Agrar forschung schweiz –
D e z e m b e r
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H e f t
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Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich
N o v e m b e r
Pflanzenbau
In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer
Agrarwirtschaft Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft Nutztiere
Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind
Seite 430
Seite 424
Seite 404
Inhalt November – Dezember 2010 | Heft 11–12
Das Biotechnologielabor von Agroscope Changins- Wädenswil ACW konserviert, regeneriert und vermehrt viele Kulturpflanzen in vitro. (Foto: CRAFFT Kommunikation AG)
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Editorial
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Pflanzenbau I n vitro-Produktion von Kartoffel-Mikro-
knollen: Auswirkung der Kulturdauer Công-Linh Lê und Daniel Thomas Pflanzenbau 410 Ableitung der Stickstoffdüngungs
normen von Ackerkulturen Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und weitere Fachinteressierte.
Walter Richner, René Flisch, Sokrat Sinaj und Raphaël Charles Pflanzenbau 416 Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbau
betriebsnetz von 1992 bis 2004
Herausgeberin Agroscope Partner b Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART) b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern b Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen b Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).
Jacques Dugon, Guillaume Favre, André Zimmermann und Raphaël Charles Agrarwirtschaft 424 Standardoutput-Koeffizienten für die
Schweizer Landwirtschaft Daniela Schürch und Dierk Schmid Nutztiere 430 Ursachen für verwachsene Unterspälten
beim Rind Pierre-Alain Dufey und Vincent Gremaud Kurzbericht 438 Die Brunst des Rindes automatisch
erkennen Samuel Kohler, Claude Brielmann, Kurt Hug und Olivier Biberstein
Abonnement Preise Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder info@agrarforschungschweiz.ch Adresse Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch
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Porträt
Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch
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Aktuell
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Veranstaltungen
ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
Sortenlisten Beilage Schweizerische Sortenliste für
Kurzbericht Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen:
ein Arsenal an bioaktiven Molekülen Stéphanie Schürch, Katia Gindro, Olivier Schumpp, Michel Monod, Julie Verrier, Nadine Bohni und Jean-Luc Wolfender
Kartoffeln 2011 Thomas Hebeisen, Theodor Ballmer, Tomke Musa, Ruedi Schwärzel und Jean-Marie Torche
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Berner Fachhochschule Haute école spécialisée bernoise Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL Haute école suisse d’agronomie HESA
Editorial
Braucht die Schweiz die 10 000 Liter-Milchkuh? Liebe Leserin, lieber Leser
Fredy Schori, Agroscope Liebefeld-Posieux ALP
Aktuell beträgt die durchschnittliche Leistung der Herdebuch-Milchkühe je nach Rasse 6900 bis 8300 l pro Laktation. Bleibt der jährliche Zuchtfortschritt bezüglich Milchleistung ungebrochen, wird in 20 bis 30 Jahren die Durchschnittskuh 10 000 l Milch pro Laktation produzieren. Mit zunehmenden Milchleistungen treten vermehrt gesundheitliche Probleme sowie Fruchtbarkeitsstörungen auf. Schon heute ist bei Kühen mit hohen Einzelleistungen die Fruchtbarkeit auf ein bedenklich tiefes Niveau gesunken. Zur Fütterung dieser Kühe reichen sehr hochwertige Raufutter – welche zudem im Berg gebiet in dieser Qualität kaum produziert werden können – nicht mehr aus. Beträchtliche Mengen an Kraftfutter, zirka zwei Tonnen, müssten eingesetzt werden, um den Bedarf einer solchen Kuh zu decken. Kann die schweizerische Milchwirtschaft in Zukunft auf diese Art erfolgreich sein? Die Milchproduktionsstrategie mit hohen Einzelleistungen und ganzjähriger Stallfütterung wird in der Schweiz kaum zum Erfolg führen. Es wird nicht möglich sein, die Kostennachteile gegenüber dem Ausland wettzumachen. Wird wie im benachbarten Ausland produziert, ist es schwierig darzulegen, worin die Swissness besteht. Nur die konsequente Ausrichtung auf Qualität führt zum Erfolg der Milchproduktion und -verarbeitung in der Schweiz. Unter Qualität verstehen wir aber nicht nur Kriterien wie die Zellzahl, die Keimzahl, den Gefrierpunkt der Milch sowie den Protein- und Fettgehalt. Qualität fängt bei der Fütterung an. Die Kuh mit ihrem spezialisierten Verdauungstrakt ist eigentlich prädestiniert, um Raufutter respektive Zellwände zu verwerten. Die Kühe der Zukunft, die in allen Rassen zu finden sind, sollten nicht mehr vorwiegend auf Milchleistung selektiert werden, sondern nach Fitnessmerkmalen, Fruchtbarkeitskriterien und effizienter Verwertung des Raufutters. Dabei dürfen Eigenschaften für die Herstellung von hochwertigen Milchprodukten, wie Labeigenschaften der Milch, Kaseingehalt, Kaseinfraktionen usw. nicht vernachlässigt werden. Qualität beinhaltet weiter die Bedeutung, die der artgerechten Tierhaltung und dem Tierwohl beigemessen wird. Nicht zuletzt zählt auch, wie viele Hilfsstoffe (Energie, Kunstdünger, Pestizide, Medikamente usw.) ins Produktionssystem einfliessen und wie nachhaltig die Produktionsweise ist. Diese Aufzählung der Qualitätsmerkmale ist sicher nicht vollständig. Sie sollte aber zum Nachdenken anregen. Es kann gelegentlich von Nutzen sein, die Produktions- sowie Verarbeitungsweise durch die Brille der Konsumentinnen und Konsumenten zu betrachten. Mit diesen Ausführungen soll das Bestehende nicht abgewertet werden. Damit wir aber auch in 20 bis 30 Jahren weiterhin eine starke Milchwirtschaft in der Schweiz haben, müssen schon heute die richtigen Massnahmen eingeleitet werden.
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P f l a n z e n b a u
In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer
Foto: ACW
Công-Linh Lê und Daniel Thomas, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon Auskünfte: Công-Linh Lê, E-Mail: cong-linh.le@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 44 22
In vitro -Produktion von Kartoffel-Mikroknollen (Bintje).
Einleitung Die in vitro produzierten Kartoffel-Mikroknollen (S. tuberosum L.) finden heute in zahlreichen Bereichen der Landwirtschaft Anwendung, sei es als Forschungsmaterial (Coleman et al. 2001), zur Konservierung der genetischen Ressourcen, zur weltweiten Verbreitung von gezüchteten Genotypen (Estrada et al. 1986) oder für die Zertifizierungssysteme (Slimmon et al. 1989). In
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der Praxis werden die grossen Mikroknollen bevorzugt, weil sie leicht zu handhaben sind und starkwüchsige Pflanzen hervorbringen (Wiersema et al. 1987). Zudem sind sie bei der Lagerung weniger austrocknungsanfällig, haben eine kurze Keimruhe und weisen bei direkter Verpflanzung in die Erde eine hohe Überlebensrate auf (Leclerc et al. 1994). In einem früheren Artikel (Lê und Thomas 2009) konnte gezeigt werden, dass 16 Wochen nach einer in vitro Wuchs- und Induktionsperiode die
Material und Methoden In den vorliegenden Versuchen werden mit den früher beschriebenen Techniken (Lê 1991) in vitro vermehrte Kartoffelmikropflanzen (Zuchtsorten Bintje, Charlotte, Désirée, Ditta und Urgenta) verwendet. Die in vitro-Produktion von Mikroknollen erfolgt durch Kultivierung von Kartoffelmikropflanzen in einem Dreischrittverfahren: ••In vitro-Anzucht: Von der Mutterpflanze gewonnene uninodale Segmente (einknotige Mikroabsetzer) werden auf dem von Charles et al. entwickelten Basismedium gezogen, dem die Mikroelemente nach Lê und Collet (1985) sowie 3 % Saccharose zugesetzt werden. Nach Einstellung des pH auf 5,7 mittels NaOH (0,1N) wird das Medium bei 121 °C (1,1 kg/cm² Druck) während 15 Minuten autoklaviert. ••In vitro-Induktion: Zwecks Entwicklung von Mikroknollen werden Kulturen einer kurzen alternierenden Photo-Thermoperiode (8 Std. /Tag/20 °C und 16 Std. / Nacht/12 °C) ausgesetzt, und bis zur Ausbildung von Knollenstrukturen an den Kriechtrieben auf einem mit zusätzlich 8 % Saccharose versetzten Kulturmedium als Energiequelle (Lo et al. 1972) kultiviert. ••Knollenwachstum: Eine Verdickung der Knollen wird durch Ansetzen auf ein neues Basisnährmedium, das 100 mM NH4NO3-Stickstoff enthält, herbeigeführt (Lê und Thomas 2009). ••Danach werden die Kulturen ins Dunkle versetzt und bis zur Ernte der Mikroknollen nach einer Tuberisierungsdauer von 16 bis 22 Wochen weitergeführt. ••Jede einzelne Kultivierungsphase wird mit einer gleichen Menge Medium von 12,5 ml pro Ausgangs explantat ausgeführt. Nach Beendigung der Versuche werden die in vitro produzierten Knollen geerntet und nach verwendbarem Kaliber (> 0,5 cm und mehr) sortiert. Die Bewertung der verschiedenen verwendbaren Mikroknollen-Anteile, der mittleren Anzahl von pro Explantat produzierten Knollen sowie der Grösse und des Frischgewichts der Mikroknollen findet anhand der Beobachtung von 16 Explantaten pro Kulturbehälter und pro Behandlung statt. Der Versuch wurde drei Mal wiederholt.
Die in vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen umfasst verschiedene Etappen: Heranwachsen der Mikropflanze, Auslösung der Ausläuferbildung und Knollenbildung. Während der Knollenbildungsphase ist es möglich, bezüglich Gewicht und Grösse qualitativ hochwertige Mikroknollen zu entwickeln: Der hier beschriebene Versuch zeigt, dass die Qualität des erzeugten Materials sich noch verbessert, wenn die Tuberisation über die 16 Wochen in vitroKultivierung hinaus fortgesetzt wird.
Resultate und Diskussion In vitro-Produktion von Knollen Die Zuchtdauer der uninodalen Kartoffelexplantate während der Tuberisationsphase hat einen grossen Einfluss auf die Qualität der gebildeten Knollen. Die in der Abbildung 1 aufgeführten Resultate zeigen, dass durch die Ausdehnung der in vitro-Tuberisationsphase das Gewicht der verwendbaren Mikroknollen von der zwangzigsten Kulturwoche an erhöht werden kann, und dass sich diese Verbesserung danach tendenziell stabilisiert. Die Anzahl Knollen pro Ausgangsexplantat bleibt hingegen bei wechselnder Tuberisationsdauer unverän dert (Abb. 2).
35 Gewicht des verwendbaren Knollen/Behälter [g]
Kartoffel-Mikroableger imstande waren, Knollen zu entwickeln. Zweck dieses Versuchs ist es, die Wirkung der Exponierungsdauer im Kulturmedium auf die Qualitätsverbesserung in Bezug auf Gewicht und Grösse der Kartoffelexplantate im Hinblick auf deren Nutzungsoptimierung im Feldanbau zu untersuchen (Ranalli et al. 1994).
Zusammenfassung
In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer | Pflanzenbau
30 25 20
b
b
15
16.9
18
a
a
26.5
26.7
20 W.
22 W.
10 Poids tubercules utilisables/conteneur 5 0
16 W.
18 W. Kulturdauer
Abb. 1 | Auswirkung der Kulturdauer auf die in vitro -Produktion von verwendbaren Knollen (Zuchtsorte Bintje). Die mit gleichen Buchstaben bezeichneten Werte sind gemäss Duncan-Test nicht s ignifikant verschieden (p = 0,05).
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Pflanzenbau | In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer
Qualität der Mikroknollen Aus den in Abbildung 3 dargestellten Ergebnissen wird ersichtlich, dass der Anteil weniger als ein Gramm wiegender, verwendbarer Knollen abnimmt je länger die Kultivierung über sechzehn Wochen hinaus andauert. Bei 18 Wochen Tuberisationsdauer weicht der Anteil Mikroknollen mit einem Gewicht von mehr als einem Gramm nicht von demjenigen bei 16-wöchiger Kultur ab. Hingegen nimmt dieser Anteil von der zwanzigsten Woche an signifikant zu. Nur 2 % der Mikroknollen erreichten bei einem 16-wöchigen Zyklus ein Gewicht von mehr als 1 g, während es am Ende einer 22-wöchigen Zuchtphase 14,2 % waren. Dieses Ergebnis bestätigt
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4 Anzahl Knollen / Explantat
Im vorliegenden Fall scheint die Anzahl tuberisierter Strukturen, die während der Induktionsphase entwickelt werden, für alle Kulturperioden gleichzubleiben. Das heisst, dass sich die vollständig veränderten physikalischchemischen Mediumbedingungen für die Induktion als ungünstig erweisen und dass keine neuen Knollen nach der Induktionsphase gebildet werden können. Diese Beobachtung wurde auch von Leclerc et al. gemacht (1994), die feststellen, dass auch bei einer beträchtlichen Verlängerung der Kulturdauer bei den Sorten Kennebec, Superior und Russet Burbank die Tuberisationsdauer keinen Einfluss auf die Anzahl der pro Explantat produzierten Mikroknollen hat. In unseren Versuchen wurde für die Sorte Bintje ein mittlerer Anteil von drei verwendbaren Mikroknollen pro Ausgangsexplantat gezählt, und dies für alle getesteten Tuberisationsperioden (Abb. 2). Unsere in vitro-Versuchsanlage für die Mikroknollenbildung ist mit dem Verfahren von Kämäräinen-Karppinen et al. (2010) vergleichbar, die in einem 16-wöchigen Kulturzyklus durch verlängerte Aussetzung der Keimlinge an das Medium tatsächlich mehr verwendbare Mikroknollen erhielten. Die Autoren stellen jedoch fest, dass der Ertrag pro Ausgangsexplantat tief bleibt: Er beträgt im Mittel je nach Zuchtsorte zwischen 0,7 und 1,4 Mikroknolle pro Ausgangsexplantat und Kulturzyklus. Im Vergleich zu diesem Verfahren ergibt unsere Methode zweimal mehr verwendbare Knollen für eine gleiche Tuberisationsperiode. Die von Kämäräinen-Karppinen et al. (2010) festgestellte tiefe Produktionsrate scheint durch die niedrige den Ausgangsexplantaten zur Verfügung gestellte Nährstoffmenge hervorgerufen zu werden. Die Autoren führten nämlich jedem Explantat im Mittel vier Milliliter Nährstofflösung zu, während wir im vorliegenden Versuch dreimal mehr (12,5 ml/Explantat) bei gleicher Kulturdauer zuführten. Zudem kann durch eine den einzelnen Verfahrensschritten angepasste Erneuerung der Nährstoffe die Anzahl verwendbarer Knollen ebenfalls erhöht werden (Lê und Thomas 2009).
3
a
a
a
a
2,9
2,88
2,93
2,95
2 1 Nbre 0 de tubercules/explant 16 W.
18 W. 20 W. Kulturdauer
22 W.
Abb. 2 | Auswirkung der Kulturdauer auf die pro Explantat gebildeten verwendbaren Knollen (Zuchtsorte Bintje). Die mit gleichen Buchstaben bezeichneten Werte sind gemäss Duncan-Test nicht s ignifikant verschieden (p = 0,05).
die Resultate von Leclerc et al. (1994), die eine günstige Wirkung der Inkubationsperiode auf den in vitro Tuberisationsprozess bei den Zuchtsorten Kennebec, Superior und Russet Burbank aufzeigen und dabei von einem signifikant höheren Frischgewicht nach 56 Kulturtagen gegenüber 28 Tagen berichten. Auch konnten wir in unseren Versuchen eine unbestreitbare Zunahme des Knollenvolumens feststellen, denen eine längere Kulturdauer zugute gekommen war (Abb. 4). Der Anteil der über 1 cm messenden Mikroknollen beträgt nach 22 Wochen Tuberisation annährend 30 % (Abb. 5). In der vorliegenden Studie scheint die günstige Wirkung der Kulturdauer auch vom Ernährungsmodus während der Verdickungsperiode der Knollen verstärkt zu werden, insbesondere vom Zusatz von NH4NO3-Stickstoff im Verhältnis 1:4 (Lê und Thomas 2009). Diese Ergebnisse
2%
>1g
2,3 %
98 %
97,7 %
16 W.
18 W.
<1g
13,7 %
14,2 %
86,3 %
85,8 %
20 W.
22 W.
Abb. 3 | Einteilung der verwendbaren Knollen (Zuchtsorte Bintje) nach zwei Gewichtskategorien (< 1 g und > 1 g).
Foto: ACW
In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer | Pflanzenbau
Abb. 4 | Gebildete verwendbare Mikroknollen je nach Tuberisationsdauer. Von links nach rechts: 16 und 18 Wochen (oben), 20 und 22 Wochen (unten). Der Balken entspricht einer Länge von 1 cm.
bestätigen die Beobachtungen von Garner und Blake (1989), welche die wichtige Rolle des Stickstoffangebotes während der Tuberisation aufzeigen und dabei betonen, dass eine unangemessene Stickstoffzufuhr während dieser Phase eine Gewichts- und Grössenreduktion der Knollen zur Folge haben kann. In diesem Zusammenhang weist Struik (2007) darauf hin, dass nicht nur die Kulturbedingungen, sondern auch die Umgebung, in der der einzelne Kriechtrieb gezogen wird, die Grösse der Knollen beeinflussen. In unseren Versuchen bot die Mikro-Umwelt optimale Bedingungen zur Ausbildung von qualitativ hochstehenden Knollen an. Insbesondere begünstigte die erleichterte Nährstoffaufnahme in einem flüssigen Kulturmedium (Debergh 1983) zusammen mit der verlängerten Tuberisationsdauer offensichtlich die Volumenzunahme der jungen sich entwickelnden Knollen. Auswirkung des Genotyps Die zunehmende Anzahl bezüglich Gewicht und Grösse qualitativ hochstehender Knollen durch eine über 16 Wochen hinaus fortgesetzte Kultur der Zuchtsorte Bintje bewog uns dazu, den Versuch mit anderen Genotypen durchzuführen (Abb. 6). Die Kulturdauer hat sichtlich einen günstigen Einfluss auf alle geprüften Kartof-
felsorten. Die Sorten verhalten sich aber sehr unterschiedlich bei einem verlängerten Aufenthalt im Tuberisationsmedium. Die Zunahme der über 1 g wiegenden Knollen war offensichtlich bei den Sorten Ditta und Désirée, aber weit weniger ausgeprägt bei Charlotte und Urgenta. Leclerc et al., die die Sorte Russet Burbank mit den Zuchtsorten Kennebec und Superior bei einer von 28 auf 56 Kulturtage verlängerten Tuberisationsperiode verglichen, haben ebenfalls auf diesen signifikanten Volumenunterschied der Mikroknollen zwi-
14,3 %
18,6 %
85,6 %
81,3 %
16 W.
18 W.
28 %
29,8 %
72 %
70,2 %
20 W.
22 W.
> 1 cm < 1 cm
Abb. 5 | Einteilung der verwendbaren Knollen (Zuchtsorte Bintje) nach zwei Kalibern (< 1 cm und > 1 cm).
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Schlussfolgerungen
18,3 %
20 %
Pflanzenbau | In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer
20 %
18,3 %
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13,2 %
6,6 %
1,3 %
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5,5 %
12,7 %
1,5 %
7,69 %
11,4 % 12 %
10 %
6,6 % 5,7 %
3,7 %
12,2 %
••Eine über 16 Wochen hinaus fortgesetzte Kultur hat keinen Einfluss auf die Anzahl der pro Explantat 13,2 % 12,7 % 12,2 % 12%% gebildeten Knollen, wirkt aber fördernd auf deren 11,4 10% Biomassenentwicklung. 7,69 % • • Dank einem differenziertem Nahrungsangebot 6,6 % 6,6 % 5,7 % 5,5 % während den einzelnen Tuberisationsphasen ist bei 3,7 % gleicher Tuberisationsdauer das Potenzial für die 1,5 % 1,3 % Produktion von verwendbaren Knollen gemäss 16 W. 22 W. 16 W. 22 W. 16 W. 22 W. 16 W. 22 W. unserem Verfahren hoch verglichen mit demjenigen in Désirée Charlotte Ditta Urgenta einem ähnlichen Kultursystem. Gewicht > 1 g Durchmesser > 1 cm ••Die Qualitätsverbesserung des in vitro produzierten Abb. 6 | Einfluss des Genotyps der Kartoffeln auf die Produktion Materials drückt sich im vorliegenden Fall durch eine von qualitativ hochstehenden Mikroknollen. zahlenmässig starke Gewichts- (> 1 g) und Grössenzunahme (> 1 cm) der verwendbaren Mikroknollen. ••Die genetische Variabilität bei den Kartoffeln kann starke Unterschiede in Bezug auf die Qualitätsverbesschen den Zuchtsorten hingewiesen (1994). Bei allen serung der verwendbaren Mikroknollen zur Folge Tuberisationsperiodenlängen hängt die Grösse der wähhaben. n rend der Verdickungsphase gebildeten Knollen auch stark von der Zuchtsorte ab. In der vorliegenden Studie nimmt der Anteil der Knollen mit mehr als einem Zentimeter Durchmesser bei Désirée (20 %), gefolgt von Ditta (18,3 %) beträchtlich zu, während unter den gleichen Bedingungen die Sorten Urgenta und Charlotte 12 % bzw. 13,2 % Knollen der genannten Grösse entwickeln. Diese unterschiedliche Knollenentwicklung unter kontrollierten Kulturbedingungen könnte auf besondere, genetisch bedingte Eigenschaften zurückzuführen sein, wie dies auch Ranalli et al. (1994) sowie Hossain (2005) hervorgehoben haben. Diese Autoren wiesen darauf hin, dass das Mikroknollenbildungspotenzial der Kartoffel ein genotyp-abhängiges Merkmal ist, welches wiederum stark von den Umweltfaktoren beeinflusst wird.
Produzione di microtuberi di patate in vitro. Effetto della durata di coltura La produzione di microtuberi in vitro si effettua in diverse tappe : crescita della micropianta, iniziazione degli stoloni e formazione dei tuberi (detta anche tuberizzazione). Durante la fase di tuberizzazione è possibile sviluppare microtuberi qualitativamente buoni in termini di peso e di taglia. Questo studio dimostra che la qualità del materiale prodotto è migliore quando la durata della tuberizzazione si estende delle oltre le 16 settimane di coltura in vitro.
Summary
Riassunto
In vitro-Produktion von Kartoffel-Mikroknollen: Auswirkung der Kulturdauer | Pflanzenbau
In vitro production of potato microtubers: effect of culture duration The in vitro production of potato microtubers was carried out through several stages: at first microplant growth, then initiation of stolon followed by tuber formation (or tuberization). During the last stage, it is possible to develop high quality microtubers in terms of weight and size. However, after examination, the quality of of plant material produced in vitro is so far better when the duration of tuberization is extended over 16 weeks culture. Key words: Solanum tuberosum L., single-node cutting, microtubers, in vitro tuberization, culture duration.
Literatur ▪▪ Charles G., Rossignol L. & M ?., 1992. Environmental Effects on Potato Plants in vitro. J. Plant Physiol. 139, 708 – 713. ▪▪ Coleman W. K., Donnelly D. J. & Coleman S. E., 2001. Potato microtubers as a research tools : A review. Am. J. Potato Res. 78, 47 – 55. ▪▪ Debergh P. C., 1983. Effects of agar brand and concentration on the tissue culture medium. Physiol. Plant. 59, 270 – 276. ▪▪ Estrada R., Tovar P. & Dodds J. H., 1986. Induction of in vitro tubers in a broad range of potato genotypes. Plant Cell Tissue & Organ Culture 7, 3 – 10. ▪▪ Garner N. & Blake J., 1989. The induction and development of potato microtubers in vitro on media free of growth regulating substances. Annals of Botany 63, 663 – 674. ▪▪ Hossein M. J., 2005. In vitro microtuberisation in potato obtained from diverse sources. Plant Tissue Cult. & Biotech. 15 (2), 157 – 166. ▪▪ Kämäräinen-Karppinen T., Virtanen E., Rokka V.-M. & Pirttilä A. M., 2010. Novel bioreactor technology for mass propagation of potato microtubers. Plant Cell Tiss. & Org. Cult. 101, 245 – 249. ▪▪ Lê C.L., 1991. Aspects pratiques de la micropropagation de la pomme de terre (Solanum tuberosum L.). Revue suisse Agric. 23 (6), 357 – 358. ▪▪ Lê C. L. & Thomas D., 2009. Production de microtubercules de pomme de terre in vitro. Revue suisse Agric . 41 (5), 289 – 293. ▪▪ Lê C. L. & Collet G. F., 1985. Assainissement de la variété de pomme de terre Sangema. Méthode combinant la thermothérapie in vitro et la culture
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Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen Walter Richner1, René Flisch1, Sokrat Sinaj2 und Raphaël Charles2 Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich 2 Station de recherche Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon Auskünfte: Walter Richner, E-Mail: walter.richner@art.admin.ch, Tel. +41 44 377 71 65
Foto: ART
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Kleinparzellen-Düngungsversuch
Einleitung
mierung der N-Verluste in die Umwelt auf der anderen ist die Ableitung der optimalen Höhe der N-Düngung eine wichtige Aufgabe. In Düngungsgrundlagenwerken wie den GRUDAF 2009 (Flisch et al. 2009) wird die optimale N-Düngung durch N-Düngungsnormen angegeben. Es stellt sich somit die Frage nach der Art der Ableitung der Normwerte. Früher orientierte sich die Düngung meist am Maximalertrag, während heute ein Konsens besteht, die N-Düngung am ökonomischen Optimum zu orientieren. Die N-Düngung ist wirtschaftlich, solange die Kosten für eine zusätzlich verabreichte Menge N durch den damit erzielten Mehrerlös (Mehrertrag × Produktepreis) abgedeckt wird. Die ökonomisch optimale N-Düngung (Nopt) ist dann erreicht, wenn die Mehrkosten für zusätzliche N-Düngung (Grenzkosten) dem damit erzielten Mehrerlös (Grenzerlös) entsprechen. Der Ertrag bei Nopt ist stets etwas tiefer als der theoretisch zu realisierende Maximalertrag (Abb. 1). Verschiedene Arbeiten haben gezeigt, dass bei einer Steigerung der N-Düngung bis zu Nopt die Menge des zur Ernte noch im Boden vorhandenen mineralischen Stick-
Die Düngung mit Stickstoff (N) wirkt sich stark auf die Ertragshöhe und die Qualität des Ernteguts von Ackerkulturen aus (Feil 1998). Deshalb ist eine gute VersorEmax gung der wachsenden Pflanzenbestände mit Stickstoff Eopt eine der wichtigsten Bewirtschaftungsmassnahmen. Andererseits kann eine Zufuhr von zu hohen N-Mengen oder die Verabreichung von Dünger-N zu ungünstigen Zeitpunkten zu Qualitätsverminderungen der Produkte und/oder zu bedeutenden Verlusten von N in die UmweltErtrag führen, hauptsächlich als Nitrat (NO3) in das Grundwasser oder als Lachgas (N2O) in die Luft. Solche N-Verluste sind so weit wie möglich zu vermeiden, weil zu hohe Nitratgehalte die Qualität des Grundwassers beeinträchtigen und weil Lachgas in der Atmosphäre zur KlimaerNopt Nmax wärmung beiträgt. Zudem soll eine angepasste N-Düngung eine gute, den Marktbedürfnissen entsprechende N-Düngemenge Produktequalität sicherstellen. Abb. 1 | Schematische Darstellung einer N-Produktionsfunktion Wegen des oben beschriebenen Zielkonfliktes zwi- mit Abbildung der N-Düngemengen (N , N ) für die Erzielung des max opt schen Ertragssteigerung durch N-Düngung und Sicher Maximalertrags (E max) und des Ertrags bei ökonomisch optimaler ung der Produktequalität auf der einen Seite und Mini- N-Düngung (Eopt).
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stoffs (Nmin) und somit das Risiko für Stickstoffverluste nach der Ernte nur geringfügig zunimmt (Bélanger et al. 2003; Hong et al. 2007). Bei Stickstoffgaben, die deutlich grösser sind als Nopt, nehmen die Nacherntegehalte von Nmin deutlich zu. Nopt stellt somit einen guten Kompromiss zwischen den wirtschaftlichen (hoher Ertrag bei guter Produktequalität) und ökologischen Zielen (geringe N-Verluste) des Ackerbaus dar. In dieser Publikation wird aufgezeigt, wie basierend auf Nopt die N-Düngungsnormen wichtiger Ackerkulturen für die Revision 2009 der GRUDAF erarbeitet worden sind.
Material und Methoden Die Ableitung der N-Düngungsnormen von Winterweizen, Wintertriticale, Winterroggen, Wintergerste, Winterraps und Körner- und Silomais für die GRUDAF 2009 beinhaltete die unten beschriebenen Schritte. 1. Anlage von N-Steigerungsversuchen Die Grundlage für die Ableitung von Stickstoffdüngungsnormen sind N-Steigerungsversuche (Schilling 2000). Dabei werden gestaffelte Mengen N gedüngt, für Ackerkulturen meist in gleichmässigen Stufen von 20 bis 40 kg N ha-1. In den N-Düngungsversuchen für die GRUDAF 2009 wurden ausgehend von den Düngungsnormen der GRUDAF 2001 (Walther et al. 2001) die folgenden N-Stufen angewendet (in kg N ha-1): 0, Normdüngung - 40, Normdüngung, Normdüngung + 40, Normdüngung + 80, Normdüngung +120. Die höchste N-Stufe wurde nur bei Wintertriticale, Winterroggen und Winterraps untersucht. Der Bereich der untersuchten N-Düngegaben in N-Steigerungsversuchen geht von keiner N-Düngung bis zu N-Gaben, die deutlich über der N-Düngungsnorm von 2001 liegen. Dies ist für die korrekte Anpassung von mathematischen Produktionsfunktionen zu Bestimmung des Düngeoptimums nötig (siehe unten). Zur Begrenzung des Versuchsaufwands werden N-Steigerungsversuche als Kleinparzellenversuche durchgeführt. Die Versuche werden dabei in der Regel in drei- bis vierfacher Wiederholung angelegt, um die Einflüsse von allfälliger Bodenheterogenität innerhalb der Versuchsparzelle zu reduzieren. Die Nopt einer Kultur kann auf verschiedenen Standorten (Feldern) und in unterschiedlichen Jahren stark variieren (Lory und Scharf 2003; Brentrup und Link 2004). Zudem können Sorten unterschiedliche N-Düngeoptima aufweisen (Colwell 1994). Aus diesen Gründen werden in der Regel mehrortige und mehrjährige N-Steigerungsversuche mit meist mehreren Sorten einer Kultur angelegt, um möglichst robuste N-Düngeoptima ableiten zu können. Für die im Rahmen der GRUDAF-Revision 2009 zu überprü-
Zusammenfassung
Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen | Pflanzenbau
In dieser Arbeit wird das Prinzip der ökonomisch optimalen N-Düngung (Nopt) erläutert. Es erlaubt die quantitative Ableitung von Stickstoffdüngungsnormen anhand von N-Düngungsversuchen. Das so gefundene optimale Niveau der N-Düngung stellt einen guten Kompromiss dar zwischen den ökonomischen und ökologischen Zielen des Ackerbaus. Im Rahmen der Arbeiten für die «Grundlagen der Düngung im Acker- und Futterbau (GRUDAF) 2009» wurde basierend auf umfangreichen N-Düngungsversuchen die Nopt für mehrere wichtige Ackerkulturen bestimmt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen führten bei allen Kulturen mit Ausnahme von Mais zu einer Anhebung der optimalen N-Düngung um 10 bis 40 kg N ha-1. Um eine der Standortproduktivität angepasste N-Düngung zu fördern, wurden die N-Düngungsnormen dieser Kulturen jedoch nicht generell erhöht. Es wurden ertrags abhängige Korrekturfaktoren für die zu düngende N-Menge eingeführt.
fenden N-Düngungsnormen wurden je nach Kultur zwischen sieben und 19 Versuchsumwelten im schweizerischen Mittelland herangezogen, in denen zwischen zwei und sechs Sorten pro Kultur angebaut wurden (Tab. 1). 2. Anpassung von Produktionsfunktionen In den N-Steigerungsversuchen wurden die Korn- und – im Falle von Körnermais – die Biomasseerträge der angebauten Kulturen bei unterschiedlichen N-Stufen ermittelt, damit mathematische Funktionen, sogenannte Produktionsfunktionen, an die bei den einzelnen N-Düngeintensitäten festgestellten Erträge angepasst werden konnten. Es wurden verschiedene Funktionstypen herangezogen; die Auswahl der am besten angepassten Funktion erfolgte aufgrund visueller und statistischer Beurteilungen (z. B. anhand des Bestimmtheitsmasses der Regressionen). In den meisten Fällen führte das Quadratwurzelmodell (Bélanger et al. 2000) vom Typ Y = a + bN½ + cN (Y steht für Ertrag, N für die gedüngte N-Menge und a, b und c sind Koeffizienten der Regressionsgleichung) zu den besten Kurvenanpassungen. Dieses Modell wurde dementsprechend für alle Kulturen ausser Raps, bei dem das linear-limitationale Plateaumodell (Gandorfer 2006) deutlich besser passte, verwendet. Bei jeder Kultur wurde eine individuelle Produktionsfunktion für jede Versuchsumwelt angepasst.
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Pflanzenbau | Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen
Tab. 1 | Angaben zu den N-Düngungsversuchen mit verschiedenen Ackerkulturen für die GRUDAF 2009.
Kultur
Winterweizen
Wintertriticale
Winterroggen
Wintergerste
Mais
Winterraps
1)
Anzahl Versuchsumwelten 1) (Jahre × Orte)
Versuchsjahre
Versuchsstandorte
19
2005 – 2007
Changins (VD) Goumoëns (VD) Zollikofen (BE) Gränichen (AG) Ossingen (ZH) Tänikon (TG) Arenenberg/ Fruthwilen (TG)
6 (4 Brot und 2 Futterweizensorten)
12
2
2005 – 2007
Zollikofen (BE) Gränichen (AG) Tänikon (TG) Arenenberg/ Fruthwilen (TG)
7
2006 – 2007
Zollikofen (BE) Gränichen (AG) Tänikon (TG) Arenenberg/ Tägerwilen (TG)
2 (1 Popula tions- und 1 Hybridsorte)
11
4
2006 – 2007
Changins (VD) Goumoëns (VD) Zollikofen (BE) Gränichen (AG) Tänikon (TG) Tägerwilen/ Fruthwilen (TG)
15
2005 – 2007
Changins (VD) Zollikofen (BE) Gränichen (AG) Tänikon (TG) Kreuzlingen/ Bonau/ Wigoltingen (TG)
3 Zweinutzungssorten (Silo- und Körnermais)
Changins (VD) Oensingen (SO) Reckenholz (ZH) Gennersbrunn SH)
7
2006 – 2007
Anzahl Sorten
3
Weil aus verschiedenen Gründen einzelne Versuche ausgefallen sind, entspricht die Zahl der Versuchsumwelten nicht in allen Fällen dem Produkt aus Versuchs- jahren und -standorten.
3. Ableitung der ökonomisch optimalen N-Düngemenge Mit Hilfe der an die Ertragsdaten angepassten Produktionsfunktionen konnte Nopt für die einzelnen Versuchsumwelten berechnet werden. Nopt ist definiert als die N-Menge, bei welcher der Grenzerlös den Grenzkosten der N-Düngung entspricht. Die Berechung von Nopt erfolgte für Produktionsfunktionen, die auf dem Quadratwurzelmodell basieren, nach der Gleichung Nopt = (0.5b/CP – c)2 (Bélanger et al. 2000), wobei b und c Koeffizienten des Quadratwurzelmodells sind und CP für das Verhältnis von Düngerkosten und Produktepreis steht. Bei der linear-limitationalen Produktionsfunktion ist Nopt unabhängig von den Dünger- und Produktpreisen durch den Schnittpunkt der beiden linearen Abschnitte der Funktion definiert (Gandorfer, 2006).
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Für die Berechnung von Nopt wurden die zum Zeitpunkt der Auswertungen (Frühjahr 2008) gültigen Preise für N-Dünger (2 Fr./kg N) und Ernteprodukte (Preise gemäss den Angaben von swiss granum und AGRIDEA) verwendet. In wenigen Fällen ergab die Berechnung hohe NoptWerte, die grösser waren als die grösste angewendete N-Düngemenge. Dann wurde Nopt gleich der grössten N-Stufe gesetzt, weil die Ableitung von Nopt nur innerhalb des Bereichs der geprüften N-Düngemengen zulässig ist. Für die Ableitung der N-Düngungsnormen der GRUDAF 2009 wurde für jede Kultur der Medianwert der Nopt-Werte aller Versuchsumwelten berechnet. Die GRUDAF-N-Düngungsnormen entsprechen den auf 10 kg N gerundeten Medianwerten. Die abgeleiteten N-Düngungsnormen wurden anhand verschiedener Kriterien überprüft: ••Qualitätseigenschaften des Ernteguts (z. B. Backqualität von Brotweizen); ••Residual-Nmin-Werte zur Ernte als grobes Mass für potenzielle Nachernte-N-Verluste. Wenn sich bei N-Düngemengen im Bereich von Nopt weder die Qualität des Ernteguts verschlechterte noch erhöhte Nachernte-Nmin-Gehalte im Boden festgestellt wurden, wurde Nopt auf 10 kg N ha-1 gerundet und als N-Düngungsnorm übernommen.
Ergebnisse und Diskussion Ökonomische Optima der N-Düngung in den verschiedenen Versuchsumwelten In Tabelle 2 sind die Nopt-Werte der verschiedenen Kulturen und Versuchsumwelten zusammengefasst. Die Spannweite, d. h. die Differenz zwischen Minimum und Maximum, der ökonomischen Optima der einzelnen Kulturen ist gross. Sie ist mit Ausnahme von Wintergerste und Winterraps stets grösser als 100 kg N ha-1 und beläuft sich bei den beiden Nutzungsformen von Mais sogar auf ca. 150 respektive 190 kg N ha-1. Diese grosse Variationsbreite von Nopt bestätigt die Ergebnisse von anderen Studien (u. a. Lory und Scharf 2003; Brentrup und Link 2004), in denen eine grosse Umweltabhängigkeit der optimalen N-Düngung gefunden wurde. Nebst klimatisch bedingten Variationen der Kultur erträge ist vermutlich die jahres- und standortbedingte Variabilität der N-Nachlieferung aus der organischen Bodensubstanz hauptsächlich verantwortlich für die grosse Streuung von Nopt über die Versuchsumwelten. Die grosse Variation des bodenbürtigen Stickstoffs kann anhand der Nmin-Werte, die während des Jugendwachs-
Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen | Pflanzenbau
Tab. 2 | Minimum-, Median- und Maximalwerte des ökonomischen Optimums der N-Düngung der für die GRUDAF 2009 untersuchten Ackerkulturen.
Kultur
Anzahl Versuchsumwelten
Ökonomisches Optimum der N-Düngung (kg N ha-1) Minimumwert
Medianwert
Maximalwert
Winterweizen (Brotgetreide)
19
97
165
234
Winterweizen (Futtergetreide)
19
85
157
224
Winterroggen (Populationssorten)
7
56
114
184
Winterroggen (Hybridsorten)
7
60
133
207
Wintertriticale
12
89
118
203
Wintergerste
11
109
134
190
Winterraps
7
105
168
193
Silomais
15
39
97
190
Körnermais
15
29
113
220
tums des Mais in den 15 Versuchsumwelten gemessen worden sind, aufgezeigt werden: Die Differenz zwischen dem kleinsten und grössten gemessenen Nmin-Wert beträgt mehr als 100 kg N ha-1 (Detailergebnisse aus Platzgründen nicht dargestellt). Mais ist aufgrund seines bis in den Herbst andauernden Wachstums besonders gut in der Lage, den während der warmen Jahreszeit mineralisierten Boden-N aufzunehmen (Hugger 1992) und reagiert dadurch stärker als andere Kulturen auf Standort- und Jahresunterschiede in der bodenbürtigen N-Mineralisierung. Dies könnte erklären, weshalb bei Mais die kleinsten Nopt-Werte von ca. 30 (Körnermais) beziehungsweise 40 kg N ha-1 (Silomais) gefunden worden sind und die Spannweite von Nopt am grössten war (Tab. 2). Bei Weizen ist auffallend, dass die Nopt-Medianwerte von Brot- und Futterweizen fast identisch waren. Der Medianwert von Brotweizen war trotz seines geringeren Ertragsniveaus sogar grösser als der von Futterweizen. Die untersuchten Futterweizensorten sind offenbar in der Lage, bei gleichem N-Angebot deutlich mehr Ertrag zu bilden als die Brotweizensorten. Im Gegensatz zu den Weizensortentypen unterschieden sich die beiden Sortenformen von Winterroggen bezüglich Nopt deutlich; das wirtschaftlich optimale N-Düngeniveau des ertragreicheren Hybridroggens lag ca. 20 kg N ha-1 über dem des Populationsroggens. Die Nopt-Werte der als Silo- oder Körnermais angebauten Doppelnutzungs-Maissorten waren um ca. 15 kg N ha-1 unterschiedlich; offenbar
wurde mehr Stickstoff benötigt für eine gute Kornausbildung (Körnermais) als nur für die Erzielung einer hohen Biomasse (Silomais). Die in Tabelle 2 abgebildeten Medianwerte von Nopt bilden die Grundlage für die N-Düngungsempfehlungen in den GRUDAF 2009. Ableitung der neuen ertragsabhängigen Korrektur der N-Düngung für die GRUDAF 2009 Im Vergleich zu den N-Düngungsnormen der GRUDAF 2001 (Walther et al. 2001) liegt die Nopt aller untersuchten Kulturen mit Ausnahme von Mais zwischen 10 (Wintertriticale) und 40 kg N ha-1 (Hybrid-Winterroggen) höher (Tab. 3), wobei der Unterschied zur alten N-Düngungsempfehlungen bei den meisten Kulturen 20 kg N ha-1 beträgt. Bei Körnermais ist Nopt gleich hoch wie die alte N-Düngungsnorm und bei Silomais sogar 10 kg N ha-1 tiefer. Weil der geringe Unterschied von Nopt zwischen den beiden Nutzungsformen von Mais keine differenzierte N-Düngungsempfehlung rechtfertigt und Nopt im Mittel beider Nutzungsformen nur 5 kg N ha-1 tiefer liegt als die bisherige N-Düngungsnorm, wurde entschieden, in den GRUDAF weiterhin eine einheitliche N-Düngungsempfehlung für Mais abzugeben und die N-Düngungsnorm bei 110 kg N ha-1 zu belassen. Die durch die in dieser Arbeit beschriebenen N-Düngungsversuche begründete moderate, aber systematische Anhebung der optimalen N-Düngung aller untersuchten Kulturen, mit Ausnahme von Mais, ist wenig überraschend. Die Düngungsversuche, die den N-Düngungsnormen der GRUDAF 2001 (Walther et al. 2001) zugrunde liegen, wurden vor ca. zehn Jahren oder noch früher durchgeführt. Nebst Unterschieden in den Versuchsbedingungen und in der Auswertungsmethodik der Versuchsergebnisse haben sich seit der Erarbeitung der GRUDAF 2001 verschiedene für das Niveau der N-Düngung wichtige Faktoren verändert: Entwicklung des Fachwissens und der Produktionstechnik, allgemeiner züchterischer Fortschritt und die Einführung von neuen, ertragreichen Sortentypen (z. B. Futterweizen, Hybridroggen). Dementsprechend können heute unter günstigen Standortbedingungen und bei entsprechenden Anbautechniken etwas grössere N-Düngemengen wirtschaftlich in Ertrag umgesetzt werden. Obwohl die in dieser Arbeit beschriebenen N-Düngungsversuche eine moderate Erhöhung der N-Düngung der untersuchten Kulturen rechtfertigen würden, wurde bei der Erarbeitung der GRUDAF 2009 aus den nachfolgend aufgeführten Gründen davon abgesehen, die N-Düngungsnormen der GRUDAF 2001 zu erhöhen. Die Düngungsversuche sind auf guten, produktiven Ackerstandorten des schweizerischen Mittellandes durchgeführt worden und die Ausnutzung des Dünger-N war generell
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Pflanzenbau | Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen
Tab. 3 | Berechnungsgrundlagen für die Korrektur der N-Düngungsnormen der GRUDAF 2009 in Abhängigkeit des Mehr- beziehungsweise Minderertrags im Vergleich zum Referenzertrag. Die Angaben stammen mit Ausnahme von N opt aus den GRUDAF, Ausgabe 2001 (Walther et al. 2001) und Ausgabe 2009 (Flisch et al . 2009). Referenzertrag 1) (dt Körner bzw. Biomasse ha-1)
Maximaler Ertrag für die N-Korrektur (dt Körner ha-1)
N-Düngungsnorm (kg N ha-1)
Ökonomisches Optimum der N-Düngung (Nopt) (kg N ha-1)
Ertragsabhängige Korrektur der N-Düngung (kg N dt-1 Körner)
Winterweizen (Brotgetreide)
60
80
140
160
1,0
Winterweizen (Futtergetreide)
75
95
140
160
1,0
Winterroggen (Populationssorten)
55
80
90
110
0,8
Winterroggen (Hybridsorten)
65
90
90
130
1,2
Wintertriticale
60
95
110
120
0,3
Wintergerste
60
90
110
130
0,7
Winterraps
35
40
140
160
4,0
Silomais
175
–
2)
110
100
– 2)
Körnermais
95
– 2)
110
110
– 2)
Kultur
1) Der Referenzertrag entspricht einem Ertragsniveau, das von den meisten Betrieben im Durchschnitt der Jahre erreicht wird (Flisch et al. 2009). Er basiert primär auf den statistischen Erhebungen des Schweiz. Bauernverbandes (SBV). 2) Diese Grössen werden für Silo- und Körnermais nicht angegeben, weil für Mais wegen des geringen Unterschieds zwischen bisheriger N-Düngungsnorm und N opt keine ertragsabhängige Korrektur der N-Düngung abgeleitet wurde.
hoch. In der Praxis wird dagegen auch in Grenzlagen (höhere Lagen, ungünstigere Böden etc.) weiterhin Ackerbau betrieben. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass das in den Versuchen als optimal gefundene N-Düngungsniveau unter allen Produktionsbedingungen der Schweiz in Wert gesetzt werden kann. Deshalb wurde entschieden, anstelle einer generellen Anhebung der N-Düngungsnormen neu kulturspezifische Faktoren für die ertragsabhängige Korrektur der bisherigen N-Düngungsnormen in die GRUDAF 2009 zu integrieren. Diese Korrekturfaktoren sind in Tabelle 3 aufgeführt. Die Ableitung der Korrekturfaktoren erfolgte wie folgt: Die Differenz zwischen dem ökonomisch abge leiteten Optimum der N-Düngung und der N-Düngungsnorm der GRUDAF 2001 wurde dividiert durch die Differenz zwischen dem als realistisch betrachteten Maximalertrag und dem Referenzertrag der GRUDAF 2001. Für Brotweizen wurde somit eine Differenz der N-Düngung von 20 kg N (160 – 140 kg N) durch eine Ertragsdifferenz von 20 dt (80 – 60 dt) dividiert, was eine ertragsabhängige Korrektur der N-Düngung von 1,0 (kg N dt-1 Körner) ergibt. Die ertragsabhängige Korrektur der N-Düngung, die nur bis zu einem für die Schweiz als realistisch betrachteten Maximalertrag angewendet werden kann, um N-Überdüngungen aufgrund von zu optimistisch geschätzten Ertragserwartungen zu vermeiden, ist eine Neuerung im Vergleich zu den GRUDAF 2001, in denen noch keine ertragsabhängige Korrektur der N-Düngung möglich war.
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Geringe Abhängigkeit des ökonomischen Optimums der N-Düngung von den Preisverhältnissen Obwohl nach dem Prinzip des ökonomischen Optimums abgeleitete N-Düngungsempfehlungen international weit verbreitet sind, wird zum Teil kritisch dagegen ins Feld geführt, dass die Höhe der empfohlenen N-Düngung stark von schwankenden N-Dünger- und Produktepreisen abhängig sei. Eigene Sensitivitätsanalysen für Weizen (Detailergebnisse aus Platzgründen nicht dargestellt) ergaben, dass sich Nopt bei einer Veränderung des Weizenpreises um 10 Fr. oder des N-Düngerpreises um 10 % nur geringfügig ändert (um ca. 5 bzw. 3 kg N ha-1). Weil die den Berechnungen von Nopt zugrundeliegenden Produktionsfunktionen nicht linear sind, können diese Veränderungen von Nopt bei stärkeren Änderungen von Weizen- oder Düngerpreis nicht linear extrapoliert werden. Zudem können sich die Auswirkungen veränderter N-Dünger- und Produktepreise auf Nopt gegenseitig aufheben, indem z. B. eine Abnahme des Produkteerlöses eine Verringerung von Nopt bewirkt, während eine gleichzeitige Abnahme des N-Düngerpreises zu einer Erhöhung von Nopt führt. Somit muss Nopt nicht laufend wegen üblicher Veränderungen von Produkte- oder Düngerpreisen kontrolliert und angepasst werden.
Schlussfolgerungen Das Prinzip der ökonomisch optimalen N-Düngung erlaubt die quantitative Ableitung von N-Düngungsnor-
Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von Ackerkulturen | Pflanzenbau
Derivazione delle norme di concimazione azotata per la campicoltura Nel presente lavoro viene spiegato il principio della concimazione azotata economicamente ottimale (Nott), secondo cui è consentita una derivazione quantitativa delle norme di concimazione azotata sulla base di prove incentrate su tale aspetto. Il livello ottimale di concimazione così calcolato costituisce un valido compromesso tra gli obiettivi economici e quelli ecologici della campicoltura. Nell'ambito dei lavori attinenti ai «Dati di base per la concimazione in campicoltura e foraggicoltura (DBC)» 2009, è stato determinato, in base a numerose prove di concimazione azotata il livello di Nott per diverse importanti colture di pieno campo. I risultati di queste prove hanno determinato per quasi tutte le colture, eccezion fatta per il mais, un aumento della norma di concimazione azotata compreso tra 10 e 40 kg N ha-1. Affinché la concimazione azotata risulti comunque adeguata alla produttività del luogo, le norme di concimazione di queste colture non sono state aumentate in modo generalizzato, bensì si è effettuata l’introduzione di una correzione del quantitativo di azoto da apportare in funzione della resa.
Literatur ▪▪ Bélanger G., Walsh J. R., Richards J. E., Milburn P. H. & Ziadi N., 2000. Comparison of three statistical models describing potato yield response to nitrogen fertilizer. Agronomy Journal 92, 902–908. ▪▪ Bélanger G., Ziadi N., Walsh J.R., Richards J.E. & Milburn P.H., 2003. Residual soil nitrate after potato harvest. Journal of Environmental Quality 32, 607 – 612. ▪▪ Brentrup F. & Link A., 2004. Stickstoffdüngung zur richtigen Zeit. Getreidemagazin 9, 230–232. ▪▪ Feil B., 1998. Physiologische und pflanzenbauliche Aspekte der inversen Beziehung zwischen Ertrag und Proteinkonzentration bei Getreidesorten: Eine Übersicht. Pflanzenbauwissenschaften 2(1), 37–46. ▪▪ Flisch R., Sinaj S., Charles R. & Richner W., 2009. GRUDAF 2009 – Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau. Agrarforschung 16 (2), 1–97.
Abkürzungen GRUDAF: Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau N: Stickstoff; Nmin: Mineralischer Stickstoff Ökonomisch optimale Stickstoffdüngung Nopt:
Summary
Riassunto
men von Ackerkulturen anhand von N-Düngungsversuchen. Das so erhaltene optimale Niveau der N-Düngung bildet einen guten Kompromiss zwischen ökonomischen und ökologischen Zielsetzungen des Ackerbaus. n
Determination of nitrogen fertilization standards for arable crops This paper explains the principle of economically optimal N fertilization (Nopt). This principle allows the quantitative derivation of N fertilization standards based on N fertili zation trials. The optimum level of N fertili zation thus found represents a good compromise between the economic and ecological aims of arable farming. Within the framework of the studies concerning the «Principles of Fertilization in Arable and Forage-Crop Production» (GRUDAF) 2009, the Nopt for several important arable crops was determined based on extensive N fertilization trials. For all crops but maize, the results of these studies have led to an increase in optimum N fertili zation by 10 to 40 kg N ha-1. In order to promote N fertilization adapted to site productivity, however, the N fertilization standards of these crops were not as a rule raised, but rather yield-dependent correction factors were introduced for the N quantities to be applied. Key words: Arable crops, economically optimal nitrogen rate, nitrogen fertilization recommendations, nitrogen losses, product quality, yield.
▪▪ Gandorfer M., 2006. Bewertung von Precision Farming dargestellt am Beispiel der teilflächenspezifischen Stickstoffdüngung. Dissertation Technische Universität München, Weihenstephan. ▪▪ Hong N., Scharf P. C. Davis J. G., Kitchen N. R. & Sudduth K. A., 2007. Economically optimal nitrogen rate reduces soil residual nitrate. Journal of Environmental Quality 36, 354–362. ▪▪ Hugger H., 1992. Stickstoffdüngung zu Mais unter Berücksichtigung der Bodennachlieferung. Mais 2/1992, 14–16. ▪▪ Lory J. A. & Scharf P. C., 2003. Yield goal versus delta yield for predicting fertilizer nitrogen need in corn. Agronomy Journal 95, 994–999. ▪▪ Colwell J.D., 1994. Estimating fertilizer requirements: A quantitative a pproach. CAB Int., Wallingford, Oxfordshire, UK. ▪▪ Schilling G., 2000. Pflanzenernährung und Düngung. Ulmer, Stuttgart, 464 S. ▪▪ Walther U., Ryser J.P. & Flisch R. 2001. Grundlagen für die Düngung im Acker- und Futterbau (GRUDAF). Agrarforschung 8, 1–80.
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P f l a n z e n b a u
Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbau betriebsnetz von 1992 bis 2004 Jacques Dugon1, Guillaume Favre1, André Zimmermann2 und Raphaël Charles3 AGRIDEA, 1000 Lausanne 6 2 Station Cantonale de Protection des Plantes, 1510 Moudon 3 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon Auskünfte: Jacques Dugon, E-Mail jacques.dugon@agridea.ch, Tel. +41 21 619 44 34
Foto: AGRIDEA
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Seit der Umsetzung der integrierten Produktion in die Schweizer Landwirtschaft hat sich die Pflanzenschutzpraxis gewandelt.
Einleitung Seit der Umsetzung der integrierten Produktion in die Schweizer Landwirtschaft hat sich die Pflanzenschutzpraxis gewandelt. Seit der Einführung der Direktzahlungen im Jahr 1993 wurden verschiedene Massnahmen im Rahmen des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN) eingeleitet: Auswahl und gezielte Anwendung der Pflanzenschutzmittel, Einschränkung des Einsatzes von Herbiziden im Vorauflauf, der Granulate und der Insektizide, Einhaltung der Bekämpfungsschwellen und die Empfehlungen der Prognose- und Warndienste, Einrichtung von unbehandelten Flächen beim Einsatz von Wachstumsregulatoren im Getreide oder von Fungiziden im Raps sowie die Erteilung von Spezialbewilligungen (BLW 2010). Zu diesen Massnahmen kommt die Entwicklung der Pflanzenschutzpraxis hinzu. In diesem Zusammenhang ist die Kenntnis der Praxisrealität ein wichtiges Element. Eine Untersuchung zur Wirkung des ÖLN zeigte bis 2003 eine
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 416–423, 2010
Abnahme der seit den Referenzjahren 1990 – 1992 eingesetzten Produktemenge um 30 % (Poiger 2005). Diese Studie verdeutlicht jedoch die Notwendigkeit einer zweckmässigen Auswertung der Praxisentwicklung unter Berücksichtigung der folgenden Elemente: Entwicklung und Einführung neuer Wirkstoffe, Senkung der für die gleiche Wirkung eingesetzten Dosen, Entwicklung des Zulassungsverfahrens, unter dem Druck wirtschaftlicher oder agronomischer Faktoren erzwungene Veränderung der Agrarpraxis, Veränderung der Epidemiologie gewisser Schädlinge sowie Aufkommen von Resistenzen oder neuer Kulturschädlinge. Es gibt unter allen Forschungsarbeiten zur Einführung und zur Überwachung der ökologischen Leistungen keine, welche die Pflanzenschutzpraxis eingehend beschreibt. Die Bereitstellung ausführlicher technischer Daten soll helfen, den Stand der Pflanzenschutzpraxis zu beschreiben, aber auch die Erfolge, die Misserfolge und die neuen Herausforderungen zu erkennen. Dieser Arti-
kel beschreibt die Entwicklungen in der Nutzung von Pflanzenschutzmitteln zwischen 1992 und 2004 unter dem Einfluss der Agrarreformen. Er wertet die wichtigsten Ergebnisse eines Berichtes aus, der sich mit der Pflanzenschutzpraxis im Ackerbau unter dem Einfluss der Agrarreformen in einem Netz von Pilotbetrieben zwischen 1992 und 2004 befasst (Favre et al. 2010).
Material und Methoden In einem von AGRIDEA betreuten Netz von ÖLN-Pilot betrieben im Tessin und in der Westschweiz wurden die Pflanzenschutzpraktiken zwischen 1992 und 2004 erfasst (Magnollay et al. 2003; Zimmermann et al. 2005.). Die diesem Netz angeschlossenen Landwirte wurden aufgrund ihrer Bereitschaft, an der Entwicklung des ÖLN mitzuwirken, einbezogen. Sie sind allgemein gut ausgebildet. Die Anzahl Betriebe liegt zwischen 23 und 37, die Minimalfläche zwischen 700 und 500 ha pro Jahr. Die synthetischen Angaben zur Pflanzenschutzpraxis in den einzelnen Kulturen stammen aus den Feldkalendern der Landwirte und werden anschliessend von den Betriebsnetzverantwortlichen bescheinigt. Sechs Hauptkulturen werden bewertet. Bei Winterweizen und -gerste wird zwischen «ÖLN» und «Extenso» unterschieden, wobei beim zweiten Verfahren der Herbizideinsatz möglich ist, hingegen jeder Fungizid-, Wachstumsregulator- oder Insektizideinsatz unmöglich ist. Beim Raps wurde wegen des kleinen «Extenso»Anteils im Netzwerk-Panel nur das ÖLN-Verfahren berücksichtigt, auch wenn der Raps in der Praxis teilweise «Extenso» produziert wird. Der behandelte Weizen macht 31 bis 37 % der gesamten berücksichtigten Anbauflächen aus, der Extenso-Weizen 7 – 22 %, die behandelte Gerste 6 – 11 % und die Extenso-Gerste 5 – 9 %. Der Mais-Anteil schwankt zwischen 5 und 14 %, der Raps erreicht im Mittel 9 %, die Speisekartoffeln 8 % und die Zuckerrüben 7 %. In dieser Studie werden bei allen Formulierungen die Veränderungen bei den Wirkstoffen bewertet. Diese werden in Fungizide (F), Abbrennmittel (A), Herbizide (H), Insektizide (I) und Wachstumsregulatoren (W) aufgeteilt. Die Gruppe der übrigen Stoffe (U) umfasst die Molluscizide, die Nematizide, die Rodentizide und die Wildabhaltemittel. Als jährliche Bewertungskriterien für die Pflanzenschutzpraxis werden folgende Aspekte in Betracht gezogen: ••Anzahl Interventionen mit einem oder mehreren Produkten in den einzelnen Kulturen an einem bestimmten Datum ••Anzahl Applikationen eines Wirkstoffes in den einzelnen Kulturen
Zusammenfassung
Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004 | Pflanzenbau
Ziel dieser Studie, die anhand eines von AGRIDEA betreuten Netzes von Pilotbetrieben in der Westschweiz und im Tessin durchgeführt wurde, ist es, eine synthetische Übersicht über die Entwicklung der Pflanzenschutzpraxis im Ackerbau zu liefern. Für die Praxisbewertung wurden die Anzahl Interventionen in den einzelnen Kulturen, die Anzahl Applikationen und die Menge Wirkstoff pro Hektar berücksichtigt. Es wurden drei Perioden verglichen: 1992 bis 1994, 1997 bis 1999 und 2002 bis 2004. Unterschiede in der Anzahl Interventionen werden vor allem zwischen den Kulturen festgestellt. So wird eine Kartoffelparzelle im Mittel achtmal behandelt. Zuckerrüben benötigen im Mittel vier bis fünf Durchgänge. Getreide im «ÖLN»-Anbau sowie Raps werden zwischen zwei und dreieinhalbmal behandelt. Körnermaiskulturen und «Extenso»-Wintergetreide werden weniger als 1,6-mal behandelt. Bei der Hälfte der Wirkstoffe handelt es sich um Herbizide und bei mehr als einem Viertel um Fungizide. Was die Entwicklung der Anwendung von Wirkstoffen betrifft, geht ihre Anzahl um 13% zurück; 57% der Wirkstoffe sind während der ganzen Dauer der Studie vorhanden und während der dritten Periode handelt es sich bei 35% um neue Substanzen, die zwischen 1992 und 1994 nicht vorhanden waren.
••Menge Wirkstoff pro Flächeneinheit in den einzelnen Kulturen. ••Die Entwicklung der Praxis wurde in einer vergleichenden Analyse von drei Zeitabschnitten (Perioden) verfolgt: 1992 bis 1994, 1997 bis 1999 und 2002 bis 2004.
Resultate Anzahl Interventionen in den einzelnen Kulturen Die Anzahl Interventionen ist stark von der Kultur beeinflusst (Abb. 1 und Tab. 1). Zuckerrüben benötigen im Mittel vier bis fünf Durchgänge für die Ausbringung von drei bis vier Herbiziden und oft einem Fungizid. Eine Kartoffelkultur wird im Mittel achtmal behandelt, und zwar mit einem Herbizid, fünf bis sechs Fungiziden und 0,4 Insektiziden. Im ÖLN-Getreideanbau und bei Raps wird im Mittel zwischen zwei- und 3,5-mal interveniert,
Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 416–423, 2010
417
Pflanzenbau | Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004
Tab. 1 | Entwicklung nach Parzelle der mittleren Anzahl Interventionen und Applikationen pro Jahr für die einzelnen Pflanzenschutzmitteltypen bei den verschiedenen beobachteten Kulturen
1992 – 1994 Kultur
Winter weizen behandelt
Winter weizen Extenso
Wintergerste behandelt
Wintergerste Extenso
Mais
Raps
Speisekartoffeln
Zuckerrübe
Typ
Variation zwischen 1992–1994 und 2002 – 2004, in %
2002 – 2004
Anz. Applikationen
Anz. Interventionen
Anz. Applikationen
Anz. Interventionen
Anz. Applikationen
Interventionen
Applika tionen
Herbizid
1,23
3,24
1,38
3,50
1,33
2,95
8
-9
Fungizid
1,19
2,05
1,29
2,03
1,20
2,16
1
5 -50
Insektizid
0,10
0,10
0,05
0,05
0,05
0,05
-50
Regulator
0,76
1,30
0,77
1,11
0,80
0,87
5
-33
Anderer Typ
0,01
0,01
0,07
0,09
0,00
0,00
-100
-100
Total
3,29
6,70
3,56
6,78
3,38
6,03
3
-10
Herbizid
1,40
3,21
1,41
3,48
1,41
3,58
1
12
Anderer Typ
0,00
0,00
0,01
0,01
0,00
0,00
0
0
Total
1,40
3,21
1,42
3,49
1,41
3,58
1
12
Herbizid
1,17
3,20
1,16
2,85
1,26
3,20
8
0
Fungizid
0,86
1,77
0,95
1,70
0,78
1,47
-9
-17
Insektizid
0,08
0,08
0,02
0,02
0,00
0,00
-100
-100
Regulator
0,80
0,91
0,96
1,12
0,65
0,72
-19
-21
Anderer Typ
0,01
0,01
0,02
0,04
0,00
0,00
-100
-100
Total
2,92
5,97
3,11
5,73
2,69
5,39
-8
-10
Herbizid
1,40
3,05
1,39
3,29
1,55
3,34
11
10
Anderer Typ
0,03
0,03
0,05
0,05
0,03
0,03
0
0
Total
1,43
3,08
1,44
3,34
1,58
3,37
10
9
Herbizid
1,24
2,13
1,16
2,79
1,14
2,84
-8
33
Insektizid
0,02
0,02
0,03
0,03
0,00
0,00
-100
-100
Anderer Typ
0,02
0,02
0,02
0,02
0,00
0,00
-100
-100
Total
1,28
2,17
1,21
2,84
1,14
2,84
-11
31
Herbizid
0,92
1,52
1,19
2,15
1,11
2,17
21
43
Fungizid
0,35
0,41
0,48
0,68
0,20
0,37
-43
-10
Insektizid
0,89
0,89
1,15
1,15
0,33
0,36
-63
-60
Anderer Typ
0,29
0,29
0,57
0,59
0,48
0,48
66
66
Total
2,45
3,11
3,39
4,57
2,12
3,38
-13
9
Herbizid
1,02
1,42
0,98
1,41
1,20
2,03
18
43
Fungizid
5,24
7,90
6,46
10,83
5,52
9,19
5
16
Insektizid
0,29
0,29
0,43
0,43
0,38
0,38
31
31
Abbrennmittel
0,71
0,71
0,43
0,43
0,43
0,43
-39
-39
Total
7,26
10,32
8,30
13,10
7,53
12,03
4
17
Herbizid
3,19
8,09
3,80
9,45
3,53
8,87
11
10
Fungizid
0,65
0,92
0,68
1,21
0,90
1,55
38
68
Insektizid
0,32
0,32
0,00
0,00
0,00
0,00
-100
-100
Anderer Typ
0,20
0,20
0,33
0,40
0,34
0,53
70
165
Total
4,36
9,53
4,81
11,06
4,77
10,95
9
15
24,39
44,09
27,24
50,91
24,62
47,57
1
8
Total
418
Anz. Interventionen
1997 – 1999
Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 416–423, 2010
Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004 | Pflanzenbau
meist mit einem bis 1,4 Herbiziden. Bei Getreide rechnet man mit 0,1 Insektizid-, 0,8 Wachstumsregulator- und einer Fungizid-Intervention. Bei Raps werden im Mittel eine Insektizid-, 0,5 Schneckenbekämpfungsmittel- und 0,3 Fungizidbehandlungen durchgeführt. Die jährliche Anzahl Interventionen, vor allem mit Herbiziden, beläuft sich in Körnermaiskulturen und im Extenso-Wintergetreideanbau auf 1,6. Die Messung der Variabilität anhand einer Quartilverteilung (Abb. 1) erreicht bei Raps und Kartoffeln eine Intervention. Diese Variabilität kann mit dem unterschiedlichen Druck der Raps-Schädlinge (Rüssel- und Rapsglanzkäfer) und der Kartoffelkrankheiten (Krautund Knollenfäule, Dürrfleckenkrankheit) zusammenhängen. Es ist auch ein Beweis dafür, dass die Bauern tatsächlich die Anzahl Fungizid- und Insektizid-Behandlungen den im jeweiligen Jahrgang herrschenden Bedingungen anpassen. Schliesslich ist die Anzahl Interventionen für die verschiedenen Kulturen allgemein gleich oder kleiner als die Vorgaben der Guten Landwirtschaftlichen Praxis (BLW 1994, zitiert von Flury et al. 2005), mit Ausnahme der zweimal häufigeren Behandlungen mit Herbiziden bei Zuckerrüben und mit Insektiziden bei Kartoffeln. Anzahl Wirkstoff-Applikationen Pro Intervention werden ein bis drei Wirkstoffe eingesetzt (Tab. 1). In einer Kartoffel- oder einer Zuckerrübenkultur werden zwischen zehn und 13 Wirkstoff-Appli kationen durchgeführt. Applikationsmengen Die Menge der verwendeten Wirkstoffe für eine Indikation schwankt je nach Substanz erheblich. Dementsprechend müssen die Ergebnisse zu den Applikations
mengen wirkstoffspezifisch bewertet werden. Die Mengenangabe nach Produktetyp sagt somit nichts über die Intensität des Einsatzes aus. So bedingen zum Beispiel die zunehmend eingesetzten SulfonylharnstoffHerbizide kleinere Applikationsmengen pro Flächeneinheit im Vergleich mit anderen Herbiziden bei gleicher Wirksamkeit. In gewissen Fällen kann die Reduktion mehr als einen Faktor zehn betragen. Die Auswertung bezüglich der Applikationsmengen von mehreren Produkten für einen Typ und eine Kultur (Tab. 2) muss diese Elemente berücksichtigen, insbesondere die Eigenschaften der Wirkstoffe (Konzentration, Formulierung, Wirksamkeit). Über die gesamten Wirkstoffe und Kulturen nehmen die Applikationsmengen im Mittel um etwa 20 Prozent ab. Dieses Ergebnis muss im Zusammenhang mit der Anzahl Interventionen bewertet werden. Letztere hat sich aber bei allen betrachteten Wirkstoffen und Kulturen zwischen der ersten und der dritten Periode nicht verändert, ohne Berücksichtigung des mit dem Extenso-Anbau einhergehenden Wechsels (Tab. 1). In der Bewertung nach Kultur werden Abnahmen der Herbizidmengen bis zu 49 % bei Weizen, Gerste, Mais und Raps beobachtet. Die Fungizidmengen gehen beim behandelten Getreide, in den Kartoffel- und Rapskulturen um 31 – 82 % zurück. Hingegen wird bei Kartoffeln eine Zunahme der Mengen eingesetzter Herbizide um 49 % festgestellt. Entwicklung des Wirkstoffsortiments Abbildung 2 zeigt eine Entwicklung des Sortiments: Die Anzahl Wirkstoffe nimmt zwischen der 1. und der 3. Periode um 13 % ab. Gegenüber der 1. Periode sind in der
120 110 23
100 90
36
80 Anzahl Wirkstoffe
Zuckerrüben Speisekartoffeln Raps Körnermais Extenso-Wintergerste
70 60
118
50
91
40
67
30
Behandelte Wintergerste
20
Extenso-Winterweizen
10
Behandelte Winterweizen
0
Anz. Interventionen pro Parzelle Abb. 1 | Anzahl Interventionen pro Jahr und Kultur zwischen 1992 und 2004 (Median, Quartile, Dezile).
1992-1994
1997-1999
Neuvorkommende Wirkstoffe gegenüber der 1. Periode
2002-2004
Während der 3 Perioden vorhandene Wirkstoffe
Abb. 2 | Entwicklung der Anzahl Wirkstoffe.
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419
Pflanzenbau | Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004
Tab. 2 | Entwicklung nach Parzelle der jährlich im Mittel eingesetzten Menge Wirkstoff für die einzelnen Pflanzenschutzmitteltypen bei den verschiedenen beobachteten Kulturen
Mittlere Menge (kg/ha) Kultur
Winterweizen behandelt
Winterweizen Extenso
Wintergerste behandelt
Wintergerste Extenso
Mais
Raps
Speisekartoffeln
Zuckerrübe
Total
420
Typ 1992–1994
1997–1999
2002–2004
Variation zwischen 1992–1994 und 2002–2004, in %
Herbizid
0,77
0,83
0,58
-25
Fungizid
0,43
0,21
0,25
-42
Insektizid
<0,01
<0,01
<0,01
0
Regulator
0,18
0,08
0,06
-67
Anderer Typ
<0,01
0,01
0,0
0
Total
1,38
1,13
0,89
-36
Herbizid
1,15
0,79
0,59
-49
Anderer Typ
0,0
<0,01
0,0
0
Total
1,15
0,79
0,59
-49
Herbizid
1,12
0,98
1,12
0
Fungizid
0,36
0,19
0,17
-53
Insektizid
<0,01
0,0
0,0
0
Regulator
0,19
0,22
0,19
0
Anderer Typ
<0,01
<0,01
0,00
0
Total
1,67
1,39
1,48
-11
Herbizid
1,07
1,08
0,85
-21
Anderer Typ
0,01
0,01
0,01
0
Total
1,08
1,09
0,86
-20
Herbizid
1,28
0,78
1,10
-14
Insektizid
0,03
0,0
0,0
-100
Anderer Typ
0,01
<0,01
0,0
-100
Total
1,32
0,78
1,10
-17
Herbizid
1,03
1,07
0,59
-43
Fungizid
0,11
0,07
0,02
-82
Insektizid
0,02
0,03
<0,01
-100
Anderer Typ
0,09
0,12
0,10
11
Total
1,25
1,29
0,71
-43
Herbizid
0,99
1,47
1,48
49
Fungizid
5,72
7,48
3,97
-31
Insektizid
0,01
0,01
0,01
0
Abbrennmittel
0,99
1,23
0,93
-6
Total
7,71
10,19
6,39
-17
Herbizid
2,10
2,53
2,38
13
Fungizid
0,13
0,14
0,14
8
Insektizid
0,19
0,0
0,0
-100
Anderer Typ
0,06
0,09
0,12
100
Total
2,48
2,76
2,64
6
18,04
19,42
14,66
-19
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Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004 | Pflanzenbau
Iso pr
H
alo FT nil rifl */ ox ** ys * tro re bin so xim */ * -m * et FP hy ro l* pic /* on * az ol FA */ FC ** zo yp xy ro str din ob in il * */ FF ** luz */ ila ** zo ** l* FF /* en */ pr ** op ** iom FT or eb ph uc */ on * * az ol */ ** **
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co
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FM
*
*/
/*
zo
l*
zin
lua
na
co
ro
yp
Mittlere Anzahl Applikationen pro Parzelle
FC
**
*
**
am
**
b
ze
on
co
FF
FM
*
Mittlere Anzahl Applikationen pro Parzelle
H
Di
ot ur flu on * fe H nic Ph an en m * ed H ipha Flu m ro * xy py H Gl r * yp H Am ho sa ido t su H lfu M r o et am n * itr H on M ** et su lfu H ro Th n ife * H ns M ulf CP ur P on -m * et hy l* H lox H i Io do nil * su H lfu Et ro ho n fu * m es at H Br om ** ox H At ynil ra H zin * De ** sm * ed iph * am ** H 2, 4 D *
Mittlere Anzahl Applikationen pro Parzelle
Herbizide 2. Periode und in der 3. Periode 77 % beziehungsweise. 0.4 1992-1994 57 % der Wirkstoffe gleichgeblieben, während 20 % 0.35 1997-1999 0.3 beziehungsweise 35 % neu sind. Die Abnahme der 2002-2004 0.25 Anzahl Wirkstoffe wird nicht von der Einführung neuer 0.2 Substanzen ausgeglichen. 0.15 Unter den verfügbaren Wirkstoffen nahm der Anteil 0.1 der Insektizide zwischen den Perioden ab, während der0.05 jenige der anderen Stofftypen unverändert blieb. Bei Mittlere 0 Anzahl Applikationen pro Parzelle 54 % der Pflanzenschutzmittel handelte es sich um HerH 2,4 D * H Ioxinil * H MCPP * H Glyphosat bizide und bei 28 % um Fungizide. Zum Vergleich: In der * ***** H Isoproturon * H Diflufenican * H Fluroxypyr * H Atrazin H Metsulfuron * H Iodosulfuron *H Bromoxynil H Metamitron ** H Ethofumesat ** H Amidosulfuron * H Desmedipham ** H Phenmedipham ** Studie von Poiger et al. (2005) zur Bewertung der ökoloH Thifensulfuron-methyl * gischen Massnahmen schwankte der Anteil der in den Fungizide Einzugsgebieten dreier Schweizer Seen eingesetzten 0.4 1992-1994 Herbizide zwischen 59 und 83 % und derjenige der Fun0.35 1997-1999 0.3 gizide zwischen 7 und 33 %. In unserer Studie geht der 2002-2004 0.25 Anteil der Insektizide von 9 auf 6 % zurück, wobei letz0.2 tere in der letzten Periode vor allem bei Raps eingesetzt 0.15 werden. Bei den Regulatoren, den Abbrennmitteln und 0.1 den übrigen Verbindungen schwanken die Anteile 0.05 Mittlere Anzahl Applikationen pro Parzelle jeweils zwischen 3 und 4 %. 0 Die wichtigsten Veränderungen im Wirkstoffsortiment während der Periode 1992 – 2004 sind in AbbilF Cyprodinil* F Fluazinam *** F Mancozeb *** F Cymoxanil *** F Metalaxyl-M *** F Propiconazol*/** F Epoxyconazol */** F Trifloxystrobin*/** F Tebuconazol*/**** dung 3 dargestellt. Bei den Herbiziden ist Isoproturon F Fluzilazol*/**/**** F Chlorothalonil */*** F Kresoxim-methyl*/** F Fenpropiomorph */** F Cyproconazol */**/**** F Azoxystrobin */***/**** der am häufigsten verwendete Wirkstoff für Winterweizen. Der Einsatz von Metsulfuron-methyl, von Amido Regulatoren 0.4 sulfuron und von Thifensulfuron-methyl nimmt zu und 0.35 neue Herbizide der Gruppe der Sulfonylharnstoffe 1992-1994 0.3 (Iodosulfuron) werden zugelassen, vor allem für 1997-1999 2002-2004 0.25 Getreide. Die Hormon-Herbizide und andere Kontakt herbizide (MCPP, 2,4-D und Ioxynil) gehen hingegen 0.2 zurück. 0.15 Atrazin wird regelmässig in Maiskulturen eingesetzt 0.1 (Betriebe an nichtkarstigen Lagen). Bei Raps verschwin- Mittlere Anzahl Applikationen pro Parzelle 0.05 det das Tebutam. 0 Bei den Fungiziden kann der Einzug der Gruppe der R Trinexapac-ethyl * R Ethephon * R Chlormequat * R Cholinchlorid * Strobilurine (Trifloxystrobine, Kresoxim-methyl und Azo- Abb. 3 | Entwicklung der meist eingesetzten Wirkstoffe, nach xystrobin) während der Periode 1997- 1999 beobachtet Z ielkultur sortiert. werden, und diese verbreiten sich anschliessend stark Anwendung bei Getreide (ÖLN-Verfahren für Fungizide und aus. Diese Entwicklung bewirkt den Rückgang gewisser * Regulatoren) Sterolsynthese-Hemmer (SSH), vor allem im Getreide ** Anwendung bei Zuckerrüben anbau (Flusilazol, Fenpropiomorph und Tebuconazol). *** Anwendung bei Kartoffeln Ein sinkender Einsatz von Chlorothalonil kann in **** Anwendung bei Raps Getreide- und Kartoffelkulturen ab der zweiten Periode ***** Anwendung bei Mais beobachtet werden. Beim Getreide werden Wachstumsregulatoren (Chlormequat und Cholinchlorid CCC) während der Periode 1997 - 1999 zurückgezogen und durch Trinexapac äthyl und Ethefon ersetzt.
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421
Pflanzenbau | Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004
Seit der Periode 1997 -1999 werden im Zuckerrübenanbau keine Insektizide mehr eingesetzt, weil die Mehrheit der Schädlinge durch Imidacloprid-Behandlung der Samen kontrolliert werden. Die Pyrethroide sind die im Rapsanbau am meisten verwendeten Wirkstoffe. Die Kartoffeln werden von den Bauern hauptsächlich mit Teflubenzuron behandelt. DNOC als Abbrennmittel im Kartoffelanbau verschwindet am Ende der Periode 1997 - 1999. Entwicklungsbeispiele der Pflanzenschutzpraxis in verschiedenen Kulturen Glyphosat: Die für die Zwischenkultur eingesetzten mittleren Mengen Glyphosat sind im Verlauf der Beobachtungsperiode um das Vierfache gestiegen (von 0,034 kg/ha auf 0,141 kg/ha). Dieser Anstieg ist auf den Preisabfall dieses Herbizids zurückzuführen, der zum Rückgang des mechanischen Stoppelstürzens führte, manchmal auch im Zusammenhang mit vereinfachten Anbautechniken. Extenso Getreide: Die Pflanzenschutzpraxis kann direkt durch agrarpolitische Instrumente beeinflusst werden. Dies gilt besonders für den Extenso Getreide-Anbau, der mit Direktzahlungen unterstützt wird. Die Zunahme des Anteils der ohne Fungizid-, Wachstumsregulator- und Insektizideinsatz geführten Anbauflächen hat sich während der 2. Beobachtungsperiode noch verstärkt. (Abb. 4). Fungizide bei Winterweizen: In den neunziger Jahren kommen die Strobilurine auf den Markt. Wurden sie ursprünglich oft allein eingesetzt, so wurden sie später mit SSH verwendet und ersetzten diese teilweise zwischen der 1. und der 3. Periode. Die zu anderen Gruppen gehörenden Fungizide gingen hingegen zurück. Insgesamt nahmen die Mengen eingesetzter Fungizide annähernd um die Hälfte ab bei gleichbleibender Interventionsanzahl. 100 90 80 70
61
60
49
50 Anteil 40 (%)
36 29
30 20
42
15
10 0
1992-1994 1997-1999 2002 - 2004 Wintergerste Extenso Winterweizen Extenso
Abb. 4 | Entwicklung des prozentualen Anteils des «Extenso»- Anbaus bei Winterweizen und Wintergerste.
422
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Insektizide bei Raps: Die Gruppe der Pyrethroide wird im Rapsanbau regelmässig eingesetzt. Die festgestellten Veränderungen sind insbesondere auf den Schädlingsdruck zurückzuführen, der die Behandlungen gemäss den Vorlagen des ökologischen Leistungsnachweises bedingt. Im Verlauf der drei Perioden betrugen die Pyrethroidmengen 0.007, 0.019 bzw. wieder 0.007 kg/ha. Die Applikationsmengen bei den übrigen Insektiziden gingen von 0.027 in der 1. Periode auf Null in der 3. Periode zurück.
Schlussfolgerungen ••Eine Senkung der Menge der Behandlungsprodukte um 30 % wurde gemäss Bewertung der agrarökologischen Zielsetzungen des Bundes für 2005 erreicht (Flury 2005). ••Die Praxis-Studie bei den Pilotbetrieben zwischen 1992 und 2004 zeigt eine entsprechende Abnahme. ••Erwähnenswerte Einflussfaktoren: die Aufhebung der Zulassung bestimmter Stoffe, der Verzicht auf nicht unbedingt erforderliche Behandlungen und die neu auf den Markt eingeführten, leistungsfähigeren Wirkstoffe, welche tiefere Dosierungen bei gleicher Wirksamkeit erlauben. Neue, auf Umfallkrankheit und andere Krankheiten weniger anfällige Getreidesorten, förderten zudem den Extenso-Anbau. Schliesslich spielen auch die unberechenbaren Wetterverhältnisse eine Rolle. ••Trotz dieses allgemeinen Abnahmetrends bei den angewendeten Wirkstoffmengen hat sich die Anzahl nicht politisch bedingter Behandlungen (Extenso) kaum verändert. ••Insgesamt bleibt wegen der spezifischen Ausrichtung der Behandlungen auf die einzelnen Indikationen die Analyse der Pflanzenschutzpraxisentwicklung ein komplexes Unterfangen. ••Nur eine auf die Anzahl Interventionen, die eingesetzten Mengen sowie die toxikologischen und ökotoxikologischen Eigenschaften der Wirkstoffe gründende Bewertung ist imstande, ein verlässliches Bild der Pflanzenschutzpraxis in der integrierten Produktion n wiederzugeben.
Pratiche fitosanitarie in una rete di aziende dedite alla campicoltura osservate tra il 1992 ed il 2004 Questo studio, basato su rilevamenti realizzati presso una rete di aziende agricole pilota condotta da AGRIDEA in Svizzera romanda ed in Ticino, ha per obiettivo di fornire un’informazione sintetica dell’evoluzione delle pratiche fitosanitarie in campicoltura. La valutazione delle pratiche verte sul numero di interventi per coltura, il numero di applicazioni e la quantità di principio attivo per ettaro. Tre periodi sono stati confrontati: 1992 – 1994, 1997 – 1999 e 2002 – 2004. Il numero di interventi varia principalmente tra le colture. Una parcella di patate viene trattata in media 8 volte, le barbabietole da zucchero richiedono in media 4 o 5 interventi, i cereali coltivati secondo le esigenze poste dalla «PER» e la colza sono trattati tra 2 e 3,5 volte. Il numero d’interventi é inferiore a 1,6 per le colture di mais da granella e di cereali autunnali « Extenso ». Metà dei principi attivi sono erbicidi e più di un quarto fungicidi. Riguardo all’evoluzione dell’utilizzo di principi attivi, si nota una diminuzione del 13%. Il 57% dei principi attivi sono presenti durante tutta la durata dello studio, nel terzo periodo ci sono 35% di nuove molecole, assenti tra il 1992 ed il 1994.
Summary
Riassunto
Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaub etriebsnetz von 1992 bis 2004 | Pflanzenbau
Phytosanitary practices in a arable farms network from 1992 to 2004 This study, realized on a network of pilot farms animated by AGRIDEA in the French part of Switzerland and in Ticino aims to provide global information about the evolution of phytosanitary practices in arable crops. The assessment of practices focusses on the number of interventions in each crop, the number of applications and the quantity of active substance per hectare. Three periods are compared: 1992 to 1994, 1997 to 1999 and 2002 to 2004. The number of interventions varies mainly according to the crop. A potatoes plot is on average treated 8 times and sugar beets need on average 4 to 5 runs. Cereals cultivated in «PER» mode and rape are treated between 2 and 3.5 times. The inter vention number is less than 1.6 for corn grain crop and autumn cereals «extenso». Half of active substances are herbicides and over a quarter, fungicides. The evolution of active substances shows that their number decreases by 13 %; 57 % of the substances are present during all the considered period and, in 2002 – 2004, 35 % are new molecules which didn’t exist in 1992 – 1994. Key words: plant protection practice, field crops, active ingredient.
Literatur ▪▪ Bundesamt für Landwirtschaft, 2010. Ökologischer Leistungsnachweis. Zugang: http://www.blw.admin.ch/themen/00006/00049/index. html?lang=de [29.6.2010]. ▪▪ Favre G., Dugon J. & Charles R., 2010. Pratiques phytosanitaires en grandes cultures de 1992 à 2004, AGRIDEA, Lausanne, 80 S. ▪▪ Flury Ch., 2005. Bericht Agrarökologie und Tierwohl 1994 – 2005. B undesamt für Landwirtschaft, Bern, 190 S. ▪▪ Magnollay F., 2003. Réseau d'entreprises 1996 – 2002 : synthèse de l’évolution financière des exploitations (dossier de référence). SRVA, L ausanne, 43 S. ▪▪ Poiger T., Buser H. R. & Müller M. D., 2005. Evaluation der Ökomassnahmen und Tierhaltungsprogramme, Synthesebericht Bereich Pflanzenschutzmittel. Agroscope FAW Wädenswil, 69 S. ▪▪ Zimmermann A., 2001 – 2005. Réseau d'exploitations pilotes du SRVA : r ésultats. SRVA, Lausanne.
Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 416–423, 2010
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A g r a r w i r t s c h a f t
Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft
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Daniela Schürch und Dierk Schmid, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Auskünfte: Dierk Schmid, E-Mail: dierk.schmid@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 31 31
Für den horizontalen Betriebsvergleich ist die Bildung möglichst homogener Vergleichsgruppen unabdingbar.
Einleitung Mit dem Informationsnetz landwirtschaftlicher Buchführungen (INLB) besteht in der Europäischen Union (EU) ein System, das betriebswirtschaftliche Daten der Landwirtschaft für jedes ihrer Mitgliedsländer sammelt und analysiert. In der Vergangenheit wurden die schweizerischen Ergebnisse der Zentralen Auswertung
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 424–429, 2010
von Buchhaltungsdaten an die EU-Methodik adaptiert und verglichen (Schmid 2005). Damit muss jede Änderung der EU-Methodik auch bei der Umrechnung der schweizerischen Ergebnisse berücksichtigt werden. Zudem soll die INLB-Methode der Abgrenzung der Grundgesamtheit im neuen System der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten zur Anwendung kommen.
Foto: ART
Klassifizierung landwirtschaftlicher Betriebe Der horizontale Betriebsvergleich ist ein klassisches Verfahren agrarökonomischer Untersuchungen, insbesondere bei der Analyse von Buchhaltungsergebnissen (ART 2009). In der Landwirtschaft, die von einer enormen strukturellen Vielfältigkeit geprägt ist, ist hierfür die Bildung möglichst homogener Vergleichsgruppen unabdingbar. Dafür braucht es ein Klassifizierungsinstrument, das zwei Zwecken dient: Einerseits geht es darum, eine minimale Betriebsgrösse zu definieren, um die Grundgesamtheit der Erhebung gegen unten abzugrenzen. Andererseits gilt es, verschiedene Betriebstypen (z. B. Milchproduktion oder Ackerbau) voneinander zu unterscheiden (Europäische Kommission 2010). Für die Klassifizierung können unterschiedliche Methoden und Kennzahlen verwendet werden. Neben nicht-monetären Kennzahlen wie Fläche, Tierbestand, Region oder Arbeitseinsatz können auch monetäre Kennzahlen wie Standarddeckungsbeitrag oder Standardoutput verwendet werden. Während im jetzigen Schweizer System der Zentralen Auswertung von Buchhaltungen für die Klassifizierung auf nicht-monetäre Kennzahlen zurückgegriffen wird (Roesch und Hausheer Schnider 2009, S. 10), verwendet das INLB der EU vornehmlich monetäre Kennzahlen.
Für den SO-Koeffizienten von Milchkühen gilt die Milchproduktion als Hauptprodukt und die abgehenden Kälber als Nebenprodukt.
Zusammenfassung
Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft | Agrarwirtschaft
Im Rahmen des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Union wird ab 2010 der Standardoutput zur Klassifizierung von landwirtschaftlichen Betrieben verwendet. Als monetäre Grösse beschreibt der Standardoutput den durchschnittlichen Geldwert der landwirtschaftlichen Erzeugung zu Produzentenpreisen. Um die Buchhaltungsergebnisse der Schweizer Landwirtschaft weiterhin mit denjenigen der EU-Länder vergleichen zu können, muss das Konzept des Standardoutputs auf die Schweizer Betriebe übertragen werden. Grundlage dafür bildet die Ermittlung der Standardoutput-Koeffizienten.
Standardoutput ersetzt Standarddeckungsbeitrag Das Klassifizierungssystem landwirtschaftlicher Betriebe beruhte seit 1985 EU-weit auf der Grundlage des Standarddeckungsbeitrags (SDB). Dieser monetäre Wert wird definiert als Bruttoerzeugung je ha Anbaufläche beziehungsweise je Stück Durchschnittsbestand eines Betriebes plus produktgebundene Subventionen respektive Direktzahlungen abzüglich Direktkosten. Bis 2009 werden die Betriebe anhand ihres SDB nach betriebswirtschaftlicher Ausrichtung und wirtschaftlicher Betriebsgrösse klassifiziert. Ab 2010 dient der Standardoutput (SO) als Klassifizierungsvariable. Dieser Wechsel erfolgt aufgrund agrarpolitischer Veränderungen in der EU. Die Umstrukturierung der Direktzahlungen von produktgebundenen Zahlungen zu sogenannten entkoppelten Zahlungen
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Agrarwirtschaft | Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft
(Betriebsprämie) kann zu negativen SDB führen. Der SDB eignet sich deshalb nur noch bedingt als Klassifizierungsvariable. Im schweizerischen System wird dieser Wechsel zum einen beim Konzept für die neue Ausrichtung der ZA bei der Abgrenzung der Grundgesamtheit übernommen (Roesch et al. 2010). Die im jetzigen System verwendeten fixen und auf physischen Grössen wie Flächen und Tierbeständen beruhenden Eintrittsschwellen (Meier 2000) sollen aufgrund methodischer Nachteile durch den SO ersetzt werden. Zum anderen muss die Änderung der Klassifizierungsmethodik im INLB für die Umrechnung der Schweizer Buchhaltungsbetriebe für direkte Vergleiche adaptiert werden. Für beide Fragestellungen müssen die SO-Koeffizienten als Grundlagen für die Berechnung des SO bereitgestellt werden. Weitere Neuerungen im INLB der EU Im INLB der EU gibt es neben dem SO als neuer Klassifizierungsvariablen einige weitere Änderungen. Die Grenzen für die Grössenklassen wurden angepasst und die wirtschaftliche Grösse der Betriebe wird direkt in Euro angegeben und nicht mehr wie bisher in Europäische Grösseneinheiten (EGE) umgerechnet. Als ergänzende Klassifizierung neben der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung werden Betriebe nach ihrem Anteil paralandwirtschaftlicher Aktivitäten gruppiert. Die Grenzen für die Einteilung der Betriebe nach ihrer betriebswirtschaftlichen Ausrichtung werden weitgehend beibehalten.
Methode Methodik der SO-Berechnung Der sogenannte SO-Koeffizient ist das Kernstück der SOBerechnung. Er wird für jede Produktionsaktivität bestimmt und entspricht dem durchschnittlich erreichten Umsatz (ohne Direktzahlungen). Für die Berechnung
des SO eines Betriebszweigs wird die Anzahl Produktionseinheiten mit dem entsprechenden SO-Koeffizienten multipliziert. Der gesamtbetriebliche Standardoutput, der sowohl für die Betriebsgrössenklassifizierung als auch die Abgrenzung der Grundgesamtheit massgebend ist, entspricht der Summe der einzelnen Standardoutputs aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse beziehungsweise aller Betriebszweige auf dem Betrieb (Europäische Kommission 2008). Bestimmung der SO Koeffizienten Die SO der einzelnen Produktionsaktivitäten werden pro Produktionseinheit berechnet, das heisst für pflanzliche Erzeugnisse pro Hektare, für tierische Produkte pro Tier. Für die Bestimmung der SO-Koeffizienten werden sowohl Haupt- wie auch Nebenprodukte berücksichtigt. Beispielsweise gilt das Stroh bei Getreide als Neben-, der eigentliche Getreideertrag bildet das Hauptprodukt. Bei Milchkühen wird Milch als Hauptund Kälber sowie abgehende Kühe als Nebenprodukte angesehen. Bei Mutterkühen hingegen ist das Kalb als Hauptprodukt definiert. Die Betriebszweige unterliegen Ertrags- oder Preisschwankungen, die zum Beispiel bei Kartoffeln, Gemüse, Schweinen und wie die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat auch bei Milch erheblich sein können. Damit diese jährlichen Änderungen den SO nicht zu stark beeinflussen, werden für SO-Koeffizienten 5-Jahres-Durchschnitte berechnet. Im Weiteren werden die SO-Koeffizienten regional bestimmt, um den räumlichen Charakteristika der landwirtschaftlichen Produktion gerecht zu werden. Die regionalen Einheiten werden in Abhängigkeit der Datenverfügbarkeit so gewählt, dass sie für die Buchhaltungsdaten verwendbar sind. Bei der Berechnung der schweizerischen SOKoeffizienten wurde aufgrund der Datenverfügbarkeit und Standardisierung auf eine regionale Aufteilung verzichtet.
Tab. 1 | Übersicht über die benötigten Daten für die Berechnung des Standardoutputs von Weizen und Milchkühen SO Weizen Datengrundlage massgebende Einheit
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SO Milchkuh Werte
pro ha
Werte
pro Milchkuh
Hauptprodukt
Weizen
Naturalertrag [dt/ha]; Preis [Fr./dt]
Nebenprodukt
Stroh
Naturalertrag [dt/ha]; Preis [Fr./dt]
Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 424–429, 2010
Datengrundlage
Milch
Naturalertrag [kg/Tier]; Preis [Fr./kg]
Kalb < 1 Jahr, abgehende Kuh
+ monetärer Wert pro Kalb, + Wert abgehendes Muttertier, Wiederbeschaffungswert Kuh
Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft | Agrarwirtschaft
SO-Koeffizienten des Pflanzenbaus Es zeigt sich, dass die Berechnung für pflanzliche Produktionszweige im Allgemeinen einfacher ist. Dies deshalb, weil den Haupt- sowie den Nebenprodukten in den meisten Fällen eindeutige Werte respektive Produzentenpreise zugeordnet werden können und es sich, zumindest in unseren Breitengraden, häufig um einjährige Kulturen handelt. So lässt sich der SO-Koeffizient von Weizen berechnen, in dem man den durchschnittlichen Hektarertrag [dt/ha] mit dem durchschnittlich erreichten Produzentenpreis [Fr./dt] multipliziert und den gleich berechneten monetären Stroherlös [Fr./ha] addiert. Es gibt jedoch auch SO-Koeffizienten wie beispielsweise Obst oder Beeren, bei denen sehr unterschiedliche Produkte zusammengefasst sind. Dabei müssen die verfügbaren SO-Werte für die einzelnen Arten (z. B. Äpfel, Birnen, Zwetschgen) ermittelt und nach ihren Flächenanteilen gewichtet zusammengefasst werden.
Milchertrag pro Tier und Jahr mit dem durchschnittlichen Produzentenpreis multipliziert wird. Zusätzlich ist der Wiederbeschaffungswert einer jungen Milchkuh beziehungsweise eines trächtigen Rindes zu subtrahieren. Dies ist bedingt durch die oben erläuterte Abgrenzung von Alterskategorien bei tierischen Produktionszweigen. So wird vermieden, dass der Wert eines Tieres doppelt berücksichtigt wird. Als Nebenprodukte gelten bei der Milchproduktion Kälber, die bis zwölf Monate alt sind, sowie der monetäre Wert von abgehenden Milchkühen. Der Wert von einjährigen Jungtieren ist ein gewichteter Wert der möglichen Nutzungsarten. Es wird unterschieden zwischen weiblichen und männlichen Tieren sowie Mastund Zuchttieren. Weiter ist die durchschnittliche Sterblichkeitsrate in der Berechnung zu berücksichtigen. Der Wert von abgehenden Muttertieren muss gleichmässig auf die durchschnittliche Anzahl produktiver Jahre aufgeteilt werden. Für die Berechnung von tierischen Standardoutputs ist also eine grössere Anzahl von Faktoren zu berücksichtigen als bei der pflanzlichen Produktion. Folglich gestaltet sich auch die Datenbeschaffung komplizierter. Insbesondere auch deshalb, weil bestimmte Daten nicht verfügbar sind, da sie von keiner Institution direkt erhoben und entsprechende Annahmen für die Berechnungen getroffen werden müssen. Beispielsweise sind keine offiziellen Daten über Produkte oder den Erzeugungswert von Neuweltkameliden (Lamas und Alpakas) erhältlich, weil diese häufig nicht primär zu wirtschaftlichen Zwecken gehalten werden. Dennoch kann mit Zucht tieren oder Lama-Trekking ein wirtschaftlicher Wert erzeugt werden. Um den Standardoutput von solchen
SO-Koeffizienten der Tierhaltung Für die Bestimmung des SO-Koeffizienten von tierischen Produktionszweigen sind mehrere weitergehende Faktoren zu beachten. Nutztiere unterliegen mehrjährigen Produktionszyklen und die Nebenprodukte – Jungtiere und abgehende Muttertiere – weisen häufig keinen eindeutig bestimmten Wert auf. Zudem werden die Tiere in verschiedene Alterskategorien aufgeteilt. Im Betriebszweig Milchproduktion werden Kälber bis zu zwölf Monaten, Aufzuchttiere bis zur ersten Trächtigkeit und laktierende Tiere unterschieden. Für jede Kategorie ist ein separater SO-Koeffizient zu bestimmen, da es in jeder dieser Altersklassen Tiere mit unterschiedlichen Nutzungsarten gibt. Im Folgenden wird als Beispiel die Bestimmung des SO-Koeffizienten von Milchkühen erläutert. Als Hauptprodukt wird die Milchproduktion angesehen. Diese lehnt sich vorerst an die Berechnung der SO-Koeffizienten von pflanzlichen Produkten an, wobei der mittlere
Der SO-Koeffizient einer Produktionsaktivität entspricht dem durchschnittlich erreichten Umsatz (ohne Direktzahlungen).
Resultate
Foto: ART
Für die Bestimmung der schweizerischen SO-Koeffizienten wurden weitgehend die Daten der Zentralen Auswertungen von Buchhaltungsdaten als Datengrundlage verwendet. Weitere Datenlieferanten sind die verschiedenen Branchen- und Zuchtverbände, sowie die Tierverkehrsdatenbank TVD, das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und das Bundesamt für Statistik (BFS). In Tabelle 1 wird anhand von Weizen bzw. Milchkühen exemplarisch aufgezeigt, welche Daten und Angaben für die Bestimmung des Standardoutputs benötigt werden.
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Agrarwirtschaft | Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft
Tab. 2 | SO-Koeffizienten ausgewählter Aktivitäten in der Schweiz SO-Aktivitäten Pflanzenbau
Wert 2004/2008 [Fr./ha]
SO-Aktivitäten Tierhaltung
Wert 2004/2008 [Fr./Stk.]
Futterweizen
3400
Milchkühe inkl. Kalb
4900
Gerste
2800
Rindvieh > 1 Jahr
1200
Hafer
2500
Kalb < 1 Jahr
600
Triticale
2600
Mutterkühe
1800
Weizen
3400
Milchschaf
1000
Roggen
3200
Mutterschaf
200
Dinkel
3100
Milchziege
600
Mais
4100
Mutterschweine
1700
Zuckerrüben
8800
Jager
800
Kartoffeln
13800
Mastschweine / Remonten
400
Raps
2800
Legehennen (100 Stk.)
5700
Sonnenblumen
2500
Hühneraufzucht (100 Stk.)
2200
Eiweisserbsen
1700
Mastpoulets (100 Stk.)
3900
Gemüse
47300
Truten (100 Stk.)
1900
Beeren
100700
Reben
24200
Obst
54200
Spezialkulturen
27000
Christbäume
29300
Aktivitäten zu bestimmen, müssen folglich Annahmen über die durchschnittlichen Einkünfte aus dem Verkauf von Zuchttieren getroffen werden. Selbiges gilt, wenn Lama-Trekkings durchgeführt werden: Schätzungen über Häufigkeit und Einkünfte pro Tier und Jahr ermöglichen erst die Bestimmung des SO eines Lamas, das auf Trekking Touren eingesetzt wird. Auch bei Pferden, Ponys und Eseln stellt sich dieses Problem. Schweizer SO-Koeffizienten In Tabelle 2 sind die schweizerischen SO-Koeffizienten für ausgewählte Aktivitäten dargestellt. Man sieht, dass sich die SO-Koeffizienten des Getreidebaus in einer ähnlich hohen Bandbreite bewegen. Bei den Ackerkulturen erreichen Zuckerrüben, Kartoffeln und vor allem Gemüse höhere Werte. Die höchsten Werte erzielen bei den Dauerkulturen die Beeren. Bei der Tierhaltung haben die Legehennen (100 Stk.) den höchsten Wert. Bei den Raufutterverzehrern erzielen die Milchkühe den höchsten und die Mutterschafe den kleinsten Wert. Bei einem Vergleich auf der Basis von GVE, würden die Milchkühe den höchsten Wert erreichen.
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 424–429, 2010
Schlussfolgerungen Die neu eingeführten Standardoutput-Koeffizienten bilden im Informationsnetz landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Union die Grundlage der Klassifizierung von Betrieben. Als Elemente für die Bestimmung der Koeffizienten werden Haupt- sowie Nebenprodukte landwirtschaftlicher Erzeugnisse in die Berechnung einbezogen, wobei insbesondere die Abgrenzung nach Alterskategorien bei tierischen Produktionszweigen zu beachten ist. Ein Übertragen der Methodik auf die Betriebe des schweizerischen Buchführungsnetzes ist möglich, erfordert aber ein regelmässiges Kalkulieren der SO-Koeffizienten. Dadurch wird es weiterhin möglich sein, die Schweizer Landwirtschaft auf einer aussagekräftigen n Basis mit derjenigen der EU zu vergleichen.
Coefficienti dei prodotti standard per l'agricoltura svizzera Dal 2010 il prodotto standard è utilizzato nell’ambito della rete d’informazione contabile agricola dell’Unione europea. Esso indica il valore monetario medio della produzione agricola rispetto ai prezzi alla produzione. Onde poter continuare a confrontare i risultati contabili dell'agricoltura svizzera con quelli dei paesi membri dell'UE, il concetto del prodotto standard deve essere applicato alle aziende elvetiche. A tal fine s'impone la rilevazione dei coefficienti dello standard a questa conversione.
Summary
Riassunto
Standardoutput-Koeffizienten für die Schweizer Landwirtschaft | Agrarwirtschaft
Standard output (SO) coefficients for Swiss Agriculture From 2010, standard output is used to classify farms within the framework of the Farm Accountancy Data Network of the European Union. As a monetary variable, standard output describes the average monetary value of agricultural production at producer prices. To make it still possible to compare the accountancy results of Swiss agriculture with those of the EU countries, the concept of standard output must be applied to Swiss farms. The calculation of the standard output coefficients forms the basis for this conversion. Key words: standard output, classification system, economic size of farms, type of farm, standard output coefficient.
Literatur ▪▪ Europäische Kommission, 2008. Handbuch zum Klassifizierungssystem. Gemeinschaftsausschuss des Informationsnetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen, Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Brüssel. 88 S. (siehe auch http://ec.europa.eu/agriculture/rica/index_de.cfm) ▪▪ Europäische Kommission, 2010. Informationsnetz Landwirtschaftlicher Buchführungen (INLB). Methodik. Zugang: http://ec.europa.eu/agriculture/rica/methodology2_de.cfm [30.6.2010] ▪▪ Meier B., 2000. Neue Methodik für die Zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten an der FAT – Methodische Grundlagen der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten. Forschungsanstalt Agroscope Recken-
holz-Tänikon ART, Ettenhausen (vormals Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik FAT, Tänikon). Zugang: www.agroscope.admin.ch/zentrale-auswertung unter Publikationen ▪▪ Roesch A. & Hausheer Schnider, J. 2009. Grundlagenbericht 2008. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen. ▪▪ Roesch A., Jan P., Schmid D. & Lips, M., 2010. Provisorischer Entwurf für den neuen Auswahlplan für die Zentrale Auswertung, Auswahlplan für Stichproben A und B, internes Dokument, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen. ▪▪ Schmid D., 2005. Schweizer Landwirtschaftsbetriebe im EU Vergleich. FAT-Bericht (heute ART-Bericht) Nr. 638. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Ettenhausen.
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N u t z t i e r e
Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind
Foto: ALP
Pierre-Alain Dufey und Vincent Gremaud, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux Auskünfte: Pierre-Alain Dufey, E-Mail: pierre-alain.dufey@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 76
Freilauffläche mit einem asphaltieren Belag die den Anforderungen des RAUS-Programmes (Regelmässiger Auslauf im Freien) des Bundes genügt.
Einleitung Die schweizerische Rindfleischbranche versteht unter Verwachsung der Unterspälte (VUS) einen Qualitätsmangel an einem Stotzenmuskel, dem biceps femoris (BF) oder gluteobiceps. Dieser Muskel spielt beim Abliegen oder Aufstehen für das Tier eine wichtige Rolle. Je nach Art oder Ausmaß dieses Mangels, der im mittleren Teil des Muskels auftritt, ist dieser für die Herstellung von Trockenfleisch, einem Produkt mit hohem Mehrwert, nicht verwendbar. Dieses Problem wurde bereits vor einigen Jahrzehnten erkannt und wurde eingehend untersucht, ohne dass es den Autoren möglich war, den oder die Gründe für diese Verwachsungen nachzuwei-
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 430–437, 2010
sen (Keller et al. 1987). Erst vor kurzem veröffentlichten Tribot Laspière und Coulon (2006) in Frankreich eine Arbeit zu diesem Thema. Sie untersuchten in ihrer Studie die Häufigkeit dieses Phänomens und gaben eine umfassende histologische Beschreibung dieser Muskelschädigung ab. Dabei ging es den Autoren nicht darum, die Ursachen zu erforschen. Sie haben einige Hypothesen dazu aufgestellt, die hauptsächlich auf den Aufzuchtbedingungen basieren. In Deutschland konnte kein Zusammenhang zwischen der Stelle von intramuskulären Injektionen und den Verwachsungen festgestellt werden (Wandel und Wandel 2007). Es handelt sich bei dieser Schädigung um eine fokale fibrosierende Myopathie (oder fokale Muskelfibrose), die mehr oder weniger mit den Fett- oder Nervenzellen zusammenhängt und einer Verwachsung entspricht (Keller et al. 1987; Tribot Laspière und Coulon 2006). Die Verwachsungen sind wahrscheinlich eine Folge einer Verletzung oder eines Muskelrisses. Da dieses Phänomen in letzter Zeit häufiger aufgetreten ist, hat die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft eine Bestandesaufnahme durchgeführt (Proviande 2007). In drei Zerlegungsbetrieben wurden dabei mehr als 1500 Stotzen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass alle Tierkategorien, alle Fleischigkeitsklassen und alle Labelprogramme von diesem Problem betroffen waren. Lediglich die Häufigkeit innerhalb dieser verschiedenen Gruppen variierte. Insgesamt wurde an 44 % der Stotzen Verwachsungen festgestellt. Im Vergleich zu Keller et al. (1987) stieg die Häufigkeit in 20 Jahren von 18 % auf 57,4 % bei den Verarbeitungstieren und von 11,1 % auf 24,2 % bei den Banktieren. Vor diesem Hintergrund entschied sich die Proviande1), den Richtpreis pro Kilo Schlachtgewicht für Verarbeitungs tiere und für die tiefsten Fleischigkeitsklassen (-T, A, X), bei denen die Häufigkeit der Verwachsungen bei 60 % bis 70 % liegt, um 0,10 CHF zu senken und ALP zu beauftragen, die Ursache dieser Verwachsungen abzuklären. Die Preissenkung führt dazu, dass die Landwirte die Kos-
Proviande dankt dem Bundesamt für Landwirtschaft für die finanzielle Unterstützung.
1
ten für das VUS-Problem, die auf ca. zwei Millionen Schweizer Franken geschätzt werden, tragen müssen, ohne dass sie das Problem beheben können. Ziel dieses Projekts war es daher zu versuchen, die möglichen Ursachen dieser Schädigung aufzudecken, um bereits vor dem Auftreten des Phänomens geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.
Material und Methoden Vorgehensweise Nach den Untersuchungen der erwähnten Autoren treten die Verletzungen wahrscheinlich während der Aufzucht der Tiere auf. Dies kann zurzeit jedoch erst nach der Schlachtung festgestellt werden. Von daher stellen sich zwei Fragen: In welchem Altersabschnitt des Tieres treten diese Verletzungen auf und mit welcher Untersuchungstechnik ist eine Diagnose und Nachverfolgung am lebenden Tier möglich? Die Untersuchungen wurden am fünf bis 15 Monate alten Rindvieh des ALP-Betriebs vorgenommen. Die Auswahl der Technik richtete sich nach deren Verfügbarkeit und Anwendungsmöglichkeiten. Die Wahl fiel auf ein Ultraschallgerät. Für die Ausbildung, Betreuung und Auswertung der Ultraschallbilder sowie die Beratung hinsichtlich der verschiedenen technischen Möglichkeiten waren ein Tierarzt, zwei Radiologen und ein Ultraschall-Experte zuständig. Zuerst musste der richtige äußere Bereich beim lebenden und stehenden Tier lokalisiert werden. Die Validierung der Ultraschallbefunde erfolgte durch die Untersuchung von 148 Stotzen von Schlachtkühen im Betrieb Marmy S.A. in Estavayer-leLac kurz vor der Schlachtung und durch die Entnahme von vernarbtem Gewebe während des Entbeinens. Das eingesetzte Ultraschallgerät war vom Typ Logiq 200 Pro der Firma GE Healthcare mit einer 5-MHz-Linearsonde, die bis 6,5 MHz einstellbar war. Vor der Untersuchung wurden die betreffenden Stellen am Tier geschoren und rasiert. Blutproben wurden entnommen und die Werte der Creatin-Kinase (CK), der Aspartat-Aminotransferase (früher: Glutamat-Oxalacetat-Transaminase) (ASAT), der Alanin-Aminotransferase (früher: GlutamatPyruvat-Transaminase) (ALAT) gemessen. Die photometrischen Messungen wurden mit dem Autoanalyser Alizé 200 von BioMérieux durchgeführt.
Zusammenfassung
Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind | Nutztiere
Die schweizerische Rindfleischbranche versteht unter Verwachsung der Unterspälte (VUS) einen Qualitätsmangel an einem Stotzenmuskel, dem biceps femoris (BF) oder gluteobiceps, der hauptsächlich für die Herstellung von Trockenfleisch verwendet wird. Dieses in letzter Zeit häufigere Problem ist seit Jahrzehnten bekannt. Die Ursachen dafür sind jedoch bis heute unbekannt. Aus diesem Grund hat die Fleischbranche einen Forschungsauftrag an ALP vergeben. Die Untersuchungen wurden mit einem Ultraschallgerät durchgeführt, um eine Diagnose und Weiterverfolgung am lebenden Tier, insbesondere während der Zeit der Aufzucht zu ermöglichen. Der betroffene Bereich beim lebenden und stehenden Tier wurde genau lokalisiert. Es konnten Verletzungen festgestellt und weiterbeobachtet werden. Die Entdeckung eines bis dahin negativen Falls, der durch anormale Blutwerte erhärtet wurde, ermöglichte den Ausschluss der meisten bis zu diesem Zeitpunkt aufgestellten Hypothesen. Eine neue Hypothese wurde formuliert, und zwar die einer punktuellen Verletzung in Verbindung mit einem Sturz durch Ausrutschen und Rotation der Hinterhand auf einer befestigten Oberfläche. Bei 91 % der gestürzten Tiere war das Resultat der Ultraschalluntersuchung positiv. Nach dem Einschläfern einiger dieser Tiere bestätigte die Untersuchung in allen Fällen die mit Ultraschall diagnostizierte Verwachsung. Die Zunahme der Fälle von Verwachsungen könnte also besonders damit zusammenhängen, dass immer mehr Tiere in Laufställen mit befestigten Flächen gehalten werden und damit einer höheren Sturzgefahr ausgesetzt sind.
Resultate und Diskussion Zwei Arten von Verwachsungen Mit wenigen Ausnahmen befinden sich die Verwachsungen immer an der gleichen Stelle. Bei den Verwachsungen gilt es, zwei Arten zu unterscheiden: Die erste und häufigere hat eine konische oder dreieckige Form, ist
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Nutztiere | Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind
Abb. 1 | Schnitt durch eine Unterspälte, die von einer starken Verwachsung vom eindeutigen Typ, mit konischer oder dreieckiger Form und kompakter Beschaffenheit, betroffen ist. Diese Form der Verwachsung kommt am häufigsten vor.
kompakt und verläuft von der Basis des Epimysiums auf der Innenseite des Muskels bis zur Außenseite (Abb. 1). Diese Verwachsung kann bis zu zwei Drittel des Muskels betreffen, in seltenen Fällen quer durch den ganzen Muskel gehen. Der zweite Typ ist von diffuser Form und Beschaffenheit (Abb. 2). Dabei ist festzuhalten, dass beide Formen gleichzeitig in einer Unterspälte vorkommen können und dass es für jede dieser beiden Formen verschiedene Stadien gibt. Die Verwachsungen treten sowohl auf der rechten wie auf der linken Seite des Tieres auf und manchmal sind sie auf beiden Seiten gleichzeitig vorhanden. Lokalisierung Die von Keller et al. (1987) durchgeführte Lokalisierung hat sich als ungenau respektive als falsch erwiesen. Diese Ungenauigkeit ist wahrscheinlich dadurch entstanden, dass die anatomische Untersuchung an einem Schlachtkörper durchgeführt wurde und die Ergebnisse dann auf das lebende, sich in Ruhestellung befindende Tier übertragen wurden. Wir konnten feststellen, dass sich in dieser Position der betroffene Bereich in der Mitte, aber leicht unterhalb der Achse befindet, die zwischen der Kniescheibe (Patella) und dem Ende des Sitzbeins (Ischium) oder des
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Identifizierung der Verletzungen beim lebenden Tier Für die Ultraschalluntersuchungen und die Auswertung der Bilder benötigt man umfangreiche praktische Erfahrung. In der vorliegenden Situation wird die Untersuchung dadurch erleichtert, dass der Bereich der Untersuchung stark eingegrenzt ist, nachdem dieser bereits im Voraus sehr gut definiert wurde. Jedoch ist die Abgabe einer sicheren Diagnose nicht immer möglich. Aus diesem Grund wurden die Ultraschalluntersuchungen wie folgt eingestuft: BF-Muskel ohne Anomalie, BF-Muskel mit Verletzung oder BF-Muskel mit möglicher Verletzung. Die Ultraschallbilder des BF-Muskels ohne Anomalie zeigen eine horizontale homogene Struktur (Abb. 4). Die Ultraschallbilder der Muskeln mit Verletzung zeigen einen dunklen oder hypoechogenen (= echoarmen) Bereich, beziehungsweise einen schwarzen oder anechogenen (= echolosen) Bereich von vertikaler Form, der manchmal an der Spitze leicht gekrümmt ist (Abb. 5). Die Muskeln, bei denen die Ultraschalluntersuchung eine Anomalie an der Stelle nachwies, an der die mutmaßliche Verletzung lokalisiert wurde, ohne dass jedoch diese Anomalie deutlich ist, wurden in die Kategorie des BF-Muskels mit möglicher Verletzung eingestuft. Nach Feststellung einer Verletzung oder Anomalie des Muskelgewebes mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung wurde das Tier visuell untersucht. Es gab keinerlei äußerlich sichtbare Zeichen wie z.B. Schwellungen, Hautverletzungen, Hinken, eine besondere Körperhaltung oder ein besonderes Verhalten beim Aufstehen und Abliegen. An diesem Punkt der Untersuchung war jedoch noch nicht bekannt, wann die Verletzung aufgetreten ist.
Foto: ALP
Foto: ALP
Sitzbeinhöckers, einem Knochen des Beckens, liegt. Dieser in Abbildung 3 dargestellte Bereich befindet sich in der Realität knapp unter dem Oberschenkelknochen.
Abb. 2 | Schnitt durch eine Unterspälte, die von einer Verwachsung des diffusen Typs betroffen ist.
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Die Reaktionen der Tiere während der Schur, des Rasierens, der Ultraschalluntersuchung und während einer Untersuchung durch kräftiges Abtasten wurden aufgezeichnet. Es konnte kein Zusammenhang zwischen den Reaktionen der einzelnen Tiere und dem Auftreten einer Verletzung an der Unterspälte gezeigt werden. Jedes Tier reagierte individuell auf die Schur (Lärm, Vibrationen), auf die Rasur, auf das Aufdrücken der Sonde beim Ultraschall und auf einen Fingerdruck auf die Stelle der eventuellen Verletzungen (Palpation). Selbst bei einer Palpation mit Druck auf die Unterspälten reagierten die erkrankten Tiere nicht wesentlich stärker als die gesunden Tiere.
Foto: ALP
Wendepunkt der Studie Die Tiere, bei denen Verwachsungen nachgewiesen wurden, wurden regelmäßig untersucht, um die Entwicklung der festgestellten Verletzungen zu beobachten. Die Ultraschalluntersuchungen wurden systematisch auf beiden Seiten des Tieres, also der Seite mit der Verletzung und der Seite ohne Anomalie, durchgeführt. Bei einem Tier, bei dem kein bemerkenswerter Unterschied auf der bereits verletzten rechten Seite festgestellt wurde, trat eine leichte Anomalie auf der linken Seite
auf, die bis dahin unversehrt war (Abb. 6). Diese Ergebnisse wurden durch die Blutentnahme erhärtet. Die vorletzte Blutentnahme (Nr. 9) zeigte anormal erhöhte CK-Werte. Die ASAT-Werte waren gegenüber den Werten der vorausgehenden Blutentnahme verdoppelt (Abb. 7). Die normalen Blutwerte liegen nach Radostits et al. (2007) bei 11 bis 40 U/l für die ALAT, bei 78 bis 132 U/l für die ASAT und bei 35 bis 280 U/l für die CK. Mit einem CK-Wert von 2870 U/l lag der Wert 20-mal höher als der Durchschnitt der anderen Werte des gleichen Tieres und zehnmal höher als die oberste normale Grenze. Bei der CK handelt es sich um Enzyme, die hauptsächlich in den Muskelzellen vorhanden sind und die in das Blut abgegeben werden, wenn diese Zellen zerstört werden, insbesondere bei Muskelfaserrissen. Ein hoher CK-Wert im Blut kann auf einen frischen Riss hinweisen. Diese Beobachtungen waren ein Hinweis auf einen traumatischen Zwischenfall kurz vor der Untersuchung. Es ist ebenfalls bekannt, dass ein frisches Hämatom in eine hyperechogene (heller Bereich = echoreich) Phase übergeht, bevor es sich auflöst oder gerinnt (Peetrons 2006). Diese Phase dauert einige Stunden, dann wird dieser Bereich hypoechogen beziehungsweise anechogen. In diesem Stadium wird der Kontrast zur normalen
A
B
Abb. 3 | A. Der betroffene Bereich befindet sich in der Mitte der Achse zwischen der Kniescheibe (Patella) und dem äußersten Rand des Sitzbeins ( Ischium) oder dem Sitzbeinhöcker, einem Knochen des Beckens. Er befindet sich direkt unter der Femurachse. B. 6,5-MHz-Linearsonde.
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Körperseite
Biceps femoris
Vorderseite
Hinterseite
Abb. 4 | Ultraschallbild des biceps femoris -Muskels ohne Verletzung (homogene Echostruktur).
Echostruktur des Muskels stärker. Deswegen sollte eine Ultraschalluntersuchung zwischen dem 3. und 5. posttraumatischen Tag durchgeführt werden. Das erklärt wahrscheinlich, warum die festgestellte Anomalie nur wenig ausgeprägt war und als leicht beurteilt wurde.
Abb. 5 | Ultraschallbild des biceps femoris -Muskels mit einer konischen Verletzung, ausgehend von der inneren Aponeurose (der hypoechogene Bereich ist gekennzeichnet).
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Anschließend zeigte sich die Verletzung auf charakteristische Weise bei den durchgeführten Ultraschalluntersuchungen. Um eine endgültige Bestätigung der Ultraschallmessungen zu erhalten, wurde die Färse, bei der diese Beobachtungen durchgeführt wurden, eingeschläfert. Bei der Zerlegung der beiden Stotzen wurde die Ultraschalldiagnose bestätigt. Es lagen auf beiden Seiten Verwachsungen vor. Diese Vorkommnisse, der stark erhöhte CK-Wert und der positive Ultraschallbefund markierten einen Wendepunkt in der Untersuchung. Zwischen den beiden Ultraschalluntersuchungen lag ein punktuelles unbekanntes Ereignis, das diese Verletzung hervorrief. Von den Hypothesen der in der Einführung genannten Untersuchungen konnten diejenigen ausgeschlossen werden, die von einer Injektion, von leichten, jedoch wiederholt auftretenden, regelmäßigen beziehungsweise ständigen Verletzungen von schwacher Intensität während der Aufzucht, einer Störung des Gleichgewichtssinns oder einer punktuellen Verletzung bei der Geburt (sehr heftige Muskelkontraktionen und -ausdehnungen bei schwerem Kalben) ausgingen. Jetzt kann mit Sicherheit behauptet werden, dass eine einmalige Verletzung Ursache dieser Verwachsungen sein kann. Neue Hypothese über die Ursache der VUS Diese bisher in der Literatur nicht erwähnte Hypothese für die Verwachsungen ist die einer punktuellen Verletzung in Verbindung mit einem Sturz durch Ausrutschen
Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind | Nutztiere
Abb. 6 | Auftreten einer Verletzung. Diagnose vom 12.02.09: Muskel biceps femoris (BF) ohne Verletzung. Diagnose vom 27.04.09: BF-Muskel mit wahrscheinlicher Verletzung.
auf einer befestigen Oberfläche. Was diese Hypothese noch verstärkte, war die Tatsache, dass die Stürze von Rindern, die durch eine vollständige Rotation der Hinterhand möglich sind, sehr heftig sind und dem betroffenen anatomischen Bereich, der Gegenstand der Untersuchung war, entsprechen. Zusätzlich dazu waren die Haltungsbedingungen des Tieres zum Zeitpunkt dieser Verletzung die Folgenden: Haltung in einem Laufstall mit zwei unterschiedlichen Böden: ein Ruheplatz mit Einstreu und ein Fütterungsplatz aus Profilbeton. Der Sturz durch Ausrutschen auf dem Fütterungsplatz war daher plausibel und ermöglichte es, die aufgestellte Hypothese zu stützen.
3000
160 140
2500 2000
100 80
1500
60
CK (U/I)
ALAT und ASAT (U/I)
120
1000
40 500
20 0
0 1
2
3
5 6 4 Blutentnahme
7
8
9
10
Abb. 7 | Entwicklung der Creatin-Kinase- Werte (CK), AspartatAminotransferase (ASAT), Alanin-Aminotransferase (ALAT). Die zehn Blutproben wurden im Abstand von 2 ½ Monaten entnommen.
Beobachtungen von spontanen Stürzen Seitdem werden alle vom Personal des ALP-Betriebs beobachteten Stürze gemeldet (Tag, Tier, Seite), und es werden Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Insgesamt sind elf Tiere, davon neun Kälber oder junge Fresser, gemeldet worden. Von diesen elf Fällen ergaben zehn Ultraschalluntersuchungen einen positiven Befund. Wie bereits vorher festgestellt wurde, jedoch dieses Mal mit Kenntnis des Sturzdatums und daher des Datums der Verletzung, waren äußerlich keine Anzeichen für die Verletzung erkennbar. Es macht daher den Anschein, dass der von den betroffenen Tieren gefühlte Schmerz unwesentlich und visuell nicht nachweisbar ist. Von den zehn als positiv diagnostizierten Tieren wurden seitdem fünf Tiere in Verbindung mit den entsprechenden Tests, an welchen sie beteiligt waren, eingeschläfert. Die Untersuchung der Unterspälten, die vom beobachteten Sturz betroffen waren, bestätigte eine Verwachsung an der üblichen Stelle zu 100 %. Bei den fünf anderen per Ultraschall untersuchten Seiten waren, ohne dass ein Sturz beobachtet werden konnte, zwei ebenfalls positiv und drei negativ. Bei der Zerlegung wurden die beiden positiven Resultate bestätigt. Von den drei negativen Ergebnissen war eine Unterspälte frei von Verwachsungen. Auf dem Ultraschallbild war weder eine Verwachsung des diffusen, aber wenig ausgeprägten Typs (siehe Beispiel der Abb. 2) noch die klassische, jedoch sehr kleine Verwachsung unter 2 cm nachweisbar. Die meisten der untersuchten Tiere sind also wahrscheinlich auch auf die andere Seite gestürzt. Die Untersuchung, die von Proviande durchgeführt wurde, zielt in dieselbe Richtung, stellt sie doch fest, dass die Tiere, die beidseits Verwachsungen aufwiesen, zahlrei-
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cher sind als diejenigen mit nur einer Verwachsung. Unser Vorgehen hat eine Schwachstelle, da der Ultraschallstatus des Tieres direkt vor dem Sturz nicht bekannt ist. Aus diesem Grund wurde den zuständigen Behörden ein Genehmigungsantrag vorgelegt, um über eine experimentelle Kontrolle des Ultraschallstatus des Tieres vor und nach einem provozierten Sturz sowie über eine Untersuchung des Muskels nach dem Einschläfern zu verfügen. Ein solcher Versuch wurde abgelehnt. Daher bleibt unser Vorgehen das zur Zeit einzig mögliche. Aber es besteht eine Reihe übereinstimmender Hinweise, die die erwähnte Schwachstelle entkräften: ••Die Stürze durch Rotation der Hinterhand belasten genau den untersuchten Muskel. Der Aufschlagpunkt entspricht der beschriebenen Lokalisierung. Da diese Bewegung von Natur aus praktisch immer gleich ist, erklärt sich dadurch die Regelmäßigkeit der Stelle, an der die Verwachsung auftritt. Die Tiere rutschen meistens auf befestigten Flächen aus. Daher ist der Sturz heftig und erklärt die festgestellten Muskelverletzungen. ••Die Art der Verletzung vom Inneren des Muskels nach außen ist dadurch zu erklären, dass der Muskel während des Sturzes zwischen einer flachen (Boden) und einer abgerundeten Fläche mit einem gegenüber der Masse der Hinterhand relativ kleinen Durchmesser (Femurknochen) komprimiert wurde. Daraus kann entweder ein (teilweiser) Riss des Muskels (klassische Verwachsung) oder eine Zerquetschung mit starker Blutung (diffuse Verwachsung) entstehen. Das Fehlen sichtbarer Anzeichen auf der Haut des Tieres ist ebenfalls verständlich. ••Die Häufigkeit des Phänomens betrifft hauptsächlich die tiefsten Fleischigkeitsklassen, wobei das Verhältnis aufgrund der geringen Dicke des BF-Muskels praktisch linear ist. Der Sturz wird weniger stark abgedämpft, so dass sich das Tier stärker verletzt. ••In Schlachthöfen kann man blutende Verletzungen (ohne Verwachsung) praktisch nur bei jungen Tieren beobachten. Denn sie sind in diesem Alter mehr sturzgefährdet, da sie lebhafter, temperamentvoller und weniger erfahren sind als erwachsene Rinder. Trotzdem können grundsätzlich alle Rinder betroffen sein. ••Die negative Entwicklung der Situation in den letzten Jahren scheint einerseits mit der Steigerung der Milchgenetik und anderseits mit der zunehmenden Laufstallhaltung mit harten Flächen (Auslauf, betonierter Fütterungssplatz) und der Alterung des Belags zusammenzuhängen.
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Optimale Haltungsbedingungen? Die durch die rutschigen Oberflächen auftretenden Probleme bei der Haltungsart der Rinder ist bekannt (Steiner und Van Caenegem 2003; Friedli et al. 2004). Alle befestigten Böden (Beton, Gitterroste oder Asphalt) können ein Ausrutschen verursachen, auch wenn die Stürze häufiger auf einer Betonfläche beobachtet werden. Nun handelt es sich dabei heute um die am häufigsten verwendete Fläche. Außerdem verlieren alle befestigten Oberflächen mit der Zeit die Rutschfestigkeit. Die Flächen, auf denen die Tiere sich bewegen, müssten mindestens alle vier bis fünf Jahre saniert werden (Steiner 2007). Die Herstellung einer Beziehung zwischen den in den Schlachthöfen beobachteten Verwachsungen und den Verletzungen aufgrund von Stürzen auf befestigten Oberflächen könnte ein zusätzlicher Beitrag bei der Untersuchung über die Haltung und das Wohlergehen der Tiere sein. Die Häufigkeit dieser Verwachsungen könnte ein relevanter Hauptindikator für die Sturz- oder Verletzungsgefahren sein, die je nach Haltung auftreten können. Dieses nicht sehr kostspielige Kontrollwerkzeug würde es ermöglichen, mittelfristig die Situation und die Auswirkung von durchgeführten Korrekturmaßnahmen zu beurteilen, und dies um so mehr, als gewisse Programme finanziell von der Bundesbehörde (RAUS und BTS) gefördert und unterstützt werden.
Schlussfolgerungen ••Die Ultraschalluntersuchung hat sich als unerlässliches Diagnosewerkzeug in Sachen VUS für die Überwachung der Rinder während der Aufzucht erwiesen. ••Es besteht eine Verbindung zwischen spontanen Stürzen durch Rotation der Hinterhand auf befestigten Oberflächen und Verletzungen des biceps femoris-Muskels. ••Die Verwachsung der Unterspälte ist die Folge einer blutenden Muskelverletzung (Muskelfaserrisse, Quetschungen). ••Eine Verbesserung der Situation, also eine Senkung dieser Muskelschädigungen, kann über eine Verringerung der Sturzgefahr, das heisst über eine Verbesserung der Haltungsbedingungen, erreicht werden. Diese Massnahme könnte sich auch positiv auf das Tierwohl auswirken. n
Cicatrizzazione della sottofesa della carne bovina: individuata una causa di questo difetto di qualità La cicatrizzazione della sottofesa è l'espressione utilizzata in Svizzera per indicare un difetto che si riscontra sul muscolo principale usato per la fabbricazione della carne secca, ossia il biceps femoris o gluteobiceps. Questo problema, sempre più frequente, è noto da decenni, ma fino ad oggi non se ne conoscono le cause. Per tale motivo, l'interprofessione della carne ha affidato un mandato di ricerca ad ALP che ha optato per l'ecografia onde poter fare una diagnosi e seguire l'animale vivo, in particolare durante la fase dell'allevamento. Questo approccio si è rivelato sensato. Si è proceduto alla localizzazione del punto preciso da osservare sull'animale vivo e in grado di reggersi sulle proprie zampe. Successivamente sono state rilevate e monitorate delle lesioni. La scoperta di un caso risultato fino a quel momento negativo, corroborata da valori anomali del sangue, ha permesso di escludere la maggior parte delle ipotesi fino ad allora formulate. A quel punto si è formulata una nuova ipotesi; quella di un trauma puntuale legato a una caduta in seguito a scivolamento e rotazione del treno posteriore su una super ficie dura. Nel 91 % degli animali che erano caduti, l'ecografia ha dato risultati positivi. La soppressione di una parte di questi animali ha confermato la presenza, in tutti i casi, di una cicatrice. La maggiore incidenza di questo fenomeno potrebbe essere attribuita in particolare al fatto che sempre più animali sono detenuti in sistemi di stabulazione libera con aree caratterizzate da una superficie dura e conseguente aumento del rischio di caduta.
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Summary
Riassunto
Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind | Nutztiere
Scarring of the outside flat in beef: determining one origin of this quality defect «Scarring of the Outside Flat» is the expression used in Switzerland to designate a quality defect appearing on the main muscle used to produce dried meat, the Biceps femoris or gluteobiceps. This problem, already known for decades and now clearly increasing, was still yet not explained. This led the inter-branch organisation for meat to award a research mandate to ALP. Ultrasound was chosen as an investigative tool to allow diagnosis and follow-up of the live animal, especially during the rearing period. This turned out to be a wise approach. The affected zone was pinpointed on the live, standing animal. Lesions were observed and monitored over time. The discovery of a case remained negative up till then, corroborated by abnormal blood values, allowed to exclude most of hypotheses made up to that point. A new hypothesis was that a point trauma due to a fall by slipping and to rotation of the hindquarters on a hard surface generated the lesion observed. The ultrasound scan was positive for 91 % of the animals declared to have fallen and by those that were euthanised the presence of a scar was confirmed. The rise in this phenomenon might therefore result of the increasing freestall housing with hard-surfaced areas, whith an associated increasing risk of falling. Key words: scarring of the outside flat, quality defect, beef, meat, ultrasound.
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Die Brunst des Rindes automatisch erkennen
Foto: SHL
Samuel Kohler1, Claude Brielmann2, Kurt Hug2 und Olivier Biberstein2 1 Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, 3052 Zollikofen 2 Hochschule für Technik und Informatik, 2501 Biel Auskünfte: Samuel Kohler, E-Mail: samuel.kohler@bfh.ch, Tel. +41 31 910 21 60
Kuh mit dem Transmitter des Brunsterkennungs-Systems von Anemon.
Die Brunsterkennung beim Milchvieh ist in vielen Betrieben zu einem Problem geworden. Kühe mit steigender Milchleistung zeigen die Brunst immer undeutlicher und die Hauptbrunst wird immer kürzer. Obschon bereits vor 30 Jahren die ersten Hilfsmittel eingesetzt wurden, hat sich bis heute kein sicheres automatisches Brunst erkennungssystem etablieren können. Viele Ansätze sind zu kompliziert und erleichtern die Arbeit der Betriebsleiter nicht. Das Anemon Brunsterkennungssystem geht hier einen neuen, verblüffend einfachen Weg.
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Tiergesundheit und Reproduktionsleistungen sind wichtige Kriterien, um erfolgreich Milch zu produzieren. Fruchtbarkeitsstörungen gehören weltweit zu den häufigsten Erkrankungen und Störungen des Milchviehs (Stärk et al. 1997, Royal et al. 2000, Butler und Smith 1989, Opsomer et al. 1998, Lucy 2001). Ein zentraler Punkt zur Erreichung einer guten Herdenfruchtbarkeit ist die effiziente und genaue Erkennung der Brunst, um die Besamung zeitlich korrekt durchführen zu können (van Eerdenburg et al. 2002). Die Beobachtung der Tiere erfordert sehr viel Zeit, welche in den heutigen modernen Betrieben häufig nicht mehr zur Verfügung steht. So haben verschiedene Untersuchungen gezeigt, dass auch von erfahrenen Leuten in der Praxis nur etwa 40 – 60% aller Brunsten erkannt werden (Liu und Spahr 1993, Firk et al. 2002). Als weiteres Erschwernis kommt dazu, dass unsere Kühe mit steigender Milchleistung die Brunst immer undeutlicher zeigen und die Hauptbrunst immer kürzer wird (Peter 2007). Um die Zeit der visuellen Brunstbeobachtung zu verkürzen oder ganz zu ersetzen, wurden schon früh verschiedene technische Systeme entwickelt, welche die visuelle Brunstbeobachtung erleichtern oder sogar ersetzen sollten. Das Ziel war in allen Fällen, die Brunsterkennungsrate beim Rind zu steigern. Mit dem Progesterongehalt und seiner starken Korrelation zur Brunst glaubte man mit der Entwicklung verschiedener Progesterontests gute Hilfsmittel gefunden zu haben (Döcke 1994). Relativ hohe Kosten und eine nicht einfache Anwendung liessen den Erfolg ausbleiben. Neben verschiedener anderer Ansätzen war die Messung der Bewegungsaktivität der Kühe ein weiterer Schritt in der Automation der Brunsterkennung. Dabei werden die Messgeräte entweder am Fuss oder am Halsband befestigt und messen automatisch und permanent die Bewegungen der Kühe (Wangler 2005). Ziel ist es die Aufsprungversuche von anderen Kühen zu dokumentieren (Firk et al. 2002). Einzelne dieser Systeme konnten bis zur Marktreife entwickelt werden und werden mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt. Ein weiterer interessanter Ansatz ist
Die Brunst des Rindes automatisch erkennen | Kurzbericht
Abb. 1 | Schema des Anemon Brunsterkennungssystems.
die Messung der Körper- und Milchtemperatur, welche zwei Tage vor Brunst etwas abfallen, um dann zu Beginn der Hauptbrunst um ca. 0,5 Grad Celsius anzusteigen (Geers et al. 1997). Während die Messung der Milchtemperatur bereits in Melksysteme integriert und angewendet wird, gibt es für die Anwendung der Körpertemperaturmessung noch keinen erfolgreichen Ansatz, obschon dies eine sehr zuverlässige Erkennungsmethode ist (Brehme und Brunsch 2006). Die automatische Brunst erkennung muss einfach, zuverlässig und zudem wirtschaftlich interessant sein. Um diese Ziele alle zu erreichen, haben sich 2005 Forscher der Hochschule für Technik und Informatik in Biel und der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft SHL in Zollikofen an die Arbeit gemacht, um ein System zu entwickeln, welches die Körpertemperatur und die Aktivität der Tiere kontinuierlich erfasst, auswertet und die Brunst einfach und zuverlässig an den Landwirt meldet. Bis heute resultierten aus den Arbeiten vier Diplomarbeiten, drei Semesterarbeiten, ein departementübergreifendes Projekt der Berner Fachhochschule BFH, ein durch die Förderagentur für Innovation des Bundes KTI getragenes Projekt und schliesslich die Gründung einer Aktiengesellschaft (www. Anemon-inc.ch). Das System Anemon Ein grosser Teil der Arbeit bestand in der Entwicklung der einzelnen Systemkomponenten: Vaginalsensor,
Transmittereinheit und ein Server mit Internet-Schnittstelle (Abb. 1). Ein drahtloser Sensor, welcher temporär in die Scheide der Kuh appliziert wird, ist mit einem Thermistor, einem Microkontroller und einer RF-Sendeeinheit für die drahtlose Kommunikation mit dem Transmitter ausgerüstet. Die Übertragung basiert auf einer konzessionsfreien Frequenz von 433 oder 868 MHz. Der Transmitter ist in Abbildung 2 dargestellt. Er ist am Halsband der Kuh angebracht und enthält eine RF-Sende/ Empfangseinheit, einen Microcontroller für die Datenverarbeitung und ein GSM/GPRS Modul für die Übertragung der Daten auf die Servereinheit oder die SMS Alarme. Der Transmitter ist zusätzlich mit einem Akzelerometer ausgestattet, welches die physikalische Aktivität der Kuh misst. Die Intervalle zwischen zwei Messungen können variiert werden. Wir haben das System so eingestellt, dass alle 15 Minuten eine Messung durchgeführt wird. Der Transmitter überträgt die Daten mit dem GSM/GPRS Modul alle zwei Stunden auf den Server. Erste Resultate Die ersten Prototypen waren bereits 2006 im Einsatz. Zuerst ging es darum, Daten zu sammeln und die Zuverlässigkeit der Systeme laufend zu verbessern. Heute ist das System soweit entwickelt, dass es ohne Fehler arbeitet. Die Datenübertragung vom Sensor zum Transmitter einerseits und vom Transmitter auf den Server andererseits verläuft zuverlässig, so dass gesagt werden kann,
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Kurzbericht | Die Brunst des Rindes automatisch erkennen
Abb. 2 | Transmitter (11 × 7 × 3 cm).
dass die Entwicklung der Geräte abgeschlossen ist. In der Abbildung 3 ist als Beispiel die Messreihe einer einzelnen Kuh abgebildet. Sie hatte am 1. März 2010 abgekalbt und wurde am 22. März 2010 mit dem System ausgerüstet. Beim Einführen der Vaginalsonde war sie noch nicht zyklisch. Bereits am 24. März ist ein Temperaturabfall und anschliessender Temperaturanstieg festzustellen. Eine vermehrte Aktivität der Kuh ist aber in diesem Zeitraum nicht erkennbar. Entsprechend zeigte sie auch keine Brunstsymptome und der Geschlechtszyklus startete nicht. Am 15. April 2010 wurde die Kuh aber brünstig und auch erfolgreich belegt. Der Temperaturabfall am 13. April 2010 und danach der Anstieg von 0.7 Grad Celsius sind deutlich zu sehen. Im Gegensatz zum Ereignis vom 24. März ist bei der festgestellten Brunst am 15. April eine deutliche Zunahme der Aktivität ab dem
Körpertemperatur (°C) Body Temp [°C] 38.5
Rohdaten Raw data 33h h Mittelwert average
38 37.5 37 36.5
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Aktivität Activity 800 600 400 200 0
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Tage daysdes of Monats month
Abb. 3 | Temperaturverlauf (obere Grafik, mit Einzelmessungen und 3-Stunden-Mittelwerten) und Aktivitätsmuster (Grafik unten) einer einzelnen Kuh (Datum auf der x-Achse).
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Die Brunst des Rindes automatisch erkennen | Kurzbericht
13. April 2010 ersichtlich. Dieses deutliche Muster von Temperaturschwankungen und physikalischer Aktivität konnte bei Brunst immer wieder beobachtet werden. Die von uns aufgezeichneten Temperatur- und Aktivitätsmuster decken sich mit früheren Untersuchungen (Geers et al. 1997, Brehme und Brunsch 2006). Bei der gleichzeitigen Berücksichtigung der beiden gemessenen Parameter Temperatur und Aktivität ergibt sich eine Brunsterkennungsrate von 90 Prozent. Das Erkennen der Brunst ist die eine Sache, die andere jedoch die Übermittlung der Information an den Landwirten. Sie muss so einfach wie möglich sein. Viele Systeme in jüngerer Zeit haben sich nicht durchgesetzt, weil sie zu kompliziert in der Anwendung sind. Wenn ein Computer gestartet werden muss oder komplexe Grafiken interpretiert werden müssen, haben Brunsterkennungssysteme keine Zukunft. Deshalb geht unsere Entwicklung einen Schritt weiter. Die laufend aufgezeichneten Daten werden mit einer eigens dafür ent wickelten Computer-Software verfolgt. Wenn eine Brunst auf Grund des Temperatur- und Aktivitätsmusters erkannt wird, generiert die Software automatisch eine SMS und die brünstige Kuh wird dem Landwirt auf sein Mobiltelefon gemeldet. So hat er genügend Zeit, die Kuh in der richtigen Zeitspanne besamen zu lassen.
Fazit Die Brunsterkennungsrate in der Milchviehhaltung ist ein Problem, welches gezielt angegangen werden muss. Eine gute Brunsterkennungsrate hängt entscheidend von der Zeit ab, die dem Landwirt für die Beobachtung und Überwachung der Tiere zur Verfügung steht. Leider nimmt diese immer mehr ab. Nach dem Abschluss der Entwicklung wird das Anemonsystem den Landwirt in dieser Situation unterstützen und ihm helfen die Brunsterkennungsrate auch bei schwach- oder stillbrünstigen Tieren deutlich zu erhöhen. n
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Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen: ein Arsenal an bioaktiven Molekülen
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Stéphanie Schürch1, Katia Gindro1, Olivier Schumpp1, Michel Monod2, Julie Verrier2, Nadine Bohni3 und Jean-Luc Wolfender3 1 Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 2 Service de dermatologie et vénéréologie, Universitätsspital Lausanne CHUV, 1011 Lausanne 3 Phytochemie und natürliche bioaktive Produkte, Pharmazieschule Genf-Lausanne, Universität Genf, Universität Lausanne, 1211 Genf Auskünfte: Katia Gindro, E-Mail: katia.gindro@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 43 74
Pilze der Gattung Fusarium sind für zahlreiche Krankheiten bei Pflanzen wie auch für schwerwiegende Mykosen beim Menschen verantwortlich.
Die Pilze der Gattung Fusarium sind gefährliche Krankheitserreger für Pflanzen und Menschen. Die Infektionen, die sie hervorrufen, sprechen schlecht auf herkömmliche Behandlungen an. In einem innovativen Ansatz prüfen Forschende Möglichkeiten, die chemischen Substanzen, die in der Kriegsführung zwischen Pilzen zum Einsatz kommen, zur Pilzbekämpfung in der
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Medizin wie auch in der Agronomie zu nutzen. Dieses vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) unterstützte, interdisziplinäre Projekt vereinigt drei Institutionen der Genferseeregion: die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, das Universitätsspital Lausanne CHUV und die Universität Genf.
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Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen: ein Arsenal an bioaktiven Molekülen | Kurzbericht
Abb. 1 | Reproduktion auf künstlichem Substrat der natürlich gebildeten Konfrontationszonen zwischen Pilzen im Holz. A: Schwarze Linien auf dem Holz. B und C: Co-Kultur von zwei holzabbauenden Pilzarten ( Eutypa lata und Botryosphaeria obtusa) auf künstlichem Substrat, Sicht von oben (B) und unten (C).
Die Gattung Fusarium: Krankheitserreger für Menschen und Pflanzen In Europa leiden 3 bis 10 % der Bevölkerung unter Nagelpilzerkrankungen (Onychomykosen). Die meisten der isolierten Pilze der befallenen Nägel gehören zwei Dermatophytenarten an, der Trichophyton rubrum und T. interdigitale. Es werden jedoch häufig andere Arten aus den Onychomykosen isoliert. So waren 4 % der zwischen 2002 und 2005 vom CHUV untersuchten Infektionen auf Fusarium ssp., hauptsächlich F. oxysporum und F. solani (Monod et al. 2006; Ninet et al. 2005), zurück zuführen. Während die Dermatophyten gut auf die heutigen Fungizidbehandlungen ansprechen, ist dies bei Fusarium kaum oder überhaupt nicht der Fall (BaudrazRosselet et al. Garcia-Effron et al. 2004). Im Übrigen verursachen F. oxysporum, F. solani und F. proliferatum bei immungeschwächten Patienten invasive Infektionen. Es ist deshalb wichtig, die Nägel der Patienten sorgfältig zu untersuchen, bevor eine Behandlung mit Immunsuppressiva erfolgt. Invasive Infektionen sind sehr schwer behandelbar und ihr Ausgang ist oft tödlich. Es ist deshalb unerlässlich, über ein wirksames Fungizid zu verfügen. Parallel dazu sind in der Landwirtschaft zahlreiche Pflanzenkrankheiten durch Fusarium verursacht und führen zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten (Agrios 2005). Ein bekanntes Beispiel dafür ist F. graminearum, einer der Erreger der Ährenfusariose von Weizen und Mais. Dieser Krankheitserreger beeinträchtigt die Kornfüllung massiv, produziert aber auch Toxine, welche die Ernte verseuchen und sowohl der Gesundheit des Konsumenten als auch des gefütterten Viehs schaden. Die aus menschlichem Gewebe isolierten Arten sind auch als Pathogene in der Agronomie bekannt: F. oxysporum ist mit Gefässerkrankungen bei
verschiedenen Wirten wie beispielsweise Tomate, Erbse oder Rübe verknüpft. F. solani ist der ätiologische Erreger zahlreicher Krankheiten wie der Trockenfäule der Kartoffel oder einer Wurzelkrankheit der Erbse. Die Bekämpfung der Fusariosen mittels Fungiziden erweist sich allgemein als schwierig. Verteidigung des Territoriums Die Entdeckung neuer Behandlungsmöglichkeiten von Pilzerkrankungen ist demzufolge sowohl für die Medizin als auch für die Agronomie von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich stellen die Pilze eine wichtige Quelle natürlicher Substanzen dar, so zum Beispiel für die Pharmaindustrie (Antibiotika und Immunsuppressiva) oder für den Agrar- und Lebensmittelsektor (Aromen, Fermente). Sie erzeugen auch extrem giftige Moleküle wie Amanitin, Aflatoxine oder Trichothecene, die alle durch Schimmelpilze produziert werden, welche Lebensmittel befallen. Treffen sich zudem mehrere Pilzarten im gleichen Substrat, können sie interagieren und sich gegenseitig durch Bildung von Toxinen, sogenannten Mykoalexinen (Glauser et al. 2009), bekämpfen. Besonders gut sichtbar ist dieses Phänomen auf Substraten wie Holz, wo das Territorium jedes Pilzes durch ein deutlich sichtbares, schwarzes Band abgegrenzt wird (Abb. 1A). Diese Interaktionszonen konnten auf künstlichen Substraten reproduziert werden, indem zwei holzabbauende Pilzstämme in einem gewissen Abstand zueinander platziert und deren Wachstum beobachtet wurde (Abb. 1B und C). Ganz allgemein können die Interaktionen zwischen zwei Kolonien je nach morphologischem Aussehen der Kolonien und deren Kontaktzone (Schumpp et al. 2010) in vier Typen gegliedert werden:
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Kurzbericht | Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen: ein Arsenal an bioaktiven Molekülen
Abb. 2 | Die vier Interaktionstypen zwischen Pilzen: A: Wachstumshemmung auf Distanz. B: Wachstumshemmung durch Kontakt. C: Überlappung. D: Bildung einer Sperrzone.
••Wachstumshemmung auf Distanz: Zwischen den beiden Partnern bleibt eine pilzmycelfreie Zone bestehen (Abb. 2A). ••Wachstumshemmung durch Kontakt: Das Wachstum wird gestoppt, sobald sich die Pilzfäden berühren (Abb. 2B). ••Überlappung: Ein Pilzmycel wächst über das andere hinweg (Abb. 2C). ••Bildung von «Sperrzonen»: Am Berührungspunkt der Kolonien bildet sich eine undurchdringliche, dunkelbraune Zone (Abb. 2D). Chemische Bedrohung: die Mykoalexine Zur Ermittlung der aufgrund dieser Interaktionen induzierten Substanzen wurden die Metabolitenprofile der reinen Kulturen und die Profile der Konfrontations zonen durch Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (UHPLC) gekoppelt mit Flugzeit-Massenspektrometrie (TOFMS) untersucht. Konfrontationen zwischen holzabbauenden Pilzen zeigten, dass zahlreiche sekundäre Stoffwechselprodukte de novo in der Interaktionszone gebildet werden (Glauser et al. 2009). Die Erstellung des
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 442–445, 2010
metabolischen Profils durch UHPLC und TOFMS erlaubt es, die Molekularformeln der Mykoalexine direkt zu bestimmen. Die chemische Struktur des O-Methylmelleins, eines von den am stärksten induzierten Metaboliten, wurde durch Kernmagnetresonanz (CapNMR) bestimmt. Anschliessend wurde die biologische Aktivität dieser Substanz beurteilt, insbesondere ihre fungiziden, antibiotischen, phytotoxischen und auch zytotoxischen (= krebshemmend; Abb. 3) Eigenschaften. Es zeigt sich, dass in den Konfrontationszonen grosse metabolische Veränderungen stattfinden können und dadurch ein Reservoir an bioaktiven Substanzen entstehen kann. Zurzeit sind Fusarium-Konfrontationen aus Onychomykosen im Gange. Die Bestimmung der neu synthetisierten Moleküle (Wolfender et al. 2009) und die Ermittlung der biologischen Aktivität dieser Mykoalexine lassen darauf hoffen, dass für die Pharmaindustrie und Agronomie wertvolle Fungizide entdeckt werden. Dies umso mehr, als eine der Stärken dieses Projekts in der Zusammenführung von Spezialistinnen und Spezialisten verschiedenster Gebiete besteht. n
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Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen: ein Arsenal an bioaktiven Molekülen | Kurzbericht
Abb. 3 | Biologische Aktivitätstests auf Rohextrakten der Konfrontationszonen sowie auf gereinigtem O-Methylmellein. A: Fungizide Aktivität, sichtbar durch Wachstumshemmung von Botryosphaeria obtusa (zc: Wachstumszone; zi: Wachstumshemmungszone). B: Durch Hemmung des bakteriellen Wachstums im Beisein von O-Methylmellein nachgewiesene bakterizide Aktivität. C: Phytotoxische Aktivität des O-Methylmelleins, das bei starker Konzentration die Keimung der Kressesamen hemmt und bei geringerer Konzentration die Entwicklung der Keimlinge stört.
Literatur ▪▪ Agrios G. N., 2005. Plant pathology. Elsevier Academic Press, Burlington, MA, 922 p. ▪▪ Baudraz-Rosselet F., Ruffieux C., Lurati M., Bontems O. & Monod M., 2010. Onychomycosis Insensitive to Systemic Terbinafine and Azole Treatments Reveals Non-Dermatophyte Moulds as Infectious Agents. Dermatology 220 (2),164 – 168. ▪▪ Garcia-Effron G., Gomez-Lopez A., Mellado E., Monzon A., Rodriguez-Tudela J. L. & Cuenca-Estrella M., 2004. In vitro activity of terbinafine against medically important non-dermatophyte species of filamentous fungi. Journal of Antimicrobial Chemotherapy 53 (6),1086 – 1089. ▪▪ Glauser G., Gindro K., Fringeli J., De Joffrey J.-P., Rudaz S. & Wolfender J.-L., 2009. Differential analysis of mycoalexins in confrontation zones of grapevine fungal pathogens by ultrahigh pressure liquid chromatography/time-of-flight mass spectrometry and capillary nuclear magnetic r esonance. Journal of Agricultural and Food Chemistry 57, 1127 – 1134.
▪▪ Monod M., Bontems O., Zaugg C., Lechenne B., Fratti M. & Panizzon R., 2006. Fast and reliable PCR/sequencing/RFLP assay for identification of fungi in onychomycoses. Journal of Medical Microbiology 55,1211 – 1216. ▪▪ Ninet B., Jan I., Bontems O., Lechenne B., Jousson O., Lew D., Schrenzel J., Panizzon R. & Monod M., 2005. Molecular identification of Fusarium species in onychomycoses. Dermatology 210, 21 – 25. ▪▪ Schumpp O., Bohni N., Bujard A., Wolfender J. L., Monod M., Schürch S. & Gindro K., 2010. Competitive interactions between fungi induce the production of a large diversity of new metabolites. 9th International M ycological Congress, 1–6 August 2010, Edinburgh, UK. ▪▪ Wolfender J. L., Glauser G., Boccard J. & Rudaz S., 2009. MS-based Plant Metabolomic Approaches for Biomarker Discovery. Natural Product Communications 4 (10),1417 – 1430.
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P o r t r ä t
Ulrich Ryser: Ein offener Geist und ein Macher Seit Juli 2010 ist Ulrich Ryser neuer Direktor der AGRIDEA. Doch wer steckt eigentlich hinter diesem Namen? Anlässlich eines Malseminars bei Sven Spiegelberg hat er doch glatt die Blumen neben der Vase gezeichnet. Trotzdem ist Ulrich Ryser bodenständig und ein Macher. «Aus einer «Spinner-Idee» ergeben sich oft brauchbare neue Ansätze» ist er zugleich überzeugt. Bauernsohn mit Fachwissen und Flair für Management Aufgewachsen ist Ulrich Ryser im schaffhausischen Ramsen auf einem Bauernhof. Nach der Ausbildung zum Landwirt und dem Abschluss als Ingenieur FH trat er eine Stelle beim Schweizerischen Bauernverband an. Seine Aufgabe war es, eine schlagkräftige, schweizweite Steuerberatung aufzubauen. Drei Jahre später konnte er die Abteilung Treuhand und Schätzungen übernehmen. Gewinn und Umsatz konnten in den Folgejahren nachhaltig und massiv gesteigert werden. Es folgten neue Aufgaben intern und extern, und Ulrich Ryser wurde in die erweiterte Geschäftsleitung aufgenommen. Neben den Führungsaufgaben galt Ulrich Rysers besonderes Interesse dem Spannungsfeld von Landwirtschaft, Raumplanung und Entwicklung des ländlichen Raums. So war er Dossierverantwortlicher für die Raumplanung und Fragen des Grundeigentums beim Schweizerischen Bauernverband. Daneben absolvierte er verschiedene Weiterbildungen, z.B. zum eidg. dipl. Wirtschaftsinformatiker oder zum MBA HSG in Business Engineering an der Universität St. Gallen. Neues zu lernen, insbesondere auch ausserhalb der Landwirtschaft, befriedigt ihn sehr. Bereit für neue Herausforderungen Mit dem Erwachsenwerden der beiden Söhne (18 und 20 Jahre) hat sich das Familienleben verändert. Anstelle des kreativen Umgangs mit Altmaterial, um die Spielsachen wieder flott zu machen, geniesst Ulrich Ryser es, einen Spaziergang zu machen, ein Buch zu lesen oder auf Reisen zu gehen. Anfangs 2010 packte er die Gelegenheit, auch beruflich eine Veränderung anzustreben. Im Januar wurde er zum neuen Direktor der AGRIDEA gewählt. Seit 1. Juli ist er bei der AGRIDEA tätig und wird per 1.1.2011 die Gesamtleitung der Standorte Lausanne und Lindau übernehmen. Im Fokus steht nun die Fusion der beiden Beratungszentralen unter einer Leitung. Ulrich Rysers Ziel ist eine kundenorientierte, effiziente Organisation im landwirt-
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 446, 2010
schaftlichen Wissenssystem mit einer klaren Positionierung zwischen Forschung und Beratung. Er nimmt den neuen Job sehr ernst und setzt sich für eine gesamtschweizerische Organisation ein. Er will klar auch in der Romandie präsent sein und hat deshalb in Lausanne eine kleine Wohnung gemietet. Er fühlt sich wohl dort und findet Gefallen am Westschweizer Charme. Die Reorganisation ist jedoch nur ein Teil der Aufgabe und lässt sich von innen heraus gestalten. Ganz im Gegensatz dazu die grosse Herausforderung in Form des Konsolidierungsprogramms des Bundes: Dieses sieht vor, die Bundesmittel um einen Drittel zu kürzen. Eine spannende und herausfordernde Zeit für den neuen Direktor der AGRIDEA und seine Mitarbeitenden!
Esther Weiss, Agridea
A k t u e l l
Aktuell Feldbesichtigte und anerkannte Pflanzkartoffelflächen* 2010 in der Schweiz Theodor Ballmer, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich Henri Gilliand und Brice Dupuis, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon
anerkannte Fläche
angemeldete Fläche (ha)
davon abgewiesen oder zurückgezogen (%)
Lady Christl
37,3
0
37,3
2,6
Agata
62,9
0
62,9
4,3
Lady Felicia
34,8
1,7
34,2
2,4
Annabelle
36,6
0
36,6
2,5
Sorte
Total aller Zertifizierungs klassen (ha)
Flächenanteil pro Sorte (%)
Amandine
30,5
0
30,5
2,1
Charlotte
233,3
2,6
227,1
15,7
Derby
0,5
0
0,5
0
Gourmandine
7,3
0
7,3
0,5
Bintje
27,5
1,8
27,0
1,9
Victoria
110,7
14,9
94,2
6,5
Ditta
36,5
2,7
35,5
2,5
Nicola
16,7
0
16,7
1,2
Désirée
43,9
0
43,9
3,0
Laura
25,8
3,6
24,8
1,7
Agria
419,7
5,7
395,8
27,4
Jelly
51,4
14,7
43,8
3,0
Lady Jo
8,0
18,7
6,5
0,5
Lady Claire
43,5
0
43,5
3,0
Innovator
85,4
6,0
80,3
5,6
Lady Rosetta
44,1
0
44,1
3,0
Pirol
3,7
0
3,7
0,3
Fontane
71,0
1,4
70,0
4,8
Hermes
7,9
0
7,9
0,5
Markies
57,5
12,7
50,2
3,5
Panda
16,8
7,7
15,5
1,1
Stella
3,2
0
3,2
0,2
Blaue St. Galler
3,3
15,3
2,8
0,2
2010
1519,6
4,9
1445,6
100
2009
1534,3
2,5
1495,9
100
*Provisorische Flächenangaben, Veränderungen zum Beispiel durch Abweisungen aufgrund der Virusuntersuchungen (ELISA) bleiben vorbehalten.
Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 447–451, 2010
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Aktuell
Neue Publikationen
Brauchen Schweine eine elektronische Kennzeichnung?
ART-Bericht 726
Brauchen Schweine eine elektronische Kennzeichnung? Umfrage zu Nutzen und Kosten
Juni 2010
ART-Bericht 726 Im Rahmen des Projekts «Elektronische Ohrmarken für eine lückenlose automatische Identifikation von Schweinen von der Geburt bis zur Schlachtung» führte die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART eine Umfrage zur elektronischen Kennzeichnung von Mastschweinen durch. Das Ziel der Befragung war, Erfahrungen, Vorstellungen, Nutzen und Kosten zu einem elektronischen Kennzeichnungssystem zur Rückverfolgbarkeit von Mastschweinen zu erfassen. Es ging dabei einerseits um die Akzeptanz eines solchen Systems, andererseits sollen die Ergebnisse einen Hinweis darauf geben, wie eine elektronische Kennzeichnung in die Praxis umgesetzt werden könnte. Neben 1001 Landwirtinnen und Landwirten mit Schweinehaltung aus der Deutschschweiz wurden 98 Schweinehalter sowie Personen aus dem vor- und nachgelagerten Bereich der Schweinefleischproduktion (zum Beispiel Hersteller von Tierkennzeichnungssystemen, Tierhandel und -transport, Schlachtbetriebe, Verbände und Behörden) angeschrieben, die an mindestens einem Versuch zur Handhabbarkeit von elektronischen Ohrmarken im Praxiseinsatz teilgenommen hatten. In diesen Praxisversuchen wurden Ferkel mit (elektronischen) Ohrmarken gekennzeichnet, und der Verbleib sowie die Funktion der Ohrmarke sowohl in der Aufzucht und Mast als auch im Schlachtbetrieb kontrolliert. Die befragten Landwirtinnen und Landwirte lehnten die Rückverfolgbarkeit von Mastschweinen auf Einzeltierbasis mehrheitlich ab. Eine grosse Mehrheit der Schweinehaltenden sah keine Notwendigkeit, Änderungen am heutigen Kennzeichnungssystem vorzunehmen. Nutzen bei der Rückverfolgung des Einzeltiers sahen die Befragten allenfalls beim Herkunftsnachweis der Tiere und der Qualitätssicherung des Fleisches. Aus Sicht der Befragten dürften die Kosten für eine elektronische Ohrmarke nicht höher als die der heute verwendeten Kunststoff-Ohrmarke liegen. Abb. 1: Ferkel mit elektro nischer Ohrmarke, im rech ten Ohr befindet sich die obligatorische Ohrmarke der TierverkehrsDatenbank
Autoren
Frank Burose und Michael Zähner, ART michael.zaehner@art.admin.ch Impressum
Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch ISSN 1661-7568
Im Rahmen des Projekts «Elektronische Ohrmarken für eine lückenlose automatische Identifikation von Schweinen von der Geburt bis zur Schlachtung» führte die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART eine Umfrage zur elektronischen Kennzeichnung von Mastschweinen durch. Das Ziel der Befragung war, Erfahrungen, Vorstellungen, Nutzen und Kosten zu einem elektronischen Kennzeichnungssystem zur Rückverfolgbarkeit von Mastschweinen zu erfassen. Es ging dabei einerseits um die Akzeptanz eines solchen Systems, andererseits sollen die Ergebnisse einen Hinweis darauf geben, wie eine elektronische Kennzeichnung in die Praxis umgesetzt werden könnte. Neben 1001 Landwirtinnen und Landwirten mit Schweinehaltung aus der Deutschschweiz wurden 98 Schweinehalter sowie Personen aus dem vor- und nachgelagerten Bereich der Schweinefleischproduktion (zum Beispiel Hersteller von Tierkennzeichnungssystemen, Tierhandel und -transport,
Schlachtbetriebe, Verbände und Behörden) angeschrieben, die an mindestens einem Versuch zur Handhabbarkeit von elektronischen Ohrmarken im Praxiseinsatz teilgenommen hatten. In diesen Praxisversuchen wurden Ferkel mit (elektronischen) Ohrmarken gekennzeichnet, und der Verbleib sowie die Funktion der Ohrmarke sowohl in der Aufzucht und Mast als auch im Schlachtbetrieb kontrolliert. Die befragten Landwirtinnen und Landwirte lehnten die Rückverfolgbarkeit von Mastschweinen auf Einzeltierbasis mehrheitlich ab. Eine grosse Mehrheit der Schweinehaltenden sah keine Notwendigkeit, Änderungen am heutigen Kennzeichnungssystem vorzunehmen. Nutzen bei der Rückverfolgung des Einzeltiers sahen die Befragten allenfalls beim Herkunftsnachweis der Tiere und der Qualitätssicherung des Fleisches. Aus Sicht der Befragten dürften die Kosten für eine elektronische Ohrmarke nicht höher als die der heute verwendeten KunststoffOhrmarke liegen.
Frank Burose und Michael Zähner, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
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Agrarforschung Schweiz 1 (11–12): 447–451, 2010
ART-Bericht 727
Laufstallhaltung für kleine Ziegenbestände – Einfache und kostengünstige Umbaulösungen aus der Praxis Mai 2010
Autorinnen und Autoren Nina M. Keil, Janine Aschwanden Leibundgut, Bundesamt für Veterinärwesen BVET, Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und Schweine, ART, Yvonne Ambühl, Daniel Herzog, Christian Gazzarin, ART nina.keil@art.admin.ch
Laufstallhaltung für kleine Ziegen bestände – Einfache und kostengünstige Umbaulösungen aus der Praxis
Impressum Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch ISSN 1661-7568
Viele Ziegen werden derzeit noch angebunden gehalten. Seit dem 1. September 2008 dürfen gemäss der neuen Tierschutzverordnung keine neuen Anbindeplätze für Ziegen mehr eingerichtet werden. Als problematisch bei der Laufstallhaltung wird angesehen, dass unter den Ziegen Auseinandersetzungen mit Verletzungsfolge auftreten können. Zudem wird angenommen, dass die Laufstall- im Vergleich zur Anbindehaltung deutlich mehr Platz benötigt. Mit einer geeigneten Strukturierung des Raums, die den Tieren beispielsweise erhöhte Ebenen anbietet, besteht jedoch die Möglichkeit, aggressives Verhalten zu entschärfen und Ruhe in die Herde zu bringen. Erhöht angebrachte Liegenischen haben zudem den Vorteil, dass 80 Prozent
ihrer Fläche zur benötigten Liegefläche anrechenbar sind. In diesem Bericht werden vier seit mehreren Jahren bestehende Praxisbetriebe vorgestellt. Mit wenig Aufwand und Kosten haben diese Betriebe bestehende Gebäude in tiergerechte und auch arbeitswirtschaftlich interessante Laufställe für Ziegen umfunktioniert. Anhand eines Modellvergleiches der Anbinde- mit der Laufstallhaltung wird aufgezeigt, wo in der Laufstallhaltung die arbeitswirtschaftlichen Vorteile liegen. Wenn der Stall geschickt mit erhöhten Ebenen ausgestattet wird, ist die für die Laufstallhaltung benötigte Grundfläche nur wenig grösser als in der Anbindehaltung.
ART-Bericht 727 Viele Ziegen werden derzeit noch angebunden gehalten. Seit dem 1. September 2008 dürfen ge-mäss der neuen Tierschutzverordnung keine neuen Anbindeplätze für Ziegen mehr eingerichtet werden. Als problematisch bei der Laufstallhaltung wird angesehen, dass unter den Ziegen Auseinandersetzungen mit Verletzungsfolge auftreten können. Zudem wird angenommen, dass die Laufstall- im Vergleich zur Anbindehaltung deutlich mehr Platz benötigt. Mit einer geeigneten Strukturierung des Raums, die den Tieren beispielsweise erhöhte Ebenen anbietet, besteht jedoch die Möglichkeit, aggressives Verhalten zu entschärfen und Ruhe in die Herde zu bringen. Erhöht angebrachte Liegenischen haben zudem den Vorteil, dass 80 Prozent ihrer Fläche zur benötigten Liegefläche anrechenbar sind. In diesem Bericht werden vier seit mehreren Jahren bestehende Praxisbetriebe vorgestellt. Mit wenig Aufwand und Kosten haben diese Betriebe bestehende Gebäude in tiergerechte und auch arbeitswirtschaftlich interessante Laufställe für Ziegen umfunktioniert. Anhand eines Modellvergleiches der Anbinde- mit der Laufstallhaltung wird aufgezeigt, wo in der Laufstallhaltung die arbeitswirtschaftlichen Vorteile liegen. Wenn der Stall geschickt mit erhöhten Ebenen ausgestattet wird, ist die für die Laufstallhaltung benötigte Grundfläche nur wenig grösser als in der Anbindehaltung. Nina M. Keil, Janine Aschwanden Leibundgut, Bundesamt für Veterinärwesen BVET, Zentrum für tiergerechte Haltung: Wiederkäuer und Schweine, ART Yvonne Ambühl, Daniel Herzog, Christian Gazzarin, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
Aktuell
ART-Bericht 728
Wann lohnt sich der Maschinenkauf? Möglichkeiten zur Senkung der Maschinenkosten
Wann lohnt sich der Maschinenkauf? Möglichkeiten zur Senkung der Maschinen kosten
Juli 2010
Raufutterernte in Hanglagen Maschineneinsatzgrenzen und deren Einflussfaktoren
ART-Bericht 729 Praxiserhebungen auf landwirtschaftlichen Betrieben in der Nord-, Ost- und Zentralschweiz ergaben, dass die Hälfte der hangtauglich ausgerüsteten Traktoren beim Mähen mit einem Frontmähwerk bei einer mittleren Hangneigung von 42 bis 50 % an ihre Grenzen stossen. Der Median der Auswertung lag bei 44 %. Zweiachsmäher können steilere Hanglagen mähen. 50 % der Maschinen werden bis zu Hangneigungen von 44 bis 52 % eingesetzt. Der Median der eingesetzten Maschinen lag bei 48 % Hangneigung. Aufgrund des höheren Gesamtgewichts benötigt der Traktor allerdings eine höhere Motorleistung als ein vergleichbarer Zweiachsmäher. Um mit dem Traktor eine hohe Hangtauglichkeit zu erreichen, ist es erforderlich, dass dieser mit 4-RadAntrieb, Doppelbereifung sowie für die Mahd mit einer Fronthydraulik ausgestattet ist. Sowohl beim Zetten als auch beim Schwaden lag die Einsatzgrenze höher als beim Mähen. Traktoren konnten mit Ladewagen im Mittel genauso steil in den Hang gefahren werden wie beim Mähen. Hierbei sind das Fahren am Vorgewende sowie das seitliche Abrutschen des Ladewagens beim Fahren in Schichtenlinie kritisch zu bewerten. Demgegenüber besitzt der Transporter in sehr steilem und coupiertem Gelände eine bessere Hangtauglichkeit und Wendigkeit als der Traktor mit Ladewagen. Neben der Hangneigung beeinflusst die Erschliessung, beispielsweise vorhandene Wende- und Ausweichmöglichkeiten, die Einsatzgrenzen. Bei vorwiegend mässigen Hanglagen mit schwacher Coupierung kann in der Regel auf eine spezielle Bergmechanisierung verzichtet werden. Auf Betrieben, die neben dem Futterbau auch noch Ackerbau betreiben, ist der Traktor aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten zu bevorzugen. Joachim Sauter, Roy Latsch und Gregor Albisser, ART joachim.sauter@art.admin.ch
Christian Gazzarin, ART christian.gazzarin@art.admin.ch
Impressum
Impressum Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch ISSN 1661-7568
Ein neuer Traktor – der Stolz des Betriebs. Doch lohnt sich die Investition? (Foto: Marco Landis, ART)
Die Mechanisierung in der Landwirtschaft steigert die Arbeitsproduktivität der Betriebe. Die Kosten der Eigenmechanisierung nehmen jedoch einen massgeblichen Anteil an den (Selbst-)Kosten ein. Diese können in der Regel deutlich gesenkt werden, wenn die Maschinen gemietet werden. Ist eine Miete weder möglich noch sinnvoll, ist die Steigerung der Auslastung eine wirksame Massnahme zur Kostensenkung.
Dieser Bericht zeigt Möglichkeiten auf, wie die Maschinenauslastung gesteigert werden kann, sodass sich ein Kauf lohnt. Im Vordergrund stehen dabei Lohnarbeiten für andere Betriebe, Gemeinden oder die Gründung von Maschinengemeinschaften. Anhand diverser Beispiele werden Berechnungen aufgezeigt, die jede Betriebsleitung vor der Maschineninvestition selber durchführen kann.
ART-Bericht 728 Die Mechanisierung in der Landwirtschaft steigert die Arbeitsproduktivität der Betriebe. Die Kosten der Eigenmechanisierung nehmen jedoch einen massgeblichen Anteil an den (Selbst-)Kosten ein. Diese können in der Regel deutlich gesenkt werden, wenn die Maschinen gemietet werden. Ist eine Miete weder möglich noch sinnvoll, ist die Steigerung der Auslastung eine wirksame Massnahme zur Kostensenkung. Dieser Bericht zeigt Möglichkeiten auf, wie die Maschinenauslastung gesteigert werden kann, sodass sich ein Kauf lohnt. Im Vordergrund stehen dabei Lohnarbeiten für andere Betriebe, Gemeinden oder die Gründung von Maschinengemeinschaften. Anhand diverser Beispiele werden Berechnungen aufgezeigt, die jede Betriebsleitung vor der Maschineninvestition selber durchführen kann. Christian Gazzarin, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
Maschineneinsatzgrenzen und deren Einflussfaktoren
Juli 2010
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Raufutterernte in Hanglagen
ART-Bericht 729
Herausgeber: Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, Redaktion: Etel Keller, ART
Die ART-Berichte/Rapports ART erscheinen in rund 20 Nummern pro Jahr. Jahresabonnement Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements und Einzelnummern: ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen T +41 (0)52 368 31 31 F +41 (0)52 365 11 90 doku@art.admin.ch Downloads: www.agroscope.ch ISSN 1661-7568
Abb. 1: Welche Einsatzgrenzen besitzen Traktor und Zweiachsmäher in Hanglagen? (Fotos: ART)
Praxiserhebungen auf landwirtschaftlichen Betrieben in der Nord-, Ost- und Zentralschweiz ergaben, dass die Hälfte der hangtauglich ausgerüsteten Traktoren beim Mähen mit einem Frontmähwerk bei einer mittleren Hangneigung von 42 bis 50 % an ihre Grenzen stossen. Der Median der Auswertung lag bei 44 %. Zweiachsmäher können steilere Hanglagen mähen. 50 % der Maschinen werden bis zu Hangneigungen von 44 bis 52 % eingesetzt. Der Median der eingesetzten Maschinen lag bei 48 % Hangneigung. Aufgrund des höheren Gesamtgewichts benötigt der Traktor allerdings eine höhere Motorleistung als ein vergleichbarer Zweiachsmäher. Um mit dem Traktor eine hohe Hangtauglichkeit zu erreichen, ist es erforderlich, dass dieser mit 4-Rad-Antrieb, Doppelbereifung sowie für die Mahd mit einer Fronthydraulik ausgestattet ist. Sowohl beim Zetten als auch beim Schwaden lag
die Einsatzgrenze höher als beim Mähen. Traktoren konnten mit Ladewagen im Mittel genauso steil in den Hang gefahren werden wie beim Mähen. Hierbei sind das Fahren am Vorgewende sowie das seitliche Abrutschen des Ladewagens beim Fahren in Schichtenlinie kritisch zu bewerten. Demgegenüber besitzt der Transporter in sehr steilem und coupiertem Gelände eine bessere Hangtauglichkeit und Wendigkeit als der Traktor mit Ladewagen. Neben der Hangneigung beeinflusst die Erschliessung, beispielsweise vorhandene Wende- und Ausweichmöglichkeiten, die Einsatzgrenzen. Bei vorwiegend mässigen Hanglagen mit schwacher Coupierung kann in der Regel auf eine spezielle Bergmechanisierung verzichtet werden. Auf Betrieben, die neben dem Futterbau auch noch Ackerbau betreiben, ist der Traktor aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten zu bevorzugen.
Joachim Sauter, Roy Latsch und Gregor Albisser, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
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www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen 22.09.2010 / ART 04.11.2010 / ART Blumen Im Netz der undPilze Pferde helfen Menschen Zürich Green Care ist zur– Pilzhauptstadt so heisst der neue der Trend Schweiz zu avanciert. einer gestärkten Heute Verbindung wurde am mit Stadtrand der natürlichen die ersteUmwelt. nationale Das Sammlung neue Internetportal unterirdischer www.greencare.ch Knäuelpilze eröffnet. informiert Pilzfäden über halten Angebote das Leben und zeigt, auf was der die ErdeForschung zusammen. dazu Denn zu sagen sie liefern hat. Bäumen, Gräsern und Nutzpflanzen überlebenswichtige Nähr01.11.2010 / ALP stoffe. Wegen ihrer enormen Bedeutung für das ÖkosysStarke Vernetzung landwirtschaftlichen Biltem eröffnete heute dieim landwirtschaftliche Forschungsdungs- Agroscope und Forschungssystem anstalt Reckenholz-Tänikon ART die erste Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALPnationale Sammlung der so genannten Knäuelpilze, eine Haras, das Gruppe derlandwirtschaftliche Mykorrhizapilze. Institut des Kantons Freiburg LIG, die Schweizerische Hochschule für Landwirt19.09.2010 / SNG schaft SHL und die Vetsuisse-Fakultät der Universität Equus helveticus – Ein Grosserfolg das Bern unterzeichneten amweiterer 26. Oktober 2010 einefür VereinSchweizer Pferd barung. Darin bekräftigen alle Partnerinnen den Willen, Die zweite vorhandene Ausführung Zusammenarbeit des neuen Pferdefestivals die bereits in ZukunftEquus marhelveticus zog während vier Tagen (16. – 19. September kant auszubauen. Als ersten grossen Meilenstein veran2010) 20 000 Personen an und Grosserfolg. Familien, stalten die Partnerinnen im war Juniein 2011 einen gemeinsaReiter und Züchter aus der ganzen Schweiz und dem Ausmen Anlass zum Thema Ernährung. land bewunderten über 1000 Pferde in sämtlichen existie29.10.2010 / ART renden Pferdesport- und Pferdezuchtdisziplinen. Das PferGefahr Kleehelveticus für Fische? defestivalvom Equus bescherte Avenches ein Der Rotklee stellt in seinen Zellen chemische Stoffe her, einmaliges Wochenende. die wie weibliche Hormone wirken. Wenn zu viel davon 16.09.2010 / ART in Gewässer gelangt, könnten Fische darunter leiden. Ammoniak aus Ställen auf der Spur Jetzt gibt eine Studie Entwarnung. Laufställe sind bedeutende Quellen von Ammoniak. Jetzt 28.10.2010 / ART zeigen Messungen, dass Ammoniakemissionen im Sommer Richtzahlen fürsind. dieKühe landwirtschaftliche besonders hoch produzieren eine Buch Menge Kot haltung per Ende 2010 und Harn, die oft mehrere Stunden auf den Laufflächen Die Koordinationskonferenz für die Das Zentrale Auswerliegen. Dabei entweicht Ammoniak. Problem: Der tung von Buchhaltungsdaten hat an ihrer Sitzung verlovom Landwirtschaft geht viel wertvoller Stickstoffdünger 20. neuen Richtzahlen für die landwirtren,Oktober weil er2010 sich die buchstäblich in die Luft verflüchtigt. schaftlicheninBuchhaltungen Die Richtzahlen Ammoniak der Atmosphärefestgelegt. kommt schliesslich mit dem sind massgebend für die Bewertung Inventars Regen auf die Erdoberfläche und des belastet dort und als des Naturalverkehrs. Zum Teil dienen sie auch der BerechStickstoff¬dünger empfindliche Ökosysteme. nung kalkulierter Grössen.
13.09.2010 / ACW 25.10.2010 / ACW Agroscope ACW bewertet 120 Aprikosensorten, die Alte zwischen Sorten Juni fürund neue September Säfte geerntet wurden Das über Aprikosenfest 6 bis 8.Apfelsorten August 2010diejenigen in Saxon hat Aus 800 altenvom Schweizer zu viele tausend Menschen angelockt. In diesem Rahmen hat finden, die für die moderne Saftherstellung geeignet das Amt der für Obstbau im Wallis in Zusammenarsind,kantonale ist das Ziel Vereinigung FRUCTUS, der Forbeit mit der Forschungsanstalt Agroscope Changinsschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW Wädenswil ACW einen gemeinsamen Informationstag sowie von weiteren Partnern. Die Anforderungen an die organisiert. Anlässlich dieserrobust Veranstaltungen konnten alten Apfelsorten: Sie sollen gegenüber Krankhei-
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neben vielen aktuellen Themen auch ten sein, gute angesprochenen Anbau- und Verarbeitungseigenschaften zahlreiche Aprikosensorten vorgestellt werden. Agroscope besitzen und gepresst einen Saft mit vortrefflichem ACW bewertet Aroma liefern. an ihrem Standort in Conthey derzeit 120 Aprikosensorten, die in der Zeit von Mitte Juni bis Ende 19.10.2010 / ACW September geerntet werden können.
Hefepilze beeinflussen Weinaromen Hefepilze 09.09.2010 / ART spielen in der Weinbereitung eine wichtige Identitäts-Chip amder OhrGärung, sondern auch bezüglich Rolle – nicht nur bei Das Leben eines Schweins könnte Zukunft von der Weinqualität. Doch bisher war es in in Fachkreisen umstritGeburt zur Schlachtung mittels elektronischen Ohrmarten, obbis Hefepilze überhaupt zusätzliche Weinaromen ken rückverfolgt werden. Diediese Technologie dazu muss noch bilden und – wenn ja – ob Aromen über längere entwickelt werden. Zeit im Wein überdauern können. Experten der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW 31.08.2010 / ART konnten nun erstmals nachweisen, dass Hefepilze tatLandwirtschaftliche Einkommen sächlich stabile Aromen erzeugen. sinken Dieses 2009 Wissen hilft Die wirtschaftliche Situation deroptimieren. landwirtschaftlichen mit, die Weinbereitung weiter zu Betriebe ist 2009 weniger gut als 2008. Sowohl das land18.10.2010 / ALP wirtschaftliche Einkommen je Betrieb als auch der ArbeitsKonsumentinnen und Konsumenten schwanken verdienst je Familienarbeitskraft gehen zurück. Dies zeigen zwischen mehr oder der weniger die definitiven Ergebnisse Zentralenzuckerhaltigem Auswertung von Joghurt Buchhaltungsdaten der Forschungsanstalt Agroscope Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Reckenholz-Tänikon ART. 2009 beträgt das landwirtschafthat eine Untersuchung bei Konsumentinnen Konsuliche Einkommen je Betrieb 60 300 Franken und gegenüber mentenFranken durchgeführt. Diese mussten Joghurt mit verrin64 100 im Vorjahr (-6,0 %). Der durchschnittliche gertem Zuckerzusatz probieren. Wennsinkt auch MehrArbeitsverdienst je Familienarbeitskraft im die Vergleich heit derum Prüfpersonen das bevorzugte, zu 2008 1,3 % (von 41 700süsseste FrankenJoghurt auf 41 200 Franken). so wurden die Varianten mit reduziertem Zuckergehalt durchaus geschätzt.
12.10.2010 / ACW Amerikanische Walnussfruchtfliege in der ganzen Schweiz – wegen Klimawandel Der Klimawandel ermöglicht es Tier- und Pflanzenarten aus wärmeren Gebieten, sich in der Schweiz auszubreiten. Die Neuankömmlinge können unseren Landwirten gewaltig zu schaffen machen. Um Einschleppung oder Einwanderung weiterer gebietsfremder Insekten zu erschweren, muss man die Ausbreitungswege und -faktoren kennen. Daher haben Insektenspezialisten an der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW die Walnussfruchtfliege näher erforscht, die sich jüngst in der Schweiz ausgebreitet hat. Die Resultate zeigen, dass die Kälte-Barriere am Alpenkamm wegen des Klimawandels immer schmaler und daher überwindbar wird.
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E-Learning für Tierärzte und Hufschmiede www.ehoof.ch Das interaktive Lehrmittel eHoof wurde in Zusammen arbeit der Universität Zürich und der Schweizerischen Metall-Union entwickelt. Es richtet sich sowohl an Hufschmiedelehrlinge und Studierende der Veterinärmedizin, als auch an Tierärzte und Hufschmiede. eHoof wurde als umfangreiches Referenz- und Nachschlagewerk für die Aus- und Weiterbildung zum Thema Huf konzipiert. Das Lehrmittel ist online in Deutsch. Französisch und Englisch sind für eine spätere Auflage geplant.
November 2010 24.11.2010 Ökobilanzen in der Landwirtschaft, ein Wegweiser zur Nachhaltigkeit – Abschlusstagung Projekt ZA-ÖB Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Reckenholz 25.11. – 29.11.2010 Agroscope an der AGRAMA Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Bern 29.11. – 03.12.2010 Winterbesuchswoche Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Reckenholz Dezember 2010
Vor schau Januar 2011 / Heft 1 Vom Phosphor (P) in den Böden steht nur ein kleiner Teil den Pflanzen direkt zur Verfügung. Dieser Teil bildet die Basis für die Berechnung einer ökologisch sinnvollen Düngung. Das Bodenlabor von Agroscope Reckenholz-Tänikon ART untersucht den pflanzenverfügbaren Phosphorgehalt in Bodenproben. (Foto: Gabriela Brändle ART)
•• Die Düngerbemessung mittels CO2-Methode im Labortest, H. Stünzi ART ••Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, L. Barth BLW ••Sind Agroforstsysteme eine ökonomische Möglichkeit zur CO2-neutralen Tierproduktion?, S. Briner ETH Zürich ••Einfluss der Mykotoxine Deoxynivalenol und Zearalenon auf die Fruchtbarkeit von Sauen, A. Gutzwiller ALP ••Automatisches Messen der Kaubewegungen bei Wiederkäuern mit Hilfe eines Drucksensors, F. Nydegger ART ••Ferkelfütterung mit Einsatz der essentiellen Aminosäure Valin, L. Dissler et al. SHL ••Zeitliche und räumliche Dynamik des Erbsenblattrandkäfers in Erbsenkulturen, L. Schaub ACW ••Rindfleischproduktion auf Fruchtfolgeflächen, N. Roth et al. SHL
02.12.2010 Bioforschungs-Infotag Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Yverdon 09.12.2010 Bioforschungs-Infotag Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Arenenberg 09.12.2010 Aktuelles aus der Aromaforschung Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Liebefeld Januar 2011 13. – 16.01.2011 Agroscope an der Swiss'Expo 2011 Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Lausanne 27. – 29.01.2011 Frauen in der Landwirtschaft – Aktuelle Debatten aus Wissenschaft und Praxis ART, GIUB, SHL, Agridea Bern
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
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November 2010
Analytik für eine gesunde Landwirtschaft Forschungsanstalten Agroscope
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Agroscope zeigt die Rolle der Analytik in der Agrarforschung. Entdecken Sie eine neue Welt mit einem Blick durch unsere Mikroskope und lernen sie Forscherinnen und Forscher kennen.
Besuchen Sie unseren Stand an der Agrama! Bern, 25. – 29. November 2010 BEA Bern expo; Halle 110; Stand A 021 www.agroscope.ch Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra
AGrAr ForSchUNG Schweiz recherche AGroNomiqUe SUiSSe
Aktuelle Forschungsergebnisse für Beratung und Praxis: Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online verfügbar unter: www.agrarforschungschweiz.ch
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