Syntax_Dezember

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DAS ÖSTERREICHWEITE MAGAZIN FÜR KRITISCHE SCHÜLER_INNEN

DIE REICHEN SOLLEN ZAHLEN COVERSTORY

Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer In Österreich besitzen die obersten 0,5 Prozent mehr als 33 Prozent des Geldvermögens. Laut Statistik Austria sind 12,4 Prozent armutsgefährdet und 6 Prozent leben in Armut. Die Vermögen und Spitzeneinkommen werden steuerlich entlastet, aber Löhne werden stark belastet. Die Realeinkommen und Sozialleistungen stagnieren und die systematische Umverteilung zu den Reichen erfolgt auf den Kosten der Armen.

A

HIGHLIGHT DIESER Interview mit der Anti-Rassismus AUSGABE: Organisation ZARA (Zivilcourage S. 6 und AntiRassismusarbeit)

AKTION KRITISCHER SCHÜLER_INNEN | AKS.AT | DEZEMBER 2011

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SCHON Heuer fand zum ersten mal ein GEWUSST? Slutwalk in Wien statt, die AKS war mit dabei Seite 16 aks.at

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EDITORIAL

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INHALT & EDITORIAL

INHALTSVERZEICHNIS BILDUNG

Lieber Leserin! Lieber Leser!

Wir freuen uns euch die zweite Ausgabe der Syntax in diesem Schuljahr zu präsentieren und das erste Semester ist schon fast überstanden. Damit das Semester noch schneller zu Ende geht, bietet dir die Syntax die beste Unterhaltung.

Mythos Zentralmatura

Ein umstrittenes Thema ................................................................................

Seite 4

New skills for new schools

European School Student Convention ................................................. Seite 5

There is an alternative

Alternative Schulsysteme .............................................................................. Seite 6

Mehr Mitbestimmung

Bericht der Vorarlberger Landesschulsprecherin

......................... Seite

7

Vollbeschäftigung für Schüler_innen

Nicht nur die Arbeitswelt betrifft die Teizeitarbeit ...................... Seite 8/9

Muttersprache im Unterricht Integrationsförderung ...................................................................................... Seite

10

GESELLSCHAFT

Auf den ersten Seiten erhältst zu Informationen über die Zentralmatura, die European School Student Convention in Oslo und über die Landesschüler_innenvertretungung.

Auf den Seiten 12 und 13 findest du einen Einblick in die ungerechte Verteilung von Vermögen. Gleich danach findest du auf den Seiten 14 und 15 ein Interview mit der Anti-Rassismus Organisation ZARA.

Weiters beschäftigen sich die Redakteur_innen der aktuellen Ausgabe unter anderem mit den Themen Korrup-

Eine Hand wäscht die andere

Vom Geben und Nehmen von Politker_innen, etc. ..................... Seite 11

Die Reichen sollen zahlen

Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer .......................................................................................................................... Seite 12/13

tion, Entwicklungshilfe, alternativen Schulsystemen und dem ersten Slut Walk in Österreich.

Falls du immer schonmal deine journalistischen Fähig-

Diskriminierung und Ausgrenzung macht es unmöglich sich zu integrieren

keiten austesten wolltest und deine Artikel in Österreichs

Interview mit ZARA (www.zara.or.at) .........................................................Seite 14/15

größter Schüler_innenzeitung publizieren möchest,

Slut walk

melde dich einfach unter aks@aks.at und du bist Teil des

It is a dress, not a yes ................................................................................. Seite16

Redaktionsteams des Syntax!

INTERNATIONALES Aufklärung bleibt Trumpf.................................................................. Entwicklungspolitik

Seite 17

................................................................................... Seite 28

Universell, unveräußerlich und unteilbar – Die Menschrechte................................................................................................... Seite Feministische Autorinnen

19

............................................................... Seite 20

FEUILLETON Kunsthalle.

Neues vom Markt .............................................................................................. Seite 21

Spielplatz.

Tob dich aus! ....................................................................................................... Seite 22/23

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen. Eure Redaktion

IMPRESSUM

MHV: AKS-Bundesorganisation | Chefinnenredaktion: Valerie Buttler | Layout: Alexander Obermüller | Redaktion: AKS Bundesorganisation Alle: Amtshausgasse 4, 1050 Wien, Österreich Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Syntax ist eine Zeitschrift der AKS-Bundesorganisation und steht zu 100% in deren Eigentum | Grundsätzliche Richtung: Das Syntax ist die Organisationzeitung

der Aktion kritischer SchülerInnen. Inhaltich den Werten der aks verpflichtet, ihr journalistischer Auftrag die Aufarbeitung gesellschaftlicher Themen aus einer Perspektive, die nicht von ökonomischen und gesellschaftlichen Verpflichtungen und Normen eingeengt ist. ZVR: 27 0 200 209 | Kontakt 01/523 12 43, aks@aks.at | Druck: Bzoch GmbH Druck & Verlag, Kupferschmied Gasse 7, 2201 Hagenbrunn

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KOMMENTAR DER VORSITZENDEN

Reförmchen Modularisierung Sie kommt also, die Modulare Oberstufe.

Das

Bei der Modularen Oberstufe wird der

Die Regierung hat sich jetzt auf die

Unterrichtsstoff

Semes-

„Oberstufe Neu“ geeinigt. Ab 2013 sol-

termodule aufgeteilt. Durch ein modu-

len stufenweise alle 850 AHSen und

lares System kann uns Schüler_innen

BMHSen bis 2017 eingeführt werden.

mehr Wahlmöglichkeit geboten werden.

Auf Basis der Erfahrungen aus Schul-

Aktuell dürfen wir in der Oberstufe durch

versuchen, die seit 2004 laufen und mit-

Wahlpflichtfächer nur gut 8% unseres

tlerweile schon an ca. 40 Standorten

Unterrichts selbst wählen. Altbekannt

durchgeführt werden, wurde gemäß den

lernt es sich natürlich am besten, wenn

Zielen

wir auch selbst daran interessiert sind.

Modell der neuen Oberstufe mit semester-

In

glied-

weiser Lehrstoffverteilung entwickelt. Das

ern sich die Kurse einerseits in Pfli-

aktuelle Regierungsmodell sieht jedoch

chtmodule

Wahlmodule.

keine Wahlmodule vor, die Schüler_in-

Je nach Modell des Kurssystems vari-

nen wirlklich die Chance geben würden

iert die Anzahl an freiwählbarer Fächer.

sich ihren eignen Interessen zu widmen.

Um einen gewissen Standard an Allge-

Auch was von der emotionsgeladenen

meinbildung zu garantieren ist es natür-

Diskussion rund um das Abschaffen des

lich wichtig, dass es auch gewisse Lehrin-

Sitzenbleibens geblieben ist lässt zu wün-

halte verpflichtend sind. Allerdings muss

schen übrig. Mit dem neuen Modell haben

sich die Schule viel mehr an uns Schül-

Schüler_innen die Möglichkeit mit zwei

er_innen orientieren! Darum ist es auch

Nicht genügend, beziehungsweise wenn

wichtig, dass wir Dinge lernen die uns in-

die Lehrpersonen zustimmen auch mit

teressieren und wir mitentscheiden kön-

drei. Das Sitzenbleiben ist mit dem be-

nen, womit wir uns beschäftigen wollen.

schlossenen Vorschlag aber nicht gänzlich

einem

auf

einzelne

Modulsystem

und

aktuelle

des

Modell

der

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KOMMENTAR DER VORSITZENDEN

Regierung

Regierungsprogramms

ein

abgeschafft. Die neue Regelung könnte Das Modulsystem wird in Österreich zwar

als eine Erweiterung der Klausel gesehen

immer noch als bahnbrechende Reform

werden: Schüler_innen können einmal

betiltet, in Ländern wie Finnland z.b. gibt

in der gesamten Oberstufe mit negativen

es das Modulsystem allerdings bereits

Beurteilungen aufsteigen. Das bedeutet

seit den 1980er Jahren. Der Besuch

auch dass das Wiederholen einer Klasse ist

der Sekundarstufe, also der Ober-

immer noch nicht gänzlich abgeschafft ist.

stufe, dauert in Finnland zwischen 2

Alles in allem ist der Vorstoß der „Ober-

und 4 Jahren, normalerweise benöti-

stufe Neu“ also ein großes Kompromiss-

gen die Schüler_innen 3 Jahre. Jeder

Paket und ist von einem schüler_inneno-

Schüler_Schülerin

rientierten,

macht

seinen_

ihren eigenen Eleonora Kleibel, Vorsitzende der AKS

wirklichen

Modulsystem

meilenweit entfernt.

Belegplan.

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BILDUNG

Mythos Zentralmatura?

2013 wird erstmals flächendeckend die standardisierte, kompetenzorientierte Reifeprüfung durchgeführt Die Zentralmatura ist derzeit eines der umstrittensten Themen in der Bildungspolitik. Manche befürchten ein Scheitern der neuen Bildungsreform, obwohl Österreich zu den vier letzten europäischen Ländern gehört, das eine standardisierte schriftliche Prüfung noch nicht eingeführt hat. Die Aufregung um die erste Matura dieser Art ist groß, doch was ist wirklich an den vielen Mythen rund um die Zentralmatura dran? Teresa Christall

Die Fragestellung der mündlichen Prüfungen bleibt weiterhin den eigenen Lehrpersonen überlassen, jedoch muss von den

Im Schuljahr 2013/14 ist es erstmals so weit: Alle Schüler und

jeweiligen Lehrer_innen eine Auflistung der Prüfungsthemen

Schülerinnen der allgemein höher bildenden Schulen (AHSen)

erstellt werden, die von der Fachlehrer_innenkonferenz der

legen gleichzeitig die schriftliche Zentralmatura ab. Die berufs-

Schule bestätigt werden muss.

bildenden mittleren Schulen (BMHSen) sollen 2014/15 folgen.

Insgesamt müssen alle Schüler_innen sieben Prüfungsteile

Geprüft werden die Lehrpläne, die seit Herbst 2004 gültig sind.

absolvieren, die vorwissenschaftliche Arbeit und je nach Wahl drei oder vier schriftliche Klausuren und zwei oder drei mündliche Prüfungen.

GUT ODER BÖSE Eine zentrale Prüfung für alle bringt viele Vor- und Nachteile: Durch eine standardisierte Vorgabe der Prüfungsaufgaben werden Lehrpersonen zu mehr Objektivität gezwungen und haben es schwerer Schüler_innen zu benachteiligen. Jedoch werden Standardisierte Prüfungen durch die Zentralmatura

die Noten von allen Schüler_innen österreichweit auch besser vergleichbar. Das könnte nach kürzerer Zeit zu einer Zugangs-

WAS IST NEU?

beschränkung an Universitäten, die durch einen guten Noten-

Die neue zentrale Reifeprüfung baut auf drei Säulen auf: der

durchschnitt geregelt ist, führen.

vorwissenschaftlichen Arbeit, den mündlichen und den Schrift-

Auch für alternative Lernmethoden oder die Rücksicht auf leis-

lichen Klausuren. In mindestens einer Säule muss der Schul-

tungsschwache Schüler_innen und besondere Interessen bleibt

schwerpunkt berücksichtigt werden.

nicht mehr so viel Zeit, jedoch wird das Allgemeinwissen der

Die vorwissenschaftliche Arbeit muss bis zum Beginn des zwei-

Schüler_innen um einiges vergrößert.

ten Semesters im letzten Schuljahr abgegeben werden und wird

Die Autorin besuchte das Christian

von den Schüler_innen im Rahmen der mündlichen Matura

Doppler Gymnasium in Salzburg und arbeitet im Bundesteam der AKS.

präsentiert. Die schriftlichen Prüfungen werden ähnlich wie derzeit aus den Schularbeitenfächern gewählt. Die Aufgabenstellung wird zen-

Mehr Infos und Prüfungsbeispiele findest du unter:

tral vorgegeben, Schulschwerpunkte wie Mathematik oder La-

http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/ba/reifepruefung.xml

tein werden berücksichtigt.

https://www.bifie.at/

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BILDUNG

New skills for new schools!

AKS nimmt an der 7th

European School Student Convention in Oslo teil

Von 10. bis 15. Dezember hatten über 50 Schüler_innen die Möglichkeit an der 7th European School Student Convention des Organising Bureaus of European School Student Unions (Dachverband Europäischer Schüler_innenorganisationen) teilzunehmen. Darunter waren auch zwei Vertreterinnen der Aktion kritischer Schüler_innen. Sara Hopf „New Skills for New School: Students, Education & Training and Work“ unter diesem Titel trafen sich Vertreter_innen von Schüler_innenorganisationen aus ganz Europa im verschneiten Oslo in Norwegen und diskutierten über die verschiedensten Problematiken im Bereich Berufsausbildung. Es wurde versucht einen Einblick in die verschiedensten Bildungssysteme zu ermöglichen, so hielt auch die AKS eine Präsentation über das österreichische Bildungssystem. Weiters war OBESSU an einer Berufsbildenden Schule eingeladen um dort mehr über das Ausbildungssystem in Norwegen zu erfahren.

Während der Woche zeigte sich, dass es in Europa sehr viele verschiedene Modelle der Berufsausbildung gibt. In den meisten Ländern, vor allem in Skandinavien besuchen Schüler_in-

Gruppenfoto der European School Student Convention

nen bis zum Alter von 16 Jahren eine gemeinsame Schule und

fordert OBESSU, dass es einfacher werden soll nach einer Lehre

entscheiden sich erst dann welchen weiteren Ausbildungsweg

in eine höhere Bildungseinrichtung zu wechseln. Weiters dür-

sie wählen wollen.

fen Lehrlinge nicht als „billige Arbeitskräfte“ angesehen werden

Während sich in Österreich rund 40% der Schüler_innen für

sondern als Personen in Ausbildung die während ihrer Ausbil-

eine Lehrausbildung entscheiden, wählen Schüler_innen in den

dung begleitet werden müssen und nicht dafür da sind Kaffee

meisten anderen europäischen Ländern eine berufsbildende

zu holen oder andere Hilfstätigkeiten auszuüben. Wichtig ist

Schule. So sind es in Frankreich zum Beispiel nur 6,7% die eine

auch zu betonen, dass Lehrlinge die in einem Betrieb arbeiten

Lehre beginnen und 30% die eine andere Form der Berufsaus-

ausreichend entlohnt werden müssen, da momentan sehr unge-

bildung wählen.

recht bzw. gar nicht entlohnt wird.

Generell wird die Ausbildung in berufsbildenden Schulen im Rest Europas bevorzugt und erst nach Abschluss dieser eine

Die Autorin besuchte das HLW Schulschwestern in Graz und

Lehre in einem Betrieb begonnen.

ist internationale Sekretärin der AKS

Trotz der vielen verschiedenen Definitionen und Modelle in

Linktipps:

den verschiedenen Ländern im Bereich Lehre und Berufsaus-

Informationen über obessu: www.OBESSU.org

bildung gelang es eine Resolution auszuarbeiten in der die

Informationen über das österreichische Berufsausbildungssystem im

wichtigsten Anliegen von uns Schüler_innen dargelegt wird. So

internationalen Vergleich: http://www.ibw.at/de/bbs syntax

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BILDUNG

There is an alternative

Alternative Schulsysteme

Die Schulglocke läutet ohrenbetäubend. Schulbeginn, hinsetzen und stillsitzen. Dann heißt es zuhören, warten, zu Hause die Aufgaben erledigen, schlafen, aufstehen, Schulbeginn hinsetzen und stillsitzen. Tara Pollak Und so geht das jeden Tag. Es gibt geregelte Tagesabläufe und wenig Möglichkeiten aus dem engen Korsett der Regelschule mit dem 50-Minuten-Stunden und klar geregelten Fächerunterteilung auszubrechen, kaum Projektorientiertes

Ein besseres Konzept fördert auch die Lust am Lernen.

Arbeiten und wenig Raum um sich selbst

Auch der Unterricht sieht anders aus.

den freiwilligen Unterrichtsbesuch hat.

zu entfalten.

Das Montessorimodell will Kinder und

Gelebt wird nach der Idee der freien

Jugendliche selbst erproben lassen, was

Erziehung – was jedoch nicht frei von

„ZUERST LERNEN WIR REDEN

für Gesetzmäßigkeiten und Phänomenen

Erziehung bedeutet. Lehrpersonen und

UND GEHEN UND DANN STILL-

die Welt unterliegt.

Schüler_innen widmen sich gleichbe-

SITZEN UND MAULHALTEN“

„Learning by Doing“ ist hier die oberste

rechtigt und demokratisch den schuli-

Alternative Schulsysteme bilden hier ei-

Grundregel. Zu diskutieren und bei Be-

schen und organisatorischen Entschei-

nen Gegensatz. Trotz einiger Unterschie-

darf nachzufragen ist ganz normal, wo

dungen.

de in den verschiedenen Modellen, ha-

hingegen Frontalunterricht noch immer

ben Montessori, Pestalozzi und Co. Doch

den größten Teil des Schulalltags be-

ALTERNATIVE SCHULSYSTEME

einiges gemeinsam: Schülerinnen und

stimmt.

SIND EIN PRIVILEG Ungerecht ist eines trotzdem: Alternativ-

Schüler sollen in einem gemütlichen, angenehmen Schulklima aufwachsen und

MITBESTIMMUNG UND MITGE-

schulen sind immer Privatschulen. Viele

lernen. Das Lehrpersonal soll nicht die

STALTUNG

Eltern können es sich nicht leisten, ihren

belehrende, übergestellte Rolle einneh-

Demokratie wird an vielen alternativen

Kindern diese Bildung zu ermöglichen

men, sondern im Lernprozess hilfreich

Schulen nicht nur als Stoffgebiet in Poli-

und solange sie nicht für die breite Mas-

zur Seite stehen und eine freundschaft-

tische Bildung oder Geschichte wahrge-

se der Schüler_innen zugänglich ist, sind

liche Beziehung zu den Schüler_innen

nommen, sondern auch wirklich gelebt!

alternative Bildungssysteme ein Privileg,

haben. An solchen Schulen ist es oft ganz

Oft gibt es Schüler_innenversammlun-

dass sich lange nicht jede_r leisten kann.

normal, Lehrer_innen zu duzen oder sie

gen bei denen wichtige Entscheidungen

Bis alternative Unterrichtskonzepte tat-

um Hilfe zu bitten. Von den Lehrperso-

beschlossen werden.

sächlich auch im Regelschulwesen Ein-

nen als „Lerncoaches“ sind wir in den

Ein Beispiel dafür ist die demokratische

zug nehmen wird es wohl noch dauern.

meisten regulären Schulen jedoch leider

Summerhill Schule in Leiston, England

noch weit entfernt.

die als wesentliche Prinzipien das „Self-

Die Autorin besucht das

government“ der Schüler_innen und

Pestalozzi Gymnasium in Graz

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BILDUNG

„Sei die Veränderung die du in der Welt sehen willst!“ Mahatma Ghandi

Die Vorarlberger Landesschulsprecherin berichtet über ihre Arbeit

Wir wissen doch alle, wie wenig wir Schülerinnen und Schüler in der Schule am Unterricht mitbestimmen können. Es gibt zwar eine Schüler_innenvertretung an jeder Schule, dennoch wird unsere Stimme oft genug überhört.

Claudia Satler für die

Beispiel Seminare oder Podiumsdiskus-

Also nutze deine Chance und engagiere

AKS Vorarlberg

sionen, die Schülerinnen und Schüler aus

dich in der landesweiten Schüler_innen-

einem ganzen Bundesland vernetzten.

vertretung!

Wenn es zum Beispiel darum geht, wie der Unterricht am besten gestaltet wer-

Weiters gibt es die Schüler_innenparla-

Die Autorin besucht das

den soll, oder einfach nur darum was es

mente bei denen die Schüler_innenver-

Bundesgymnasium Feldkirch und ist

in der Schulkantine zu essen gibt, wird

tretungen Antrage präsentieren, diskutie-

AHS Landesschulsprecherin

die Mehrheit an einer Schule, wir Schü-

ren und abstimmen können. Die LSV wird

von Vorarlberg und Mitglied der BSV

lerinnen und Schüler, nicht gefragt.

die abgestimmten Anträge dann beim

Die Mitbestimmung von uns Schü-

Landesschulrat vertreten. In den meisten

lerinnen

und

Schüler

ek-

Fällen werden die Anträge an den Land-

latant

zu

wünschen

übrig.

tag weitergeleitet und dort besprochen.

Doch du hast die Chance in deinem eige-

Weiters bist du als Landesschulspre-

nen Bundesland den Schülerinnen und

cher_in

Schüler eine Stimme zu geben. Keine Di-

der

rektion die dazwischenfunkt oder irgend-

(BSV). Diese wählt dann den_die Bun-

welche Lehrpersonen die etwas dagegen

desschulsprecher_in und die einzel-

haben, dass wir etwas verändern wollen.

nen

lässt

auch

automatisch

Mitglied

Bundesschüler_innenvertretung

Bereichssprecher_innen.

Durch

die BSV hast die Chance dich gemeinMit der Landeschüler_innenvertretung

sam mit anderen Vertreter_innen aus

(LSV) hast du die Möglichkeit die For-

ganz Österreich für die Interessen von

derungen und Wünsche publik zu ma-

Schüler_innen einzusetzten und dich

chen um so die Aufmerksamkeit für uns

mit dem Bundesministerium für Unter-

Schülerinnen und Schüler massiv zu ver-

richt, Kunst und Kultur zu vernetzten.

stärken. Außerdem kann eine LSV durch selbstgeplante

Veranstaltungen,

zum

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BILDUNG

VOLLBESCHÄFTIGUNG FÜR SCHÜLER_INNEN!

Wie eine Ganztagsschule aussehen kann

Nicht nur in der Arbeitswelt trifft Teilzeitarbeit meistens sozial schwächere Menschen, sondern auch in unserer Teilzeitschule gehen sozial schwächere Schüler_innen unter.

Tarek Elsherif

den Schüler_innen als größte „Berufs-

den ganzen Tag. In den Lernstunden

gruppe“ Mitbestimmung gewährleistet.

wird mit Hilfestellung die Hausübung

PROJEKT EVA

Darüber hinaus wird auf praxisori-

gemacht und gelernt, so dass man nach

Das EVA Projekt der Volkschule Perg

entierten Unterricht viel Wert gelegt.

Schulschluss das Schulgebäude verlas-

geht genau dieses Thema an. Sie setzen

Schüler_innen arbeiten Großteils an

sen kann und nichts mehr zu tun hat.

auf eine Ganztagsschule in verschränk-

Gruppenarbeiten oder Projekten die

ter Form.

über den Fächerunterricht hinweg lau-

GANZTAGSSCHULE IN

Frontalunterricht und eine Multifunk-

fen.

ÖSTERREICH

tionelle Schule stehen hier an erster

Viele Eltern haben nicht die Möglich-

Dass sich Österreich vor dem Hin-

Stelle.

keit mit ihren Kindern zu lernen, mit

tergrund der Globalisierung oder der

Schulparlamente bestimmen den Alltag

der Ganztagsschule lässt sich Arbeit

Weltwirtschaftskrise einen Stillstand

der Schule und darüber hinaus auch

und Kinder problemfreier vereinen. Die

der Bildungsreform nicht mehr leis-

wichtige Entscheidungen für die Schu-

Schüler_innen haben in der Ganztags-

ten kann, haben viele Institutionen

le. An diesem Schulparlament nehmen

schule die Möglichkeit Freizeitgestal-

wie die Industriellenvereinigung, Ar-

alle Beteiligten, sprich Schüler_innen,

tungen in der Schule auszuüben, wie

beiterkammer,

Lehrkräfte und Personal teil und alle

zum Beispiel diverse Hobbys. Es wird

ohnehin schon erkannt und fordern

mit gleichwertiger Stimme.

Ebenso

für alle Schüler_innen ein Mittagessen

eine umfassende Reform ein. Dennoch

können sich die Schüler_innen zu ei-

zur Verfügung gestellt und der Unter-

sind die alten Muster nach wie vor er-

nem großen Teil ihren Stundenplan

richt breitet sich neben den Freizeit-

schreckend aktiv. So soll die neue Mit-

selbst zusammenstellen. So wird auch

stunden und den Lernstunden über

telschule schön klein bleiben, sodass

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Mitbestimmung, weniger

Wirtschaftskammer,

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BILDUNG

sie vielleicht schon bald wieder alt ge-

sprechung für unsere „Ganztagsschule“

worden ist, bevor das Neue umfassend

oder „Gesamtschule“ gibt.

zum Tragen kommt. Und die Ganztagsschule, traut sich heutzutage zwar aus

Der Autor besucht das wirtschafts-

politischer Korrektheit kaum jemand

kundliches Gymnasium

mehr „Zwangstagsschule“ zu nennen,

Körnerstraße in Linz und ist

aber gemeint ist das Gleiche, wenn re-

Vorsitzender der AKS Oberösterreich

flexartig die „Freiwilligkeit“ eingefordert wird. Der Subtext dazu: Für die, die es nicht

BILDUNGSPOLITIK

„notwendig haben“, nachmittags in der Schule zu sein, soll diese so organisiert sein, dass der eigentliche Unterricht zu Mittag endet. Die Mutter, die schon zu Hause mit dem Mittagessen wartet und dann die Aufgaben mitmacht und erledigt, was am Vormittag nicht erledigt

SHORTBITES ZUR

NEUE MITTELSCHULE

Seit 2008 gibt es in Österreich die „Neue Mittelschule“. Das Gesetz für die Umstellung der Hauptschulen in neue Mittelschulen hat im Dezember den Minister_innenrat passiert. Bis 2016 sollen alle 850 Hauptschulen in „Neue Mittelschulen“ umgewandelt werden.

wurde, das ist die Vorstellung, die sich hinter der Forderung nach Freiwilligkeit verbirgt.

Die starren Muster haben zur Folge, dass man eine abwehrende Haltung einnimmt, bevor überhaupt gefragt wird, wie eine solche Schule eigent-

DIE OBERSTUFE NEU

Den Schulversuch „Modulare Oberstufe“ gibt es seit 2004, aktuell sind es österreichweit etwa 40 Standorte. Anhand dieser Erfahrungen wurde von der Regierung ein Modell einer neuen Oberstufe entwickelt dass ab September 2017 in ganz Österreich umgesetzt werden soll. Das Wiederholen von Klassen ist in dem neuen Modell auch einmal in der gesamten Oberstufe mit 2 - beziehungsweise mit Zustimmung der Lehrpersonenkonferenz auch 3 - Nicht genügend möglich.

lich aussehen könnte, was man dort lernt, wie man dort lebt und wie sie aussieht. Übrigens werden in einem Großteil Europas die Schulen ganztägig geführt und auf der ganzen Welt ist die gemeinsame Schule der Regelfall, also Synonym für Schule überhaupt, sodass

STUDIENGEBÜHREN

Die 2008 aufgehobenen Studiengebühren könnten ab 2012 zumindest teilweise wieder eingeführt werden. Da die Politik die Reparatur der Studiengebührenregelung verabsäumt hat, haben die Universitäten die Möglichkeit autonom Studienbeiträge einzuheben und werden vom Wissenschaftsminister auch dazu aufgefordert.

es vielfach gar keine begriffliche Entsyntax

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BILDUNG

MONOLINGUALISM IS EASY TO CURE!

Integration durch Sprache

Das Erlernen der deutschen Sprache wird nicht nur vom Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz als DIE integrative Maßnahme schlechthin propagiert. Muttersprachlicher Unterricht ist jedoch weiterhin Mangelware. Mara Ban Kinder aus Migrant_innenfamilien sind schuld am schlechten PISA-Ergebnis und ziehen das Leistungsniveau gesamter Klassen hinunter. Wie oft hört man das?

Die Vorschläge rechtspopulisti-

scher Parteien, verpflichtende Deutschkurse für Kinder mit Migrationshintergrund einzuführen, ernten Beifall. Aber ist das tatsächlich die Lösung? Studien von Erhard Stölting, einem

Das Angebot an muttersprachlichem Unterricht lässt in Österreich zu wünschen übrig.

bekannten deutschen Soziologen, erga-

litik lässt mit Reformen in dieser Rich-

in der Schule ausschauen kann gibt es

ben, dass die meisten Kinder aus Mig-

tung jedoch auf sich warten.

viele.

rant_innenfamilien weder die deutsche

Natürlich

ist

es

dennoch

wichtig

Sprache noch ihre eigene Mutterspra-

MERHSPRACHIGKEIT ALS VOR-

Deutsch-Fördergruppen

che

TEIL!

werden, denn nicht nur Kinder aus Mi-

„doppelseitige Halbsprache“ ist wohl

Mehrsprachigkeit ist kein Nachteil für

grant_innenfamilien haben Probleme

der Begriff der auf diese Komponente

unsere Gesellschaft, sondern wertet sie

mit der deutschen Sprache. Jedes zehn-

am ehesten angewendet werden kann.

auf. Die Muttersprache zu erlernen hin-

te österreichische Kind hat Aufholbe-

Auch die UN-Menschenrechtsprüfung

dert also Migrant_innenkinder nicht

darf was das Verstehen und Verwenden

empfiehlt die Einführung eines mut-

daran, Deutsch zu lernen, sondern för-

ihrer_seiner Sprache betrifft.

tersprachlichen Unterrichts für Schü-

dert dies sogar erheblich!

ler_innen mit Migrationshintergrund.

Mehrsprachigkeit ermöglicht einer_m

Gute Muttersprachkenntnisse erleich-

in verschiedenen Sprachen „zu Hause“

Die Autorin besucht das Gymnasium

tern das lernen der Zweitsprache. Denn,

zu sein, sich mit der Muttersprache wie

Viktring in Klagenfurt

wenn

auch mit der Landessprache identifizie-

einwandfrei

beherrschen.

grammatikalische

Eine

Kenntnisse

in der Sprache in der man denkt und

ren zu können.

träumt vorhanden sind, ist das Erfassen

In Österreich wird Unterricht in der

der deutschen Grammatik leichter und

Muttersprache jedoch kaum bis gar

verständlicher weil man sich dadurch

nicht angeboten.

auf etwas bezieht das es grundsätzlich

Konzepte dazu wie muttersprachliche

kennt. Die österreichische Bildungspo-

Bildungsangebote im Kindergarten und

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GESELLSCHAFT

EINE HAND WÄSCHT DIE ANDERE

Vom Geben und Nehmen von Lobbyist_innen, Politiker_innen und Berater_innen Korruption ist in Österreich schon lange kein Fremdwort mehr. In Österreich passiert Amtsmissbrauch im großen Stil und Schmiergelder fließen von Konto zu Konto. Manager_innen und Unternehmer_innen haben die Spendierhosen an, Lobbyist_innen mit Veranlagungsgeschick, Staatsanwält_innen unter politischer Aufsicht. Valerie Buttler Kein Wunder also, dass Österreich in der Rangliste von Transparency International immer weiter abrutscht. Die weltweit tätige Plattform erhebt Jahr für Jahr den so genannten Korruptionswahrnehmungsindex.

Dieser

be-

misst die Verbreitung von Korruption in den staatlichen Sektoren Europas, Nordamerikas, Australiens und Japans. Die Datenreihen reichen bis ins Jahr

Korruption macht auch vor der österreichischen Politik nicht Halt.

2005 zurück. Damals lag Österreich auf

2006 den Vizekanzler mit 264 000 Euro

reich, angeblich Geld der Schwiegermut-

Platz neun unter 23 Nationen. 2011 hat

bestochen haben, damit er ein Gesetz än-

ter. Und er zahlte Steuern nicht, weil er

sich Österreich ins hintere Mittelfeld

dert. Ein Minister und ein weiterer Po-

das „vergessen“ habe.

verabschiedet: Rang 16. Transparency

litiker sollen ebenfalls Geld bekommen

International moniert die mangelnde

haben. Bei ihnen ist nicht klar, worin ihre

GELD FLIESST VON KONTO ZU

Transparenz der Parteienfinanzierung,

Leistung bestand.

KONTO FÜR GEGENLEISTUNGEN

die schleppende juristische Aufarbeitung von Korruptionsdelikten und die

Vor allem Karl Heinz Grasser hat großes

Es sind Geschichten vom Nehmen und

vergleichsweise lockeren Lobbyist_in-

Aufsehen erregt. Die Buwog-Affäre war

vom Geben. Von Politiker_innen, die

nenregelungen.

in allen Medien: 2004 sollte Grasser 60

Kontakte und Einfluss hatten. Von Un-

000 Wohnungen privatisieren, Wert:

ternehmen, die dafür zahlten. Direkt

KORRUPTION IST KEIN

960 Millionen Euro. Ein Bietergremi-

oder an Bekannte der Politiker_innen,

EINZELFALL

um hatte die Nase vorne, dann bot aus

die sich Berater oder Lobbyisten nann-

Als Staatsimmobilien privatisiert fließt

dem Nichts ein neues mehr und bekam

ten. Es sind Geschichten, die weit über

Geld in Österreich wurden und als Ab-

den Zuschlag. Ein Teil des Geldes soll an

die Anständigkeits- oder Moraldebatte

fangjäger der Marke Eurofighter gekauft

Grasser zurückgeflossen sein, als Dank

hinausgehen, die sich in Deutschland ge-

wurden. Bei Bauprojekten in Wien und

für Tipps zum Kaufpreis. Grasser wehrt

rade an Krediten und Urlaubsreisen des

Linz, und als russische Investoren die ös-

sich doch vehement gegen die Anschul-

Bundespräsidenten abarbeitet. Es sind

terreichische Staatsbürger_innenschaft

digungen Als Finanzminister brachte er

Geschichten am Rande der Legalität.

bekamen. Oder die österreichische Te-

einmal eine halbe Million Euro in einer

Der Autorin besuchte das wirtschafts-

lekom:

Papiertüte aus der Schweiz nach Öster-

kundlich Gymnasium Nonntal

Spitzenmanager_innen

sollen

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GESELLSCHAFT

DIE REICHEN SOLLEN ZAHLEN!

Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer In Österreich besitzen die obersten 0,5 Prozent mehr als ein Drittel des Geldvermögens. Laut Statistik Austria sind 12,4 Prozent armutsgefährdet und 6 Prozent leben in Armut, und rund die Hälfte der Bevölkerung lebt in verschuldeten Haushalten. Die systematische Umverteilung zu den Reichen erfolgt auf Kosten der Armen. Die Vermögen und Spitzeneinkommen werden steuerlich entlastet, aber Löhne werden stark belastet. Die Realeinkommen und Sozialleistungen stagnieren.

Valerie Buttler

weiblich und haben generell ein höhe-

dem Rest der Gesellschaft erhöht wur-

res Risiko der Armutsgefährdung als

de. Die Folge davon waren und sind:

ARMUT MACHT KRANK UND

Männer.

Gründe dafür gibt es meh-

stagnierende Löhne in einer Vielzahl

EINSAM

rere, Frauen verdienen zum Beispiel

von Ländern und explodierende Ge-

Arm ist, wer - aus welchen Gründen

immer noch rund 30% weniger als

winne von großen Unternehmen und

auch immer - am gesellschaftlichen

Männer. Die systembedingten Benach-

Finanzinvestoren. Das hat einer klei-

Reichtum nicht oder nicht voll teilha-

teiligungen am Arbeitsmarkt setzen

nen Elite enorme Vermögenszuwächse

ben kann.

sich im Sozialsystem fort.

beschert.

Dass heißt viele Menschen werden aus

Trotz der Wirtschaftskrise wächst das

zentralen gesellschaftlichen Bereichen

WARUM WERDEN DIE REICHEN

Vermögen der Reichen immer stärker

wie Wohnen, Gesundheit, dem Arbeits-

IMMER REICHER?

und durch die Konjunkturpakete wurde

markt oder Bildung ausgeschlossen.

Politische Entscheidungen wie die Li-

die Arbeit der Unternehmen gesichert.

Obwohl Österreich eines der reichsten

beralisierung der Finanzmärkte und

Auch durch die Bankenpakete haben

Länder ist, leben 6 Prozent unter der

des Welthandels oder das Senken von

die Reichen schon gewonnen. Ihr Ver-

Armutsgrenze. Betroffen sind vor al-

Steuern auf Kapital haben dazu beige-

mögen steigt, während das der anderen

lem Migrant_innen und Frauen. Zwei

tragen, dass die Verhandlungsmacht

sinkt.

Drittel der von Armut Betroffenen sind

von

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Kapitaleigner_innen

gegenüber

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GESELLSCHAFT

mögens in Österreich besitzen, würde

DER STAAT BRAUCHT GELD

bedeuten, dass ca. 3,5 Mrd. Euro an

Durch die Budgetlücke aufgrund der Fi-

Einnahmen zu erwarten sind. Dadurch

nanzkrise muss Geld in die Staatskasse.

würde die Staatskasse wieder gefüllt

Das passiert durch Budgetkürzungen in

werden.

den verschiedensten Bereichen. Ständig spricht die Regierung davon, dass

Die Besteuerung der Vermögenden

gespart werden muss und verspricht

würde eine gerechtere Verteilung des

gleichzeitig auf EU-Ebene neues Geld

Geldes bedeuten und die Einkommen-

für die Banken- und Eurorettung. Wäh-

sungleichheit würde verringert werden.

renddessen kassiert der Staat doppelt

Es ist wichtig das Geld dort zu holen,

Steuern, einerseits durch die Lohnsteu-

wo es auch vorhanden ist. Vermögens-

er aber auch durch die Mehrwertsteuer.

steuern sind ein wichtiger Schritt zu ei-

Die Steuereinnahmen der Lohn- und

ner gerechteren Gesellschaft!

Mehrwertsteuer machen zwei Drittel aus, die von den Arbeitnehmer_innen

Der Autorin besuchte das

und Pensionist_innen bezahlt werden.

wirtschaftkundliche Gymnasium

Das Vermögen der Reichen wird aber

Nonntal in Salzburg und arbeitet Bundesteam der AKS

nicht angerührt.

HER Während zwei Drittel der Steuereinnahmen derzeit aus Lohn- und Mehrwertsteuern erzielt wird, trägt die Besteuerung von Vermögen nur 1,4 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei. Dieses Vermögen liefert den Finanzmärkten Geld für Spekulationen und dieses frei verfügbare Vermögen fließt nur bis zu einem gewissen Grad in den Konsum von Gütern, der Rest wird veranlagt. Eine Besteuerung des Vermögens durch Freibeträge der oberen 10 Prozent, die 60 Prozent des Geldver-

Factbox:

We are the 99%! „If only the war against poverty was a real war, then we would actually be putting money into it“ Occupy Wall Street ist eine Protestaktion, bei der seit dem 17. September 2011 der Zuccotti Park in Lower Manhattan in New York City von Demonstrant_innen besetzt wird. Die Bewegung kritisiert die sozialen Ungleichheiten in unserer Gesellschaft und fand weltweit breiten Anklang. Nach dem Vorbild von Occupy-Wall-Street wurden in vielen Städten ähnliche Aktionen ins Leben gerufen. Die Anhänger_innen bezeichnen sich als die 99% und wollen nicht länger den zu starken Einfluss der wenigen Vermögenden auf die Politik hinnehmen.

Linktipp: westandwiththe99percent.tumblr.com/

EINE VERMÖGENSSTEUER MUSS

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GESELLSCHAFT

„DURCH DISKRIMINIERUNG UND AUSGRENZUNG SICH ZU INTEGRIEREN“ Interview mit ZARA über Anti-Rassismus-Arbeit ZARA-steht für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit und ist eine Organisation an die sich alle wenden können, die Opfer oder Zeug_innen von rassistischen Vorfällen werden. Die Redaktion hat sie zu ihrer Arbeit interviewt. Syntax: Wie viele Personen beratet ihr jährlich? ZARA: Pro Monat sind es ungefähr 50 bis 80 Personen, die sich telefonisch, persönlich oder durch Email Kontakt an ZARA wenden. Personen mit Migrationshintergrund ha-

ren und um 2000 war zum Beispiel der

Syntax: Mit welchen Vorfällen kommen

ben es in Österreich definitiv schwerer ei-

Rassismus gegen Schwarze ein großes

Menschen zu euch?

nen Job zu finden oder den Job zu finden

Problem, jetzt hat sich das Problem sehr

den sie gerne machen würden.

auf Personen mit Muslimischen Glauben

ZARA: Es gibt Fälle in der Öffentlichkeit,

und Kopftuch tragende Frauen verlagert,

zum Beispiel wenn Personen grundlos in

Syntax: Gibt es Beispiele die diese Situa-

weil dies auch mehr von der Politik the-

der Straßenbahn verbal oder körperlich

tion widerspiegeln?

matisiert wird. Je mehr die Politik hier die Slogans vor-

attackiert werden. Auch der Medienbereich zählt zu den

ZARA: Es hat auch jahrelang das Prob-

gibt, zum Beispiel „Daham statt Islam“,

Fällen der Öffentlichkeit, es gibt immer

lem der „nur Inländer_innen-Inserate“

desto eher greift dies die Bevölkerung auf

wieder Zeitungsartikel, in welchen bei-

gegeben, also dass sogar schon im Inserat

und macht es zum Thema.

spielsweise

Bevölkerungs-

angegeben wurde, dass die Firma Perso-

gruppen als besonders aggressiv darge-

nen mit Migrationshintergrund gar nicht

Syntax: Sind auch viele Vorfälle über An-

stellt werden.

haben möchte.

tisemitismus in Österreich bekannt?

bestimmte

Auch ein großes Problem ist die DiskriSyntax: Zählt die Politik auch zum Öf-

minierung von Verkaufspersonal in Ge-

ZARA: Dass es Antisemitismus gibt, zei-

fentlichkeitsbereich?

schäften, angefangen von Beschimpfun-

gen zum Beispiel Umfragen, in welchen

ZARA: Ja. Ich glaube, dass es bei einigen

gen bis dass jemand nicht bedient wird.

gefragt wird, wer denn der ideale Nachbar oder die ideale Nachbarin sei. Etwa

Parteien sehr offensichtlich ist, dass hier Rassismus regiert.

Syntax: Hat sich in den letzten Jahren

30 Prozent geben an, dass sie keine Ju-

Dann gibt es noch Fälle mit Behörden,

die „Art“ des Rassismus geändert?

den und Jüdinnen als Nachbarn oder

Polizei und den Bereich der Arbeit.

ZARA: Mit Sicherheit, in den 90er Jah-

Nachbarinnen wollen.

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GESELLSCHAFT

WIRD ES FÜR EINIGE SCHWER ODER UNMÖGLICH

ne Berechtigung, auf der anderen Seite Syntax: Wie genau wird Rassismus straf-

muss den Menschen, die hier leben klar

rechtlich verfolgt?

gemacht werden, dass, es durch Diskriminierung und Ausgrenzung für einige

ZARA: Bestimmte Straftaten, werden

schwer oder unmöglich wird sich zu „in-

strenger bestraft wenn diese aus rassis-

tegrieren“, einen Job oder eine Wohnung

tischer Motivation geschehen. Außerdem

zu finden.

gibt es auch noch den Strafteilbestand

Durch Rassismus und Diskriminierung,

der Verhetzung, der bei Gefährdung der

die es in Österreich gibt, wird es für Per-

öffentlichen Ordnung und auch bei Auf-

sonen, die diskriminiert werden, schwie-

rufen zur Gewalt oder Beleidigungen

rig ein Teil unserer Gesellschaft zu wer-

gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen

den.

eine Strafverhandlung vorsieht, wenn diese Bevölkerungsgruppe in ihrer Men-

Aktiv gegen Rassismus - Misch dich ein!

schenwürde betroffen ist.

änderungen wünscht ihr euch für die Zudig mit dem Bekenntnis gegen Rassismus

Syntax: Reicht das oder sollte das Gesetz

Syntax: Welche gesellschaftlichen Ver-

kunft?

und Diskriminierung vorzugehen. ZARA: Uns wäre es wichtig, dass nicht

hier weiter gehen? Syntax: Ist ein Staatssekretariat für Inte-

immer nur die Migrant_innen daran er-

ZARA: Wir erwarten uns, dass der Er-

gration, ein Schritt in die richtige Rich-

innert werden welche Pflichten sie haben,

schwerungsgrund der rassistischen Mo-

tung gewesen?

sondern dass den Leuten klar wird, dass

tivation tatsächlich angewendet wird.

alle Menschen, die in Österreich leben,

Wir sehen viele Verfahren bei welchen

ZARA: Ein Staatssekretär wie Kurz,

an der Gesellschaft und deren Chancen

Menschen durch rassistische Motivation

dessen Anliegen es ist zu zeigen wie po-

Teil haben sollen.

verletzt oder attackiert werden und es

sitiv Migration ist und Migrant_inenn

teilweise nicht einmal zu einem Strafver-

es schmackhaft machen möchte sich zu

fahren kommt.

integrieren, zeigt hier nur die Kehrseite. Was uns immer bei seinen Kampag-

Syntax: Was muss noch passieren um

nen auffällt ist, dass von Menschen die

rassistische Vorfälle zu verhindern ?

nach Österreich kommen verlangt wird Deutsch zu lernen und Gesetze und Kul-

ZARA: Es wäre eine Regierung notwen-

tur zu akzeptieren. Das hat natürlich sei-

Das Interview führte Teresa Christall, sie ist im Bundesteam der AKS aktiv.

Linktipp: www.zara.or.at - ZARA bietet für Schulklassen Anti-Rassismus und Zivilcourage Trainings an. syntax

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GESELLSCHAFT

SLUTWALK

It’s a dress – not a yes! 24.Jänner 2011, Toronto. Ein offizieller Vertreter der kanadischen Polizei rät Frauen, sich „nicht wie Schlampen anzuziehen um nicht vergewaltigt zu werden“. Als Reaktion auf diese unreflektierte Aussage organisierte eine Gruppe von Aktivist_innen den ersten „Slutwalk“. Von Tatjana Gabrielli

„Opfer sexualisierter Gewalt zu kriminalisieren ist schlichtweg falsch und zu verurteilen“, so die Organisator_innen. „Das Opfer eines Sexualdeliktes trägt niemals Schuld an dem ihm_ihr zugefügten Verbrechen. Auch die Definitionsmacht zu diesem sexuellen Übergriff sollte immer bei den Opfern liegen.“

GEWALT GEGEN FRAUEN UND

Im Oktober fand der erste Slutwalk in Wien statt

MÄDCHEN SICHTBAR MACHEN

haben. (2004) Die unten angeführten

werden oft in die Schubladen „willig“

Doch obwohl z. B. die Gewalt gegen

Zahlen betreffen vorwiegend Deutsch-

gesteckt. Dass dies eine gesellschaftli-

Frauen und Mädchen zunehmend an

land und die Schweiz. Die Ergebnisse

che Wahrnehmung und keine Tatsache

die Öffentlichkeit kommt, ist das Aus-

dieser repräsentativen Studien können

ist, wollen die Aktivist_innen der Öf-

maß, in der sie stattfindet, noch nicht

jedoch durchaus auch für Österreich

fentlichkeit vor Augen halten.

völlig in das öffentliche Bewusstsein

herangezogen werden.

NEIN BEDEUTET NEIN!

eingedrungen. Oft wird die eigentliche Gewalt gar nicht als solche wahr-

„SCHLAMPENLAUF“

Es ist egal, was wir tragen, es ist egal

genommen, sie wird verharmlost oder

Die negative

Auslegung des Begrif-

was unsere sexuelle Identität ist, es ist

belächelt. Jedoch geben zum Beispiel

fes „Schlampe“ reicht lange in die

egal, in welcher Beziehung wir zu dem_

80% der Arbeitnehmer_innen in Öster-

Geschichte zurück. Fast ausschließ-

der Täter_in stehen- wer ein Nein nicht

reich an, schon einmal am Arbeitsplatz

lich Frauen müssen sich auf diese Art

akzeptiert, ist ein_e Vergewaltiger_in.

von sexueller Belästigung betroffen

beschimpfen lassen, denn die große

gewesen zu sein. (Wien 2007, Bundes-

Mehrheit der Sexdienstleistenden ist

kanzleramt

weiblich.

Gleichberechtigung)

Bei

It‘s a dress – not a yes!

einer Befragung von 10.000 Frauen in Deutschland gaben 40% der Frauen

Besonders Frauen aber auch alle ande-

Die Autorin besuchte das Privat-

an, seit dem 16. Lebensjahr körperliche

ren Gender, die sich gerne „sexy“ an-

gymnasium Riedenburg in Vorarlberg

und / oder sexuelle Gewalt erlebt zu

ziehen, schminken und herausputzen,

und ist die Frauensprecherin der AKS

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AUFKLÄRUNG BLEIBT TRUMPF!

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GESELLSCHAFT

Gib AIDS keine Chance!

Seit 1988 wird an jedem 1. Dezember der Welt-AIDS-Tag begangen. Rund um den Globus erinnern zu diesem Datum verschiedenste Organisationen an das Thema Aids und rufen dazu auf, aktiv zu werden und Solidarität mit Infizierten, Kranken und den ihnen Nahestehenden zu zeigen. Der WeltAIDS-Tag dient auch dazu, Verantwortliche in Politik, Medien, Wirtschaft und Gesellschaft - weltweit wie auch in Europa und Deutschland - daran zu erinnern, dass das HI-Virus noch längst nicht besiegt ist. Auch, damit überall die notwendigen Mittel bereitgestellt werden und sich Vorbeugung, Aufklärung, Behandlung und Hilfe für die Betroffenen an ihren Lebensrealitäten orientieren können. Und zunehmend wird der Welt-AIDS-Tag auch von den Medien aufgegriffen und genutzt, verstärkt über HIV/Aids zu berichten. Tess Hermann für die AKS Vorarlberg

vielfaches höher (33,3%). Patient_innen, die mit dem HI-Virus

Der heurige Welt-Aids Tag steht unter dem Motto Getting to

infiziert sind oder bei denen die Krankheit Aids bereits ausge-

Zero. Damit ist das internationale Bestreben gemeint, AIDS-

brochen ist, stehen in Österreich gut entwickelte Behandlungs-

Todesfälle und HIV-Neuinfektionen in Richtung Null („Zero“)

möglichkeiten zur Verfügung, sodass Aids mittlerweile zu einer

zu bringen, aber auch, die Diskriminierung von Betroffenen zu

„chronischen“ Krankheit geworden ist, die eine_n jedoch le-

beenden.

benslang begleitet und zahlreiche Kontrollen sowie verschriebene Medikamente mit sich bringt. Dies dürfte ein Mitgrund für

WAS IST AIDS ?

den Umstand sein, dass das Thema Verhütung wieder vermehrt

Der Begriff AIDS kommt aus dem Englischen und ist die Ab-

vernachlässigt wird.

kürzung für „Acquired immune deficiency Syndrom“ , was so viel Bedeutet, wie erworbenen Schwäche des Immun-

SOZIALES AIDS

systems. AIDS wird durch einen Virus hervorgerufen, das

Gerade hier warnen Aidshilfe Organisationen vor der Prob-

HIV („ Human immune deficiency virus“). Die Ausbreitung

lematik der potenziellen Neuinfektion durch ungeschützten

im Körper eines infizierten Menschen verläuft, im Gegen-

Geschlechtsverkehr, neben Drogenkonsum die häufigste An-

satz zu den meisten anderen ansteckenden Krankheiten,

steckungsart. Hier muss auch in der Schule wieder verstärkt

sehr langsam. Das Einsetzen des AIDS kann zehn bis fünf-

Aufklärungsarbeit passieren. Neben Informationen über die

zehn Jahre nach der Infizierung mit dem HIV erst einsetzen.

Ansteckunspotenziale muss vor allem den herrschenden Ressentiments gegenüber Menschen, die mit dem HI-Virus infi-

Weltweit sind 36,1 Millionen Menschen mit dem HI-Virus

ziert sind oder bei denen die Krankheit bereits ausgebrochen

infiziert und jährlich kommen fünf Millionen Neuinfektio-

ist entgegen gewirkt werden. „Soziales Aids“ bezeichnet gängige

nen dazu. Vor allem in den Osteuropäischen Ländern ist ein

Vorurteile in der Gesellschaft, wie etwa die Verweigerung des

dramatischer Anstieg der HIV Infektionen zu beobachten.

Händeschüttelns oder Schwierigkeiten eine_n Zahnärzt_in zu

Der nach wie vor am weitesten verbreitete Weg der Anste-

finden. Auch hier kann und muss Schule einen Beitrag leisten.

ckung führt über Infektionen mit unreinem Drogenbesteck. In Österreich besteht die Möglichkeit in zahlreichen Nadel-

Die Autorin besucht das Privatgymnasium

tauschprogrammen das Ansteckungsrisiko zu minimieren. So

Riedenburg in Bregenz und ist

sind in Österreich nur 4% der Menschen mit Drogenabhän-

Vorsitzende der AKS Vorarlberg

gigkeit infiziert, in der Ukraine ist dieser Prozentsatz um ein syntax

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INTERNATIONALES

ENTWICKLUNGSPOLITIK

Hilfe zur Selbsthilfe?

Ein soziales Jahr gemacht zu haben, wirkt gut im Lebenslauf. Doch ist diese vermeintliche Selbstlosigkeit wirklich mehr als nur eine Art, das eigene Gewissen zu besänftigen. Wie viel bringt die herkömmliche Entwicklungshilfe den Ländern des Südens tatsächlich? Veronika Hesse

SCHATTENSEITEN

nanziert und Korruption und Selbstge-

DER

ENT-

fälligkeit gefördert“. Zudem würde die

WICKLUNGSHILFE

afrikanische Bevölkerung zur Unselbst-

Entwicklungspolitik wird oft als außen-

ständigkeit erzogen. Er beteuert, dass

politisches Machtinstrument verwen-

die Politiker und Politikerinnen bei ei-

det. Nach Ende des zweiten Weltkrieges

nem Problem sofort „nach Hilfe schrei-

waren viele Länder damit beschäftigt,

en“ und sich nicht selbst zu helfen wis-

ihre eigene Wirtschaft wieder aufzu-

sen, was beispielsweise wiederum dazu

bauen und in Schwung zu bringen und

führen kann, dass hochsubventionierte

hatten daher keine Ressourcen um ent-

Güter aus europäischen oder amerika-

wicklungsbedürftigen Länder zu unter-

nischen Ländern eingeführt werden.

stützen. Andere wiederum gebrauchten

Diese Güter werden dann entweder di-

die „frisch“ entkolonialisierten Länder

rekt von Politikern und Politikerinnen

für ihre eigene Politik und Wirtschaft

als „Wahlkampfgeschenk“ benützt oder

oder nutzten die Gelegenheit um diese

kommen auf den Schwarzmarkt.

Länder im Kalten Krieg als Bündnis-

Dies stellt eine enorme Konkurrenz für

FAZIT

partner zu gewinnen.

die einheimischen Bauern und Bäue-

Im Endeffekt scheint es, werden Ent-

rinnen dar, was zu einem enormen Pro-

wicklungsländer aus reinem Eigenin-

SCHARFE KRITIK

blem in der lokalen Wirtschaft führt.

teresse der Weststaaten abhängig ge-

Oft steht der Entwicklungspolitik eine

Weiter Kritikpunkte sind, dass die

macht. Es gilt die Länder konsumfähig

scharfe Kritik gegenüber. In einem

Hilfsgelder nicht die direkte Zielgruppe

zu machen, um weiter Absatzmärkte zu

Interview in der Zeitschrift „Der Spie-

erreichen und von Herrschern, korrup-

schaffen. Einen richtigen Weg zur Un-

gel“ spricht sich ein kenianischer Wirt-

ten Beamt_innen oder vom Militär ab-

terstützung

schaftsexperte (James Shikwati) klar

gefangen werden und für Eigenzwecke

scheint es leider nicht zu geben, jedoch

gegen die herkömmlichen Vorgangs-

verwendet werden. Manchmal landen

wäre es ein guter Ansatz lokale Projekte

weisen für Entwicklungspolitik aus.

Gelder auf Privatkonten in Steueroa-

zu unterstützen, um somit die Hilfe zur

Er stellt fest, dass jene Länder, die die

sen oder in Immobilieninvestitionen.

Selbsthilfe in eine reale Strategie ohne

meiste Entwicklungshilfe kassiert ha-

Nahrungsmittelhilfe, die länger als das

Hintergedanken zu wandeln.

ben, sich eher rückentwickelt haben

Nahrungsmitteldefizit dauern, zerstört

und weiterhin arm bleiben. Die Schuld

die örtliche Wirtschaft und treibt ein-

Der Autorin besuchte die HLW

gibt er der „Geldverteilung“. In seinen

heimische Kleinbauern und –bäuerin-

Schrödinger in Graz und ist

Augen werden „riesige Bürokratien fi-

nen in den Ruin.

syntax

Was bringt die Hilfe wirklich?

von

Entwicklungsländer

Vorsitzende der AKS Steiermark

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INTERNATIONALES

UNIVERSELL, UNVERÄUSSERLICH UND UNTEILBAR – DIE MENSCHENRECHTE

Gleich an Würde und Rechten geboren

Zum nun schon 63. Mal jährt sich die Verkündung der Menschenrechte. Doch haben auch vermeintlich entwickelten Ländern wie Europa oder Amerika ihre Hausaufgaben diesbezüglich noch lange nicht erledigt. Anja Wiesflecker

Österreichs situation

Menschenrechts-

betreffen

vor

„Sie können ihre Zeitung an je-

strukturelle

dem x-beliebigen Tag der Woche

tionale

aufschlagen und Sie werden in

nur schleppend umgesetzt, in

ihr einen Bericht über jemanden

der Politik fehle das Bewusstsein

finden, der irgendwo in der Welt

für Menschenrechtsfragen. Au-

gefangengenommen,

gefoltert

ßerdem ortet die Initiative teils

oder hingerichtet wird, weil sei-

gravierende Missstände bei der

ne Ansichten oder seine Religion

Defizite:

allem

Empfehlungen

Internawürden

Die Deklaration der Menschenrechte wurde 1948 von der UN verkündet.

seiner Regierung nicht gefallen.“ Das schrieb Peter Benenson, der Grün-

schied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Ge-

Rechtsstaatlichkeit, beim Schutz von

der der Menschenrechts-Organisation

schlecht, Sprache, Religion, politischer

Flüchtlingen, in Gleichbehandlungs-

Amnesty International, 1961 in ei-

oder sonstiger Überzeugung, nationaler

fragen und anderen Bereichen. For-

nem Artikel in der britischen Zeitung

oder sozialer Herkunft, Vermögen, Ge-

mell kann der Menschenrechtsrat zwar

„The Observer“. Er hätte es auch heu-

burt oder sonstigem Stand“, wie es im

nur Empfehlungen aussprechen, allzu

te noch genau so schreiben können.

zweitem Artikel geschrieben steht. Die-

schlechtes Abschneiden aber schadet

Die Medienberichte über Menschen-

se Artikel der Menschenrechte reichen

dem internationalen Ruf. Die Mühlen

rechtsverletzungen sind aber nur ein

vom Recht auf Asyl bis zum Recht auf

der Diplomatie mahlen zwar langsam,

Bruchteil dessen, was auf der Welt

Freizeit und Erholung, und decken vor

aber sie mahlen – und fördern so viel-

wirklich passiert.

allem Grundbedürfnisse der Menschen

leicht die Achtung der Menschenwürde

ab. Trotzdem bleibt die Erklärung nur

in Österreich und der Welt.

NUR RICHTLINIE

eine Richtlinie ohne rechtsverbind-

Daran erinnert der Internationale Tag

lichen Charakter oder Sanktionsdro-

der Menschenrechte am 10.Dezember

hung. Der Autorin besuchte

2011. Er wird gefeiert im Gedenken an die Verkündung der Allgemeinen

UNIVERSELLE MENSCHEN-

Erklärung

RECHTSPRÜFUNG

der

Menschenrechte

am

das öffentliche Gymnasium der Franziskaner Innsbruck

10. Dezember 1948, deren Grundsätze

Im Vier-Jahres-Rhythmus wird die Men-

mittlerweile in vielen nationalen Ver-

schenrechts-Situation

fassungen verankert sind. Jene Rechte

UN-Mitgliedsländern

hat jeder Mensch inne „ohne Unter-

Die

wesentlichen

in

sämtlichen

durchleuchtet. Kritikpunkte

an syntax

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FEUILLETON

FEMINISTISCHE AUTORINNEN MADELEINE DE SCUDERY

ELFRIEDE JELINEK

„ICH KENNE NICHTS, WAS

„MAN SPRICHT NICHT EIN-

UNSERM GESCHLECHT MEHR

FACH

ZUR

SOBALD MAN SCHREIBT“

SCHANDE

GEREICHT,

WIE

MAN

SPRICHT,

ALS DASS EINE FRAU NICHT VERPFLICHTET

IST,

ETWAS

ZU LERNEN. .“

Elfriede Jelinek - die radikale Feministin, Provokateurin, Nobelpreisträgerin und skandalöse Dramatikerin.

Von vielen geliebt – Von genauso vielen gehasst: Die österreichische Autorin Elfriede Jelinek spaltet Madeleine de Scudery wurde 1607 in Le Havre, Frankreich ge-

die Meinungen.

boren und hatte einen Bruder, George, in dessen Schatten sie

Unerschrocken spricht sie Themen wie Fremdenfeindlichkeit,

lange stand. Da ihre Eltern früh starben, sorgte ihr Onkel für

Intoleranz und sexuelle Ungleichberechtigung an und setzte

die beiden und sorgte für eine gute Bildung. Ab 1630 lebten die

sich auch mit der nationalsozialistischen Vergangenheit be-

Geschwister in Paris.1649-53 erschien ein zehnbändiger Aben-

rühmter Burgtheater-Schauspieler_innen auseinander.

teuerroman unter Georges Namen, obwohl allgemein bekannt

Trotzdem ist die 67-jährige Nobelpreisträgerin, Bestseller-

war, dass seine Schwester die Autorin war. Erst als Georges

Autorin und ihre Stücke wurden von fast allen wichtigen Re-

1654 Paris verließ, wurde Madeleine wirklich frei und unab-

gisseur_innen inszeniert. Zwei Mal verhängte sie ein Auffüh-

hängig. Sie blieb geistig rege und interessiert und überlebte fast

rungsverbot in Österreich.

alle, bis sie mit 94 Jahren starb. Ihre persönlichen Erfahrungen behandelte sie schon recht früh in ihrem Werk „Die Klavierspielerin“, das auch verfilmt wurde. Jenes handelt von einer Frau, die durch vollkommene mütterlicher Kontrolle seelisch abstirbt und sexuellem Masochismus der sich dadurch in ihr entwickelt. Solange, bis sie nur noch durch Schmerz befriedigt werden kann. Auch wenn es unzählige Meinungen über Jelinek und ihre Werke gibt, eines ist sicher: Sie ist eine interessante Persönlichkeit! Tara Pollak

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FEUILLETON

kunsthalle BUCH: Die Protagonistin Mia Holl muss sich vor einem Schwurgericht ve-

JULI ZEH - rantworten, weil sie zu leidenschaftlich ist, zuviel Verstand hat und CORPUS DELICTI unabhängig ist. Mia Holl will beweisen, dass ihr Bruder, verurteilt wegen einer angeblichen Vergewaltigung, unschuldig ist. Sie gerät also in Stellung gegen das System und wird als gefährliches Subjekt eingestuft. Juli Zeh entwirft in „Corpus Delicti“ das spannende Science-FictionSzenario einer Gesundheitsdiktatur irgendwann im 21. Jahrhundert. Sie zeichnet ein System, das alle und alles kontrolliert. Sie beschäftigt sich in dem Roman mit den Fragen, wie weit der Staat die Menschen kontrollieren kann und mit dem Recht jedes_jeder einzelnen auf Widerstand.

Valerie Buttler

Little Alien ist ein Dokumentarfilm über Teenager, die allein DVD:

NINA KUSTURICA nach Europa flüchten, in der Hoffnung auf ein „besseres“ Le- LITTLE ALIEN und unter größter Gefahr aus den Krisenregionen der Welt

ben. In Europa angekommen müssen sie jedoch um ein normales Leben kämpfen, gegen ein System, dass ihnen keinerlei Sicherheit und Schutz bietet. Der Film zeigt, dass die Asylpolitik ein Horrorszenario ist. Es ist auch klar zu sehen, wie uneinschätzbar die Verfahren sind und wie sehr Asylansuchende der Bürokratie ausgeliefert sind. Es ist eine Zone der Unbestimmtheit die zwischen dem Antrag und der Nicht-Gewährung des Asyls. Teresa Christall

MUSIKTIPP:

Wer kennt sie nicht? – Lieder wie „Pro Homo“ oder „Augen Zu“ ?

SOOKEE - Sie stammen von der deutschen Rapperin sookee, die seit 2010 durch QUING ihr Album „Quing“ immer mehr an Bekanntheit gewinnt. Im Mai 2011 gelang ihr mit der Produktion des Videos zum Lied Pro Homo der Durchbruch. Das Album ist erhältlich überall, wo es gute Musik gibt. Auf jeden Fall hörens- und sehenswert! Alexander Landauer

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FEUILLETON

0699 / 12 14 81 20 DER SCHÜLER_INNENNOTRUF DER AKS Schüler_innen sitzen viel zu oft am kürzeren Ast, unsere Rechte

Die AKS bietet deshalb einen Schüler_innennotruf an, bei

werden häufig ignoriert oder schlichtweg missachtet. Meistens

dem du kompetente Antworten und Hilfestellungen bei deinen

wissen wir Schüler_innen auch garnicht über unsere Rechte

Schulrechtsfragen erhältst. Du kannst auch unsere Broschüre

bescheid, können uns daher auch kaum gegenüber Lehrer_in-

„123 Fragen an das Schulunterrichtsgesetz auf www.aks.at gra-

nen oder Direktor_innen durchsetzen und uns gegen Rechts-

tis bestellen, oder einfach den unteren Rücksender ausfüllen,

verstöße wehren.

und wir schicken dir die Sachen portofrei nach Hause.

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WUSSTEST DU SCHON, DASS?

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FEUILLETON

... die dreistellige Zahl 888 in römischen Zahlen mit 12 Buchstaben, DCCCLXXXVIII, geschrieben werden muss? … in China jedes Jahr einige Autobahnen abgesperrt werden, um auf dem Asphalt Mais zu trocknen? … die Richtlinien der deutschen Bundesärztekammer fest legen, dass in Deutschland schwule und bisexuelle Männer nicht als Blutspender zugelassen werden? …die erste Raum-Frau Walentina Wladimirowna Tereschkowa war, und vom 16.6. bis zum 19.6.1963 die Erde mit der Wostok 449mal umkreiste? … in China bis heute, jährlich rund 4500 Menschen hingerichtet werden? … Haie ständig vorwärts schwimmen müssen, damit sie nicht sterben? … 70 % aller Lebewesen Bakterien sind, und 90 % aller Lebewesen, die je auf der Erde lebten, ausgestorben sind? …eingeatmete Luft 21% Sauerstoff, ausgeatmete Luft 17% enthält und deshalb die Mund-zu-Mund-Beatmung klappt? …Neil Armstrong den Mond als erster Mensch mit dem linken Fuß betrat?

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