedarf auch einer separaten Ernte, da schon geringfügige Anteile von Rübsensamen in der Rapssaat unerwünscht sind, weil sie sich ungünstig auf die Ölqualität auswirken. Gesteinsmehle und Naturstoffe In jüngerer Zeit wurde in der Schweiz bei der Entwicklung alternativer Bekämpfungsstrategien wieder ver-


Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz | Pflanzenbau

mehrt auf die direkte Bekämpfung der im Frühjahr einfliegenden Käfer gesetzt. Dabei wurde von ART eine Vielzahl abschreckender und insektizider Hilfsstoffe (pflanzliche Öle, Gesteinsmehle und Kombinationen von Naturstoffen) systematisch auf ihre Wirkung gegen den Rapsglanzkäfer geprüft. Gestäubt oder gesprüht werden einige dieser Verfahren derzeit unter Praxisbedingungen von ART und vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau FiBL erprobt. Sie könnten künftig möglicherweise einen Beitrag zur Regulierung der Glanzkäferzahl im Frühjahr liefern. Pilze als Hoffnungsträger für mikrobielle Verfahren Sehr erfolgversprechend sind Strategien der mikrobiellen Schädlingsbekämpfung. Insektenpathogene Pilze, Nematoden und Mikrosporidien zeigten in verschiedenen europäischen Studien wiederholt ihr Potenzial zur Rapsglanzkäferregulierung (Hokkanen 2008). Neben den Käfern befallen sie auch die Entwicklungsstadien im Boden und können eine nachhaltige Wirkung auf die Gesamtpopulation erzeugen. In jüngerer Zeit wurden im Raps auch Verfahren zur Verbreitung von Pilzsporen durch bestäubende Insekten getestet (Carreck et al. 2007). Frühere Studien bestätigten, dass die Honigbiene durch so verbreitete Pilze nicht gefährdet wird (Butt et al. 1994). In der Schweiz kamen solche Verfahren bisher nie zum Einsatz. Hingegen wurden in den Jahren 2004 und 2005 im Rahmen einer Monitoring-Studie in der Schweiz erstmals insektenpathogene Pilze auf Rapsglanzkäfern gefunden (Pilz und Keller 2006). Die Insek-

Tab. 1 | Einheimische Beauveria bassiana Isolate vom Rapsglanz­ käfer, ihr Herkunftsort und Fundjahr Isolat-Nr.

Herkunftsort/Kanton

Fundjahr

ART 2572

Rümlang/ZH

2005

ART 2577

Lufingen (Augwil)/ZH

2005

ART 2578

Lufingen (Augwil)/ZH

2005

ART 2587

Berg am Irchel/ZH

2005

ART 2589

Gächlingen/SH

2005

ART 2590

Rümlang/ZH

2005

ART 2592

GlattfeldenZH

2005

ART 2594

Gächlingen/SH

2004

ART 2596

Neunkirch/SH

2004

ART 2598

Niederweningen/ZH

2005

ART 2601

Niederweningen/ZH

2005

ART 2612

Landquart/GR

2005

ART 2613

Landquart/GR

2005

ART 2616

Lanzenneunforn/TG

2005

ten tötenden Pilze wurden isoliert, weiterkultiviert und mehrheitlich als Beauveria bassiana identifiziert. Sie eignen sich besonders gut für die mikrobielle Schädlingsbekämpfung, weil sie sich in grossen Mengen einfach und kostengünstig vermehren lassen. Erste Vorstudien haben gezeigt, dass Pilzformulierungen, welche direkt auf die im Frühjahr einwandernden Rapsglanzkäfer gesprüht werden (Abb. 3), einen regulierenden Effekt auf die Schädlingspopulation zeigen können. Für die vorliegende Studie wurde eine Auswahl der ART eigenen Pilzisolate auf ihr Potenzial zur Rapsglanzkäferregulierung im Labor geprüft. Zudem wurde die Wirkung eines handelsüblichen B. bassiana Produktes sowohl im Labor, als auch unter Freilandbedingungen untersucht.

Material und Methoden Labortest 1 Zur Erfassung der Wirksamkeit von B.-bassiana-Pilzisolaten gegen adulte Rapsglanzkäfer wurde ein Virulenztest im Labor durchgeführt. Dafür wurde eine Auswahl von 14 B.-bassiana-Isolaten, welche in der Nordostschweiz auf Rapsglanzkäfern gefunden wurden (Tab. 1), verwendet. Die Pilze wurden auf festem Nährmedium in Petrischalen vermehrt und die reifen Konidiosporen im Versuch verwendet. Pro Isolat wurden jeweils 30 adulte Rapsglanzkäfer während fünf Sekunden in eine Sporensuspension mit 1 × 107 Sporen pro Milliliter eingetaucht. Die Käfer wurden anschliessend bei 22 °C und 70 % relativer Luftfeuchtigkeit und einer Lichtperiode von 14:10 h L:D in der Klimakammer gehalten. Zwei Wochen später wurde die Verpilzungsrate der Käfer in Prozent erhoben. Labortest 2 Da die Entwicklung neuer Pilzprodukte sehr zeit- und kostenintensiv ist, wurde auch eine im Handel bereits verfügbare Pilzformulierung auf der Basis von B. bassiana auf ihr Potenzial zur Rapsglanzkäferbekämpfung hin untersucht. Beim Pilzprodukt handelte es sich um Naturalis® der Firma Intrachem Bio Italia S.p.A. Es enthält den B. bassiana Stamm ATCC 74040. Dieses Isolat stammt im Gegensatz zu den ART eigenen Isolaten ursprünglich nicht vom Rapsglanzkäfer, ist aber als virulenter Stamm zur Bekämpfung verschiedener Schadinsekten bekannt. Gemäss Produktbeschreibung enthält Naturalis® eine Konzentration von 2,3 × 107 keimfähigen Konidiosporen pro Milliliter. In der Schweiz ist das Produkt unter der Handelsbezeichnung Naturalis-L unter anderem für Anwendungen gegen Weisse Fliegen in Gewächshäusern und gedeckten Kulturen zugelassen. Das Produkt wurde im Labortest in einer Konzentration von 0,5 % 

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Pflanzenbau | Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz

ren von Praxisfeldern als Kleinparzellenversuche in Form eines lateinischen Quadrates (3 × 3, Parzellengrösse: 80 m²) angelegt. Ein Feld war konventionell bewirtschaftet (ÖLN-Feld) mit der Rapssorte Visby, das andere Feld nach IP-Suisse-Richtlinien unter Einhaltung der ExtensoBedingungen mit der Rapssorte Aviso (Extenso-Feld). Die Feldapplikationen wurden jeweils abends mit einer gängigen Rückenspritze mit Sprühbalken und Teejet Düsen (Typ: TTJ60 – 11002) bei 4 bar Druck durchgeführt. Die Verfahren waren: Kontrolle (Wasser), Naturalis-L (0,5 % bzw. 3 l/ha) und Insektizid. Die Kontrolle mit Wasser, sowie Naturalis-L wurden dreimal mit einem Sprühvolumen von 600 l/ha ausgebracht. Die Insektizide wurden in 400 l/ha ausgebracht. Die erste Insektizidspritzung wurde in beiden Feldern mit Karate Zeon (0,075 l/ha) durchgeführt. Für die zweite Insektizidspritzung wurde im ÖLN-Feld Zolone (2 l/ha) und im Extenso-Feld Biscaya (0,3 l/ha) angewendet. Für den Insektizideinsatz im Extenso-Feld lag eine Sonderbewilligung für Versuchszwecke vor. Das Spritzregime war wie folgt: ÖLN-Feld: 6.4. (alle Verfahren), 15.4. (alle Verfahren), 21.4. (nur Kontrolle und Naturalis-L); Extenso-Feld: 6.4. (alle Verfahren), 15.4. (nur Kontrolle und Naturalis-L), 21.4. (alle Verfahren). Täglich wurde die Käferzahl auf dem Haupttrieb von jeweils 20 Pflanzen pro Parzelle vor und bis fünf Tage nach den Spritzungen erfasst, sowie der Schotenansatz und der Körnerertrag.

Abb. 4 | Durch Beauveria bassiana verpilzte Rapsglanzkäfer. (Foto: ART)

angewendet. Als Kontrolle diente eine Wasserlösung und als Referenzbehandlung das Insektizid Karate Zeon mit dem Wirkstoff Lambda-Cyhalothrin (0,015 %). Zur besseren Interpretation der Ergebnisse wurden die zwei wichtigsten Rapsglanzkäferarten Meligethes aeneus und M. viridescens für den Versuch nach Art getrennt geprüft. Pro Verfahren wurden jeweils 30 adulte Rapsglanzkäfer während fünf Sekunden in die Sporensuspension eingetaucht und die Käfer anschliessend bei 21 °C und 70 % relativer Luftfeuchtigkeit und einer Lichtperiode von 14:10 h L:D in der Klimakammer aufbewahrt. Die Käfermortalität wurde nach 48 h erhoben.

Resultate und Diskussion Potenzial einheimischer Pilzisolate Der Virulenztest im Labor zeigte, dass fünf von 14 der einheimischen Isolate Verpilzungs­­raten von 60 % bis über 80 % erreichten und damit bewiesen, dass sie ein

Feldversuche Im Jahr 2009 wurden in Zürich-Affoltern und in Rümlang ZH je ein Feldversuch unter Einbezug des Pilzproduktes Naturalis-L durchgeführt. Die Versuche wurden im Inne-

% verpilzte Käfer (nach 2 Wochen)

120% 100% 80% 60% 40% 20%

B. bassiana Isolate

Abb. 5 | Anteil verpilzter Rapsglanzkäfer nach Applikation einheimischer Beauveria ­b assiana Isolate im Labortest.

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2587

2578

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2572

2589

2598

2596

2592

2590

2613

2616

2601

2612

2577

Kontrolle

0%


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Meligethes aeneus

120%

Meligethes viridescens

% Käfermortalität nach 48h

100%

80%

60%

40%

20% 120%

0%

120% Pilzformulierung (Naturalis-L)

Kontrolle (Wasser)

Meligethes Meligethesaeneus aeneus Meligethes aeneus

Meligethes viridescens

Meligethes Meligethesviridescens viridescens

Insektizid 100%(Karate Zeon)

80%

% Käfermortalität nach 48h

% Käfermortalität nach 48h

Abb. 6 | Wirkung eines formulierten B. bassiana 100% Produktes ­( Naturalis -L) auf die zwei wichtigsten Rapsglanzkäferarten in der Schweiz. 80%

60%

die Porenöffnungen kleiner Insekten leicht verkleben Potenzial zur Rapsglanzkäferbekämpfung haben (Abb. 4 60% und die getroffenen Insekten zusätzlich schwächen. Es und 5). Es gab aber auch einige Isolate, welche trotz ihrer Herkunft vom Rapsglanzkäfer im Labortest nur40% entstehen andererseits bessere Anhaftbedingungen und eine ungenügende Wirkung zeigten.40% Bei ART wird der- verbesserte Konditionen für die Auskeimung der Sporen zeit mit einzelnen, erfolgversprechenden Isolaten weiter20% auf dem Schädling, was hier möglicherweise zu einer beschleunigten, abtötenden Wirkung beigetragen hat. an optimierten Testformulierungen 20% geforscht, welche auch unter Feldbedingungen erprobt werden. 0% Kaum Käferreduktion nach Feldapplikation Kontrolle (Wasser) Pilzformulierung Insektizid 0% (Naturalis-L) (Karate Zeon) Die Pilzbehandlungen bewirkten keine nachhaltige Häufigste Rapsglanzkäferarten werden befallen Kontrolle (Wasser) Pilzformulierung Insektizid Zeon) Reduktion (Naturalis-L) der Käfer auf dem(Karate Haupttrieb. Lag der Im Tauchtest mit dem Pilzprodukt Naturalis-L wurden die beiden häufigsten Rapsglanzkäferarten gleichermas- Befallsdruck zu Beginn der Entwicklung der Blütenanlagen (BBCH 51) unter der damals gültigen Schadschwelle sen von B. bassiana infiziert. Mehr als 50 % der Käfer von von einem Käfer pro Pflanze, so konnte nach der PilzbeM. viridescens und über 60 % der Käfer von M. aeneus handlung keine Käferreduktion gemessen werden. Erst wurden innerhalb von nur zwei Tagen abgetötet bei Befallszahlen über fünf Käfern pro Pflanze schien (Abb. 6). Das Pilzverfahren erzielte damit im Vergleich die Pilzbehandlung eine leichte Reduktion der Käfermit der Insektizidreferenz (>80­ – 100 %) eine mittlere Wirkung. Die bei Behandlung mit Karate Zeon etwas tie- zahl zu bewirken. Die Minderung der Käferzahl war fere Mortalität von M. aeneus im Vergleich mit M. viride- dann am ersten Tag nach der Behandlung tendenziell scens könnte auf die bekannten Teilresistenzen von M.- am stärksten und hielt drei bis vier Tage an. Sie überstieg aber nur selten 15 bis 20 %. Im Gegensatz dazu aeneus-Populationen gegen Pyrethroide des Typs A konnte mit den Insektizidbehandlungen eine Redukzurückzuführen sein (Derron et al. 2004). Die schnelle tion der Käferzahl bis gegen 70 % während fast einer Käfermortalität im Tauchtest mit Naturalis-L konnte nicht allein der Wirkung des Pilzes zugerechnet werden, Woche erreicht werden. da B. bassiana für eine erfolgreiche Infektion der Käfer Kein Einfluss auf Schotenansatz und Ertrag normalerweise mehr Zeit benötigt. Die ins Pilzprodukt Mit dem im Jahr 2009 eingesetzten Pilzprodukt Naturagetauchten Käfer zeigten oft schon unmittelbar nach lis-L gelang es nicht, die erfolgversprechenden Resultate dem Tauchtest eine massiv reduzierte Aktivität, was auf aus dem Labor unter Praxisbedingungen zu bestätigen. eine Teilwirkung der in der Formulierung enthaltenen Additive hindeuten könnte. In der getesteten Handels- Im ÖLN-Feld mit der Sorte Visby lag der Schotenansatz für das Insektizidverfahren bei 25, für das Pilzverfahren form liegt das Produkt in einer ölbasierten Formulierung bei 16 und für die Kontrolle bei 13 Schoten pro Hauptvor, was verschiedene Vorteile für die darin enthaltenen trieb. Am dritten Nebentrieb lag der Schotenansatz im  Pilzsporen hat. So können durch den Ölanteil einerseits

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Pflanzenbau | Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz

Extenso (Sorte: Aviso) ÖLN (Sorte: Visby) 36 34

Ertrag (kg/a)

32 30 28 26 24 22 120%

20

Meligethes aeneus Extenso (Sorte: Avisio) Meligethes aeneus

120% Insektizid Pilzformulierung (Naturalis-L) 100% Abb. 7 | Rapserträge in den beiden Kleinparzellenversuchen 2009. Naturalis-L 100% ­j eweils dreimal appliziert (6.4., 15.4., 21.4.); Insektizide im ÖLN-Feld: Karate Zeon (6.4.), Zolone (15.4.); Insektizide im Extenso-Feld: Karate Zeon80% (6.4.), Biscaya (21.4.).

Meligethes viridescens

Meligethes ÖLN (Sorte:viridescens Visby)

80%

60%

40%

% Käfermortalität nach 48h

% Käfermortalität nach 48h

Kontrolle (Wasser)

60%

40%

20%

Insektizidverfahren bei 17, im Pilzverfahren bei 13 und auf den Knospen kurzzeitig etwas reduziert werden. Der 20% in der Kontrolle bei elf Schoten pro Nebentrieb. Im Schutz der Blütenknospen war aber zu gering, um eine 0% Extenso-Feld mit der Sorte Aviso war der Schotenansatz positive Wirkung auf Schotenansatz und Ertrag ausüben Kontrolle (Wasser) Das getestete Pilzformulierung Insektizid 0% generell viel tiefer und erreichte im Insektizidverfahren zu können. Pilzprodukt war vom Hersteller (Naturalis-L) (Karate Zeon) Kontrolle (Wasser) Pilzformulierung Insektizid acht, im Pilzverfahren drei und in der Kontrolle ebenfalls nicht für Anwendungen im Raps vorgesehen und ver(Naturalis-L) (Karate Zeon) drei Schoten pro Haupttrieb, sowie entsprechend fünf, mutlich wurde deshalb bei der Anwendung gegen Rapsvier und drei Schoten pro Nebentrieb. Zwischen Kont- glanzkäfer nur eine Teilwirkung beobachtet. Vorversurolle und Pilzverfahren gab es keine signifikanten Unter- che mit ART-eigenen, einheimischen Pilzisolaten zeigten schiede, während die Insektizidvariante in allen Fällen hingegen, dass verschiedene Pilzisolate ein besseres signifikant höher war als die Kontrolle und das Pilzver- Potenzial für künftige Anwendungen gegen Rapsschädfahren (ANOVA; p < 0,05). linge aufweisen (Kuske 2009). Es bedarf allerdings auch Die Ertragserhebungen ergaben ein ähnliches Bild. einer für die Freilandapplikation in Rapsfeldern angeObschon die absoluten Ertragswerte des Pilzverfahren in passten Formulierung. In jüngeren Arbeiten konnten beiden Feldversuchen zwischen der Kontrolle und der mit verschiedenen Testformulierungen auch unter FreiInsektizidreferenz lagen, konnte keine wesentliche landbedingungen erfolgversprechende Resultate erzielt Ertragssteigerung gegenüber der Kontrolle nachgewie- werden (unpublizierte Daten). Die momentan laufensen werden. Die Insektizidspritzungen führten hingegen den Forschungs- und Entwicklungsprozesse haben zum in beiden Feldern zu signifikanten Ertragserhöhungen Ziel, dass pilzbasierte Verfahren zur Rapsglanzkäferbevon rund 7 kg/a im ÖLN-Feld und rund 3 kg/a im Extenso- kämpfung für sich allein oder auch in Kombination mit Feld gegenüber der Kontrolle (Abb. 7). anderen alternativen Bekämpfungsstrategien in Zukunft einen wichtigen Beitrag bei der RapsglanzkäferregulieSchlussfolgerungen rung leisten könnten. n Perspektiven für Pilzprodukte Mit dem in dieser Studie getesteten handelsüblichen Pilzprodukt Naturalis-L konnte kein ausreichender Behandlungseffekt zur Vermeidung von Rapsglanzkäferschäden erzielt werden. Zwar konnte die Käferzahl

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Dank Die Durchführung des Feldversuchs war nur dank Teilfinanzierung durch ­IP-SUISSE und BioSuisse und dem Einsatz von Beat Held möglich, wofür wir uns herzlich bedanken möchten.


Lotta microbiologica al meligete della colza: prime esperienze in Svizzera. La lotta al meligete della colza senza insetticidi rappresenta una sfida impegnativa per l'agricoltura ecologica. Per la produzione biologica e la coltivazione secondo le direttive di IP-SUISSE, attualmente, non esistono possibilità di lotta efficaci. Al fine di stimare il potenziale di strategie di lotta microbiologica agli organismi nocivi, è stata testata una procedura basata su un fungo che uccide gli insetti. Isolati indigeni di Beauveria bassiana, individuati sul meligete della colza come agenti patogeni naturali, hanno dato risultati soddisfacenti in laboratorio. È stato, infatti, esaminato un prodotto fungino in commercio a base della stessa specie di fungo individuandone il potenziale per la lotta al meligete della colza: nell'arco di due giorni si è eliminato in laboratorio il 50–60 % degli insetti delle due specie principali. In campo aperto, l'effetto è tuttavia decisamente minore e la protezione dal meligete è inferiore alle aspettative. Attualmente si sta testando l'efficacia di formulazioni fungine ottimizzate, che in futuro potrebbero contribuire in modo fondamentale alla regolazione di quest’organismo nocivo nella coltivazione ecologica.

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Summary

Riassunto

Mikrobielle Rapsglanzkäferbekämpfung:­Erste Erfahrungen aus der Schweiz | Pflanzenbau

Microbial pollen beetle control: initial experience gained in Switzerland Pollen beetle control without insecticides presents a major challenge to organic farming. There are currently no effective options available for controlling infestations in bioproduction or cultivation conforming to IP-SUISSE guidelines. An insecticidal fungusbased method was tested to assess the potential of microbial pest control strategies. Domestic isolates of Beauveria bassiana, found as natural pathogens on the pollen beetle, proved effective in the laboratory. Tests using a commercially available fungal product based on the same species of fungus also indicated a potential for pollen beetle control. More than 50 to 60 percent of the two most important species of pollen beetle were killed in the lab within two days. Under field conditions, however, the effect was significantly less and protection from beetle attack fell short of expectations. The effectiveness of optimized fungal formulations is currently being tested, and in future these may play an important part in controlling the pest in organic farming. Key words: microbial control, pollen beetle, Beauveria bassiana

▪▪ Free J.B. & Williams I.H., 1978. The responses of the pollen beetle, M. aeneus, and the seed weevil, Ceutorrhynchus assimilis, to oilseed rape, B. napus , and other plants . J. Appl. Ecol. 15, 761–774. ▪▪ Fritsche R., 1957. Zur Biologie und Ökologie der Rapsschädlinge aus der Gattung Meligethes. Zeitschr. f. Angew. Entomol. 40, 222–280. ▪▪ Hokkanen H., 1991. Trap cropping in pest management. Annu. Rev. Entomol. 36, 119–138. ▪▪ Hokkanen H., 2008. Biological control methods of pest insects in oilseed rape. Bulletin OEPP/EPPO Bulletin 38, 104–109. ▪▪ Kuske S., Pilz C. & Kölliker U., 2009. Potenzial entomopathogener Pilze zur Kontrolle des Rapsglanzkäfers. In: Werte – Wege – Wirkungen: Biolandbau im Spannungsfeld zwischen Ernährungssicherung, Markt und Klimawandel. Beiträge zur 10. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau, 11.–13. Februar 2009, ETH Zürich (Eds. Mayer J., Alföldi T., Leiber F., Dubois D., Fried P., Heckendorn F., Hillmann E., Klocke P., Lüscher A., Riedel S., Stolze M., Strasser F., van der Heijden M. & Willer H.), Verlag Dr. Köster, Berlin, 318–319. ▪▪ Pilz C. & Keller S., 2006. Pilzkrankheiten bei adulten Rapsglanzkäfern. Agrarforschung 13, 353–355. ▪▪ Ulber B., Williams I.H., Klukowski Z., Luik A. & Nilsson C., 2010. Parasitoids of oilseed rape pests in Europe: Key species for conservation biocontrol. In: Biocontrol-based integrated management of oilseed rape pests (Ed. I.H. Williams). Springer Science+Business Media B.V., 45–75.

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P f l a n z e n b a u

Bedeutung und Verbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz Cornelia Sauer-Kesper, Noël Lucia, Hanspeter Buser und Ute Vogler, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil Auskünfte: Cornelia Sauer-Kesper, E-Mail: cornelia.sauer@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 62 46

Abb. 1 | Geflügelte Grüne Salatlaus mit Nymphen auf einem Salatblatt. (Foto: ACW)

Einleitung Die Grüne Salatlaus, Nasonovia ribisnigri (Mosley) (Abb. 1), ist in der Deutschschweiz wie in Mitteleuropa im Freiland die wichtigste Blattlausart an Salaten (Lactuca sativa L.) (Reinink und Dieleman 1993). Ihr Anteil am Gesamtlausbesatz der Salatköpfe beträgt in der Deutschschweiz an Frühsommersätzen 52 bis 100 % (Kesper et al. 1998). Bis Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts zählten Blattläuse neben dem Falschen Mehltau (Bremia lactucae) und den Salatfäulen (Rhizoctonia solani,

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Sclerotinia sclerotiorum) zu den bedeutendsten Schaderregern an Freilandsalaten. Gemäss eigener Umfragen bei den Gemüseproduzenten verursachten Blattläuse an Salaten Ertragsausfälle bis zu 70 % (Kesper und Gysi 2002). Blattlausbesatz, Saugschäden durch Blattläuse sowie Blattlausantagonisten werden im Erntegut nach den schweizerischen Qualitätsbestimmungen für Gemüse vom Handel nicht toleriert. Ferner konzentriert sich bei der Grünen Salatlaus der Befall auf das Pflanzenherz und die inneren Blattkränze der Köpfe, weshalb Spritzapplikationen gezielt zum Zeitpunkt des Lausein-


flugs und vor Kopfschluss erfolgen müssen. Aufgrund der Qualitätsvorschriften des Handels und der Lebensweise des Schädlings werden sehr hohe Anforderungen an die chemische Bekämpfung gestellt. Befallsfreiheit kann nicht in jedem Fall garantiert werden. Nasonovia ribisnigri-(Nr:0)-Resistenz der Salatsorten Die Entdeckung des Nasonovia-Resistenz-Gens (Nr: 0-Gens) im Wildsalat Lactuca virosa am Institut für Pflanzenzüchtung im Gartenbau (IVT, Wageningen, Niederlande) war eine grosse Errungenschaft für den Salatanbau. Dabei handelt es sich um ein dominantes Gen, das den Salaten gegenüber der Grünen Salatlaus Nasonovia ribisnigri absolute Resistenz verleiht (Eenink et al. 1982 a, b). Gegenüber anderen Blattlausarten an Salaten, wie der Grünstreifigen Kartoffellaus (Macrosiphum euphorbiae) oder der Grünen Pfirsichlaus (Myzus persicae), hat das Gen jedoch keinerlei oder nur einen geringfügigen Schutz zur Folge (Reinink und Dieleman 1989). Der Resistenzfaktor wurde noch nicht identifiziert. Nach den Untersuchungen von van Helden et al. (1993 a, b) brechen Grüne Salatläuse den Saugvorgang an den resistenten Salatpflanzen kurz nach dem Anstechen des Phloems wieder ab. Deshalb wird vermutet, dass der Resistenzfaktor im Phloem lokalisiert ist und es sich wahrscheinlich um einen Frasshemmer handelt. Grüne Salatläuse können sich auf resistenten Linien nicht ernähren, scheiden keinen Honigtau aus und gebären keine Jungtiere. Ab dem Jahr 1997 kamen erste Sorten mit NasonoviaResistenz (Nr:0-Resistenz) auf den europäischen Markt. Nachdem ihre Anbau- und Markteigenschaften durch weitere Züchtungsanstrengungen verbessert worden waren, setzte sich ihr Anbau in der Praxis in der letzten Dekade verbreitet in Mitteleuropa durch. Die Verwendung Nr:0-resistenter Sorten wurde zu einem der wichtigsten Werkzeuge in der Salatlausbekämpfung und hat zu einer Senkung des Insektizideinsatzes geführt. Neuer Biotyp der Grünen Salatlaus bricht Sortenresistenz Van der Arend (2003) hielt die Bildung eines NasonoviaBiotyps für möglich, der die Nr:0-Resistenz durchbricht. Er vertrat die Ansicht, die hochgradige Wirtsspezifität des Schädlings für Salate und der hohe Selektionsdruck durch den grossflächigen Anbau Nr:0-resistenter Sorten förderten den Resistenzdurchbruch – insbesondere dann, wenn auf ergänzende vorbeugende und direkte Bekämpfungsmassnahmen verzichtet würde. Im Sommer und Herbst 2007 traten in einzelnen Regionen Frankreichs, Belgiens, Deutschlands und Österreichs kleinräumig begrenzt Grüne Salatläuse auf, die

Zusammenfassung

Bedeutung und Verbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz | Pflanzenbau

Die Grüne Salatlaus, Nasonovia ribisnigri (Mosley), ist in Mitteleuropa die wichtigste Blattlausart an Salaten im Freiland. Der Anbau von Sorten mit Resistenz gegenüber dieser Blattlausart (Nr:0-Resistenz) war europaweit ein wichtiges Element ihrer Bekämpfung, bis es zum Durchbruch dieser Resistenz kam. Ab dem Jahr 2007 trat ein neuer Biotyp der Grünen Salatlaus auf, der die Nr:0-Resistenz durchbricht. Er wird als Biotyp-Nr:1 bezeichnet und wurde in der Deutschschweiz im Jahr 2008 erstmals nachgewiesen. Anhand von Biotests in der Klimakammer wurde die Ausbreitung von Biotyp-Nr:1 in der Deutschschweiz dokumentiert. Bis zum Jahr 2010 breitete er sich von den Hauptanbaugebieten auch auf entle­ genere Standorte aus. Trotz des Durchbruchs der Nr:0-Resistenz ist der Anbau Nr:0-resistenter Salatsorten zu empfehlen. Der Biotyp-Nr:1 kann sich auf ihnen schlechter entwickeln als auf anfälligen Salatsorten. Somit bieten Nr:0-resistente Salatsorten auch bei Präsenz von Biotyp-Nr:1 einen Teilschutz.

die Nr:0-resistenten Salatsorten befielen. Die unabhängige Qualitätskontrollorganisation für Hortikultur in den Niederlanden, Naktuinbouw, bestätigte im Frühjahr 2008, dass ein neuer Biotyp der Grünen Salatlaus vorliegt (Enza Zaden 2008). Unterscheidung von Biotyp-Nr:1 und Biotyp-Nr:0 Als Biotyp-Nr:1 wird der neue Biotyp bezeichnet, der in der Lage ist, Nr:0-resistente Salatsorten zu befallen und sich auf ihnen auch zu vermehren (Enza Zaden 2008). Der Ursprungstyp der Grünen Salatlaus, der die Nr:0-resistenten Salatsorten nicht befallen kann, wird Biotyp-Nr:0 genannt. Situation in der Deutschschweiz Während der Freilandsaison 2008 breitete sich der neue Biotyp-Nr:1 auf weitere Anbauregionen in Mitteleuropa aus. In der Deutschschweiz wurde er im Herbst 2008 in den Kantonen Bern und Zürich nachgewiesen (Sauer und Enz/Agroscope Changins-Wädenswil, 2008).

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Pflanzenbau | Bedeutung und Verbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz

Tab. 1 | Verwendete Salatsorten in den Biotests zur Bestimmung des Salatlausbiotyps 2009 und 2010 Sortenname (Züchter)

Salattyp

Salatlausresistenz1

Biotests 2009 Ovation (Enza Zaden)

Kopfsalat grün

Nr:–

Veronique (Nunhems)

Kopfsalat grün

Nr:0

Verdi (unbekannt)

Eichblattsalat grün

Nr:–

Veredes (Nunhems)

Eichblattsalat grün

Nr:0

Ovation (Enza Zaden)

Kopfsalat grün

Nr:–

Veronique (Nunhems)

Kopfsalat grün

Nr:0

Mafalda (Nunhems)

Kopfsalat grün

Nr:0

Santoro (Rijk Zwaan)

Kopfsalat grün

Nr:0

Biotests 2010

Nr:- = anfällige Salatsorte ohne Nr-Resistenz, Nr:0 = Salatsorte mit Resistenz ­g egen Biotyp Nr:0

1

Mit den hier vorgestellten Untersuchungen wurde die Ausbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 in der Deutschschweiz dokumentiert. Ziel war es, anhand der Ergebnisse für den schweizerischen Salatanbau eine aktuelle Bewertung der Wirksamkeit der Nr:0-resistenten Salat­ sorten vorzunehmen.

Material und Methoden Bestimmung des Nasonovia-Biotyps anhand von Biotests Im Jahr 2009 wurden an insgesamt neun Standorten in der Deutschschweiz und einem Standort in der Romandie im Vorsommer Salatläuse in erntereifen Salatbeständen gesammelt und einem Biotest in der Klimakammer unterzogen. 2010 wurden zwei der Standorte erneut beprobt. Die Biotests erfolgten gemäss der Anleitung des Naktuinbouw-Institutes der Niederlande (Smilde

Tab. 2 | Verwendete Kopfsalatsorten in Feldversuch und Biotest vom Versuchsbetrieb Sandhof ACW 2010 Sortenname (Züchter)

Salatlausresistenz1

Ovation (Enza Zaden)

Nr:–

Maditta (Enza Zaden)

Nr:0

Veronique (Nunhems)

Nr:0

Mafalda (Nunhems)

Nr:0

Touareg (Seminis)

Nr:0

Beltran (Syngenta Seeds)

Nr:0

Gisela (Rijk Zwaan)

Nr:0

Santoro (Rijk Zwaan)

Nr:0

Nr:- = anfällige Salatsorte ohne Nr-Resistenz, Nr:0 = Salatsorte mit Resistenz gegen Biotyp-Nr:0

1

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2009). Dazu wurden für jeden Standort je 15 Salat­ pflanzen von insgesamt vier Salatsorten mit und ohne Nr:0-Resistenz (Tab. 1) unter Schutznetzen angezogen und in 10er-Töpfe pikiert. Aus der Salatlausprobe eines Standortes wurde 14 Tage nach der Aussaat jede Jungpflanze mit fünf Nasonovia-Nymphen gemischten Alters angeimpft. Über jede beimpfte Pflanzen wurde ein durchsichtiger Plastikbecher gestülpt, dessen Boden ausgeschnitten und mit einer feinen Gaze abgedeckt worden war, um die Abwanderung der Blattläuse zu ver­ hindern. Die Pflanzen wurden anschliessend in Klimakammern gestellt und dort bei 60 % Relativer Luftfeuchtigkeit von 6 – 22 Uhr bei 22°C beziehungsweise von 22 – 6h bei 20°C weiter kultiviert. Von 6 – 22 Uhr erfolgte jeweils die Belichtung mit 40-Watt-Leuchtstoffröhren. Die Pflanzen wurden regelmässig gewässert. Zehn Tage nach dem Animpfen wurde die Anzahl lebender Grüner Salatläuse (geflügelte und ungeflügelte Adulte sowie Nymphen) pro Versuchspflanze ausgezählt. Prüfung der Feldresistenz und Vergleich mit den Bio­ testergebnissen Auf dem Versuchsbetrieb Sandhof der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW in Wädenswil war der Biotyp-Nr:1 im Jahr 2008 nachgewiesen worden. Mit Grünen Salatläusen vom Versuchsstandort wurden 2010 zwei Biotests mit sieben Nr:0-resistenten grünen Kopf­ salatsorten und einer Nasonovia-anfälligen Sorte (Nr:-) (Tab. 2) nach dem beschriebenen Schema angesetzt (Smilde 2009). Es ging darum, den am Versuchsstandort vorherrschenden Biotyp der Grünen Salatlaus zu überprüfen. Ziel war es ebenso, die Anfälligkeit der acht Kopf­ salatsorten in Biotest und Feld miteinander zu vergleichen. Für den Feldresistenztest wurden dieselben Sorten in zwei Vorsommersätzen in einer randomisierten Blockanlage mit fünf Wiederholungen angepflanzt. Bei Erntereife wurde die Anzahl ungeflügelter Salatläuse pro Kopf sowie die Gesamtzahl ungeflügelter Blattläuse anderer Blattlausarten an sechs Köpfen je Wiederholung und Sorte erfasst. Vor Versuchsbeginn wurden die Setzlinge mit Schutznetzen vor Blattlauszuflug geschützt. Von der Saat bis zur Auswertung zum Erntezeitpunkt auf dem Feld erfolgte keinerlei Insektizidbehandlung (Tab. 3).

Tab. 3 | Saat-, Pflanz- und Erntetermine der beiden Vorsommersätze des Feldversuches auf dem Versuchsbetrieb Sandhof ACW 2010 Saattermin

Pflanzung und Versuchsbeginn

Erntetermin mit Auswertung

1

29.03.2010

26.04.2010

02.06. und 03.06.2010

2

23.04.2010

25.05.2010

30.06. und 01.07.2010

Satz-Nr.


Bedeutung und Verbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz | Pflanzenbau

Resultate und Diskussion

nen Salatläusen (Abb. 2b). Es ist davon auszugehen, dass an diesen Standorten der Biotyp-Nr:1 vorhanden war. Ein Mischbefall der Biotypen-Nr:0 und -Nr:1 kann aber nicht ausgeschlossen werden. Die anfälligen Sorten «Ovation» und «Verdi» wiesen in den meisten Fällen einen signifikant höheren Salatlausbesatz auf als die Nr: 0-resistenten Sorten «Veronique» und «Veredes». Der Biotyp-Nr:1 konnte in der Saison 2009 vor allem in den grösseren, zusammenhängenden Anbaugebieten der Kantone Zürich, Aargau sowie Bern und Fribourg (Seeland) nachgewiesen werden. Der Befall führte nur in Einzelfällen zu Ertragsverlusten, wobei zu berücksichti- 

Mittl. Anzahl Grüner Salatläuse/Pflanze + SD

Verbreitung des Biotyps-Nr:1 in der Deutschschweiz 2009 und 2010 In Abbildung 2a sind die Biotest-Ergebnisse des Jahres 2009 für fünf Schweizer Standorte zusammengefasst, bei denen sich die angeimpften Grünen Salatläuse an den Nr:0-resistenten Sorten nicht entwickeln konnten. Die an diesen Standorten gesammelten und getesteten Grünen Salatläuse gehörten zu Biotyp-Nr:0. In den Tests zu fünf weiteren Standorten zeigten sowohl die anfälligen als auch die Nr:0-resistenten Sorten Befall mit Grü-

120 100 80 60 40 20 0

120 100 80 60 40 20 0

a

Standort 1 c b

c

1

2

4

a

Standort 3 b a

1

3

2

3

120 100 80 60 40 20 0

b

120 100 80 60 40 20 0

a

Standort 8 b a

1

2

a

Standort 9 b a

b

3

120 100 80 60 40 20 0

4 b

b

Standort 10 c a

c

1

2

4

3

Salatsorten: 1-Ovation, anfällig (Nr:-) 2-Veronique, resistent (Nr:0) 3-Verdi, anfällig (Nr:-) 4-Veredes, resistent (Nr:0)

4

1

2

3

4

Mittl. Anzahl Grüner Salatläuse/Pflanze + SD

Abb. 2a | Ergebnisse der Biotests 2009. Mittlere Anzahl Grüner Salatläuse ( N. ribisnigri ) an zwei anfälligen und an zwei Nr: 0-resistenten Salatsorten für fünf Standorte mit Befall von Biotyp-Nr: 0. Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an. MannWhitney U Test: P < 0,05, N = 15.

120 100 80 60 40 20 0

a

1 120 100 80 60 40 20 0

Standort 2 b a

b

120 100 80 60 40 20 0

2

3 Standort 4

4

a

b

a

a

1

2

3

4

a

b

Salatsorten: 1-Ovation, anfällig (Nr:-) 2-Veronique, resistent (Nr:0) 3-Verdi, anfällig (Nr:-) 4-Veredes, resistent (Nr:0)

1 120 100 80 60 40 20 0

Standort 5 c a

2 3 Standort 6

4 Standort 7

a

b

a

b

1

2

3

4

120 100 80 60 40 20 0

a

b

a

ab

1

2

3

4

Abb. 2b | Ergebnisse der Biotests 2009. Mittlere Anzahl Grüner Salatläuse ( N. ribisnigri ) an zwei anfälligen und an zwei Nr:0-resistenten Salatsorten für fünf Standorte, an denen Biotyp-Nr:1 vorkommt. Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an. Mann-Whitney U Test: P < 0,05, N=15, Ausnahme Standort 7: Sorte 1N=5, Sorte 4N=2.

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Standort 1 120

a

b

bc

c

100 80 Mittl. Anzahl Grüner Salatläuse/Pflanze + SD

60 40 20 0

120

1

2

a

c

1

2

Standort 10

3

4

b

c

3

4

100 80 60 40 20 0 Salatsorten: 1-Ovation, anfällig (Nr:-) 2-Veronique, resistent (Nr:0) 3-Mafalda, resistent (Nr:0) 4-Santoro, resistent (Nr:0)

Abb. 3 | Ergebnisse der Biotests 2010. Mittlere Anzahl Grüner ­S alatläuse ( N. ribisnigri ) an einer anfälligen und an drei Nr:0-resistenten Salatsorten für zwei Standorte, an denen Biotyp-Nr:1 vorkommt. An diesen Standorten wurde im Jahr 2009 nur Biotyp-Nr:0 nachgewiesen (vgl. Abb. 2a). Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an. Mann-Whitney U Test: P < 0,05, N = 15.

gen ist, dass im Jahr 2009 ein mässiger Blattlausdruck an Salaten herrschte. Nach den Beobachtungen von Schut (2009) wird sich Biotyp-Nr:1 an den besiedelten Standorten halten und dort auch im darauffolgenden Jahr wieder auftreten. Mit den Biotests 2010 wurde die Ausbreitung des Biotyps-Nr:1 weiter verfolgt. Es zeigte sich, dass dieser inzwischen auch entlegenere Standorte östlich und westlich der oben genannten Hauptanbaugebiete besiedelt hatte, an denen im Vorjahr gemäss der Salatlausprobe des Biotests 2009 nur der Biotyp-Nr:0 nachgewiesen worden war (Abb. 3).

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Die hier beschriebenen Biotests stellen zur Zeit die einzige Möglichkeit dar, um die Präsenz von Biotyp-Nr:1 der Grünen Salatlaus an einem Standort nachzuweisen. Mit ihrer Hilfe konnte seine Ausbreitung in der Deutschschweiz in den Jahren 2009 und 2010 dokumentiert werden (Abb. 4). Es ist zu erwarten, dass sich Biotyp-Nr:1 weiter verbreiten wird. Unterschiedliche Anfälligkeit Nr:0-resistenter Salatsorten in den Biotests In zwei Biotests 2010 mit Grünen Salatläusen vom Versuchsbetrieb Sandhof ACW wurde die Präsenz von Biotyp-Nr:1 an diesem Standort bestätigt. Wie bereits in den Biotests aus dem Jahr 2009 wurden auch 2010 unter den sieben geprüften Nr:0-resistenten Kopfsalatsorten signifikante Unterschiede der mittleren Anzahlen an Grünen Salatläusen pro Pflanze ermittelt (Abb. 5). Die Sorten «Maditta» und «Mafalda» wiesen mehr Grüne Salatläuse pro Pflanze auf als die anderen getesteten Nr:0-resistenten Sorten. Gemäss der Biotests wären sie als etwas anfälliger einzustufen. Toleranz der Nr:0-resistenten Sorten gegenüber Biotyp-Nr:1 Auf der anfälligen Sorte «Ovation» ohne Nr:0-Resistenz hatten sich am meisten Grüne Salatläuse entwickelt. Sie bildete im Biotest stark verkrüppelte Blätter mit zahlreichen verbräunten Saugstellen aus. Keine der befallenen Nr:0-resistenten Salatsorten wies derartige Befallssymptome auf, auch diejenigen nicht, die stärker befallen waren. Die Pflanzen der Nr:0-resistenten Sorten zeigten Standortnummer: 1–12 Biotestergebnisse: a = Biotyp-Nr:1 2008 b = Biotyp-Nr:1 2009 c = Biotyp-Nr:1 2010 D = Biotyp-Nr:0 2009 9D 8D 6b 7b 10c D 5b 12ac 4b 3D 11a2b 1c D

Abb. 4 | Vorkommen der Biotypen-Nr:1 und -Nr:0 der Grünen Salat­ laus ( N. ribisnigri ) an zwölf Standorten im Schweizer Mittelland in den Jahren 2008 bis 2010 gemäss durchgeführter Biotests. Testlabor 2008: Firma Rijk Zwaan, NL. Testlabor 2009, 2010: ACW Wädenswil. Die Standortnummern 1 – 10 entsprechen denjenigen der Abb. 2a,b und 3. Standort 11 repräsentiert einen Betrieb im Seeland (BE), Standort 12 den Versuchsbetrieb der ACW in Wädenswil (ZH).


120

a

100

Befall an anfälliger Sorte (Nr:-) Befall an resistenter Sorte (Nr:0)

80

b bc

60

cd 40

de de

de

20

e

r:0 )

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0

)

Mittl. Anzahl Grüner Salatläuse/Pflanze + SD

Bedeutung und Verbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz | Pflanzenbau

Abb. 5 | Ergebnisse der beiden Biotests 2010 des Versuchsbetriebs Sandhof der ACW in Wädenswil, an dem Biotyp-Nr:1 vorkommt. Mittlere Gesamtzahl Grüner Salatläuse ( N. ribisnigri ) an einer anfälligen und an sieben Nr:0-resistenten Salatsorten. Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an. Mann-Whitney U Test: P < 0,05, N = 30 (2 Tests), Ausnahme: Mafalda N = 29, Gisela N = 17, Santoro N = 23.

damit im Biotest eine Toleranz gegenüber Biotyp-Nr:1, indem sie bei der Besiedlung durch die Grünen Salatläuse weniger geschädigt wurden als die anfällige Sorte (Van der Arend 2003).

400

a

Befall an anfälliger Sorte (Nr:-) Befall an resistenter Sorte (Nr:0)

300

200 b

b

100

b

b

b

b

b

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)

Mittl. Anzahl Grüner Salatläuse/Pflanze + SD

Feldresistenzprüfung und Vergleich mit den Ergebnissen der Biotests In beiden Vorsommersätzen auf dem Versuchsbetrieb Sandhof war die Grüne Salatlaus die dominierende Blattlausart. Ihr Anteil am Gesamtlausbesatz der Salat-

köpfe lag im Durchschnitt bei 91,6 %. Die mittlere Anzahl Blattläuse anderer Arten betrug je nach Sorte drei bis acht Blattläuse pro Kopf. Unter Feldbedingungen ergaben sich zwischen den Nr:0resistenten Kopfsalatsorten keine signifikanten Unterschiede in der mittleren Anzahl ungeflügelter Salat­läuse (Abb. 6). Sie waren im Anbau bei Präsenz von BiotypNr:1 gleich anfällig, der gemäss der Biotests am Versuchsstandort vorhanden war. Die an den Jungpflanzen im Biotest festgestellten Unterschiede zwischen den 

Abb. 6 | Ergebnisse der Feldresistenzprüfung auf dem Versuchsbetrieb Sandhof ACW in Wädenswil 2010. Mittlere Anzahl ungefügelter Grüner Salatläuse an einer anfälligen und sieben Nr:0-resistenten Sorten. Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an. Tukey HSD Test: P < 0,05, N=60 (2 Sätze).

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Nr:0-resistenten Sorten basierten vermutlich auf Eigenschaften, die sich während der Wachstumsphase im Feld nivellierten. Nr:0-resistente Salatsorten bieten einen Teilschutz ­gegenüber Biotyp-Nr:1 Auf der anfälligen Sorte «Ovation» entwickelten sich auf dem Feld bis zum Erntetermin 4,5-mal mehr Grüne Salatläuse als auf den Nr:0-resistenten Salatsorten im Durchschnitt. Die Nr:0-resistenten Sorten wurden bei Präsenz von Biotyp-Nr:1 deutlich schwächer befallen (Abb. 6) und boten im Vergleich zur anfälligen Sorte «Ovation» daher einen Teilschutz. Wie wirksam dieser Teilschutz an einem Standort ist, wird sehr wahrscheinlich von den Bekämpfungsmassnahmen, biotischen Faktoren wie der Biotypen-Zusammensetzung und abiotischen Faktoren beeinflusst. Ein relevanter Parameter für die Ausbreitung der Grünen Salatlaus ist die Temperatur. Bei 20 – 24°C liegt das Temperaturoptimum für die Bildung geflügelter Individuen, so dass in diesem Bereich mit einem hohen Immigrationsdruck und Massenvermehrung zu rechnen ist (Diaz und Fereres 2005). Am untersuchten Versuchsstandort herrschte im Jahr 2010 ein ­mittelmässiger Befall durch die Grüne Salatlaus. Es ist zu prüfen, ob in Jahren mit einem hohen Befall der Teilschutz der Nr:0-resistenten Sorten gegenüber BiotypNr:1 schwächer ausgeprägt wäre.

Schlussfolgerungen Nach dem Durchbruch der Nr:0-Resistenz ist eine vielseitige Bekämpfungsstrategie der Grünen Salatlaus unverzichtbar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, vorherzusagen, ob und wann Nr:1-resistente Sorten in Zukunft zur Verfügung stehen werden.

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Der Anbau Nr:0-resistenter Sorten ist an allen Standorten zu empfehlen. Nr:0-resistente Sorten bieten auch bei Befall mit dem Biotyp-Nr:1 einen Teilschutz. Eine Kombination von Nr:0-resistenten und anfälligen Sorten ist ratsam, weil dadurch der Selektionsdruck vermindert wird. Um den Entwicklungszyklus des Schädlings zu unter­ brechen, sollten Pflanzenrückstände nach der Ernte umgehend zerkleinert und eingearbeitet werden. Enge Satzfolgen sind zu meiden und Standortwechsel empfehlenswert. Die Verwendung von gebeiztem Saatgut senkt den Blattlausbefall der Salatköpfe. In der Hauptbefallszeit der Grünen Salatlaus kann dadurch aber nicht in allen Fällen Befallsfreiheit garantiert werden. In den Flugzeiten von Nasonovia ribisnigri ist der Warndienst zu beachten, um frühzeitig mit den Kulturkontrollen zu beginnen. Nur so können der Flugbeginn und die Flugdauer vor Ort erfasst und die Kulturen rechtzeitig behandelt werden. Dabei sind insbesondere vor Kopfschluss nützlingsschonende Produkte zu bevorzugen, um das Bekämpfungspotenzial der Antagonisten zu nutzen. Die Wirksamkeit der Behandlung ist durch Pflanzenkontrollen zu überprüfen. Wird die Spritzung wiederholt, ist es unerlässlich, die Wirkstoffgruppe zu wechseln. Trotz grosser Anstrengungen auf Seite der Produzenten ist Blattlausbefall und Nützlingsbesatz an Salaten nicht immer vermeidbar. Es bleibt eine Herausforderung, Konsumenten und Handel aufzuklären, um mehr Tolen ranz zu bewirken.


Importanza e diffusione del nuovo biotipo Nr:1 dell’afide della lattuga nella Svizzera tedesca L’afide della lattuga, Nasonovia ribisnigri (Mosley), che colpisce l’insalata coltivata in campo aperto, è la specie di afide più importante in Europa. La coltivazione di varietà resistenti a questa specie (resistenza Nr:0) ha rappresentato un elemento importante nella sua lotta a livello europeo sino alla rottura di questa resistenza. Dal 2007 è comparso un nuovo biotipo di quest’afide in grado di rompere questa resistenza Nr:0, Denominato biotipo Nr:1 ha fatto la sua prima comparsa nella Svizzera tedesca nel 2008. Attraverso a test biologici condotti in camere climatiche si è potuto documentare la diffusione di questo biotipo nella Svizzera tedesca. Fino al 2010, l‘afide si è diffuso a partire dalle principali zone di coltivazione sino a raggiungere anche zone discoste. Malgrado la rottura di questa resistenza, la coltivazione di varietà di lattuga con la resistenza Nr:0 rimane comunque consigliata, in quanto il biotipo Nr:1 fatica a svilupparsi su queste varietà in confronto a quelle senza resistenza. In questo modo le varietà resistenti al Nr:0, anche in presenza del biotipo Nr:1, offrono una protezione parziale.

Literatur ▪▪ Diaz B.M. & Fereres A, 2005. Life table and population parameters of Nasonovia ribisnigri ( Homoptera: Aphididae) at different constant temperatures. Environmental Entomology 34 (3), 527–534. ▪▪ Eenink A.H., Groenwold R. & Dieleman F.L., 1982a. Resistance of lettuce ( Lactuca) to the leaf aphid Nasonovia ribis nigri. 1 Transfer of resistance from L. virosa to L. sativa by interspecific crosses and selection of resistant breeding lines. Euphytica 31, 291–300. ▪▪ Eenink A.H., Groenwold R. & Dieleman F.L., 1982b. Resistance of lettuce ( Lactuca) to the leaf aphid Nasonovia ribis nigri. 2 Inheritance of the ­r esistance. Euphytica 31, 301–304. ▪▪ Enza-Zaden, 2008. Unabhängiges Labor bestätigt das Vorhandensein eines neuen Biotyps von Nasonovia ribisnigri. Schriftliche Mitteilung vom 28.04.2008. ▪▪ Kesper C., Keller F., Reller B., Schätti P., Müller S. & Bötsch R., 1998. Blattlausanfälligkeit, Anbau- und Marktwert von Kopfsalat- und Eissalatsorten mit Resistenz gegen die Grüne Salatlaus ( Nasonvia ribisnigri ). Der Gemüsebau 60 (11), 4–6. ▪▪ Kesper C. & Gysi C., 2002. Crop protection strategies in Switzerland. In: Integrated and ecological crop protection. VEGINECO Project Report No. 4 (Ed. W. Sukkel & A. Garcia Diaz). Applied Plant Research BV, Lelystad, NL.

Summary

Riassunto

Bedeutung und Verbreitung des neuen Biotyps-Nr:1 der Grünen Salatlaus in der Deutschschweiz | Pflanzenbau

The new biotype Nr:1 of the currant lettuce aphid: its distribution and impact on Swiss lettuce production The currant lettuce aphid, Nasonovia ribisnigri (Mosley) is the most common aphid species on field-grown lettuce in Europe. Cultivation of lettuce varieties, resistant to the currant lettuce aphid (possessing the resistance Nr:0), was an important tool to control Nasonovia in the crop, until the plant resistance was broken down. In 2007, the currant lettuce aphid evolved a new biotype, which overcomes the lettuce resistance gene Nr:0. This biotype is designated as biotype Nr:1. Its presence was recorded in North and Central Switzerland for the first time in 2008. The dispersion of biotype Nr:1 in these parts of Switzerland was monitored using biotests in a climate chamber. According to the results, the biotype Nr:1 colonized the main lettuce production areas and dispersed also to remote sites until 2010. In comparison to susceptible lettuce, the biotype Nr:1 showed a lower performance on Nr:0 resistant cultivars. Therefore, varieties conferring the Nr:0 resistance are useful to reduce the infestation by biotype Nr:1. Although the resistance is broken down, their cultivation is still recommended. Key words: currant lettuce aphid, Nasonovia ribisnigri, resistance gene Nr:0, biotype, Lactuca sativa, lettuce.

▪▪ Reinink K. & Dieleman F.L. 1989. Comparison of sources of resistance to leaf aphids in lettuce ( Lactuca sativa L.). Euphytica 40, 21.29. ▪▪ Reinink K. & Dieleman F.L. 1993. Survey of aphid species on lettuce. IOBC/WPRS Bulletin, Vol. 16 (5), 56 – 68. ▪▪ Sauer C. & Enz C./Agroscope Changins-Wädenswil, 2008. Kopfsalat verliert Abwehr gegen Grüne Salatlaus. Medienmitteilung. Zugang: http:// www.agroscope.admin.ch/aktuell/00198/00199/00955/00963/index. html?lang=de [18.11.2008]. ▪▪ Smilde D./Naktuinbouw Institut NL, 2009. Persönliche Mitteilungen. ▪▪ Schut J./Rijk Zwaan NL, 2009. Persönliche Mitteilungen. ▪▪ Van der Arend A.J.M., 2003. The possibility of Nasonovia ribisnigri resistance breaking biotype development due to plant host resistance: a literature study. In: Eucarpia Leafy Vegetables (Eds Th.J.L. von Hintum, A. Lebeda, D. Pink & J.W. Schut). CGN: 75–81. ▪▪ Van Helden M., Tjalingii W.F. & Dieleman F.L., 1993a. The resistance of lettuce ( Lactuca sativa L.) to Nasonovia ribisnigri: bionomics of N. ribisnigri on near isogenic lettuce lines. Entomol. Exp. Appl. 66: 53–55. ▪▪ Van Helden M. & Tjalingii W.F., 1993b: Tissue localisation of lettuce resistance to the aphid Nasonovia ribisnigri using electrical penetration graphs. Entomol. Exp. Appl. 68, 269–278.

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P f l a n z e n b a u

ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk als ­integriertes Projekt von ProfiCrops Ute Vogler und Robert Baur, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil Auskünfte: Robert Baur, E-Mail: robert.baur@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 63 33

Mechanisierung in der Aufbereitung von Radies. (Foto: ACW)

Einleitung Im Gemüsebau sind Netzwerke von Bedeutung, um Erfahrungen auszutauschen und Wissen zu erwerben. Dieser Austausch entwickelt sich zunehmend vom persönlichen Kontakt auf regionalen Veranstaltungen hin zur unpersönlichen elektronischen Kommunikation. Elektronisch verfügbare Information, zum Beispiel zu anbautechnischer Beratung, kann jederzeit in belie­

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bigem Umfang abgerufen werden. Im deutsch­spra­chigen Raum wird zum Beispiel die Datenbank www.hortigate.de von ca. 2356 Abonnenten genutzt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Gemüseproduzenten aus einer grossen Wissens- und Erfahrungssammlung aktiv und unter Zeitaufwand nach den für sie relevanten Informationen suchen müssen. Gleichzeitig streben sie nach mehr Effizienz und Rationalisierung, um die Produktionskosten senken zu können. Dies führt


dazu, dass ein immer umfangreicheres Angebot an Wissen vom Zielpublikum nur suboptimal genutzt und zögerlich umgesetzt wird, und somit weniger Wirkung erzielt, als sich Forschung und Beratung erhoffen. In der Schweiz sind an der Wissensvermittlung für den Gemüsebau kantonale Fachstellen, Inforama, Agroscope, Agridea, Privatberatung und die Verbände beteiligt, unter anderem mit der Organisation von Fachveranstaltungen. Ein Manko ist bisher, dass die Angebote wenig koordiniert werden und dadurch Überschneidungen unvermeidbar sind. Ausländische Modelle als Vorbilder? Vergleichbare Entwicklungen wurden auch im europäischen Ausland festgestellt. Netzwerke, welche die Interessenvertreter einbinden, haben sich als geeignet erwiesen, um bedarfsgerechtes Wissen zu erarbeiten und auszutauschen. Die Notwendigkeit solcher Netzwerke wurde von den Produzenten erkannt, da für viele ein betriebseigener Berater nicht finanzierbar wäre. In mehreren deutschen Bundesländern stellen die von Gemüseproduzenten und von der öffentlichen Hand co-finanzierten Beratungs- und Erzeugerringe erfolgreiche Modelle dar, selbst wenn die staatliche Unterstützung kontinuierlich reduziert wird (Dirksmeyer 2009). Die Beratungs- und Erzeugerringe bieten im Austausch mit den Produzenten gezielte Anbau- und Pflanzenschutzberatung an und führen Versuche zu Praxisanliegen direkt auf den Betrieben durch. Dieses Konzept wirkt widersprüchlich, da regionale Konkurrenten ihren Wissensvorsprung teilen. Es wird aber auch deutlich, dass sich durch diese Netzwerke die Produktionsbetriebe innerhalb einer Region gemeinsam weiterentwickeln und gegenseitig stärken. Ein wichtiges Argument, um in einem grossen Wirtschaftsraum konkurrenzfähig zu sein. Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einbezug von Produzenten in die Erarbeitung und den Austausch von Wissen ist das Projekt «Farming with Future» (Wjinands et al. 2011). In den Niederlanden haben strengere Vorschriften ein Umdenken bezüglich dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verlangt. Gemeinsam entwickelten Produzenten, landwirtschaftliche Beratung, Pflanzenschutzmittelindustrie und staatliche Forschung Lösungsansätze, die durch die aktive Beteiligung von Produzenten in der Entwicklungphase anschliessend wirkungsvoll in der Praxis umgesetzt wurden.

Zusammenfassung

ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk als ­i ntegriertes Projekt von ProfiCrops | Pflanzenbau

ProfiGemüse CH ist ein integriertes Projekt von ProfiCrops und hat zum Ziel, die Wett­ bewerbsfähigkeit der Schweizer Gemüse­ produzenten zu stärken. Dies wird erreicht, indem die Beschaffung von produktions­ technischem und betriebswirtschaftlichem Wissen und dessen Transfer in die Praxis gefördert wird. Die Vernetzung vorhandener Kompetenzen bei den Partnern in Forschung und Beratung steht dabei im Vordergrund. So können zum Beispiel anbautechnische Fragestellungen dank Synergien auch bezüglich betriebs- und arbeitswirtschaft­ licher Aspekte untersucht werden. Eine Umfrage bei den Nutzern des Wissensan­ gebotes hat gezeigt, wo Verbesserungen möglich sind. Als Folge davon wird schweizweit das Angebot an Fachveranstaltungen für den Gemüsebau besser koordiniert. ProfiGemüse CH schafft mehr Vertrauen, mehr Zusammenarbeit und mehr Synergie zwischen den Beteiligten auf den Stufen Forschung, Beratung und Bildung. Bis zum Projektende 2013 sollen auch Gemüseproduzenten stärker partizipativ integriert werden.

Forschung für den Gemüsebau: Situation Schweiz In der Schweiz wird praxisnahe Forschung für den Gemüsebau hauptsächlich durch die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW durchgeführt und über den Extensionprozess gesteuert (Baur et al. 

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Pflanzenbau | ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk als ­i ntegriertes Projekt von ProfiCrops

Verbesserungsmöglichkeiten beim Informationsangebot

Anzahl Nennungen in % (n = 236 pro Thema)

Themengebündelt/-strukturiert über Internetportal

48,3

Themengebündelt in digitaler Form (z.B. CD, Mail)

34,7

Grösseres Angebot an einzelbetrieblicher Beratung

20,8

Mehr Informationsaustausch unter den Betrieben

20,8

Themengebündelt in gedruckter Form (z.B. Dossier, Ordner) Mehr Fachtagungen zu Einzelthemen

18,6 10,2

Abb. 1 | Ergebnis aus der Befragung von Schweizer Gemüseproduzenten zu «Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten beim Infor­ mationsangebot, so dass Ihr Nutzen höher ist?». (Quelle: S. Fähndrich, ACW)

2005). Das Ziel des Konzepts «Extension» ist, die Wirkung zu steigern, indem Interessenvertreter die Möglichkeit haben, durch das Forum Forschung Gemüse die Ausrichtung der Forschung mitzugestalten. Allerdings werden auch neu entwickelte Methoden und Strategien aus Extension­projekten nur zögerlich in der Praxis umgesetzt. ProfiGemüse CH – ein ProfiCrops-Projekt Ziel des Agroscope-Forschungsprogramms ProfiCrops ist die «…Erarbeitung, Bereitstellung, Bewertung und der Transfer des Wissens, um dem Pflanzenbau in der Schweiz in einem weitgehend liberalisierten Markt eine Zukunft zu sichern…» (Hilber et al. 2007). Der Schweizer Gemüsebau befindet sich bereits im Wandel, in dem der Druck auf die Produktionskosten, der Trend zu neuen Produkten, sowie Spezialisierung auf allen Stufen von Produktion bis Vermarktung zunehmen. Weniger Grenzschutz für Gemüse, zum Beispiel ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (EU), würde diesen Wandel beschleunigen, denn Schweizer Gemüseproduzenten würden in direktem Wettbewerb zu Anbauregionen aus 27 Mitgliedsländern der EU stehen (Stand Juni 2011). ProfiGemüse CH wurde als integriertes Projekt von ProfiCrops im Herbst 2009 gestartet und hat zum Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Gemüseproduzenten zu stärken. Dies soll erreicht werden, indem die Beschaffung von produktionstechnischem und betriebswirtschaftlichem Wissen und dessen Transfer in

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Agrarforschung Schweiz 2 (10): 470–475, 2011

die Praxis gefördert wird. Die Vernetzung vorhandener Kompetenzen in Forschung und Beratung steht im Vordergrund, um die resultierenden Synergien zu nutzen und die Divergenz zwischen Wissensangebot und dessen Umsetzung in der Praxis zu verringern. Eine Analyse von ProfiGemüse CH zu Defiziten von Forschung und Beratung zeigte ausserdem, dass neues produktionstechnisches Wissen zu wenig von betriebswirtschaftlichen Analysen begleitet ist, nicht zuletzt weil Partner mit diesen Kompetenzen zuwenig in ACW-Projekte integriert sind. Aus Sicht der Produzenten wären allerdings Informationen zu den betriebswirtschaftlichen Auswirkungen von produktionstechnischen Veränderungen wichtig beim Entscheid über eine allfällige Umsetzung. ProfiGemüse CH ist so organisiert, dass Vertreter aus der Gemüsebaubranche den Steuerungsausschuss bilden, der von ACW und der Schweizerischen Zentralstelle für Gemüsebau und Spezialkulturen (SZG) koordiniert wird. Der Steuerungsausschuss ist für die Projektziele verantwortlich, bietet Projektpartnern eine Ansprechstelle und entscheidet über die Umsetzung in den beiden Teilprojekten (nachfolgend beschrieben). Projektpartner sind alle Organisationen, die zu Teilprojekten beitragen. Wissensaustausch und Netzwerk Dieses Teilprojekt schafft die organisatorischen Voraussetzungen für einen effizienten Wissenstransfer und eine Stärkung des Netzwerks der Wissensvermittler. Die


ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk als ­i ntegriertes Projekt von ProfiCrops | Pflanzenbau

400

350

Arbeitszeitbedarf [AKh/0,1ha]

300

250

volle Kiste wegstellen, leere Kiste bereitstellen (auf dem Wagen)

200

Wagen schieben in der Reihe

150

ablegen von 2-3 Früchten

100

eine Tomate ernten

50

Wagen beladen mit Kiste

0

Handschuhe an/ausziehen von Hand

mit Schere Erntevariante

Abb. 2 | Ergebnis zur Ermittlung des Arbeitszeitbedarfs für die Ernte von Gewächshaustomaten von Hand und mit Schere. (Quelle: K. Heitkämper, ART)

bestehenden Informationskanäle werden der tatsächlichen Nutzung gegenübergestellt, um Massnahmen abzuleiten, die den Wissensaustausch effizienter und wirkungsvoller gestalten. Eine Umfrage zur Zufriedenheit mit dem Informationsangebot wurde an über 1000 Gemüseproduzenten verschickt und ermittelte Stärken und Schwächen im Wissenstransfer. Dabei wurde festgestellt, dass die Nachfrage nach Informationen in gedruckter Form weiterhin besteht, und gleichzeitig der Bedarf an elektronisch abrufbaren Informationen zunimmt (Abb. 1). Die Produzenten stufen dabei den persönlichen Wissensaustausch weiterhin als sehr wichtig ein, was bedeutet, dass die soziale Komponente in der Wissensvermittlung nicht unterschätzt werden darf. Diese Erkenntnisse sind in der Gestaltung eines ausgewogenen Angebots an gemüsebaulichen Fachveranstaltungen zu berücksichtigen. Daher wirkt ProfiGemüse CH auf eine Koordination hin, welche zu einem regional ausgewogeneren Angebot und vermehrter Zusammenarbeit der organisierenden Stellen führen soll. Mit Hilfe des «Branchenkalender Gemüse», der von Wissensanbietern und Verbänden unterstützt wird, können neu Termine leichter aufeinander abgestimmt werden (Wieland 2010).

Betriebswirtschaft Dieses Teilprojekt bündelt Fachkompetenzen, um betriebswirtschaftliche Grundlagen zur Beurteilung von Auswirkungen produktionstechnischer Massnahmen zur Verfügung zu stellen. Im Gemüsebau fällt ein besonders grosser Anteil an den Produktionskosten auf die Arbeitskosten. Diese werden je nach Betriebsausrichtung auf 25 % bis hin zu 60 % beziffert (Meggendorfer et al. 1997). Im Anbau von Fruchtgemüsen haben Pflege- und Erntearbeiten einen grossen Anteil an den Produktions­ kosten. Abbildung 2 zeigt einen Vergleich des Arbeitszeitbedarfs für die Tomatenernte. Die Analyse solcher Arbeitsschritte zeigt die möglichen Einsparpotenziale für die jeweilige Kultur auf. Agroscope ART erhebt derzeit im Auftrag des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL), Deutschland, mit Unterstützung von mehreren kantonalen Fachstellen Gemüsebau den Arbeitszeitbedarf in ausgewählten Gemüse­ kulturen. Dank ProfiGemüse CH werden zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt, um die Daten so aufzubereiten, dass Schweizer Produzenten sie ebenfalls nutzen können. Weitere interdisziplinär bearbeitete Fragestellungen beschäftigen sich mit dem Einsatz neuer Prozesse und Technologien. So wurden Erfahrungen mit dem Einsatz 

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Pflanzenbau | ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk als ­i ntegriertes Projekt von ProfiCrops

Abb. 3 | Einsatz einer Beetfräse mit GPS - Steuerung im Gemüsebau. (Foto: ACW)

des Global Positioning Systems (GPS) von ACW, ART, Gemüseproduzenten und der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) gemeinsam aufgearbeitet, um daraus Empfehlungen für die Anwendung im Gemüsebau abzuleiten (Abb. 3). Der Einfluss von Gewächshaussteuerungstechnik auf Energieverbrauch und -kosten wurde durch die Zusammenarbeit von ACW mit den kantonalen Fachstellen Gemüsebau Arenenberg (TG) und Grangeneuve (FR) analysiert. Was bewirkt ProfiGemüse CH? Die Pflege eines Netzwerkes ist mit Aufwand verbunden. Deshalb stellt sich auch für ProfiGemüse CH die Frage, ob der Nutzen den Aufwand rechtfertigt. Die Projektpartner stellen fest, dass die bessere Vernetzung und der partizipative Ansatz in der Projektentwicklung dringend notwendige Diskussionen und die Entwicklung von neuen Ideen fördert. Das trägt dazu bei, dass Aufgaben besser koordiniert und interdisziplinäre Projekte umgesetzt werden können. Als hinderlich erweist sich vorderhand noch der Umstand, dass die mehrheitlich bereits gebundenen Ressourcen der Projektpartner kaum die notwendige Flexibilität zulassen, um neue, übergreifende Projekte zu starten.

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ProfiGemüse CH legt eine Basis für mehr Vertrauen, mehr Zusammenarbeit und mehr Synergie zwischen den Beteiligten auf den Stufen Forschung, Beratung und Bildung. Es bleibt das Ziel, bis zum Projektende 2013 Projekte zu lancieren, bei denen sich die Praxis stärker partizipativ integrieren wird. Damit käme man der Vision einer koordinierten Wissensbeschaffung und einer wirkungsvollen Implementierung in der Praxis einen bedeutenden Schritt näher. n


ProfiGemüse CH – una nuova rete come progetto integrato ProfiCrops ProfiGemüse CH è un progetto integrato di ProfiCrops, che ha come scopo di rafforzare la competitività degli orticoltori svizzeri. Questo scopo è raggiunto attraverso l’acquisizione di conoscenze di tecniche di produzione, di economia aziendale, come anche attraverso il transfert delle stesse nella pratica. In primo piano vi è l’interconnessione delle competenze preesistenti al progetto tra i partner della ricerca e della consulenza. Grazie a queste sinergie si possono, ad esempio, trovare soluzioni relative alle tecniche di coltivazione, l’economia aziendale e l’economia del lavoro. Con un sondaggio condotto presso gli utenti di suddette informazioni sono stati evidenziati i punti in cui è possibile apportare delle migliorie. Come conseguenza la coordinazione delle attività orticole sarà migliorata. ProfiGemüse CH crea maggiore fiducia, collaborazione e sinergie tra gli attori della ricerca, della consulenza e della formazione. Entro la fine del progetto, nel 2013, i produttori dovrebbero essere maggiormente integrati.

Summary

Riassunto

ProfiGemüse CH – ein neues Netzwerk als ­i ntegriertes Projekt von ProfiCrops | Pflanzenbau

ProfiGemüse CH – a new network as integrated project of ProfiCrops ProfiGemüse CH, which is an integrated project of ProfiCrops, aims to strengthen the competitiveness of swiss vegetable producers in the market. In order to reach this goal, the acquisition of knowledge related to technical aspects of the production and business related knowledge will be promoted and transferred into practice. Though, the interconnection of existing competences between research and consulting partners has priority. Thus, for example, questions regarding cultivation techniques could be investigated through these synergies with respect to business and occupational economics. A user survey has revealed possible improvements and as a result swiss vegetable producers profit from an improved coordination of expert conferences. ProfiGemüse CH builds trust, enhances the collaboration of partners and the synergies between partners from research, consulting and education. By the end of the project in 2013, the swiss vegetable producers should also be actively integrated. Key words: vegetable crops, know­ ledge dissemination, knowledge network, ProfiCrops, work study.

Literatur ▪▪ Baur R., Ladner J. & Bertschinger L., 2005. Praxisnahe Extension für den Schweizer Obst- und Gemüsebau. Agrarforschung 12, 196–201. ▪▪ Dirksmeyer W., 2009. Beratungsstrukturen im Produktionsgartenbau. In: Status quo und Perspektiven des deutschen Produktionsgartenbaus (Ed. W. Dirksmeyer). Landbauforschung, Sonderheft Nr. 330. ▪▪ Hilber U., Bütikofer U., Bachmann H.-P., Flury C. & Pfefferli S., 2007. Agroscope Forschungsprogramme. Agrarforschung 14, 388–393. ▪▪ Meggendorfer L., Rothenburger W. & Seidl G., 1997. Tabellenkalkulation im Gartenbau. Parey, Berlin. 113 S. ▪▪ Wieland T., 2010. Novum: Zentraler Veranstaltungskalender für die Schweizer Gemüsebaubranche im Internet. Medienmitteilung 08.11.2010. Schweizerische Zentralstelle für Gemüsebau und Spezialkulturen (SZG). ▪▪ Wijnands F., Schoorlemmer H. & de Bie J., 2011. Farming with future; a Dutch stakeholder based approach to open up the regime for sustainable crop protection. In press.

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P o r t r ä t

Aus der Trickkiste der Natur schöpfen Wer Verfahren zur biologischen Schädlingsbekämpfung entwickeln will, braucht einen langen Atem. Und den hat Stefan Kuske. Der Agronom und Pflanzenschutz­ experte erforscht seit mehr als zehn Jahren, wie sich Pflanzenschädlinge in der Landwirtschaft mit Hilfe von Nützlingen regulieren lassen. Von Schlupfwespen gegen den Maiszünsler bis zu Fadenwürmern gegen die Kirschenfliege: kaum ein nützlicher Winzling, mit dem er noch nicht zu tun hatte. Seit Ende 2007 ist er Projektleiter in der Forschungsgruppe Ökologischer Pflanzenschutz der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART und hat zwei besonders hartnäckige Schädlinge im Visier: Rapsglanzkäfer und Drahtwurm. Beide verursachen grosse Schäden, im Bioanbau gibt es bisher keine wirksamen Bekämpfungsmethoden. Stefan Kuske rückt ihnen mit pathogenen Pilzen zu Leibe. Der Pilz durchwächst sein Opfer, bringt es zum Absterben und vermehrt sich fortlaufend, was zu einer dauerhaften Wirkung führt. Einige der getesteten PilzIsolate wirkten unter Laborbedingungen bereits gegen den Rapsglanzkäfer. Doch bis zur Anwendung im Feld ist es noch ein weiter Weg. «Im besten Fall einige Jahre», sagt Kuske. Bei einem heute erfolgreich angewendeten Pilzpräparat gegen den Maikäfer, das an ART entwickelt wurde, dauerte es sogar rund fünfzehn Jahre. Doch der Forscher ist vom Erfolg überzeugt: «Die Natur hat alles schon parat, man muss nur genau hinschauen und es zu nutzen wissen». Den Blick fürs Detail und die Liebe zur Natur ent­ wickelte Stefan Kuske schon in seiner Kindheit. Auf dem Weingut in Stäfa am Zürichsee, wo er mit drei Geschwistern aufwuchs, sammelte er Käfer, züchtete Raupen und beobachtete Schmetterlinge. So versunken war er dabei, dass er einmal sogar vergass in den Kindergarten zu gehen und seine Mutter besorgte Anrufe erhielt. Seine Grossmutter war die erste selbständige Winzerin am Zürichsee. Zwar hätte Stefan Kuske gerne den Betrieb übernommen, doch der war bereits grösstenteils verkauft. Stattdessen begann er nach der Schule ein Agronomiestudium an der ETH Zürich mit dem Schwerpunkt Pflanzenbau. Einen Teil absolvierte er in Perugia in Italien, wo er sich 1994 in einem Kurs erstmals intensiv mit dem Thema «Biologische Schädlingskontrolle» beschäftigte. Kurzzeitig arbeitete er in einer Firma, die Bt-Produkte und Fadenwürmer zur Schädlingsbekämpfung testete. In seiner an ART durchgeführten Dissertation untersuchte er am Beispiel der Schlupfwespe Tricho-

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Rückt Pflanzenschädlingen mit natürlichen Methoden zu Leibe: Stefan Kuske, Agroscope Reckenholz-Tänikon ART.

gramma brassicae, die gegen den Maiszünsler ein­gesetzt wird, die Risiken der Freisetzung für Nicht-Zielorganismen. Das von ihm mitentwickelte Bewertungssystem bildete die Grundlage des heute EU-weit verwendeten RiskAssessment-Systems für die Zulassung von Nützlingen. Auch in seinem eigenen Garten greift Stefan Kuske gerne in die Trickkiste der Natur und experimentiert mit verschiedenen Anwendungen. Er lebt seit einigen Jahren wieder am Zürichsee und ist mit den drei Kindern viel draussen unterwegs. Zeit für die Familie ist ihm wichtig, daher teilt er sich seine Stelle als Projektleiter mit einer Kollegin. Er geniesst es, dass ihn seine Arbeit häufig ins Feld führt. «Dadurch bin ich ganz nah dran», sagt er. Als besonders befriedigend empfindet Kuske, wenn es ihm gelingt, auch die Praxis von der Wirksamkeit seiner Lösungen zu überzeugen. Denn auch dazu braucht es manchmal einen langen Atem. Claudia Hoffmann, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz­Tänikon ART, 8046 Zürich


A k t u e l l

Neue Publikationen Grundlagenbericht 2010 Der Grundlagenbericht ist ein ausführliches Nachschlagewerk zur aktuellen wirtschaftlichen Situation der Schweizer LandwirtGrundlagenbericht 2010 schaft. Er enthält die Ergebnisse der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten. Im ersten Teil sind die gesamtbetrieblichen Ergebnisse zu den Bereichen Familie und Arbeitskräfte, Bodennutzung, Tierbestände, Intensität, Produktionsleistung, Bilanz, Rohleistung, Fremdkosten und Hauptergebnisse dargestellt. Der zweite Teil beinhaltet Betriebszweigergebnisse. Im Bericht sind auch die Ergebnisse von Betrieben, die den «Ökologischen Leistungsnachweis» erbringen und von Biobetrieben separat dargestellt. Die jährlich ausgewiesenen Zahlen der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten werden nach einheitlichen und transparenten Methoden ermittelt. Sie sind daher gerade in Zeiten des Strukturwandels eine verlässliche Grundlage zur quantitativen Einordnung wichtiger Veränderungen. Der Grundlagenbericht dient vor allem der landwirtschaftlichen Beratung, der landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung und der Forschung als Informationsquelle oder Grundlage für weiterführende Berechnungen. Eine kompakte Form des Grundlagenberichts 2010 wird im ART-Bericht «Die wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft 2010 – Hauptbericht der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten» publiziert. Anhand von Grafiken und Tabellen mit Zeitreihen über die letzten 10 Jahre wird die Situation in der Landwirtschaft dokumentiert und versucht, die festgestellten Entwicklungen zu erklären. Der Grundlagenbericht und der darauf basierende ARTBericht (Hauptbericht; 2011: ART-Bericht 746) erscheinen sowohl in deutscher als auch französischer Sprache. Beide Publikationen können gedruckt oder elektronisch abonniert werden und sind im Internet unter www.agroscope.ch frei verfügbar. Raufutter verzehrende Tiere RGVE anwesend RGVE anwesend/LN Hauptfutterfläche (HF) Hauptfutterfläche/RGVE anwesend Anteil Kunstwiesen an der HF Anteil Naturwiesen, Weiden an der HF

Das grosse Buch rund um Reben und Wein in der Schweiz! Rebsorten. Die wichtigsten in der Schweiz angebauten Rebsorten von Ph. Dupraz und J.-L. Spring, 130 Seiten Von der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) wurde dem zuletzt erschienenen Werk von AMTRA* Ende des Jahres 2011 eine Sonderauszeichnung in der Kategorie Weinbau verliehen. In einer harmonischen Verbindung von Wissenschaft und Design präsentiert dieses herrlich bebilderte Buch 57 rote und weisse Rebsorten, die von renommierten Fachleuten beschrieben werden. Das Werk beinhaltet ein begleitendes didaktisches Glossar mit hervorragenden Fotos und Wissenswertem über Unterscheidungsmerkmale von Rebsorten. Geschichte, Synonyme, agronomische Merkmale, Anbauflächen und Weinbaupotenzial jeder Rebsorte vervollständigen die ampelographischen Daten. Das Buch und sein Glossar sind in französischer, deutscher oder italienischer Sprache erhältlich. Den Lesern von Agrarforschung Schweiz unterbreiten wir ein Sonderangebot (gültig bis 31.12.2011) Preis des Exemplars Fr. 50.– anstatt Fr. 57.–* Zuzüglich Versandkosten.

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RGVE RGVE RGVE/ha ha a/RGVE % %

32.9 31.6 1.24 18 57 31 55

31.2 30.2 1.21 17 58 31 56

33.2 31.9 1.24 18 57 31 55

34.2 32.6 1.26 19 57 32 55

30.1 28.7 1.20 17 58 32 52

Zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten

Patrik Mouron und Dierk Schmid

Patrik Mouron und Dierk Schmid, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

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Aktuell

Medienmitteilungen

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen 22.09.2011 / ACW Feuerprobe für Edelbrände Am 22. September wurde das Geheimnis gelüftet, wer Goldbrenner des Jahres 2011 geworden ist. Die Nationale Edelbrand-Prämierung der Distisuisse ist fachlich durch die Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW und die Eidgenössische Alkoholverwaltung EAV unterstützt worden. Die Juryleitung und ein Jurymitglied sind ACW-Mitarbeitende. Darüber hinaus haben ACW und EAV mit Auswertungen und Analysen die hohe Qualität der prämierten Edelbrände belegt. Auf diese Weise helfen ACW, EAV und Distisuisse mit, die Qualität der Schweizer Edelbrände und deren Marktchancen weiter zu steigern.

18.09.2011 / SNG Equus helveticus – Vier Festtage für das Schweizer Pferd Die dritte Ausführung des Pferdefestivals Equus helveticus zog während vier Tagen (15. – 18. September 2011) 12 000 Personen, davon 400 Schulkinder aus der Region, an und war wiederum Grosserfolg. Familien, Reiter und Züchter aus der ganzen Schweiz und dem Ausland bewunderten über 1000 Pferde in sämtlichen existierenden Pferdesport- und Pferdezuchtdisziplinen. Trotz Wetterpech am Sonntag war das Pferdefestival Equus helveticus erneut ein einmaliger Anlass zur Anerkennung des Pferdes in der Schweiz.

13.09.2011 / ALP Keine Radioaktivität in Fischmehl Nach dem Fukushima-Reaktorunfall in Japan hat die amtliche Futtermittelkontrolle an der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP-Haras vorsorglich die Radioaktivität in Fischmehl analysieren lassen. Sämtliche untersuchten Proben ergaben vernachlässigbare Werte, das Fischmehl kann problemlos als Futtermittel verwendet werden.

06.09.2011/ ACW Welche sind die besten Erdbeersorten von morgen? Die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW testet neue Erdbeersorten, die von europäischen Züchtern angeboten werden. So will man herausfinden, welche Sorten für den Anbau unter schweizerischen Bedingungen am besten geeignet sind. Die dafür not-

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wendigen Arbeiten werden in enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen und dem Schweizer Obstverband durchgeführt. Dabei wird eine Liste der für die Schweiz empfohlenen Erdbeersorten erstellt, um den Wünschen der Produzenten und Konsumenten nach neuen, schmackhaften Erdbeersorten nachzukommen.

05.09.2011 / ART Tiefere Einkommen in der Landwirtschaft im Jahr 2010 Im Jahr 2010 sind die Einkommen im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Das landwirtschaftliche Einkommen der Referenzbetriebe erreicht 55 200 Franken je Betrieb gegenüber 60 300 Franken im Vorjahr, was einer Abnahme von 8,5 % entspricht. Der durchschnittliche Arbeitsverdienst je Familienarbeitskraft sinkt im Vergleich zu 2009 um 4,9 % von 41 200 Franken auf 39 100 Franken. Im Vergleich der letzten 10 Jahre liegt dieser Wert über dem Durchschnitt.

02.09.2011 / ACW Neuer Schädling in der Schweiz entdeckt Die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) wurde in der Schweiz erstmals im Juli 2011 an Beeren im Tessin und in Graubünden festgestellt. Aufgrund der Schäden, welche diese Fruchtfliege 2010 in Italien und Frankreich verursachte, hat die Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW im Frühling 2011 eine Arbeitsgruppe gebildet. Diese hat schweizweit Insekten-Fallen in Obstbauregionen aufgestellt und überwacht. Aktuell sind keine weiteren Befallsherde zu vermelden. Im Moment prüft ACW verschiedene Bekämpfungsmöglichkeiten.


Aktuell

Veranstaltungen

November

Vor schau November–Dezember 2011 / Heft 11–12 Jean-Réné Germanier, Nationalratspräsident 2010/2011 auf dem Gemüsemarkt in Bern. Das Wissen zu Produktion von Nahrungsmitteln, zur ­Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der Kulturlandschaft wird in der Schweiz durch die vier Einheiten Forschung, Bildung, Beratung und Praxis erarbeitet und kommuniziert. (Foto: Hélène Tobler)

Spezialausgabe zum Landwirtschaftlichen ­Wissenssystem der Schweiz •• Globale Bedeutung der Schweizer Agrarforschung, Bernard Lehmann, BLW •• Das Landwirtschaftliche Wissenssystem der Schweiz, Alfred Buess et al., SHL und BLW ••Agroscope – Landwirtschaftliche Forschung für die Schweiz, Jean-Philippe Mayor, Michael Gysi und Paul Steffen, ACW, ALP-Haras, ART ••AGRIDEA: Innovative und dauerhafte Lösungen für den ländlichen Raum, Ulrich Ryser, Agridea •• Interviews mit elf Persönlichkeiten aus der Politik und aus verschiedenen Branchen, Karin Bovigny, Carole Enz und Sibylle Willi, BLW und ACW •• Vollzugsaufgaben der Agroscope-Forschungsanstalten – wissenschaftlich fundierte Unterstützung für den Gesetzgeber, Lukas Bertschinger, Daniel Guidon und Stephan Pfefferli, ACW, ALP und ART •• Wissenschaftliche Grundlagen für die Politikberatung Stephan Pfefferli und Lukas Bertschinger, ART und ACW •• Forschung, Entwicklung, Beratung – Schweizer Erfolgs­ rezept, Paul Steffen, Denise Tschamper und Ulrich Ryser, ART und Agridea Wissenschaftliche Artikel •• Fusarien und Mykotoxine bei Körnermais in der Schweiz, Tomke Musa et al., ART •• Mit robusten Sorten dem Feuerbrand entgegen wirken, Gabriella Silvestri und Simon Egger, ACW •• Weltmeisterliche Käse-Kulturen, Hanspeter Bachmann et al., ALP •• Projekt «Weidekuh-Genetik»: Zusammenfassung und Perspektiven, Valérie Piccand et al., SHL •• Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2012, Thomas Hebeisen et al., ART und ACW

08. – 09.11.2011 Weiterbildungskurs für Baufachleute Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, Ettenhausen TG 16.11.2011 Überbetriebliche Kooperationen Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Agroscope Reckenholz-Tänikon ART und Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL Inforama Rütti, Zollikofen 18.11.2011 Pflanzenschutztagung Gemüsebau 2011 Agroscope Changins-Wädenswil ACW ACW Wädenswil 26.11.2011 Swiss Breed Classic Schweizerisches Nationalgestüt SNG Avenches 28.11. – 02.12.2011 Winterbesuchswoche Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Zürich-Reckenholz Januar 2012 12. – 15.01.2012 Agroscope an der Swiss’Expo 2012 Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Lausanne Februar 2012 23. – 26.02.2012 Agroscope an der Tier & Technik 2012 Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART St. Gallen

Informationen: Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

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Dienstag/Mittwoch, 8./9. November 2011

Weiterbildungskurs für Baufachleute WBK 2011 Gemeinsame Tagung der ALB-CH, AGRIDEA , Agroscope ART und suissemelio

Themen • Moderne Milchviehställe – wohin geht die Zukunft? • Einfache Laufställe für Klein- und Mittelbetriebe • Laufställe für behornte Kühe • Vollzugshilfe Umweltschutz – Grundsätze, mögliche Lösungen, erste Beispiele der Umsetzung • Aktuelle Forschungsprojekte in Tänikon

Tagungsort Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Refental Tänikon CH-8356 Ettenhausen TG Detailprogramm und Anmeldung: www.agroscope.ch >Veranstaltungen

ALB - CH

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AGrAr ForSchUNG Schweiz recherche AGroNomiqUe SUiSSe

24.08.2011 11:33:09

Aktuelle Forschungsergebnisse für Beratung und Praxis: Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online verfügbar unter: www.agrarforschungschweiz.ch

NEU

Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe! Name/Firma Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Partner der zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirtschaft, die Schweizerische hochschule für Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen AGriDeA, die eidgenössische Technische hochschule eTh zürich, Departement Agrarund Lebensmittelwissenschaften und Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der zeitschrift ist. Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und an weitere Fachinteressierte.

Vorname Strasse/Nr PLZ/Ort Beruf E-Mail Datum Unterschrift Talon einsenden an: Redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00 E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch


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