Agrar forschung schweiz 2 0 1 0
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Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich
S e p t e m b e r
Nutztiere
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 Seite 308
Agrarwirtschaft Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie Seite 326 Pflanzenbau
Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau Seite 340
H e f t
9
Die Qualität von Silagen spielt bei der Fütterung von Kühen eine wichtige Rolle. Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP testet auf Anfrage die neuen Siliermittel zur Verbesserung der Milchsäuregärung oder der aeroben Stabilität von Gras- und Maissilagen. (Foto: Olivier Bloch, ALP)
Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und weitere Fachinteressierte. Herausgeberin Agroscope Partner b Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART) b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern b Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen b Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch
Inhalt September 2010 | Heft 9 307
Editorial
308
Nutztiere Siliermittel und aerobe Stabilität –
Testergebnisse 2009 Ueli Wyss Nutztiere 314 Stabilität von Silagen für Pferde bei
der Verfütterung Ueli Wyss, Regina Klein, Kathrin Mund, Ruedi von Niederhäusern, Brigitte Strickler und Brigitta Wichert Umwelt 320 Agrarmeteorologische Bedingungen im
Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050 Pierluigi Calanca und Annelie Holzkämper Agrarwirtschaft 326 Einstellungen zu Hochleistungs- und
Vollweidestrategie
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich). Abonnement Preise Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder info@agrarforschungschweiz.ch Adresse Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz © Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Ivo Baur, Martin Dobricki und Markus Lips Pflanzenbau 334 Bastard-Raigras und Wiesenfuchs-
schwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009 Rainer Frick, Eric Mosimann, Daniel Suter und Hans-Ueli Hirschi Pflanzenbau 340 Quarantänenematoden im Schweizer
Gemüsebau Reinhard Eder, Irma Roth, Catherine Terrettaz und Sebastian Kiewnick Kurzbericht 346 Phoma der Sonnenblume: Kann nach
Temperaturschwellen behandelt werden? Peter Frei 350
Porträt
351
Aktuell
355
Veranstaltungen
Berner Fachhochschule Haute école spécialisée bernoise Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL Haute école suisse d’agronomie HESA
Editorial
Agrarwissenschaften, wichtiger denn je an der ETH Liebe Leserin, lieber Leser
Bernard Lehmann, Vorsteher des Departements Agrarund Lebensmittelwissenschaften, ETH Zürich
Die Überraschung war gross, als die Schulleitung der ETH im Frühjahr bekannt gab, dass es das Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften in dieser Form ab 2012 nicht mehr geben und ein Departement «Gesundheits wissenschaften und Technologie» geschaffen wird. In der eigentlichen Agrarszene war man teilweise auch empört. Die Situation war für die Professorenschaft alles andere als einfach. Auch wenn die Trennung mitten in der Wertschöpfungskette für Nahrungsmittel aus der Innensicht kaum Sinn macht, muss man zugestehen, dass aus übergeordneten Motiven die neue Konstellation durchaus Sinn machen kann, beziehungsweise Sinn macht. Das World Food System, das wir als strategische Stossrichtung und Systembezug für unser Departement ins Leben gerufen haben, wurde durch die Schulleitung als einer der Prioritäten der ETH Zürich anerkannt und soll in Zukunft in der Form eines Kompetenzzentrums vor allem die Agrarwissenschaften und die Lebensmittelwissenschaften verbinden. Das Kompetenzzentrum wird sich mit aktuellen und zukünftigen Herausforderungen befassen und zusammen mit der Forschung der neuen Departemente innovative Lösungen – in Verbindung mit der Lehre und der Mitarbeit der Studierenden – ausarbeiten. Das neu zu bildende Departement «Gesundheitswissenschaften und Technologie» wird die Lebensmittelwissenschaften und andere Disziplinen beheimaten, wie die Bewegungswissenschaften oder die Neurowissenschaften. Damit wird auch ersichtlich, wie wichtig die adäquate Versorgung des Menschen mit Nahrungsmitteln für die Gesundheit ist. Im neuen Departement, das das bisherige Department Umweltwissenschaften und die Agrarwissenschaften zusammenführt, wird die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen für die Nahrungsmittelproduktion eine Schlüsselrolle spielen. Die Agrarwissenschaftsprofessuren werden dabei durch mehrere Professuren ergänzt, die sich mit der langfristigen Nachhaltigkeit der Nutzung der Agrar-Ökosysteme befassen. In diesem Sinne ist es eine wirkliche Stärkung der Agrarwissenschaften, indem eine intensivere Zusammenarbeit in Forschung und Lehre – ohne Departementsgrenzen – ermöglicht wird. Langfristig kann eine produzierende Landwirtschaft nur eine ökologische Landwirtschaft sein, der es gelingt, gleichzeitig eine Intensivierung und eine bessere Schonung der Ressourcen umzusetzen. Diese Erkenntnisse zur Frage «how to achieve a sustainable intensification» werden in den Studiengang Agrarwissenschaften auf Bachelor- wie auf Masterstufe einfliessen und damit die künftigen Agronominnen und Agro nomen auf die Herausforderungen einer massiv steigenden Nahrungsmittelnachfrage und dem Bedürfnis, die genutzten Ressourcen für die künftigen Generationen zu bewahren, vorbereiten. In diesem Sinne, ist der Entscheid der Schulleitung der ETH zu begrüssen.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 307, 2010
307
N u t z t i e r e
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009
Foto: ALP
Ueli Wyss, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: ueli.wyss@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 14
Silomais gilt als leicht silierbar. Probleme treten bei den Maissilagen vor allem durch Nachgärungen bei der Entnahme auf.
308
Einleitung
Material und Methoden
Silomais gilt als leicht silierbar. Probleme treten bei den Maissilagen vor allem bei der Entnahme durch die starke Anfälligkeit für Nachgärungen auf. Eine ungenügende Verdichtung und vor allem zu geringe Entnahmemengen bei der Verfütterung sind die Hauptgründe für das Auftreten von Nachgärungen. Durch den gezielten Einsatz von Siliermitteln kann die aerobe Stabilität der Silagen verbessert werden. Inwieweit die beiden Produkte Fireguard und Sil-EM für diesen Anwendungsbereich wirksam sind, wurde in Versuchen mit Silomais im Herbst 2009 untersucht.
Silomais der Sorte Amadeo wurde am 8. (1. Erntetermin) und am 25. September 2009 (2. Erntetermin) mit einem durchschnittlichen TS-Gehalt von 31,9 und 40,3 % einsiliert. Die Maispflanzen wurden auf dem Feld von Hand geschnitten und anschliessend mit einem Probenhäcksler zerkleinert (theoretische Häcksellänge 5 mm). Pro Erntetermin und Variante wurden jeweils fünf Laborsilos zu 1,5 l Inhalt gefüllt. Die Gehaltswerte der Maispflanzen beim Einsilieren sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Die anhand des TS-Gehaltes und des Verhältnisses Zucker/Pufferkapazität berech-
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 308–313, 2010
neten Vergärbarkeitskoeffizienten ergaben Werte von 55 und 69. Bei Werten über 45 gilt das Siliergut als leicht silierbar (Kaiser und Weiss 2007). Als Negativkontrolle diente eine Variante «Ohne Zusatz» und als Positivkontrolle eine Variante mit Luprosil. Geprüft wurden die beiden Produkte Fireguard und Sil-EM. Das Produkt Fireguard wurde bereits 2005 und 2008 geprüft (Wyss 2006; Wyss 2009). Die genauen Dosierungen der eingesetzten Siliermittel sind in Tabelle 2 dargestellt. Beim 2. Erntetermin wurden beim Produkt Fireguard zusätzlich noch die beiden Dosierungen von 30 und 60 g pro 100 kg Futter getestet. Beim Produkt Fireguard handelt es sich um ein Kombiprodukt. Neben Kaliumsorbat und Natriumbenzoat sind in diesem Produkt auch homofermentative Milchsäurebakterien enthalten. Das Produkt Sil-EM besteht aus effektiven Mikroorganismen. Gemäss der Deklaration beträgt der Keimbesatz an Milchsäurebakterien beim Produkt Fireguard 2,5 × 108 koloniebildende Einheiten (KBE) pro g Siliermittel. Eine Überprüfung der Keimzahl bei beiden Ernteterminen ergab Werte von 3,9 × 106 und 5,5 × 105 KBE/g. Im Produkt Sil-EM sind laut Deklaration 1,4 × 108 KBE/g enthalten. Hier ergab die Überprüfung Werte von 1,9 × 108 und 2,0 × 108 KBE/g.
Zusammenfassung
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 | Nutztiere
Die Forschungsanstalt Agroscope LiebefeldPosieux ALP hat die beiden Siliermittel Fireguard und Sil-EM zur Verbesserung der aeroben Stabilität bei Maissilagen geprüft. Zusätzlich wurde neben einer Negativkontrolle ohne Zusatz auch eine Positivkontrolle mit Luprosil mitberücksichtigt. Die Versuche wurden mit Silomais der Sorte Amadeo mit Trockensubstanz(TS)-Gehalten von 32 und 40 % in Laborsilos zu 1,5 Liter Inhalt durch geführt. Die Silierdauer betrug 56 Tage. Mit Ausnahme der mit Sil-EM behandelten Silagen zeigten alle Silagen eine sehr gute Gärqualität und dementsprechend hohe DLG-Punktzahlen. Der Einsatz von Sil-EM führte zu erhöhten Essigsäuregehalten und höheren Verlusten, jedoch zu einer Verbesserung der aeroben Stabilität. Beim Siliermittel Fireguard ist die Dosierung für die Wirksamkeit zur Verbesserung der aeroben Stabilität entscheidend. Die beiden Produkte Fireguard und Sil-EM wurden nun definitiv für die Verbesserung der aeroben Stabilität bewilligt.
Tab. 1 | Gehaltswerte des Silomaises beim Einsilieren 1. Erntetermin
2. Erntetermin
%
31,9
40,3
Rohasche
g/kg TS
44
32
Rohprotein
g/kg TS
74
74
Rohfaser
g/kg TS
195
158
ADF
g/kg TS
216
190
NDF
g/kg TS
421
338
Zucker
g/kg TS
86
84
Nitrat
g/kg TS
0,7
0,1
Pufferkapazität
g/kg TS
28
23
55
69
Ohne Zusatz (Negativkontrolle)
MJ/kg TS
6,3
6,6
Luprosil (Positivkontrolle)
APDE
g/kg TS
68
71
Fireguard
15 g (200 g)
15 g (200 g)
APDN
g/kg TS
47
47
Sil-EM
250 g (250 g)
250 g (250 g)
Vergärbarkeitskoeffizient NEL
ADF: Lignozellulose NDF: Zellwände NEL: Netto-Energie Laktation APDE: Absorbierbares Protein im Darm, das auf Grund der verfügbaren Energie- menge aufgebaut werden kann. APDN: A bsorbierbares Protein im Darm, das auf Grund des abgebauten Rohproteins aufgebaut werden kann.
Tab. 2 | Die Prüfverfahren und die Dosierungen der eingesetzten Siliermittel (Dosierung für 100 kg Futter) 1. Erntetermin
Angaben in Klammern = Wasserzusatz
2. Erntetermin
–
–
500 g
600 g
Foto: ALP
Trockensubstanz
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 308–313, 2010
309
Nutztiere | Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009
Resultate und Diskussion
Zur Bestimmung der Säuerungsgeschwindigkeit wurde bereits drei Tage nach dem Einsilieren ein Silo pro Variante geöffnet und der pH-Wert analysiert. Die restlichen Silos wurden nach acht Wochen Silierdauer geöffnet. Eine Woche vor der Entnahme wurden die Silagen während 24 Stunden einem Luftstress unterzogen, dabei wurden die Löcher (oben und unten im Glas) geöffnet. Für die Analysen wurden drei Silos pro Variante berücksichtigt. Die aerobe Stabilität wurde anhand von Temperaturmessungen ermittelt. Alle 30 Minuten wurde die Temperatur gemessen und registriert. Diese Erhebung dauerte mindestens acht Tage. Als aerob stabil wurden die Silagen angesehen, solange die Temperatur in der Silage die Lokaltemperatur nicht um mehr als 1°C übertraf.
Gehaltswerte der Silagen Die Gehaltswerte der Silagen, aufgeteilt nach Erntetermin und Variante, sind aus Tabelle 3 ersichtlich. Die grössten Unterschiede wies der Zuckergehalt auf, der je nach Variante mehr oder weniger stark abgebaut wurde. Weitere Unterschiede konnten bei den Faserbestandteilen festgestellt werden, was wiederum auf den unterschiedlichen Zuckerabbau zurückzuführen ist. Die unterschiedlichen Faserbestandteile wirkten sich entsprechend auf die NEL-Gehalte aus. Hier wies die Positivkontrolle bei beiden Ernteterminen die höchsten Werte auf.
Tab. 3 | Gehaltswerte und Nährwerte der Maissilagen Variante
Erntetermin
Ohne Zusatz
1
Rohasche
Rohprotein
Rohfaser
ADF
NDF
Zucker
NEL
APDE
APDN
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
MJ/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
47
75
198
225
370
51
6,2
63
47
Luprosil
1
41
74
169
196
327
57
6,5
65
46
Fireguard
1
43
77
178
211
359
15
6,4
65
48
Sil-EM
1
45
78
178
210
360
7
6,4
65
48
Ohne Zusatz
2
35
77
180
201
390
14
6,5
67
48
Luprosil
2
31
74
158
180
347
48
6,6
68
46
Fireguard
2
33
75
163
191
336
25
6,6
67
47
Sil-EM
2
37
75
190
222
386
6
6,4
65
47
DLG Punkte
Tab.4 | Gärparameter der Maissilagen Variante
Erntetermin
TS
pHWert Tag 3
pHWert
%
Milchsäure
Essigsäure
Propionsäure
Buttersäure
Ethanol
fl. S./ Ges. S.
NH3-N /Ges. N
Gärgasverlust
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
g/kg TS
%
%
%
Ohne Zusatz
1
30,6
4,7
4,2
48
7
0
0
7
14
5,0
1,5
100
Luprosil
1
32,1
4,8
3,9
49
5
17
0
2
31
2,6
0,8
100
Fireguard
1
31,5
4,7
4,0
51
24
0
1
7
32
4,3
2,4
100
Sil-EM
1
30,4
4,5
4,4
10
52
9
1
11
87
5,8
4,3
63
Ohne Zusatz
2
38,4
4,7
4
56
8
0
1
15
14
4,5
2,7
100
Luprosil
2
39,8
4,8
3,9
49
6
15
0
1
29
2,7
0,7
100
Fireguard
2
37,6
4,6
3,9
60
8
0
0
8
12
4,4
1,8
100
Sil-EM
2
36,3
4,6
4,5
7
41
2
0
33
86
6,5
5,5
81
fl. S./Ges. S.: Anteil der flüchtigen Säuren an den Gesamtsäuren NH 3 -N/Ges. N: Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff
310
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 308–313, 2010
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 | Nutztiere
der Verluste. Beurteilt nach dem DLG-Bewertungsschlüssel (DLG 2006) erreichten die Silagen ohne Zusatz, die mit Luprosil und die mit Fireguard behandelten Silagen bei beiden Ernteterminen die Maximalpunktzahl auf. Mit 63 und 81 DLG-Punkten wurden die mit Sil-EM behandelten Silagen als verbesserungsbedürftig beziehungsweise gut eingestuft. Tab. 5 | Aerobe Stabilität der Maissilagen Variante
Erntetermin
Aerobe Stabilität
Max. Temperaturdifferenz
Anzahl Stunden
°C
pH-Wert Ende Nachgärtest
Ohne Zusatz
1
33
7,2
7,3
Luprosil
1
60
5,5
4,3
Fireguard
1
203
1,8
4,6
Sil-EM
1
216*
0,2
4,4
Ohne Zusatz
2
22
14,1
7,9
Luprosil
2
192*
0,6
5,2
Fireguard
2
21
10,8
7,7
Sil-EM
2
192*
0,3
4,5
* Test nach 216 bzw. 192 Stunden abgebrochen
Foto: ALP
Gärparameter der Silagen Die verschiedenen Gärparameter sind aus Tabelle 4 ersichtlich. Bei allen Silagen sank der pH-Wert innerhalb der ersten drei Tage nicht tief ab. Nach einer zweimonatigen Silierdauer wiesen die meisten Silagen hingegen tiefe pHWerte auf. Die Ausnahme bildeten die Silagen, die mit dem Siliermittel Sil-EM behandelt wurden. Verantwortlich dafür war die geringe Milchsäure- und starke Essigsäurebildung. Zudem zeigte sich, dass bei diesem Produkt bei der feuchteren Silage mehr Essigsäure gebildet wurde. Da sich hohe Essigsäuregehalte negativ auf den Futterverzehr auswirken, sollte dieses Siliermittel nicht bei Futter mit TSGehalten unter 30 % TS eingesetzt werden. In allen Silagen konnten keine beziehungsweise nur geringe Spuren von Buttersäure nachgewiesen werden. Propionsäure wies vor allem die Variante auf, die mit Luprosil behandelt wurde. Die höchsten Ethanolgehalte wiesen die beiden mit Sil-EM behandelten Silagen auf. Der Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff war bei allen Silagen tiefer als 10 %. Die tiefsten Werte wies jeweils die Positivkontrolle auf. Die Gärgasverluste waren bei den meisten Varianten relativ gering. Die Ausnahme bildete die mit Sil-EM behandelte Silage. Die starke Essigsäurebildung führte zu einer Verdoppelung
Abb. 1 | Hefepilze sind hauptverantwortlich für die Nachgärungen in Silagen.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 308–313, 2010
311
Nutztiere | Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009
Aerobe Stabilität Bei den Silagen des ersten Erntetermins erwärmte sich die Negativkontrolle sehr schnell und der pH-Wert stieg stark an (Tab. 5). Die Positivkontrolle vermochte die Erwärmung um einen Tag zu verbessern. Der Verderb war hier nicht so stark, das Futter war nicht verschimmelt und der pH-Wert war noch tief. Eine gute Wirkung zeigten bei diesem Futter die beiden Siliermittel Fireguard und Sil-EM. Bei den Silagen des zweiten Erntetermins zeigten die beiden Produkte Luprosil und Sil-EM eine sehr gute Wirksamkeit. Die Silagen erwärmten sich nicht während den 192 Stunden, wo die Temperatur verfolgt wurde. Hingegen erwärmten sich hier die Negativkontrolle sowie die mit Fireguard behandelte Silage sehr rasch und der pH-Wert stieg stark an. Dies ist vor allem auf die Aktivität der Hefen zurückzuführen (Abb. 1). Die zusätzlichen Untersuchungen bezüglich der höheren Dosie rungen mit dem Siliermittel Fireguard zeigten, dass die Dosierung bei der Vorbeugung der Nachgärungen eine wichtige Rolle spielt. Erst die Dosierung von 60 g vermochte die aerobe Stabilität von 21 auf 61 Stunden zu verbessern, wobei die Temperatur bei der höchsten Dosierung weniger stark anstieg (Abb. 2).
Schlussfolgerungen ••Die Gärqualität war bei den meisten Silagen sehr gut. ••Der Einsatz des Siliermittels Sil-EM führte zu erhöhten Essigsäuregehalten, höheren Verlusten und tieferen DLG-Punktzahlen. ••Mit dem Siliermittel Sil-EM konnte die aerobe Stabilität der Silagen verbessert werden. ••Das Siliermittel Fireguard zeigte beim Silomais mit 32 % TS eine gute Wirksamkeit. Beim Silomais mit 40 % TS reichte die vorgeschlagene Dosierung nicht aus. Erst mit einer Erhöhung der Dosierung konnte die aerobe Stabilität der Silagen verbessert werden. ••Die beiden Siliermittel Fireguard (Anpassung der Dosierung) und Sil-EM (nicht unter TS-Gehalt von 30 % einsetzen) wurden mit Auflagen bewilligt. n
12,0
Temperaturdifferenz ºC
10,0 8,0 6,0 4,0 2,0
0,0 Temperaturdifferenz, °C -2,0 0
24
48
Dosierung 15 g
72
96 Dauer, Stunden
120
Dosierung 30 g
144
168
192
Dosierung 60 g
Abb. 2 | Einfluss der Dosierung des Siliermittels Fireguard auf die Temperaturentwicklung nach der Silagenentnahme.
312
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 308–313, 2010
Coadiuvanti per insilati e stabilità aerobica - risultati dei test 2009 La Stazione di ricerca Liebefeld-Posieux ALP ha testato l'efficacia dei coadiuvanti per l'insilamento Fireguard e Sil-EM per il miglioramento della stabilità aerobica in insilati di mais. Oltre a un controllo negativo senza additivi è stato preso in considerazione un controllo positivo con Luprosil. I test sono stati eseguiti su insilato di mais della varietà Amadeo con tenori in sostanza secca compresi tra il 32 e il 40 per cento in silos di laboratorio da 1,5 litri. L'insilamento è durato 56 giorni. Fatti salvi quelli trattati con Sil-EM, tutti gli insilati hanno dimostrato un'ottima qualità fermentativa, ottenendo un elevato punteggio DLG. L'impiego di Sil-EM ha determinato un aumento dei tenori in acido acetico e delle perdite, ma anche un miglioramento della stabilità aerobica. Per quanto riguarda il coadiuvante per l'insilamento Fireguard, il giusto dosaggio riveste un importante ruolo per il miglioramento della stabilità aerobica. I due prodotti Fireguard e Sil-EM sono stati autorizzati in via definitiva per il miglioramento della stabilità aerobica.
Summary
Riassunto
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 | Nutztiere
Silage additives and aerobic stability: test results 2009 Agroscope Liebefeld-Posieux Research Station ALP investigated the efficacy of the silage additives Fireguard and Sil-EM for the improvement of aerobic stability in maize silages. Beside a negative control without additives, a positive control with Luprosil was also tested. The trials were conducted with maize of the variety Amadeo, harvested at 32 % and 40 % dry matter content and ensiled in 1.5-litre laboratory scale silos. The storage period lasted 56 days. Except for the silages treated with Sil-EM, all the others showed good fermentation quality and therefore high DLG points. The application of Sil-EM increased the acetic acid contents and the losses, but improved the aerobic stability. For the silage additive Fireguard, the right dosage is important to improve the aerobic stability. Based on these results, both products Fireguard and Sil-EM are definitively authorized for the improvement of aerobic stability. Key words: aerobic stability, fermen tation quality, maize silage, silage additives.
Literatur ▪▪ DLG 2006. Grobfutterbewertung. Teil B – DLG-Schlüssel zur Beurteilung der Gärqualität von Grünfuttersilagen auf Basis der chemischen Untersuchung. DLG-Information (2). ▪▪ Kaiser E. & Weiss K., 2007. Nitratgehalt im Grünfutter – Bedeutung für Gärqualität und Siliertechnische Massnahmen. Übersichten zur Tierernährung 35 (1), 13 – 30. ▪▪ Wyss U., 2006. Siliermittel und aerobe Stabilität - Testergebnisse 2005. Agrarforschung 13 (8), 348 – 352. ▪▪ Wyss U., 2009. Siliermittel und aerobe Stabilität: Testergebnisse 2008. Agrarforschung 16 (8), 320 – 324.
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N u t z t i e r e
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung Ueli Wyss1, Regina Klein2, Kathrin Mund2, Ruedi von Niederhäusern3, Brigitte Strickler3 und Brigitta Wichert4 Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux 2 Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen, 3052 Zollikofen 3 Schweizerisches Nationalgestüt SNG, Avenches, 1580 Avenches 4 Institut für Tierernährung, Vetsuisse Fakultät, Universität Zürich, 8092 Zürich Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: ueli.wyss@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 14
Foto: ALP
1
Vor der Verfütterung werden die Silagen von den Pferdhaltenden oft aufgeschüttelt gelagert. Bei der Milchviehhaltung, wo in der Regel Silagen mit TS-Gehalten zwischen 30 und 50 % eingesetzt werden, wird empfohlen, die Anschnittfläche im Silo nicht aufzulockern (Thaysen 2004; Pahlow 2007). Bei aufgelockerten Silagen kann die Luft weiter in die Silagen eindringen und dadurch die unerwünschten Nachgärungen verursachen. Zur Vorbeugung von Nachgärungen werden bereits beim Einsilieren Siliermittel eingesetzt. Im Rahmen von zwei Semesterarbeiten der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft untersuchten Klein (2009) und Mund (2009), wie sich der TS-Gehalt oder der Einsatz eines Siliermittels auf die Stabilität der Silagen bei der Verfütterung auswirken.
Material und Methoden Auch Silagen eignen sich für die Pferdefütterung.
Einleitung In der Pferdefütterung werden als Alternative zu Heu seit einigen Jahren vermehrt Silagen eingesetzt. Vor allem für Pferde, die an einer Stauballergie oder anderen chronischen Atemwegserkrankungen leiden, sind Silagen ein geeignetes Futtermittel (Müller 2007). Die Pferdhaltenden bevorzugen vor allem trockene Silagen, die über 60 % Trockensubstanz (TS) aufweisen. Solche Silagen werden auch als Haylage oder Heulage bezeichnet. Bei trockenen Silagen findet eine weniger intensive Milchsäuregärung und entsprechend eine weniger starke pH-Wert-Absenkung statt. Dadurch steigt das Risiko für Nacherwärmungen beziehungsweise Nachgärungen und Schimmelbefall bei der Entnahme (DLG 2003). Eine gute Verdichtung des Futters beim Pressen sowie ein luftdichter Abschluss sind hier entscheidende Faktoren für eine gute Silagequalität.
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Die Versuche wurden im Schweizerischen Nationalgestüt in Avenches durchgeführt. Dazu wurden Silagen aus Quaderballen verwendet. Futter eines Reinbestandes mit italienischem Raigras der Sorte Gemini, das anfangs Juni 2008 geschnitten wurde, diente als Ausgangsmaterial. Es wurden Ballen mit und ohne Siliermittel her gestellt. Bei den behandelten Ballen wurde das Siliermittel Lupro-Grain beim Pressen mit drei Sprühdüsen auf das Futter gesprüht. Für die Untersuchungen wurden Ballen mit 1,0 und 1,5 l Siliermittel pro Balle berücksichtigt. Pro Tonne Futter entspricht dies einer Dosierung von 2,3 und 3,5 Litern. Die Empfehlung für das Siliermittel Lupro-Grain beträgt 5 l pro Tonne. Die Quaderballen wurden mit zwölf Lagen Folien umwickelt und wiesen ein durchschnittliches Gewicht von 430 kg auf. Die Ballen wurden im Freien gelagert. Nach der Entnahme wurden in zwei Durchgängen im April und Mai 2009 einerseits der Einfluss des TS-Gehaltes und andererseits der Einfluss eines Siliermitteleinsatzes (Lupro-Grain) mit den Dosierungen 1,0 und 1,5 l pro
Balle auf die Haltbarkeit der Haylageballen untersucht. Dabei wurden die Ballen in einem Raum bei einer durchschnittlichen Temperatur von 16 (1. Umgang) beziehungsweise 18 ° C (2. Umgang) gelagert. Jeweils ein Teil des Futters einer Balle wurde aufgeschüttelt und der Rest kompakt gelagert (Abb.1). An den Tagen 0 (Öffnung der Ballen), 3, 7 und 14 wurden in den Ballen beziehungsweise im aufgeschüttelten Futter die Temperaturen gemessen sowie eine Sinnenprüfung (Kamphues et al. 2004) gemacht. Zudem wurden Proben gezogen und im Labor die TS-Gehalte, pH-Werte, Gärsäuren, Rohnährstoffe sowie die Hefen, Schimmelpilze und aeroben mesophilen Bakterien bestimmt. Beim Beproben wurde nur sichtbar unverschimmeltes Futters entnommen, da verschimmeltes Futter nicht an Pferde verfüttert werden sollte.
Resultate und Diskussion
In der Pferdefütterung werden als Alternative zu Heu seit einigen Jahren vermehrt Silagen mit hohen TS-Gehalten, so genannte Haylage, eingesetzt. Bei der Verfütterung gibt es jedoch noch Fragen zur Haltbarkeit und den Lagerungs bedingungen. Im Rahmen von zwei Semesterarbeiten wurde untersucht, wie sich der TS-Gehalt respektive der Einsatz eines Siliermittels auf die Haltbarkeit der Silagen bei der Verfütterung auswirken. Dazu wurde ein Teil der Quaderballensilage nach dem Öffnen aufgeschüttelt und der restliche Teil der Balle jeweils kompakt gelagert. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass der TS-Gehalt des Futters die Intensität der Gärung und die pH-Wert-Absenkung stark beeinflusst. Ein guter Indikator zur Bestimmung des Verderbs stellt die Messung der Tempera turen dar. Silagen mit TS-Gehalten über 60 %, die nach dem Öffnen der Ballen aufgeschüttelt werden, trocknen während der Lagerung unter Lufteinfluss stärker ab als kompakt gelagerte Ballen. Dadurch entwickeln sich die Schimmelpilze weniger stark. Durch den Siliermitteleinsatz konnte der Verderb teilweise länger verhindert werden. Es wird empfohlen, die geöffneten Ballen innerhalb einer Woche zu verfüttern. Bei Futter mit TS-Gehalten über 60 % bringt das Aufschütteln des Futters eine Verbesserung. Bei feuchterem Futter ist eine kompakte Lagerung der Ballen von Vorteil.
Foto: ALP
Temperaturmessungen Durch die Tätigkeit der Mikroorganismen unter Lufteinfluss nimmt die Temperatur im Futter zu und es kommt zu Nachgärungen. Bei den Silagen mit den zwei unterschiedlichen TS-Gehalten (50 % und 60 % TS) nahm die Temperatur kontinuierlich zu. Jedoch erst nach 7 beziehungsweise 14 Tagen nach der Öffnung der Ballen konnten – im Vergleich zur Raumtemperatur – erhöhte Temperaturen gemessen werden (Abb. 2). Dabei waren die Temperaturanstiege beim trockeneren und zudem kompakt gelagerten Futter höher als beim feuchteren Futter. Beim aufgeschüttelten Futter kann einerseits die Luft besser in das Futter eindringen und so die Aktivität der Mikroorganismen begünstigen. Andererseits kann die Wärme durch die Luftzirkulation besser entweichen.
Zusammenfassung
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung | Nutztiere
Abb. 1 | Nach der Öffnung der Ballen wurde während der 14-tägigen Erhebungsperiode ein Teil des Futters aufgeschüttelt und der Rest kompakt gelagert.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 314–319, 2010
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Nutztiere | Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung
Temperatur, ˚C
TS-Gehalt: 60 %
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Foto: ALP
Temperatur, ˚C
TS-Gehalt: 50 % 40 35 30 25 20 15 10 Temperatur, °C 5 0 0 3 7
Ohne Zusatz 40 35 30 25 20 15 10 Temperatur, °C 5 0 0 3 7 14
Dosierung 1
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Dosierung 2
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3
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Tag nach Öffnung der Ballen aufgeschüttelt kompakt
Abb. 2 | Einfluss des TS-Gehaltes beziehungsweise des Einsatzes eines Siliermittels auf die Temperaturen in den Silagen.
TS-Gehalte und Gärparameter Durch das Aufschütteln trocknet das Futter insbesondere an der Oberfläche ab. Dadurch wird den unerwünschten Mikroorganismen das Wasser, welches sie für ihre Entwicklung brauchen, entzogen. Beim Abtrocknungsprozess spielen einerseits der TS-Gehalt und andererseits die Lagerungsart eine Rolle. Wie die Ergebnisse zeigen, bleibt beim feuchteren Futter, ob kompakt oder aufgeschüttelt gelagert, der TS-Gehalt mehr oder weniger konstant (Abb. 4). Beim Futter mit über 60 % TS nahm der TS-Gehalt im aufgeschüttelten Futter kontinuierlich zu. Im Weiteren beeinflusst auch der mikrobielle Verderb den TS-Gehalt. Wenn sich die Hefen stark vermehren, werden die Nährsubstrate zu Kohlendioxyd und Wasser veratmet und der TS-Gehalt des Futters nimmt zu (Pahlow 2007). Beim feuchteren Futter wurde mehr Milch- und Essigsäure gebildet als beim trockeneren Futter (Abb. 4). Dies wirkte sich auch auf die pH-Werte aus. Diese betrugen im Futter mit 50 % TS 4,6 und mit 60 % TS 5,6. Dass die Balle mit der höheren Siliermitteldosierung (3,5 l/t) etwas mehr Milch- und Essigsäure als die übrigen Ballen aufwiesen, dürfte auch auf die Unterschiede beim TS-Gehalt zwischen den Ballen zurückzuführen sein. Diese Ergebnisse decken sich mit Untersuchungen von Wyss (2000), in denen gezeigt wurde, dass der TS-Gehalt des Futters die Intensität der Gärung beeinflusst.
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 314–319, 2010
Während der 14-tägigen Untersuchungsperiode konnten keine systematischen Veränderungen der Gärsäuren festgestellt werden. Anders sah es beim Ethanolgehalt aus. Einerseits wiesen hier die Ballen mit den höheren TS-Gehalten höhere Werte auf. Andererseits nahm der Ethanolgehalt im aufgeschüttelten Futter während den 14 Tagen stark ab, was auf die Verflüchtigung des Ethanols zurückzuführen ist (Abb. 4). Ein leichter Alkoholgeruch konnte bereits beim Öffnen der Ballen festgestellt werden. Im Weiteren führte der Einsatz des Siliermittels bei beiden Dosierungen zu einer verminderten Ethanolbildung. In allen Ballen konnten nur Spuren von Buttersäure festgestellt werden. Alle Werte betrugen weniger als 2 g pro kg TS. Bei der Sinnenprüfung konnten diese geringen Werte an Buttersäure nicht festgestellt werden. Die mit dem Siliermittel behandelten Ballen wiesen beim Öffnen der Ballen bei der Dosierung 1 1,1 g und bei der Dosierung 2 1,8 g Propionsäure pro kg TS auf. Bei den unbehandelten Ballen konnte keine Propionsäure nachgewiesen werden.
Foto: ALP
Beim Futter, welches mit dem Siliermittel behandelt und vor der Verfütterung aufgeschüttelt wurde, konnte kein Temperaturanstieg festgestellt werden. Hingegen vermochten auch die zwei unterschiedlichen Dosierungen des eingesetzten Siliermittels beim kompakt gelagerten Futter den Temperaturanstieg nicht zu verhindern (Abb. 2). Die Messungen zeigen, dass die Temperatur einen guten und einfach zu bestimmenden Indikator darstellt, der die Tätigkeit der Mikroorganismen anzeigt (Abb. 3).
Abb. 3 | Die Temperaturmessungen sind ein guter und einfach zu bestimmender Indikator zur Feststellung des Verderbs.
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung | Nutztiere
TS-Gehalt, %
TS-Gehalt: 60 %
30 25 20 15 10 5 0
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TS-Gehalt: 50 %
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0
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TS-Gehalt: 60 %
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Essigsäure, g/kg TS
Essigsäure, g/kg TS
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TS-Gehalt: 60 %
TS-Gehalt: 50 % 10 5 0 0
3
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TS-Gehalt: 50 %
0
3
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Ohne Zusatz 90 80 70 60 50 40 30 TS-Gehalt, % 20 10 0 0 3 7 14
30 25 20 15 10 5 0
5
3
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14 0 3 Tag nach Öffnung der Ballen aufgeschüttelt kompakt
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3
7
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3
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Dosierung 2
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Dosierung 2
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0
Dosierung 1
3
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Dosierung 2
10 5 0 3
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Ohne Zusatz
0
3
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14
0
Dosierung 1
3
7
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Dosierung 2
10 5 0
0
0
Ohne Zusatz
15
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0
0
0
TS-Gehalt: 60 %
Dosierung 1
Ohne Zusatz
15
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Ethanol, g/kg TS
15 Ethanol, g/kg TS
0
Milchsäure, g/kg TS
Milchsäure, g/kg TS
TS-Gehalt, %
TS-Gehalt: 50 % 90 80 70 60 50 40 30 TS-Gehalt, % 20 10 0 0 3 7
Dosierungen des Siliermittels. Die tiefere Dosierung (2,3 l/t) vermochte die Entwicklung der Hefen bei beiden Lagerungsarten nicht zu stoppen. Bei der höheren Dosierung (3,5 l/t) konnte die Vermehrung der Hefen während sieben Tagen verhindert werden. Es stellt sich die Frage, wie sich eine noch höhere Dosierung des Siliermittels ausgewirkt hätte. Unter Sauerstoffzutritt können sich auch die Schimmelpilze gut entwickeln. Insbesondere bei den kompakt gelagerten Ballen, wo die Silofolie nicht entfernt wurde, kam es unter der Folie zu einer Kondenswasserbildung und zu einer Bildung von Schimmelpilznestern. Da bei den Probenahmen jedoch nur sichtbar unverschimmeltes Material entnommen wurde, war der Keimbesatz an Schimmelpilzen recht tief. Die Orientierungswerte für Foto: ALP
Mikrobiologische Qualität Die Hefen gelten als die Hauptverursacher der Nach gärungen; sie sind vor allem für die Erwärmungen nach der Entnahme unter Lufteinfluss verantwortlich (Wagner et al. 2007). Der analysierte Hefekeimbesatz lag in den Ballen mit den unterschiedlichen TS-Gehalten sowie auch in den mit Siliermittel behandelten Ballen bei der Entnahme unter der kritischen Grenze von 100 000 koloniebildenden Einheiten (KBE) pro g Futter (Abb. 5). Wird diese Grenze überschritten, setzt nach Pahlow (2007) der Verderb ein und der pH-Wert steigt an. Sowohl im kompakt wie auch im aufgeschüttelten Futter wurde teilweise bereits am Tag 7, und vor allem am Tag 14, ein höherer Hefekeimbesatz im Vergleich zum Tag 0 festgestellt. Unterschiede ergaben sich auch bei den zwei
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3
7
14
0 3 7 14 0 Tag nach Öffnung der Ballen aufgeschüttelt kompakt
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Abb. 4 | TS-Gehalte, Milchsäure-, Essigsäure- und Ethanolgehalte in den Silagen mit den unterschiedlichen TS-Gehalten beziehungsweise mit oder ohne Siliermitteleinsatz.
Ethanol, g/kg TS
Ethanol, g/kg TS Agrarforschung Schweiz 1 (9): 314–319, 2010
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TS-Gehalt: 60 % Schimmel, KBE/g
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TS-Gehalt: 60 % Hefen, KBE/g
TS-Gehalt: 50 % 10 000 000 1 000 000 100 000 10 000 1000 100 Hefen,10 KBE/g 1 0 3 7
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Bakterien, KBE/g
Schimmel, KBE/g TS-Gehalt: 50 % 100 000 000 10 000 000 1 000 000 100 000 10 000 1000 100 10 1 0 3 7
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Ohne Zusatz 10 000 000 1 000 000 100 000 10 000 1000 100 Hefen,10KBE/g 1 0 3 7 14
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Schimmel, Ohne KBE/gZusatz 100 000 000 10 000 000 1 000 000 100 000 10 000 1000 100 10 1 0 3 7 14
Dosierung 1
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Bakterien, KBE/g
Schimmel, KBE/g
Hefen, KBE/g
Nutztiere | Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung
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Tag nach Öffnung der Ballen aufgeschüttelt kompakt
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Abb. 5 | Einfluss des TS-Gehaltes beziehungsweise der Einsatz eines Siliermittels auf die Hefen, Schimmelpilze und aerob mesophilen B akterien in den Silagen. Bakterien, KBE/g Bakterien, KBE/g
eine gute Qualität von 5000 Schimmelpilzen pro g Futter (Wagner et al. 2007) wurden nur in wenigen Fällen überschritten (Abb. 5). Dass die höchsten Werte jeweils im kompakt gelagerten Futter gefunden wurden, könnte ein Hinweis sein, dass die Abtrocknung des Futters die Lebensbedingungen für die Schimmelpilze eingeschränkt hat. Die aerob mesophilen Bakterien lagen in den Silagen mit 50 beziehungsweise 60 % TS mit einer Ausnahme alle unter der Grenze von 1 Million KBE pro g, welche nach Wagner et al. (2007) als gute Qualität eingestuft wird. Zwischen den beiden Lagerungsarten konnten hier keine Unterschiede festgestellt werden (Abb. 5). Durch den Zusatz des Siliermittels nahmen die aerob mesophilen Bakterien während der 14-tägigen Lagerung nur in den zwei Proben zu, welche auch erhöhte Schimmelpilze aufwiesen.
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Schlussfolgerungen ••Temperaturmessungen sind ein guter Parameter für den Hinweis auf Verderb. ••Die Gärung ist bei trockenerem Futter weniger intensiv und der pH-Wert wird weniger stark abgesenkt. ••Bei den Ballen soll die Folie nach dem Öffnen ganz entfernt werden, da es unter der Folie zu einer Kondenswasserbildung kommen kann, was die Entwicklung der Schimmelpilze fördert. ••Bei Futter mit hohen TS-Gehalten (über 60 %) ist ein Aufschütteln nach dem Öffnen der Ballen positiv zu werten. Das Futter trocknet stärker ab und ist dadurch weniger anfällig für Schimmelbildung. ••Futter mit TS-Gehalten um 50 % TS ist eher kompakt zu lagern ••Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Verderb oft ab dem Tag 7 beginnt. Deshalb sollten geöffnete Ballen innerhalb einer Woche verfüttert werden. ••Durch den Siliermitteleinsatz konnte der Verderb teilweise länger verhindert werden. Die empfohlene Dosierung muss jedoch eingehalten werden. n
Stabilità degli insilati per cavalli durante il foraggiamento Da alcuni anni, per il foraggiamento dei cavalli, in alternativa al fieno viene usato sempre più di frequente insilato ad elevato tenore in SS, il cosiddetto fienosilo. Tuttavia restano ancora aperte alcune domande relative alla stabilità e alle condizioni di stoccaggio. Nell'ambito di due prove sono stati analizzati gli effetti del tenore in Sostanza secca (SS) e dell'impiego di un agente per l'insilamento sulla stabilità degli insilati durante il foraggiamento. A tal fine una parte dell'insilato in balle quadrate è stata aerata dopo la sua apertura e il rimanente della è stato conservato nella sua forma compatto. Dai risultati è emerso che il tenore in SS del foraggio incide fortemente sull' intensità di fermentazione e sulla diminuzione del valore pH. Un valido indicatore per determinare il deterioramento dell’insilato è la misurazione della temperatura. Gli insilati con tenore in SS superiore al 60 per cento, arieggiati dopo l'apertura delle balle , essiccano meglio durante lo stoccaggio rispetto a quelli compatti con un conseguente minore sviluppo di muffe. L'impiego di coadiuvanti ha permesso, in parte, di ritardare il deterioramento. Si raccomanda di consumare il foraggio delle balle aperte nel giro di una settimana. L’ arieggiamento del foraggio con un tenore in SS superiore al 60 per cento migliore porta a un miglioramento della sua qualità. D’altro canto uno stoccaggio compatto aumenta la qualità dei foraggi con un minore tenore in SS.
Literatur ▪▪ DLG, 2003. Praxisgerechte Pferdefütterung. Eine Information des DLGArbeitskreises Futter und Fütterung. Arbeiten der DLG/Band 198. 95 S. ▪▪ Kamphues J., Coenen M., Kienzle E., Pallauf J., Simon O. & Zentek J., 2004. Supplemente zu Vorlesungen und Übungen in der Tierernährung. Verlag M. und H. Schaper, Alfeld-Hannover. ▪▪ Klein R., 2009. Aerobe Stabilität von Haylages mit unterschiedlichem Trockensubstandgehalt unter Pferdestallbedingungen. Semesterarbeit SHL Zollikofen. 45 S. ▪▪ Müller C.E. 2007. Wrapped forages for horses. Doctoral dissertation. Uppsala, 57 S.
Summary
Riassunto
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung | Nutztiere
Stability of silages for horses during feeding Since some years, hay in horse diets has been partly replaced by silage with high dry matter contents, also known as haylage. There remain still some questions concerning the stability of haylage as well as the conditions during storage. In this context, the influence of dry matter (DM)-content and the addition of silage additives on the stability during the feed-out was investigated in two tests. In this study a part of the forage of a big bale was aerated after opening the bale while the remaining part was compactly stored. The results showed that the DM-content of the silages does influence the intensity of the fermentation and the reduction of the pH-value. The measurement of the temperature is a good indicator for the deterioration of the silage. Silages with DM-contents over 60 %, which are aerated after opening of the bales, dry better during the feed-out period than compactly stored forage and thereby moulds develop less. The application of a silage additive partly prevented the silages from a rapid deterioration. It is recommended to feed the opened bales within one week. The aeration of forage with DM-contents higher than 60 % leads to an improvement of its quality. On the other hand, it is the compact storage which improves the quality in forages with lower DM- contents. Key words: silage, haylage, horses, feeding.
▪▪ Mund K., 2009. Aerobe Stabilität von Haylages mit unterschiedlichen D osierungen eines Säurezusatzes unter Pferdestallbedingungen, S emesterarbeit SHL Zollikofen. 56 S. ▪▪ Pahlow G., 2007 Grundlagen und Grundsätze der Silierung. Übersichten zur Tierernährung 35 (1), 1 – 11. ▪▪ Thaysen J., 2004. Die Produktion von qualitativ hochwertigen Gras silagen. Übersichten zur Tierernährung 32 (1), 57 – 102. ▪▪ Wagner W., Wolf H. & Losand B., 2007. Die Beurteilung des mikrobiologischen Status von Silagen. Übersichten zur Tierernährung 35 (1), 93 – 102. ▪▪ Wyss U., 2000. Grassilagen: TS-Gehalt beeinflusst Gärung und aerobe Stabilität. Agrarforschung 7 (4), 170 – 175.
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U m w e l t
Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050
Foto: Gabriela Brändle, ART
Pierluigi Calanca und Annelie Holzkämper, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Auskünfte: Pierluigi Calanca, E-Mail: pierluigi.calanca@art.admin.ch, Tel.+41 44 377 75 12
Die Pflanzenproduktion wird auch in Zukunft vom Klima abhängig bleiben.
Einleitung Die Schweizer Landwirtschaft profitiert heute von relativ günstigen klimatischen Bedingungen. Nennenswerte Produktionsverluste auf nationaler Ebene, wie zum Beispiel als Folge der Dürren von 1947, 1949, 1976 (Pfister 1999) und zum Teil auch 2003 (Keller und Fuhrer 2004), sind selten. Auf regionaler Ebene können witterungsbedingte Schäden jedoch relevant sein. Ob dies auch in der Zukunft der Fall sein wird, steht im Brennpunkt internationaler (Eitzinger et al. 2009) und nationaler Forschungsaktivitäten. Allgemeine Überlegungen zu möglichen Auswirkungen einer Temperaturer höhung und einer Abnahme der Sommerniederschläge auf die Schweizer Landwirtschaft wurden im Bericht «Klimaänderung und die Schweiz 2050» (OcCC/ProClim 2007) diskutiert. Calanca (2007) hat die langfristigen Folgen der Klimaänderung auf die Intensität von Sommerdürren untersucht. Hinweise auf die Relevanz der Sommertrockenheit im Zusammenhang mit der Bewässerungsbedarf von Acker- und Grasland wurden weiter von Fuhrer und Jasper (2009) formuliert.
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Vielen dieser Untersuchungen lagen die gleichen Klima szenarien zu Grunde. Sie stellen eine Synthese der Resultate des Europäischen Forschungsprojektes PRUDENCE dar (Christensen und Christensen 2007). In der Zwischenzeit wurden im Rahmen des EU-Projektes ENSEMBLES (Hewitt 2005; siehe auch http:// ensembleseu.metoffice.com/) neuere Klimaszenarien für Europa vorbereitet. Im Unterschied zu PRUDENCE, wurde in ENSEMBLES zum ersten Mal die Entwicklung des Klimas von 1950 bis 2050, beziehungsweise von 1950 bis 2100 fortlaufend berechnet. Die Ergebnisse von ENSEMBLES werden zurzeit von einer Expertengruppe ausgewertet mit dem Ziel, die Szenarien in OcCC/ProClim (2007) zu aktualisieren. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt keine präzisen Aussagen möglich sind, sollen hier ein paar Einblicke in die Welt von ENSEMBLES gegeben werden, begleitet von Überlegungen zu den möglichen Konsequenzen, welche die darin skizzierten Tendenzen für die agrarmeteorologischen Bedingungen im Acker- und Futterbau haben könnten. Um die Szenarien in eine breitere Perspektive zu setzen, wird die Entwicklung des Klimas in den ver-
gangenen 150 Jahren betrachtet. Dafür kommen homogenisierte Datenreihen für die monatsmittlere Tempe ratur und die Monatssumme der Niederschläge zur Betrachtung, die auf der Internetseite des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) zur Verfügung gestellt werden (http://www.meteoschweiz. admin.ch/web/de/klima/klima_heute/homogene_reihen. html). Kulturpflanzen und ihre Ansprüche an das Klima Optimale Witterungsbedingungen während der gesamten Vegetationszeit sind eine Voraussetzung für eine hohe Pflanzenproduktivität. Wann die Bedingungen optimal sind und wann mit witterungsbedingten Risiken zu rechnen ist, hängt nicht allein vom Klima sondern auch von den klimatischen Ansprüchen der Ackerkulturen ab (Lang und Müller 1999). Diese ändern sich je nach Sorte und Entwicklungsstadium: vegetatives Wachstum, Blühen, Bildung und Füllung der K örner. Für viele Kulturpflanzen liegen optimale Temperaturen im Bereich 25 bis 30 °C, während sich bei höheren Temperaturen die Ertragsbildung einschränkt (Hess 1991). In unseren Breiten ist dies jedoch selten der Fall. Deshalb haben Minimaltemperaturen im Allgemeinen eine weitaus grössere Bedeutung. Zudem können Frostschäden zu erheblichen Ertragsminderungen bis hin zu totalen Ernteausfällen führen. Ein optimales Pflanzenwachstum ist im Weiteren von einer ausreichenden Wasserversorgung abhängig. Durch Transpiration geht deren Pflanzen ständig Wasser verloren und muss über das Wurzelsystem neu aufgenommen werden. Ist zu wenig Wasser im Boden verfügbar, kann es zu Trockenstress kommen. Als Reaktion werden die Spaltöffnungen geschlossen. Dies minimiert die Wasserverluste, führt aber zu einer Änderung des Metabolismus, einer Einschränkung der CO2-Aufnahme und, bei anhaltender Trockenheit, zu Ertrags- und Qualitätseinbussen. Niederschläge können neben ihrer positiven Auswirkung auf die Wasserversorgung aber auch direkt oder indirekt negative Auswirkungen haben, zum Beispiel in Form von Hagelschäden, Erosion, Überstauung oder Begünstigung von Pilzbefall bei häufiger Blattbefeuchtung. Agrarmeteorologische Indizes Eine Möglichkeit, die Beziehungen zwischen Klima und landwirtschaftlichen Systeme zu charakterisieren, bieten agrarmeteorologische Indizes (Eitzinger et al. 2008). Diese beschreiben die Effekte verschiedener klimatischer Aspekte auf das Wachstum von Kulturpflanzen. Die phänologische Entwicklung, die Auswirkungen von Trockenheit, Nässe, Hitze und Kälte, aber auch
Zusammenfassung
Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050 | Umwelt
Die agrarmeteorologischen Bedingungen für Acker- und Futterbau werden sich im Zuge des Klimawandels auch in der Schweiz ändern. Das kann zu einer Verbesserung der Produktion, aber auch zur Zunahme witterungsbedingter Risiken führen. Agrarmeteorologische Indizes können helfen, das Zusammenspiel zwischen Klima und Kulturpflanzen besser zu verstehen. Sie können damit die Grundlage liefern, für die Entwicklung von Anpassungsstrategien. Hier wurden zwei wichtige Aspekte der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion untersucht, nämlich die Dauer der Vegetationszeit und das Trockenheitsrisiko. Als Basis für die Auswertung dienten homogenisierte Datenreihen von Temperatur und Niederschlag über dem Zeitraum 1864 bis 2009 einerseits, und die neusten Klimaszenarien aus dem Europäischen Forschungsprojekt ENSEMBLES anderseits. Bezüglich der Vegetationsperiode sind die Ergebnisse konsistent mit den Resultaten früherer Studien, mit einer Vegetationsperiode im Jahr 2050 rund 40 Tage länger als um 1970 im Mittelland. Was das Trockenheitsrisiko anbelangt, zeigen unsere Berechnungen ein etwas weniger dramatisches Bild als bisher angenommen. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die ENSEMBLES-Szenarien für die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts im Mittel nur eine geringe Tendenz zu einer Abnahme der Sommerniederschläge zeigen. Allerdings sind auch die neuen Szenarien in diesem Punkt mit grossen Unsicherheiten behaftet.
das Auftreten von Krankheiten und die Ausbreitung von Schädlingen sind Beispiele von Prozessen, die auf diese Weise erfasst werden können. Die zeitliche Dimension des Wachstums wird üblicherweise auf der Basis der laufenden Temperatursumme (Engl. Growing Degree Days) dargestellt. Für viele Kulturpflanzen liegen zuverlässige Angaben vor (z. B. Lang und Müller 1999), die eine relativ genaue Datierung von Entwicklungsstadien erlauben. Bezüglich des Futterbaus werden oft die Anzahl Tage bestimmt, an denen die mittlere Tagestemperatur 5 °C überschreitet. Um Kälte-Einflüsse ebenfalls abzubilden, wird in manchen Studien zusätzlich ein Minimalwert für die Tages minimumstemperatur von –2 °C festgelegt.
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Umwelt | Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050
Abb. 1 | Auswirkung einer Temperaturerhöhung um 2 °C auf die Entwicklung von Kartoffeln und das Risiko von hitzebedingtem Einstellen der Knollenfüllung am Standort Reckenholz. Dabei wurde die Annahme getroffen, dass keine Anpassung des Saattermins vorgenommen wird. In der unteren Hälfte der Abbildung sind wichtige phänologische Stadien aufgetragen: Saat; Aufgang (Aufg); Knollenbildung (KnBl); Blüte(Blüh); Auffüllung (Auff); Reife. Diese wurden auf Grund von Schwellenwerten der laufenden Temperatursumme bestimmt. Die obere Hälfte ist eine graphische Darstellung der Wahrscheinlichkeit, dass die tagesmaximale Temperatur 30 °C übersteigt. Schwarz: Resultate einer Auswertung der täglichen M eteorologie im Zeitraum 1981–2009. Rot: Resultate für eine Z unahme der Temperatur um 2 °C, wie sie von den Klimaszenarien des ENSEMBLES-Projekts für 2050 skizziert wird.
Für Hitze können unterschiedliche Schwellenwerte gebraucht werden. Sommertage sind zum Beispiel Tage, an denen die maximale Tagestemperatur über 25 °C steigt, während für tropische beziehungsweise Hitzetage der Schwellenwert bei 30 respektive 35 °C liegt. Frost lässt sich auf Grund der Tagesminimumtemperatur erfassen. Im Zusammenhang mit Trockenheit ist die Auswahl an agrarmeteorologischen Indizes breit. Dies lässt sich damit erklären, dass die Entstehung von Trockenheit und trockenheitsbedingtem Stress ein relativ komplexes Phänomen ist. Meteorologisch gesehen ist Trockenheit primär eine Folge des Ausbleibens von signifikanten Niederschlägen. Schwankungen im Wasserangebot werden aber vom Boden zum grossen Teil gepuffert, vor allem wenn der Wurzelraum im Kontakt mit dem Grundwasser steht. Zudem haben Pflanzen mit tiefgehenden Wurzelsystemen die Möglichkeit, Wasser aus tiefer liegenden Bodenschichten zu nutzen, und können somit niederschlagsarme Perioden besser überstehen. Demzufolge kann Trockenheit je nach Standpunkt der Betrachtung mit Hilfe von reinen Niederschlagindikatoren untersucht werden, wie zum Beispiel mit dem von McKee et al. (1993) eingeführten standardisierten Niederschlagsindex (Engl. Standardized Precipitation Index oder SPI), oder mit Hilfe von Indizes, welcher die Wasserbilanz des Bodens und den Wasserverbrauch durch die Pflanze abbilden, wie dem Dürre-Index von Palmer (1965; Engl. Palmer Drought Severity Index oder PDSI), die relative Evapotranspiration (Fuhrer und Jasper 2009) oder die durchschnittliche Wasserverfügbarkeit im Wurzelraum (Milly 1993; siehe auch Keller und Fuhrer
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2004). Von Bedeutung ist bei vielen Anwendungen nicht nur die Intensität der Trockenheit sondern auch deren Dauer. Deswegen wird häufig auch die Länge von Trockenheitsphasen als Index verwendet. Agrarmeteorologische Indizes können sowohl für die gesamte Vegetationszeit als auch für bestimmte Entwicklungsphasen berechnet werden. Letztere Berechnung hat den Vorteil, dass beispielsweise eine durch höhere Temperaturen hervorgerufene Verschiebung der Phänologie berücksichtigt werden kann. Wie in Abbildung 1 am Beispiel der Entwicklung von Kartoffeln schematisch dargestellt, ist diese Option bei der Risikobeurteilung von Vorteil, da sie zu genaueren Angaben führt.
Resultate Entwicklung der Phänologie Erste Auswertungen der ENSEMBLES-Szenarien zeigen, dass im Alpenraum die Temperatur bis 2050 um rund 2° C zunehmen könnte. Für den Sommerniederschlag sind, anders als in den Szenarien des OcCC/ProClim (2007), bis zu diesem Zeitpunkt keine klaren negativen Tendenzen auszumachen. Was bedeuten diese Zahlen für die agrarmeteoro logischen Bedingungen im Acker- und Futterbau? Es sei zunächst die Phänologie betrachtet. Die Dauer der Vegetationszeit von Wiesen und Weiden und deren Entwicklung im Zeitraum 1864 bis 2050 ist in Abbildung 2 dargestellt. In dieser Abbildung deutlich zu erkennen ist die Tendenz zu einer Verlängerung der Vegetationszeit, die vor allem nach 1960 einsetzt. Klar festzustellen sind aber auch die kurz- und mittelfristigen Schwankungen. So lagen um
Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050 | Umwelt
1860 die Werte in günstigen Jahren schon auf einem ähnlichen Niveau wie um 1940, während die Jahre zwischen 1890 und 1910 als überdurchschnittlich kalt und für den Futterbau ungünstig erscheinen. Die jährliche Variabilität war zwischen 1900 und 1930 deutlich geringer als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und wiederum ab 1940. Gemäss Ergebnisse des ENSEMBLES-Projekts, setzt sich die ab 1980 beobachtete Tendenz bis 2050 fort. Die Länge der Vegetationszeit wird 2050 im Durchschnitt 250 Tage betragen, das heisst rund 40 Tage mehr als 1970. Dies würde bei produktiven Wiesen grob einem zusätzlichen Schnitt pro Jahr entsprechen. Entwicklung der Trockenheit Für die Darstellung der Trockenheit dient hier der SPI. Wie in McKee et al. (1993) erklärt, stellt das SPI eine Standardisierung des kumulierten Niederschlags über einen Zeitraum dar, der je nach Fragestellung drei bis 24 Monate betragen kann. Hier wurde eine Integrationszeit von sechs Monaten gewählt und die Niederschlagssumme für April bis September betrachtet, denn diese ist repräsentativ für lang anhaltende Trockenheitsphasen, die zu Ertragseinbussen führen können. Als Referenzperiode für die Standardisierung traf die Wahl auf die Jahre 1981 bis 2009. Negative Werte des SPI deuten auf Trockenheit hin, bei Werten kleiner als –1,5 sogar auf schwere Dürre. Die Daten in Abbildung 3 zeigen deutlich, dass in der Vergangenheit die kumulierten Niederschlagsmengen in den Monaten April bis September zeitlich stark variierten. Von der Trockenheit besonders betroffen waren die 1860er, die 1890er sowie die 1940er Jahre. Die schwerste Dürre traf die Schweizer Landwirtschaft im Jahr 1947
(Pfister 1999). Grosse Verluste gab es aber auch im Sommer 2003 (Keller und Fuhrer 2004). Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Ereignissen liegt darin, dass 1947 die Phase negativer Niederschlagsanomalien bereits im vorhergehenden Winter anfing und Ende Sommer den Höhenpunkt erreichte. Im Jahr 2003 waren vor allem die Monate April, Juni und August von Trockenheit betroffen. Integriert über die ganze Zeit zwischen April und September führte das zu einer deutlich kleineren Anomalie als 1947. Bezüglich der zukünftigen Entwicklung von Trockenheit ist bis 2050 keine signifikante negative Tendenz im Niederschlagsregime zu erkennen. Der Unsicherheitsbereich ist aber in etwa so breit wie der Bereich der jährlichen Variabilität im heutigen Klima. Das könnte so interpretiert werden, dass Ereignisse, wie zum Beispiel 2003 der Trockenheit, auch in der nahen Zukunft immer wieder vorkommen können.
Diskussion Eine quantitative Erfassung der agrarmeteorologischen Bedingungen im Acker- und Futterbau ist vor dem Hintergrund eines sich stets ändernden Klimas nötig, um Risiken rechtzeitig zu erkennen und Anpassungsstrategien zu entwickeln. Eine Analyse mit Hilfe von agrarmeteorologischen Indizes hat den Vorteil, dass sie erstens ohne komplizierte Modellrechnungen durchgeführt werden kann und zweitens leicht interpretierbare Resultate liefert. Die unterschiedliche Bedeutung klimatischer Aspekte in Abhängigkeit der phänologischen Entwicklung einer Pflanze kann berücksichtigt werden, indem man agrarmeteorologischen Indizes gezielt für kritische Entwicklungsphasen berechnet.
Abb. 2 | Dauer der Vegetationszeit bei Wiesen und Weiden am Standort Bern, im Zeitraum 1864 bis 2050. Schwarz: historische Rekonstruktion auf der Basis homogenisierter Temperaturdaten von MeteoSchweiz. Die dünne Linie zeigt die Jahreswerte an, w ährend die dicke Linie die mittelfristigen Tendenzen wiedergibt. Blau: Entwicklung bis 2050, wie sie aufgrund von 15 ENSEMBLES-Szenarien berechnet wurde. In diesem Fall stellt die dicke Linie die wahrscheinlichste Entwicklung dar, während die dünnen Linien den Unsicherheitsbereich abgrenzen.
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Umwelt | Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050
Abb. 3 | Ähnlich wie Abbildung 2, aber bezüglich der Entwicklung des SPI an der Beobachtungsstation Bern im Zeitraum 1864 bis 2050. Es handelt sich hier um die Werte des 6-monatigen SPI für September, welche die Anomalien des kumulierten Niederschlags in den Monaten April bis September wiedergeben. Wie im Text e rklärt, deuten negative Werte des SPI auf Trockenheit hin. Bei Werten unter –1,5 kann von anhaltender Dürre ausgegangen w erden. Die zwei Pfeile kennzeichnen die Jahre 1947 und 2003.
In dieser Arbeit wurde die Entwicklung der agrarmeteorologischen Bedingungen im Schweizer Mittelland mit Hilfe zweier derartigen Indizes für die Jahre zwischen 1864 und 2050 skizziert. Dabei dienten historische Wetterbeobachtungen und Klimaszenarien als Datengrundlage, wobei es sich bei Letzteren um die Ergebnisse des EU-Forschungsprojekts ENSEMBLES handelt. Bezüglich Temperatur waren unsere Aussagen konsistent mit den Schlussfolgerungen aus früheren Arbeiten. Bezüglich Sommertrockenheit gab es aber merkliche Diskrepanzen, die im Rahmen weiterer Arbeiten zu erklären sind. In diesem Kontext ist zum Beispiel zu beachten, dass in PRUDENCE explizite Simulationen mit regionalen Klimamodellen nur für den Zeitraum 2071 bis 2100 durchgeführt wurden, und dass für den Bericht OcCC/ProClim (2007) diese Resultate mit einem statistischen Verfahren auf die Jahre 2030, 2050 und 2070 skaliert wurden. Es gilt nun, die dafür getroffenen Annahmen auf der Basis des heutigen Wissens zu überprüfen. Die weitere Auseinandersetzung mit den Resultaten von ENSEMBLES wird zeigen, inwiefern und ab welchem Zeitpunkt ein zunehmender Wassereinsatz zur Bewässerung nötig sein wird (Fuhrer und Jasper 2009).
Schlussfolgerungen und usblick A Die Beurteilung der Szenarien aus der Sicht der Schweizer Landwirtschaft wird ART auch in den kommenden Jahren beschäftigen. Ein wichtiges Ziel wird es sein, die Analyse des Zusammenspiels zwischen Witterung und
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Pflanzenwachstum in Richtlinien für die Praxis umzusetzen. Konkret geht es um die Aktualisierung der Klimaeignungskarte (http://www.agri-gis.admin.ch/index.php), die aus einer Bewertung der Klimaeignung für die Landwirtschaft in der Schweiz von Jeanneret und Vautier (1977) entstand. Die bis heute verwendete Klimaeignungskarte basiert auf klimatischen Daten aus dem Zeitraum 1901 bis 1960. Abbildungen 2 und 3 zeigen jedoch, dass sich das Klima seitdem verändert hat. Eine Aktualisierung der Klimaeignungsbewertung mit neuen Daten wäre schon aus diesem Grund angezeigt. Allerdings ist die von Jeanneret und Vautier entwickelte Methode nur teilweise reproduzierbar. Deshalb soll auch die Bewertungsmethodik neu ausgelegt werden. Dies wird von ART zurzeit im Rahmen der Nationalen Forschungsschwerpunkt Klima gemacht (http://www.nccrclimate.unibe.ch). Im Kern wird die neue Methodik auf eine expertenbasierte Bewertung kulturarten-spezifischer Klima eignungen zurückgreifen. Die Quantifizierung der Klimasensitivitäten wird dabei auf der Basis agrarmeteorologischer Indizes vorgenommen, die für kritische Phänologiephasen berechnet werden. Die neue Methodik wird leicht nachvollziehbar und modifizierbar sein, so dass die Berechnung der Klimaeignung jederzeit aktualisiert und erweitert werden kann und den Entwicklungen in der Züchtung von neuen Sorten Rechnung trägt. Auch wird eine Bewertung der Klimaeignung für verschiedene Klimaszenarien möglich sein. n
Condizioni agrometeorologiche sull'Altipiano svizzero dal 1864 al 2050 I cambiamenti climatici si ripercuoteranno anche in Svizzera sulle le condizioni agrometeorologiche per la campicoltura e la foraggicoltura. Ciò potrà comportare un miglioramento della produzione, ma anche un aumento dei rischi legati alle intemperie. L’esame degli indici agrometeorologici può aiutare a meglio comprendere l'interazione tra clima e colture, nonché a creare le basi per lo sviluppo di strategie di adattamento. In questo ambito sono stati analizzati due aspetti importanti della produzione vegetale, cioè la durata del periodo di vegetazione e il rischio di siccità, basandosi su dati meteorologici per gli anni 1864-2009 e sui più recenti scenari climatici emersi dal progetto europeo di ricerca ENSEMBLES. Riguardo al periodo di vegetazione sull’Altipiano, i risultati si sono rivelati coerenti con quelli di studi precedenti, indicando per il 2050 un prolungamento di circa 40 giorni rispetto al 1970. Riguardo al rischio di siccità il quadro emerso è meno drammatico di quanto prospettato finora, poichè negli scenari ENSEMBLES la tendenza al calo delle precipitazioni estiva è minima nella prima metà del XXI secolo. A questo proposito rimangono però notevoli incertezze.
Summary
Riassunto
Agrarmeteorologische Bedingungen im Schweizer Mittelland von 1864 bis 2050 | Umwelt
Agrometeorological conditions on the Swiss Plateau from 1864 to 2050 Climate change will affect the agrometeo rological conditions for crop and forage farming also in Switzerland. This can improve agricultural production but also increase weatherrelated risks. In this context, agrometeorological indices can help to better understand the interactions between crops and climate and thus serve as a basis for the development of adaptation strategies. This study investigates two important aspects of crop production, namely the length of vegetation period and drought risks. Our investigation relies on homogenized data series for temperature and precipitation spanning the period 1864 – 2009 and the latest climate scenarios from the European research project ENSEMBLES. Concerning the length of vegetation period, our results are consistent with the findings of earlier studies. For the Plateau, they suggest by 2050 an extension of about 40 days relative to the reference in the 1970s. Regarding drought risks the picture is less dramatic than previously assumed. This can be explained by the fact that for the first half of the 21st century the ENSEMBLES scenarios show on average only a small tendency toward reduced summer precipitation. On this aspect, however, even the new scenarios are fraught with uncertainty. Key words: climate change, agrometeorological indices, growing season's length, drought risk.
Literatur ▪▪ Calanca P., 2007. Climate change and drought occurrence in the Alpine region: How severe are becoming the extremes? Global and Planetary Change 57, 151–160. ▪▪ Christensen J.H. & Christensen O.B., 2007. A summary of the PRUDENCE model projections of changes in European climate by the end of this century. Climatic Change 81, 7–30. ▪▪ Eitzinger, J., Kersebaum C.K. & Formayer H., 2009. Landwirtschaft im Klimawandel. Agrimedia Verlag, Clenze (http://de.agrimedia.com/). ▪▪ Eitzinger J., Thaler S., Orlandini S. & 13 weitere Ko-Autoren, 2008. Agroclimitc indices and simulation models. In: Nejedlik P. & Orlandini S. (Eds.) Survey of Agrometeorological practices and Applications in Europe Regarding Climate Change Impacts. European Science Foundation, COST, Brussels. ▪▪ Fuhrer J. & Jasper K., 2009. Bewässerungsbedürfigkeit von Acker- und Grasland im heutigen Klima. Agrarforschung 16, 396 – 401. ▪▪ Hess D., 1991. Pflanzenphysiologie. 9. Auflage, Verl. Eugen Ulmer, Stuttgart. ▪▪ Hewitt C.D., 2005: The ENSEMBLES Project: Providing ensemble-based predictions of climate changes and their impacts. EGGS Newsletter, 13, 22 – 25. Zugang: http://www.the-eggs.org/?issueSel=24.
▪▪ Jeanneret F. & Vautier P. (1977). Kartierung der Klimaeignung für die Landwirtschaft in der Schweiz – Levé cartographique des aptitudes climatique pour l'agriculture en Suisse. Jahrbuch der Geographischen Gesellschaft von Bern, Beiheft ; 4 G. I. d. U. Bern. Bern: 108, Anhang, Beilagen. ▪▪ Keller F. & Fuhrer J., 2004. Die Landwirtschaft im Hitzesommer 2003. A grarforschung 11, 403 – 411. ▪▪ Lang & Müller, 1999. CropData – Kennwerte und ökologische Ansprüche der Ackerkulturen (CD-ROM). uismedia, Freising. ▪▪ McKee T.B., Doesken N.J. & Kliest J., 1993. The relationship of drought frequency and duration to time scales. In: Proceedings of the 8th Conference on Applied Climatology, 17–22 January, Anaheim, CA. American Meteorological Society: Boston, MA; 179–184. ▪▪ Milly P.C.D., 1993. An analytic solution of the stochastic storage problem applicable to soil water. Water Resources Research 29, 3755–3758. ▪▪ OcCC/ProClim, 2007. Klimaänderung und die Schweiz 2050. Bern. ▪▪ Palmer W.C., 1965. Meteorological drought. Research Paper No. 45. U.S. Weather Bureau, Washington, D.C. ▪▪ Pfister C., 1999. Wetternachhersage: 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen. Verlag Paul Haupt, Bern. 304 S.
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A g r a r w i r t s c h a f t
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie
Foto: Iris Pulfer
Ivo Baur1, Martin Dobricki2 und Markus Lips2 1 Universität Zürich, Geographisches Institut, Social and Industrial Ecology 2 Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, CH-8046 Zürich Auskünfte: Martin Dobricki, E-Mail: martin.dobricki@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 31 46
Einleitung Am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung (BBZN) in Hohenrain im Kanton Luzern wird derzeit ein Systemvergleich zwischen Vollweide- und Hochleistungs-Strategie bei Milchvieh durchgeführt. Die vorliegende Studie ist ein Teilprojekt und verfolgt das Ziel, die Motive und Einstellungen von Milchproduzentinnen und -produzenten in Bezug auf die beiden Fütterungsstrategien zu erfassen.
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Die Strategie «Vollweide» besteht darin, den Weideanteil zu maximieren. Kraftfutter wird allenfalls zu Beginn der Laktationsphase eingesetzt. Bei der «Hochleistungsstrategie» ist eine Beschreibung weit schwieriger, da eine grosse Heterogenität besteht. Als gemeinsamen Nenner kann das Ziel einer grossen Produktionsmenge Milch pro Kuh beziehungsweise pro Stallplatz bezeichnet werden. Die Fütterung erfolgt typischerweise mittels Mischrationen, die aus Grund- und Kraftfutter besteht.
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft
Fokusgruppengespräche Für beide Strategien wurde je ein Fokusgruppengespräch organisiert und nach der Transkription mit dem Methodenset der Grounded Theory ausgewertet. Die Grounded Theory ist eine Methode zur systematischen Auswertung von qualitativen Daten (z. B. Interviewtranskripten). Dabei werden die Daten, in diesem Fall die Aussagen der Fokusgruppenmitglieder, kodiert und kategorisiert. Das Kodieren und Kategorisieren der Daten dient später der Entwicklung von Kategorienetzen, wobei deren bindende Beziehungen systematisch erarbeitet und überprüft werden (Strübing 2008). Beide Fokusgruppen waren ausschliesslich mit Vertretern jeweils einer Fütterungsstrategie besetzt. Einerseits die «Hochleistungsstrategie» (10 Teilnehmer am 3.2.2009) und anderseits die «Vollweidestrategie» (7 Teilnehmer am 4.2.2009). Hauptinhalt der Gespräche waren die Motive und Einstellungen der Teilnehmenden zu den beiden Fütterungsstrategien. Entsprechend der obengenannten Beschreibung der Strategien schätzte sich die Hochleistungs-Gruppe als heterogen ein, während bei der Vollweidegruppe eine grössere Homogenität beobachtet werden konnte. Bezogen auf die Verbreitung der beiden Strategien gibt es grosse Unterschiede. Eine repräsentative Umfrage bei Ostschweizer Verkehrsmilchbetrieben ergab, dass im Talgebiet, zu dem die Region Hohenrain zählt, nur ein Prozent die Weide als Sommerfütterungssystem anwenden (Gazzarin et al. 2008).
Zusammenfassung
Methode
Zwei Fokusgruppengespräche mit Milch produzentinnen und -produzenten über ihre Motive und Einstellungen zu den beiden Fütterungsstrategien «Hochleistung» und «Vollweide» wurden mit dem qualitativen Verfahren der «Grounded Theory» ausge wertet. Die Studie soll die Faktoren bestimmen, welche Betriebsleitende bei der Wahl ihrer Fütterungsstrategie leiten. Obwohl eine Verallgemeinerung der Resultate nicht zulässig ist, gibt die Analyse Einblick in Strategien, Motive und Einstellungen der einbezogenen Betriebsleitenden. Sowohl auf Ebene der (Betriebs-)Strategien, als auch bei den Zielen und Werten zeigen sich erhebliche Unterschiede. Die beiden Fütterungsstrategien stehen stellvertretend für zwei grundsätzlich unterschiedliche Produktionsphilosophien, wobei gemäss der Auffassung der befragten Landwirte einerseits die produzierte Milchmenge (Hochleistung) und andererseits eine ökoeffiziente Produktion (Vollweide) im Zentrum stehen. Während sich die Hochleistungsgruppe als moderne Unternehmer verstehen und sich der marktorientierten Milchproduktion verpflichten, spielt für die Vollweidegruppe die Ökologie und das Gemeinwohl eine wichtigere Rolle.
Entscheidungsmodell Um die genannten Einstellungen der beiden Fokusgruppengespräche zu strukturieren, werden drei Ebenen (Werte, Ziele und Strategien) unterschieden, die zusammen den Entscheidungsprozess abbilden. Werte bestimmen, welche grundlegenden Ziele individuen langfristig verfolgen und dienen als Referenz, wenn es darum geht, Handlungsoptionen zu beurteilen. Wertvorstellungen werden durch das soziale Umfeld vermittelt, wobei die Normen eine zentrale Rolle spielen. Aus den Werten leiten sich konkrete Ziele ab. Die Strategie wird schliesslich benötigt, um Ziele zu erreichen. Die gewählte Fütterungs- beziehungsweise Betriebsstrategie resultiert aus dem Resultat des Entscheidungsprozesses. In Abbildung 1 ist das Entscheidungsmodell schematisch dargestellt. Die drei Ebenen werden mittels vergleichendem Kodieren konkretisiert. Die nachfolgende Beschreibung der drei Ebenen erfolgt in der Reihenfolge Strategie, Ziele und schliesslich Werte. Während die Strategien genau definiert wer-
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Agrarwirtschaft | Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie
den können, ist dies bei den Zielen und insbesondere den Werten wesentlich schwieriger, da sie als latente Grössen nur beschränkt fassbar sind.
Abb. 1 | Entscheidungsmodell.
Fütterungs- und Betriebsstrategie Die qualitative Analyse ergibt für beide Gruppen, dass die Betriebsstruktur, insbesondere die Flächenverfügbarkeit und die Arrondierung, zentrale Determinanten sind, an die sie ihre Fütterungsstrategie anpassen müssen. In einem zweiten Schritt erklären beide Gruppen die Fütterungsstrategie als Resultat ihrer Betriebsstrategie. Die Betriebsstrategie ist ein ökonomisches Handlungskonzept, dass nach Aussage der befragten Betriebsleiter auf ungefähr zehn Jahre ausgelegt ist. Die Betriebsstrategie wird von beiden Gruppen als Anpassung an aktuelle und antizipierte Markt- und agrarpolitische Entwicklungen verstanden. Die Fütterungsstrategie ist für die Gruppe «Hochleistung» wesentlich durch die Flächenausstattung gegeben. Bedingt durch die Knappheit und die Lage der Weideflächen ist für viele Betriebsleiter der Gruppe «Hochleistung» die Vollweide von vornherein ausgeschlossen. Neben den betriebsstrukturellen Determin anten wie Flächenverfügbarkeit und Arrondierung erklären sie ihren Futterplan als Anpassung an Bodenbeschaffenheit und Hangneigung. Die Betriebsstruktur wird als zentrale Handlungsrestriktion beschrieben. Insofern erscheint ihnen die Heterogenität der Futterpläne als logische Konsequenz der optimalen Nutzung unterschiedlicher Betriebsstrukturen. Die Fütterungsstrategie ist darauf ausgerichtet, unter gegebener Faktorausstattung, die optimale Menge Milch zu produzieren. Obwohl ein hoher betrieblicher Output wichtig ist,
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streben sie nicht die maximale Milchleistung an. Dem sich in ihrer Wahrnehmung zunehmend verschlechternden Markt- und Politikumfeld – mit sinkenden Milchpreisen und steigenden Gebäude- und Futterkosten – wollen die meisten mit einer Mengenausdehnung begegnen. Die Mengenausdehnung wird dabei vor allem über die Herdengrösse angestrebt, anstatt über die Milchleistung pro Kuh. Die Vollweidegruppe hingegen sieht sich in der Wahl der Fütterungsstrategie weniger von der Flächenausstattung eingeschränkt. Für sie ist eine emissionsarme und energetisch effiziente Produktion mehr eine Frage des Willens, als der Flächenausstattung. Eine umweltgerechte Produktion ist für sie das wichtigste Motiv bei der Wahl der Betriebsstrategie. Die tiefe Kostenstruktur fällt lediglich als ökonomisches Nebenprodukt der ökologischen Betriebsführung an. Trotzdem ist die Kostenminimierung eine zentrale Maxime, die im Ziel der nach haltigen Betriebsführung gründet. Daneben ist die Kostenminimierung aber auch eine Anpassung an das polit-ökonomische Umfeld. Ähnlich wie die Hochleistungsgruppe, sieht sich die Vollweidegruppe hierbei mit ungünstigen Marktentwicklungen konfrontiert. Die sinkenden Produzentenpreise und der damit verbundene Abfluss der Wertschöpfung, betrachten sie als strukturelles Ungleichgewicht. Mit tiefen Maschinen- und Futterkosten, und der damit einhergehenden geringeren Milchleistung, entgegnet man der Marktmacht von zuliefernden und abnehmenden Firmen. Obwohl das Marktumfeld in beiden Gruppen gleich wahrgenommen wird, unterscheiden sich die Anpassungsstrategien grundsätzlich: Die Hochleistungsgruppe versucht über die Mengenausdehnung und dem gezielten Beschaffen von Inputs wie Maschinen oder Futtermittel sinkenden Erlösen entgegenzuwirken, während die Vollweide vor allem kostenseitig minimiert.
Resultate Ziele Bei den Zielen sind die Aspekte Ökonomie, Ökologie, Tierwohl und Arbeitsbelastung relevant. Ziele bezüglich Ökonomie und Ökologie Die ökonomischen Motive stehen für die Hochleistungsgruppe deutlich im Vordergrund. Der Wille zur Optimierung ist gekoppelt an die Affinität zur hohen Produktionsmenge. Die Milchmenge pro Arbeitsstunde und die Lebensleistung der Kuh sind für sie die Indikatoren einer erfolgreichen Betriebsführung. Die Maximierung der Milchmenge pro Arbeitsstunde, wird über die Automatisierung angestrebt. Die Milchleistung pro Fläche ist des-
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft
halb zentral, weil die befragten Betriebsleiter eine moderne Betriebsausstattung im Bereich Futterbau anstreben, um aus der verfügbaren (Ackerbau-)Fläche den maximalen Ertrag an Futter zu generieren. Neben hoher Flächenproduktivität ermöglicht die Modernisierung der Ställe auch eine höhere Lebensleistung der Kuh. Diese ist zudem von Bedeutung, weil sie auf den verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren hinweist. Eine über die Anforderungen des ÖLN hinausgehende ökologische Effizienz der Betriebsführung scheint hingegen kaum entscheidungsrelevant, zumindest wurde sie nicht explizit angesprochen. Im Gegensatz dazu erklärt die Vollweidegruppe systematische Kostenminimierung mit dem Ziel ökoeffizienter Produktion. Nährstoffaufwand pro Kilogramm Milch, die Energiekosten pro Kilogramm Milch und insgesamt eine möglichst emissionsarme Produktion sind für sie die Leistungskriterien. Das Bestreben Energieund Futterkosten einzusparen, ist in der Auffassung der Vollweidegruppe im Sinne einer verantwortungsvollen Produktion zu verstehen. Mit der Maximierung des Weideanteils soll der Nährstoffverlust minimiert werden. Die tiefe Kostenstruktur ist damit die ökonomische Folge ökologischer Motive.
grössere Kontrolle über die Ressourcen. Abhängigkeiten von Wetter und von saisonalen Einflüssen werden möglichst reduziert, was eher erlaubt die Freizeit zu planen. Die moderne Infrastruktur im Stall reduziert zudem die körperliche Belastung. Standardisierung und Automatisierung des Produktionsprozesses haben weiter den Vorteil, dass die Arbeit eher einer Stellvertretung anvertraut werden kann. Im Gegensatz dazu geniesst der Weidestratege die Saisonalität seines Systems. Sein Arbeitsjahr ist an den natürlichen Reproduktionszyklus der Tiere gebunden. Das saisonale Abkalben und die damit verbundene Melkpause erlauben eine temporäre Reduktion der Arbeitsbelastung. Die Melkpausen bringen Freiraum für die Familie und Entlastung für die Betriebsleitung. Für die Familie ist die Abkalbphase eine besonders spannende Zeit und weckt bei den Kindern das Interesse an der Landwirtschaft. Gemäss den Aussagen der Vollweidegruppe bevorzugen sie entsprechend einen abwechslungsreichen Arbeitsprozess, in Harmonie mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen. Während die Hochleistungsgruppe gemäss eigener Auffassung, eher die Kontrolle der Umwelt und der Ressourcen anstrebt.
Ziele bezüglich Tierwohl Das Tierwohl ist beiden Gruppen ein wichtiges Anliegen. Die Gruppe Hochleistung erklärt ihre Vorliebe für moderne Produktionsmittel auch mit der Verantwortung für das Tier. Kraftfuttereinsatz und moderne futterbauliche Methoden garantieren, dass die Tiere jederzeit vollkommen ausgefüttert sind. Die Fütterung gilt als wichtigste Voraussetzung für die Fruchtbarkeit und Lebensdauer der Kühe. Die Tiere profitieren aber auch von moderner Infrastruktur im und um den Stall: Lüftungen, Platzverhältnisse und Bürsten dienen dem Kuhkomfort und sollen sich positiv auf die Lebensleistung auswirken. Auch der Vollweidegruppe ist das Tierwohl ein wichtiges Anliegen. Gefördert wird es jedoch nicht durch moderne Infrastruktur, sondern durch Weidehaltung. Diese umfasst kurze Stallphasen, ausreichende Bewegung, Fütterung mit maximalem Weideanteil und saisonales Abkalben. Besonders die Stallhaltung bei Sommerhitze möchten die Vollweidebauern ihren Kühen nicht zumuten. Zudem sehen sie die Stallhaltung mit dem Problem der Überfütterung und einer unnatürlichen Milchleistung der Kuh verbunden.
Werte Die Wertvorstellungen können zumindest teilweise über das Selbst- und Fremdbild erschlossen werden. Was für ein Typ Betriebsleiterin oder Betriebsleiter man sein möchte, hat einen bedeutenden Einfluss auf die Wahl der Fütterungsstrategie. Das Selbstbild entsteht nicht zuletzt durch eine klare Abgrenzung von anderen (Fütterungs-)Strategien.
Ziele bezüglich Arbeitsbelastung Stallhaltung ermöglicht der Hochleistungsgruppe den Arbeitsprozess präziser zu planen und damit auch eine
Selbst- und Fremdbild Die Vertreter der Strategie «Hochleistung» haben das Selbstverständnis eines modernen Unternehmers. Ihre Bestimmung sehen sie in der marktorientierten Produktion und weniger im Beitrag an die multifunktionale Landwirtschaft. Einzig zugunsten des Kuhkomforts darf das Prinzip der ökonomischen Rationalität vernachlässigt werden. Von Züchtern und dem Vollweidesystem grenzt man sich deutlich ab. Bei «Züchtern» und «Liebhabern» wird die wirtschaftliche Orientierung in Frage gestellt: Ihr Ziel sei primär das erfolgreiche Abschneiden an Viehschauen. Ziele und Motive (Zuchterfolg und Prestige) sind kaum konform mit dem Rationalitätsprinzip und dem Produktionsauftrag des Milchproduzenten. Andererseits, grenzt man sich von der Vollweide ab. Obwohl man der Vollweidegruppe zugesteht, dass auch sie wirtschaftlich denkt, werden fol gende Punkte kritisch betrachtet:
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(I) Die Vollweide ist nicht auf eine hohe Milchleistung ausgerichtet, womit sie ihren eigentlichen Auftrag, die Milchproduktion halbherzig wahrnimmt. (II) Die Vollweide kann keine vollwertige Fütterung garantieren, was nicht konform ist mit einer auf das Tierwohl ausgerichteten Betriebsstrategie. (III) Die Entscheidung für die Vollweide ist motiviert durch die Aussicht auf eine geringere Arbeits- belastung. Die Vollweidepraktiker selber, verstehen sich als Gruppe nachhaltig handelnder Produzenten. Aufgrund der überschaubaren Anzahl der Vollweidebetriebe und ihrer eher zurückhaltenden Rolle bei der Beschaffung von Inputs sehen sie sich in die Aussenseiterrolle versetzt, obwohl sie in ihrer Betriebsstrategie die bestmögliche Lösung für das Gemeinwohl und für eine multifunktionale Landwirtschaft erkennen. Insofern betrachtet die Vollweidegruppe die kapitalintensive Milchproduktion entsprechend kritisch. Diese ist ihrer Meinung nach, bedingt durch Übermechanisierung und intensive Fütterung, ökologisch ineffizient. Wobei sie weiterhin der Auffassung ist, dass die ökologische Ineffizienz folgende zwei Ursachen hat: (I) Das Streben nach Prestige ist der Grund für überdimensionierte Maschinenparks; (II) von Marketing und Beratung der vorgelagerten Industrie wird die Hochleistungsstrategie als einziger Weg vermittelt. Wertorientierung der beiden Gruppen Ausgehend von der Annahme, dass die Gruppeniden tität auf verschiedenen Werten basiert, kann anhand der beiden Gespräche auf die Werte geschlossen werden. Dabei erfolgt für beide Gruppen eine Beschränkung auf jeweils drei Werte, wobei es sich nicht um quantifizierte Befunde, sondern lediglich um prüfenswerte Hypothe-
Tab. 1 | Hypothetische Werteorientierung der beiden Gruppen Strategien im Umgang mit…
Hochleistung
Vollweide
Eigen- und Gemeinnutzen
Erfolgsorientierung
GemeinwohlOrientierung
Unsicherheiten
Kontrolle/ Sicherheit
Vertrauen/ Laissez faire
Konformität/ Anpassung
Selbstbestimmung/ Reflektion
Erwartungshaltungen
Hinweis: Die Zuteilung der hier aufgeführten Wertorientierungen zu den beiden Gruppen, wie auch der Zusammenhang dieser Wertorientierungen mit den jeweiligen Strategien, ist rein hypothetisch.
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sen handelt. Damit sollen mögliche Unterschiede im Wertgefüge zwischen der Hochleistungs- und der Vollweidegruppe dargestellt werden. Jeweils zwei der Werte bilden zusammen ein (Gegensatz-)Paar. Während bei der Vollweidestrategie die Werte «Gemeinwohl-Orientierung», «Vertrauen/ Laissez faire» und «Selbst bestimmung» im Vordergrund stehen, sind es bei der Hochleistungsstrategie die Werte «Erfolgsorientierung», «Kontrolle/Sicherheit» sowie «Konformität/Anpassung» (Tab. 1). Die Vollweidebauern schätzen ihren Beitrag zum Gemeinwohl deutlich höher ein. Sie reflektieren ihre Futterstrategie stark im Hinblick auf externe Effekte. Mit dem Verzicht auf intensiven Kraftfuttereinsatz, halten sie die sozialen und ökologischen Folgekosten (Emissionen durch Transport von Futtermitteln, Einsatz von Ackerflächen für die Futterproduktion und Nährstoffverluste durch Futterbau) tief. Zudem vermitteln ihre Kühe, die auf der Weide sind, im Gegensatz zu denen im Stall, der Öffentlichkeit ein positives Bild der Landwirtschaft. Die Hochleistungsgruppe hingegen betont ihren Beitrag zum Gemeinwohl kaum. Für sie steht die Marktleistung des eigenen Betriebs im Vordergrund, was auf die Erfolgsorientierung hindeutet. Aus dem Gespräch ging hervor, dass die Hochleistungsgruppe die Stallhaltung bevorzugt, weil sie eine grössere Kontrolle der Ressourcen und Umweltfaktoren erlaubt und die Planbarkeit des Arbeitsprozesses erhöht. Die Vorliebe für die Mechanisierung und strukturierte Arbeitsprozesse sind Indizien, die auf Kontrollbedürfnisse hinweisen – zumindest was die Beziehung zu den Produktionsmitteln angeht. Der Vorrat an Futtermitteln gibt ihnen zudem die Sicherheit, dass die Fütterung jederzeit gewährleistet ist. Im Gegensatz dazu stellt die Vollweide sicherlich eine Strategie dar, um weniger in die Natur zu intervenieren. Vielmehr passen diese Betriebsleiter ihre Produktion nach Möglichkeit den natürlichen Begebenheiten an. Zumindest schildern sie die Vollweide als Strategie, die im Einklang mit der Natur steht. Ihre Beziehung zur (natürlichen) Umwelt kann somit mit Vertrauen beziehungsweise «Laissez faire» umschrieben werden. Die Bereitschaft für normkonformes Verhalten (Übereinstimmung mit den gängigen Erwartungen) dürfte in der Hochleistungsgruppe stärker ausgeprägt sein. Geht man davon aus, dass das Ideal unter Milch produzenten eine hohe produzierte Menge und eine moderne Betriebsstruktur umfasst, ist die Hochleistungsstrategie gut geeignet, um diesen Ansprüchen zu entsprechen. Umgekehrt kann die Hypothese aufgestellt werden, dass möglicherweise die Selbstbestimmung respektive Unabhängigkeit für die Vollweidegruppe wichti-
Foto: Iris Pulfer
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft
Stallfütterung.
ger ist. Sie scheut sich nicht, eine «unkonventionelle» Betriebsstrategie zu verfolgen, die ihrer Aussage nach weniger prestigeträchtig ist und zudem eine grössere Distanz zur vor- und nachgelagerten Industrie bein haltet. Dies lässt vermuten, dass die Bereitschaft für nicht-normkonformes Verhalten bei Betriebsleiterinnen und -leitern grösser ist, welche die Vollweidestrategie verfolgen. Weitere Ergebnisse In beiden Gesprächen wurde deutlich, dass sich die Milchproduzentinnen und -produzenten mit beachtlichen Unsicherheiten konfrontiert sehen. Die bedeutendsten Unsicherheitsfaktoren sind die Milchpreisentwicklung und Veränderungen im Direktzahlungssystem. Die Strategieentscheidungen werden auch durch das
Kasten 1 | Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain Projektpartner: Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung (BBZN) Hohenrain/Schüpfheim, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Arbeits gemeinschaft zur Förderung des Futterbaus (AGFF), Landwirtschaft + Wald des Kantons Luzern (lawa), Profi-Lait, Schweizer Milchproduzenten (SMP), Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft (SHL) Zollikofen, Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP), Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Weitere Informationen: www.beruf.lu.ch/bbzn_lw_pv_milchprojekt_hohenrain.htm
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Agrarwirtschaft | Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie
Umfeld beeinflusst. Besonders die Vollweidegruppe hat sich zu den Normen im bäuerlichen Umfeld geäussert. Kritisch reflektiert wurde vor allem die Rolle der vorgelagerten Industrie, die stets den Eindruck vermittelt, die Hochleistungsstrategie sei der einzige richtige Weg. Zudem sieht sich die Vollweidegruppe nicht nur aufgrund ihrer geringeren Zahl als Minderheit, sondern auch weil sie weniger in moderne Produktionsmittel investiert, die in vielen Fällen auch aus Prestigegründen angeschafft würden.
Schlussfolgerungen und Ausblick Zwei Fokusgruppengespräche zu den Einstellungen von Milchproduzentinnen und -produzenten zu den beiden Fütterungsstrategien «Hochleistung» und «Vollweide» wurden mit der Grounded Theory ausgewertet. Die Auswertung zeigt auf, dass auf allen drei Ebenen, Strategien, Ziele und Werte, erhebliche Unterschiede bestehen. Es handelt sich um zwei komplett unterschiedliche Produktionsphilosophien, wobei einerseits die produzierte Milchmenge (Hochleistung) und andererseits eine ökoeffiziente Produktion (Vollweide) im Zentrum stehen. Beiden Gruppen ist gemein, dass verschiedene Ziele gleichzeitig anvisiert werden: Neben ökonomischen und ökologischen Kriterien sind das Tierwohl und eine annehmbare Arbeitsbelastung von Bedeutung bei der Festlegung der Fütterungsstrategie, was die Komplexität der Betriebsführung eindrücklich widerspiegelt. Insofern kann man nur von einem beschränkten ökonomischen Maximierungsverhalten sprechen, das heisst, die Milchproduzentinnen und -produzenten entscheiden sich nicht zwingend für die wirtschaftlich interessanteste Fütterungsstrategie. Vielmehr geht es darum, die Fütterungsstrategie zu finden, die den eigenen Präferenzen für Gewinn, Milchmenge, Umwelt- und Tier-
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 326–333, 2010
schutz am besten entspricht. Entsprechend besteht eine Übereinstimmung mit der Rational Choice Theorie, gemäss derer Interessen, Präferenzen, Motive und Wünsche für die Wahl bestimmter Handlungsoptionen verantwortlich sind (Kunz 2004). Es wurde jedoch auch deutlich, dass die Entwicklung beim Milchpreis und bei den Direktzahlungen für die Betriebsleitenden bedeutende Unsicherheitsfaktoren darstellen, zumal Betriebsrespektive Fütterungsstrategien langfristig angelegt sind. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit basieren auf lediglich zwei Gruppengesprächen. Sie sind entsprechend rein explorativer Natur und dürfen nicht verallgemeinert werden. Trotzdem vermag die Arbeit einen Einblick in die für die Entscheidungen relevanten Motive und Einstellungen der befragten Betriebsleiter vermitteln. Als nächster Schritt bietet sich die Überprüfung der gefundenen Hinweise auf Unterschiede in den Einstellungen und Motiven von Milchproduzentinnen und -produzenten mittels einer standardisierten repräsentativen Umfrage an. Ein wichtiger Aspekt dabei sind die Erwartungen aus dem sozialen Umfeld, mit denen sich die Milchproduzenten konfrontiert sehen. Ebenso gilt es die Werthaltungen zu erfassen, was mit dem Ansatz von Schwartz (1994) möglich ist. Aufgrund der vorliegenden Resultate müsste die Hochleistungsgruppe stärkere Ausprägungen bei den Werten Tradition, Sicherheit und Macht aufweisen. In der Vollweidegruppe müssten Werte wie Wohlwollen, Selbstbestimmung und Gemeinwohlorientierung (Universalismus) eine grössere Ausprägung haben. Geht man davon aus, dass diese Werte wie Handlungsmotive wirken, könnte damit möglicherweise die unterschiedliche Vorgehensweise Milch zu produzieren und die damit einhergehenden Unterschiede in den Einstellungen und Meinungen erklärt werden. n
Due colloqui, condotti con gruppi di produttori lattieri sulle loro motivazioni e posizioni relative alle strategie di foraggiamento «alta prestazione» e «pascolo integrale», sono stati valutati in base alla procedura qualitativa della «grounded theory». Lo studio mira a determinare i fattori che dettano la scelta del capoazienda per quanto concerne la strategia di foraggiamento. Sebbene non sia possibile generalizzare i risultati, l'analisi permette di farsi un'idea delle strategie, motivazioni e posizioni degli interessati. Emergono nette differenze a livello sia di strategie (aziendali) che di obiettivi e valori. Le due strategie di foraggiamento sono rappresentative di due filosofie di produzione fondamentalmente diverse, basate una (alta prestazione) sul quantitativo di latte prodotto e l'altra (pascolo integrale) su una produzione ecoefficiente. I produttori del gruppo orientato all'alta prestazione si vedono come imprenditori moderni e si impegnano per una produzione lattiera indirizzata al mercato, mentre i fautori del pascolo integrale danno maggior importanza all'ecologia e al benessere sociale.
Summary
Riassunto
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft
Attitudes to strategies of high-output and full-time grazing Two focus group discussions were conducted with milk producers about their motives and attitudes to both «high output» and«full-time grazing» feeding strategies and analyzed through grounded theory qualitative method. The study was designed to determine the factors which guide farm managers in their choice of feeding strategy. Although the analysis gives an insight of the strategies, motives and attitudes of the farm managers involved, results cannot be generalized. Considerable differences appeared at farm strategy level as well as in aims and values. The two feeding strategies are representative of two fundamentally different production philosophies which, in the view of the farmers interviewed, focus on the quantity of milk produced (high output) on the one hand, and ecologically efficient production (full-time grazing) on the other. Whereas the high-output group sees itself as modern businessmen and is committed to market-oriented milk production, environment and common welfare are more important for the full-time grazing group. Key words: focus-group, decision making, attitudes, milk production.
Literatur ▪▪ Gazzarin Ch., Bloch L., Schneitter O. & Lips M., 2008. Wie reagieren Verkehrsmilchbetriebe auf die aktuellen Herausforderungen? Eine repräsentative Umfrage in der Ostschweiz vor Aufhebung der Milchkontingentierung, ART-Bericht Nr. 698, Ettenhausen. ▪▪ Kunz V., 2004. Rational Choice. Campus, Frankfurt. ▪▪ Schwartz S. H., 1994. Are there universal aspects in the content and structure of values? Journal of Social Issues 50, 19 – 45. ▪▪ Strübing J., 2008. Grounded Theory: Zur sozialtheoretischen und epistemologischen Fundierung des Verfahrens der empirisch begründeten Theoriebildung. 2. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 326–333, 2010
333
P f l a n z e n b a u
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009 Rainer Frick1, Eric Mosimann1, Daniel Suter2 und Hans-Ueli Hirschi2 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 2 Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Auskünfte: Rainer Frick, E-Mail: rainer.frick@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 46 87
Foto: ACW
1
Abb. 1 | Das Bastard-Raigras ist ein Kreuzungsprodukt und gleicht je nach Ausgangsmaterial mehr dem italienischen oder dem englischen Raigras.
Einleitung Die beiden Raigräser, Italienisches Raigras und BastardRaigras, sind schnellwüchsige, konkurrenzfähige und schmackhafte Futtergräser. In kurzdauernden Anlagen mit ein bis zwei Überwinterungen und bei zusagenden Standort- und Klimabedingungen liefern sie in Mischung mit geeigneten Rotkleesorten Höchsterträge zur Gewinnung von Grünfutter und Anwelksilage. Raigräser entwickeln sich im Frühjahr rasch und liefern schon Ende
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 334–339, 2010
April schnittreifes Futter. Um das Ertragsvermögen voll auszunützen, empfiehlt es sich, nicht vor Anfang Mai zu ernten. Auch der hohe Zuckergehalt der Raigräser erreicht seinen Höhepunkt erst kurz vor dem Ährenschieben. Das Bastard-Raigras (Lolium x hybridum Hausskn.) ist ein Kreuzungsprodukt zwischen dem Englischen und dem Italienischen Raigras. In der Züchtung von Futtergräsern versucht man dadurch, die positiven Eigenschaften dieser beiden Gräser zu kombinieren. Je nach Ausgangsmaterial gleichen die so erzeugten Sorten von Bastard-Raigras hinsichtlich Wuchstyp und Eigenschaften dem einen oder dem andern Elternteil. Verglichen mit dem Italienischen Raigras strebt man insbesondere eine bessere Bestockung sowie ein blattreiches, gut verdauliches Futter an. Wie das Italienische Raigras ist das Bastard-Raigras sehr empfindlich auf den Befall durch die Bakterienwelke und den Schneeschimmel, zwei Schaderreger, die an Raigräsern je nach Bedingungen grossen Schaden anrichten können. Allerdings bestehen in dieser Hinsicht, wie frühere Sortenversuche zeigen, beträchtliche Sortenunterschiede. Eine gute Resistenz gegen diese beiden Schadorganismen ist daher zur Erhaltung einer nachhaltigen Ertragskraft und Ausdauer ein wichtiges Zuchtziel. Im Temperaturbedürfnis ist das Bastard-Raigras etwas weniger anspruchsvoll als das Italienische Raigras. Der Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis L.) findet in längerdauernden Mischungen für nicht-raigras fähige, speziell auch schattige Lagen Verwendung. Er bevorzugt gut gedüngte Böden und erträgt feuchte oder wechselfeuchte Verhältnisse und kühlfeuchte Witterung ohne Probleme. Raue Winter und lange Schneebedeckung setzen ihm kaum zu. Sein Futterwert ist in jungem Zustand sehr gut (hohe Eiweissgehalte). Da der Frühlingsaufwuchs rasch verholzt, muss die erste Nutzung früh erfolgen. Der Wiesenfuchsschwanz ist sehr frühreif und kommt, verglichen mit den meisten Gräsern, rund einen Monat früher ins Rispenschieben.
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: S ortenversuche 2007 bis 2009 | Pflanzenbau
Zusammenfassung
Material und Methoden In den Jahren 2007 bis 2009 prüften die beiden Forschungsanstalten ART und ACW in vergleichenden Sortenversuchen insgesamt 29 Sorten Bastard-Raigras und acht Sorten Wiesenfuchsschwanz auf ihre Anbaueignung unter schweizerischen Bedingungen. Dazu wurden an fünf verschiedenen Standorten Parzellenversuche mit Reinbeständen von Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz angelegt. Zur Abschätzung der Konkurrenzkraft der einzelnen Sorten säte man diese auch in ein fachen Mischungen mit Rot- und Weissklee. Die Parzellengrösse betrug sowohl für die Reinsaaten als auch die Gemenge 1,5 × 6 Meter. Neben der Grunddüngung erhielten die Reinsaaten zu jedem Aufwuchs 40 bis 50 kg Reinstickstoff pro ha in Form von Ammonsalpeter. In den Gemengen reduzierte man die N-Düngung auf die Hälfte. Weitere Angaben zu den Standorten, zur Saat und zu den Anzahl Ernteerhebungen sind in Tabelle 1 zusammengestellt. An den Reinbeständen ermittelte man während der ganzen Versuchsdauer mittels Bonituren die Jugendentwicklung, die Güte des Bestandes (allgemeiner Eindruck, Bestandesdichte, Nachwuchs), die Resistenz gegen Blattkrankheiten und die Bakterienwelke, die Überwinterung und die Ausdauer. Beim Wiesenfuchsschwanz untersuchte man zusätzlich die Anbaueignung in höheren Lagen. Für die Bonituren verwendete man eine neunstufige Notenskala, wobei die Eins die beste und die Neun die schlechteste Note ist. Die mit dem Parzellenmähdrescher ermittelten TS-Erträge der einzelnen Schnitte wurden zu Jahreserträgen summiert, die
Neunundzwanzig Sorten von Bastard-Raigras und acht Sorten von Wiesenfuchsschwanz wurden in den Jahren 2007 bis 2009 auf ihre Anbaueignung geprüft. Die Ansaaten erfolgten sowohl in Reinsaat als auch in Mischung mit Klee. Wir untersuchten folgende Eigenschaften: Ertrag, Jugendentwicklung, Bestandesgüte, Konkurrenzkraft, Ausdauer, Krankheitsresistenz, Verdaulichkeit sowie beim Wiesenfuchsschwanz die Anbaueignung für höhere Lagen. Beim Bastard-Raigras erzielten die vier Neuzüchtungen Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865), Ocadia (LH 0105) und LH 9905 überdurchschnittliche Ergebnisse. Vorläufig werden aber nur die ersten drei in die «Liste der empfohlenen Sorten der Futterpflanzen» aufgenommen, da LH 9905 die rechtlichen Vorgaben für die Handelbarkeit zurzeit noch nicht erfüllt. Die bereits empfohlene Sorte Delicial wird von der Liste gestrichen. Beim Wiesenfuchsschwanz ergeben sich aufgrund der Ergebnisse keine wesentlichen Aenderungen, da keine der geprüften Neuzüchtungen den für eine Empfehlung erforderlichen Indexwert erreichte. Die bekannte und seit über 20 Jahren empfohlene Sorte Vulpera wird wegen mangelnder Leistung aus der Liste der empfohlenen Sorten gestrichen.
Tab. 1 | Orte und Daten der Sortenversuche mit Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz der Jahre 2007 – 2009 Bastard-Raigras Ort
Höhe (m.ü.M)
Sädatum
Anzhal Wiederholungen
Wiesenfuchsschwanz
Anzahl gewogene Schnitte
Anzahl Wiederholungen
Anzahl gewogene Schnitte
Reinsaat 1)
Mischung 2)
2008
2009
Reinsaat 3)
Mischung 4)
2008
2009
*
*
Changins (VD)
430
12.4.2007
4
2
4
2
1
–
–
–
Reckenholz (ZH)
440
12.4.2007
4
–
5
5
4
3
5
5
Oensingen (SO)
460
11.4.2007
4
3
5
5
4
3
5
5
Ellighausen (TG)
520
12.4.2007
4
–
5
5
4
–
5
5
Goumoens (VD)
630
16.4.2007
–
–
–
–
3
2
4
4
La Frêtaz (VD)
1200
18.4.2007
3
3
–
–
3
3
–
–
Maran (GR)
1850
23.5.2007
–
–
–
–
3
–
–
–
* Eine Wiederholung für die Bestimmung der Frühreife 1) Reinsaat: 230 g/Are Bastard-Raigras (Sorte «Antilope» als Standard für die Saatmenge) 2) Mischung: 200 g/Are Bastard-Raigras (Sorte «Antilope» als Standard für die Saatmenge) + 150 g/Are Rotklee «Temara» 3) Reinsaat: 150 g/Are Wiesenfuchsschwanz (Sorte «Vulpera» als Standard für die Saatmenge) 4) Mischung: 100 g/Are Wiesenfuchsschwanz (Sorte «Vulpera» als Standard für die Saatmenge) + 10 g/Are Rotklee «Merviot» + 25 g/Are Weissklee «Seminole» + 15 g/Are Weissklee «Sonja»
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 334–339, 2010
335
Pflanzenbau | Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: S ortenversuche 2007 bis 2009
Tab. 2 | Sortenversuche mit Bastard-Raigras: Herkunft, Frühreifeeinteilung und Klassierung der geprüften Sorten FrühreifeIndex 2)
Nr.
Sorte
Typ 1)
Ploidie
Antragsteller
Kategorie 3)
1
Leonis
IR/ER
4n
DSP/ART, CH
52b
1
2
Marmota
ER
4n
DSP/ART, CH
52b
1
3
Dorcas
IR/ER
4n
DSP/ART, CH
53a
1
4
Redunca
IR
4n
DSP/ART, CH
53a
1
5
Enduro
ER
4n
R2n, FR
52b
1
6
Antilope
IR/ER
4n
DSP/ART, CH
52b
1
7
Ibex
IR
4n
DSP/ART, CH
53a
1
8
Rusa
IR/ER
4n
DSP/ART, CH
52b
1
9
Tirna
IR/ER
4n
DLF-Trifolium, DK
53b
1
10
Delicial
IR/ER
4n
R2n, FR
52b
11
Palmata (LH 9925)
ER
4n
DSP/ART, CH
52a
12
Daboya (LH 9865)
IR/ER
4n
DSP/ART, CH
52b
1
13
LH 9905
ER
4n
DSP/ART, CH
52a
1*
14
Ocadia (LH 0105)
IR/ER
4n
DSP/ART, CH
52a
1
15
TRHP 223
IR/ER
4n
R2n, FR
52a
3
16
AberEcho (bAB 567)
ER
4n
Germinal Holdings, GB
53a
3
17
Novial (TRHP 176)
ER
4n
R2n, FR
52b
3
18
ADV LH 519
IR/ER
4n
DLF-Trifolium, DK
53b
3
19
ADV LH 518
IR/ER
4n
DLF-Trifolium, DK
53a
3
20
Saracen (DP 40 – 9711)
ER
4n
DLF Trifolium, DK
53b
21
DP 40 – 9407
ER
4n
Životice, CZ
53a
4
22
DP 40 – 4565
ER
4n
DLF-Trifolium, DK
53a
4
23
Pletor
IR/ER
2n
Eraf, FR
53a
4
2/3 1
4
24
DP 40 – 9703
ER
2n
DLF-Trifolium, DK
53b
4
25
Cador
IR/ER
2n
DLF-Trifolium, DK
53b
4
26
Antal
ER
2n
Eraf, FR
53b
4
27
LHF 021072
ER
4n
EURO GRASS, DE
53b
4
28
Gala
IR
4n
IHAR Bartążek, PL
53a
4
29
Mega
IR
4n
IHAR Bartążek, PL
53b
4
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten 1) Typ: IR = Multiflorum-Typ, IR/ER = intermediärer Typ, ER = Perenne-Typ 2) Frühreife-Index: Zeitpunkt des Blühbeginns. Die erste Ziffer bezeichnet den Monat, die zweite die Dekade (a = erste Hälfte, b = zweite Hälfte der Dekade). 3) Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen: 1 = in der Schweiz empfohlene Sorte. 1* = kann erst nach Erfüllen der für die Handelbarkeit in der Schweiz gesetzlich notwendigen Kriterien empfohlen werden (siehe Saat- und Pflanzgutverordung des EVD, SR 916.151.1) 2/3 = Sorte ab 1. Januar 2013 nicht mehr empfohlen. 3 = zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus. 4 = eignet sich nicht für den Anbau in der Schweiz.
anschliessend mit einem statistischen Verfahren in Ertragsklassen umgerechnet wurden. Zur Ermittlung der verdaulichen organischen Substanz (VOS) wurden am Standort Reckenholz im ersten, zweiten und dritten Aufwuchs des zweiten Versuchsjahres Stichproben genommen, die nachher mittels Nahinfrarot-Reflexionsspektroskopie (NIRS, Norris et al. 1976) analysiert und in Gramm verdauliche organische Substanz pro Kilogramm Trockensubstanz angegeben wurden. Zur Eichung der NIRS diente die in-vitro-Methode nach Tilley und Terry (1963). Um die VOS-Werte in die
336
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 334–339, 2010
Gesamtbeurteilung miteinbeziehen zu können, wurden diese mit demselben statistischen Verfahren wie beim Ertrag in Noten von 1 bis 9 umgerechnet. Zur Ermittlung der Konkurrenzkraft wurde der prozentuale Anteil am Gesamtertrag des Gemenges geschätzt und mit einer Formel berechnet. Die Frühreife ermittelte man anhand phänologischer Beobachtungen in Changins im zweiten und dritten Versuchsjahr. Zum Vergleich der verschiedenen Sorten errechnete man für jede geprüfte Sorte einen Index. Dieser ergibt sich aus der Gesamtheit der geprüften Merkmale. Beim Bastard-
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: S ortenversuche 2007 bis 2009 | Pflanzenbau
Tab. 3 | Ergebnisse der Sortenversuche 2007 – 2009 mit Bastard-Raigras
Güte*
Jugendentwicklung
Konkurrenzkraft*
Ausdauer*
2,8
4,6
4,2
4,7
5,0
3,9
4,8
4,3
4,7
4,7
Nr.
Sorte
Ertrag 1)*
1
Leonis
2
Marmota
Resistenz/Toleranz gegen: Wintereinflüsse*
VOS2)
Index
2,2
6,0
4,06
1,6
5,3
4,17
Blattkrankheiten
Bakterienwelke*
4,7
2,8
5,1
3,3
3
Dorcas
4,8
4,4
3,6
4,3
5,1
4,9
3,0
2,3
4,7
4,18
4
Redunca
4,5
4,5
3,4
4,7
5,3
4,4
3,3
2,3
5,3
4,21
5
Enduro
4,4
4,8
4,7
4,8
5,1
5,6
3,2
1,8
3,3
4,29
6
Antilope
4,8
4,5
3,7
4,4
5,5
4,7
3,3
2,2
5,3
4,30
7
Ibex
3,8
4,6
3,4
4,4
5,5
4,9
3,4
2,4
7,3
4,35
8
Rusa
3,4
4,5
4,4
5,3
5,0
5,3
3,5
2,1
6,3
4,35
9
Tirna
5,5
4,7
3,7
4,8
5,0
5,2
3,4
2,8
3,7
4,45
10
Delicial
5,1
5,2
4,2
5,7
5,1
6,1
3,3
2,5
4,0
4,72
Mittel (Standard)
4,3
4,7
4,0
4,8
5,1
5,1
3,2
2,2
5,1
4,31
11
Palmata (LH 9925)
3,8
4,0
3,4
4,6
4,3
5,0
2,8
1,4
7,0
3,95
12
Daboya (LH 9865)
2,1
4,4
3,8
5,3
5,1
4,9
3,0
2,1
4,7
3,97 3,99
13
LH 9905
4,0
4,1
4,0
5,0
4,4
4,9
3,3
1,5
4,7
14
Ocadia (LH 0105)
3,5
4,4
3,9
4,7
4,7
5,4
3,1
1,5
5,0
4,03
15
TRHP 223
3,5
4,8
4,0
5,3
5,2
5,4
2,9
2,4
4,0
4,29
16
AberEcho (bAB 567)
4,6
5,0
3,9
4,6
5,9
5,4
5,0
2,3
2,7
4,47
17
Novial (TRHP 176)
4,4
5,0
4,5
4,8
5,1
5,6
3,1
2,5
5,0
4,47
18
ADV LH 519
5,9
4,9
3,8
5,5
5,9
5,3
3,6
2,0
4,7
4,72
19
ADV LH 518
5,4
5,1
4,3
5,7
5,9
5,4
4,0
2,2
4,0
4,76
20
Saracen (DP 40 – 9711)
6,0
5,1
4,7
5,3
5,1
5,9
3,6
2,7
3,7
4,80
21
DP 40 – 9407
6,1
5,1
4,5
5,0
5,4
5,7
4,5
2,6
5,0
4,95
22
DP 40 – 4565
6,8
5,3
3,8
4,7
5,7
6,1
3,4
3,2
4,7
5,02
23
Pletor
6,6
5,3
3,9
5,0
6,1
5,5
3,3
4,0
5,0
5,16
24
DP 40 – 9703
7,4
5,2
4,6
5,3
5,9
6,4
4,8
2,3
5,0
5,29
25
Cador
6,8
5,4
3,7
4,9
6,5
6,1
3,8
4,1
5,7
5,37 5,37
26
Antal
6,5
5,5
3,6
5,7
6,2
6,1
3,4
3,9
6,0
27
LHF 021072
7,1
5,8
4,1
6,4
6,5
5,9
3,0
4,8
2,7
5,52
28
Gala
8,3
7,0
3,8
5,1
8,4
6,4
4,2
5,7
5,0
6,32
29
Mega
8,0
7,0
3,9
5,6
8,2
6,3
4,0
6,3
5,7
6,42
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten * Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 5 = mittel; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht. 1) Ertragsnoten von 4 Versuchsstandorten mit 4 bis 5 Erhebungen 2008 und 2 bis 5 Erhebungen 2009 2) VOS = Verdauliche organische Substanz; Mittel von 3 Terminen im Jahre 2008 in Reckenholz
Raigras werden dabei der Ertrag, die Güte, die Konkurrenzkraft, die Ausdauer, die Winterhärte und die Resistenz gegen die Bakterienwelke doppelt gewichtet. Beim Wiesenfuchsschwanz zählen der Ertrag, die Güte, die Resistenz gegen Blattkrankheiten und die Verdaulichkeit doppelt. Eine neue Sorte kann empfohlen werden, wenn ihr Index den Mittelwert der mitgeprüften Standardsorten um mindestens 0,2 Indexpunkte unterschreitet. Eine bis anhin empfohlene Sorte wird aus der Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen gestrichen, wenn ihr Gesamtindex denjenigen des Standards um mehr als 0,2 Punkte übertrifft. Weiter wird eine Sorte nicht empfohlen, wenn sie in einem wichtigen Merkmal den Mittelwert des Standards um mehr als 1,5 Punkte überschreitet.
Resultate Bastard-Raigras: drei neue Sorten empfohlen In Tabelle 2 sind die 29 geprüften Sorten von BastardRaigras mit ihrer Kategorieneinteilung und den Angaben zu Wuchstyp, Ploidiestufe und Frühreife aufgelistet. Die Sorten 1 bis 10 sind die bereits empfohlenen, die Sorten 11 bis 29 die neu geprüften Sorten. Aufgrund der Ergebnisse (Tab. 3) können drei Neuzüchtungen empfohlen werden: Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865) und Ocadia (LH 0105). Auch die Sorte LH 9905 genügt den agronomischen Ansprüchen für die Aufnahme in die Liste der empfohlenen Futterpflanzen. Da sie aber die rechtlichen Vorgaben der Saat- und Pflanzgutverord-
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Pflanzenbau | Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: S ortenversuche 2007 bis 2009
Bezug auf die Konkurrenzkraft erreichten die beiden Sorten Daboya (LH 9865) und LH 9905 nicht das Niveau der anderen Neuempfehlungen. Leider waren die VOSWerte der Sorte Palmata (LH 9925) nur wenig besser als jene der Standardsorte Ibex. Die bis anhin empfohlene Sorte Delicial, die mit Ausnahme der Verdaulichkeit in fast allen Kriterien schlechter war als der Sortendurchschnitt, wird aufgrund des erzielten Indexes in die Kategorie 2/3 versetzt. Sie darf somit nur noch bis Ende 2012 als empfohlene Sorte gehandelt werden.
Tab. 4 | Sortenversuche mit Wiesenfuchsschwanz: Herkunft, F rühreifeeinteilung und Klassierung der geprüften Sorten Sorte
Antragsteller
FrühreifeIndex 1)
1
Alopex
DSP/ART, CH
42b
1
2
Alko
SZ-Steinach, DE
42b
1
3
Vulpera
DSP, CH
42b
4
Alpha
SZ-Steinach, DE
42b
3
5
Zuberska
OSEVA Pro, CZ
42a
3
6
Vulpina
Životice, CZ
42a
3
7
Gufi
HBLFA, AT
43a
3
8
AP 0305
DSP/ART, CH
43b
Kategorie 2)
2/3*
Keine neuen Sorten beim Wiesenfuchsschwanz Beim Wiesenfuchsschwanz, bei dem fünf der acht geprüften Sorten Neuzüchtungen waren, resultierte bei keiner neuen Sorten ein Index, der für eine Empfehlung notwendig wäre (Tab. 4 und 5). Auch wenn die Sorten bei einigen Kriterien ansatzweise gute Ergebnisse lieferten, konnten sie sich in der Gesamtheit der geprüften Eigenschaften gegenüber den Standardsorten nicht durchsetzen. Die seit über 20 Jahren empfohlene Sorte
4
Fettschrift bei Sortennamen = bisher empfohlene Sorten 1) Frühreife-Index: Zeitpunkt des Blühbeginns. Die erste Ziffer bezeichnet den Monat, die zweite die Dekade (a = erste Hälfte, b = zweite Hälfte der Dekade). 2) Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen: 1 = in der Schweiz empfohlene Sorte. 2/3* = Sorte voraussichtlich ab 1. Januar 2013 nicht mehr empfohlen; abhängig von einer Lagebeurteilung im Herbst 2011 betreffend der Saatgutverfügbarkeit von Alopecurus pratensis. 3 = zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus. 4 = eignet sich nicht für den Anbau in der Schweiz.
nung des EVD für die Inverkehrbringung noch nicht erfüllt, kann sie erst nach Abschluss der Registerprüfung dem Handel freigegeben werden. Jede der neu empfohlenen Sorten erzielte einen tieferen Index als die beste der bereits empfohlenen Sorten, was auf einen hohen Zuchtfortschritt dieser vier Neuzüchtungen schliessen lässt. Daboya (LH 9865) erreichte die deutlich höchsten Erträge aller geprüften Sorten. Palmata (LH 9925) und LH 9905 zeichneten sich durch eine sehr gute Ausdauer und Güte aus. Zusammen mit der Sorte Ocadia (LH 0105) zeigten sie ausserdem eine sehr gute Resistenz gegenüber der Bakterienwelke. In
Foto: ART
Nr.
Abb. 2 | Der Wiesenfuchsschwanz ist sehr frühreif und sollte deshalb im Frühjahr zeitig genutzt werden.
Nr.
Sorte
Ertrag 1)*
Güte*
1
Alopex
4,9
3,0
2
Alko
4,6
3,4
3
Vulpera
Konkurrenzkraft
Ausdauer
Resistenz egen Blattg krankheiten*
VOS2)*
Anbaueignung für höhere Lagen
Index
3,6
2,7
2,5
2,8
4,3
3,3
3,50
3,8
3,2
3,1
3,1
4,7
3,4
3,75
Jugendentwicklung
5,6
3,1
3,6
2,5
2,9
3,6
6,3
3,6
4,16
Mittel (Standard)
5,0
3,1
3,6
2,8
2,8
3,2
5,1
3,4
3,80
4
Alpha
5,0
3,9
4,5
3,3
3,3
2,5
4,0
3,3
3,77
5
Zuberska
4,6
3,8
4,3
3,2
3,6
2,7
4,7
3,6
3,86
6
Vulpina
4,1
3,4
3,5
3,1
3,1
4,2
5,0
3,3
3,87
7
Gufi
6,3
3,5
3,2
3,3
2,8
3,5
4,0
4,0
3,98
8
AP 0305
5,3
3,1
4,0
2,8
2,9
3,3
7,3
3,8
4,29
Foto: G. Brändle, ART
Tab. 5 | Ergebnisse der Sortenversuche 2007 – 2009 mit Wiesenfuchsschwanz
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten * Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 5 = mittel; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht 1) Ertragsnoten von 4 Versuchsstandorten mit 4 bis 5 Erhebungen 2008 und 2009. 2) VOS = Verdauliche organische Substanz; Mittel von 3 Terminen im Jahre 2008 in Reckenholz
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Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: S ortenversuche 2007 bis 2009 | Pflanzenbau
Loglio ibrido e coda di volpe comune: prove varietali dal 2007 al 2009 Dal 2007 al 2009 è stato esaminato il valore agronomico e colturale di ventinove varietà di loglio ibrido e otto varietà di coda di volpe comune. Le semine sono state realizzate in colture pura e in associazione con del trifoglio. Sono state prese in considerazione le seguenti caratteristiche: resa in materia secca, rapidità di copertura del suolo, aspetto generale, forza di concorrenza, persistenza, resistenza alle malattie, e digeribilità della materia organica. Inoltre per la coda di volpe comune è stata valutata l’idoneità alla coltivazione in altitudine. Per il loglio ibrido le quattro nuove varietà Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865), Ocadia (LH 0105) e LH 9905 hanno ottenuto risultati superiori alla media. Solo le prime tre sono iscritte nella lista delle varietà foraggere consigliate, in quanto LH 9905 al momento non soddisfa i presupposti giuridici per la commercializzazione. La vecchia varietà Delicial, iscritta nella lista, sarà stralciata. I risultati ottenuti dalle varietà di coda di volpe non permettono la loro iscrizione nel catalogo ufficiale. L’unica modifica riguarda la nota varietà Vulpera che ha ottenuto risultati insufficienti e, dopo essere stata presente per 20 anni nella lista delle varietà consigliate, sarà stralciata.
Literatur ▪▪ Dietl W., Lehmann J. & Jorquera M., 1998. Wiesengräser. Landwirt schaftliche Lehrmittelzentrale LmZ, Zollikofen,191 S. ▪▪ Suter D., Hirschi H.U., Briner H.U., Frick. R., Jeangros B. & Bertossa M., 2008a. Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2009 – 2010. A grarforschung 15 (10), I–VIII.
gezüchtete Sorte Alopex noch im Aufbau befindet und deshalb noch zu wenig Saatgut dieser neuen Sorte vorhanden ist, wird Vulpera möglicherweise länger als bis Ende 2012 als empfohlene Sorte beibehalten. Ein dies bezüglicher Entscheid wird im Herbst 2011 gefällt werden. n
Summary
Riassunto
Vulpera erreichte den für eine weitere Empfehlung erforderlichen Index nicht mehr und wird demzufolge in die Kategorie 2/3 versetzt. Sie kann nur noch bis Ende 2012 als empfohlene Sorte verkauft werden. Allerdings ist das Sortenangebot beim Wiesenfuchsschwanz ziemlich dünn. Da sich die als Nachfolgerin von Vulpera
Varietal tests of hybrid ryegrass and meadow foxtail (2007 – 2009) From 2007 through 2009 the Agroscope Reckenholz-Tänikon ART and Agroscope Changins-Wädenswil ACW research stations tested in total 29 varieties of hybrid ryegrass and 8 varieties of meadow foxtail in comparative variety trials at five locations. All varieties were grown in pure stands and in mixture with clover. The parameters assessed were forage yield, juvenile development, vigour, competitive ability, persistence, resistance to diseases and digestibility of organic matter, as well as adaptation to higher altitudes for meadow foxtail. Four new breeds of hybrid ryegrass attained extraordinary results in comparison to the standard: Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865), Ocadia (LH 0105) and LH 9905. For the moment, only the three former will be added to the «List of recommended Varieties of Forage Plants», because LH 9905 is not eligible for trade in Switzerland yet. The formerly recommended variety Delicial will be crossed off the list. Concerning meadow foxtail, there was no change as none of the new varieties tested reached the index-value required for recommendation. The formerly recommended variety Vulpera will be removed from the list. Key words: Lolium hybridum, Alopecurus pratensis, hybrid ryegrass, meadow foxtail, variety testing, yield, disease resistance. ▪▪ Suter D., Rosenberg E., Frick R. & Mosimann E., 2008b. Standardmischungen für den Futterbau: Revision 2009–2012. Agrarforschung 15 (10), 1–12. ▪▪ Norris K.H., Barnes R.F., Moore J.E. & Shenk J.S., 1976. Predicting forage quality by infrared reflectance spectroscopy. Journal of Animal Science 43, 889–897. ▪▪ Tilley J. & Terry R., 1963. A two stage technique for the in vitro digestion of forage crops. Journal of the British Grassland Society 18, 104–111.
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P f l a n z e n b a u
Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau Reinhard Eder1, Irma Roth1, Catherine Terrettaz2 und Sebastian Kiewnick1 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil 2 Département des finances, de l’agriculture et des affaires extérieures, Service de l’agriculture, 1951 Châteauneuf Auskünfte: Reinhard Eder, E-Mail:reinhard.eder@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 63 37
Foto: ACW
1
Salatwurzel mit Befall durch den Wurzelgallennematoden Meloidogyne fallax.
Einleitung Wurzelgallennematoden (Meloidogyne spp.) sind bedeutende Schädlinge im Schweizer Gemüsebau, die jährlich grosse Schäden und damit verbunden Ertragsverluste verursachen können. Am häufigsten tritt in der Schweiz der Nördliche Wurzelgallennematode Meloidogyne hapla auf. Diese Art findet man sowohl im Freiland als auch im geschützten Anbau. Dagegen kommen die
340
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 340–345, 2010
ursprünglich aus den Tropen und Subtropen stammenden Arten M. incognita, M. arenaria und M. javanica nur in Gewächshäusern bzw. beheizten Tunnels vor. Bei Routineuntersuchungen im Jahr 2002 wurde erstmals der Quarantänenematode Meloidogyne chitwoodi in einer Probe aus einem Gewächshaus im Kanton Wallis nachgewiesen. Aufgrund dieses Erstfundes wurden in den Jahren 2002 bis 2006 intensive Surveys im befallenen sowie in benachbarten Betrieben durchgeführt. Es zeigte sich,
dass einige Betriebe Befall mit einer weiteren nah verwandten Quarantänenematodenart M. fallax aufwiesen. Das Auftreten der Quarantänenematoden beschränkte sich jedoch auf einige wenige Betriebe in der Region von Saillon. Um eine weitere Verbreitung der Nematoden zu verhindern, wurden Eindämmungsmassnahmen vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) sowie dem kantonalen Pflanzenschutzdienst angeordnet. Agroscope Changins-Wädenswil ACW führte in den Jahren 2007 bis 2008 weitere Surveys durch und wies nach, dass diese Massnahmen eine weitere Ausbreitung der Quarantänenematoden verhindert haben. Während dieses Zeitraums wurde jeweils nur noch eine Art, M. fallax, in den befallenen Betrieben nachgewiesen (Eder et al. 2009). Zur Klärung, ob die Art M. chitwoodi tatsächlich noch in Schweizer Gewächshäusern vorhanden ist, wurden die in der Vergangenheit als befallen eingestuften Flächen im Herbst 2009 und Frühjahr 2010 in einem intensiven Survey noch einmal eingehend untersucht. Was sind Nematoden? Nematoden sind meist kleine, weisse bis farblose, fadenförmige Tiere. Sie bevorzugen feuchte Medien und können im Erdboden, im Süss- und Salzwasser, aber auch in Pflanzen, Tieren und im Menschen gefunden werden. Nematoden gehören zu den artenreichsten Stämmen des Tierreichs. Bisher sind über 20 000 verschiedene Nematodenarten beschrieben. Neben kleinen, kaum 0,2 mm langen Fadenwurmarten gibt es auch solche, die als Parasiten von Warmblütern mehrere Meter lang werden können (Decker 1969). In 100 ml Ackerboden oder Gartenerde können einige Tausend Fadenwürmer enthalten sein. Die Zusammensetzung der Arten variiert je nach Umweltbedingungen, Klima- und Bodenfaktoren sowie Bewirtschaftung. Die Ernährungsweise der Nematoden unterscheidet sich ebenfalls: Neben Fadenwürmern, die sich von Bakterien oder Pilzen ernähren, gibt es auch solche, die sich räuberisch von anderen Fadenwürmern ernähren. Für die Landwirtschaft stellen pflanzenparasitäre Nematoden die wichtigste Gruppe dar. Sie schädigen Kulturpflanzen direkt oder indirekt und können sowohl im geschützten Anbau als auch im Freiland vorkommen. Diese Nematoden stechen mit einem Mundstachel Wurzelzellen an und ernähren sich von deren Zellinhalt. Manche Arten dringen aber auch in Stängel, Blätter oder Blütenanlagen ein und ernähren sich dort von den Pflanzensäften. Einige Nematoden übertragen auch Viren und schädigen die Pflanzen dadurch indirekt. Bei Befall reichen die verursachten Schäden von geringen Ertrags reduktionen bis zu einem Totalverlust.
Zusammenfassung
Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau | Pflanzenbau
Wurzelgallennematoden (Meloidogyne spp.) sind die wichtigste Gruppe pflanzenparasi tärer Nematoden in der Schweiz. Sie verur sachen grosse Probleme im Gemüsebau. Am häufigsten tritt in der Schweiz der nördliche Wurzelgallennematode Meloidogyne hapla auf. Dagegen kommen die ursprünglich aus den Tropen und Subtropen stammenden Arten M. incognita, M. arenaria und M javanica nur im geschützten Anbau vor. Bei in den Jahren 2002 bis 2006 durchgeführten Surveys wurden die Quarantänenematoden Meloidogyne chitwoodi und M. fallax in einigen wenigen Schweizer Gewächshäusern und Betrieben gefunden. Eine weitere Verbreitung wurde aufgrund der verordneten Eindämmungsmassnahmen erfolgreich verhindert. In den Jahren 2006 bis 2008 konnte in Proben aus befallenen Gewächshäusern und beheizten Folientunnels nur noch M. fallax nachgewiesen werden. Ein intensiver Survey 2009 und 2010 bestätigte die Abwesenheit von M. chitwoodi. Die Art M. fallax konnte wieder in Gewächshäusern und beheizten Folientunnels gefunden werden. Unbeheizte Folientunnel und Freilandflächen, die an befallene Gewächshäuser angrenzen, waren frei von Quaran tänenematoden.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 340–345, 2010
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Pflanzenbau | Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau
Abb. 1 | Salatwurzeln mit unterschiedlich starkem Befall durch den Wurzelgallennematoden M. fallax . Links: ohne Befall; Mitte: mässiger Befall; rechts: starker Befall.
Wurzelgallennematoden – Biologie und Schaden Wurzelgallennematoden sind obligate Wurzelparasiten, die als Eier in Pflanzenresten und im Boden längere Zeit überdauern können. Die Nematodenlarven schlüpfen im Frühjahr und dringen in die Wurzeln der Wirtspflanze ein. Dort entwickeln sie sich zu adulten Weibchen, die kugelrund anschwellen und die Bildung der typischen Wurzelgallen bewirken (Abb.1). Jedes dieser Nematodenweibchen kann bis zu 500 neue Eier produzieren, aus denen erneut Larven schlüpfen. Diese dringen wiederum in die Wurzeln ein und verursachen eine weitere Schädigung. Je nach Temperatur sind drei bis sechs Generationen pro Jahr möglich. Die Quarantänenematoden M. chitwoodi und M. fallax gelten in Europa als besonders gefährlich für landwirtschaftliche Kulturpflanzen, da sie sich durch ihr breites Wirtspflanzenspektrum (400 – 500 Arten) schnell ausbreiten und etablieren können und somit eine Kontrolle kaum möglich ist. Sie können bei fast allen Gemüsearten Schäden verursachen. Betroffen sind vor allem Tomaten, Gurken, Karotten, Sellerie, Schwarzwurzeln, Salat und Erbsen. Ausserdem sind Zuckerrüben, Erdbeeren, Zierpflanzen, Getreide, Mais, Kartoffeln und die Graswirtschaft gefährdet. Aus diesen Gründen ist das Auftreten dieser Nematoden in der Schweiz nach der Pflanzenschutzverordnung (SR 916.20) meldepflichtig, und es müssen Bekämpfungs- respektive Eindämmungsmassnahmen durchgeführt werden.
M. chitwoodi nachgewiesen. Aufgrund dieses Erstfundes wurden in den Jahren 2002 bis 2006 intensive Surveys im befallenen sowie in benachbarten Betrieben durchgeführt. Es zeigte sich, dass einige Betriebe Befall mit einer weiteren nah verwandten Quarantänenematodenart M. fallax aufwiesen (Tab. 1). Das Auftreten der Quarantänenematoden beschränkte sich jedoch auf einige wenige Betriebe in der Region von Saillon (Abb. 2). Die Pflanzenschutzverordnung (SR 916.20) schreibt beim Auftreten von Quarantäneorganismen in Artikel 29 eine Tilgung der Primärherde vor. Dazu müssen die verantwortlichen Stellen geeignete Massnahmen zur Tilgung der Herde durchführen (siehe Kasten). Doch das ist bei einem Befall mit Wurzelgallennematoden schwierig. Alle diese Massnahmen waren jedoch nicht geeignet, um die bestehenden Herde von Quarantänenematoden in den befallenen Betrieben zu tilgen (Grunder et al. 2007). Aufgrund der Ergebnisse der intensiven Surveys erfolgte die Einschleppung der beiden Nematodenarten wahrscheinlich mit verseuchtem Pflanzenmaterial und die weitere Verbreitung über Traktoren und Geräte mit anhaftender Erde. Diese Maschinen und Geräte wurden zum Teil zwischen den Betrieben ausgetauscht und so die Quarantänenematoden weiter verbreitet. Um eine weitere Verbreitung der Nematoden zu verhindern, wurden vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) sowie dem kantonalen Pflanzenschutzdienst Eindämmungsmassnahmen angeordnet (siehe Kasten).
Resultate Surveys 2002 – 2006 und Massnahmen Im Jahr 2002 wurde von ACW eine Untersuchung zur Verbreitung von Wurzelgallennematoden in der Schweiz durchgeführt. Dabei wurden nicht nur die bereits bekannten Arten M. incognita, M. arenaria, M. javanica und M. hapla, sondern in einer Probe aus einem Gewächshaus im Wallis auch erstmals der Quarantänenematode
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 340–345, 2010
Abb. 2 | Verbreitung von Wurzelgallennematoden (WGN) in der Schweiz.
Nördlicher WGN: M. hapla Tropische WGN: M. incognita, M. javanica, M. arenaria Quarantäne-WGN: M. chitwoodi und M. fallax
Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau | Pflanzenbau
Surveys 2007 und 2008 Die in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführten Untersuchungen sollten klären, ob die verordneten Massnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Quarantänenematoden erfolgreich waren. Zu diesem Zweck wurden die befallenen Betriebe und die umliegenden Freilandflächen intensiv untersucht. Es zeigte sich, dass sich in Gewächshäusern und beheizten Tunnels die Quarantäneart M. fallax etabliert hatte. Die Art M. chitwoodi konnte in diesen Untersuchungen jedoch nicht mehr nachgewiesen werden. In Proben aus unbeheizten Folientunnels konnten keine Quarantänenematoden nachgewiesen werden. In keiner der untersuchten Proben aus den umliegenden Freilandflächen wurden Quarantänenematoden nachgewiesen. Diese Ergebnisse zeigen, dass die angeordneten Eindämmungsmassnahmen eine weitere Ausbreitung der Quarantänenematoden verhindert haben.
Tab. 1 | Ergebnisse der Surveys zum Auftreten der Quarantänene matoden Meloidogyne chitwoodi und M. fallax in der Schweiz in den Jahren 2002 bis 2010
Jahr
2002
Anzahl untersuchter Gewächshäuser und beheizter Folientunnel
M. chitwoodi
M. fallax
Summe
0
1
Anzahl befallener Gewächshäuser und beheizter Folientunnel
57
1
2003
3
1
2
3
2004
56
0
15
15
2005
29
5
9
9
2006
2
0
2
2
2007
18
0
12
12
2008
18
0
9
9
2009
22
0
18
18
2010
4
0
4
4
2003 bis 2006 wurden die Untersuchungen durch externe Labors durchgeführt. 2002 und 2007 bis 2010 hat ACW die Untersuchungen gemacht.
Surveys 2009 und 2010 Die Surveys 2007 und 2008 hatten bereits gezeigt, dass auch bei intensiver Suche die Art M. chitwoodi nicht mehr nachzuweisen war. Daher wurden im Herbst 2009 und Frühjahr 2010 alle in der Vergangenheit als mit M. chitwoodi befallen eingestuften Flächen erneut intensiv untersucht. Wie auch in den Jahren zuvor zeigte sich, dass alle Freilandflächen und ungeheizten Folientunnels frei von den Quarantänenematoden M. chitwoodi und M. fallax waren. Meloidogyne fallax hat man weiterhin
Kasten 1 | Massnahmen zur Tilgung und Eindämmung von Befallsherden Tilgung Zur Tilgung von Befallsherden durch chemische Bekämpfung steht Basamid-Granulat (Dazomet) zur Verfügung. Dieses Mittel darf allerdings nicht in biologisch wirtschaftenden Betrieben eingesetzt werden. Eine andere Möglichkeit ist das Aushungern der Nematoden durch eine Schwarzbrache, das heisst die befallene Fläche muss über einen längeren Zeitraum frei von allen Pflanzen sein (Unkrautregulierung). Eine weitere Bekämpfungsmöglichkeit ist die Bodendämpfung, dabei werden die Schädlinge durch Hitze vernichtet. Dieses Verfahren ist jedoch mit hohen Kosten verbunden und wirkt wenig in die Tiefe. Zusätzlich wurden verschiedene Methoden zur biologischen Bodenentseuchung getestet.
Eindämmung Um eine weitere Ausbreitung von Quarantänene matoden aus den betroffenen Betrieben zu verhindern, dürfen dort nur Personen arbeiten, die über den Nematodenbefall informiert sind. Arbeiten in Gewächshäusern mit Quarantänenematoden müssen stets zum Ende einer Arbeitsperiode durchgeführt werden. Die Arbeitsschuhe werden beim Ausgang durch Bürsten und mit einem Desinfektionsmittel gereinigt. Alle Geräte, Maschinen und Traktoren werden bereits im Gewächshaus grob von Erde und Pflanzenresten befreit und anschliessend an einem geeigneten Waschplatz gründlich gereinigt. Maschinen und Traktoren von anderen Betrieben müssen jeweils vor und nach einem Einsatz gereinigt werden.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 340–345, 2010
343
Pflanzenbau | Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau
nur in Gewächshäusern oder beheizten Tunnels gefunden. Des Weiteren konnte erneut bestätigt werden, dass M. chitwoodi auf keiner der untersuchten Flächen (Gewächshaus, Tunnel oder Freiland) nachweisbar war.
Diskussion Quarantänenematoden wie die Wurzelgallennematoden M. chitwoodi und M. fallax stellen Produzenten und Pflanzenschutzdienste oft vor grosse Probleme. Durch ihr breites Wirtspflanzenspektrum und ihre hohen Vermehrungsraten können grosse Schäden bei landwirtschaftlichen Kulturen entstehen. Die Tatsache, dass Wurzelgallennematoden nur durch Bodenanalysen erfasst werden können und Schäden an Wurzeln von Wirtspflanzen anfänglich oft übersehen werden, erschwert Tilgungs- und Überwachungsmassnahmen. Um einen Überblick über die Situation in der Schweiz zu erhalten, wurden seit 2002 auf mehr als hundert Betrieben rund zweihundert Flächen untersucht. In diesen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass sich M. fallax in den betroffenen Betrieben etabliert hat. Von den im Jahr 2009 untersuchten 22 Flächen in Gewächshäusern und beheizten Folientunnels waren 18 mit M. fallax befallen. Wie bereits in den Jahren 2007 und 2008 festgestellt wurde, konnte auch im Jahr 2009 M. chitwoodi nicht mehr nachgewiesen werden. Eine erneute Beprobung im Frühjahr 2010 bestätigte die Abwesenheit von M. chitwoodi. Die Art M. fallax konnte jedoch wie erwartet nachgewiesen werden. In sämtlichen in den Jahren 2002 bis 2008 untersuchten Freilandflächen sowie unbeheizten Folientunnels konnten M. chitwoodi oder M. fallax nie nachgewiesen werden. Die Wirksamkeit der Eindämmungsmassnah-
344
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 340–345, 2010
men hat ACW bei den neuesten Untersuchungen aus den Jahren 2009 und 2010 bestätigt. Dort konnten ebenfalls keine Quarantänenematoden in Freilandflächen oder unbeheizten Folientunnels nachgewiesen werden. Es stellt sich nun die Frage, warum in den Jahren 2002 bis 2006 einige wenige Flächen als mit M. chitwoodi befallen eingestuft wurden. Die Arten M. chitwoodi und M. fallax, die ursprünglich als nur eine Art beschrieben worden waren, sind sehr nahe verwandt und daher anhand von morphologischen Merkmalen nur schwer zu unterscheiden. Daher konnte es leicht zu Verwechslungen kommen, besonders wenn in manchen der untersuchten Flächen einige tausend Tiere je Probe bestimmt werden mussten. In den letzten Jahren wurden jedoch die Methoden zur Diagnostik von Nematoden weiterentwickelt. Neben den klassischen morphologischen Methoden stehen heutzutage auch molekularbiologische Methoden zur Verfügung, die eine genauere Unterscheidung der Arten ermöglichen. Moderne, molekularbiologische Methoden werden zukünftig verstärkt von ACW zur Diagnostik von pflanzenparasitären Nematoden eingesetzt. So wird weiterhin sichergestellt, dass die in der Schweiz örtlich etablierten Quarantänenematoden sich nicht weiter ausbreiten können und die Einschleppung von neuen Quarantänearten verhindert wird. Am Beispiel der Quarantänenematoden Meloidogyne chitwoodi und M. fallax zeigte sich, dass genaue Untersuchungen bei Verdacht auf Befall mit Quarantänenematoden unabdingbar sind, um Schäden für die Schweizer Landwirtschaft abzuwenden. Dies gelingt jedoch nur, wenn alle beteiligten Stellen: Produzenten, kantonale Berater, das Bundesamt für Landwirtschaft und ACW auch in Zukunft weiterhin so erfolgreich zusammenarbeiten. n
Nematodi di quarantena nell’orticoltura svizzera I nematodi galligeni (Meloidogyne spp.) sono il gruppo più importante di nematodi parassiti delle piante in Svizzera. Ogni anno arrecano grossi problemi nelle regioni orticole. La specie più frequente in Svizzera è il nematodo galligeno Meloidogyne hapla, mentre le specie tropicali e subtropicali M. incognita, M. javanica e M. arenaria, sono state riscontrate solo in serra. Durante i monitoraggi condotti nel periodo fra il 2002 e il 2006 si è evidenziata la presenza dei nematodi di quarantena M. chitwoodi e M. fallax in alcune serre e aziende svizzere. Le misure fitosanitarie prescritte hanno impedito un ulteriore diffusione dei parassiti. Tra il 2006 e il 2008 solo M. fallax è stato riscontrato nei campioni provenienti da serre e da tunnel riscaldati nei quali i nematodi di quarantena erano stati precedentemente riscontrati. Il monitoraggio intensivo condotto nel 2009 e 2010 ha confermato l’assenza di M. chitwoodi e la sola presenza di M. fallax. Tunnel non riscaldati e campi adiacenti alle serre infestate sono risultati liberi da nematodi di quarantena.
Summary
Riassunto
Quarantänenematoden im Schweizer Gemüsebau | Pflanzenbau
Quarantine nematodes in Swiss vegetable growing Root-knot nematodes (Meloidogyne spp.) are the most important group of plant-parasitic nematodes in Switzerland causing significant problems in vegetable production areas. The most common root-knot nematode species is Meloidogyne hapla, followed by the tropical and subtropical species M. incognita, M. arenaria and M. javanica, which are found in greenhouses only. In surveys conducted in the years 2002 to 2006, the quarantine nematodes M. chitwoodi and M. fallax were found in greenhouses in Switzerland. However, they were confined to a few greenhouses only and have not yet spread further confirming that the phytosanitary measures were successfully implemented. From 2006 to 2008, only M. fallax could be identified in samples from infested greenhouses and heated plastic tunnels. An intensive survey conducted in 2009 and 2010 confirmed the absence of M. chitwoodi. The species M. fallax was still present in greenhouses and heated tunnels, but unheated plastic tunnels or open fields adjacent to the infested greenhouse proved to be free of quarantine nematodes. Key words: nematodes, quarantine, root-knot, Meloidogyne chitwoodi, Meloidogyne fallax, survey, plant protection.
Literatur ▪▪ Decker H., 1969. Phytonematologie. VEB Deutscher Landwirtschafts verlag, Berlin. 526 S. ▪▪ Eder R., Roth I., Frey J. E., Oggenfuss M. & Kiewnick S., 2009. Quarantine nematodes in Switzerland – current situation. J. of Plant Diseases and Protection 116 (4), 189 – 191. ▪▪ Grunder J., Daniel O. & Kiewnick S., 2007. Neue Nematodenarten bedrohen die Schweizer Kulturen. Der Gemüsebau / Le Maraîcher (3), 19 – 21.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 340–345, 2010
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K u r z b e r i c h t
Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden?
Foto: ACW
Peter Frei, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon Auskünfte: Peter Frei, E-Mail: peter.frei@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 43 77
Abb. 1 | Phoma macdonaldii: stark befallene Sonnenblumen-Stängel im Feld.
Durch die lange Infektionsperiode des Pilzes und der limitierten Zeitspanne des Fungizid-Einsatzes waren die Behandlungen gegen Phoma in der Sonnenblume bis heute selten rentabel. Ein neuer Ansatz liegt in der Anwendung von Temperaturschwellen zur Bestimmung der Periode des Erscheinens der Ascos poren. Ein Modell konnte in den letzten Jahren bestätigt werden.
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 346–349, 2010
Seit Sonnenblumen in der Schweiz angebaut wurden, konnte auch der Pilz Phoma macdonaldii (Hauptfruchtform: Leptoshaeria lindquistii) gefunden werden. Die Symptome dieser Krankheit sind dunkelbraune bis schwarze Flecken unter den Blattachseln, die nicht selten den ganzen Stängel umgeben (Abb. 1). Die befallenen Blattstiele und somit auch die Blätter sterben schnell ab, wobei die assimilierende Blattfläche drastisch reduziert und die Kerne somit schlecht gefüllt werden. Nicht selten sterben die Pflanzen infolge des Phomabefalls vorzeitig ab. Phoma kann aber auch mit Phomopsis verwechselt werden, dessen Symptome eher braune Flecken sind. Der Hauptunterschied ist aber, dass mit Phomopsis befallene Stängel sehr leicht an der Befallsstelle brechen, was Lagerung zur Folge hat. Dies ist bei Phoma nicht der Fall. Seit 2003 sind auch Fungizide zur Bekämpfung dieser Krankheit bewilligt. Doch trotz des Fungizideinsatzes konnte der Pilz nicht sehr effizient bekämpft werden und erhebliche Erntezunahmen sind eher selten zu beobachten. Die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ist sehr bescheiden und nur wenige Artikel aus den FünfzigerJahren stehen zur Verfügung. Bis anhin war nur bekannt, dass der Pilz auf den Ernterückständen überwintert und im Frühjahr die neuen Kulturen mit Ascosporen befällt. Wann genau dies der Fall ist, war bis anhin aber nicht bekannt. Es wurde daher angenommen, dass der Sporenflug und damit auch die Infektionen vor allem im Sternstadium (BBCH51) stattfinden. Der Fungizideinsatz ist bis heute in diesem Stadium empfohlen. Es ist auch der letzte Moment um Pestizide auszubringen ohne dass die Kultur Schaden nimmt. Später sind die Sonnenblumen zu hoch um mit konventionellen Spritzbalken zu arbeiten. Aus diesen Gründen wurden an der Forschungsanstalt Agroscope Changins Wädenswil (ACW) Untersuchungen durchgeführt um die Biologie und Epidemiologie des Pathogen besser zu kennen.
Methoden In Sonnenblumenfeldern wurden nach der Ernte befallene Stängel diverser Sorten gesammelt. Diese wurden dann im Freien unter natürlichen Bedingungen gelagert.
Foto: ACW
Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden? | Kurzbericht
Abb. 2 | Leptosphaeria lindquisti ( Phoma macdonaldii ) Bildung der Ascien und Ascosporen im Perithezium (April 2006).
Durch lichtmikroskopische Beobachtungen konnte die Entwicklung der Perithezien (Hauptfruchtform) während des ganzen Winters und Frühjahrs verfolgt werden. Zur mikroskopischen Beobachtung müssen Stängelstücke mit einer Rasierklinge sehr fein geschnitten und mit Baumwollblau angefärbt werden. Eine Sporenfalle wurde in der Nähe der Stängeldepots installiert. Der Ventilator dieser Sporenfalle wird durch Solarzellen mit Strom versorgt. Die Sporen bleiben durch statische Elektrizität auf dem feinen Plastikstreifen hängen, der auf einer Trommel montiert ist. Diese Trommel bewegt sich pro Woche einmal um die eigene Achse. Die so gewonnenen Tagesabschnitte werden hälftig, nach einer Färbung unter dem Mikroskop beobachtet und die anhaftenden Ascosporen ausgezählt. Gleichzeitig wurde auch eine molekulare Methode für den Nachweis des Pathogens bei ACW entwickelt und der zweite Teil wurde mit dieser Methode auf Phoma-DNA untersucht. Die erhaltenen Werte, Anzahl gefundener Sporen und positive PCR-Reaktionen werden dann mit den Wetterdaten (http://www.agrometeo.ch) verglichen. Dies erlaubt es, die optimalen Bedingungen für den Sporenflug zu finden.
Beobachtung des Sporenfluges Durch mikroskopische Beobachtungen während des Winters war es möglich die Bildung der Fruchtkörper zu verfolgen (Abb. 2). Ab Mitte Februar beginnt der Pilz mit der Bildung der Fruchtkörper und je nach Wetterbedingungen sind die Ascosporen ab Ende März bis anfangs Mai reif und werden freigesetzt. Dank der nun fünfjährigen Erfahrungen konnte eine genaue Temperatursumme für den ersten Sporenflug ermittelt werden. Schwellenwert: Summe aller mittlerer Tagestem peraturen über 9°C zwischen dem 1. Oktober des Erntejahres bis zur ersten beobachteten Ascospore (Tab. 1). Anfangs werden nur wenige, später aber massiv Sporen freigesetzt (Abb. 3). Eine weitere Temperatursumme ab dem ersten Auftreten, die dem Hauptausstoss der Sporen entspricht, konnte gefunden werden. Dieser ist aber nicht, wie bis anhin angenommen, im Sternstadium der Sonnenblume, sondern erfolgt einige Tage (Wochen) früher. Zurzeit stehen nur Resultate für das Genferseegebiet zu Verfügung. 2010 wurden noch zwei weitere Regionen (Gros de Vaud und Bern) in die Studie aufgenommen um die Resultate breiter abzustützen. Die Stängel dieser Standorte wurden nur mikroskopisch untersucht, Sporenfallen konnten nicht installiert werden. Die Beobachtungen der Perithezien-Bildung zeigte, dass die für Changins (Nyon) etablierte Temperatursumme auch für Goumoens-laVille und Zollikofen (Rütti) gültig ist. Nachweis des Pilzes in den Pflanzen Gleichzeitig zur Beobachtung des Sporenfluges wurde in den vergangenen Jahren die Entwicklung des Pilzes im Pflanzengewebe untersucht. Der Pilz ist in seiner latenten Phase, das heisst in der Zeit bis zum sichtbar werden der Symptome, mit traditionellen Methoden nicht zu isolieren. Aus diesem Grund wurden wöchentlich, zwischen dem Zweiblattstadium bis zum Ende der Blüte, 20 bis 30 unbehandelte Pflanzen auf dem Versuchsfeld gesammelt und molekularbiologisch untersucht. Da die Infektionen von den Blattachseln ausgehen, wurden diese einzeln aufbereitet und mit spezifischen und sensiblen Primern auf P. macdonaldii getestet. Diese Methode erlaubt die Entwicklung des Pilzes in der Pflanze zu verfolgen (Tab. 2). Es konnte festgestellt werden, dass schon sehr früh, ab dem Vierblattstadium, die ersten Keimblätter (55%) und Blattachseln des ersten Blattpaares (40 %) befallen waren. Im Sternstadium konnten schon folgende Infektionen der Blattachseln gefunden werden: zweites Blattpaar 75 %, drittes Blattpaar 75 % und das vierte Blattpaar 70 %, die Keimblätter waren zu diesem Zeitpunkt schon abgestorben und wur den nicht mehr untersucht.
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 346–349, 2010
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Foto: ACW
Kurzbericht | Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden?
Abb. 3 | Ascosporen von Leptosphaeria lindquisti ( Phoma macdonaldii ) auf Plastikstreifen aus der Sporenfalle.
Fungizidversuche im Freiland Während drei Jahren wurden an der Forschungsanstalt ACW-Changins auch Fungizidversuche mit der anfälligen Sorte «Sanluca» im Freiland durchgeführt. Die Befallskontrollen erfolgten immer gegen Ende der Vegetationsperiode (BBCH 83) und auch Ertragserhebungen wurden gemacht. In den Jahren 2007 wurde mit dem Fungizid «Tenor» (Difenoconazole + Carbendazim), 2008 mit «Priori Top» (Difenoconazole + Azoxystrobin) im Sternstadium der Kultur eine Behandlung durchgeführt. 2009 wurde zum ersten Mal die oben erwähnte Temperatursumme von 450°C (1. Spore bis Hauptflug) für die erste Fungizidbe-
handlung angewendet. Zur Kontrolle neben unbehandelt, wurde eine Variante zum herkömmlichen Zeitpunkt im Sternstadium (Temperatursumme: 700°C) gespritzt. Zu beiden Zeitpunkten wurde das Fungizid «Priori Top» 1,0 l/ha verwendet. Es lagen vierzehn Tage zwischen den beiden Behandlungen. In den ersten beiden Versuchsjahren konnte kein Ertragsunterschied zur unbehandelten Kontrolle gefunden werden. Die Befallskontrollen zeigten aber eine deutliche Tendenz zu weniger starken Infektionen, vor allem waren viel weniger Pflanzen total befallen und somit frühreif. Der Effekt war dadurch eher kosmetisch als rentabel.
Tab. 1 | Temperatursummen Nyon von 2006 bis 2010 und Datum der ersten beobachteten Ascosporen (Periode 1.10.Erntejahr / 1. Ascospore)
TemperaturSumme (°C)
Summe °C positiv
Basis 8 °C (°C)
Basis 9 °C (°C)
Basis 10 °C (°C)
Niederschläge Summe (mm)
Datum 1. Ascospore beobachtet
2005 /2006
918,60
1013,10
205,20
154,40
109,80
382,30
25.4.06
2006 /2007
1255,10
1279,80
223,30
157,40
101,80
514,40
30.3.07
2007 /2008
1273,80
1306,30
215,00
162,10
119,50
491,10
8.5.08
2008 /2009
1074,50
1124,30
225,10
161,70
116,50
383,70
26.4.09
2009 /2010
1097,80
1176,60
218,30
157,50
113,00
583,40
24.4.10
Jahr
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 346–349, 2010
Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden? | Kurzbericht
Tab. 2 | Phoma macdonaldii : Verfolgung des Infektionsverlaufes in Sonnenblumen mittels PCR-Test. Nach Datum der Muster (Nyon p.18 2009) Keimblätter % positiv
% positive Blattpaare
Datum
N*=
1
05.05.09
30
40
33
55
2
3
4
5
13.05. 09
20
40
60
19.05. 09
20
35
40
35
27.05. 09
20
70
85
65
03.06. 09
20
75
70 75
70
70
100
65
65
60
6
7
8
65
45
55
10.06. 09
20
17.06. 09
20
24.06. 09
20
35
35
40
01.07. 09
20
65
50
65
08.07. 09
20
50
40
15
15.07. 09
20
65
90
50
12.08. 09
20
60
N* : Anzahl untersuchter Pflanzen
Im Versuchsjahr 2009 konnten aber deutliche Unterschiede zwischen der unbehandelten Kontrolle und den beiden Behandlungen beobachtet werden (+ 9 % Ertrag gegenüber unbehandelt). Wobei aber keine Differenz zwischen den zwei Behandlungszeitpunkten gefunden wurde. Dies wurde sowohl in der Befallsstärke als auch im Ertrag beobachtet. Eine Erklärung für diese Tatsache könnte die ungewöhnliche Wetterlage im Genferseegebiet sein. Es war in der Zeit zwischen den zwei Behandlungszeitpunkten sehr trocken und somit sind auch keine Ascosporen ausgeschleudert worden. Die ersten Niederschläge konnten erst vier Tage vor der zweiten
Behandlung registriert werden, was zu einem erneuten massiven Sporenflug führte. Die Persistenz des Fungizides scheint gut zu sein, denn es wirkte auch noch nach rund zwei Wochen ohne Niederschläge wie das frisch gespritzte Produkt. Dieser Versuch wird 2010 in Changins auf der gleichen Sonnenblumen-Sorte wiederholt. Der Ansatz nach Temperaturschwellen zu behandeln ist gültig, doch muss dieses Modell in den nächsten Jahren unter anderen Wetterbedingungen und Versuchen in weiteren Regionen abgestützt werden. n
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P o r t r ä t
Steven Bacon: Arbeitsplatz Flughafen Die Fallen von Steven Bacon sind bunt, verschieden förmig und strömen kaum wahrnehmbare Duftstoffe aus, so genannte Pheromone. Sie locken Insekten der ganzen Welt an. Steven Bacon stellt die Fallen für ein vom Bundesamt für Umwelt BAFU finanziertes Projekt auf. Denn werden im Frachtflughafen Zürich Kloten oder beim Gemüsegrossisten im Kanton Bern täglich hunderte von Kisten mit Importware geöffnet und kontrolliert, schlüpfen, kriechen und fliegen möglicherweise Insekten aller Kontinente heraus. Zu den häufigsten Arten gehören Fruchtfliegen, Miniermotten, Schildläuse und Thrispe. Nicht nur in der Schweiz sondern auf allen Warenumschlagsplätzen der Welt können mit den Frachten täglich unbemerkt fremde Pflanzen und Tiere verschleppt werden. Setzen sie sich in der Fremde fest und breiten sich aus, nennt man sie invasive Arten. Im Normalfall hindern natürliche Barrieren eine Migration von Kontinent zu Kontinent, von Klimazone zu Klimazone. In der globalisierten Welt gelten auch hier neue Gesetze. Ursache ist der globale Handel. Früherkennung könnte wirtschaftlichen Schaden begrenzen «Deshalb prüfen wir mit Insektenfallen, welche Arten hauptsächlich hier ankommen und wie man sie am besten fängt.» Diese Befunde vergleicht der Entomologe Steven Bacon mit einer Datenbank über Schadinsekten an europäischen Flughäfen. Ähnliche Fallen werden deshalb auch unter französischer und italienischer Aegide an den Flughäfen Mailand, Venedig und Paris aufgestellt. Diese werden von Alain Roques an der INRA in Orleans koordiniert. «Uns interessiert, ob in den aufgestellten Fallen auch tatsächlich jene Insektenarten gefangen werden, die bisher als bedrohlich für die hiesige Natur und die landwirtschaftlichen Kulturen eingeschätzt wurden. Es könnte sein, dass sich wegen des Klimawandels und neuer Lieferdestinationen neue Arthropoden-Arten in der Schweiz und Europa ausbreiten, meint Steven Bacon. «Ziel dieser Arbeit ist ein Monitoring System, das die Einschleppung fremder Arthropoden überwacht, denn die Konkurrenz durch exotische Arten führt manchmal zur Verdrängung von einheimischen Arten. Das bekannteste Beispiel ist der Asiatische Marienkäfer, der sich massiv ausbreitet und europäische Glückskäfer zusehends verdrängt.» Manchmal ist auch der wirtschaftliche Schaden einer invasiven Insektenart gross. Unter der Leitung von Alex Aebi untersucht Steven Bacon an ART die Risiken der Ansiedelung exotischer
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 350, 2010
In Zürich Kloten landen Insekten aus der ganzen Welt in den Fallen des Entomologen Steven Bacon (ART).
Insektenarten. Er will mit seiner Doktorarbeit aber auch in Erfahrung bringen, welches die Haupteintragspfade sind. «Vielleicht führen unsere Untersuchungen zu neuen Ideen, wie man invasive Arthropoden fernhalten kann. Ungünstig ist zum Beispiel, wenn in den Tropen die Frachtflugzeuge nachts im Scheinwerferlicht beladen werden. Das kommt für die Insekten einem Gratisticket nach Europa gleich. Oft schlüpfen die Tiere erst nach einigen Tagen aus den Früchten. Mit besseren Kenntnissen könnte man die Kosten für wirtschaftliche Schäden und indirekt auch für den Insektizideinsatz senken, erklärt der in Leicester aufgewachsene Brite. «Ausserdem möchte ich den Einfluss des Klimawandels auf die Ansiedelung invasiver Arten in Europa modellieren.» Doch woher die Kenntnisse für dieses Unterfangen: «Hier sind mir die beruflichen Erfahrungen im Investment Banking von Vorteil. Ich bin ursprünglich Mathematiker und arbeitete im Bereich Finanzmodellierung. Dann suchte ich einen Ausweg aus dem städtisch geprägten Umfeld und hängte noch ein Studium mit mehr Outdoor-Aspekt an, jenes der Insektenkunde.» «Für dieses Projekt passen die beiden Berufe von Steven perfekt zusammenpassen: Modellierung und Insektenkunde», strahlt auch der Projektleiter Alex Aebi. Etel Keller-Doroszlai, Forschungsanstalt Agroscope ReckenholzTänikon ART, 8356 Ettenhausen
A k t u e l l
Aktuell Die europäische Agrarforschung ist nicht ausreichend Europa hat in der Vergangenheit Investitionen in die Agrarforschung sträflich vernachlässigt und damit auf Produktivitätsfortschritte verzichtet. Prof. Harald von Witzke zeigte anlässlich eines parlamentarischen Abends, dass die EU über die vergangenen Jahre hinweg durch vermehrte Importe von Grundnahrungsmitteln aus Drittländern dort beträchtliche Ackerflächen in Beschlag genommen hat. Durch Ertragssteigerungen hätte man zumindest auf einen Teil dieser «virtuellen» Landimporte verzichten können. Von Witzke plädierte für die Schaffung eines freundlicheren Forschungsumfelds in Europa. Agrarforschung sei aus gesellschaftlicher Sicht so gewinnbringend wie wenige andere Investitionen. «Je mehr wir auf einem Hektar Boden produzieren können, desto besser», mahnte von Witzke. Die Importlücke der armen Länder für Nahrungsmittel könne nur geschlossen werden, wenn die reichen Staaten ihre Produktion ausbauten und mehr exportierten. Dabei werde der Klimawandel die Herausforderungen für die Landwirtschaft insgesamt noch verschärfen. Natürlich seien gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ein Teil der Lösung, aber man müsse auch andere Aspekte berücksichtigen. AGRA-EUROPE 20/10, 17. Mai 2010
Europäische Agrar- und Ernährungsforschung soll besser koordiniert werden Die EU-Mitgliedstaaten sollen nach der EU-Forschungskommissarin Máire Geoghegan-Quinn ihre Forschung sowohl im Themenkomplex Landwirtschaft, Klimawandel und Ernährungssicherung als auch hinsichtlich der Vorbeugung ernährungsbedingter Krankheiten besser koordinieren. Die nationalen Regierungen sollen gemeinsame Konzepte entwickeln, welchen Beitrag sie mit einer engeren Forschungszusammenarbeit auf EUEbene zur Bewältigung der künftigen Herausforderungen leisten können. Dazu soll jeweils eine gemeinsame Strategie mit mittel- und langfristigen Zielen, Prioritäten und Zeitplänen entwickelt werden. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, sowohl für den Bereich «Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Klimawandel» als auch für das Schlagwort «Gesunde Ernährung» gemeinsame Verwaltungsstrukturen einzurichten. Darüber hinaus sollen gemeinsame Regeln und Verfahren für die Zusammenarbeit festgelegt und die Umsetzung der strategischen Forschungspläne überwacht werden. Die
Durchführung der Pläne soll gemeinsam, aber auch über die nationalen Forschungsprogramme oder andere nationale Aktivitäten erfolgen. Die Kommission will die Arbeit der EU-Länder mit Initiativen unterstützen. Am 28. April 2010 veröffentlichte die Kommission eine Empfehlung, mit der die gemeinsame Programmplanungsinitiative zum Thema «Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Klimawandel» mit Beteiligung 20 europäischer Länder lanciert wurde. In der Empfehlung verpflichtete sich die Kommission ferner, durch die Unterstützung des Sekretariats und des wissenschaftlichen Beirats einen Finanzbeitrag von etwa 2 Millionen Euro zur Initiative zu leisten. Die gemeinsame Initiative soll die bereits bestehenden Bemühungen auf EU-Ebene ergänzen. Über ihr Forschungsrahmenprogramm hat die Europäische Kommission in den letzten fünf Jahren rund 300 Millionen Euro für gemeinsame Projekte in den unter die Initiative fallenden Bereichen zur Verfügung gestellt. Daneben werden durch zwölf ERA-NET-Massnahmen nationale europäische Forschungsprogramme in denselben Bereichen vernetzt (s. http://netwatch.jrc.ec.europa.eu/nw/). Der Klimawandel ist eine der grössten Herausforderungen für die Landwirtschaft, die vor der Aufgabe steht, eine bis 2050 auf 9 Milliarden ansteigende Weltbevölkerung zu ernähren. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln dürfte bis 2030 um 50 Prozent zunehmen, bei einer gleichzeitig stark steigenden Nachfrage nach Biomasse für andere Zwecke als die Ernährung (z. B. Biokraftstoffen). Die Landwirtschaft wird nicht nur mit höheren Temperaturen, Wassermangel und unvorhersehbaren klimatischen Bedingungen fertig werden müssen, sondern auch Wege finden, die Emissionen zu verringern, die etwa 14 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen ausmachen. Zum Thema «Gesunde Ernährung» merkt die Kommission an, dass die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen für das Wachstum und den Wohlstand in der Union ausschlaggebend sei. In den vergangenen drei Jahrzehnten sei das Ausmass von Übergewicht und Fettleibigkeit in der EUBevölkerung drastisch gestiegen, insbesondere bei Kindern. Von einer gemeinsamen Planung der Forschungsprogramme im Bereich Nahrungsmittel und Gesundheit verspricht sich die Behörde einen Beitrag zur Schaffung eines funktionstüchtigen Europäischen Forschungsraums für die Vorbeugung ernährungsbedingter Krankheiten. Gleichzeitig werde dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Forschung gestärkt. Urs Gantner, Bundesamt für Landwirtschaft BLW
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Aktuell
M N eeudei ePnumbilti tkeaitl iuonngeenn
www.agroscope.ch
eine Qualitätsproduktion auch bei extensivem oder bio-
ART-Bericht 722
26.04.2010 / ACW Integrierter und biologischer Anbau Wegen sauberer im Vergleich Luft Gemüse anders düngen Dank Resultate Luftreinhalte-Verordnung hat der Ausstoss von aus dem Anbausystemversuch Burgrain 1991 bis 2008 Schwefel in die Atmosphäre seit den 1980er Jahren um März 2010 mehr als 80 % abgenommen. Parallel dazu ist auch die Schwefel-Menge zurückgegangen, die via Niederschläge in Autorinnen und Autoren Urs Zihlmann, Werner Jossi, landwirtschaftlich genutzte Flächen gelangt. Experten der Caroline Scherrer, Heinz Krebs, Hans-Rudolf Oberholzer, Gregor Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Albisser Vögeli, Thomas Nemecek, Walter Richner, Ernst Brack, Lucie Gunst, Jürg Hiltbrunner, Marcel fanden heraus, dass viele Gemüsekulturen an Schwefelvan der Heijden, Peter Weisskopf, David Dubois, Fritz Oehl, ART Mangel leiden, wenn ihnen dieser essentielle Pflanzenurs.zihlmann@art.admin.ch Ruedi Tschachtli, Berufsbildungsnährstoff nicht gezielt bei der Düngung verabreicht wird. zentrum Natur und Ernährung BBZN, Schüpfheim Andreas Nussbaumer, Landwirtschaftsbetrieb Burgrain, Alberswil
Abb. 1: Vergleichsversuche mit verschiedenen Anbausystemen, wie am Standort Burgrain von 1991 bis 2008 durchgeführt, eignen sich sehr gut für die Aus- und Weiterbildung von Bäuerinnen und Bauern (Foto: Urs Zihlmann, ART).
22.04.2010 / ART Immer weniger Biodiversität Impressum Herausgeber:
Ziel des 1991 begonnenen praxisnahen Anbausystemversuchs Burgrain war es, die Auswirkungen eines reduzierten Nährstoffeinsatzes und eines extensiven Pflanzenschutzes im Ackerbau durch Quantifizieren der Ertrags- und Umweltleistungen und auch die Wirtschaftlichkeit der drei unterschiedlich intensiven Anbausysteme zu prüfen. Dazu wurden die Parzellen des gemischtwirtschaftlichen Betriebs Burgrain in Alberswil LU in drei Streifen zu je 0,65 ha unterteilt und innerhalb einer sechsjährigen Acker-Kunstwiese-Fruchtfolge als IPintensiv (ortsübliche Bewirtschaftungsintensität, 2,3 DGVE/ha, ÖLN) und IPextensiv (reduzierter Pflanzenschutz- und N-Düngereinsatz, Extenso-Anbau, ÖLN) sowie biologisch (1,7 DGVE/ha, gemäss Richtlinien des biologisch-organischen Landbaus) bewirtschaftet. Unter Beachtung pflanzenbaulicher Grundsätze
war im Acker- und Futterbau eine Qualitätsproduktion auch bei extensivem oder biologischem Anbau möglich; einzig beim Futtergetreide gab es Jahre mit schlechter Kornausbildung. Die hohe Bodenqualität am Versuchsstandort und das Können der Bewirtschaftenden ermöglichten gute Extenso- und sehr gute Bio-Erträge. Beim Futtergetreide und Raps gab es gegenüber IPintensiv die grössten Ertragseinbussen – bis zu 40 Prozent in einzelnen Jahren. Mit den gegenwärtigen Bundesbeiträgen für Bio und den höheren Bio-Produzentenpreisen war der Bio-Ackerbau aber dem intensiven als auch dem extensiven IPAnbau bezüglich erzielter Deckungsbeiträge deutlich überlegen. Allerdings war der Arbeitsaufwand für Bio höher, vor allem für die Blackenbekämpfung in den Kunstwiesen. Dieser Aufwand konnte durch die Ansaat der Bio-Kunstwiesen
Forschungsanstalt Agroscope Im Rahmen eines grossen Forschungsprojekts haben über Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART 80 Wissenschaftlerinnen und Fachexperten gezeigt: Die Die ART-Berichte/Rapports ART Biodiversität in der Schweiz ist nach wie vor bedroht. Das erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von AbonneZiel, bis 2010 den Verlust zu stoppen, wurde klar nicht ments und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 erreicht. F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch
15.04.2010 / ACW Nachhaltiger Obstbau für Bulgarien ISSN 1661-7568
Den Obstbau in Bulgarien auf eine nachhaltige Produktionsweise umstellen – dazu beigetragen haben Insektenspezialisten der Forschungsanstalt Agroscope ChanginsIntegrierter und iologischer Wädenswil ACW. Im b Zentrum stand Anbau der Apfelwickler, der in im Vergleich Bulgarien wegen eines intensiven Insektizid-Einsatzes weitResultategegen aus dem Anbausystemversuch Burgrain gehend herkömmliche Pflanzenschutz mittel1991 resisbis 2008 tent geworden war. Mit innovativen, umweltfreundlichen Bekämpfungsstrategien er-zielten ACW-Fachleute und bulART-Bericht 722 garische Wissenschaftler darauf gemeinsam Erfolge. So Ziel desdie 1991 begonnenen praxisnahen Anbausystem konnte Menge an Insektiziden massgeblich reduziert versuchs Burgrain war es, Resistenzen die Auswirkungen eines reduund die Entstehung neuer verhindert werden. zierten Nährstoffeinsatzes und eines extensiven Der Schweizerische Nationalfonds hat das Projekt Pflanfinanzenschutzes im Ackerbau durch Quantifizieren der ziert. Ertrags- und Umweltleistungen und auch die Wirtschaft12.04.2010 ART unterschiedlich intensiven Anbausyslichkeit der / drei Tiefere 2009 teme zu landwirtschaftliche prüfen. Dazu wurden Einkommen die Parzellen des gemischtErste Trends für das Jahr 2009 zeigen ein tieferes landwirtwirtschaftlichen Betriebs Burgrain in Alberswil LU in drei schaftliches im Vorjahr. den einer proviStreifen zu Einkommen je 0,65 ha als unterteilt undGemäss innerhalb sorischen Ergebnissen beträgt das Einkommen pro Betrieb sechsjährigen Acker-Kunstwiese-Fruchtfolge als IPinten61 800 Franken Bewirtschaftungs gegenüber 64 100intensität, im Jahr zuvor. Tiefere siv (ortsübliche 2,3 DGVE/ha, Produzentenpreise insbesondere der Milch können ÖLN) und IPextensiv reduzierterbei Pflanzenschutzund durch höhere Direktzahlungen undÖLN) gutesowie Erträge nur teilN-Düngereinsatz, Extenso-Anbau, biologisch weiseDGVE/ha, aufgefangen werden. Der Arbeitsverdienst je Famili(1,7 gemäss Richtlinien des biologisch-organienarbeitskraft undbewirtschaftet. Jahr bleibt mit Unter 42 000Beachtung Franken auf Vorschen Landbaus) pflanjahresniveau. Grundsätze war im Acker- und Futterbau zenbaulicher
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Agrarforschung Schweiz 1 (9): 351–355, 2010
06.04.2010 / ACWmöglich; einzig beim Futtergetreide logischem Anbau Jede Masche zählt – Qualitätsstandards fürDie hohe gab es Jahre mit schlechter Kornausbildung. Schutznetze gegen Insekten Bodenqualität am Versuchsstandort und das Können der Schutznetze bewahren landwirtschaftliche Kulturen vor Bewirtschaftenden ermöglichten gute Extensound sehr gefrässigen Insekten, auch Menschen in Malariagute Bio-Erträge. Beimaber Futtergetreide und Raps gab es Gebieten vor krankheitsübertragenden Mücken. Die–Wirgegenüber IPintensiv die grössten Ertragseinbussen bis kung kann durch eineMit Imprägnierung mit zu 40 dieser ProzentNetze in einzelnen Jahren. den gegenwärtiInsektiziden gesteigert für werden, ohne dass Rückstände auf gen Bundesbeiträgen Bio und den höheren Bio-ProNahrungsmittel gelangen Menschen damit in Kontakt duzentenpreisen war deroder Bio-Ackerbau aber dem intenkommen. der Forschungssiven als Pflanzenschutzchemie-Experten auch dem extensiven IPAnbau bezüglich anstalt Agroscope Changins-Wädenswil arbeiten mit erzielter Deckungsbeiträge deutlich ACW überlegen. Allerinternationalen Organisationen für undBio Firmen der Entdings war der Arbeitsaufwand höher,anvor allem wicklung von Qualitätsstandards für Kunstwiesen. solche Netze –Dieser etwa für die Blackenbekämpfung in den Waschfestigkeit, undder Maschengrösse. Aufwand konnteInsektizidgehalt durch die Ansaat Bio-Kunstwiesen mittels Direktsaat stark reduziert werden. Dank der 30.03.2010 / SNG guten Erträge war auch die Ökobilanz des Bio- und ® Equigarde -Abgänger 2009 feiern ihren Wegen ähnExtenso- Ackerbaus besser als in IP intensiv. Abschluss licher Bearbeitungsintensitäten und Hofdüngereinsät® Die Equigarde -Schüler 2009 haben März 2010 am zen in allen Systemen waren keineAnfang Unterschiede in der Schweizerischen Nationalgestüt SNG Abschluss gefeiBodenqualität nachzuweisen. Es istihren anzumerken, dass ert. wurde der Anlass mit einer Bilanz des Kurses die Eröffnet vorliegende Betrachtung einzelner Anbausysteme und zur neuen obligatorischen Ausbilnichtder dieInformation gesamtbetriebliche Situation berücksichtigt. dung für Pferdehalter Tierschutzverordnung. Nach Bei einem Entscheid gemäss für oder gegen ein bestimmtes einer Vorstellung des Schweizerischen Verbandes der PferAnbausystem müssen unter anderem Faktoren wie dehalter (SVPH) (z. erfolgte die Vergabe der Diplome, BescheiStrukturkosten B. Fixkosten für Maschinen, Gebäudenigungen und Plaketten. kosten), Produktionsrichtlinien im Bereich Tierhaltung und Spezialkulturen, verfügbare Arbeitskräfte, individuelle Neigungen ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Aktuell
ART-Bericht 723
Laufflächen im Liegeboxenlaufstall: Ein Vergleich verschiedener Bodenarten im Hinblick auf die Klauengesundheit und das Tierverhalten März 2010
Autorinnen und Autoren Helge Christiane Haufe, Katharina Friedli, Beat Wechsler, Bundesamt für Veterinärwesen, Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und Schweine, ART Beat Steiner, ART katharina.friedli@art.admin.ch Impressum Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch ISSN 1661-7568
Abb. 1: Der Boden im Laufbereich ist ein wichtiger Bestandteil des Haltungssystems.
Für Laufflächen in Liegeboxenlaufställen von Milchkühen sind harte Bodenarten wie Betonboden oder Gussasphaltboden üblich. Seit einigen Jahren werden jedoch für solche Laufflächen zunehmend Böden mit Gummibelag propagiert, um positive Effekte bezüglich Tierverhalten und Klau engesundheit zu erzielen. Ziel der vorlie genden Untersuchung war es, die Auswir kungen der drei Bodentypen Gussasphalt, Betonspaltenboden und planbefestigter Boden mit Gummibelag auf das Verhalten, die Klauengesundheit und verschiedene Klaueneigenschaften hin zu beurteilen. Ausserdem war von Interesse, inwieweit Weidegang die Klauengesundheit der Milchkühe beeinflusst. Dafür wurden Kühe auf 36 Landwirtschaftsbetrieben unter sucht, wobei in je zwölf Ställen die gleiche
Bodenart vorhanden war. Die Hälfte der Betriebe gewährte ihren Tieren im Som mer Weidegang. Die Klauengesundheit wurde an je 10 Tieren zu 3 Klauenpflege terminen erhoben. Dabei wurde das Vor kommen von Blutungen im Klauensohlen horn, Klauensohlengeschwüren, Rissen in der weissen Linie, Ballenhornfäule und Dermatitis digitalis (Mortellaro) erfasst. Auf Gummibelag machten die Milchkühe die längsten Schritte, was auf eine gute Trittsicherheit schliessen lässt. Am kürzes ten waren die Schritte auf Betonspalten boden. Das Vorkommen von Blutungen im Klauensohlenhorn, Klauensohlengeschwü ren und Dermatitis digitalis unterschied sich nicht auf den untersuchten Böden. Risse in der weissen Linie und in der Wand waren bei den auf Gussasphaltboden
Laufflächen im Liegeboxenlaufstall: Ein Vergleichverschiedener Bodenarten im Hinblick auf die Klauengesundheit und das Tierverhalten ART-Bericht 723 Für Laufflächen in Liegeboxenlaufställen von Milchkühen sind harte Bodenarten wie Betonboden oder Gussasphaltboden üblich. Seit einigen Jahren werden jedoch für solche Laufflächen zunehmend Böden mit Gummibelag propagiert, um positive Effekte bezüglich Tierverhalten und Klauengesundheit zu erzielen. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Auswirkungen der drei Bodentypen Gussasphalt, Betonspaltenboden und planbefestigter Boden mit Gummibelag auf das Verhalten, die Klauengesundheit und verschiedene Klaueneigenschaften hin zu beurteilen. Ausserdem war von Interesse, inwieweit Weidegang die Klauengesundheit der Milchkühe beeinflusst. Dafür wurden Kühe auf 36 Landwirtschaftsbetrieben untersucht, wobei in je zwölf Ställen die gleiche Bodenart vorhanden war. Die Hälfte der Betriebe gewährte ihren Tieren im Sommer Weidegang. Die Klauengesundheit wurde an je zehn Tieren zu drei Klauenpflegeterminen erhoben. Dabei wurde das Vorkommen von Blutungen im Klauensohlenhorn, Klauensohlengeschwüren, Rissen in der weissen Linie, Ballenhornfäule und Dermatitis digitalis (Mortellaro) erfasst. Auf Gummibelag machten die Milchkühedie längsten Schritte, was auf eine gute Trittsicherheit schliessen lässt. Am kürzesten waren die Schritte auf Betonspaltenboden. Das Vorkommen von Blutungen im Klauensohlenhorn, Klauensohlengeschwüren und Dermatitis digitalis unterschied sich nicht auf den untersuchten Böden. Risse in der weissen Linie und in der Wand waren bei den auf Gussasphaltboden gehaltenen Tieren etwas weniger häufig zu finden. Ballenhornfäule trat auf Betonspaltenboden seltener auf. Bei Betrieben mit Weidegang trat Dermatitis digitalis bei weniger Tieren auf. Mit Blick auf das Tierverhalten ist planbefestigtem Boden mit Gummibelag der Vorzug zu geben. Bezüglich der Klauengesundheit zeigte sich jedoch keine der drei untersuchten Bodenarten einer anderen deutlich überlegen.
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Aktuell
Medienmitteilungen
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen 30.08.2010/ACW Spinat richtig düngen – gesundheitlich wichtige Inhaltsstoffe fördern Wenn das Gemüse auf dem Feld zu wenig Schwefel erhält, sieht es blass aus. Fachleute der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW konnten darüber hinaus für Spinat jetzt zeigen, dass bei Schwefelmangel weniger der gesundheitlich wichtigen Pflanzeninhaltsstoffe Lutein und beta-Karotin gebildet werden. Diese Stoffe helfen mit, Augenkrankheiten vorzubeugen.
27.08.2010/ART Bernerin wird Miss Brache Buntbrachen und Rotationsbrachen sind speziell angesäte Felder, die voller Blumen sind. Sie fördern die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren. Heute ist die schönste von ihnen gekürt worden.
24.08.2010/ACW Die Rebe kann uns Gutes tun, indem sie ihre Feinde ausschaltet Die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW hat neue Rebsorten gezüchtet, die gegenüber Falschem Mehltau, Echtem Mehltau und Traubenfäule resistent sind. Damit kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich gesenkt werden. Diese Rebsorten verteidigen sich auf natürliche Weise, indem sie Substanzen produzieren, welche die erwähnten Schadpilze abwehren. Diese Substanzen finden sich im Wein wieder und gelten als gesund für Menschen. Sie sollen Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebs vorbeugen helfen.
22.07.2010/ART Solothurner Wiese liefert Daten für Studie zum Klimawandel Natürliche und landwirtschaftliche Ökosysteme können zu einer Verstärkung des Klimawandels beitragen. Denn je wärmer es wird, desto mehr CO2 stossen sie aus und verstärken so den Treibhauseffekt. Doch jetzt zeigt eine Studie, dass der CO2 Ausstoss von Wäldern und Wiesen auf der ganzen Erde eher verhalten auf steigende Temperaturen reagiert.
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06.07.2010/ACW Auf Pflanzen als Souvenir verzichten Wäre das nicht etwas für den Garten? Urlauber nehmen schnell einmal lebende Pflanzen oder Stecklinge aus den Ferien mit nach Hause, ohne weiter darüber nachzudenken. Dabei gelten für viele Arten Beschränkungen oder gar Einfuhrverbote, da so Pflanzenkrankheiten in die Schweiz gelangen könnten. Daher empfehlen Fachleute des Pflanzenschutzinspektorats der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW: Auf Pflanzen als Souvenir verzichten.
05.07.2010/ ACW Ambrosia blüht bald – jetzt ausreissen! Ambrosia kann im Garten, am Strassenrand oder auf Feld und Flur wachsen. Bald wird diese nordamerikanische Pflanze in der Schweiz Pollen bilden, die Allergien auslösen können. Um Ambrosia in die Schranken zu weisen, rufen Fachleute der Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW im Rahmen ihrer Bekämpfungsstrategie dazu auf, diese gebietsfremde Pflanze auszureissen.
Aktuell
INnetue er nI enttlei n r nk es t l i n k s
Agrometeo: Risikoprognosen und -verwaltung für die Landwirtschaft www.agrometeo.ch Die von Agroscope betriebene Internetplattform www.agrometeo.ch liefert Risikoprognosen für die Landwirtschaft. Sie fasst lokale meteorologische und klimatische Messungen zusammen und stellt ausserdem hilfreiche Informationen zur Handhabung von Pflanzenschutzproblemen im Acker- Obst- und Weinbau bereit.
Veranstaltungen
September 2010 16.09.2010 Agrarökonomie Informationstagung Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, Ettenhausen 16. – 19.09.2010 Equus helveticus 16. – 19. September / Familientage im Schweizerischen Nationalgestüt, 17. – 19. September 2010 Schweizerisches Nationalgestüt SNG Avenches Oktober 2010 1.10.2010 ALP-Tagung 2010 Agroscope Liebefeld-Posieux ALP + Agridea Lindau Posieux
Vor schau
November 2010
Oktober 2010 / Heft 10 Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) am Pollensammeln auf Natterkopf (Echium vulgare). Wildbienen haben als unverzichtbare Bestäuber von Wild- und Kulturpflanzen einen hohen ökologischen und ökonomischen Nutzen. Rund die Hälfte der 600 Wildbienenarten der Schweiz ist jedoch gefährdet.
••Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna, A. Zurbuchen et al. ETH Zürich ••Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutz mitteln, K. Knauer et al. BLW ••Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung, C. Bosshard et al. ART ••Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter, Y. Arrigo ALP ••Einfluss von Rinderausscheidungen auf die Auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen, J. Troxler et al. ACW ••News von den Agroscope Forschungsprogrammen, U. Bütikofer und M. Lobsiger ALP; A. Crole-Rees ACW und C. Flury ART ••Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2011-2012, Suter, H. U. Hirschi ART und R. Frick, M. Bertossa ACW
24.11.2010 Ökobilanzen in der Landwirtschaft, ein Wegweiser zur Nachhaltigkeit - Abschlusstagung Projekt ZA-ÖB Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Reckenholz 25. – 29.11.2010 Agroscope an der AGRAMA Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Bern Dezember 2010 2.12.2010 Bioforschungs-Infotag Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Yverdon 9.12.2010 Bioforschungs-Infotag Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Arenenberg 9.12.2010 Aktuelles aus der Aromaforschung Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Liebefeld
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Agrarforschung Schweiz 1 (9): 351–355, 2010
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AGrAr ForSchUNG Schweiz recherche AGroNomiqUe SUiSSe
Aktuelle Forschungsergebnisse für Beratung und Praxis: Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online verfügbar unter: www.agrarforschungschweiz.ch
NEU
Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe! Name/Firma Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Partner der zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirtschaft, die Schweizerische hochschule für Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen AGriDeA, die eidgenössische Technische hochschule eTh zürich, Departement Agrarund Lebensmittelwissenschaften und Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der zeitschrift ist. Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und an weitere Fachinteressierte.
Vorname Strasse/Nr PLZ/Ort Beruf E-Mail Datum Unterschrift Talon einsenden an: Redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00 E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch
Freitag, 1. Oktober 2010
ALP-Tagung 2010
Themen: • Energieumsatz von weidenden Kühen • Streptococcus uberis – ein neuer Problemkeim in der Milchpro duktion? • Einfluss von Silage oder Feuchtheu auf Futterqualität, Futter aufnahme, Milchleistung und Käsequalität • Aktuelles zur Schaf- und Ziegenmilchproduktion in der Schweiz • Verabreichung von Antibiotika zur Vorbeugung von Pneumonie bei Mastkälbern beim Einstallen • Auswirkungen von Mykotoxinen auf das Rind. Eine aktuelle Literaturübersicht
Erinnerung
• Monitoring zur Zartheit von Rindfleisch in der Schweiz: Erste Erhebung • Eignung verschiedener Mutterkuhtypen für unterschiedliche Produktionssysteme der Mutterkuhhaltung Ort: ALP, Konferenzsaal, Tioleyre 4, 1725 Posieux Anmeldung: umgehend an AGRIDEA, Kurse, 8315 Lindau, www.agridea.ch www.agroscope.ch
ENTWICKLUNG DER LANDWIRTSCHAFT UND DES LÄNDLICHEN RAU M S
Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra ALP gehört zur Einheit ALP-Haras
Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EVD Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP