Agrar forschung schweiz 2 0 1 0
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H e f t
Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Z체rich
J a n u a r
Gesellschaft
Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft
Agrarwirtschaft Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems Nutztiere
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Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der K채lber
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Soziale Dienstleistungen – als multifunktionaler Aspekt der Landw irtschaft – erhalten durch die Bindung an den bäuerlichen Familienb etrieb und den Kontakt zur Tier- und Pflanzenwelt eine ganz bes ondere Qualität. Aktuell werden heute von mindestens 550 Famil ienbetrieben bezahlte soziale Dienstleistungen erbracht. Das Forschungsprojekt von ART untersucht Chancen, Schwierigkeiten und Potenzial für landwirtschaftliche Familienbetriebe rund um das Angebot soziale Dienstleistungen. (Foto: Gabriela Brändle, ART) Impressum Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte. Herausgeberin Agroscope Partner bA groscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART) b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern b Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen b Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b E idgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften Internet www.agrarforschungschweiz.ch www.rechercheagronomiquesuisse.ch Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agron omique Suisse, Forschungsa nstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Sekretariat Nicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich). Abonnement Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–* * r eduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder info@agrarforschungschweiz.ch
Inhalt
Januar 2010 | Heft 1 3 Editorial Gesellschaft 4 Care Farming: Soziale Leistungen
in der Landwirtschaft Hans Wydler und Rachel Picard, Forschungs anstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Agrarwirtschaft Weiterentwicklung des Direkt 10
zahlungssystems Simon Lanz et al. Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern Nutztiere Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: 18
Leistungen der Kälber Isabelle Morel und André Chassot, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux Umwelt Eine Schwachstellenanalyse 24
der Ökoqualitätsverordnung Stefan Mann, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Kurzbericht 30 Die neue Landschaft einer
globalen Landwirtschaft Urs Gantner, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern 34 Porträt 35 Aktuell 39 Veranstaltungen
Druckerei Glasson Imprimeurs Editeurs SA, 1630 Bulle ISSN infos ISSN 1663-7852 (Print) ISSN 1663-7909 (Internet) Schlüsseltitel: Agrarforschung Schweiz Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz © Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Berner Fachhochschule Haute école spécialisée bernoise Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL Haute école suisse d’agronomie HESA
Agroscope
Editorial
Kommunikation ist das A und O Liebe Leserin, lieber Leser Kundenumfragen zeigen es, die Arbeiten von Agroscope werden geschätzt und gebraucht. Vorausschauend geben sie Antworten auf existenzielle Her ausforderungen. Unsere natürlichen Ressourcen, allen voran Boden und Wasser, sowie die fossilen Energieträger sind begrenzt. Eine nachhaltige Nutzung der Produktionsfaktoren ist unerlässlich, damit die Land- und Er nährungswirtschaft im ländlichen Raum weiterhin gedeihen können. Das hat Agroscope erkannt, lange bevor die Schlagzeilen zur Ernährungskrise die Runde machten. Wer die Ressourcenökonomie am besten beherrscht und am effizientesten umsetzt, wird zu den Leadern der Zukunft gehören. Manfred Bötsch Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW
Facettenreiche Projekte Die Projekte von Agroscope sind vielfältig: Weiden im Berggebiet erhalten, Sorten aus der Genbank im Permafrost lagern, gesunde Inhaltsstoffe in Früchten und Gemüsen fördern, Informationsplattform für sichere Lebens mittel schaffen, nachhaltige Pferdezucht fördern, Ackerbau wettbewerbs fähig trimmen, Ammoniak aus Ställen auf der Spur sein... Diese Projekte und Arbeiten haben im Grunde denselben Zweck: nachhaltig gesunde Nah rungsmittel zu produzieren und dabei möglichst wenig Ressourcen zu ver brauchen sowie möglichst viel Biodiversität und Landschaft zu schaffen. Denn schlussendlich geht es darum, unserer Vision einer Land- und Ernährungswirtschaft für Mensch, Tier und Umwelt zum Durchbruch zu verhelfen. Information ist unerlässlich Die Zeiten des Forschens im stillen Kämmerlein gehören der Vergangenheit an. Tue Gutes und sprich darüber: Agroscope muss noch vermehrt zeigen, was sie alles leistet. Information und Kommunikation sind unerlässlich und heute Teil der Forschungsarbeit. Hier ist Agroscope auf gutem Weg und wird noch zulegen: mit dem neuen einheitlichen Internetauftritt, mit dem neuen Jahresbericht und nicht zuletzt mit der neuen zweisprachigen Zeit schrift «Agrarforschung Schweiz», in der wir zusammen mit unseren wichti gen Partnern in Forschung und Wissensaustausch sachlich und anschaulich Forschungsergebnisse bekannt machen werden. Agroscope sucht und pflegt den Kontakt mit den verschiedenen Kunden gruppen. Sie vernetzt sich auch international mit Erfolg. Agroscope arbeitet vermehrt sektoren-übergreifend und multidisziplinär, zum Beispiel mit den Forschungsprogrammen NutriScope, AgriMontana, ProfiCrops und Profilait. Dies gilt es in Zukunft noch weiter zu intensivieren. Nur so wird Agroscope unverzichtbare Partnerin im Agrar- und Lebens mittelbereich bleiben. Ihre Forschung muss rasch zu Antworten auf die brennenden Fragen von heute beitragen und vorausschauend die Heraus forderungen der Globalisierung, des Klimawandels und der Ernährungssi cherheit anpacken. Dies setzt einen steten Lern- und Verbesserungswillen voraus. Das ist zwar fordernd, aber auch motivierend.
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G e s e l l s c h a f t
Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft Hans Wydler und Rachel Picard, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Auskünfte: Hans Wydler, E-Mail: hans.wydler@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 32 06
Einleitung Die gegenwärtige politische Diskussion setzt sich in tensiv mit multifunktionalen Aspekten der Landwirt schaft auseinander. Soziale Dienstleistungen tragen in hohem Mass zu Integration, Teilhabe, Wohlbefinden und zur Lebensqualität von betreuten Menschen bei. Die Landwirtschaft erbringt hier Leistungen, die noch zuwenig Beachtung finden. Soziale Dienstleistungen können zwar auch ausserhalb der Landwirtschaft er bracht werden, sie erhalten aber durch die Bindung an
den bäuerlichen Familienbetrieb eine besondere Qua lität (Kasten 1). Künftig ist mit einem sich ausweitenden Markt und einer steigenden Nachfrage nach Sozialen Dienstleistungen zu rechnen. Sozialpädagogische Inter ventionen nehmen gegenwärtig zu. Ebenso steigt die Zahl der Obhutsentzüge und im Bereich der Pflege und Betreuung von älteren Menschen kann auf Grund der demografischen Entwicklung mit einem ansteigenden Bedarf nach Pflegeplätzen gerechnet werden. Der Be reich der Betreuung und Pflege von Menschen mit Behinderungen befindet sich aktuell in starkem Wandel.
Kasten 1 | Soziale Dienstleistungen – Care Farming und Green Care
Mit sozialen Dienstleistungen in landwirtschaftlichen Familienbetrieben sind alle Betreuungs-, Pflege-, Erziehungs- und Bildungsangebote gemeint, die in landwirtschaftlichen Haushalten erbracht werden. Einen besonderen Stellenwert gewinnen diese Angebote, indem der ländliche Lebenszusammenhang, das ländliche Milieu und das Sozialumfeld für das Erbringen dieser Leistungen einbezogen werden. So entfaltet die Teilnahme am Leben und bei der Arbeit auf einem Bauernhof eine spezifische Wirkung. Wichtig sind der Kontakt zur Tier- und Pflanzenwelt, die Wirkung von Landschaft, das Erleben von Tages- und Jahreszeitenrhythmus und die Beteiligung – nach Kräften und Fähigkeiten – bei den anfallenden Arbeiten. Besonderheit erhält dieses Umfeld, durch die Zahl und Präsenz der Haushaltsmitglieder; durch die Anschaulichkeit und die ersichtliche Notwendigkeit der zu erledigenden Arbeiten, durch die mögliche Anpassung der Aufgabenstellung an die Fähigkeiten und Kompetenzen der betreuten Person und der damit möglichen Erfolgserlebnisse und der Sinnfindung. Eine weitere Besonderheit stellt die Art und Weise dar, wie die Mitglie-
der des Haushalts den betreuten und gepflegten Personen begegnen. Diese Begegnung ist geprägt durch die Bereitschaft, die Person zu akzeptieren und auch in den Familienhaushalt zu integrieren. In englischsprachigen Ländern wird häufig der Begriff von «Green Care» verwendet, Green Care umfasst neben Care Farming aber weitere Tätigkeitsfelder im Bereich der Gesundheitsförderung und Therapie. Eine Definition wurde von Braastad (2006) vorgelegt: «‘Green care’ meint den Gebrauch eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs, der Tiere und Pflanzen, des Garten, des Waldes und der umgebenden Landschaft als Grundlage für die Förderung körperlicher und seelischer Gesundheit, wie auch der Lebensqualität verschiedener Zielgruppen».1 Damit sind – über die Landwirtschaft hinaus – auch professionelle Aktivitäten im Bereich Therapie und Rehabilitation gemeint (z. B. tiergestützte Therapie oder Gartentherapie). Weitere, meist synonym für Care Farming verwendete Begriffe sind: Farming for Health, aber auch Social Farming (Soziale Landwirtschaft, l’agricoltura sociale, l’agriculture sociale).
Eigene Übersetzung aus dem «Memorandum of Understanding for the implementation of a European Research Action designated as COST 866 ‘Green Care in Agriculture’, 164th CSO Meeting, 29 – 30 March 2006».
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Zusammenfassung
Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft | Gesellschaft
Betreuungsleistungen erfordern viel Geduld, Zeit und Sozialkompetenzen
Auch in der Schweiz werden persönliche Pflegebudgets diskutiert, die sogenannte IV-Assistenz. In den nächsten Jahren sind alle Kantone gefordert, eine Leitbild für die Behindertenbetreuung zu schaffen. Soziale Dienstleis tungen können als spezielles Angebot mit besonderen Qualitäten ein zielgruppengerechtes Angebot darstellen. Wissenslücken füllen Die Datengrundlage über strukturelle Diversifikation in der Landwirtschaft – und dazu sind auch Soziale Dienst leistungen zu rechnen – ist zur Zeit unzureichend. Insbe sondere wenn nicht nur der Betrieb, sondern der ganze Haushalt betrachtet wird, fehlen aussagekräftige Daten. Paralandwirtschaft und Soziale Dienstleistungen stan den bis anhin wenig im Fokus des Interesses landwirt schaftlicher Forschung. Einige Hinweise können aus der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten (ZA) von ART gewonnen werden: Rund ein Prozent der landwirt schaftlichen Betriebe erbringen «Beratungs- und Pfle
In der Schweiz erbringt rund ein Prozent der bäuerlichen Familienbetriebe Soziale Dienstleistungen. Damit gehört die Schweiz bezüglich der Verbreitung mit zu den führenden europäischen Ländern im Bereich Care Farming. Zu diesen Dienstleistungen zählen zum Beispiel betreutes Wohnen und Arbeiten für Menschen mit Behinderungen auf einem Bauernhof, Familienplatzierungen von Kindern aus sozial schwierigen Situationen in bäuerlichen Pflegefamilien oder die Pflege von älteren Menschen in bäuerlichen Familienbetrieben. In verschiedenen europäischen Ländern werden diese Aktivitäten gezielt gefördert und unterstützt und verschiedene Forschungsvorhaben befassen sich mit dem Thema. Dabei sind Formen, Zielgruppen und Art der Leistungen äusserst vielfältig. Auch in der Schweiz bieten soziale Dienstleistungen den Familienbetrieben eine mögliche Diversifikationsstrategie mit grossem Potenzial an. Die Vielfalt von Angebot und Nachfrage, aber auch die unterschiedlichen Formen, wie Familienbetriebe beim Erbringen ihrer Leistungen unterstützt werden, werfen eine Reihe Fragen auf. Diesen Fragen geht ein Forschungsprojekt von Agroscope Reckenholz-Tänikon ART nach.
geleistungen». Werden solche Leistungen erbracht, so liegt der Erlös (d. h. der Bruttoertrag, in der ZA als Rohl eistung bezeichnet) im Rahmen anderer Diversifika tionsstrategien wie dem Agrotourismus oder der Direkt vermarktung (Abb. 1). Eine Auswertung der Zusatzbe fragung der Landwirtschaftlichen Betriebszählung des Bundesamtes für Statistik BFS zeigt, dass Paraland wirtschaft regional sehr unterschiedlich verbreitet ist (Abb. 2). 2 Soziale Dienstleistungen wurden in der Befra gung des BFS nicht erfasst, treten aber ebenfalls regio nal ungleich verteilt auf.3
Methoden und erste Resultate Befragung «aller» Betriebe mit Sozialen Dienstleistungen Ein laufendes Projekt von ART setzt sich zum Ziel, mit einer Erhebung zum Ist-Zustand solche Wissenslücken in der landwirtschaftlichen Forschung zu schliessen und
Die Daten dieser Darstellung stammen aus der Landwirtschaftliche Betriebszählung des Bundesamts für Statistik BFS, das im Jahr 2005 eine Zusatzbefragung zu den Nebentätigkeiten bäuerlicher Familien durchführte. 3 Dies kann aufgrund der im Projekt von ART ermittelten Netzwerke und Familienbetriebe geschlossen werden. 2
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Gesellschaft | Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft
25000 Rohleistungen in Franken
das Feld der Sozialen Dienstleistungen in der Schweiz besser auszuleuchten. Untersucht wird das bezahlte Er bringen von Sozialen Dienstleistungen in landwirt schaftlichen Familienbetrieben. Nicht untersucht wer den Leistungen, die unentgeltlich im Sinne von Freiwilli genhilfe oder Nachbarschaftshilfe erbracht werden, auch wenn solche Leistungen in ländlichen Gebieten besonders häufig sind (Schmid, 2001). Nach aktuellem Wissensstand werden heute mindestens in 550 Familien betrieben bezahlte Soziale Dienstleistungen erbracht.4 Die meisten dieser Haushalte/Betriebe arbeiten mit ei ner Vernetzungs- und Unterstützungsorganisation zu sammen (im folgenden Netzwerk genannt). Verhältnis mässig viele aktive Betriebe fanden sich im Kanton Bern. Das Feld der sozialen Dienstleistungen ist äusserst vielfältig. Häufig sind unter anderem die Betreuung von Menschen mit Behinderung oder Familienplatzierungen von Kindern und Jugendlichen in Problemsituationen. Diese erfolgt häufig auch in Zusammenarbeit mit einem Schulheim oder einer Organisation mit eigenem Schul angebot. Menschen mit einer Suchtvergangenheit erle ben auf einem Familienbetrieb eine Phase der körperli chen und seelischen Stabilisierung. Auf Familienbetrie ben werden auch ältere Menschen gepflegt und es wird für Menschen mit Demenz gesorgt. Die offenbar gute Qualität der geleisteten Arbeit und möglicherweise auch der attraktive Preis führen ak tuell zu einer grossen Nachfrage nach Partnerfamilien.5 Gleichzeitig sind Soziale Dienstleistungen für die bäuer
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2004
2005
2006
Handel, Verarbeitung, Direktverkauf (ohne Kelterei), Kostträger Agrotourismus (Ferien, Schlafen im Stroh, Gastwirtschaft, Reitschule) Pflege- und Beratungsleistungen Schule auf dem Bauernhof Quelle: Zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten, Forschungsanstalt Reckenholz-Tänikon ART; N = 2663 bis 3270, ungewichtete Stichprobe, eigene Berechnung
Abb. 1 | Rohleistungen aus vier Formen struktureller Diversif ika tion: Mediane der Betriebe mit Leistungen, 2003 bis 2006 (in Franken).
70 strukturelle Diversifikation 60 landwirtschaftliche Diversifikation Anteile in Prozent
50 40 30 20 10 0 ZH
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Strukturelle Diversifikation: Direktverkauf: 22.9 %, Verarbeitung: 17 %, Agrotourismus: 6.8 %, Handwerk: 2.9 %, Bearbeitung und Verarbeitung von Holz: 2.8 %, Sonstige: 4.9 %; landwirtschaftliche Diversifikation: Vertragsarbeiten: 18.7 %, Energie: 3.5 %, Aquakultur: 0.2 %. Datenquelle: Zusatzbefragung zur Landwirtschaftlichen Betriebsdatenerhebung, 2005; N = 9849, ungewichtete Stichprobe, eigene Auswertung.
Abb. 2 | Unterschiedliche Verbreitung von Diversifikation (nach Kanton, in Prozent). Es ist davon auszugehen, dass weitere Familienbetriebe gefunden werden können. Ergebnis von verschiedenen Gesprächen mit Vertreter/ innen von Netzwerken.
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Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft | Gesellschaft
Kasten 2 | Ein Beispiel: Menschen mit Behinderungen im Familienbetrieben
Soziale Dienstleistungen sind vielfältig und unterscheiden sich stark je nach Angebot und Zielgruppe. Eine relativ häufige Aktivität in der Schweiz stellt die Betreuung von Menschen mit Behinderungen dar. Die meisten Sozialen Dienstleistungen in der Schweiz werden in Zusammenarbeit mit einem Netzwerk erbracht; dies trifft auch auf die Betreuung von Menschen mit Behinderungen zu. So sucht beispielsweise das Netzwerk «Landwirtschaft und Behinderte» (LuB) für ihre Klienten eine möglichst optimal passende Partnerfamilie. Besuchstage und Schnupperwochen ermöglichen ein gegenseitiges sich Kennenlernen. Eine Probezeit folgt dieser Phase. Die betreute gepflegte Person lebt nun während 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche auf dem Hof. In der Regel wird ein Vertrag für einen bestimmten Zeitraum abge-
schlossen. Die LuB unterstützt die Familienbetriebe in der Folge durch verschiedene Dienstleistungen und stellt sicher, dass in Notfällen die notwendigen Massnahmen ergriffen werden. Alle 14 Tage organisiert die LuB ein Wochenende für ihre Klientinnen und Klienten in einem regionalen Stützpunkt. Hier habe sie die Möglichkeit, Geselligkeit zu pflegen und Erfahrungen auszutauschen. In der Regel wird auch ein Anlass organisiert (z. B. eine gemeinsame Besichtigung). Für den Familienbetrieb stellen diese Wochenenden eine Möglichkeit dar, Zeit ohne ihre Gastperson zu verbringen. In regelmässigen Abständen besucht eine Fachperson des Netzwerkes Familie und die betreute Person. Entwicklungsziele und Zielerreichung der letzten Standortbestimmung werden diskutiert und Ziele für die Folgezeit festgelegt.
lichen Familien eine grosse Herausforderung, denn es handelt sich um eine Aufgabe, die viel Engagement, So zial- und Betreuungskompetenz benötigt. Damit diese schwierige Aufgabe nicht zu Überforderung führt, ist eine Unterstützung durch die Fachpersonen der Netz werke wichtig. Das Forschungsprojekt von ART unter sucht, welche Schwierigkeiten sich rund um das Ange bot Sozialer Dienstleistungen ergeben und wo die Chancen und das Potenzial für die landwirtschaftlichen Familienbetriebe liegen.
ters dar. In den Regionen sind im Laufe der Zeit eine Rei he von lokalen Netzwerken entstanden, die einen wich tigen Teil der Aufgaben übernahmen. Ein Vergleich ver schiedener paralandwirtschaftlicher Dienstleistungen in Holland zeigt, dass Soziale Landwirtschaft im Rahmen solcher Diversifikationsstrategien äusserst erfolgreich ist: Sie generiert die grösste Wachstumsrate und die höchsten durchschnittlichen Erlöse pro Betrieb (Hassink et al. 2007). Verschiedene Faktoren haben zu dieser Ent wicklung beigetragen. Die Sozialhilfe ist so gestaltet, dass es heute für Menschen mit chronischen Krankhei ten und Behinderungen in den Niederlanden möglich ist, die Versicherungsleistungen in Form eines persönli chen Budgets zu beziehen und die entsprechenden Leis tungen selber «einzukaufen». Verschiedene Studien so wie die Einschätzungen einer sich für Green Care enga gierenden Bank sprechen von einem beträchtlichem Potenzial für die niederländische Green Care.
Die Erfolgsgeschichte der niederländischen «Zorgboeren» Neben der Schweiz gibt es eine Reihe von europäischen Ländern mit einer beachtlichen Verbreitung von Care Far ming: zum Beispiel Belgien, Niederlande und Norwegen. In diesen Ländern wird Green Care systematisch durch Supportcenter gefördert. Das Beispiel der Niederlande ist in der Literatur am besten dokumentiert und wird des halb hier ausgeführt. Care Farming ist in den Niederlanden eine Erfolgsge schichte. Bereits vor zehn Jahren konnte ein Nationales Supportcenter gegründet werden.6 Dieses hat insbeson dere in der Anfangsphase wichtige Öffentlichkeits- und Unterstützungsarbeit geleistet. Ausserdem beriet es in teressierte Familien. Die Qualitätssicherung stellt einen Schwerpunkt der aktuellen Tätigkeiten des Supportcen
Europäische Innovationsplattformen zu Green Care Unterschiedliche geschichtliche Wurzeln und länderspezi fische Besonderheiten prägen die Entwicklung von Sozia len Dienstleistungen in den Ländern und Regionen Euro pas. Die «Community of Praxis (CoP) Farming for Health» will diese Form von Innovation in Europa verbreiten und schafft eine Plattform für einen europaweiten Erfahrungs austausch sowie für Lobbying für Green Care. Sie wurde
www.landbouwzorg.nl
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Gesellschaft | Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft
2004 gegründet und umfasst Forschende, Interessenver treterinnen und -vertreter sowie Personen aus der Praxis. Stark vertreten in der CoP sind Vertreterinnen und Vertre ter verschiedener Therapieformen. Regelmässige Tagun gen dienen der Diskussion sowie der Netzwerkbildung. Die CoP hat die Erforschung und Förderung von Green Care in den verschiedenen Ländern zum Ziel (Hassink und van Dijk, Hrsg. 2006; Dessein, Hrsg. 2008). Die beiden fol genden Aktivitäten entwickelten sich aus der CoP: Im 6. EU-Rahmenforschungsprogramm wurde ein Projekt zu «Social Farming SoFar»7 durchgeführt. Über greifende Projektziele lagen in der Förderung von Rah menbedingungen für soziale Landwirtschaft und dem verbesserten Austausch zwischen Forschung und Praxis (siehe http://sofar.unipi.it). Das Projekt wurde zwischen zeitlich abgeschlossen (Di Iacovo und O Conner, Hrsg. 2009). Aus der CoP wurde auch die «Cost Action 866 Green Care in Agriculture» im Rahmen der Ausschreibung des 7. EU-Forschungsprogramms initiiert. In dieser Cost-Ac tion werden drei thematische Arbeitsgruppen geführt: • Erfassung von Effekten von Green Care (empirische Evidenzen), • ökonomische Bewertung dieser Leistungen und • die Entwicklung von Policies zur Förderung von Green Care. Die COST866 soll insbesondere zur Bildung von For schungskooperationen und europäischen Forschungs projekten führen (Gallis, Hrsg., 2007).
Schlussfolgerungen Soziale Dienstleistungen sind in der Schweiz wichtiger, als man auf Grund des eher geringen Bekanntheitsgrads in der Bevölkerung schliessen könnte. Rund ein Prozent aller landwirtschaftlicher Betriebe in der Schweiz erbringt so ziale Dienstleistungen. Trotz dieser – im Vergleich mit an deren Tätigkeiten der Paralandwirtschaft – eher margi nalen Verbreitung, ermöglichen soziale Dienstleistungen den Haushalten einen wichtigen Nebenerwerb. Die unterschiedliche regionale Verbreitung von Sozia len Dienstleistungen weist auf lokale Entwicklungsge schichten und Besonderheiten, aber auch auf vorhandene Potenziale hin. Sollte auf eine weitere Ausschöpfung die ses Potenzials hingearbeitet werden, ist das oberste und wichtigstes Kriterium die Qualität der erbrachten Leistun gen. Es geht um das Wohl der Klientinnen und Klienten, aber auch um jenes der betreuenden Familien. Die bereits existierenden Netzwerke sind ein gutes Instrumentarium hierfür. Familienbetriebe müssen aber sowohl bei Ent scheidungsfindung als auch bei der Wahl der Netzwerke mit denen sie kooperieren, unterstützt werden. Green Care wird als Forschungsgegenstand, wie auch als Gegenstand staatlicher Politiken in vielen euro päischen Ländern sehr ernst genommen. In einigen Län dern gibt es eine intersektorale Politik zu Green Care. Neben den Ländern mit bereits gut etablierten Sozia len Dienstleistungen (Belgien, England, Finnland, Nieder lande, Norwegen) kann in einigen Ländern ein Aufbruch festgestellt werden (Bildung von Netzwerken, Start von Forschungsprojekten, Lobby-Arbeit und Ähnliches) so in Deutschland, Irland, Italien, Österreich, Schottland. Diese Entwicklungen sowie erste Erkenntnisse aus der Forschung von ART lassen darauf schliessen, dass das Potenzial für Green Care auch in der Schweiz gross ist. Es gibt in der Schweiz Familienbetriebe, die in der Lage sind, diese Leistungen zu erbringen und es gibt eine deutliche Nachfrage nach solchen Leistungen. Förde rung und Unterstützung Sozialer Dienstleistungen be dürfen eines besseren Wissensstandes und guter Grund lagen. ART will mit dem Projekt zu Sozialen Dienstleis tungen zur Erarbeitung dieser Grundlagen beitragen. n
Der vollständige Titel lautet: «Social Services in Multifunctional Farms SoFar». SoFar wurde im 6. EU-Rahmenforschungsprogramm als Teil der Forschungspriorität 8.1.B.1.1 – «Modernisation and Sustainability of Agriculture and Forestry, including their multifunctional role in order to ensure the sustainable development and promotion of rural areas» unterstützt. Das Projekt startete im Mai 2006.
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Care farming: prestazioni sociali nell’agricoltura In Svizzera l’un per cento circa delle aziende agricole a gestione familiare fornisce prestazioni sociali. La Svizzera risulta essere tra i paesi europei precursori nel «care farming». Tra questi servizi sociali rientrano, ad esempio; la possibilità per i disabili di vivere e lavorare, assistiti, all’interno di una fattoria, l’affidamento a famiglie contadine di bambini con difficoltà sociali alle spalle e la cura di anziani presso aziende agricole a conduzione familiare. In diversi paesi europei queste attività sono incoraggiate e sostenute in modo mirato e diversi progetti di ricerca sono dedicati a questo tema. Le forme, i gruppi target e il tipo di prestazioni sono particolarmente variati. Anche in Svizzera le prestazioni sociali offrono alle aziende a gestione familiare un notevole potenziale in termini di diversificazione. La varietà dell’offerta e della domanda, come pure le diverse forme di sostegno alle aziende a gestione familiare che forniscono simili servizi, pone numerosi interrogativi ai quali il progetto di ricerca di Agroscope ReckenholzTänikon ART cerca di rispondere.
Summary
Riassunto
Care Farming: Soziale Leistungen in der Landwirtschaft | Gesellschaft
Care Farming: Social Services in Agriculture Around one per cent of Swiss family farms provide social services, making Switzerland one of the leading countries in Europe for care farming. Among the services offered, for example, are assisted living and supervised work on a farm for people with disabilities, the placement of children from difficult social backgrounds in farming foster families, and the care of the elderly on family farms. These activities are deliberately promoted and supported in various European countries, and different research plans deal with this subject. The forms, target groups and type of services provided are exceptionally varied. In Switzerland as in other places, social services offer family farms a possible diversification strategy with great potential. The diversity of supply and demand as well as the different manners in which family farms are supported in providing their services prompt a whole range of questions which are currently being examined in an Agroscope Reckenholz-Tänikon ART research project. Key words: care farming, green care, farming for health, social farming, farm-household, pluriactivity, agricultural and structural diversification.
Literatur b B raastad B., 2006. COST ACTION 866 Green Care in Agriculture – Draft Memorandum of Understanding. COST Office, Brussels. b D essein J., Ed. 2008. Farming for Health. Proceedings of the Community of Practice Farming for Health, November 2007, Ghent, Belgium. Erasmus-Euroset, Merelbeke (BE). b D i Iacovo F. & O Conner D., Eds. 2009. Supporting policies for Social Farming in Europe – Progressing Multifunctionality in Responsive Rural Areas. Herausgegeben von ARSIA Ed. 37 LCD, Firenze. b Gallis C.T., Ed. 2007. Green Care in Agriculture: Health effects, Economics and Policies. Proceedings of the 1st European COST Action 866 conference. Herausgegeben von COST Ed. University Studio Press, Thessaloniki.
b H assink J. & van Dijk M., Eds. 2006. Farming for Health: Green Care Farming across Europe and the United States of America. Wageningen University and Research Center Ed. 13 Frontis, Wageningen. b H assink J., Zwartbol C., Agricola H.J., Elings M. & Thissen J.T.N.M., 2007. Current status and potential of care farms in the Netherlands. NJAS wageningen journal of life sciences 55 (1), 21 – 36. b S chmid B., 2001. Wer ist in der Schweiz freiwillig tätig? Ergebnisse des Moduls 2000 «Unbezahlte Arbeit». Bundesamt für Statistik BFS, Neuchâtel.
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A g r a r w i r t s c h a f t
Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems Simon Lanz, Lukas Barth, Christian Hofer und Samuel Vogel, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern Auskünfte: Simon Lanz, E-Mail: simon.lanz@blw.admin.ch, Tel. +41 31 322 26 02
Mit der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems sollen die Anliegen von Produktion und Ökologie noch besser in Einklang gebracht werden. (Foto: Julien Berberat, Fondation Rurale Interjurassienne)
Einleitung Auslöser für den Bericht des Bundesrates zur Weiterent wicklung des Direktzahlungssystems (2009) war eine Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 10. November 2006. Darin wurde der Bundesrat beauftragt, bis spätestens 2009 einen Be richt vorzulegen, der dem Parlament eine Beurteilung ermöglichen soll, ob das Direktzahlungssystem im Rah men einer nächsten Reformetappe anzupassen sei. Agrarstützung gesunken und entkoppelt Mit der Reform der Agrarpolitik, welche Anfang der neunziger Jahre begann, wurde die agrarpolitische
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Stützung sukzessive reduziert und entkoppelt (Abb. 1). Die Gesamtstützung ist seit dem Beginn der Reform von gut 8 Milliarden Franken auf heute rund 6 Milliar den gesunken. Betrug der Anteil der produktgebunde nen Stützung (Grenzschutz und Marktstützung inkl. Ex portsubventionen) in den Jahren 1990 / 92 noch über 80 Prozent der gesamten Stützung, so ist deren Anteil bis 2008 auf rund 50 Prozent gesunken. Klammert man den Grenzschutz aus und betrachtet man nur die Stützung durch Bundesmittel, so zeigt sich die Entkopplung noch viel ausgeprägter. Während anfangs der neunziger Jah re von einem Bundesfranken aus dem Budget für Land wirtschaft und Ernährung rund 60 Rappen als Markt stützung ausgegeben wurde, sind es heute nur noch 15
Rappen. Gleichzeitig ist der Anteil der produktunabhän gigen Direktzahlungen an den Bundesausgaben von rund 25 Prozent auf über 70 Prozent gestiegen. Die bisherige Reform bringt Verbesserungen Mit der konsequent verfolgten Strategie, den Grenz schutz und die interne Marktstützung zu reduzieren und die Mittel in die Direktzahlungen umzulagern, wur den wesentliche Verbesserungen erreicht (vgl. Abb. 2): • Der Anteil an naturnah bewirtschafteten Flächen (Ökoausgleich, biologischer Landbau) hat stark zugenommen und der Rückgang der Brutvogelarten im Kulturland konnte aufgehalten werden. • Die negativen Auswirkungen der landwirtschaft lichen Produktion auf die Umwelt wurden reduziert (z.B. Stickstoff-Verluste –16 %). • Gleichzeitig wurde die Kalorienproduktion gesteigert (+5 %), d. h. die Ressourceneffizienz hat deutlich zugenommen. • Die tierfreundliche Nutztierhaltung wurde ausgebaut. • Insbesondere in peripheren ländlichen Regionen leistet die Landwirtschaft weiterhin einen wesentli chen Beitrag zur dezentralen Besiedlung. • Die Bauernbetriebe konnten die notwendigen Investitionen tätigen. Die Kapitalerneuerungsrate hat sich sogar verbessert. Entkopplung reicht nicht aus Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Entkopplung der Stützung zu namhaften Verbesserun gen geführt hat (BWL 2009). Allein die Entkopplung ist kein Garant dafür, dass die gemeinwirtschaftlichen Leis
Zusammenfassung
Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems | Agrarwirtschaft
Die Direktzahlungen sollen künftig konsequent auf die von der Bevölkerung gewünschten gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft ausgerichtet werden. In einem am 6. Mai 2009 verabschiedeten Bericht schlägt der Bundesrat eine Weiterentwicklung des heutigen Direktzahlungssystems vor. Massnahmen mit unspezifischer Zielausrichtung sollen durch zielgerichtete Instrumente ersetzt werden. Dadurch verbessern sich die Wirksamkeit und die Effizienz des Direktzahlungssystems.
tungen auch tatsächlich effizient und im gesellschaftlich erwünschten Ausmass bereitgestellt werden. Die agrar politischen Ziele können nicht erreicht werden, wenn die Direktzahlungen ausschliesslich den Charakter von Kompensationszahlungen aufweisen und über keinen klaren Leistungsbezug verfügen. Die OECD (2008) hält fest, dass die Entkopplung nicht das Ende der Reform der Agrarpolitik sei und zusätzliche Effektivitäts- und Effizienzverbesserungen durch eine bessere Zielausrich tung («targeting») und Feinjustierung der Instrumente («tailoring») erreicht werden können (vgl. Kasten 2). Um eine möglichst hohe Wirksamkeit und Effizienz der Agrarpolitik beziehungsweise der Direktzahlungen zu erreichen, ist es unabdingbar, dass konkrete und überprüfbare Ziele definiert werden und ein klarer Be zug zwischen den Zielen und den eingesetzten Instru menten hergestellt wird.
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übrige Stützung (v.a. Direktzahlungen)
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produktgebundene Stützung (Grenzschutz und Marktschützung) 2008
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Quelle: OECD
Abb. 1 | Entwicklung der Stützung der Landwirtschaft gemäss OECD (PSE) zwischen 1990 und 2008.
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Agrarwirtschaft | Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems
Schwächen des heutigen Systems Das bisherige Direktzahlungssystem erfüllt diese Anfor derungen nur teilweise. Einerseits fehlen für die ver schiedenen gemeinwirtschaftlichen Leistungen teilwei se klar definierte Ziele und andererseits ist der Zielbe zug der Massnahmen teilweise unklar. Während die ökologischen Direktzahlungen einen klaren Bezug zu den Zielen im Bereich natürliche Lebensgrundlagen und Tierwohl aufweisen, bezwecken die allgemeinen Direkt zahlungen mit sehr unspezifischen Massnahmen die För derung der Versorgungssicherheit und der Kulturland schaftspflege sowie die Einkommenssicherung. Die mangelnde Zielausrichtung hat unerwünschte Fehlanreize zur Folge: Erstens entsteht aufgrund der Bei träge für die Haltung Raufutter verzehrender Nutztiere (RGVE-Beiträge) und der Beiträge für die Tierhaltung un ter erschwerenden Produktionsbedingungen (TEP-Bei träge) ein Anreiz zur Ausdehnung der Tierhaltung. Das führt zu einer Intensivierung mit den damit verbunde nen negativen Auswirkungen auf die natürlichen Le bensgrundlagen. Seit 2004 nehmen die Rindviehbestän de wieder zu (+4 %). Zweitens konkurrieren die RGVEBeiträge in unerwünschtem Masse die ackerbauliche Nutzung, die bezüglich Versorgungssicherheit von zent raler Bedeutung ist. Ein weiterer Fehlanreiz besteht dar
in, dass heute alle Direktzahlungen an die leistungsbezo genen Kriterien Fläche und Tierzahl gebunden sind, ob wohl ein Teil der heutigen Zahlungen nicht die Leis tungserbringung, sondern die Sicherstellung einer sozi alverträglichen Entwicklung bezweckt. Das führt zu Rentenbildung und hemmt die Strukturentwicklung (vgl. Kasten 5). Zudem sind insbesondere die tierbezogenen Beiträge in Bezug auf ihre Green-Box-Kompatibilität im Rahmen der WTO als kritisch zu beurteilen.
Methode Vorschlag des Bundesrats Aufgrund dieser Analyse erachtet der Bundesrat eine Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems als not wendig. Im Bericht definiert der Bundesrat für alle ge meinwirtschaftlichen Leistungen gemäss Artikel 104 der Bundesverfassung (Versorgungssicherheit, natürliche Lebensgrundlagen, Kulturlandschaft, dezentrale Be siedlung und Tierwohl) sowie für die Einkommens sicherung konkrete und überprüfbare Ziele und macht einen Konzeptvorschlag für ein konsequent auf diese Ziele ausgerichtetes Direktzahlungssystem. Die zentrale Idee des weiterentwickelten Direktzahlungssystems be steht darin, dass für jedes Ziel eine spezifische Massnah
Kasten 1 | Welche Funktionen haben Direktzahlungen?
Oft wird in der politischen Diskussion argumentiert, die Direktzahlungen seien Abgeltungen für die gemeinwirtschaftlichen d. h. die nicht marktfähigen Leistungen der Landwirtschaft. Mit dem Markterlös würden die Landwirte für ihre privaten Güter wie Milch und Getreide entschädigt und mit den Direktzahlungen für die öffentlichen Güter wie Landschaft und Biodiversität. Diese klare Trennung zwischen dem Markt für private und jenem für öffentliche Güter ist jedoch in der Realität nicht gegeben. Die Multifunktionalität der Landwirtschaft zeichnet sich ja gerade durch die enge Kopplung von privaten und öffentlichen Gütern aus. Bei der Produktion von (privaten) landwirtschaftlichen Gütern entstehen positive Externalitäten, die den Charakter von öffentlichen Gütern haben (gemeinwirtschaftliche Leistungen). Das Angebot an gemeinwirtschaftlichen Leistungen würde bei reinen Marktbedingungen unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegen. Die Inlandproduktion wäre deutlich tiefer und würde sich auf Gunstlagen konzentrieren (Hättenschwiler und Flury 2007) mit negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild,
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Agrarforschung Schweiz 1 (1): 10–17, 2010
die Biodiversität und die dezentrale Besiedlung. Mit den agrarpolitischen Instrumenten generell und insbesondere mit den Direktzahlungen soll dieses Markt versagen korrigiert werden. Würden die gemeinwirtschaftlichen Leistungen ohne staatliches Eingreifen erbracht, hätten sie zwar einen Wert für die Gesellschaft, aber es würde niemand für die Nutzung der Leistungen bezahlen. Erst der Umstand, dass eine Differenz zwischen privatem Angebot und gesellschaftlicher Nachfrage besteht, macht ein staatliches Eingreifen nötig. Direktzahlungen sind demnach keine Abgeltungen, sondern finanzielle Anreize (Finanzhilfen), mit denen die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen gefördert wird (Huber 2003). Das bedeutet auch, dass die Höhe der Direktzahlungen nicht unabhängig ist von den Preisen. Bei hohen Preisen trägt der Markt beispielsweise mehr zur Offenhaltung der Kulturlandschaft bei als bei tiefen Preisen. Damit die gemeinwirtschaftlichen Leistungen erbracht werden, ist somit je nach Preisverhältnissen eine höhere oder eine tiefere Förderung mittels Direktzahlungen nötig.
Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems | Agrarwirtschaft
me definiert wird. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Ziele und die entsprechenden Instrumente und zeigt auf, mit welchen Indikatoren die Zielerreichung über prüft werden soll.
Resultate und Diskussion Gemeinwirtschaftliche Leistungen Fünf permanente Direktzahlungsinstrumente sollen die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft fördern und langfristig sicherstellen: Mit Kulturlandschaftsbeiträgen wird die Offenhal tung der Kulturlandschaft angestrebt. Die Offenhal tung wird erreicht, indem eine flächendeckende land wirtschaftliche Nutzung erfolgt (inkl. Sömmerungsge biet). Sie dient als Basis für die Erbringung der übrigen gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Die Höhe der Bei träge ist so zu bemessen, dass eine extensive Bewirt schaftung möglich ist. Die Beiträge werden aufgrund der natürlichen Erschwernisse nach Zonen und Hangnei gung differenziert. Mit Versorgungssicherheitsbeiträgen soll die Pro duktionskapazität für den Fall von Versorgungsengpäs sen aufrechterhalten bleiben. Die Erhaltung der Produk tionskapazität (Kapital, Know-how) wird erreicht, indem
die natürlichen Ressourcen optimal genutzt und in heu tigem Ausmass Kalorien produziert werden. Diese Ziel setzung würde mit den Kulturlandschaftsbeiträgen al lein noch nicht erreicht. Mit den Beiträgen wird eine landwirtschaftliche Produktion gefördert, die über eine rein extensive Bewirtschaftung hinausgeht. Dazu müs sen Mindestanforderungen sowohl für die ackerbauli che Nutzung als auch für die Grünlandnutzung festge legt werden (z. B. Mindesttierbesatz auf Grünland). Wei ter gleichen Versorgungssicherheitsbeiträge produkti onsbedingte Erschwernisse und komparative Kosten nachteile der ackerbaulichen Produktion aus und tragen zur Erhaltung von strategisch wichtigen Kulturen bei. Die Biodiversitätsbeiträge bezwecken die Erhaltung und Förderung der Biodiversität. Der Anreiz, qualitativ wertvolle Flächen als Biodiversitätsförderflächen (heu te ökologische Ausgleichsflächen) zu bewirtschaften, soll erhöht werden, so dass die entsprechenden Ziele mit diesen freiwilligen Beiträgen erreicht werden kön nen. Die Anforderung, im ökologischen Leistungsnach weis (ÖLN) pro Betrieb einen Mindestanteil an Biodiver sitätsförderflächen auszuscheiden, kann so schrittweise aufgehoben werden. Zudem werden einmalige Aufwer tungsmassnahmen und auf spezifische Zielarten ausge richtete Artenförderungsprogramme unterstützt. Bio
110
Kasten 2 | Begriffserklärungen
Index (1990 /92 = 100)
105
Effektivität (Wirksamkeit): Eine Massnahme gilt als effektiv, wenn die definierten Ziele damit erreicht werden können. Effizienz: Eine Massnahme gilt als effizient, wenn die definierten Ziele mit möglichst tiefen Kosten erreicht werden. Targeting (Zielausrichtung): Eine Zahlung ist dann als zielgerichtet zu betrachten, wenn sie die spezifischen Soll-Werte eines definierten Ziels verfolgt und dabei unbe absichtigte Transfers und negative Auswirkungen auf Dritte (sog. spill-overs) minimiert (OECD 2007). Tailoring (massschneidern): Die Höhe und Dauer einer Zahlung soll genau so bemessen sein, dass das definierte Ziel erreicht wird. Anreize, die über das für die Zielerreichung notwendige Mass hinausgehen, sind zu vermeiden (OECD 2003).
100 95 90 85 80 75 70 1990/ 92
1995/ 97
2000/ 02
2005/07
Nahrungsmittelproduktion Brutvogelgarten des Kulturlandes N-Verluste Quellen: SBV, ART, Vogelwarte
Abb. 2 | Entwicklung der Nahrungsmittelproduktion und der Umweltbelastung.
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Agrarwirtschaft | Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems
Tab. 1 | Leistungen, Ziele, Massnahmen und Indikatoren Leistungen und Ziele
Massnahmen
Indikatoren
Sichere Versorgung der Bevölkerung Produktionskapazität durch inländische Kalorienproduktion im heutigen Ausmass erhalten.
Versorgungssicherheitsbeiträge: • Basiskomponente: einheitliche Zahlung in allen Zonen pro ha landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN). • Erschwerniskomponente: Zahlung nach Zone differenziert pro ha LN. • Ackerflächenkomponente: einheitliche Zahlung pro ha offene Ackerfläche.
Produzierte Terajoule (TJ) in der Schweiz als Massstab für das Vorhandensein von Infrastruktur.
Mindestausmass an strategisch wichtige Kulturen erhalten.
• E inzelkulturkomponente: einheitliche Zahlung in allen Zonen pro ha LN einer spezifischen Kultur.
Strategisch wichtige Kulturen (z. B. Ölsaaten, Zuckerrüben, Saatgut) in ha.
Genügend fruchtbaren Kulturboden erhalten.
Quantitativer Bodenschutz: • Ausschluss von Flächen in der Bauzone von den Direktzahlungen (DZ). • Verpflichtung der Kantone oder Gemeinden zur Mitfinanzierung der DZ bei hohem Bodenverbrauch. • Einbindung des quantitativen Bodenschutzes in das Konzept der Landschaftsqualitätsprojekte.
Ackerfähiger Boden in ha.
Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen Die Landwirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität. Teilziel 1: Artenvielfalt und Vielfalt von Lebensräumen. Teilziel 2: Genetische Vielfalt innerhalb der Arten. Teilziel 3: Funktionale Biodiversität.
Biodiversitätsbeiträge: • Permanente Zahlung für Biodiversitätsförderflächen mit Qualität pro ha LN und im Sömmerungsgebiet. • Einmalige Zahlung für definierte Aufwertungsmassnahmen. • Einmalige und permanente Zahlungen für definierte Artenförderungs massnahmen. • Permanente Zahlung für funktionale Biodiversität auf Produktionsflächen (inkl. gesamtbetriebliche Ansätze wie Biolandbau oder integrierte Produktion).
Natürliche Ressourcen Boden, Wasser und Luft nachhaltig nutzen.
• B eibehaltung des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN) und der weiteren gesetzlichen Bestimmungen. • Weiterführung der Förderung freiwilliger Umweltprojekte (regional / sektoral). • Befristete Ressourceneffizienzbeiträge (national). • Geringere Nebenwirkungen der permanenten DZ-Instrumente.
Boden: Schadstoffe, Bodenerosion und Bodenverdichtung.
Kulturlandschaftsbeiträge: • Basiskomponente: einheitliche Zahlung in allen Zonen pro ha LN. • Erschwerniskomponente: Zahlung nach Zone und Hanglage differenziert pro ha LN. • Sömmerungskomponente: Zahlung pro gesömmerter Normalstoss.
Landwirtschaftlich genutzte Fläche in ha.
Biodiversitätsförderflächen mit Qualität in ha. Inventarisierung und Sicherung von alten Sorten und Kulturarten. Bodenfruchtbarkeit (z. B. Humusgehalt, Bodenlebewesen) auf Produktionsflächen.
Wasser: Nitrat, Phosphor, Pflanzenschutz mittel und Arzneimittel. Klima und Luft: Treibhausgase, N-haltige Schadstoffe und Dieselruss.
Pflege der Kulturlandschaft Die Kulturlandschaft durch eine flächendeckende Bewirtschaftung offen halten (quantitativ).
Vielfältige Kulturlandschaften Landschaftsqualitätsbeiträge: erhalten und fördern (qualitativ). • Leistungsbezogene Zahlungen pro ha Vertragsfläche auf der LN und Die Kantone oder andere im Sömmerungsgebiet. regionale Trägerschaften können nach Vorgaben des Bundes entsprechende Qualitätsziele festlegen.
Vielfältige landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaften. Konkrete Definition von Zielen und Indikatoren regional durch Trägerschaft.
Dezentrale Besiedlung Im Sinne der Subsidiarität sollen Kantone mit besiedlungs gefährdeten Gebieten eigene Ziele bezüglich dezentraler Besiedlung festlegen.
• Basis: Förderung über andere Direktzahlungsinstrumente • Spezifische Förderung über Investitionshilfen.
Konkrete Definition von Zielen und Indikatoren regional durch Kantone.
Tierwohlbeiträge: • BTS: permanente Zahlungen pro GVE. • RAUS: permanente Zahlungen pro GVE. Höhere Investitionshilfen für BTS.
Beteiligungsrate an den Programmen:
Steuerung über Höhe der leistungsbezogenen DZ.
Kapitalerneuerungsrate.
Tierwohl Möglichst hohe Beteiligungen bei besonders tierfreundlichen Haltungssystemen erreichen (Richtgrösse: 80 %).
–B esonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme (BTS). –R egelmässiger Auslauf im Freien (RAUS).
Einkommenssicherung Die Erbringung der gemein wirtschaftlichen Leistungen langfristig sicherstellen.
Soziale Notlagen aufgrund Anpassungsbeiträge: von Veränderungen der agrar • Befristete personengebundene Zahlungen als Differenz der DZ politischen Rahmenbedingungen vor und nach der Reform. verhindern.
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Agrarforschung Schweiz 1 (1): 10–17, 2010
Finanzielle Stabilität. Strukturwandel (Veränderung Anzahl Betriebe und Arbeitskräfte). Anteil Bauernhaushalte unter dem Existenzminimum.
Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems | Agrarwirtschaft
diversitätsbeiträge werden auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche und neu auch im Sömmerungsgebiet ent richtet. Die Umsetzung der nationalen Inventare auf diesen Flächen wird künftig zusammen mit dem Vollzug der Biodiversitätsbeiträge erfolgen. Zur Erhaltung der funktionalen Biodiversität (Bodenfruchtbarkeit, natürli che Schädlingsregulierung) auf der Produktionsfläche soll der Verzicht auf den Einsatz von gewissen Pflanzen schutzmitteln oder Mineraldüngern gefördert werden. Gesamtbetriebliche Ansätze, die langfristig auf solche Produktionsmittel verzichten, können so weiterhin spe zifisch gefördert werden (z. B. Biolandbau oder integ rierte Produktion). Landschaftsqualitätsbeiträge tragen zur Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung vielfältiger Kultur landschaften mit ihren spezifischen regionalen Eigenhei ten bei (z. B. Waldweiden). Landschaftsziele werden auf regionaler Ebene durch Trägerschaften in einem partizi pativen und sektorübergreifenden Prozess festgelegt. Die Bewirtschafter schliessen mit der Trägerschaft Be wirtschaftungsvereinbarungen ab; diese werden vom Bund geprüft und bewilligt. Der Bund richtet einen Ein heitsbeitrag an die Trägerschaft aus, die die leistungsbe zogene Verteilung im Projekt selber vornimmt. Mit Tierwohlbeiträgen wird eine möglichst hohe Be teiligung an Programmen zur Förderung besonders tier freundlicher Produktionsformen angestrebt. Die be währten Programme besonders tierfreundliche Stallhal tungssysteme (BTS) und regelmässiger Auslauf im Frei en (RAUS) sollen weitergeführt werden. Die Beitragshö he richtet sich nach den einmaligen und permanenten Mehrkosten der besonders tierfreundlichen Haltungs systeme, wobei die am Markt erzielbaren Mehrerlöse berücksichtigt werden. Die dezentrale Besiedlung wird indirekt über die Ausrichtung der vorgeschlagenen Direktzahlungsbei träge gefördert. Von besonderer Bedeutung sind dies bezüglich die Kulturlandschafts- und Versorgungssi cherheitsbeiträge, die je eine Komponente für den Aus gleich von natürlichen Erschwernissen enthalten. Eine spezifische Unterstützung soll nicht über Direktzahlun gen, sondern über Strukturverbesserungsmassnahmen erfolgen, da letztere besser geeignet sind, lokale Initia tiven zur Erhöhung der Wertschöpfung zu fördern. Nachhaltige Ressourcennutzung Damit die natürlichen Ressourcen nachhaltig genutzt werden, ist der ÖLN weiterhin Voraussetzung für die Ausrichtung von Direktzahlungen. Daneben sollen die freiwilligen, regionalen Projekte zur Vermeidung von negativen Externalitäten und Steigerung der Ressour ceneffizienz nach Artikel 62a Gewässerschutzgesetz und
Kasten 3 | Ist Bio drin?
Abgesehen davon, dass Biobetriebe über die verschiedenen Einzelinstrumente Direktzahlungen erhalten, soll auch der gesamt betriebliche Ansatz des Biolandbaus weiterhin mit Direktzahlungen gefördert werden. Der wesentliche Zusatznutzen der BioGesamtbetrieblichkeit liegt im Bereich der funktionalen Biodiversität. Durch den Verzicht auf den Einsatz von chemisch-syn thetischen Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern wird die Bodenfruchtbarkeit auf den Produktionsflächen positiv beeinflusst. Das gleiche gilt auch für andere Produktionssys teme, die langfristig auf den Einsatz dieser Produktionsmittel verzichten wie beispielsweise die integrierte Produktion. Der Bund soll also auch weiterhin Produktionsformen, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind, mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen fördern. Biobeiträge sind vollumfänglich in das neue Konzept integriert.
Artikel 77 a und 77 b Landwirtschaftsgesetz weiterge führt werden. Als zentrales Element zur Reduktion bzw. Schliessung der bestehenden Ziellücken im Umweltbe reich werden befristete Ressourceneffizienzbeiträge eingeführt. Damit soll die breitflächige Einführung von bewährten ressourcenschonenden Techniken gefördert werden. Die Umweltwirkung muss über die Dauer der Beitragszahlung hinaus erhalten bleiben. Eine Möglich keit dazu besteht darin, die Anwendung der entspre chenden Technik als gute landwirtschaftliche Praxis nach Ablauf der Förderung im ÖLN zu verankern. Der Erhaltung von fruchtbarem Kulturboden nicht nur in qualitativer sondern auch in quantitativer Hin sicht kommt künftig eine zentrale Bedeutung zu. Des halb sollen die Direktzahlungen mit den Instrumenten der Raumplanung verknüpft und so die Anreize zur Ver siegelung von landwirtschaftlich genutzten Flächen re duziert werden (z. B. Ausschluss von Flächen in der Bau zone von den Direktzahlungen). Sozialverträgliche Entwicklung Mit Anpassungsbeiträgen soll eine sozialverträgliche Ent wicklung gewährleistet werden. Sie bemessen sich nach der Differenz zwischen den Direktzahlungen, die ein Be trieb vor und jenen, die er nach der Umsetzung der Re
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Agrarwirtschaft | Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems
form erhält. Die Beiträge sind vollständig von der Produk tion entkoppelt und werden personengebunden ausge richtet. Sie sind befristet und sollen in sozialverträglichem Rhythmus abgebaut werden. Mit der klaren Trennung zwischen Instrumenten zur Leistungsförderung und zur Sicherstellung einer sozialverträglichen Entwicklung kön nen die strukturhemmenden Fehlanreize der heutigen Direktzahlungen stark reduziert werden.
• Strukturelle Fehlanreize des heutigen Systems werden mit der klaren Trennung von leistungs- und transferorientierten Zahlungen (Anpassungsbeiträ ge) eliminiert. Dadurch steigt die Flächenmobilität und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert sich. • Die Green-Box-Tauglichkeit des Direktzahlungs systems wird verbessert. Zudem liegt der Vorschlag in der Stossrichtung der agrarpolitischen Weiterent wicklung in der EU.
Schlussfolgerungen Das vorgeschlagene Direktzahlungssystem bietet ge genüber dem aktuell geltenden folgende Vorteile: • Dank der klaren Zielausrichtung wird die Effektivität des Direktzahlungssystems gesteigert. • Die Effizienz wird verbessert, so dass die definierten Ziele besser erreicht werden als bisher. • Die stringente Zuordnung von Leistungen, Zielen, Massnahmen und Indikatoren erhöht die Transparenz und damit die Steuerbarkeit durch die Politik. • Die Kommunizierbarkeit der Direktzahlungen wird erhöht. Sowohl die Steuerzahlenden als auch die Bäuerinnen und Bauern verstehen besser, weshalb Direktzahlungen ausgerichtet werden.
Die stärkere Zielorientierung birgt gleichzeitig die Gefahr eines höheren Vollzugsaufwands. Dem Aspekt des Vollzugs ist daher bei der Umsetzung des Konzepts besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Weiteres Vorgehen Der Bericht und das vorgeschlagene Konzept werden gegenwärtig in den zuständigen parlamentarischen Kommissionen diskutiert. Am 16. Oktober 2009 hat die Kommission des Ständerats eine Motion eingereicht, die den Bundesrat beauftragt, den Konzeptvorschlag zu konkretisieren und dem Parlament bis Ende 2011 eine Botschaft zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes zu unterbreiten (Motion 09.3973). n
Kasten 4 | Effizienzverbesserungspotenziale und Anpassungsbeiträge
Internationale Vergleiche zeigen, dass die Schweizer Landwirtschaft weiterhin über ein Potenzial zur Steigerung der Effizienz und zur Senkung der Kosten verfügt (Schmid 2009). Mit der Agrarpolitik sollen die Rahmenbedingungen so gesetzt werden, dass diese Verbesserungspotenziale genutzt werden. Im Konzept ist dazu vorgesehen, die Förderung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen klar von der Sicherstellung
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einer sozialverträglichen Entwicklung zu entkoppeln. Dies geschieht über die Einführung der Anpassungsbeiträge. Diese sollen schrittweise reduziert und die frei werdenden Mittel im Zuge weiterer Marktöffnungen zu den anderen, leistungsbezogenen Instrumenten umgelagert werden. Der Bundesrat beabsichtigt, die Landwirtschaft auch künftig mit Mitteln in der heutigen Grössenordnung zu unterstützen.
Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems | Agrarwirtschaft
Kasten 5 | Wird die Flächenmobilität durch die Flächenbindung gehemmt?
Ulteriore sviluppo del sistema dei pagamenti diretti In futuro, i pagamenti diretti saranno orientati in maniera più coerente verso le prestazioni d’interesse pubblico fornite dall’agricoltura e auspicate dalla popolazione. In un rapporto varato il 6 maggio 2009 il Consiglio federale propone uno sviluppo dell'attuale sistema dei pagamenti diretti. Le misure senza finalità specifiche saranno sostituite da nuovi strumenti mirati con conseguente miglioramento dell’efficacia e dell’efficienza del sistema.
Literatur b B undesrat, 2009. Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems, Bern. b B LW, 2009. Die Schweizer Landwirtschaft im Aufbruch. Das neue Landwirtschaftsgesetz – eine Bilanz nach zehn Jahren, Bern. b H ättenschwiler P. & Flury C., 2007. Beitrag der Landwirtschaft zur Ernährungssicherung. Agrarforschung 14 (11 – 12), 554 – 559. b H uber A. J., 2003. Direktzahlungen sind Subventionen. Blätter für Agrarrecht 37.
verstärkt in arbeitsintensive Betriebszweige (Spezialkulturen, Milch) fliessen. Die Konkurrenz um Flächen innerhalb dieser so vermehrt gestützten Betriebszweige würde zunehmen, so dass sich die Flächenmobilität nicht verbessert. Wichtiger als das Bezugskriterium (Fläche, Tiere, SAK) ist, dass Direktzahlungen richtig bemessen und auf die Ziele ausgerichtet sind. Genau das schlägt der Bundesrat mit seinem Konzept vor. Mit der Einführung von Anpassungsbeiträgen können zudem Fehlanreize und Renten des heutigen Systems stark reduziert werden, was insgesamt die Flächen mobilität erhöht.
Summary
Riassunto
Haupteinflussfaktor für die Flächenmobilität ist gemäss Mann (2008) die Gesamtstützungshöhe der Landwirtschaft (Grenzschutz, Marktstützung, Direktzahlungen), also die Frage, wie interessant es ist, eine Hektare Land zu bewirtschaften. Jeglicher Stützungsabbau fördert daher die Flächenmobilität. Die heutigen Direktzahlungen werden überwiegend flächenbezogen ausgerichtet. Aufgrund der Förderlimite bei den RGVE- und den TEPBeiträgen sind über 90 Prozent der heutigen Direktzahlungen flächengebunden. Die Flächenbindung nimmt mit dem Vorschlag des Bundesrates nicht zu. Teilweise wird die Einführung einer Zahlung pro Standardarbeitskraft (SAK) gefordert. Damit würden die Mittel jedoch
Development of the Swiss Direct Payments System In the future, direct payments shall target consistently the public services provided by agriculture as requested by society. In its report of 6th May 2009, the Federal Council proposed a modification of the current system of direct payments. Measures without specific aims are to be replaced by targeted tools. Thus the effectiveness and efficiency of the direct payments system will be improved. Key words: agricultural policy, multifunctionality, direct payments, targeting, reform.
b M ann S., 2008. Was hat es auf sich mit der Flächenmobilität? Agrarforschung 15 (9), 464 – 469. b O ECD, 2003. Multifunctionality – The Policy Implications. Paris. b O ECD, 2007. Policy Design Characteristics for Effective Targeting: Paris. b O ECD, 2008. Synthesis Report: Policy Design and Implementation. Paris. b S chmid D., 2009. Schweiz – Baden-Württemberg: Ein Produktivitätsvergleich. Agrarforschung 16 (4) 52 – 57.
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N u t z t i e r e
Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der Kälber Isabelle Morel und André Chassot, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux Auskünfte: Isabelle Morel, E-Mail: isabelle.morel@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 71 11
Diese zwei dreieinhalb Monate alten Kälber stammen vom selben Charolais-Vater. Das Kalb links hat eine F1-Mutter (Red Holstein x Limousin), dasjenige rechts eine Angus-Mutter.
Einleitung Das in der Schweiz produzierte Kalbfleisch stammt in erster Linie von Milchkuh-Kälbern, die in spezialisier ten Betrieben oder in Milchviehbetrieben zur Verwer tung der Überschussmilch gemästet werden. Wegen der hohen Spezialisierung der für die Milchproduktion bestimmten Kühe ist die Schlachtkörperqualität der Tiere häufig ungenügend. Ausserdem wird bei dieser Produktionsform von Seiten der Konsumentinnen und Konsumenten manchmal wegen des erhöhten Anti
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biotikaeinsatzes Kritik laut. Aufgrund dieser Proble matik hat die Vereinigung «Mutterkuh Schweiz» zu sammen mit ihren Haupthandelspartnern ein Projekt zur Förderung der Kalbfleischproduktion in Betrieben mit Mutterkuhhaltung erarbeitet. Diese Produktion erlaubt es, dass die Kälber bei ihren Müttern aufwach sen. Obwohl diese Produktionsform in Frankreich recht geläufig ist, musste sie an Schweizer Verhältnisse an gepasst werden. Die Anpassung erfolgte anhand von Erfahrungen, die auf etwa 20 Pilotbetrieben und im Rahmen eines Versuchs von Agroscope Liebefeld-Posi
Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der Kälber | Nutztiere
Faktoren
Haltungssystem (siehe Abbildung 1) GF = Mehrraumlaufstall mit für die Kälber geschlossener Futterkrippe der Mütter OF = Einraumlaufstall mit freiem Zugang der Kälber zur Futterkrippe der Mütter (offene Futterkrippe)
Kreuzungstypen (Rasse Mutter x Rasse Vater) AN = Angus x Charolais F1 = F1 (RH* x Limousin) x Charolais LI = Limousin x Charolais *RH = Red Holstein
Anzahl Tiere
GF = 15 Kuh-Kalb Paare; AN, F1 und LI: für jeden OF = 30 Kuh-Kalb Paare Typ 15 Kuh-Kalb Paare
Mütter
Alle mindestens in der zweiten Laktation. Ration: Mischung aus Grassilage und Heu in je nach mittlerem Laktationsstadium der Herde variierenden Anteilen, ad libitum
Kälber: Rationen
Freier Zugang zu den Müttern. Heu ad libitum in Raufen an einem dafür reservierten Ort. Getreidemischung (Maisflocken: Gersteflocken, 50 : 50) ad libitum über den KFA* gegeben Leckstein für Mineralstoff- und Vitaminzufuhr *KFA = Kraftfutterautomaten
Kälber: Gesundheit
Prophylaktische Behandlung gegen die Weissmuskelkrankheit. Je nach Hämoglobingehalt (Hb) differenzierte Eisenzufuhr (Fe) in Form einer Paste bei der Geburt und im Alter von 4 Wochen, wenn Hb < 9 g/dl (maximal bis zur 4. Lebenswoche)
Schlachtungen
Zeitpunkt: • Maximales Schlachtgewicht ohne Abzug, Schätzung gemäss Lebendgewicht • Maximal 6 Monate alt
Versuchsparameter
Heuverzehr (gruppenweise wöchentliche Erhebung), Getreideverzehr (individuelle tägliche Erhebung) und Mineralstoffe (gruppenweise Erhebung). Lebendgewicht bei der Geburt, anschliessend alle 2 Wochen sowie bei der Schlachtung. Schlachtkörperqualität: Ergebnis gemäss CH-TAX Bewertung auf dem Schlachthof. Gesundheit und Vitalität: Überwachung der Eisenversorgung (Hb) und anderer Blutparameter; Kalbungsprotokolle; Protokolle veterinärmedizinischer Behandlungen.
Zusammenfassung
Tab. 1 | Versuchsbedingungen
Der Versuch hatte das Ziel, die Machbarkeit einer Kalbfleischproduktion mit Kälbern aus Mutterkuhhaltung unter Schweizer Bedingungen zu untersuchen. Dabei wurden die Leistungen der Kälber je nach Kreuzungstyp ihrer Mütter miteinander verglichen sowie der Fütterungsstatus der Kälber in Abhängigkeit davon, ob sie Zugang zur Futterration ihrer Mütter hatten oder nicht. Der Versuch erfolgte mit 45 Kuh-Kalb-Paaren, welche auf drei Kreuzungstypen aufgeteilt wurden (Rasse Mutter x Rasse Vater): Angus x Charolais (AN), F1 (=Red Holstein x Limousin) x Charolais (F1) und Limousin x Charolais (LI). Die Tiere wurden entweder in einem Mehrraumlaufstall gehalten, in welchem die Kälber keinen Zugang zu den Futterkrippen ihrer Mütter hatten oder in einem halboffenen Einraumlaufstall, in welchem die Kälber auch die Ration ihrer Mütter verzehren konnten. Die Kälber wurden im Durchschnitt mit einem Lebendgewicht von 249 kg im Alter von fünf Monaten und zehn Tagen geschlachtet und hatten dabei einen mittleren Tageszuwachs von 1250 g erzielt. Mehr als 90 % der Tiere wurden in Bezug auf ihre Fleischigkeit den CH-TAX Kategorien C und H zugeordnet bei einer mittleren Fettabdeckung von 2,3. Die Fleischfarbe war bei 44 % der Kälber rosa und bei den übrigen Tieren rot. Das Haltungssystem beeinflusste den durchschnittlichen täglichen Heu- und Getreideverzehr ebenso wie den Tageszuwachs deutlich. Tendenzielle oder signifikante Unterschiede wurden auch zwischen den Kreuzungstypen festgestellt. Auf der Basis dieser Mast- und Schlachtleistungsergeb nisse kann diese Produktionsweise als praxis tauglich betrachtet werden.
eux ALP gesammelt wurden. Ziel des ALP-Versuches war, die Mast- und Schlachtleistungen der Kälber je nach Kreuzungstyp zu vergleichen und den Fütte rungsstatus der Kälber zu bewerten.
Methode Abb. 1 | In einem der Haltungssysteme (GF) hatten nur die mit einem Chip ausgerüsteten Kühe Zugang zur Futterkrippe (links), wohingegen sich die Kälber im Einraumlaufstall (OF) an der Futterkrippe der Mütter bedienen konnten (rechts).
Versuchsdurchführung Die Versuchsbedingungen des bei ALP durchgeführten Versuchs werden in Tabelle 1 wiedergegeben.
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Nutztiere | Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der Kälber
Resultate
ter Einfluss des Haltungsystems nachgewiesen (mit Zu gang (OF = offene Futterkrippen) oder ohne Zugang (GF = geschlossenen Futterkrippen) zu den Rationen der Mütter). Das OF-System erwies sich bei einer um 13 Tage kürzeren Mastzeit mit 1280 g Tageszuwachs gegenüber 1188 g im GF-System als vorteilhafter (P = 0.005). Hinge gen beeinflusste der Kreuzungstyp die Wachstumsge schwindigkeit nicht in signifikanter Weise, wie aus Ab bildung 2 hervorgeht. Die Kurven der Zuwachsentwick lung zeigen, dass der durchschnittliche Zuwachs wäh rend der ersten drei Lebenswochen zwischen 1200 und 1300 g pro Tag liegt, um anschliessend bis zum Alter von etwas mehr als drei Monaten auf 1000 – 1100 g/T zu sin ken, welches durchschnittlich 80 bis 160 kg LG entspricht. Ab dem 4. Monat (ca. 170 kg) und bis zur Schlachtung war der Zuwachs besonders hoch (1400 – 1500 g/T).
Verlauf der Abkalbungen Die Abkalbungen erfolgten in 84 % aller Fälle ohne Hil fe, in 9 % der Fälle mit leichtem Zug und in 7 % der Fälle mit mittlerem Zug. Ein einziges Kalb starb bei einer Zwil lingsgeburt, bei welcher der andere Zwilling überlebte. Das mittlere Geburtsgewicht der Kälber betrug 47,2 kg, ohne nennenswerte Unterschiede zwischen den ver schiedenen Kreuzungstypen. Wachstum der Kälber Von der Geburt bis zur Schlachtung erreichten die Käl ber bei einem durchschnittlichen Lebendgewicht von 249 kg einen mittleren Tageszuwachs von 1250 g in 163 Tagen (5 Monate und 10 Tage). Es wurde ein signifikan
1800 1600 1400
TZ, g
1200 1000 800
AN
600
F1
400
LI
177 (239)
163 (230)
149 (220)
135 (204)
121 (189)
107 (169)
93 (150)
79 (136)
65 (121)
51 (106)
37 (92)
23 (76)
0
9 (58)
200
Alter, Tage (durchschnittliches Lebendgewicht, kg) Abb. 2 | Entwicklung des Tageszuwachses (TZ) je nach Kreuzungstyp.
3 GF 2.5
Getreide, kg/Tag
OF 2 1.5 1 0.5 0 109
116
124
132
140
148
156
165
174
Lebendgewicht, kg Abb. 3 | Getreideverzehr in Abhängigkeit von Gewicht und Haltungssystem.
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194
204
214
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Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der Kälber | Nutztiere
Futteraufnahme Das vorgelegte Heu entsprach gemäss Grünem Buch (ALP, 2008) dem Typ G7 und wies einen geringen Nähr wert auf (in der TS: 72 g RP, 341 g RF, 4,7 MJ NEL). Sein Eisengehalt lag bei 269 mg/kg TS. Die pro Gruppe erho bene Futteraufnahme wurde durch das Haltungssystem beeinflusst: diejenigen Kälber, welche keinen Zugang zu den Krippen ihrer Mütter hatten (GF), nahmen mit durchschnittlich 580 g pro Kalb und Tag mehr Heu auf als diejenigen Kälber, die auch die Ration der Kühe ver zehren konnten und nur 220 g Heu pro Tag aufnahmen. Die Getreidemischung bestand aus Mais- und Gers tenflocken (50 : 50). Die Mischung wies in der TS folgen de Gehalte auf: 107 g RP, 30 g RF, 30 g RL und 8,3 MJ NEL. Ihr Eisengehalt betrug 26 mg/kg TS. Mit dem KFA (Kraftfutterautomaten) liess sich die Getreideaufnahme individuell aufzeichnen. Die Kälber benötigten lange Zeit, bevor sie mit dem Verzehr be gannen. Die ersten Kälber waren bereits älter als drei Monate, als sie tatsächlich anfingen, Getreide zu ver zehren. Anschliessend stieg die Aufnahme rasch an, ins besondere im GF-System, in welchem die durchschnittli che Aufnahme am Ende bei 722 g pro Kalb und Tag lag. Der Unterschied zum OF-System (523 g/Kalb, T) ist hier weniger ausgeprägt als in Bezug auf Heu, bleibt jedoch signifikant (P=0,017). Der Getreideverzehr in Abhängig keit vom Gewicht und Haltungssystem wird in Abbil dung 3 wiedergegeben. Es zeigt sich, dass die beiden Haltungssysteme sich erst ab etwa 200 kg LG deutlich voneinander unterscheiden. Die F1-Kälber haben weni ger Getreide verzehrt (P=0,003) als die Kälber der bei den übrigen Kreuzungstypen Angus (AN) und Limousin (LI). Der Gesamtgetreideverzehr pro Kalb beträgt wäh rend der gesamten Mastdauer pro Kalb durchschnittlich 100 kg mit grossen individuellen Schwankungen (min. 2 kg, max. 250 kg). Der späte Verzehrsbeginn lässt sich
zum Teil mit der Tatsache erklären, dass das Getreide über den KFA verfüttert wurde. Schlachtergebnisse und Schlachtkörperqualität Das Haltungssystem hat die gemäss CH-TAX (Proviande 2005) bewertete Schlachtkörperqualität nicht beein flusst. Die Tatsache, dass die Kälber Zugang zur Ration ihrer Mütter hatten, führte zu einer Erhöhung des An teils an rotfleischigen Kälbern (62 % gegenüber 43 %), die jedoch nicht signifikant war. Der Einfluss des Kreuzungstyps machte sich in erster Linie im Hinblick auf die Fleischigkeit bemerkbar; mehr als 70 % der LI-Kälber befanden sich in der Klasse C ge genüber weniger als 20 % bei der beiden übrigen Kreu zungstypen, die am meistens der Klasse H zugeordnet wurden (Tab. 2). Was die Schlachtausbeute betrifft, so liegt das Ergebnis der AN tendenziell einen Prozent punkt unterhalb der Ergebnisse von F1 und LI (n. s.), wohingegen die Gruppe F1 bei Fettabdeckung und Far be tendenziell die besten Noten erzielte und den gröss ten Teil an rosafleischigen Kälbern aufwies. Darüber hi naus ist der Einfluss des Geschlechts auf die Parameter «Schlachtausbeute», «Fettabdeckung» und «Farbe» nicht zu vernachlässigen. Verglichen mit den männli chen erzielten die weiblichen Tiere eine um einen %-Punkt tiefere Schlachtausbeute (55,0 vs. 56,3 %), dies jedoch bei einer nahezu optimalen Fettabdeckung von durchschnittlich 2.7 (75 % der Tiere mit der Note 3) ge genüber weniger als 2.0 im Durchschnitt bei den männ lichen Tieren. Ausserdem hatten die weiblichen Tiere eine starke Tendenz (P = 0,085) rotfleischiger zu sein als die männlichen Kälber (70 % gegenüber 43,5 %). Eisenversorgung Mit einem durchschnittlichen Hämoglobinwert (Hb) von 12.8 g/dl bei der Geburt entspricht die Eisenversor
Tab. 2 | Schlachtergebnisse je nach Kreuzungstyp AN
F1
LI
P
LG Schlachtung, kg
249,5
248,6
249,1
0,916
Schlachtgewicht, kg
136,6
140,0
139,0
0,199
Schlachtausbeute, %
54,9
56,3
55,9
0,2711
4,10 b
4,14 b
4,68 a
0,0261
2,33
2,50
2,07
0,241
60,0 40,0
42,9 57,1
64,3 35,7
0,484 4
Fleischigkeit, Note 2 Fettabdeckung, Note
3
Fleischfarbe, rot in % rosa in % 1 3
Nicht-parametrischer Kruskal-Wallis Test; 2 Fleischigkeitsklassen gemäss CH-TAX: 5 = C; 4 = H; 3 = T; 2 = A ; 1 = X; Fettgewebeklassen: optimal = 3 (1 = ungedeckt / 5 = überfett); 4 Chi2-Test
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Nutztiere | Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der Kälber
gung den Werten der Milchrassekälber, die an der ALP geboren werden (Morel 1996). Bei der Geburt (Abb. 4) erhielten nur zwei Kälber eine Eisensupplementierung von 230 mg bei Hb-Werten von 8,3 und 9 g/dl. Im Alter von vier Wochen war der allgemeine Durchschnittswert um 2,7 Punkte gesunken, zehn Kälber erhielten die vor gesehene Minimalzufuhr von 230 mg Fe und vier Käl bern wurden 690 mg Fe bei Hb-Werten in Höhe von 6 – 8 g/dl gegeben. Da sich die Fütterung von der kon ventionellen Mastkälberfütterung unterschied, stiegen die Hämoglobinwerte ab der 4. Woche erneut an und lagen bei der Schlachtung in einer Höhe von 12,3 g/dl gegenüber 8 bis 9 g/dl bei konventionell gefütterten Mastkälbern. Dadurch lässt sich auch der bei dieser Pro duktionsweise vorhandene hohe Anteil rotfleischiger Kälber erklären. Kälbergesundheit Der Gesundheitszustand der Kälber kann während des gesamten Versuchs als gut angesehen werden. In eini gen Fällen kam es zu Durchfall oder Lungenentzündung. Im GF-Haltungssystem wurden insgesamt 42 Be handlungstage für 14 Kälber verzeichnet, was im Durch schnitt 3.0 Tagen pro Kalb entspricht. Auch im OF-Sys tem lag der Durchschnitt an Behandlungstagen bei 3.0 pro Kalb (87/29).
Schlussfolgerungen • Die Mast- und Schlachtleistungen lassen sich als gut bezeichnen. • Der Kreuzungstyp F1 unterschied sich tendenziell von den beiden übrigen durch eine höhere Schlacht leistung, eine bessere Fettabdeckung, eine günsti gere Fleischfarbe und das höchste durchschnittliche Wachstum. Ausserdem verzehrten die F1-Kälber signifikant weniger Getreide als die übrigen Kälber. Die beste Fleischigkeit wiesen die Tiere des Typs LI auf. • In dem Praxisbedingungen entsprechenden OFSystem mit freiem Zugang der Kälber zur Futter krippe der Kühe, kam es im Vergleich zum Haltungs system ohne Zugang zur Futterkrippe der Kühe (GF) zu einer signifikanten Verbesserung des Tageszu wachses von ca. 100 g/T sowie zu einer Reduktion der Mastdauer von etwa 13 Tagen. Der Anteil rotfleischi ger Kälber ist im OF-System hingegen tendenziell höher (62 % gegenüber 43 %). • Im OF-System lag der Verzehr von Heu und Getreide im Durchschnitt bei 220 bzw. 520 g/Kalb und Tag (gegenüber durchschnittlich 580 bzw. 720 g im ande ren System). • 75 % der weiblichen Kälber erzielten hinsichtlich der Fettabdeckung die Bestnote (gegenüber lediglich 13 % der männlichen Tiere). Die Fleischfarbe ist jedoch bei den männlichen Tieren tendenziell vorteilhafter. • Auf der Grundlage dieser Ergebnisse ist das Produk tionssystem als praxistauglich zu bezeichnen. n
14 13 12 11 AN 10 F1 9 8
LI Geburt
4 Wo
8 Wo
*Schlachtung = 22 Wochen Abb. 4 | Entwicklung des Hämoglobingehaltes (Hb) je nach Kreuzungstyp.
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12 Wo
Schlachtung*
Produzione di carne di vitello allevato insieme alla madre: rendimento dei vitelli Lo scopo della prova era quello di verificare la fattibilità, nelle condizioni svizzere di una produzione di carne di vitello proveniente da capi allevati insieme alla madre. Si trattava di confrontare lo sviluppo dei vitelli, a dipendenza del tipo genetico delle madri e di valutarne lo stato nutrizionale secondo la loro possibilità o, impossibilità, di accedere alla razione materna. La prova è stata condotta con 45 coppie di animali (vacca + vitello), suddivise in tre gruppi genetici (razza della madre x razza del padre): Angus x Charolaise (AN), F1 (= Red Holstein x Limousine) x Charolaise (F1) e Limousine x Charolaise (LI). Gli animali sono stati allevati sia all’interno di un sistema di stabula zione libera a compartimenti multipli, dove i vitelli non avevano accesso alle razioni materne, sia in un sistema di stabulazione libera a compartimento unico, dove questi potevano consumare le razioni materne. I vitelli sono stati abbattuti all’età di 5 mesi e 10 giorni, facendo registrare un peso vivo medio di 249 kg e una crescita giornaliera media di 1250 g. Le categorie d’ingrasso C e H della CH-TAX, corrispondenti a una copertura media del 2,3, sono state attribuite a più del 90% dei capi. Il colore della carne è risultato roseo nel 44% degli esemplari e rosso nel restante 66%. Il sistema d‘allevamento ha sensibilmente influenzato il consumo medio giornaliero di fieno e cereali, nonché la crescita giornaliera dei vitelli. Tra i diversi gruppi genetici sono pure state riscontrate differenze tendenziali o significative. Sulla base di questi dati zootecnici, la modalità di produzione sembra essere applicabile nella pratica.
Literatur b A groscope Liebefeld-Posieux ALP, 2008. Fütterungsempfehlungen und Nährwerttabellen für Wiederkäuer. Zugang: http://www.alp.admin.ch/dokumentation/00611/00631/index. html?lang=de [31.07.2009]
Summary
Riassunto
Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung: Leistungen der Kälber | Nutztiere
Production of veal from suckled beef calves: calf performance The purpose of this study was to test the feasibility of veal production from suckled beef calves under Swiss conditions. The performances of the calves were compared as a function of the genetic type of the mother and their nutritional status was evaluated as a function of their access to the mothers’ diet. The test was carried out with 45 «cow-calf» pairs divided equally between three genetic types (mother breed X father breed): Angus X Charolais (AN), F1 (Red Holstein X Limousin) X Charolais (F1) and Limousin X Charolais (LI). The animals were kept either in a multiple surface free stall system where the calves did not have access to the mothers’ mangers or in a single surface free stall system with access to the mothers’ ration. On average, the calves were slaughtered at a live weight of 249 kg, at 5 months and 10 days of age after an average daily increase of 1250 g. More than 90% of the animals were allotted to the CH-TAX carnosity classes C and H with an average fat tissue cover of 2.3. The meat colour was pink in 44% of the calves and red in the remainder. The stable system appreciably influenced the average daily consumption of hay and cereals as well as the daily weight gain. Significant differences or trends were also noted between the genetic groups. On the basis of these fattening and carcass performances, this system of production appears to be applicable in practice. Key words: veal, suckled beef calves, performance.
b M orel I., 1996. Die Eisenversorgung beim Mastkalb. Agrarforschung 3 (2), 53 – 56. b P roviande, 2005. CH-TAX. Einschätzungssystem für Schlachttiere und Schlachtkörper (Rindvieh, Schafe). Proviande, Berne, 19 S.
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U m w e l t
Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung Stefan Mann, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Auskünfte: Stefan Mann, E-Mail: stefan.mann@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 31 31
Der Enzian ist eine der Zeigerarten für biologische Qualität. (Foto: Lisa Eggenschwiler, ART)
Einleitung Mit der 2001 verabschiedeten Ökoqualitätsverord nung (ÖQV) hat die Schweiz auch im internationalen Vergleich Neuland beschritten. Klassische agrarökolo gische Programme entschädigen die Landwirtin und den Landwirt dafür, dass er seinen Faktoreinsatz ein schränkt (z. B. durch den Verzicht auf Mineraldünger) oder bestimmte Landschaftselemente bereitstellt (z. B. Hochstammbäume). Im Rahmen der ÖQV mit ihren beiden Teilen «Vernetzung» und «Qualität» wurde ein stärkerer Fokus auf ökologische Outputs gelegt. Ziel dieses Beitrags ist, im institutionellen Design dieser beiden Teile explizit Schwachpunkte zu identifizieren und auf dieser Grundlage Empfehlungen zur Optimie rung der ÖQV zu formulieren. Die Architektur der ÖQV Der Impuls zur Schaffung der ÖQV ist der öffentlichen Wahrnehmung um die Jahrtausendwende geschuldet, man habe zwar eine Vielzahl agrarökologischer Pro
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gramme etablieren können, die Artenvielfalt sei damit aber nicht spürbar verbessert worden (BUWAL 1998). So entstand ein öffentlicher Druck, ein gezielt auf die Ar tenvielfalt ausgerichtetes und damit ergebnisorientier tes Instrument zu schaffen. Für den Bereich der Flora geschah dies durch den Teil «Qualität». Für Flächen, die in einem agrarökologischen Programm auf Grünland angemeldet waren, wurde ein relativ einfaches Qualitätskriterium definiert: Die Fläche weist eine hohe Qualität auf, wenn mindestens sechs von rund 40 Pflanzentaxa darauf zu finden sind, die ty pisch für artenreiches Grünland sind und die somit eine hohe Artenvielfalt indizieren. Die Auswahl dieser Indi katortaxa erfolgte auf wissenschaftlicher Basis. Die Kan tone konnten diese direkt übernehmen oder ihren regi onalen Besonderheiten anpassen. Die abgeänderten Artenlisten mussten vom Bund auf ihre Gleichwertigkeit mit den Bundeslisten geprüft und akzeptiert werden. Für den Bereich der Fauna wurde kein analoges Vor gehen gewählt, da Tiere mobiler sind als Pflanzen und ihr Vorhandensein auf einer bestimmten Fläche ebenso ta ges- wie jahreszeitenabhängig sein kann. Auch die Nach weisbarkeit von Tieren gestaltet sich witterungsbedingt schwieriger als die von Pflanzen. Hier machte der Gesetz geber sich die Erkenntnis zunutze, dass Tiere oft ein flo ristisch und strukturell definiertes Habitat einer bestimm ten Minimalgrösse benötigen, um zu überleben. Entspre chend fördert der Bund die Vernetzung bestimmter flo ristisch und strukturell definierter Flächen, deren fauna schonende beziehungsweise -fördernde Bewirtschaf tung (Schnitttermine, Schnittstaffelung, Mähwerkzeuge etc.) ebenfalls vorgeschrieben wird, mit dem Ziel des Er halts (oder der Ansiedlung) bestimmter Arten auf diesen Flächen. In die Vernetzungsprojekte dürfen nur Flächen eingebracht werden, die ohnehin als ökologische Aus gleichsflächen im Rahmen der Direktzahlungsverord nung angemeldet sind. Jedem Projekt muss ein Konzept zugrunde liegen, das den Ausgangszustand, den ge wünschten Zustand – konkret definiert durch faunisti sche und floristische Ziel- und Leitarten (BAFU und BLW, 2008) – und einen Massnahmenplan beinhaltet. Eine wei tere Fördervoraussetzung ist die längerfristige Bindung
der Flächen: Der Förderzeitraum erstreckt sich grundsätz lich über sechs Jahre, wobei die meisten Flächen nach Ab lauf dieser Zeitspanne erneut angemeldet werden. Die Förderhöhe lag lange Zeit bei 500 Franken pro Hektare und Programmteil, sodass man bei gleichzeiti ger Inanspruchnahme beider Programmteile auf 1000 Fr./ha kam. Mit der Revision der Verordnung im Jahr 2008 wurden die Beiträge in der Tendenz deutlich er höht und bewegen sich nun in Abhängigkeit von der Zone und Flächenart zwischen 300 Fr./ha (für extensiv genutzte Weiden in den Bergzonen III – IV) und 2000 Fr./ ha (für Qualitäts-Hecken und Feldgehölze). Für Wiesen und Ackerflächen (letztere nehmen nur an Vernet zungsprojekten teil) werden bis zur Bergzone II 1000 Fr./ ha pro Programm vergütet. Ausserdem wurden für ex tensiv genutzte Weiden, für Waldweiden und für Reb flächen mit natürlicher Artenvielfalt neu Qualitätskrite rien definiert. Damit können auch für diese Elemente Beiträge für die biologische Qualität ausbezahlt werden. So lässt sich beobachten, dass die Inanspruchnahme der Mittel für die ÖQV, die zu 80 Prozent vom Bund und zu 20 Prozent vom Kanton beziehungsweise von den Ge meinden bereitgestellt werden, kontinuierlich gestiegen ist und weiter steigt. Da der Teil «Vernetzung» von den Kantonen mehr Vorarbeit erfordert als der Teil «Quali tät», sind einige Kantone erst in den letzten Jahren in diesen Programmteil eingestiegen, sodass zu erwarten ist, dass die Zuwächse bei der Vernetzung in den kom menden Jahren weiterhin die bei der Qualität überstei gen werden, beziehungsweise immer mehr Flächen mit Qualität auch in Vernetzungsprojekte eingebunden sind.
Methode Methodik der Evaluation Grundsätzlich steht man in den Sozialwissenschaften stets vor der Entscheidung zwischen quantitativen und qualitativen Methoden. Während man durch quantitati ve Methoden Hypothesen auf den Grad ihrer Wahr scheinlichkeit prüfen und modellgestützte Optimierun gen durchführen kann, helfen qualitative Methoden, neue Zusammenhänge sichtbar zu machen und Hypo thesen so überhaupt erst zu entwickeln. Um gerade die vielen innovativen Aspekte des Pro gramms auf die Frage hin untersuchen zu können, an welchen Stellen die beiden Programmteile aus instituti onenökonomischer Perspektive noch Optimierungspo tenzial für einen effizienten Erhalt der Artenvielfalt bie ten, war ein relativ breiter Methodenmix notwendig. Gerade die sehr heterogenen Vernetzungsprojekte er schweren Standardisierungen, sodass sich hier ein ver tiefter Rückgriff auf qualitative Methoden anbot.
Zusammenfassung
Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung | Umwelt
Mit einem breiten Methodenmix wurden die beiden Teile «Qualität» und «Vernetzung» der Ökoqualitätsverordnung in Hinblick auf Schwachstellen bei ihren Transaktionskosten, ihrer institutionellen Ausgestaltung in den Kantonen und die mit den Programmen verbundenen Landnutzungsänderungen untersucht. Im Ergebnis werden für den Bereich «Qualität» abgestufte Beitragshöhen vorgeschlagen, für den Bereich «Vernetzung» ein Ersatz der fixen Hektarbeiträge durch individuell beantragte beziehungsweise ausgeschriebene Projekte.
Zunächst stehen die outputbezogenen Massnahmen, wie auch in Diskussionen mit politischen Entscheidungs trägern deutlich wurde, im Generalverdacht hoher Transaktionskosten. Vatn (1998) und Vatn et al. (2002) vertreten die These, dass sehr zielgerichtete politische Spezialprogramme im Vergleich gerade mit Marktinter ventionen anteilig höhere Transaktionskosten verursa chen. Vor diesem theoretischen Hintergrund war es zweckmässig, sich für beide Teile der ÖQV ein Bild über die Höhe der anfallenden Transaktionskosten zu ma chen. Dabei musste bereits eine differenzierte Metho dik angewandt werden: Im Programmteil «Qualität» macht es Sinn, die durchschnittlich pro Hektar anfallen den Transaktionskosten zu betrachten. Dagegen sind die Vernetzungsprojekte bezüglich ihrer Grösse und ih res Anspruches zu heterogen, als dass sich sinnvoll allfäl lige Durchschnittswerte bilden liessen. Hier kommt es stärker darauf an, in welcher Grössenordnung und an welchen Stellen Transaktionskosten entstehen können. Der Gestaltungsspielraum der Kantone im Pro grammteil «Qualität» ist gering. Im Programmteil «Ver netzung» geht der Freiheitsgrad der kantonalen Ver waltungen jedoch deutlich weiter. Hier ist zu entschei den, durch welche Organisationen Vernetzungsprojek te initiiert werden, welche Anforderungen dabei ge stellt werden, wer die Verträge mit den beteiligten Landwirtinnen und Landwirten abschliesst und wer die Kontrolle über die Vertragseinhaltung übernimmt. Ein Vergleich der kantonalen Reglemente erbringt unter ordnungspolitischer Perspektive Aufschlüsse über An reizstrukturen und Programmeffizienz. Zuletzt ist schliesslich noch zu beantworten, welche konkreten Auswirkungen die beiden Programme auf die Landnutzung und Artenvielfalt haben. Diese ent scheidende Frage lässt sich vollständig zwar nur durch eine Vor-Ort-Erfassung der einzelnen Arten beantwor
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Umwelt | Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung
ten, doch einiges kann bereits aus den Anpassungen in der landwirtschaftlichen Nutzung abgelesen werden. Wenn sich etwa durch eine Beteiligung an den Program men nichts an der Art und Intensität der Landnutzung ändern würde, so bestünde kaum Hoffnung, dass das Programm positiv zur Erhöhung der Artenvielfalt (wenn auch für deren Erhalt) beiträgt. Unter diesen Gesichtspunkten ergab sich für die Eva luation ein sehr breiter Methodenmix, der aus einem Vergleich der kantonalen Vorschriften in der Schrift form, einer Erfassung von Transaktionskosten auf den unterschiedlichen Ebenen und Interviews bestand. Die Interviews, die den vielleicht wichtigsten Teil der Evalu ation darstellten, wurden beim Bundesamt für Land wirtschaft, bei zehn kantonalen Verwaltungen (AI, AR, FR, GR, JU, NE, SO, VD, VS, ZH) einem Planungsbüro und einer koordinierenden Gemeinderätin durchgeführt. Sie wurden einerseits transkribiert und teilweise mit der Methode der objektiven Hermeneutik, also der vertief ten Analyse einzelner Textsequenzen (Oevermann 2001; Mann und Schweiger 2009) ausgewertet. Andererseits dienten sie gemeinsam mit den anderen Quellen auch als Grundlage für Vergleichstabellen, die zur Auslotung der institutionellen Bandbreite angelegt wurden.
Resultate und Diskussion Transaktionskosten der Ökoqualitätsverordnung Bereits beim Thema der Transaktionskosten ist es sehr wichtig, zwischen den beiden Teilen der ÖQV zu unter scheiden. Für den Bereich der Qualität fallen Transakti onskosten bei der Betriebsleitung an, die sich einerseits bei jener kantonalen Verwaltung über das Programm in formieren muss, welche die Anträge entgegennimmt und schliesslich das Vorhandensein der Qualitätsindikatoren
Eidgenössische Forschungsanstalt
Auftragsarbeit zur Konzeption
Kantonale Verwaltung
Zahlung, Definition von Landnutzungsänderungen
Integration geeigneter Habitate
Landwirte
Abb. 1 | Institutionelle Ausgestaltung der ÖQV in Appenzell Ausserrhoden.
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auf den Grünlandflächen kontrolliert, sowie andererseits in vernachlässigbarem Umfang (< 1 Promille) auch noch bei jener Bundesverwaltung, in der sich die Inhaberin ei ner Teilzeitstelle mit der ÖQV beschäftigt. Durch eine Quantifizierung dieser Transaktionskosten (Bernhard 2006) weiss man allerdings, dass ihr Anteil bei den Zah lungen an die Betriebsleitung im Programmteil «Quali tät» unter fünf Prozent beträgt und sich damit im Rah men der übrigen agrarökologischen Programme bewegt. Für den bislang noch nicht auf seine Transaktionskos ten untersuchten Teil der Vernetzungsprojekte fallen an den oben genannten Stellen ebenfalls Kosten an, die jedoch aufgrund der Heterogenität der Projekte nicht prozentual berechnet wurden. Darüber hinaus macht der Verordnungstext noch den Einbezug anderer Stellen notwendig, an denen Kosten anfallen. So ist beispiels weise Vorschrift, dass am Anfang eines jeden Vernet zungsprojekts ein Konzept erstellt wird, in dem der öko logische Ausgangszustand dargestellt und die ange strebte Entwicklung zu beschreiben ist. Diese Kosten weisen ein hohes Mass an Heterogenität auf. Während viele Konzepte für 10 000 – 20 000 Franken erstellt wer den, gab es auch Vernetzungskonzepte für 70 000 oder 200 000 Franken. Entsprechend unterschiedlich ist auch der Anteil an Transaktionskosten an den jährlichen Hektartransfers, denn dieser Anteil hängt auch deutlich davon ab, ob das Projekt über sechs, zwölf oder mehr Jahre läuft, und welche Flächen darin integriert werden. Dies gilt unabhängig davon, wer diese Transaktionskos ten trägt, denn von lokalen Gebietskörperschaften über die kantonale Verwaltung, das Bundesamt für Umwelt BAFU, das Bundesamt für Landwirtschaft BLW bis hin zu den Landwirtinnen und Landwirten selbst gibt es dort in den einzelnen Kantonen viele Varianten von anteiligen und teilweise auch vollständigen Finanzierungen. Schliesslich sollte noch betont werden, dass die Transaktionskosten kein Mass für die Effizienz eines Ver netzungsprojektes sind. Wahrscheinlich ist das Geld für ein billig und schlecht geplantes Vernetzungsprojekt aus ökologischer Sicht weniger gut investiert als Geld für ein anspruchsvoll geplantes Vernetzungsprojekt mit ei nem vergleichsweise höheren Transaktionskostenanteil. Institutionelle Ausgestaltung Auch bezüglich der institutionellen Ausgestaltungs möglichkeiten sind Freiheitsgrade im Programmteil «Qualität» sehr begrenzt. Bis auf die organisatorischen Unterschiede, die es auch für die traditionellen Agrar ökomassnahmen gibt (z. B. die mögliche Delegation der Vor-Ort-Kontrollen) beschränkt sich die Freiheit vor al lem auf die Definition von abweichenden Kriterien, die gleichwertig zu jenen des Bundes sind. Darüber hinaus
Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung | Umwelt
besteht noch die Freiheit, nicht an der ÖQV teilzuneh men. So hat sich der Kanton Genf in den ersten Jahren (2001 – 2008) dafür entschieden, keine Vernetzungspro jekte nach ÖQV mitzufinanzieren. Die theoretische Möglichkeit, nicht am Programmteil «Qualität» teilzu nehmen, wurde von keinem Kanton wahrgenommen. Umso grösser ist im Vergleich mit dem Programmteil «Qualität» der Handlungsspielraum, den die Kantone bei der Ausgestaltung der Vernetzungsprojekte haben. Fünf Kantone (Appenzell Inner- und Ausserrhoden, Thurgau, Aargau und Basel-Landschaft) entschieden sich, ein einziges grosses Vernetzungsprojekt im Kanton zu initiieren, und wählten damit einen klassischen Topdown-Ansatz. Alle übrigen teilnehmenden Kantone be vorzugen einen Bottom-up-Ansatz, bei dem sich die Vernetzungsprojekte höchstens mit informeller Unter stützung der kantonalen Verwaltung bilden. Die Abbildungen illustrieren nicht nur die Akteurs struktur eines Top-down- und Bottom-up-Ansatzes, sondern auch jene eines eher übersichtlich gestalteten Ansatzes und einer komplexeren institutionellen Lö sung. Die Abbildungen verdeutlichen in etwa das Span nungsfeld möglicher Lösungen, das die Kantone für sich nutzen können. Dabei fiel nicht auf, dass die unter schiedlichen Entscheidungen der Kantone in irgendei ner Weise mit der ökologischen Situation der jeweiligen Region zusammenhängen könnten, wohl aber mit der politischen Konstellation. So war in Appenzell Au sserrhoden der Versuch, als kantonale Verwaltung ei nen starken Einfluss auf den Charakter des Netzwerkes zu nehmen, stärker spürbar als in Solothurn.
Gerade in den Kantonen mit Bottom-up-Ansatz kommt den Planungsbüros oft eine besondere Bedeu tung zu. In vielen Fällen sind sie es, die definieren, welche Änderungen in der Bewirtschaftung der Flächen erfol gen müssen, damit sich die Betriebsleitenden für den Beitrag qualifizieren. De facto wurde damit eine gänz lich neue institutionelle Konstellation geschaffen: Priva te Unternehmen definieren das Ausmass der öffentli chen Güter, das für eine vorgegebene Summe bereitge stellt wird. Die daraus entstehenden Gefahren relativie ren sich allerdings durch den Tatbestand, dass es stets die kantonale Verwaltung ist, die den Vertrag unterzeichnet. Änderung der Flächenbewirtschaftung Auch bezüglich der Änderungen, die sich durch die ÖQV in der Flächenbewirtschaftung ergeben, ist deutlich zwischen den beiden Programmteilen zu unterscheiden. Befragt man Landwirtinnen und Landwirte, welche Pra xis sie für die Flächen im Programmteil «Qualität» geän dert hätten, antworten sie im Regelfall, dass sie nichts geändert hätten (Bernhard 2006). Andererseits schrän ken geben jene Landwirtinnen und Landwirte, die Flä chen in der ÖQV angemeldet haben, sehr selten ihre Beteiligung an anderen agrarökologischen Program men ein oder geben diese gar auf (Mann 2008). Daraus kann geschlussfolgert werden, dass die Zahlungen im Rahmen des Programmteils «Qualität» quasi als eine Art Sieb wirken: Flächen mit einer hohen Qualität (und da her mit zusätzlichen Zahlungen dafür) bleiben in den agrarökologischen Programmen, für Flächen mit einer geringeren Artenvielfalt, die daher keine Zahlungen im
Regionale Trägerschaft
Projektgenehmigung Projekteinreichnung
Auftrag und Bezahlung
Örtliches Planungsbüro
Konstituierung Auftrag
Kantonale Verwaltung
Projekteinreichnung
Projektbegleitende Projekterarbeitung, Arbeitsgruppe Definition von Bewirtschaftungsanforderungen Unterstützung Unterstützung Beauftragter Landwirt
Auftrag und Bezahlung
Bezahlung
Landwirt
Beratung, Vertragsabschluss, Koordination und Kontrolle
Abb. 2 | Institutionelle Ausgestaltung der ÖQV in Solothurn.
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Umwelt | Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung
Rahmen der ÖQV erhalten, werden eher bald keine öf fentlichen Mittel mehr in Anspruch genommen. Ein Problem stellt die institutionalisierte Ausgestal tung des «Qualitäts»-Teils jedoch für Flächen mit einem sehr hohen Artenreichtum dar. Sind nicht sechs, sondern zum Beispiel 15 wertgebende Taxa auf den Flächen vor handen, so besteht für den Bewirtschafter zunächst kei nerlei Anreiz, im Rahmen der Flächenbewirtschaftung etwas für die Bewahrung der Artenvielfalt zu tun. Inso fern leuchtet ein, dass von vornherein nur Ökoaus gleichsflächen zur Teilnahme am Programmteil Qualität berechtigt sind. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Bewirtschafter sehr hochwertiger Flächen so lange intensivieren, bis tatsächlich nur noch sechs wertgeben de Taxa auf der Fläche vorhanden sind. Kann nicht auch für den Programmteil «Vernetzung» angenommen werden, dass die Zahlungen durch die hohe ökologische Qualität der Flächen gerechtfertigt werden? Das könnte er, wenn es hinreichend Indizien dafür gäbe, dass die Flächen in diesem Programmteil ebenfalls eine überdurchschnittlich hohe Qualität auf weisen würden. Doch anders als im Programmteil «Qua lität», wo die sechs oder mehr Indikatorpflanzen auf der Fläche für sich sprechen, fehlt ein solch eindeutiger Indi kator für die Vernetzungsprojekte. 2007 erhielten ca. 40 % der Vernetzungsflächen auch Beiträge für Qualität. Den Brachen, für welche keine Beiträge für Qualität aus bezahlt werden, wird generell ein hoher Wert attestiert (Herzog und Walter 2005). Damit könnte der Anteil der Vernetzungsflächen mit Qualität auf maximal 50 % ge schätzt werden. Zwar werden auch durch die Vernet zungsprojekte Flächen in den agrarökologischen Pro grammen gehalten, wobei es bei ca. 50 – 60 % unklar ist, ob es sich um Flächen besonders hoher Qualität handelt. Erfahrungsgemäss ist es sehr abhängig von den beteilig ten Personen, welche Qualität und Funktion – wie z. B. Pufferwirkung entlang von Gewässern oder um Moore und Trockenwiesen und -weiden die ausgewählten Ver netzungsflächen tatsächlich haben. Da zwischen den Flächen in Vernetzungsprojekten und übrigen ökologischen Ausgleichsflächen in den meisten Fällen mangels ziel- und leitartbezogenen Er folgskontrollen kein qualifizierter Unterschied bezüg lich des ökologischen Outputs nachgewiesen werden kann, ist nach einem Unterschied im Input, also in der Flächenbewirtschaftung zu fragen. Diesbezüglich lassen sich die Vernetzungsprojekte, wie die Evaluation zeigte, grob in drei Gruppen einteilen: • Teilweise wurden Bewirtschaftungsauflagen formu liert, welche die ökologische Qualität deutlich erhöh ten und den Landwirtinnen und Landwirten Oppor tunitätskosten verursachten. Häufigere Beispiele
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waren gestaffelte Schnittermine oder die Errichtung von Steinmauern. • In anderen Vernetzungsprojekten bekam man den Eindruck, es seien pro forma sehr wenig wirksame Bewirtschaftungsauflagen vereinbart worden, so etwa bestimmte Schnitthöhen, die aber wiederum nur bei ausgewählten Mähwerken verbindlich waren. • Es gab auch Vernetzungsprojekte, in denen mit dem hohen ökologischen Potenzial oder der Lage argumentiert wurde, in denen aber keine Bewirt schaftungsauflagen definiert sind. Ein Schwachpunkt waren sowohl die Vollzugs- als auch die Erfolgskontrollen der Vernetzungsprojekte. Die Vollzugskontrollen werden üblicherweise nicht im Rahmen der ÖLN-Kontrollen absolviert, sondern es wer den andere Systeme implementiert, bei denen den Kon trollen in der Praxis aber meist keine sichtbare Bedeu tung zukommt. Und nur in einer kleinen Minderheit der Projekte wird nach Ablauf der Projektdauer von sechs Jahren untersucht, ob die Ziel- und Leitarten tatsächlich erhalten oder gefördert werden konnten.
Schlussfolgerungen Die Evaluation der ÖQV hat gezeigt, dass die beiden Pro grammteile bezüglich ihrer institutionellen Effizienz sehr unterschiedliche Schwachpunkte aufweisen. Beim Pro grammteil Qualität handelt es sich um ein ebenso inno vatives wie zukunftsweisendes Politikinstrument, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Bewahrung ökologisch wertvoller Habitate und durch Anreize zur extensiven Bewirtschaftung beiträgt. Die Anreizstruktur für sehr hochwertige Flächen wäre jedoch besser gegeben, wenn die Zahlungen abgestuft erfolgen würden, d.h. wenn eine gewisse Abhängigkeit zwischen der Zahlungshöhe und der Anzahl wertgebender Arten bestünde. Bei den Vernetzungsprojekten ist der Innovationsgrad ebenfalls hoch, da erstmalig der Tatsache Rechnung getragen wird, dass Habitate eine gewisse Mindestgrösse brau chen. Ökologen konstatieren eine Reihe gelungener Pro jekte, die einen wirksamen Habitatschutz bieten (Spiess ohne Jahr). Es besteht dennoch der Verdacht, dass der Reibungsverlust zwischen den Vorgaben des Bundes und der Umsetzung vor Ort zu hoch ist. Kantonale Verwal tungen setzen zum Teil minimale Anforderungen, die dann in einigen Gemeinden wiederum unterboten wer den, ein wirksames Kontrollsystem wurde nicht durch gängig implementiert. Es kann auf diese Weise zu Pro jekten kommen, welche die von der öffentlichen Hand eingesetzten Mittel mit Sicherheit nicht wert sind. Worin liegt nun bei den Vernetzungsprojekten der
Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung | Umwelt
Analisi dei punti deboli dell’ordinanza sulla qualità ecologica Servendosi di una vasta combinazione di metodi è stata effettuata un’analisi delle parti «qualità» ed «interconnessione» dell’ordinanza sulla qualità ecologica, per esaminarne i punti deboli riguardo ai costi di transazione, all’impostazione istituzionale nei Cantoni ed alle modifiche di destina zione del suolo correlate ai programmi. Sulla base dei risultati, per l’ambito «qualità» è stata proposta una graduazione dell’importo dei contributi e per l’ambito «interconnessione» una sostituzione dei contributi fissi all’ettaro con progetti individualmente richiesti o pubblicati.
Literatur b B AFU und BLW, 2008. Umweltziele Landwirtschaft. Bern: BAFU b B ernhard S., 2006. Die Transaktions- und die technischen Kosten des Programms zur Förderung der biologischen Qualität innerhalb der Ökoqualitätsverordnung. Universität Bern: Masterarbeit. b B undesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, 1998. Landschaftskonzept Schweiz, Bern. b H erzog F. & Walter T., 2005. Evaluation der Ökomassnahmen Bereich Biodiversität. Schriftenreihe der FAL 56, 208 S. b K hanna M., Ando A.W., 2009. Science, economics and the design of agricultural conservation programmes in the US. Journal of Environmental Planning and Management 52 (5) 575 – 592. b M ann S., 2008. Lessons from a performance-based agri-environmental programme. In R.H. Theobald: Environmental Management. New York: Nova Publishers.
schreibung von Vernetzungsprojekten zur Bewahrung bestimmter, seltener Arten durch die Bundesverwal tung, vorzugsweise mit quantitativen Zieldefinitionen. Auf diese Weise könnte auch ein Ideenwettbewerb ins Leben gerufen werden, auf welche Weise zum Beispiel Bodenbrüter am kostengünstigsten geschützt werden könnten. Eine andere Variante wäre, sich das US-ameri kanische Conservation Reserve Enhancement Program me (Khanna und Ando 2009) zum Vorbild zu nehmen und den Kantonen die Möglichkeit zu geben, beim Bund Anträge zur Kofinanzierung von Vernetzungsprojekten zu stellen. Solche individuelleren Institutionalisierungen der Vernetzung würden – wenn auch um den Preis hö herer Transaktionskosten – gewährleisten, dass für die Fördermittel mit grösserer Treffsicherheit eine Bewah rung der Artenvielfalt «eingekauft» werden kann. n
Summary
Riassunto
Konstruktionsfehler? Wahrscheinlich gibt es ein allzu grosses Spannungsfeld: Auf der einen Seite besteht bei der Ausgestaltung der Ziele in Vernetzungsprojekten ein grosser Spielraum. Auf der anderen Seite gibt es die Ein bettung in die Agrarpolitik des Bundes, die gerade bei der Vergütung der Massnahmen dem Prinzip des «one size fits all» folgt. Die Förderung verschiedener Ziel- und Leitarten erfordert jedoch unterschiedliche Massnahmen, welche auch unterschiedliche Kosten verursachen: Um Braunkehlchen im Engadin zu schützen, sind eventuell andere finanzielle Mittel erforderlich, als wenn der Sil berscheckenfalter in Ebnat-Kappel zu bewahren ist. Um diesen Unterschieden besser Rechnung zu tragen, ist sei tens der Bundesverwaltung zu prüfen, ob auch individu ellere finanzielle Fördermassnahmen anzubieten sind. Eine Alternative zur bestehenden finanziellen Global förderung wäre beispielsweise die landesweite Aus
Critical-point analysis of the Ordinance on Ecological Quality Using a wide range of methods, both parts of the Ordinance on Ecological Quality, «Quality» and «Networking», were examined with respect to their critical points regarding transaction costs, institutional configuration in the cantons, and land-use changes associated with the programmes. The results suggest graded contributions for the «Quality» sphere and a replacement of the fixed contributions per hectare by individually submitted or tendered projects. Key words: biodiversity, networks, policy evaluation, agri-environmental programmes.
b M ann S. & Schweiger J., 2009. Using the Objective Hermeneutics Method for Policy Evaluation. Evaluation 15 (4) im Druck. b O evermann U., 2001. Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern. Sozialer Sinn 1/2001, 223-229. b S piess M. Ökologischer Ausgleich in der Schweiz – Ziele erreicht? Erste Ergebnisse der Erfolgskontrolle. Zugang: http://infonet.vogelwarte.ch/upload/71245556.pdf [9.7.2009]. b Vatn A., 1998. Input vs. Emission Taxes. Environmental Taxes in a Mass Balance and Transaction Costs Perspective. Land Economics 74 (4), 514-525. b Vatn A., Valborg K. & Rørstad P. K., 2002. Policies for multifunctional agriculture: the trade-off between transaction costs and precision, Agricultural University of Norway, Department of economics and social sciences, Report No. 23, ISSN 0802-9210.
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K u r z b e r i c h t
Die neue Landschaft einer globalen Landwirtschaft Urs Gantner, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern Auskünfte: Urs Gantner, E-Mail: urs.gantner@blw.admin.ch, Tel. +41 31 322 25 74
Reislandschaft in China. (Foto: Urs Gantner, BLW)
Die 27. Internationale Konferenz der Agrarwirtschafter (International Association of Agricultural Economists IAAE) fand vom 16. – 22. August 2009 in Beijing zum Thema «The New Landscape of Global Agriculture» statt. Die Konferenz war geprägt durch ein «dank» der Ernährungskrise • erneuertem Interesse am Agrar- und Ernährungs sektor, sowie • der Frage, wie die Weltbevölkerung künftig nachhaltig ernährt werden kann. Entsprechend wurden Themen wie Ernährungssicherheit, Selbstversorgung, Getreidereserven, Protektionismus, Agrarstützung, Biotreibstoffe, Verletzlichkeit ländlicher Haushalte, etc. diskutiert.
Ich beschränke mich im Folgenden auf ausgewählte Themenbereiche und Vorträge.
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Neue Kräfte in Entwicklungsländern werden die globalen Agrarmärkte beeinflussen Dezio Zylbersztajn (University of São Paulo) befasst sich mit der Rolle der institutionellen Regelungen in der Landwirtschaft mit einem Fokus auf Brasilien. Makroinstitutionelle Anpassungen beeinflussen die Landwirt schaft weltweit und auch jene Brasiliens. Beispiele sind: wirtschaftliche Reformen in China, Wandel der EUAgrarpolitik, WTO, die Entwicklung europäischer Nah rungsmittel-Standards und das internationale System geistigen Eigentums. China ist besonders wichtig, weil es mit der wirtschaftlichen Öffnung stark zum Welthan del beigetragen hat. Dies führt zu Produktionsmöglich keiten in Brasilien. Brasilien nutzt gemäss Zylbersztajn nur einen kleinen Teil seines Agrarlandes und hat reich lich Wasser. Nachhaltige Produktionsformen sind global gese hen gefordert. Die Herausforderungen in Brasiliens tro
Die neue Landschaft einer globalen Landwirtschaft | Kurzbericht
pischen Wäldern sind einzigartig; das Land ist sich der Fragilität seiner Biomasse im Amazonas und dem Cerra do bewusst. Zylbersztajn weist aber darauf hin, dass die Expansion der globalen Landwirtschaft nur möglich wurde, indem natürliche Gebiete durch die Landwirt schaft verdrängt wurden. Dies war in Europa, Nordame rika, Asien und Afrika der Fall. In Lateinamerika passiert das Gleiche zeitlich später! Die landwirtschaftlich nutz bare Fläche Brasiliens wird auf 851 Millionen ha ge schätzt, wovon zurzeit nur auf 33 % produziert wird. Zylbersztajn weist darauf hin, dass die Regierung Brasili ens sich mit Landnutzung und Umwelt befassen muss: (1) Beschreiben und Durchsetzen der Grenzen der Ex pansion der Landwirtschaft, (2) Festlegen der Eigen tumsrechte im Amazonas. Eine treibende Kraft globalen Wandels in der Land wirtschaft ist die Bioenergie. In Brasilien werden Etha nol (aus Zuckerrohr) sowie Biodiesel (zu 90 % aus Soja) produziert. Zylbersztajn betont, dass die drei treibenden Kräfte – globale Nachfrage, Nachhaltigkeit, Bioenergie – natio nale wie auch globale Effekte haben und dass sie sich gegenseitig beeinflussen. Weltweit organisierte Agrar systeme werden sich an neue Qualitätsstandards sowie sozio-ökologische Anforderungen anpassen und sie werden zu Kosten produzieren, die für Länder mit tie fen Einkommen kompatibel sind. Chinas Landwirtschaft im Umbruch Chinas Wirtschaft wandelt sich seit den 1978 initiierten Reformen stark. So wurden unter anderem die Märkte zumindest teilweise liberalisiert, der Wechselkurs ge senkt und spezielle Wirtschaftszonen geschaffen, um ausländische Investoren anzuziehen. Die Reformen ha ben dazu beigetragen, dass das Brutto-Inland-Produkt (BIP) zwischen 1979 und 2008 um fast 10 % jährlich zu genommen hat. Das schnelle volkswirtschaftliche Wachstum hat zu ei nem entsprechend dynamischen Strukturwandel in der Wirtschaft geführt. Der Anteil der Landwirtschaft am BIP sank von 40 % im Jahr 1970 auf 11 % im 2007. Steigende Einkommen und die Verstädterung haben in dieser Zeit spanne auch starke Veränderungen beim Konsum von landwirtschaftlichen Gütern nach sich gezogen. Wächst die Volkswirtschaft Chinas in der Zeitspanne 2010 bis 2020 mit 6 bis 7 % jährlich, so bedeutet dies, dass Chinas Wirtschaft 2020 rund vier Mal grösser sein wird als im Jahr 2000. Mit dem wirtschaftlichen Wachstum ver liert China durch Verstädterung, Strassenbau und Indust rialisierung wertvolle Anbauflächen für die landwirt schaftliche Produktion. Dieser Entwicklung setzt China Hightech und neue Technologien entgegen, um den Out
Kasten 1 | Chinas Agrarsektor in Stichworten
• 1,3 Milliarden Menschen, 21 % der Welt bevölkerung, 9 % der Weltackerfläche, 6 % der weltweiten Süsswasserreserven • Wirtschaftsentwicklung: seit 2000 ca. 10 % jährliches Wirtschaftswachstum, aber nur 4,5 % in der Landwirtschaft • Wandel vom Nettoexporteur zum Netto importeur: fünftgrösster Exporteur und viertgrösster Importeur • Importe bei landintensiven Produkten: Soja zur Fleischproduktion, Baumwolle zur Textilfabrikation • Exporte vor allem bei arbeitsintensiven Produkten: Fisch, Früchte, Gemüse und verarbeitete Produkte • Selbstversorgung bei Getreide und Reis als politisches Ziel • Herausforderungen: • Wachsende Einkommensdisparitäten zwischen Stadt und Land trotz staatlicher Gegenmassnahmen wie Steuerbefreiung und Direktzahlungen zugunsten der Bauern; zunehmende Gefahr sozialer Spannungen • Kulturlandverluste durch starke Aus dehnung der Siedlungsflächen (0,18 % pro Jahr, 1 Mio. ha pro Jahr) • Ökologische Herausforderungen: Wasserknappheit, Bodenerosion, Umweltbelastung • Probleme bei der Einhaltung von Standards in der Lebensmittelsicherheit: teils schlechte Reputation chinesischer Produkte und Probleme beim Export
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Kurzbericht | Die neue Landschaft einer globalen Landwirtschaft
put pro Flächeneinheit weiter steigern zu können. Neben der Förderung der Flächenproduktivität wird China vor allem auf die Möglichkeiten und Stärken im eigenen Land setzen und Importe dort ausweiten, wo die eigenen Ressourcen (Land und Wasser) begrenzt sind. So kom men Prognosen zum Schluss, dass die Importe an Ölsaa ten und Futtergetreide sowie an Schweine- und Geflügel fleisch zunehmen werden. Der Anteil der Eigenproduk tion von Ölsaaten dürfte von 70 % im Jahr 2001 auf 45 % im 2020 sinken. Reis dagegen wird weiterhin – und ge mäss den Prognosen in leicht höherer Menge – exportiert werden. China dürfte zudem vermehrt arbeitsintensive Produkte wie Gemüse, Früchte, Fisch und verarbeitete Agrarprodukte exportieren. Das Land wird sich schritt weise auf arbeitsintensive Bereiche im Agrar- und Ernäh rungssektor konzentrieren, weil es hier weltweit gese hen komparative Vorteile hat. Der Selbstversorgungsrad mancher Produkte wird eher abnehmen, der Anteil an einheimischem Getreide (ausgenommen Futtergetreide) und der Gesamtselbstversorgungsgrad werden jedoch hoch bleiben. Insgesamt dürften Chinas Importe weiter hin steigen und mit der Nachfrage, insbesondere bei Öl saaten und Getreide, zunehmend auch deren Preise auf den Weltmärkten beeinflussen.
Abb. 1 | Bäuerin auf dem Markt. (Foto: Urs Gantner, BLW)
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Globale öffentliche Güter und Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts John Quiggin (University of Queensland) befasst sich in seinem Beitrag mit dem Thema «Landwirtschaft und globale Klimastabilisierung». Der Bericht des Inter governmental Panel on Climate Change (IPCC) von 2007 zeigt auf, dass es trotz aggressiven Strategien, um die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre zwischen 400 und 500 ppm (parts per million) zu stabilisieren, zu einer Erwärmung von mindestens 2 Grad Celsius im 21. Jahr hundert (verglichen mit dem 20. Jh.) kommen wird. Der IPCC-Bericht präsentiert Projektionen von 2 bis 6,4 Grad Celsius. Der Agrarsektor wird entsprechende Anpas sungskosten zu verkraften haben. Das Klima beziehungsweise die Atmosphäre ist ein öffentliches Gut. Die Nationen dieser Erde sind gefor dert, entsprechende Politikmassnahmen zu entwickeln. Um das globale Klima zu stabilisieren sind 1 bis 3 % des globalen Einkommens jährlich nötig. Quiggin plädiert für weltweit gleich verteilte Emissionsquoten pro Kopf, verbunden mit einer Option, Quoten zu handeln. Prabhu Pingali (Gates Foundation) befasst sich in sei nem Beitrag mit Forschung und Entwicklung sowie mit der sich ändernden Unterstützung von Entwicklungslän dern. Grenzüberschreitende Agrarforschung und Tech
Die neue Landschaft einer globalen Landwirtschaft | Kurzbericht
nologie waren in den letzten 50 Jahren bedeutsam um die Agrarproduktivität in Entwicklungsländern zu erhö hen. Moderne Sorten von Reis, Weizen und weiteren Grundnahrungsmitteln werden oft als Beispiele erfolg reicher Anwendung der globalen Wissenschaft zitiert, um Hunger und Armut anzugehen. Die ersten For schungsinvestitionen wurden durch internationale Stif tungen – Ford und Rockefeller – getätigt. Dann folgte eine Koalition von öffentlichen und privaten Geldgebern, die im Rahmen des CGIAR (Consultative Group on Inter national Agricultural Research) sicher stellte, dass lang fristig im öffentlichen Interesse geforscht wurde. Sobald das von CGIAR entwickelte Wissen öffentlich verfügbar wurde, haben nationale öffentliche und private Instituti onen in Technologieanpassungen, Verteilung und Liefe rung investiert. Die Nachfrage nach internationalen For schungsergebnissen ist nach wie vor hoch. Dabei geht es in LDC (least developed countries) vor allem darum, die Produktivität in traditionellen Agrarsystemen zu erhö hen. In Entwicklungsländern hingegen werden nachhal tige Produktivitätszunahmen und verstärkte Wettbe werbsfähigkeit wichtig. In Industrieländern wird der Fo kus vermehrt auf die multifunktionalen Rollen der Land wirtschaft gelegt. Die Anpassung an den Klimawandel wird für alle drei Produktionssysteme bedeutsamer. Private Investitionen in landwirtschaftliche For schung und Entwicklung (F + E) haben in den verstärkt marktorientierten Produktionssystemen von Entwick lungsländern zugenommen. Grosse multinationale Fir men zusammen mit nationalen Unternehmen werden mehr und mehr zu einer Alternative zu den öffentlichen Technologie-Transfer-Institutionen, was vor allem bei hochwertigen Produkten wie Baumwolle, Mais, Gemü se, Tiere, etc. der Fall ist. Die Möglichkeit, dank geisti gem Eigentum (Intellectual Property Rights, IPR) und der Entwicklung von Hybriden Gewinne aus landwirt schaftlicher F + E zu erzielen, hat zu einer Verschiebung der Agrarforschung hin zum privaten Sektor geführt. Rahmenbedingungen wie IPR, offene Grenzen und transparente Biosicherheitsregelungen werden zu hö heren Privatinvestitionen in kommerzielle Produktions
systeme der Entwicklungsländer führen. Es gibt jedoch Gebiete wie Sub-Saharan Africa, die nicht im Zentrum des privaten Interesses stehen. Der private Sektor wird kaum Forschungsinvestitionen tätigen für Lösungen un ter schwierigen Produktionsbedingungen wie zum Bei spiel Trocken- und Hitzeregionen. In Zukunft wird es zudem darum gehen müssen, glo bale F + E mit nationalen Bedürfnissen zu verbinden. Die CGIAR soll sich auf jene Bereiche konzentrieren, bei de nen Marktversagen in der Bereitstellung von F + E auf tritt. Dies wird vor allem die Subsistenzproduktionssys teme in schwierigen Umweltbedingungen und bisher vernachlässigte Kulturen wie Sorghum, Cassava, tropi sche Gemüse, etc. betreffen. Internationale Forschung soll sich darauf konzentrieren, Forschungsergebnisse mit dem Charakter öffentlicher Güter zu erarbeiten und sie soll nationale Partner bei der lokalen Anpassung und Verbreitung von F + E stärken. Eine stärkere Bedeutung als bisher müssen nach Pingali «vertical funds» oder «global programs» erhalten. Globale Programme sollen sich auf spezifische Fragestellungen konzentrieren, die multinationale Bedeutung haben. Voraussetzungen für den Erfolg sind dabei klar definierte Outputs, eine ex ante Einschätzung ihrer Wirkungen und klare Indikato ren, um den Fortschritt zu evaluieren und die Auswir kungen zu erfassen. Synergien zwischen «vertical funds», die Innovationen generieren und «horizontal funds» auf nationaler Ebene, die sich auf Technologie anpassungen, Verbreitung und Lieferung von F + E kon zentrieren, sind dringlich. Zunehmender internationaler Austausch Die Konferenz bot den Wissenschaftern eine ausgezeich nete Möglichkeit, ihre Forschungsarbeiten vorzustellen und sie gab einen guten Überblick darüber, an welchen Fragestellungen Agrarwirtschafter weltweit gesehen ar beiten. An der Konferenz wurden 401 «papers» vorge stellt. 43 Prozent der «papers» wurde durch eine interna tionale Autorenschaft verfasst, was auf die steigende Vernetzung und auf den zunehmenden internationalen Austausch in Forschung und Entwicklung hinweist. n
Literatur Das Literaturverzeichnis kann beim Autor bezogen werden.
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P o r t r ä t
Hans Wydler: Soziologe durch und durch «Mein Traumberuf mit fünfzehn war Lehrer», erinnert sich der Soziologe Hans Wydler. «Später weckte die Mit wirkung in Bürgerbewegungen und Quartierinitiativen mein Interesse an gesellschaftlichen Entwicklungen, was mich zur Soziologie brachte. Die AKW-Gegnerbewegung hat mir gezeigt, dass Veränderungen bewirkt werden können.» Hans Wydler ergänzt nachdenklich: «allerdings kosten sie viel Kraft und Zeit. Heute interessiert mich die Grundlagenforschung.» Sie hat ihn denn auch als Sozio loge zu Agroscope geführt: «Im Landwirtschaftsektor findet zusehends ein Themenwandel statt. Die Landwirt schaft bewegt sich von der reinen Produktionsfunktion weg. Die Sichtweise auf den Sektor erweitert sich um die Aspekte Umweltpflege und dezentrale Besiedlung. Die Gesellschaft muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die so zialen Strukturen in peripheren Räumen ändern.» Therapie- und Gesundheitsräume «Ländliche Räume werden», so vermutet Hans Wydler, «in Zukunft verstärkt auch Therapie-, Gesundheits- und Erholungsräume sein. Deshalb ist auch das Engagement von Agroscope in diesem Bereich relevant.» Die Aussage lässt aufhorchen. Vor zwei Jahren begann Hans Wydler im Auftrag von ART mit dem Projekt Green Care: «Das Projekt hat zum Ziel, soziale Dienstleistungen im ländli chen Raum zu etablieren. Dazu gehört zum Beispiel die Betreuung pflegebedürftiger und behinderter Perso nen auf Bauernhöfen, oder die Integration verhalten sauffälliger Jugendlicher. Zwar existiert Care Farming – so die englische Bezeichnung – bereits heute vielerorts in der Landwirtschaft, aber es fehlen Strukturen, die das Angebot gut sichtbar machen und auch die Qualitäts standards aus Sicht der Familienbetriebe definieren.» Hans Wydler möchte deshalb eine Internetplattform er richten, einen Marktplatz, der Angebot und Nachfrage sichtbar macht. «Es gibt viele mögliche Partner für die ses Projekt im Landschafts- und Gesundheitsbereich. Auch tiergestützte- und Gartentherapie ist denkbar. So ziale Leistungen können gerade in der Landwirtschaft sehr gut erbracht werden, denn die Arbeit lässt die Wir kung des Handelns direkt sichtbar werden, es gibt feste Strukturen und doch ist eine grosse Anpassungsfähig Publikation in der Agrarforschung Schweiz • Care Farming: Soziale Leistung in der Landwirtschaft, Agrarforschung Schweiz 1 (1), 4 – 9
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Hans Wydler (Foto: Etel Keller-Doroszlai, ART)
keit vorhanden. Für Behinderte ist es relevant und be friedigend, dass das Lebensumfeld mitgestaltet und die Sinnhaftigkeit der Arbeit erlebt werden kann.» Öffentliches Interesse an Green Care wecken Für die Landwirtschaft wird damit zwar kein «ökonomi scher Goldweg» eröffnet, aber für Betriebe, die eine Di versifizierung anstreben, ist es eine gute Möglichkeit sich zu engagieren. Hans strebt eine breite Umsetzung an: «Ziel ist, dass Green Care in der Schweiz ebenso gut etabliert wird, wie dies bereits in zahlreichen nordischen Ländern der Fall ist. Dort unterstützt die breite Öffent lichkeit die soziale Integration im ländlichen Raum.» Städtisches Leben mitprägen Privat sucht der alteingesessene Winterthurer auch in der Stadt neue Wege. Dies zeigt sein aktuelles Interesse an einem grossen genossenschaftlichen Neubauprojekt, einem Mehrgenerationenhaus in Winterthur. Das Sied lungskonzept soll als Kontrapunkt zu Altersheimen das Zusammenleben mehrer Generationen ermöglichen. Die Architektur fördert Kontakte und Gemeinschaft, si chert aber auch allen Bewohnenden eine Privatsphäre. In modernster Holzbauweise wird grösstmögliche Wohnlichkeit mit ökologischem Energiekonzept vereint. Dies biete ihm die Chance, mit seinen zwei erwachsenen Töchtern, deren Kindern sowie den beiden jüngeren Töchter unter einem Dach zu leben, die Enkel zu betreu en und seinen eigenen nächsten Lebensabschnitt inten siv zu leben.
Etel Keller-Doroszlai, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen
A k t u e l l
Aktuell Die 5. Bioforschungstagung: Aktuelles zum Biorind
Nachruf Ernst R. Keller Ernst Robert Keller, em. Professor für Pflanzenbau an der ETH Zürich, ist am 14. November nach einem reich erfüll ten Leben kurz vor seinem 88. Geburtstag gestorben. Nach dem Studium an der Abteilung Landwirtschaft und zwei Auslandsaufenthalten promovierte er unter Anleitung des späteren Bundesrates F. T. Wahlen an der ETH. Danach wurde er Leiter der Sektion Kartoffel an der Eidgenössischen Landwirtschaftlichen Versuchsan stalt in Zürich Oerlikon. 1968 berief ihn die ETH Zürich als Professor für Pflanzenbau. Schwerpunkte seiner For schung waren u. a. die Optimierung des Kartoffelan baus, eine nachhaltige Bodennutzung und biotechnolo gische Methoden in der Pflanzenzüchtung. Seine nationalen und internationalen Kontakte wirkten sich in mannigfaltiger Weise auf die Landwirt schaft aber auch zugunsten junger Agronomen und Ag ronominnen und der landwirtschaftlichen Praxis aus. Ernst R. Keller hat in den zwei Jahrzehnten seines Schaf fens an der ETH Zürich eine ganze Generation Schweizer Pflanzenbauer und Pflanzenzüchter geprägt. Auch nach seiner Emeritierung setzte er sich weiter für die Belange der Landwirtschaft ein; als Herausgeber des neuen Handbuchs des Pflanzenbaus und als immer engagierter und dem Neuen aufgeschlossener Diskussi onspartner.
Am 22. April 2010 findet die 5. Bioforschungstagung an der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP in Posieux statt. Im Zentrum der Tagung steht das Rind vieh im Biolandbau. Aktuelle Forschungsresultate zum Futterbau, zur Fütterung, zur Zucht, zur Tiergesundheit, und zur Produktqualität werden in interessanten Vor trägen und Postern vorgestellt. Forschende von Agro scope (ACW, ART, ALP), des Fibl’s und der ETH berichten über folgende Themen: • Stickstoff und Futter gleichzeitig ernten: Ein Ver gleich von Klee-Gras-Mischungen mit Reinkulturen • Pâture mixte: jouer sur la complémentarité entre les espèces animales (Mischweiden: Auf die Komple mentarität der Tierarten setzen) • Auswirkungen blühender Zwischenkulturen (Buchweizen, Phazelia, Zichorien) als Futter auf die Futteraufnahme und die Milchqualität • Vollweide mit unterschiedlichen Kuhtypen: Vom Futter bis zur Käsequalität • Standortgerechte Rindviehzucht: Ergebnisse aus dem Projekt Biozucht Graubünden; Genomweite Selektion für funktionelle Merkmale im europäischen Projekt LowInputBreed • Streptococcus uberis – ein neuer Problemkeim in der Biomilchproduktion? Eigenschaften, Verbreitung und Bekämpfung von S. uberis als Mastitiserreger • Tiergesundheitsplanung in Biomilchviehherden – Strategien und innovative Methoden aus sieben europäischen Ländern Gemäss den Titeln werden die Vorträge in deutscher oder französischer Sprache gehalten. Zum besseren Verständ nis werden die Vortragsunterlagen aber in beiden Spra chen erhältlich sein. Die 5. Bioforschungstagung richtet sich an Personen aus der landwirtschaftlichen Forschung, Lehre und Beratung, welche an Fragen des biologischen Landbaus interessiert sind. Weiter sind interessierte Bäue rinnen und Bauern sowie Vertreter der landwirtschaftli chen Verbände und Behörden herzlich willkommen. Die Biokoordinationsgruppe Agroscope – FiBL freut sich, sie am 22. April 2010 in Posieux begrüssen zu dürfen. Weitere Auskünfte: Martin Lobsiger, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld–Posieux ALP Rte de la Tioleyre 4, Postfach 64, 1725 Posieux Tel. +41 26 407 71 11
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Aktuell
Neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft und der Praxis rund ums Melken Die Wissenschaftliche Gesellschaft der Milcherzeugerbe rater e. V. (WGM) organisiert jährlich eine Tagung mit ak tuellen Themen rund ums Melken. Dabei werden Er kenntnisse der Wissenschaft und Erfahrungsberichte der Milcherzeugerberatenden vorgestellt. Im Rahmen von drei Hauptreferaten wurden folgende Themen präsen tiert: mechanische und chemische Einflussfaktoren auf die Zitzenbeschaffenheit, Hinweise zur ergonomischen Gestaltung von Melkarbeitsplätzen sowie zur Planung von Automatischen Melksystemen. Zudem wurden in ver schiedenen Workshops unter anderem über die aktuellen DIN ISO-Normen und die Messungen unter Melkbedin gungen, sogenannte dynamische Messungen, diskutiert. 16. / 17. September 2009, Dresden Pascal Savary, Bau, Tier und Arbeit, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
AGrAr ForSchUNG Schweiz recherche AGroNomiqUe SUiSSe
Aktuelle Forschungsergebnisse für Beratung und Praxis: Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online verfügbar unter: www.agrarforschungschweiz.ch
NEU
Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe! Name/Firma Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Partner der zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirtschaft, die Schweizerische hochschule für Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen AGriDeA, die eidgenössische Technische hochschule eTh zürich, Departement Agrarund Lebensmittelwissenschaften und Agroscope, die gleichzeitig herausgeberin der zeitschrift ist. Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenössische Ämter und an weitere Fachinteressierte.
Vorname Strasse/Nr PLZ/Ort Beruf E-Mail Datum Unterschrift Talon einsenden an: Redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00 E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch
Aktuell
Neue Publikationen
Ökonomisches Monitoring des fossilen Energieverbrauchs in der Landwirtschaft der EU ART Schriftenreihe Die landwirtschaftliche Produktion in Europa ist unter konstantem öffentlichem Druck; und dies nicht nur auf grund der hohen Direktzahlungen an den landwirt schaftlichen Sektor. In diesem Kontext verdienen die negativen externen Effekte wie die Treibhausgas-Emis sionen aus dem Verbrauch an nichterneuerbarer Energie besondere Aufmerksamkeit. Hierfür wird jedoch ein In strument für die Abschätzung des Energieverbrauchs der landwirtschaftlichen Produktion benötigt, das me thodisch abgesichert, konsistent, vollständig und regio nal spezifisch ist. Ohne ein solches Instrument können Fragen zum effizienten Energieverbrauch oder der räumlich und prozessspezifisch effizienten Zuteilung von Energiereduktionszielen nicht beantwortet werden. Ziel der Dissertation ist es, eine modell-basierte, regi onal differenzierte Schätzung des Energieverbrauchs und der Energieeffizienz der primären landwirtschaftli chen Produktion für die gesamte Europäische Union zu ermöglichen und die resultierenden Treibhausgasemissi onen zu berechnen. In einem weiteren Schritt werden bestehende und neue Politikinstrumente in Bezug auf deren Energieverbrauch, die energiebezogenen Emissio nen und deren Wohlfahrteffekte hin analysiert. Die energetische Beurteilung aller Verbrauchskomponenten basiert auf der Prozessanalyse und nutzt die Ökobilanz methode. Es wird ein landwirtschaftliches Sektormodell sowohl für die europaweite Darstellung wie auch für die Analyse der politischen Instrumente eingesetzt. Die Dissertation richtet sich unter anderem an For schende und politische Entscheidungsträger, die sich mit klimarelevanten Externalitäten beschäftigen und sekto rale Massnahmen entwerfen und daher systematische Hintergrundinformationen und Anregungen benötigen.
ISSN 1661-7584 ART-Schriftenreihe ISBN 978-3-905733-14-3 Tim Kränzlein, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, 8356 Ettenhausen info@art.admin.ch, www.agroscope.ch
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Aktuell
Medienmitteilungen
www.agroscope.ch 14.12.2009 / ACW Vogelküken und Pflanzenschutzmittel: ab 2010 neue Risikoprognosen
07.12.2009 / SNG Ethik und Pferde: Sensibilisieren ohne zu beschuldigen
Anfang 2010 erscheint eine revidierte europäische Richt linie zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln für Vögel. Die Schweiz wird in den nächsten Monaten die neue Richtlinie prüfen. Gezielt sollen diejenigen Aspek te übernommen werden, die dazu beitragen, die eige nen Prognosemodelle zu optimieren und die Pflanzen schutzmittelprüfung weiter zu präzisieren. Ein Aspekt wird bereits heute als sehr relevant betrachtet: Neu sol len Prognosen für die Wirkung von Pflanzenschutzmit teln auf Vogelküken möglich sein. So können nicht nur erwachsene Vögel, sondern auch die empfindlicheren Jungvögel besser geschützt werden.
Als Anstoss für eine weiterführende Bearbeitung orga nisierten das Schweizerische Nationalgestüt SNG in Zu sammenarbeit mit dem Obervatoire de la filière cheval OFiChev eine Table ronde «Ethik und Pferd» mit den Zie len, gemeinsame Wege einer Sensibilisierung ohne Be schuldigungen zu finden und ein stetiges sich Hinterfra gen im Umgang mit Pferden zu erreichen.
11.12.2009 / ACW Klimatische Bedingungen und Weinlese 2009 Die Weinlese begann dieses Jahr im September und schloss generell unter ausgezeichneten Bedingungen in der ersten Hälfte von Oktober ab. Die Oenologen haben somit qualitativ hochstehenden Rohstoff in den Händen. Die Bilanz der Weinlese für die Versuchsbetriebe der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW in den verschiedenen Rebbaugebieten der Schweiz ist sehr erfreulich, da die Rebe die klimatischen Bedingun gen während der Reife besonders gut verwertete.
08.12.2009 / ACW Neue Ansätze in der Apfelforschung – eine aromatische Zukunft Das Aussehen eines Apfels stellt ein Erstkaufkriterium dar, doch ein schmackhaftes Aroma kann einen schlech ten ersten Eindruck wettmachen. Dies ermittelten Sen sorik-Wissenschaftler der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW dank eines neuen For schungsansatzes. Das Ziel: Konsumverhalten und Wün sche von Konsumentinnen und Konsumenten in die Züchtung neuer Apfelsorten mit einbeziehen.
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03.12.2009 / ART Soziales Netzwerk im Boden Pilze sind für unsere Pflanzen von grosser Bedeutung. Sie liefern ihnen Nährstoffe und unterstützen sie so beim Wachstum. Nun zeigt sich, dass sie dabei einen sehr sozialen Ansatz haben. Nährstoffe aus dem Boden zu holen, ist für viele Pflan zen gar nicht so einfach. Deshalb greifen sie auf die Hilfe von so genannten Mykorrhiza-Pilzen zurück. Diese neh men das fein verteilte Phosphor und den Stickstoff aus der Erde auf und geben beide gegen „Bezahlung" an die Pflanzenwurzeln ab. Nun fand die Forschungsanstalt Agroscope ReckenholzTänikon ART heraus, dass diese Pilze offenbar eine sehr soziale Ader haben. Denn es scheint ihnen oft egal zu sein, wie viel Kohlenhydrat und Zucker eine Pflanze als Gegenleistung liefert - die Düngergabe ist dieselbe.
01.12.2009 / ACW Genug Schweizer Apfelsaft trotz Feuerbrand In den letzten Jahren sind zahlreiche Hochstammbäume dem Feuerbrand zum Opfer gefallen. Deshalb drohen Mostäpfel zur Mangelware zu werden. Die Forschungs anstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW gibt nun gemeinsam mit den Mostereien Gegensteuer. Unter tra ditionellen und neu gezüchteten Hochstamm-Sorten sucht sie jene, die nicht nur reichlich Ertrag abliefern und gut schmeckenden Apfelsaft ergeben, sondern vor allem auch robust gegenüber Krankheiten sind. Konsu mentinnen und Konsumenten sollen auch weiterhin schmackhaften Schweizer Apfelsaft aus IP- und Bio-An lagen geniessen können.
Aktuell
Neue Internetlinks
2010: Jahr der biologischen Vielfalt www.biodiversitaet2010.ch Die UNO hat am 20. Dezember 2006 das Jahr 2010 zum Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt (IJB) er klärt und das Sekretariat der CBD (Convention on Biolo gical Diversity) als Koordinierungsstelle bestimmt. Dies ist Gelegenheit zu fragen inwiefern es uns bisher gelungen ist, Biodiversität zu bewahren und wo die He rausforderungen der Zukunft liegen.
Aktivitäten der Schweiz zum Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt Die Schweiz wird sich auf nationaler und internationaler Ebene aktiv am Internationalen Jahr der Biodiversität beteiligen. Im Rahmen seiner Tätigkeiten zum Schutz der Biodiversität haben der Bund und insbesondere das BAFU den Akzent auf den Artenschutz gelegt, ein Be reich, in dem die Schweiz gemäss den OECD-Berichten Defizite aufweist. Die Biodiversität wird durch das Moni toringprogramm des Bundes regelmässig evaluiert. Für 2009 ist ein Bericht auf nationaler Ebene und für 2010 einer über die Aktionen der Schweiz auf internationaler Ebene geplant.
Veranstaltungen
Februar 2010 5.2.2010 Journée Agriculture Agroscope Changins-Wädenswil ACW Nyon 8. – 12.2.2010 Winterbesuchswoche ART Tänikon 2010 Woche 6 Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon 22. – 26.2.2010 Winterbesuchswoche ART Tänikon 2010 Woche 8 Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon März 2010 4.3.2010 Pflanzenschutztagung Gemüsebau 2010 Agroscope Changins-Wädenswil ACW Wädenswil 19.3.2010 ART-Tagung Agroscope Teckenholz-Tänikon ART Reckenholz, Zürich April 2010 22.4.2010 5. Bioforschungstagung Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Posieux 30.4.2010 5. Jahrestagung Netzwerkpferdeforschung Schweiz Haras national suisse HNS Avenches
Vor schau Februar 2010 / Heft 2 Eine Forscherin von Agroscope Changins-Wädenswil ACW misst mittels der Nahinfrarotspektroskopie innere Qualitätseigenschaften eines Apfels. (Foto: Carole Parodi, ACW)
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
• Präferenzen von Schweizer Apfelkonsumenten, S. Egger ACW • Ländervergleich der Apfel-Produktion, E. Bravin ACW • Einfluss des Energiedefizits auf die Zusammensetzung der Milch, I. Morel ALP • Was beeinflusst die Anbaubereitschaft transgener Pflanzen ART, J. Schweiger ART • Listen der empfohlenen Sorten von Soja, Sonnen blumen und Eiweisserbsen für die Ernte 2010
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Januar - Februar 2010
Biodiversität ist Gold wert! Forschungsanstalten Agroscope
Entdecken Sie, dass Biodiversität unsere natürliche Heimat, die Grundlage allen Lebens und unsere Zukunft ist. Agroscope zeigt Lösungen auf, wie die Biodiversität optimal gefördert werden kann. Hinter der natürlichen Vielfalt steht immer ein Genuss. Besuchen Sie unsere GeniessBar.
Agroscope forscht für Mensch, Tier und Umwelt!
Besuchen Sie den Stand der schweizerischen landwirtschaftlichen Forschung! Swiss’expo 14.-17. Januar 2010 Halle 9, Stand Nr. 923, Beaulieu Lausanne Tier & Technik 25.-28. Februar 2010 Halle 1.1, Stand Nr 22, Olma Messen Hallen, St. Gallen www.agroscope.ch Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra
Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil ACW Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
Vendredi 5 février 2010
Produire de la viande au pâturage
Journée d’information 2010 - Station de recherche Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Changins
Objectifs de la journée • Présenter les résultats d’essais et les connaissances actuelles en ce qui concerne la production de viande à partir d’herbe pâturée. Favoriser les échanges sur ce sujet entre les chercheurs et les différents acteurs de la filière. Public cible • La journée s’adresse à toutes les personnes concernées par la thématique de la production de viande au pâturage : agriculteurs, conseillers agricoles, enseignants, chercheurs, etc.
Vendredi 5 février 2010 9h00 à 16h15, Aula de Changins Exposition de posters sur le thème de la journée ou sur les grandes cultures Information et inscription www.agroscope.ch, rubrique « Manifestations » Inscription obligatoire jusqu’au 21 janvier 2010 Agroscope Changins-Wädenswil ACW Grandes cultures et systèmes pastoraux bernard.jeangros@acw.admin.ch marco.meisser@acw.admin.ch
Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra
Département fédéral de l'économie DFE Station de recherche Agroscope Changins-Wädenswil ACW