8 € (AUT), 11 € (D), 14 CHF (SUI) Steirereck Wien BITTERE SALATE, SÜSSE PARADEISER. ZWEI BRÜDER UND IHR KÄSE, EIN BRITE UND SEIN WIENER SCHMÄH. LUST AUF INNEREIEN, WEINE AUS NACHBARS GARTEN. UND, SO SCHÖN, ALLERLEI LIEBESG’SCHICHTEN. Ausgabe 11 11 9 190001017143
Be reits zum elften Mal halten Sie das S Magazin in Händen. Und seit Anfang an ist es uns ein besonderes Anliegen, darin auch jene Menschen sichtbar zu machen, die es mit ihrer Leidenschaft ermöglichen, dass sich unsere kleine kulinarische Welt dreht. Auf unterschiedliche Weise, aber mit einer verlässlichen Konstanten: ihrem großen Herz. Da passt so manche Geschichte dieser elften Ausgabe auf ganz spezielle Weise. Die in ihrer eindeutigen Zweideutigkeit symbolisiert, worum es im Leben wirklich geht. Da 1 + 1 bekanntlich auch 2 ist.
Den Schlüssel für Wachstum in der Natur bilden oft Symbiosen oder Partnerschaften, wobei diese nicht nur bei Pilzen, Bäumen oder beim Mischkultur-Anbau vorkommen. Sie durchdringen unsere Umwelt wie ein feines Geflecht, und vieles wäre ohne die richtigen Partner gar nicht verfügbar. In der menschlich-kulinarischen Welt verhält es sich ähnlich. Der gegenseitige Respekt sowie der Austausch von Wissen stellen eine entscheidende Inspirationsquelle für beide Seiten dar und bieten oftmals Anstoß, um durch eine andere Sichtweise zu völlig neuen Überlegungen zu gelangen.
Dies betrifft das Verhältnis von Bauer zu Koch genauso wie den Dialog mit Kollegen oder den Zusammenhalt im eigenen Team. Wohl wissend, und dies nicht nur durch den Sport, dass funktionierende, eingespielte Teams sehr oft erfolgreicher und schlagkräftiger sind als Einzelkämpfer, die nur sich selbst vertrauen. Und wenn dann noch Neuzugänge liebevoll integriert werden, dann ist schon vieles richtig, was passiert.
Deshalb dürfen wir Sie nun mitnehmen auf eine sommerliche Fahrt im Doppelsessellift, wo wir auf Seite 38 zwei Brüder auf den Sitzen haben, die auf einer sehr spannenden gemeinsamen Reise sind. Oder wo wir auf Seite 64 Paare darum gebeten haben, uns ihre Liebesgeschichte zu erzählen. Oder wo wir auf Seite 72 einer Frau begegnen, die uns offenbart, was gelebte Treue bedeutet.
Und nicht minder herz lich geht es auch sonst im Magazin zu. Wenn wir uns auf Seite 30 erstmals in aller Ausführlichkeit der großen Innereien-Küche zuwenden, die immer mehr Liebhaber für sich gewinnen kann. Oder wenn wir dem Paradies einen Besuch abstatten (Seite 56) und uns wenig später von einem saftigen Rot in Versuchung führen lassen (Seite 104). Oder wenn wir einfach nur lesen, was Menschen zu sagen haben. Wie die Triestiner Köchin Antonia Klugmann, die ihre Verwandlung schildert (Seite 118), ihr britischer Kollege Oliver Lucas, der in Wien Feinstes kredenzt (Seite 110), und die Schauspielerin Ursula Strauss, die auf Seite 126 in ihre Vergangenheit eintaucht, um uns ihr Bild von Genuss und Hingabe zu vermitteln.
BIRGIT UND
Wir hoffen, Sie haben genauso viel Freude wie wir mit dem neuen S Magazin!
EDITORIAL S
Ausgabe 11
Magazin,
3 S MAGAZIN VOR-SÄTZE
HEINZ REITBAUER
INHALT
6 WIE ICH LERNTE, D AS STEIRERECK ZU LIEBEN G edanken zur kulinarischen Kunst.
Von Florian Scheuba
8 FUND-STÜCKE
Edles, Schönes, Schmackhaftes –Tipps für ein genussvolles Sein.
1 Wer & warum
30 REISE INS INNERE
Wie aus einem kalten Kalb g roße Innereienküche wird.
Von Anna Burghardt
38 MIL CHTRINKEN IST UNSER JOB
Zu Be such in der Privatkäserei der Brü der Josef und Thomas Höflmaier.
Von Uschi Korda
46 SEHNS UCHT NACH ZARTBITTER
Wie Chicorée und Radicchio eine alte Sehnsucht wecken.
Von Ute Woltron
56 BESSER ALS IM PARADIES
Eine Ode an das Lieblingsgemüse in 26 Strophen – Paradeiser von A bis Z.
Von Katharina Seiser
62 DAS IST DIE FRAGE
Was macht gute Lebensmittel aus?
Von Katharina Seiser
2 Wie & für wen
64 P AAR EXCELLENCE
Ro manzen im Steirereck –vi er Menschen, die einander li eben und gemeinsam arbeiten.
Von Gabriele Kuhn
72 DER ZAUBER DES AUGENBLICKS
E ssay. Die Geschichte einer Frau, di e ihre Treue zum Wirtshaus lebt.
Von Michael Hufnagl
74 SINNLICHKEIT
D ie Elemente des Lebens in der Küche.
94 A UF DICH, SLOW ein IEN
Di e Trauben aus Nachbars Garten –Re né Antrag macht die Kostproben.
Von Achim Schneyder
4 S MAGAZIN INHALT
3 Wovon & wie viel
104 FÜHRE UNS IN VERSUCHUNG
D ie Erdbeere offenbart für uns den Ausdruck von Lust und die Verlockung zur Sünde.
4 Wohin & zurück
110 A CHTMAL ALLE ACHTUNG
Rei tbauers auf Besuch im Grace, b ei einem Briten in Wien. Von Achim Schneyder
118
GRENZLAND-KÖCHIN
Ein Lokalaugenschein in der Idylle Friauls, im Gasthaus der mutigen Triestinerin Antonia Klugmann.
Von Georges Desrues
126 D AS BUTTERBROT, DIE KNÖDEL UND EINE LIEBEV OLLE UMARMUNG
G eschmackserinnerungen von Sc hauspielerin Ursula Strauss. Von Michael Hufnagl
128 ANDER SWO RESERVIERT
B irgit und Heinz Reitbauer verraten, wo es ihnen besonders gefällt.
Impressum
MEDIENINHABER:
ALBA Communications GmbH
GESCHÄFTSFÜHRENDE
GESELLSCHAFTER:
Alexandra Seyer, Reinhold Gmeinbauer
Stubenring 24/3/9, 1010 Wien, www.albacommunications.at
HERAUSGEBER:
Birgit und Heinz Reitbauer
CHEFREDAKTION:
Michael Hufnagl
CHEFIN VOM DIENST:
Julia Schmid
AUTORINNEN, AUTOREN:
Anna Burghardt
Georges Desrues
Michael Hufnagl
Uschi Korda
Gabriele Kuhn
Alexander Rinnerhofer
Florian Scheuba
Achim Schneyder
Katharina Seiser
Ute Woltron
FOTOGRAFEN:
Klaus Fritsch
Philipp Horak
Thomas Schauer
Mirco Taliercio
Georges Desrues
STYLING:
Sammy Zayed / Tatendrang
DESIGN:
brand unit – network for branding, design and content, brand-unit.com
KREATIVDIREKTION:
Albert Handler
ARTDIREKTION:
Sabine Kunzmann
ANZEIGEN:
Reinhold Gmeinbauer, Angela Kindermann, Gernot Zerza
PRODUKTION:
Clemens Niederhammer
Mandana Tischeh – brand unit
LEKTORAT:
Claudia Werner
LITHOGRAFIE:
Mario Rott
DRUCK:
Grasl FairPrint
5 S MAGAZIN
WIE ICH LERNTE, DAS STEIRERECK ZU LIEBEN
Wer online über kulinarische Kunst berichtet, benötigt ein hohes Maß an Leidensfähigkeit. Wer hingegen einen Magazin-Essay verfasst, darf ganz entspannt ins Schwärmen geraten.
TEXT: FLORIAN SCHEUBA
Wenn man einen Kommentar für das SteirereckMagazin verfassen soll, darf man sich zunächst einmal über einen speziellen Aspekt dieser Aufgabe freuen: Der Text wird in einem liebevoll gestalteten, optisch ansprechenden, in Printform existierenden Heft erscheinen.
Und nicht online.
Das macht die Sache sehr viel angenehmer. Denn wer online über ein Thema schreibt, das auch nur ansatzweise mit Spitzengastronomie zu tun hat, muss entweder ein gerüttelt Maß an Leidensfähigkeit mitbringen oder – im Interesse der Glaubenserhaltung an die prinzipielle menschliche Begabung zur Vernunft – darauf verzichten, die darunter geposteten Kommentare zu lesen.
„Geh bitte! Voll unnötig! Wen interessiert das?“, „Totaler Wahnsinn, für Essen so viel Geld auszugeben!“, „Der Würschtelstand ‚Zum heißen Heinzi‘ ist viel besser, und der hat keine Haube!“, „First world problems!“, „Einfach widerlich, wie der Tier-Mörder hier abgefeiert wird!“, „Nur zum Kotzen, dass der VeganFaschist auch noch gelobt wird!“, „Beim Penny-Markt kostet die gemischte Fleischtasse einen Euro 50 Cent, da kann man sich ausrechnen, was diese sogenannten Spitzenköche verdienen, indem sie einfach fürs Herdaufdrehen was draufschlagen“.
Das Verblüffendste an diesen Ergüssen ist die absolute Verlässlichkeit, mit der sie abgesondert werden, sobald über verfeinerte Kulinarik berichtet wird. Das dürfte ein Spezifikum des Themas sein. Ich glaube nicht, dass beispielsweise unter einer Opernkritik oft geschrieben wird, was für ein Wahnsinn es sei, für Musik so viel Geld auszugeben, dass die eigene Oma viel besser singe als diese Netrebko, oder dass eine in der Libro-Wühlkiste gefundene Hansi Hinterseer-CD um drei Euro beweise, wie überbezahlt die Wiener Philharmoniker seien. Offenbar ist es manchen Menschen ein Bedürfnis, Gaststätten, mit denen sie nichts anfangen können oder wollen, nicht nur zu ignorieren, sondern sich auch aktiv von ihnen zu distanzieren.
Das Wort „Steirereck“ funktioniert bei diesen Vertretern der „Ich brauch’s nicht, also muss es ein Schas sein“-Fraktion wie die Glocke für den Pawlowschen Hund, nur dass statt Speichelfluss Gallenfluss ausgelöst wird.
Das dürfte wiederum daran liegen, dass selbst der konsequenteste Gastronomie-Banause irgendwann in den vergangenen Jahren die Kunde vom Klassenbesten der heimischen Top-Betriebe vernommen haben muss.
Dieser Ruf macht dem Steirereck aber nicht nur im bizarren Paralleluniversum der Online-Trolle zu schaffen. Auch unter Genussfreunden wird der Klassenbeste manchmal für einen Streber gehalten, der zwar besser als alle anderen seine Hausaufgaben gemacht hat, ansonsten aber eher eine Spaßbremse ist.
Oder anders formuliert: geschätzt, geachtet, aber nicht wirklich geliebt.
Hat dieses Ressentiment irgendeinen nachvollziehbaren Grund? Eine Frage, die ich vor vielen Jahren vermutlich anders beantwortet hätte als heute.
Liebe auf den ersten Blick war es für mich definitiv keine. Das lag schon allein daran, dass der Blick im alten Lokal des Steirereck mit einem Interieur konfrontiert war, das man sich auch mit der damals schon sehr guten Weinauswahl Adi Schmids nicht schön saufen konnte. Die Küche war ebenso um Perfektion bemüht wie manche Gäste um die Zurschaustellung wirtschaftlicher Potenz, modischer Verirrungen und neureicher Attitüde. Um es mit einem Beispiel aus der Welt des Fußballs zu illustrieren: Das Steirereck wirkte auf mich ein bisschen wie ein Bayern München der Gastronomie. Oder anders formuliert: Das Restaurant nötigte mir durchaus Respekt ab, aber nur wenig Zuneigung.
Dieser Zugang meinerseits – also nicht der Respekt, sondern das mit der Zuneigung – begann sich zu ändern, als Heinz Reitbauer Küchenchef wurde. „Des schau’n ma uns an, wie der des daheben will“, tönte es durch die Stadt, ebenso oft wie „des kann nix werden“.
Und wie es was geworden ist. Heinz Reitbauer – sein gleichnamiger, von mir und allen anderen, die ihn kennen, hochgeschätzter Herr Papa kann bestens damit umgehen, dass er nun zur Vermeidung etwaiger Verwechslungen die Ergänzung „Senior“ trägt, und sein ihn zu Recht stolz machender Sohn ohne „Junior“ durch die Welt geht – hat es mehr als nur „dahoben“.
6 S MAGAZIN STAND-PUNKT
Gelungen ist ihm das mit einer raffinierten Taktik: Er wurde von Jahr zu Jahr immer besser. Und er hat dabei eine völlig eigene Handschrift entwickelt, die sich klar unterscheidet vom routinierten, einzig auf Perfektion zielenden, aber dabei oft austauschbar beliebigen Stil so mancher Spitzenköche, wie man sie beispielsweise in unserem nördlichen Nachbarland häufig findet, und die von bestimmten Gastronomie-Führern als das einzig wahre Maß der Dinge hingestellt werden.
Dass das Steirereck in der „The World’s Best 50 Restaurants“-Liste seit langer Zeit einen Top-20Platz hat und damit jedes Mal klar vor dem bestplatzierten deutschen Restaurant liegt, mag manchem höher besternten Koch ungerecht erscheinen und stellt für Sterne vergebende Kritiker eine unbotmäßige Unterwanderung ihrer fachlichen Autorität dar, auf die sie mit demonstrativem Liebesentzug reagieren. Das ist psychologisch nachvollziehbar, zumal sich eine an den Haute Cuisine-Geboten der Achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts orientierende Dogmatik gegen Ketzer wappnen muss, die meinen, dass auch Maßstäbe der Gastronomie-Bewertung einem steten, auf unhinterfragte Hierarchien immer öfter pfeifenden Wandel unterliegen.
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Heinz Reitbauer ist kein stylisher HipsterKoch. (Ich glaube, er ist nicht einmal tätowiert, aber so gut kenn’ ich ihn auch wieder nicht.) Er kocht nicht modisch, sondern modern. Das zeigt sich schon bei der Benennung seiner Speisen. Ein Gericht, das im derzeit gängigen High-End-Kitchen-Jargon wohl als „Aal. Karotte. Kohl. Zitrone“ firmieren würde, heißt bei ihm: „Mit Winter-Karotten glacierter und geflämmter Neusiedler See-Räucheraal mit Schwarzkohl-Meyer-Zitronen-Creme; Ochsenherz-KarottenSchwarzkohl-Salat mit Hanföl; mit Räucheraal, Ingwer und Physalis geschmorte junge Winter-Karotten; eingelegte Perlzwiebel, mit Hanföl mariniertes Eisenkraut, knuspriger Schwarzkohl und gesäuerte Buttermilch“.
Da diese Liebe zum Detail das Format herkömmlicher Speisekarten sprengen würde, bekommt man im Steirereck zu jedem Gang ein kleines Karteikärtchen, auf dem auch immer wieder die Lieferanten und Produzenten der Rohprodukte angeführt werden. Das bringt den Gästen nicht nur ein Maximum an Information, sondern erspart ihnen auch einen mühsam auswendig gelernten Sermon des Servierpersonals, das darob auch deutlich entspannter agiert als in manchen der mündlichen Verkündigung sich verpflichtet fühlenden Gaststätten. Außerdem kann man sich die durchgehend mit einer Nummer versehenen Kärtchen mit nach Hause nehmen, was dazu führt, dass echte Reitbauer-Fans schon über Paniniartige Sammlungen verfügen. Über die Existenz diesbezüglicher Tauschbörsen ist mir noch nichts bekannt.
Warum die Fan-Schar von Jahr zu Jahr größer wird, glaube ich aber zu wissen. Heinz Reitbauers Art zu kochen wird immer selbstbewusster, unverwechselbarer und somit einzigartiger. Seine Kombinationen sind immer stimmig, meistens originell, manchmal ungewöhnlich, aber niemals zwanghaft unkonventionell. Dass Fleischgerichte dabei nicht zwingend die Hauptrolle spielen, geht überhaupt nicht ab. Die Gerichte haben eine unverkrampfte Leichtigkeit, die auf das ganze Lokal auszustrahlen scheint. Dieses ist seit dem Umzug in den Stadtpark heller und hübscher geworden. Die Horde der Spesenritter ist deutlich dezimiert, und ihre letzten Kohorten lassen sich nun auch besser in den vielen kleinen Nischen des Restaurants verstecken.
Als Symbol für diese erfreuliche Entwicklung kann man die Patronin des Hauses Birgit Reitbauer sehen. War ihr früher auch manchmal der Druck, unter dem ein Betrieb dieser Kategorie täglich steht, anzumerken, so ist sie heute eine nach wie vor perfekte, gleichzeitig aber vollkommen lockere und entspannte Gastgeberin, die allfällige Schwellenängste ihrer Gäste zu pulverisieren versteht. Und in diesem Bereich maße ich mir jetzt ein ex cathedra-Urteil an: Diese Frau hat wirklich einen guten Schmäh!
Selbiger war auch eine besondere Stärke von Sommelier-Legende Adi Schmid. Sein Nachfolger René Antrag versucht ihn diesbezüglich nicht zu kopieren, weiß aber, wie wohltuend feine Ironie und Humorbereitschaft den in der Top-Gastronomie oft sich selbst viel zu ernstnehmenden Umgang mit Wein entkrampfen können. Außerdem hat er damit begonnen, ausgewählten Winzern Fässer von ganz speziellen Weinen abzukaufen, die nun exklusiv für seine Gäste reifen und abgefüllt werden. Und da sind wirklich beglückende Tropfen dabei.
Ja, das Steirereck nötigt mir immer noch Respekt ab, aber mittlerweile auch viel Zuneigung. Oder anders formuliert: Es erinnert mich weniger an Bayern München, sondern mehr an den FC Barcelona. Bei aller Perfektion und Professionalität sind das Spielerische und die Leichtigkeit zu den wahren Stärken seines Teams geworden.
Wem dieser fußballerische Vergleich zu hoch gegriffen scheint, der kann sich ja auch an einem heimlichen Star der Steirereck-Mannschaft orientieren: Andi Djordjevic schafft es, mit seinem grandiosen Brotwagen nicht nur sogar in den ätzendsten Internet-Foren gut wegzukommen, sondern er hat mit seinem großen grün-weißen Herz auch immer Trost und Rat für alle Rapid-Fans parat. Danke!
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FLORIAN SCHEUBA wurde im April 1965 geboren und ist ein vielfach ausgezeichneter Kabarettist, Schauspieler, Autor, Kolumnist und Moderator. Im Jahr 2016 wurde er von Gault Millau als „Feinschmecker des Jahres“ auserwählt.
AUF DEN ZAHN GEFÜHLT
MEDIZINISCHE ERKENNTNISSE UND DIE KRAFT DER NATUR VEREINT ZAHNARZT
DR. ROBERTO LHOTKA IN SEINER VIENNA ORGANICS-PRODUKTLINIE: ZAHNPASTA, SPÜLUNG, ZAHNÖL UND LIPPENBALSAM FÜR DIE MUNDGESUNDHEIT.
Dr. Roberto Lhotka präsentiert seine natürliche, antibakterielle und hochwirksame Zahn- und Mundpflege-Serie. Nach intensiver Forschung, bei der medizinische Erkenntnisse und die Kräfte der Natur in Einklang gebracht wurden, entstand die Produktlinie Dental Care by Dr. Lhotka Vienna Organics. „Tooth Paste“ unterstützt die Widerstandskraft von Zähnen und Zahnfleisch. Verantwortlich dafür sind die Kräfte von Minze, Stevia, Irisch Moos, Zitrone, Zitronengras, Gewürznelke und Thymian. In Kombination mit Kieselerde entfalten die Kräuter eine gesunde
und gründliche Putzkraft. Wertvolle ätherische Öle aus Zitrone, Zitronengras, Gewürznelke, Rosen, Koriander, Thymian und Zimt verleihen dem „Dental Oil“ die Energie, um Parodontitis, Zahnfleischschwund, Zahnfleischbluten und Mundgeruch zu bekämpfen. Das „Dental Rinse“ verdankt seine Wirkung den antibakteriellen Eigenschaften der Kräuter, die eine raschere Heilung bei Entzündungen im Mundraum unterstützt. Last but not least: Die Inhaltsstoffe des „Lip Balsam“ entfalten eine intensiv zellschützende und aufbauende Wirkung für zarte Lippen.
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8 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
DER VIP-TRAVELLER
VERREISEN WIE DIE SUPERSTARS: DER VIP-TERMINAL DES WIENER FLUGHAFENS BIETET NICHT NUR ROCKSTARS UND STAATSOBERHÄUPTERN LUXUS PUR. IN DEN NEU DESIGNTEN SALONS DES TERMINALS IST JEDERMANN HERZLICH WILLKOMMEN.
Der VIP-Terminal im Wiener Flughafen checkt seine Gäste in eine ganz besondere Wohlfühl-Reisewelt ein. Im neuen, edlen Wiener Jugendstil-Ambiente können die Passagiere die Zeit vor ihrem Abflug im eigenen VIP-Salon in vollen Zügen genießen. Gemütliche Polstermöbel laden zum Verweilen ein. Wer lieber den Weitblick bewahrt, der erholt sich in der schicken Skyview Lounge mit großer Terrasse und lässt sich mit kulinarischen Köstlichkeiten und feinen Getränken verwöhnen. Während der Gast die Vorzüge des VIP-Terminals auskostet, kümmern
sich bestens geschulte Mitarbeiter um alle Formalitäten – vom Check-in über die Pass- bis hin zur Zollkontrolle. Wenn dann alles erledigt ist, geht es auf Wunsch mit der Luxus-Limousine direkt zum Flugzeug. Man muss kein Superstar sein, um hier im VIPTerminal zu landen. Jedermann kann den VIP-Service buchen, egal ob ein Flug mit dem Privatjet oder Plätze in der Business- oder Economy-Class gebucht sind. Mit dem super Service der VIP-TerminalMannschaft wird das Abfliegen zum Genuss. Ein stressfreies Ankommen am Ziel ist garantiert.
Weitere Informationen: www.viennaairport.com/VIP
10 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
AUF MESSERS SCHNEIDE
EIN LEGENDÄRER FINNDOLCH HAT ES IN DIE SPITZENGASTRONOMIE GESCHAFFT.
DIE „MARTTIINI“-FILIERMESSER STECKEN AUCH IN DEN MESSERBLÖCKEN DES STEIRERECK. HEINZ REITBAUER SCHÄTZT VOR ALLEM DIE GENIALE ELASTIZITÄT UND DIE SCHÄRFE DES FINNISCHEN SCHNEIDEWERKZEUGS.
Ein einschneidendes Erlebnis: Die Fischer aus Finnland wissen die Vorzüge der „Marttiini“-Messer schon längst zu schätzen. Das ideale Werkzeug, mit dem sich der frische Fang auf den Fischkuttern gleich vor Ort zerlegen lässt. Das Herstellungsverfahren der scharfen Messer hat sich seit Gründung des Unternehmens im Jahr 1928 nur unwesentlich verändert. Handarbeit wird in der Manufaktur groß geschrieben. „Marttiini“-Messer sind weltweit im
Einsatz und haben auch vor der Spitzengastronomie nicht haltgemacht. Heinz Reitbauer weiß vor allem die lange, gebogene Klinge des „Marttiini“-Filiermessers zu schätzen. Dank Teflonbeschichtung gleitet der Finndolch förmlich durch das Schneidgut. Der geriffelte Kautschuk-Griff bietet einen sicheren Halt. Bestechend ist der äußerst moderate Preis der Messer: Ab 45 Euro sind die scharfen Küchenhelfer zu haben.
Weitere Informationen: www.marttiini.fi
12 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
STEIRERECK SCHWAMMERLSUCHE
PILZE, DIE GROSSE LEIDENSCHAFT VON HEINZ REITBAUER, SIND DIE HAUPTDARSTELLER EINES QUARTETT-KARTENSPIELS. EINE IDEALE GELEGENHEIT FÜR ERWACHSENE UND KINDER, DIE WELT DER SCHWAMMERLN ZU ERKUNDEN.
Er sammelt sie, studiert diese eingehend, fermentiert sie und hält unzählige Vorträge über die kostbaren Waldbewohner. Pilze begeistern Heinz Reitbauer schon seit vielen Jahren. Kaum ein anderer kennt die Welt der Schwammerln und all ihrer Artgenossen so genau wie er. Jetzt gibt es diese
nicht nur als aromatische Begleiter diverser Steirereck-Gänge, sondern auch in Form eines QuartettKartenspiels. „Das ist ein Spiel und man lernt ein bisschen etwas über die Pilze“, sagt Reitbauer. Übrigens, die meisten der abgebildeten Pilze hat Reitbauer selbst gesammelt.
Die Steirereck Schwammerlsuche gibt’s im Steiereck-Shop um € 12,50.
14 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, hat sie auch nicht, wenn sie steigen.
Wussten Sie, dass die größten Kursgewinne an wenigen einzelnen Tagen stattfinden? Nur dauerhaft investiert zu sein, sichert langfristig Zuwächse. Kontinuität, Geduld und BalanceOne®, unsere Strategie, die antizyklisch arbeitet und ständig rebalanced, sorgen dafür, dass der Kurs gehalten und auch in bewegten Zeiten Mehrwert erzielt wird. Sprechen Sie mit uns!
Die engagierte Anlagestrategie für Ihr Vermögen.
Gutes Geld. Seit Generationen.
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BLUNZENBROT TO GO
EIN STEIRERECK-KLASSIKER ZUM SELBERMACHEN: DEN TEIG FÜR DAS LEGENDÄRE BLUNZENBROT, DAS EIGENTLICH NUR DEN STAMMGÄSTEN DES HAUSES VORBEHALTEN IST, EINFACH NACH HAUSE MITNEHMEN UND FERTIGBACKEN.
Wenn „Brot-Sommelier“ Andreas Djordjevic – auch liebevoll „Brot-Andi“ genannt – mit seinem Brotwagerl angefahren kommt, warten die Stammgäste des Hauses auf die berühmten Worte des BrotMagiers: „Darf es ein Blunzenbrot sein?“
In der Gourmet-Welt hat sich das lauwarm zu Tisch kommende Wunderwerk, das außen knusprig, innen cremig für ein denkwürdiges kulinarisches Erlebnis sorgt, längst Kultstatus erreicht. Schon alleine aus dem Grund, weil es ein definitives Alleinstellungsmerkmal aufzuweisen hat.
Das Brot steht für sich selbst und lässt sich auf keine Liaison mit irgendeiner anderen Köstlichkeit ein. Gut so. Die Besonderheit kann man ab jetzt auch zuhause genießen. Und so geht’s: Den frischen Teig aus dem Steirereck-Shop mitnehmen, direkt aus dem Becher in eine erhitzte Pfanne stürzen und das Laibchen auf beiden Seiten goldgelb/braun anbraten. Anschließend mit der Pfanne bei 180 Grad ins Rohr und 30 bis 45 Minuten fertig backen. Und genießen!
Das Blunzenbrot gibt’s im Steirereck-Shop um € 7,90.
16 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
DESIGN PORTRAIT. B&B Ital Ia Maxalto WI en . Spätauf Möbel, Design & Handwerk GmbH, 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 45, t +43 (0)1 533 55 00, info@bebitalia-wien.at, www.bebitalia-wien.at
MACARON DE LUXE
EIN KLEINES, FEINES MANDELGEBÄCK MIT GROSSER GESCHICHTE. DIE MACARONS VON BIRGIT UND ANDREAS STOTTER RANGIEREN UNTER DEN SUPERSTARS DER SÜSSEN VERFÜHRER.
Macarons: das Baiser-Gebäck aus Mandelmehl mit einer anregenden Geschichte, dessen Herkunft nicht so ganz festzumachen ist. Während die einen der süßen Versuchung eindeutig eine französische Herkunft aus dem 16. Jahrhundert nachsagen, wollen andere wissen, dass das Gebäck schon im Persischen Reich eine große Rolle gespielt hat. Wie auch immer, der Name kommt jedenfalls aus dem Italienischen und bedeutet frei übersetzt „zerdrückt“. Das venezianische Wort klingt da schon besser: „feiner
Teig“. So, Schluss mit Geschichte. Jene Macarons, um die es hier geht, stammen weder aus Frankreich noch aus Persien und auch nicht aus Italien, sondern aus dem Backrohr von Andreas Stotter. Der ehemalige Souschef von Heinz Reitbauer verwirklicht sich mit Ehefrau Birgit im Restaurant Weyerhof in Bramberg am Wildkogel. Eine der großen Leidenschaften der beiden ist, Macarons vom Feinsten zu kreieren. Und das ist ihnen gelungen.
Weitere Informationen: „Backstube Birgit Stotter“ auf Facebook
18 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
BELLPORT SOFA COLLECTION,
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IM REICH DER THRONPRINZEN
EIN EDLER CIDER HAT EINZUG IN DEN STEIRERECK-WEINKELLER GEHALTEN. DER THRONPRINZ BIRNNAT VOM KITTENBERG, KREIERT VON DREI JUNGWINZERN, BEGEISTERT DERZEIT DIE SOMMELIER-WELT.
Alex Sattler, Herbert König und Jürgen Trummer haben Unglaubliches in die Flasche gebracht: den Thronprinz Birnnat. Gemacht aus Früchten 45 Jahre alter Birnenbäume der Einzellage Kittenberg. Die Winterbirne Packhams Triumph, eine Sorte, die 1896 in Australien zwischen Uvedale St. Germain und Williams Christbirne gekreuzt worden war, lieferte das wertvolle Material für den außergewöhnlichen Cider. Steirereck-Sommelier René Antrag lobt diesen in den höchsten Tönen. Die Vorzüge
der Birne: Schmelzend, feinsäuerlich, muskatartig gewürzt mit dem Aroma der Williams Christbirne gehen in dem neuen Produkt der Cider-Musketiere voll und ganz auf. Der dreieinhalb Jahre hefegereifte Birnenschaumwein wurde in 1500 Flaschen abgefüllt. 180 Flaschen hat sich der Sommelier Antrag schon einmal für das Steirereck gesichert. Und noch eine Besonderheit: Jedes einzelne Etikett wird mit einem Stempel des Restaurants versehen, das sich einen Thronprinz Birnnat liefern lässt.
Weitere Informationen: www.thronprinz.at
20 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
kein hin und her. www.die3.eu Euram Bank AG Palais Esterházy Wallnerstraße 4 1010 Wien T: +43 1 512 38 80 0 F: +43 1 512 38 80 888 office@eurambank.com www.eurambank.com eindeutig
STEIRERECK VOL. 4
EIN GRÜNER VELTLINER AUS DEM SÜDBURGENLAND TRÄGT DIE STEIRERECKWEINKRONE 2019. IM FASS VON WINZER CHRISTOPH WACHTER-WIESLER REIFTE DER 2017ER. 330 NUMMERIERTE FLASCHEN LIEGEN NUN IM KELLER DES HAUSES.
Der aktuelle Steirereck-Wein kommt aus dem Südburgenland. Vom Weingut Wachter-Wiesler. Ein Grüner Veltliner. Eine Fass-Abfüllung. 330 Flaschen gingen an das Steirereck nach Wien, nur ein paar Flaschen von diesem außergewöhnlichen Wein hat sich Christoph WachterWiesler für seine Gäste im Südburgenland behalten. Nach den für die Winzer in der Region harten Jahren 2015 und 2016 schien 2017 endlich wieder die Sonne. „Das war ein unfassbar gutes Jahr für das Südburgenland. Der Veltliner ist der beste Weißwein, den Christoph Wachter-Wiesler je gemacht hat“, schwärmt René Antrag. Vor zwei Jahren hat
der Steirereck-Sommelier den Wein aus dem Fass probiert und war „völlig hin und weg“. Seine Beschreibung für den Veltliner spricht für sich: „super filigran, super elegant, würzig, weißer Pfeffer, pikant“. Geografisch würde man diese Rebsorte eher weiter nördlich, in Niederösterreich, ansiedeln. Topweine von der Traube aus dem südlichen Burgenland? Das klingt fast exotisch. „Diese Weine sind vielleicht nicht so bekannt wie jene aus der Wachau & Co.“, sagt Antrag. „Wir Sommeliers sind dafür verantwortlich, den Gästen von den Diamanten, die da unten im südlichen Burgenland liegen, zu erzählen.“
Den Steirereck Vol. 4 gibt’s im Steirereck-Shop. Preis: € 38,–
22 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
Das Wasser zum Essen.
#jungbleiben
EIN ECHTER WIENER
DER RENOMMIERTE ÖSTERREICHISCHE ARCHITEKT UND DESIGNER MARTIN MOSTBÖCK HAT FÜR DIE SILBERSCHMIEDE JAROSINSKI & VAUGOIN EINEN EXKLUSIVEN CHAMPAGNERKÜHLER ENTWORFEN UND ZOLLT DAMIT AUCH DER STADT WIEN TRIBUT.
Die Silberschmiede Jarosinski & Vaugoin ist Wiens traditionsreichste und älteste Silbermanufaktur. Sie steht weltweit für erstklassige Handwerkskunst und exquisites Silberdesign. Seit fast 170 Jahren werden kostbare Bestecke, Schalen, Leuchter, Taufgeschenke sowie Schmuck und edle Kunstgegenstände ausschließlich aus qualitativ hochwertigem, echtem Silber erzeugt.
Der renommierte Architekt und Designer Martin Mostböck hat für Jarosinski & Vaugoin einen Champagnerkühler aus hochwertigem Sterlingsilber kreiert. Der Stadt Wien wird dabei eine besondere
Ehre zuteil. Die markante Wiener Umrisslinie nämlich, die Outline der Stadtgrenze, wird zur zentralen Idee des Entwurfs. Der Umriss löst sich auf und rotiert um eine gedachte Achse. Dadurch wird ein zarter Rotationskörper aus Silber erzeugt, der die Form des Champagnerkühlers definiert und die Region zum zentralen Element des Designs macht. Ein Teil der Grenzlinie mit seinem speziellen Einschnitt schafft eine neue Typologie eines umlaufenden Griffs und gibt dem Kühler spezielle Wertigkeit. Ergänzt wird das Designstück durch ein praktisches Standelement aus schwarz beschichteter Ulme.
„Vienna“ Champagnerkühler, Preis auf Anfrage; weitere Informationen: www.vaugoin.com
Design: Martin Mostböck für Jarosinski & Vaugoin, Wien 2019: www.martin-mostboeck.com
24 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
Das Wasser zum Wein. #jungbleiben
EISKAFFEE AM STIEL
KULINARISCHE INNOVATION IN DER MEIEREI IM STADTPARK: NEU IM PROGRAMM IST DER „KLEINE EISKAFFEE“, DER ZUM ZWISCHENDURCH-GENUSS ANGEBOTEN WIRD.
Der gute alte Eiskaffee ist und bleibt der Klassiker, jener am Stiel ist das neue Sommer-Highlight. Zumindest in der Meierei im Stadtpark. Heinz Reitbauer hat die Mixtur aus Vanilleeis, Schlagobers und Kaffee neu definiert und diese auf einen Stiel gepackt. Der kleine Eissnack wird in der Meierei als
Zwischengang serviert oder kommt als cooler Begleiter von Espresso, Cappuccino & Co. auf den Tisch. Das stilvolle Eis am Stiel im Miniformat kann man auch mitnehmen. Zum Schmelzen bringt es den Genießer dann bei Sonnenschein im Stadtpark.
Der „Kleine Eiskaffee“ aus der Meierei, Preis: € 2,80
26 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
URLAUBEND im WEINGARTEN
WINZAREI
Familie Tement
Zieregg 13, A-8461 Berghausen welcome@winzarei.at www.winzarei.at
Tel +43 3453 41 01 0
„
Elegant, leichtfüßig, geschmackvoll und mit viel Liebe fürs Detail: so lassen sich - ähnlich wie beim Wein - unsere WINZAREI Chalets beschreiben. Jedes für sich ein Unikat.“
Manfred TEMENT
WHISKEY MEETS LIKÖR
WENN FEINSTER TALISKER 10 MIT EDLEN AROMEN GEMEINSAME SACHE MACHT, DANN ENTSTEHT DER „BLACK WATCH ESPRESSO MARTINI“. EIN WHISKEY-COCKTAIL DER GANZ BESONDEREN ART. GEBRAUT IN EDINBURGH, GELISTET IM STEIRERECK.
Das in Edinburgh ansässige Unternehmen Mac & Wild, Scottish Cocktails, hauchte dem guten alten Whiskey ein neues trendiges Leben ein. Mixologe Luke Leiper entwickelte in Handarbeit eine elegante Mischung aus Schottlands feinsten Whiskeys und Spirituosen, die mit schottischen Kräutern und Pflanzen aus der Region veredelt werden. Birgit und Heinz Reitbauer besuchten im Rahmen ihres Schottlandurlaubs eine Cocktailbar und entdeckten
den „Black Watch Espresso Martini“ aus der Mac & Wild-Serie. Die beiden erkannten gleich nach dem ersten Tasting die Einzigartigkeit des Likörs und fassten den Entschluss, diesen in das Steirereck-Programm aufzunehmen. Sommelier René Antrag war begeistert und setzte das Mixgetränk auf seine Digestif-Liste. Der Whiskey-Likör überzeugt mit einer schönen Erdigkeit, mit eleganter Süße, Algenaromen und einer raffinierten Espresso-Note.
Weitere Informationen: www.macandwild.com
28 S MAGAZIN FUND-STÜCKE
Wer & warum
Die Rose sprach zum Mägdelein, ich muss dir ewig dankbar sein, dass du mich an den Busen drückst und mich mit deiner Huld beglückst. Schrieb Wilhelm Busch, und wir dürfen uns dankbar an des Dichters Huld erfreuen. Wenn der Sommer sich zart lächelnd vorstellt, dann ist die Rose nicht weit. Und wer wiederum die Schönheit der Rose mit einem besonderen Blick betrachtet, mag sich denken: Sieh‘ an, so wunderbar erscheint uns der Bittersalat. Und so vieles mehr im Paradies von A bis Z.
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INS INNERE
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REISE
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ALS IM PARADIES
62 DAS IST DIE FRAGE
38 MILCHTRINKEN IST UNSER JOB
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29 S MAGAZIN SPEZIALITÄT & ÄSTHETIK
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BESSER
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REISE ins INNERE
GESCHLIFFENE Klingen UND BLUTIGES Protein AM ANFANG, KREATIVER Scharfsinn UND MISPELKERNÖL AM ENDE: WIE AUS EINEM KALTEN KALB GROSSE Innereienküche WIRD. EINE GESCHICHTE MIT VIELEN Einschnitten .
TEXT: ANNA BURGHARDT
FOTOS: MIRCO TALIERCIO
30 S MAGAZIN INNEN-LEBEN
01 Ein starkes Stück: Metzger Helmut Tegel offenbart die Lungenflügel als kulinarische Besonderheit.
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02 Die Leber, glatt und blutschwer, ist der unterste Teil des Innereienstrangs. 32 S MAGAZIN INNEN-LEBEN
Die Innereien werden schon im Schlachtbetrieb vom Tierkörper getrennt.
Schnitt. Cut. Wörter, so scharfkantig, dass sie fast selbst schon des Schneidens mächtig sind. Es braucht einerseits solche Waffenscheinwörter, um die Geschichte von den Innereien eines Kalbs bis auf die Teller des Steirereck aufzuzeichnen. In erster Linie aber braucht es, um das Innerste aus einem Tier zu holen – Herz, Herzbries, Herzzapfen und noch ein paar Teile, die nicht mit H beginnen – die allerschärfsten Klingen. Der Weg vom Innereienstrang und der monochrom hellroten Schlachtkörperhälfte, wie es so technisch heißt, bis zu vielfarbigen und aromatisch leuchtenden Gerichten wie Kalbsleberknödeln mit Steckrüben, Knollenziest und Rotkraut oder Kalbsniere mit Brunnenkresse, Erdäpfeln und Sanddorn weist also zahlreiche Einschnitte auf. Dieser Weg erfordert nicht nur Handwerkszeug – am Anfang, in der Fleischerei –, sondern auch kreativen Scharfsinn – am Ende, in der Küche.
Und Schnitt.
Ein Kühlraum in der großen Kamptaler Fleischhauerei Höllerschmid. Von diesem Betrieb bezieht das Steirereck seine Innereien, neben den Jägern, den naturgemäß bevorzugten Bauern der Dependance auf dem Pogusch und der Fleischerei Zotter in Graz. An der Decke des Kühlraums: ein System aus stählernen Schienen – „Rohrbahnen“ – mit Weichen, um hängende Kälber-, Rinder-, Schweinehälften mittels eines schnellen Zugs an einer Eisenkette umzulenken, um die Schlachtkörper starken Arms ums Eck in den nächsten Raum statt geradeaus weiterschieben zu können. An den Schienen hängen einige silbern glänzende Hakensysteme, die wie Folterinstrumente aussehen oder, mit viel gutem Willen, an Marcel Duchamps ikonischen Flaschentrockner erinnern. An solchen Hakentrauben, im Fleischhauerjargon „Christbaum“ genannt, sind die Innereienstränge befestigt. Die Innereien werden anders verrechnet, erklärt Juniorchef Christoph Höllerschmid, werden daher schon im Schlachtbetrieb vom Körper getrennt. Nur die Niere hängt einsam und wie vergessen im kalten Rippengewölbe der behäbig baumelnden Kalbshälfte. Den Innereienstrang zieht es – das Herz in der Mitte, die mächtige, dunkelrote Leber ganz unten – schwer zu Boden. Was hier fehlt: Hirn, Magen, Zunge. Die Zunge bildet im Idealfall den Anfang des Strangs, ist aber, so Höllerschmid, so begehrt, dass dieser oft ohne sie geliefert wird. Auch daran sieht man: Innereien haben in den Restaurants ordentlich Karriere gemacht.
Und Schnitt.
03–04 Der Schlachtkörperhälfte, so der technische Begriff, wird mit punktgenauen Schnitten zuleibe gerückt. Die Kalbsleber wird um ein paar unliebsame Gallengänge erleichtert.
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07–10 Die Milz landet meist in der Suppe, als schnittige Einlage. Die Niere wohnt im Fettkleid. Das Hirn hauste fernab der anderen. Und warum man Kuttelfleck sagt, ist offensichtlich.
05–06 Ein Kettenhandschuh für den nicht amtsführenden Arm gehört zur Standardausrüstung der Fleischer. In Walkersdorf im Kamptal zu finden: die Firma Höllerschmid mit ihrer Fleischbank.
Was generell in Österreich noch nicht Karriere gemacht hat, sind das Milchkalb und dessen Innereien. Zum Leidwesen von Steirereck-Chef Heinz Reitbauer, der dieses Kalbfleisch als das wahre sieht. „Milchkalb ist generell auf dem Markt schwer zu bekommen.“ Für ihn ist das völlig unverständlich. Die Königsdisziplin von Kalbfleisch, wenn man so will, sei Milchkalbfleisch. „Und Kalbfleisch ist doch eigentlich unser Nationalfleisch, wenn man das Schnitzel hernimmt. Aber niemand setzt sich mit den Qualitäten des Fleisches auseinander, man redet immer nur über die Panier.“ Auf dem steirischen Pogusch schlachte man zwei Milchkälber in der Woche, so Reitbauer. „Die sind vier bis sechs Wochen lang milchgefüttert und sonst nichts.“ Ein bisschen Stroh zusätzlich zur Milch, damit die jungen Tiere etwas zu kauen haben, wäre theoretisch etwas später auch noch möglich, ohne dass es sich auf die Farbe auswirken würde. Sobald Kälber schließlich Grünfutter bekommen, sorgt das darin enthaltene Eisen für das aufkommende Rot, das Fleisch verändert sich. „Das wirkt sich natürlich auf die Innereien aus. Auch darum schlachten wir auf dem Pogusch so jung.“ Was in Österreich fehle, so Reitbauer, sei eine klare Klassifizierung von Milchkalbfleisch im Gegensatz zu Kalbfleisch. Eine solche würde sowohl den Gastronomen als auch den Gästen helfen, das Thema Milchkalb zu verstehen. Der Nachteil von Milchkälbern: die Wirtschaftlichkeit. Um es deutlicher zu machen: Ein kleineres Kalb gibt weniger her, bringt weniger ein. Milchkalb muss daher teurer sein. „Deshalb macht es fast keiner. Unsere zwei Kälber pro Woche reichen aber gerade einmal für die Tageskarte auf dem Pogusch – Donnerstag ist dort Innereientag, da heißt es ‚O'gstochen hama!‘ – und für das Wiener Lokal.“ Also kauft man Innereien und Fleisch – Reitbauers absoluter Liebling: die Schulter – von größeren und schon mit Grünfutter aufgezogenen Kälbern zu. „Wir hoffen halt, dass es irgendwann generell mehr in die Richtung Milchkalb geht.“ Wer bei seinem Besuch im Steirereck ein Gericht mit Milchkalb auf der Speisekarte vorfindet, weiß hiermit, um welch seltenes Glück es sich handelt. Gerade bei fetten Teilen wie dem Hirn oder dem Fettmantel einer Kalbsniere – auf dem Pogusch und im Steirereck lieblicher „Fettkleid“ genannt – mache sich der enorme Unterschied in der Fütterung bemerkbar, sagt Heinz Reitbauer. Und, Nachtrag: Die Annahme, dass man Kalb nicht reifen lassen müsse, sei falsch. „Wir lassen die halben Schlachtkörper zwei Wochen hängen.“
Und Schnitt.
Den linken Arm in einen stichsicheren Kettenhemdhandschuh verpackt, eine blaue Ganzkörperplastikschürze vor die weiße Arbeitskluft geschnallt, nimmt sich ein Mitarbeiter im Kühlraum das hängende halbe Kalb vor. Ein Aufkleber sagt: Herkunft Ramsau. Die einsame Niere im Rippengewölbe ist bei der Zerteilung als drittes an der Reihe, nach Schwanz und Schulter. Es folgt das Zersägen der Rippen, das Heraustrennen von Brust, Hals und Rücken. Die Bewegungen wie im Schlaf, das Messer zielsicher durch das Fleisch gleitend, als ob
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Die
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Kalbszunge zählt zu den begehrtesten Innereien (und ist doch genau genommen keine).
jemand geölte Bahnen vorgegeben hätte; ein ungeübtes Auge kommt kaum mit. Die Messer, so Höllerschmid, müssen teilweise zwei Mal pro Tag geschliffen werden – nicht nur gewetzt, wohlgemerkt. Insgesamt haben die Messer hier eine Lebensdauer von gerade einmal rund zwei Wochen. Deutlich weniger Widerstand als der knochenreiche Fleischkörper bietet da der Innereienstrang. Wieder: Die Abläufe sitzen, die Schnitte sind präzise. Als erstes wird die Leber mit dem Kronfleisch – traditionell für Bruckfleisch verwendet – und dem in dessen Mitte sitzenden Herzzapfen abgetrennt, werden die Gallengänge aus der Leber geholt und entsorgt. Danach heißt es: Lunge und Herz herunterschneiden und das begehrte Bries – von dem später noch das Herzbries, das edelste Stück, herausgeschnitten wird – von der Luftröhre trennen. Von letzterer werden die umliegenden Fette gelöst, die Röhre wird aufgeschlitzt. Im Höllerschmid-Shop, der „Fleischbank“, werden Luftröhren vom Kalb in getrockneter Form als Hundefutter verkauft. Über den Herzzapfen oder auch Nierenzapfen, nunmehr vom Kronfleisch getrennt, erzählt Christoph Höllerschmid, dass dieses zum Kurzbraten geeignete Fleisch in Steakhäusern als Hanging Tender bekannt sei. Hierzulande hat der gereifte Herzzapfen in den vergangenen Jahren als Onglet an Beliebtheit gewonnen. Muskelfleisch innerhalb des Innereienkonvoluts, wenn man so will, ebenso wie das Herz. Die Zunge, außerhalb liegend, ist ebenfalls ein Muskelkörper.
Und Schnitt.
Ein eigenes Kapitel sowohl in der Fleischhauerei als auch in der Küche ist das Hirn, in der Kalbstopografie fernab des Innereienstrangs gelegen und auf den Speisekarten des Landes fast in Vergessenheit geraten. Einst waren Gerichte wie Hirn in Aspik, eine passierte Hirnsuppe – zwecks hundertprozentiger Sicherstellung der Sättigung zusätzlich mit Dotter versprudelt – oder in Muscheln gratiniertes Hirn bekannt. Außerdem kochte man unter anderem Kalbshirn mit Einmachsauce und Champignons oder, wie bei der bedeutsamen Kochbuchautorin Katharina Prato nachzulesen, wundersame Hirnwürste: Eine Masse aus zerdrücktem und gewürztem Hirn wird in Oblaten gerollt, paniert und herausgebacken. Für eine heutige Hirnküche, wie sie das Steirereck vormacht, wird indes Milchkalbshirn sanft gegart und in Gesellschaft von mit Fichtenwipfeln geschmorten Milchkalbsbackerln, weißem Spargel und Topaz-Apfel auf den Tisch gebracht, wird Kalbshirn mit knusprigem Buchweizen, Schwarzwurzeln und Mispelkernöl kombiniert oder mit Senfgurke, Mispeln und den kleinen, tropfenförmigen Chupetinho-Chilis. Aber nicht nur mit Hirn, sondern auch mit anderen Teilen wie Herz, Bries oder Magen verweist man im Wiener Stadtpark weiterhin auf die traditionsreiche Bedeutung von (Kalbs-)Innereien für Österreichs Küche. Wurde Bries einst gern als üppiges Frikassee serviert, brät man es im Steirereck zwecks ätherischer Auffrischung mit Meyer-Zitrone und Sancho-Pfeffer und platziert es neben kalbshaxlgefüllter Milchkalbsbrust, lila Erdäpfeln und Haferwurzel. Knusprig gebackenen Kalbskutteln werden Karfiol und Aromen wie persische Limette zugewiesen, Kalbsniere kommt mit Nierengrammeln, Brunnenkresse und Sanddorn. Der letzte Schnitt in dieser Geschichte gehört dem Gast des Steirereck.
12–13 Tibor und Tamas – im Zerlegeraum ist ein eingeschworenes Team am Werk. Was heißt Schmäh auf Ungarisch? Qualitätskontrolle in der Firmenküche: gebratene Kalbsniere im eigenen Fett.
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38 S MAGAZIN MILCHBRÜDER
MILCHTRINKEN IST UNSER JOB
01 Linke Seite: Thomas Höflmaier (li.) und Mitarbeiter Bernie Zauner beim „Tetris spielen“ im Reifekeller. Sprich: Die EmmentalerLaibe werden nach einem mysteriösen System samt Regalen umpositioniert.
TEXT: USCHI KORDA FOTOS: PHILIPP HORAK
Die Brüder Josef und Thomas Höflmaier wollten es wissen.
Entgegen allen Erwartungen haben sie die kleine Privatkäserei ihrer Vorfahren in Lochen am See übernommen. Dort zeigen sie, dass simple Milchprodukte ganz besonders gut schmecken können.
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Es gibt Landschaften, die schmiegen sich so wohlig ins Bild, dass man sofort denkt: aha, Bilderbuch! Sanfte Hügel, die weit in den Horizont purzeln zum Beispiel, in einem satten, fröhlichen Grasgrün, hie und da unterbrochen von ein bisschen Dunkelgrün, dort, wo sich Bäume zu kleinen Wäldern zusammenrotten. Darauf verstreut Pünktchen in hellem Weiß mit roten Tupfen, die sich beim Näherkommen in stattliche Höfe verwandeln, und dazwischen einige in Schwarz-Weiß und Braun, die sich unschwer als Kühe identifizieren lassen.
Dementsprechend gut gelaunt kurvt man durchs südliche Innviertel, das sich weich in der Morgensonne räkelt. Und man würde sich nicht wundern, wenn zum Drüberstreuen jetzt noch ein paar Kinder mit blechernen Milchkannen durch die Szenerie gelaufen kämen. Tun sie natürlich nicht. Zum einen, weil heute, wenn überhaupt, nur noch hoch droben auf den Almen die Milch in Kannen aus dem Stall kommt. Zum anderen, weil um diese Uhrzeit die Milch schon längst in den Molkereien und Käsereien verarbeitet wird.
Wir starten um fünf Uhr mit der Käseproduktion, sagt Thomas Höflmaier und wischt sich mit dem Unterarm ein paar Schweißtropfen von der Stirn. Sieben Uhr ist es jetzt und eigentlich noch ziemlich frisch. Drinnen in der kleinen Käserei aber hat es kuschelige 25 Grad und eine Luftfeuchtigkeit wie in der Karibik zur Regenzeit. In einem großen kupfernen Kessel hat Thomas die Magermilch, die zuvor vom Rahm (auf ostösterreichisch: Obers) getrennt wurde, mit Bakterien angereichert. Aus dem Käsebruch, der in den nächsten Stunden entsteht, wird später Emmentaler.
02–03
In Handarbeit kann man fast sagen, denn in einer der letzten Privatkäsereien der Gegend gibt es zwar ein paar Maschinen, die dem Vier-MannTeam mechanisch unter die Arme greifen. Vieles aber passiert mit Muskelkraft, Fingerspitzengefühl, Denkarbeit, Enthusiasmus und großer Liebe zum Detail. Sogar die Milchsäurebakterien für den Käse werden bei Höflmaiers selbst gezüchtet. Das macht sonst kaum jemand, weil das zu aufwendig ist, sagt Thomas. Und man muss wissen, was man tut, sagt er noch und grinst dabei von einem Ohr bis zum anderen.
Er jedenfalls weiß, was er tut, denn er hat in der BAM Rotholz in Tirol, Österreichs bester Ausbildungsstätte für Milchwirtschaft, seinen Käsemeister gemacht, was sich heute offiziell „Milchtechnologe“ nennt. Aus dem dortigen Forschungslabor holt er sich auch die Stammkulturen, die er dann so kultiviert,
dass sie sich an die hiesige Milch gewöhnen können. Da durch unterscheiden sich die Milchprodukte aus der Käserei Höflmaier wesentlich von herkömmlicher Massenware. Wir arbeiten viel mit Geschmack, sagt jetzt Josef, der ältere Bruder von Thomas, während er das Radio ein bisschen leiser dreht. Von FM4 lassen sich die vier Herren in der Käserei gerne begleiten, nur wenn es zu elektrolastig wird, kommt Radio Oberösterreich zum Zug. Und im Übrigen, sagt Josef und streicht mit dem Finger über seinen Bart, soll Hiphop gut für die Käsereifung sein. Sein schelmischer Blick verrät allerdings gleich, dass er das nicht so recht glauben mag, vor allem weil die Studie dazu nicht wirklich repräsentativ war. Für den Geschmack und die Qualität von Käse, Butter und Co würden die Brüder Josef, 33, und Thomas, 28, alles tun. Das ist so etwas wie eine Herzensangelegenheit, schließlich haben sie sich ja auch entgegen allen Erwartungen und sogar zum Erstaunen ihrer Eltern entschlossen, den Familienbetrieb weiterzuführen. Ich habe geglaubt, mit uns wird zugesperrt, sagt Papa Josef Höflmaier, der seine beiden Buben hauptsächlich noch beim Bürokram, bei Auslieferungen und bei Marktfahrten unterstützt. Mutter Maria schupft den Hofladen, und auch die 82-jährige Oma Anna Höflmaier geht zur Hand, wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird. Niemand, sagt Enkel Josef, schlägt zum Beispiel die Butter so flott wie die Oma.
Mehr Work als Balance, aber es macht Spaß.
Seit vier Generationen ist die Käserei in Familienhand, mit der sich einst Urgroßvater Johann Kranzinger 1931 im Hinterzimmer eines alten Wirtshauses eingemietet hat. Damals hatte noch jedes Dorf in der Gegend eine eigene Käserei, weil sich im 19. Jahrhundert Schweizer Wirtschaftsflüchtlinge mitsamt ihrem Almwissen hier angesiedelt hatten. Eine Kranzinger-Tochter, also Oma Anna, heiratete den Käsemacher Josef Höflmaier, und die beiden bauten die Milchproduktion weiter aus. Neben Tilsiter und Emmentaler wurden Butter, Topfen und Joghurt bereits in einem eigenen Gebäude hergestellt. Ihr Sohn, selbstverständlich wieder ein Josef, spezialisierte sich zusätzlich noch auf Bergkäse, vor allem aber stellte er bereits 1994 komplett auf Bio um.
und Käsemeister
Höflmaier
und der Rahm von der
Kleine Molkereiszenen I: Milch-
Thomas
(o.)
Milch.
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04 Der Herr der Butter: Josef Höflmaier und ein kleiner Berg Sauermilchbutter, die händisch in Holzmodeln gefüllt wird.
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Natürlich gibt es in der Käserei Maschinen, für vieles braucht man aber Muskelkraft. Beim Abseihen des Bröseltopfens zum Beispiel.
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07–09 Die Vier von der Käserei (von links): Thomas Höflmaier, Markus/Max Fröhlich, Bernie Zauner und Josef Höflmaier.
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DAS GEHEIMNIS IST SIMPEL: MEHR GESCHMACK.
Unsere Eltern hatten es schwer, weil damals hat noch kaum jemand darauf Wert gelegt, sagt der junge Josef, der praktisch in der Käserei aufgewachsen ist und überall mithelfen kann. Er hat Betriebswirtschaft studiert und ist, wie man so schön sagt, fürs Rechnen zuständig. Wir sitzen jetzt mit ihm auf der Hausbank in der Sonne und warten, dass es 9:03 Uhr wird. Genau dann setzt Bruder Thomas drinnen in der Molkerei die Käseharfe in Gang, die in exakt 15 Minuten den Käsebruch auf Erbsengröße für Hartkäse zerkleinert. Zeit ist ein wichtiger Faktor, sagt Thomas, die Milchverarbeitung erlaubt keinen Schlendrian.
Unter der Führung ihrer Vorfahren wurden die unterschiedlichen Käse in fünf Kesseln gleichzeitig produziert. Das war Stress, sagt Thomas, also wurde auf einen großen 8000-Liter-Kessel umgestellt, in dem jeden Tag ein anderes Produkt erzeugt wird. Ohne die Tradition ihres Handwerks zu verraten, haben die beiden Brüder nach ihrer Übernahme 2018 das eine oder andere nach ihren Vorstellungen verändert. Wir sind modern, sagt Josef, und wir denken in Kreisläufen. Deshalb wird bei Höflmaiers kaum etwas verschwendet und Umweltverschmutzung ist verpönt. Geputzt und gewaschen wird mit einem sanften Reiniger, die Abwässer kommen pH-neutral in die Kläranlage im Keller. Den Milchrückstand aus der Zentrifuge bekommt der Nachbar zum Entenfüttern, und aus dem Eiweiß, das sich beim Herstellen von Butterschmalz auf dem Boden absetzt, wird Bio-Diesel gemacht. Auch unsere Molke, sagt Josef stolz, ist sehr begehrt, weil sie von sporenfreier Heumilch stammt. Sie wird in Wörgl getrocknet, pulverisiert und dann für Baby- und Sportnahrung weiterverwendet.
in die Schule gegangen und arbeitet nebenbei auf dem elterlichen Hof. Dort werden die Kühe neben Bio noch mit besonderem Augenmerk aufs Tierwohl gehalten. So etwas schmeckt man in der Milch, sagt Josef, für den Milchtrinken zum Job gehört. Deswegen wird privat lieber was anderes getrunken. Der Vierte im jungen Team ist Markus, ein gelernter Tischler und einer, der auch etwas von Mechanik versteht. Dank ihm laufen die Maschinen selbst nach 50 Jahren wie geschmiert. Er hat auch die Modeln aus antibakteriellem Kirschholz angefertigt, mit denen einmal pro Woche die Sauerrahmbutter nur fürs Steirereck nach alter Tradition abgefüllt und dann händisch verpackt wird. Ansonsten wird jeden Nachmittag die herkömmliche Süßrahmbutter erzeugt. Zirka 800 Kilo in der Woche, schätzt Josef, die zwar maschinell portioniert, aber von den vier Herren ebenfalls händisch verpackt werden.
800.000 Liter Milch in reinster Bioqualität werden in der Käserei pro Jahr verarbeitet. Zum Vergleich: Im nächstgrößeren Betrieb in der Gegend sind es 1.000.000 Liter. Pro Tag. Dafür wissen Josef und Thomas Höflmaier aber ganz genau Bescheid, wie die zehn BioBauern, von denen sie die Milch bekommen, die Kühe halten und vor allem wie diese gefüttert werden.
Wir sind mittlerweile im Reiferaum gelandet, wo Thomas und Bernie gerade, wie sie sagen, Tetris spielen. Hier lagern die Emmentaler-Laibe, 75 Kilo schwer, auf mehreren fahrbaren Regalen, werden einzeln abgeklopft, gewendet und je nach Reifung mitsamt dem Regal woanders hingeschoben. Nach einem geheimnisvollen System, für Außenstehende kaum durchschaubar. Bernie ist übrigens mit Thomas
Geht’s der Kuh gut, schmeckt die Milch gut.
Heinz Reitbauer hat die Höflmaiers vor zwei Jahren über einen Tipp des Schweizer Käse-Gurus Willi Schmid entdeckt. Ich habe noch nie jemand so liebevoll unsere Butter verkosten gesehen, sagt Josef beinahe ehrfürchtig und man spürt, wie viel Freude ihm die Begegnung bereitet hat. Schließlich gibt es wohl nichts Schöneres, wenn jemand dem eigenen Tun Respekt zollt und damit die Mühe anerkennt, die dahinter steckt. Gerade bei der Sauerrahmbutter haben wir viel ausprobiert, sagt Josef, der aber nicht mehr darüber verraten will. Nur dass dem Rahm mehr Zeit als üblich zum Reifen gegeben und damit mehr an Geschmack herausgeholt wird, lässt er sich entlocken. Wir haben mehr Work als Balance, sagt er, während er mit den Händen die Butter aus der Trommel schöpft und zu einem anschaulichen Butterberg anwachsen lässt. Aber es ist ein ehrliches Handwerk, sagt er noch, und dass es einfach Spaß macht und man deshalb auch eine Sieben-Tage-Woche locker aushält. Zackzackzack schlägt Josef Höflmaier jetzt die Butter in die kleinen Modeln. Stetig und in gleichmäßigen Bewegungen, sodass man beim Zuschauen fast ins Meditieren kommen könnte. Allein unser Magen hält uns davon ab. Knurr, sagt er und verlangt auf der Stelle nach einem Butterbrot. Mit HöflmaierButter natürlich.
10–11 Kleine Molkereiszenen II: Molke, Rahm, Obers – Milch in allen Formen steht überall herum (o.) und Josef auf der Suche nach Resten im Butterfass (u.)
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46 S MAGAZIN EDEL-SALAT
TEXT: UTE WOLTRON
Möglicherweise sind es die besonders bekömmlichen Inhaltsstoffe der Bittersalate Chicorée und Radicchio, die eine alte Sehnsucht nach dem Geschmack des Ursprünglichen erwecken.
Wer den Gaumen wieder an die bedauerlicherweise fast verschwundene Geschmacksrichtung heranführt, kann von den schwierig zu ziehenden Edelsalaten kaum genug bekommen.
WEGWARTE
Die Mutterpflanze aller Bittersalate ist die Wegwarte. Vielleicht ranken sich gar so viele Sagen und Legenden um die Schöne mit den himmelblauen Blüten, weil sie seit ewigen Zeiten auch als Heilpflanze gilt. Sie blüht monatelang. Die auffälligen Sterne öffnen sich am frühen Morgen, gegen Mittag sind sie schon wieder verblüht, doch täglich kommen bis in den Herbst neue Blüten nach.
Sehnsucht nach Zartbitter
FOTOS: KLAUS FRITSCH
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48 S MAGAZIN EDEL-SALAT
Die wenigsten von uns haben jemals Salat blühen sehen, dabei ist das ein wildes Spektakel. Der gewöhnliche Kopfsalat, wie wir ihn kennen und schätzen, wächst, wenn er nicht bereits in seinem zarten Jugendstadium geerntet und genüsslich verspeist wird, zuerst turmartig bis zu einem Meter in die Höhe. Dann entsteht wie zur Krönung zuoberst ein verzweigtes, dichtes Blütenbüschel, gelb bis cremeweiß mit zahlreichen Korbblütensternchen getüpfelt. Doch so weit kommt es im wohlbestellten Gemüsegärtchen freilich nur selten, weil knackig frischer Salat eine Delikatesse ist und natürlich nicht verschwendet werden darf. Lediglich Samenzüchter lassen ihre Pflanzen tatsächlich blühen und ausreifen. Ob Maikönig, Grazer Krauthäuptel, Eichblatt oder Lollo Rosso – die Gartensalate gehören allesamt der Gattung der Lattiche an, sie sind also gewissermaßen Geschwister, und es gibt sie in zahllosen unterschiedlichen Sorten. Soweit so bekannt.
zurück, und – jetzt kommt’s – diese haben die meisten von uns fast mit Sicherheit bereits irgendwann einmal in voller Blüte in der freien Natur bewundert: Die Gemeine Wegwarte, botanisch korrekt Cichorium intybus genannt, ist, wer hätte es geahnt, die Mutterpflanze der Endivie, des Chicorée und des Radicchio. Die Pflanze ist in ihrer ursprünglichen Form als Wildblume an trockenen, kargen Brachen und Wegrändern in Europa, Westasien und Nordwestafrika heimisch, erreicht nicht selten mehr als einen Meter Höhe, und von Juni bis Oktober sind ihre Blüten eine himmelblaue Bienen- und Augenweide.
Doch die Salatgärtner der Geschichte haben auch noch einer weiteren Pflanzengattung d urch Auslese und Zucht eine Gruppe von Blattsalaten abgerungen, und die ist weit kapriziöser als der gute herkömmliche G artensalat. Sie ist zum einen aufwendiger zu ziehen, aber sie belohnt zum anderen die Mühe mit eigenwilligen Aromen, die jeden Connaisseur vor Befriedigung die Augen schließen lassen. Sie schmecken leicht bis recht intensiv bitter, und um diesen speziellen Bittergeschmack in allen Nuancen wertschätzen und genießen zu können, braucht der Gaumen etwas Erfahrung und Übung. Diese Gruppe edelster Salate ist mit den Lattich-Gartensalaten nur sehr weitschichtig verwandt. Sie gehört vielmehr zur Tribus der Cichorieae, und ließe man sie blühen, so würde man staunen, denn die Pflanzen entwickeln prachtvolle himmelblaue Sternenblüten, die jedem Blumengarten zur Zierde gereichten.
BEKÖMMLICH
Auch die Abkömmlinge der blauen Blume, also alle Formen des Zichoriensalates und -gemüses gelten in jeder Art der Zubereitung als besonders gesund. Früher aß man die Blätter der Wegwarte als Salat oder Spinat, bereitete Tee daraus zu und verspeiste auch die gekochte, geschälte Wurzel. Wer es versuchen will, legt sie vorher zwei Stunden ins Wasser, das treibt etwas Bitterkeit aus.
Bereits in der Naturgeschichte des Gaius Plinius Secundus, geschrieben um 50 nach Christus und ein wahrer Schatz antiken Wissens, werden diese weit verbreitete Pflanze und die ersten daraus entstandenen kultivierten Vorläufer der heutigen Bittersalate erwähnt. Plinius beschreibt die „wohlschmeckenden Stengel“ eines Gewächses mit Namen „Intubus“, „welches in Ägypten Cichorium heißt“. Cichorieae nennt man die Pflanzengruppe, der sie zugeordnet ist, bis heute. Plinius unterschied schon damals zwischen einer „wilden“ und einer „zahmen“ Art, wobei beide sowohl roh als auch gekocht verzehrt wurden und als ausgezeichnete Medizinpflanzen galten. Insbesondere auf Leber, Nieren und Magen, so berichtet der Römer, wirke ihr Genuss vorteilhaft, und diese Erkenntnis der Antike wird durch die zeitgenössische Medizinforschung bestätigt.
Diese sogenannten Bittersalate sind tatsächlich eine appetitliche Liga für sich. Dazu gehören neben dem beliebten und allseits bekannten Endiviensalat vor allem der Chicorée und der Radicchio. Die drei sind noch enger miteinander verschwistert als die Blattsalate und gehen, man glaubt es angesichts ihrer Unterschiedlichkeit kaum, auf eine einzige Pflanze
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Manche Geschmäcker muss sich der Mensch, wie gesagt, erst wieder erarbeiten, und dazu gehört die gewisse zarte und mittlerweile ungewohnte Bitterkeit, die allen Cichorieae-Salaten eigen ist. Eben diese Bitterstoffe machen einerseits ihren kulinarischen Reiz aus und sind andererseits für die vielen Vitalstoffe verantwortlich, über die sie in so großen Mengen verfügen. Aus den meisten Kulturpflanzen wurde das Bittere über die Jahrhunderte durch Auslese weggezüchtet, weil der Mensch seinen Gelüsten nach dem Lieblicheren, Süßen den Vorzug gab. Bitteres fehlt unserer heutigen Nahrung weitgehend, zumindest uns Europäern, und wir sind auch kaum mehr mit dieser Geschmacksrichtung vertraut. Das ist bedauerlich und auch in Sachen Vitalstoffe letztlich leichtsinnig, wie ein Beispiel veranschaulicht: Der unverfälschte, etwas bittere Löwenzahn, der ebenfalls dem Tribus Cichorieae angehört, enthält das 40-fache an Antioxidantien im Vergleich zum zwar knackigen, ansonsten jedoch recht gehaltlosen Eisbergsalat. Noch ein Beispiel aus einer anderen Gemüseliga: Die alten dunkellila Karottensorten, die zugunsten der süßeren orangen Sorten bis vor wenigen Jahren fast verschwunden waren, sind ebenfalls unvergleichlich reicher an Anthocyanen, also den gesunden Antioxidantien, die dem Gemüse übrigens auch die kräftige Farbe verleihen.
RADICCHIO
zusammen, um die innen liegenden Blätter vor Sonnenlicht zu schützen, auf dass sie zart und dottergelb blieben. Bleichen wird diese Methode genannt, und sie findet auch bei anderen Pflanzengattungen und Gemüsearten seit langer Zeit Anwendung. Viele Privatgärtner befleißigen sich dieser Methode heute noch unverändert, oder sie pflanzen die Salate so dicht, dass diese sich im Laufe des Wachstums gegenseitig zu bedrängen beginnen und ihre Herzstücke im Verborgenen von der Sonne verschont bleiben.
Vergleichsweise deutlich aufwendiger und wohl nur von Profis zu bewerkstelligen ist die Hege und Pflege des Chicorée. Die dicken, gelben oder cremeweißen, mitunter jedoch auch rot gefärbten Knospen der Wegwarte vertragen gar kein Licht, und jeder Chicoréezüchter wird hysterisch aufschreien, wenn es jemand wagt, die Dunkelheit, in der sie heranwachsen, selbst mit einer schwachen Lampe für länger als wenige Momente zu erhellen. Um die knackigen zarten Knospen ernten zu können, muss der Chicoréebauer bereits im Jahr zuvor im Frühling Pflanzen ziehen, die Wurzeln dann über den Winter finster lagern und austreiben lassen.
Insbesondere der Radicchio zeigt auffällig viele unterschiedliche Farbkombinationen und Blattformen. Manche Sorten wie die hier abgebildete Ceriolo Bianco sind so hübsch, dass man sie für großformatige Blüten halten könnte und gar nicht zerteilen will. Doch auch der Chicorée muss nicht immer weiß-grünlich sein, er kann ebenfalls lustige Tüpfelchen in Rosa und Zartgelb tragen.
Im Falle der Bittersalate wollen die für die Gesundheit so vorteilhaften Bitterstoffe jedoch zumindest ein wenig gezähmt werden, denn allzu viel davon muss auch nicht sein. Das Mittelmaß, eine ausgewogene Komposition aus ganz leichter Süße und Zartbitter ist das Ziel der Salatproduzenten, und da das Blatt erst ab dem Moment die Bitternis entwickelt, in dem es dem Licht ausgesetzt ist, muss je nach Art und Sorte Vorsorge getroffen werden. Bereits die Römer wussten das, und sie entwickelten eine einfache Technik, um etwa den Vorläufer des heutigen Endiviensalats dementsprechend zu behandeln. Sie banden die Häupteln zu kompakten Büscheln
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Das erfolgt, wie gesagt, in völlig abgedunkelten Räumen. Durch keine Ritze darf Licht eindringen. Drinnen ist es auch im Winter überraschend warm, wenn man von der Kälte draußen durch eine Schleuse tritt, und die Luft ist spürbar feucht. Der Gemüseprofi Michael Bauer beispielsweise hat einen solchen Chicorée-Raum eingerichtet. Wer ihn ausnahmsweise betreten darf, vernimmt im Stockdunklen zuerst lediglich ein leises Geräusch, ein feines Plätschern, so, als ob inmitten dieses seltsamen und doch so angenehmen Raumes ein winzig kleines Springbrünnlein unsichtbar und unermüdlich, aus welchen Gründen und für wen auch immer, seinen Dienst tue.
Das Wasserplätschern rührt tatsächlich von einer Art Brünnlein her, doch das sieht man erst, wenn der Hausherr für kurze Momente seine Stablampe anknipst: Die wirft ihr Licht auf Teile einer wunderlichen Konstruktion. Eine Art breite, wuchtige Stellage mit übereinander gestapelten flachen Wannen befindet sich in der Mitte des Raumes, und über Konstruktionen, Verrohrungen und Überläufe rieseln unablässig Wasser und Nährstoffe. In den Wannen befinden sich die dicken, verzweigten Zichorien-Wurzeln. Auf den ersten Blick schauen sie aus wie verschlungene Alraunenwurzeln. Sie stehen dicht an dicht und treiben über der Wasseroberfläche wunderschöne Knospen und Blätter. Cremegelbe und purpurrote, spitze und rundliche, im hübschesten Fall sind sie fein rot gesprenkelt auf zartgelbem Blattgrund. Das hier ist ein Bettchen für ganz besondere Pflanzen, die fürsorglicher Betreuung bedürfen, die Wiege exquisiter Chicorées. „Um Gottes willen, Michael!“, schreit besorgt ein Begleiter auf: „Dreh doch wieder das Licht ab, sie schrecken sich ja!“ Der Chicorée verträgt selbst die geringste Helligkeit nur schlecht. Steht er auch nur kurze Zeit im Licht, wird er zu bitter, verliert außerdem seine wachshelle Farbe und wird im schlimmsten Fall ungenießbar.
CHICORÉE
Ein wirklich gutes
Exemplar dieser großen, knackigen Knospe ist sehr frisch. Es darf zwar leicht bitter schmecken, trägt jedoch noch ein ganzes Bukett anderer Geschmäcker in sich, die so gut wie unmöglich zu beschreiben sind. Im Steirereck wird der Chicorée auch klein geschnitten kurz angeschwitzt mit süß-säuerlicher Marinade als warmer Salat serviert.
Die anspruchsvolle Delikatesse will auch, sobald sie abgeschnitten ist, möglichst kurz gelagert und am besten sofort verspeist werden. Erst seit etwa 150 Jahren zieht man den Chicorée auf diese oder ähnliche Weise, und seine Entdeckung ist einem Zufall zu verdanken. Denn ursprünglich wurde die Wurzel einer speziellen Varietät der Gemeinen Wegwarte –zumindest in Europa – nicht als Salat, sondern als Kaffee-Ersatz angebaut. Geröstet und gemahlen war der sogenannte Zichorienkaffee oder Muckefuck ab Ende des 17. Jahrhunderts die billigere und auch verlässlicher verfügbare Kaffee-Variante, und ihr Anbau erfolgte in großem Rahmen. Eine der Legenden, die sich um die Entdeckung der wohlschmeckenden und erfreulich großen Knospen dreht, besagt, dass belgische Zichorienkaffeebauern im Jahr 1870 eine Rekordernte einfuhren und überschüssige Wurzeln im Glashaus über den Winter bringen wollten. Dort trieben die Wurzeln gut bedeckt und vor Frost geschützt aus. Die Knospen wurden entdeckt, verkostet und für so delikat befunden, dass man damit weiterexperimentierte und sie bald großen Anklang bei der Salatkundschaft fanden.
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Etwas einfacher, doch immer noch anspruchsvoll anzubauen ist der farbenfrohe Bruder des Chicorées. Der Radicchio, ebenfalls eine Wegwarte in veredelter, über Jahrhunderte gezüchteter Form, ist eine der großen agrikulturellen Errungenschaften der Gemüsenation Italien. Er lässt sich im Gegensatz zum Chicorée zwar über Samen anbauen, doch die Blattdelikatesse benötigt vor allem in ihren ersten Wochen die richtigen Temperaturen und das rechte Licht, um zu gedeihen und verzeiht Pflegefehler kaum. Moderne Züchtungen der jüngeren Vergangenheit sind zwar etwas weniger zickig, sodass erfahrene Gemüsegärtner auch in unseren klimatisch nicht idealen Radicchio-Breiten durchaus ihr Glück damit versuchen können, doch für Gartenanfänger sind die meisten Sorten dieser Pflanze letztlich nicht geeignet. Apropos: Die wunderschönen, farbenfrohen Köpfchen des Radicchios gibt es in den unterschiedlichen Ausformungen. Die hier fotografierten Radicchio-Exemplare veranschaulichen die Vielfalt, die allein innerhalb einer einzigen Sorte Augen und Gaumen erfreuen. In diesem Fall handelt es sich um die Gourmetsorte Ceriolo Bianco.
Möglicherweise wird dieses Verlangen von geheimnisvollen Vorgängen in unserem Organismus gefördert, die eine alte Sehnsucht nach dem Gesunden im Gemüse erwecken, nach etwas Ursprünglichem, Zartbitterem. Sowohl der Radicchio als auch der Chicorée eignen sich übrigens nicht nur zum Verzehr als roher Salat, sondern sie entwickeln, was hierzulande noch viel zu wenig bekannt ist, auch vorsichtig gedünstet und angebraten köstliche Geschmäcker, lassen sich mit süß-säuerlichen Marinaden veredeln, um allerlei Füllen wickeln, und auch die Strünke bergen raffinierte kulinarische Geheimnisse. Schön, gesund und schmackhaft. Die Zeit der Bittersalate bricht nördlich der Alpen gerade erst an.
BLÄTTERSPIELEREIEN
Auch dem Radicchio tut ein wohldosierter Schuss Hitze in Pfanne oder Rohr oftmals gut. Einzelne Blätter großformatiger Sorten wie etwa Radicchio Rosa di Gorizia oder Castelfranco können mit allerlei Raffiniertem gefüllt und zu opulent gefärbten Röllchen gedreht werden. Ob roh, mariniert oder angebraten, die Vielfalt der Bittersalate will ausgekostet werden.
Im Gegensatz zur bekannteren rustikalen und auffällig bordeauxrot gefärbten, von weißen Blattadern durchzogenen Sorte Radicchio Rossa di Chioggia ist der Ceriolo Bianco nur von zarter Bitterkeit, und seine Köpfchen wirken so fragil wie große Blüten ausgefallener Rosen. Andere Sorten wie Radicchio Tardivo Chiuso bilden wiederum längliche Köpfe aus und je nach Alter mehr oder weniger stark gekringelte Blätter. In jedem Fall sind die besten Radicchios jene, die eben diese Balance aus zartem Blatt, etwas Biss und der unvergleichlichen feinen Bitterkeit halten, die, sobald sich der Gaumen damit vertraut gemacht hat, zu suchtartigem Verlangen führen kann.
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BESSER ALS im Paradies
TEXT: KATHARINA SEISER
Paradeiser haben nur drei Monate im Jahr wirklich Saison. Dann sind sie in prachtvoller Farben-, Formen- und Geschmacksvielfalt erhältlich. Eine Ode an das Lieblingsgemüse in 26 Strophen.
S MAGAZIN 56 PARADIES-GEMÜSE
AAmerika ist das Ursprungsland der Tomate. In Mittel- und Südamerika werden die Nachtschattengewächse seit mindestens 2.200 Jahren in großer Vielfalt kultiviert. Erstmals kamen Paradeiser Anfang des 16. Jahrhundert nach Europa, wurden aber lange skeptisch beäugt. Mittlerweile ist die Tomate das beliebteste Gemüse, weshalb sie das ganze Jahr über verfügbar sein soll – den Großteil des Jahres auf Kosten des Geschmacks oder der Menschen, die sie unter unwürdigen Bedingungen ernten.
BBasilikum ist nicht nur auf dem Teller der populärste Partner in Crime von Paradeisern, sondern auch im Beet. Als Mischkultur mit Basilikum und Petersilie angebaut gedeihen sie nämlich besonders gut.
CCaprese ist das Codewort für eine famose Sommermahlzeit, wenn die Qualität der Zutaten stimmt: reife, sonnenwarme Paradeiser einer aromatischen, nicht zu wässrigen, aber auch nicht zu mehligen Sorte mit ausgewogenem Süß-Säure-Verhältnis (Farbe egal), frischer Büffelmozzarella aus einem Betrieb, in dem die Tiere anständig gehalten werden, Sekunden vor dem Servieren vom Strauch gezupfte Basilikumblätter (Sorte nach Wunsch) und reichlich bestes Öl (das nicht zwangsweise von der Olive stammen muss, auch mit Sonnenblume, Distel oder Raps funktioniert der Klassiker). Salzflocken obendrüber und basta. Nein, kein Balsamico. Ja, viel Weißbrot.
DDuft
Das wohl größte Missverständnis in Sachen Tomaten ist der Geruch. Denn es ist Tatsache, dass nicht die Frucht selbst, sondern deren Grün so bezaubernd riecht. Reife Tomaten erkennt man niemals am Duft des Grüns (dafür durchaus deren Frische). Weil sich diese Erkenntnis noch nicht durchgesetzt hat, sind Rispenparadeiser einer der größten Verkaufsschlager, seit in Plastik verhüllte Glashausparadeiser mit langer Lagerfähigkeit, aber geringem Geschmack in Supermärkten zu kaufen sind. Wie bei allen Nachtschattengewächsen enthalten die grünen Pflanzenteile wie Blätter und Rispen das giftige Solanin. Daher sollten grüne Stielansätze auch ausgeschnitten werden.
EEinkochen
Heinz Reitbauer hat über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass die letzten Paradeiser der Saison, also bis in den späten September, oft sogar Oktober hinein, auch die besten zum Einkochen sind, weil sie einen dichteren Geschmack, mehr Struktur und eine intensivere Farbe haben. Ob sortenrein oder gemischt ist mehr eine Frage der Verfügbarkeit als der reinen Lehre.
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FFarbe
Dass Paradeiser knallrot sein müssen, ist eine züchterische Errungenschaft, die ersten ihrer Art waren eher gelb. Heute gibt es sie von passionierten BioBetrieben zur Hochsaison von Juli bis September in unglaublicher Vielfalt von fast weiß über hellgelb, zitronengelb, orange, rosa, pink, hellrot, signalrot, weinrot bis violett und fast schwarz, auch grüne, geflammte und gestreifte Sorten oder solche mit verschiedenfärbigem Fruchtfleisch wie die hocharomatischen Ananas oder German Gold sind auf dem Markt. Wie schön!
GGazpacho
wurde zur Zeit ihrer Erfindung von spanischen Bauern während der heißen Erntesaison möglicherweise nur aus den damals bekannten Gurken gemacht, heute ist sie ohne reife Paradeiser undenkbar. Die rohe, rein pflanzliche, niemals mit Kräutern oder gar Fond verhunzte dickcremige Suppe mit reichlich Olivenöl bietet in Flaschen im Kühlschrank bevorratet jeder Hitzewelle Paroli.
HHaut
Je nach Sorte kann die Paradeiserhaut zart und dünn, aufgeplatzt und wieder verheilt oder dick und fest sein. Je nach Verwendungszweck wird sie durch Blanchieren entfernt. Niemals wegwerfen sollte man jedoch die Samen und deren gallertiges Habitat, weil dort besonders viel Geschmack sitzt. Im Steirereck wird daraus aromatisches Paradeiserwasser gemacht: das Fruchtfleisch mit den Kernen kurz aufmixen, über Nacht im Kühlschrank in einem feinen Seihtuch abtropfen lassen.
IObwohl sie keine gebürtige Südeuropäerin, sondern Südamerikanerin ist, hat sich die Tomate in ihrer Wahlheimat Italien so gut integriert, dass italienische Küche ohne Paradeiser heute unvorstellbar scheint. Die alten Römer hatten ja keine Ahnung, was ihnen alles entging.
JJause
Für die einen die beste Erfrischung neben dem Gebirgsquellwasser auf der sommerlichen Wanderung, für die anderen die beinahe schrecklichste Vorstellung gleich nach einer ungeplanten Wurzelbehandlung: der Biss in einen Paradeiser. Wobei bei letzteren ein scharfes Taschenmesser und akkurat heruntergeschnittene Spalten zum Speckbrot schon Wunder bewirkt haben sollen. Wie so oft kommt es auch auf die Präsentation an. Die kleinfruchtige Sorte Gelbe Johannisbeere zum Beispiel ist ein Kompromiss für beide Lager.
KKühlschrank und Konserve Feind und Freundin des Paradeisers. Niemals dürfen rohe Paradeiser einen Kühlschrank von innen sehen. Vor Schreck verlieren sie ihr Aroma und versteifen sich vor Kälte zu mehliger Unappetitlichkeit. Wohingegen sie sich in gegarter Form – ob ganz, gehackt oder püriert – in Dosen, Gläsern und Flaschen gut aufgehoben fühlen. Vor allem in der Zeit von Oktober bis Juni, in Form von Ketchup ganzjährig.
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Italien
LLagerung
Ein trauriges Kapitel in der Geschichte der Paradeiser. Es wäre ganz einfach: In Form von getrockneten, zu Saft gepressten, zu Sugo, Mark oder Sauce gekochten, confierten, eingelegten, zu Ketchup gekochten reifen Sommerfrüchten eignen sie sich prima als Vorrat. Aber wer braucht Tomaten, die roh wochenlang auf der Küchenfensterbank halten und dafür nach nichts schmecken?
MMesser
Das Tomatenmesser mit Wellenschliff wurde nur erfunden, weil die meisten Haushalte keine Ahnung haben, wie schön das Arbeiten mit scharfen Messern mit glatter Klinge wäre, würden sie welche besitzen. Vor Beginn der Paradeisersaison im Juli empfiehlt es sich daher, die Lieblingsmesser zum Messerschleifer des Vertrauens zu bringen. Es gibt fast nichts Schöneres als eine extrem scharfe Messerklinge, die mühelos durch eine sonnenwarme Paradeiserhaut beißt und durch deren saftiges Fruchtfleisch gleitet.
NNährlösung ist das Substrat, auf dem viele Paradeiser in Gewächs häusern wachsen. Die immer üblicheren, oft riesigen Anlagen wirken wie eine kollektive Intensivstation für die hochgezogenen Pflanzen. Moderner Gemüsebau ist längst computergesteuertes, saisonunabhängiges Hightech. Vielfalt und Geschmack bleiben dabei häufig auf der Strecke. Wer kauft, entscheidet.
OOlivenöl und Tomaten sind unzertrennlich und gemeinsam mit Weißbrot beziehungsweise Weizen und Salz die Basis für zahlreiche Lieblingsgerichte: Salat, Suppe, Bruschetta, Panzanella, Sugo, Pizza. Weshalb jeder Haushalt von Welt Tomatenkonserven, Ölflaschen verschiedener Herkünfte und trockene Pasta für gute (und schlechte) Zeiten bevorratet.
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PPasta
Pizza und Polenta, Parmigiana, Panzanella oder Puttanesca, Pelati, Polpa und Passata. Das italienische Paradeiser-Alphabet würde mit einem Buchstaben auskommen und trotzdem Stoff für hunderte Rezepte liefern, viele davon auf der ganzen Welt heiß geliebt. Die geheime Liebschaft des italienischen Lieblingsgemüses aus Amerika mit dem chinesischstämmigen Pfirsich ist nur ein weiterer Beweis für seine Weltgewandtheit.
SSaatgut
kann aus samenfesten Paradeisern ganz einfach selbst aus den besten Früchten der Pflanze gewonnen werden oder bei Betrieben und Vereinen, die sich der Nutzpflanzenvielfalt verschrieben haben (wie Arche Noah oder ReinSaat) in überwältigender Vielfalt bestellt werden. Ein einfacher und lehrreicher Weg zu mehr Ernährungssouveränität im Hausgarten.
QQuark hat auf den ersten Blick nicht viel mit Tomaten zu tun, denkt man jedoch an den aus Molke, Ricotta nämlich, darf auf Gnocchi aus demselben – ob mit oder ohne Spinat – in einer Sauce aus reifen Sommerparadeisern niemals vergessen werden. Zwar kein Topfen, aber ebenso frisch und leicht ist das Schafgupferl, das in Scheiben geschnitten mit Paradeisern, Schnittlauch und Öl aus heimischen Saaten zur Alpen-Caprese wird.
RReife
So einfach und doch so ein Luxus. Dürfen Paradeiser von untadeliger Herkunft (sprich: einer Sorte, die grundsätzlich mehr Aroma als Schalenfestigkeit und Lagerfähigkeit mitbringt) an der Rispe ausreifen und werden sie im Idealfall sonnenwarm verarbeitet, taugen sie als Definition des überstrapazierten Begriffes „reif“. Leider gilt das nur von Juli bis September und nur für einen kleinen Teil der im Handel erhältlichen Früchte.
TTomate
sagt man nicht, zumindest nicht in Ostösterreich. Den Grad an Angepasstheit von Zugewanderten an die Bundeshauptstadt erkennt man am besten im Sommer: Wird Paradeissalat serviert oder solcher aus Tomaten?
S MAGAZIN 60 PARADIES-GEMÜSE
UUmami
ist ein weitgereistes Wort, das die weltweite Attraktivität der Tomate erklären hilft. Sie ist diesbezüglich nämlich ziemlich potent: Sie verschafft vor allem in konzentrierter Form von Tomatenmark, lang gekochten Saucen oder getrockneten Paradeisern zu dem würzigen Wohlgeschmack, der fünften Grundgeschmacksrichtung umami, die der Japaner Kikunae Ikeda 1908 erstmals beschrieben hat.
VVanille
passt zu Paradeisern, und zwar nicht notwendigerweise als Dessert. Die Fruchtsäuren vertragen sich gut mit dem warmen, süßen Aroma der exotischen Schote zum Beispiel auch zu Fisch, Meeresfrüchten oder Geflügel.
WWeißbrot
ist der beste Freund der Tomate. Ob zum Auftunken von Salatmarinaden und Pastasaucen, geröstet als Transportmittel für gewürfelte sonnenwarme Paradeiser mit reichlich Olivenöl, ein paar Blättchen Basilikum, einem Hauch Knoblauch und Salzflocken, zum Aufsaugen der kostbaren Tomatensäfte in Form von Panzanella aus der Toskana oder Pan Bagnat aus Nizza. Und im Grunde genommen ist die altehrwürdige Pizza Marinara auch nichts anderes als holzofengebackenes Weißbrot mit Tomatensauce.
Xx
Paradeisersorten sind weltweit bekannt, mehrere Zehntausend dürften es sein, nur ein Bruchteil davon ist im kommerziellen Anbau. In den letzten Jahren werden aber wieder vermehrt alte, aromatische oder auch neue Züchtungen mit viel Geschmack auf den Markt gebracht, meist aus biologischem Anbau. Darunter winzigkleine süße Cocktailparadeiser, riesengroße Ochsenherzen oder ovale Eiertomaten mit viel Aroma für Saucen.
YYsop ist ebenso wärmeliebend wie die Tomate und passt mit seiner herben Aromatik behutsam dosiert wie viele Kräuter gut zu Paradeisern, ob zarte wie Basilikum oder Dill, sehr aromatische wie Minze, Majoran, Thymian oder Oregano oder besonders robuste wie Lorbeer, Salbei oder Rosmarin.
ZZebra
schmeckt besonders gut roh und gesalzen, vor allem, wenn es sich um die grün-gelb-gestreifte Tomatensorte Green Zebra mit ihrem feinen zitrusfrischen Aroma handelt. Zwiebeln passen wiederum nicht nur zum grünen Zebra, sondern zu allen Paradeisersorten, ob roh, in Form von Salsa oder Sugo, weich geschmort oder geröstet.
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DAS IST DIE FRAGE
Was macht gute Lebensmittel aus?
Die Qualität eines Produktes ist nicht von jener seines Entstehungsprozesses zu trennen.
Paradeiser sind dafür ein gutes Beispiel.
TEXT: KATHARINA SEISER
„PARADEISER AUS DER REGION SIND IMMER GUTE PARADEISER.“ Wie wurden die Paradeiser angebaut? Auf welchem Boden stehen sie? Oder in Nährlösung? Welche Sorten werden angebaut? Wie werden die Pflanzen vor Krankheiten geschützt? Und wie bewässert? Wurden die Paradeiser reif geerntet? Von wem? Sind die Früchte frei von Pestizidrückständen? Wie schmecken sie?
„ZUR SAISON GEERNTETE PARADEISER SIND AUTOMATISCH GUTE PARADEISER.“ Wo kommen die Paradeiser her? Wie wurden sie dort angebaut? Im Freien? Oder im Gewächshaus? Welche Sorten? Wie erfolgt der Pflanzenschutz? Wurden die Früchte reif geerntet? Wer hat sie geerntet? Sind sie frei von Pestizidrückständen? Wie schmecken die Paradeiser?
„BIO-PARADEISER SIND SICHER GUTE PARADEISER.“ Wo kommen die Paradeiser her? Welche Sorten werden angebaut? Samenfeste Sorten? Oder Hybridsorten? Welcher Pflanzenschutz wird eingesetzt? Wie wird bewässert? Werden die Früchte reif geerntet? Von wem? Wie schauen die Paradeiser aus? Und wie schmecken sie?
„PARADEISER AUS ALTEN SORTEN SIND NATÜRLICH GUTE PARADEISER.“ Wo kommen sie her? Wie wurden sie angebaut? Auf welchem Boden? Oder in Nährlösung? Welche Art von Pflanzenschutz wird betrieben? Wieviel Wasser bekommen die Pflanzen? Wurden die Paradeiser reif geerntet? Von wem? Sind die Früchte frei von Pestizidrückständen? Und wie schmecken sie?
„WOHLSCHMECKENDE PARADEISER SIND GEWISS GUTE PARADEISER.“ Woher kommen sie? Handelt es sich um samenfeste Sorten? Wie wurden sie angebaut? Wie erfolgt der Pflanzenschutz? Wie die Bewässerung? Von wem werden sie geerntet? Werden diese Menschen anständig behandelt? Und bezahlt? Wie lange sind die Paradeiser unterwegs? Sind die Früchte frei von Pestizidrückständen?
Regional, saisonal und Bio-Anbau reichen ebenso wenig aus, um Qualität umfassend zu beurteilen, wie eine rein sensorische Beurteilung. Geschmackserlebnisse sind der Point of no Return: Sonnenwarme saftige Paradeiser mit üppiger Süße und balancierender Säure, mit viel Aroma, fruchtig und umami setzen Schmeck-Zeichen in der Erinnerung. Aber erst, wenn das Wissen um den Anbau des Lieblingsgemüses, um dessen ökologische und soziale Auswirkungen zur Sehnsucht nach diesem einzigartigen Geschmack dazukommt, dazu ein Netzwerk, das die besten Paradeiser-Quellen bereitwillig teilt und das den Bäuerinnen und Bauern einen angemessenen Preis für ihre Arbeit zu zahlen bereit ist, anstatt gute Lebensmittel in Form elitärer Geheimtipps oder „Schnäppchen“ zu handeln, dann entsteht so etwas wie echte, nachhaltige Qualität. Dass das keine Utopie ist, sondern funktionieren kann, zeigt die in den letzten Jahren immer größer werdende Paradeiservielfalt von bestem Geschmack aus anständiger Produktion auf hochsommerlichen Marktständen, in Hausgärten und selbst in Supermärkten.
62 S MAGAZIN QUALITÄTS-FRAGEN
Wie & für wen
Das Mägdlein sprach: O Röslein mein, bild’ dir nur nicht zuviel drauf ein, dass du mir Aug’ und Herz entzückst, ich liebe dich, weil du mich schmückst. Schrieb Wilhelm Busch weiter, und wir dürfen gedanklich einen großen Sprung machen. Wohl wissend, dass die Liebe mitunter so nahe ist, und dass die Rose im Geiste Bände spricht, wo Hände einander zärtlich halten. Wer mag in einem so sinnlichen Leben schon Nein zum Wein sagen? Niemand. Viel wunderbarer ist es doch, von Nachbars Trauben zu kosten.
2
S. 64
PAAR EXCELLENCE
S. 94
AUF DICH, SLOW ein IEN
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DER ZAUBER DES AUGENBLICKS
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SINNLICHKEIT
LIEBEN & GENIESSEN S MAGAZIN 63
PAAR EXCELLENCE
64 S MAGAZIN LIEBES-GESCHICHTEN
TEXT: GABRIELE KUHN FOTOS: PHILIPP HORAK
LIEBE AM ARBEITSPLATZ – ein delikates Thema. „Never kiss in the company“, heißt es bei Personalchefs gerne. Weil mitunter Probleme entstehen, wenn sich Privates mit Beruflichem mischt. Birgit und Heinz Reitbauer gehen mit diesem Thema allerdings herrlich entspannt um. Wohl auch, weil Liebe und Genuss untrennbar miteinander verbunden sind. Die Geschichte von vier Menschen, die einander lieben – und miteinander im Restaurant Steirereck arbeiten. Romantik pur? Auch. Aber nicht nur.
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01 Wo innige Vertrautheit ihre Schatten vorauswirft: Vicky und Michael leben ihre Liebe im Steirereck.
„Man braucht nicht für alles im Leben ein fixes
Datum“: Zumindest, was den Kennenlern-Tag betrifft, pflegen die beiden einen eher pragmatischen Zugang. Die eine oder andere prägnante Erinnerung gibt es dennoch: „Der Michi war mein Wichtel“, erinnert sich Vicky. Aha. Heißt was? Heißt, dass die Vicky den Michi beim Engerl-Bengerl-Spiel (auch: Wichteln) im Rahmen der Steirereck-Weihnachtsfeier näher kennengelernt hat. Das war vor sieben Jahren.
Seit sechs Jahren sind sie das, was man heute gerne als „fix zam“ bezeichnet. Man ist ein Paar. Man liebt einander. Man lebt miteinander. Michaels Wichtel-Rolle dürfte, in der Retrospektive, von Bedeutung gewesen sein: „Ich habe mich dann das erste Mal mit ihm befasst und Fotos von ihm auf Facebook angeschaut“, erinnert sich Vicky. Er wiederum meint, er habe sich an diesem besonderen Abend „nur rein zufällig“ neben sie gesetzt. Freier Sessel, super, passt – ein Mann muss tun, was zu tun ist. Oder, wie er es formuliert: „Es galt, die Gelegenheit beim Schopf zu packen.“
Natürlich war da vorher schon „was“. Man fiel einander auf. Für mehr gab’s (noch) keinen Raum. Die damals neue Arbeit, der Fokus darauf. Auf das, was zu tun ist, die besondere Herausforderung. Die vielen Eindrücke, die es zu verarbeiten und umzusetzen galt. „Ich habe mir aber schon gedacht, der Michi ist nett“, sagt Vicky. Und lächelt. Irgendwann hat’s „Zoom“ gemacht. Eine Herausforderung in so professionellem Umfeld: „Man hat zwar die rosarote Brille auf, aber zugleich eine enorme Verantwortung“, sagt sie. „Damit leichtfertig umzugehen, fände ich nicht richtig“, sagt er. Job und Liebe zu trennen, war beiden wichtig und ist es nach wie vor. Alles hat seine Zeit. Da hilft es, in getrennten Teams zu arbeiten. Sie im Service, um die Gäste bemüht. Er in der Küche, in koordinierender Rolle zwischen Küchenchef und Team.
„Zu viel Nähe ist heikel“, sagen Paarexperten zum Thema „Liebe am Arbeitsplatz“. „Interessen verbinden“, raten sie auch. Daran scheitert es bei Vicky und Michael nicht. Die Arbeitszeiten sind so, dass jeder Zeit für sich selbst findet. Die Hobbys einen beide wiederum. „Die Liebe zur Kulinarik, zum guten Essen und Trinken verbindet. Wir mögen es,
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VICKY SCHOTT, 27, RECHTE HAND DER CHEFIN, RESTAURANT & MICHAEL BAUBÖCK, 30, SOUSCHEF, KÜCHE
neue Lokale und Dinge zu entdecken.“ Die hippe Bar, das versteckte Bistro – daheim, aber auch irgendwo im Ausland. Japan, Marokko, Bali, da waren sie schon. Ihre Essvorlieben sind ähnlich. Und selbst, wenn die beiden füreinander kochen, gibt es kaum Konflikte. Oder sagen wir: fast keine. „Der Michael isst alles, was ich koche“, sagt sie. Bodenständiges wie zum Beispiel Rindsrouladen. „Was meine Mama oder Oma zubereitet haben. Wo ich weiß, wie das geht und diesen bestimmten Geschmack vor Augen habe.“ Er wiederum meint: „Sie ist heikel. Sie mag nicht so gerne scharf, sie mag nicht so gerne Meeresfrüchte.“ Sie: „Stimmt nicht.“ Er: „Stimmt schon. Die sind schon seit einem halben Jahr im Kühlschrank, die Tintenfische.“ Sie: „Welche Tintenfische?“ Er: „Die ich gekauft habe.“
So lange zwei lachen können, ist alles gut. Zumal die Liebe durch den Magen geht. Müsste der Michi die Vicky einkochen, gäbe es „Spaghetti bolognese mit viel Cheddarkäse, weil sie Käse liebt. Möglichst salzarm und mit vielen Karotten drin. Danach Heidelbeernocken.“ Für ihn wiederum sollte es roh marinierter Fisch sein – „Reinanke oder Barsch, etwa. Und als Nachspeise auf jeden Fall Ben & Jerry’s Eis, Sorte: Cookie Dough.“
Und sonst? Michael sportelt. „Sie ist eher die Shopping Queen“, lacht er. Beide gehen gerne raus in die Natur, um Luft zu tanken, ins Grün zu schauen. Abends erobern sie die Barszene, weil „Drinks was Cooles sind“. Bleibt nur noch die Frage, was die beiden vom jeweils anderen „mitgenommen“ haben. „Ich habe von ihm gelernt, mich mehr zu trauen. Und nein zu sagen. Michael sagt, was er will und braucht, das ist gut“, meint Vicky. „Von ihr habe ich die Ruhe gelernt, bedacht zu agieren und nicht mehr so impulsiv zu sein“, sagt Michael.
Der Sonntag war und ist romantisch: „Ein Tag für uns allein.“ Mit Kerzenlicht, Wein und manchmal ein paar Blumen. Schau, schau: Dafür fühlt sich vor allem er zuständig.
02–04 Immer wieder sonntags ziehen sich Vicky Schott und Michael Bauböck zurück. Endlich Zeit zu zweit. Da kann's schon mal romantisch werden, mit allem, was dazugehört: Blumen zum Beispiel.
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Die Liebe zur Kulinarik spielt bei Johanna und Philipp auch privat eine zentrale Rolle: „Wir gehen viel und gerne essen“.
05 Gönnen und genießen, das ist dem Paar wichtig. Essen verbindet, egal, ob zu zweit oder mit Freunden.
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JOHANNA MOSER, 25, DEMI CHEF DE RANG & PHILIPP MARCHL, 26, DEMI CHEF DE CUISINE
Was sich neckt, das liebt sich. Denn nein, Liebe auf den ersten Blick war das nicht bei Johanna und Philipp. Im Gegenteil: „Wir konnten einander anfangs nicht leiden“, erinnern sie sich. Kam Zeit, kam das Prickeln. Wider die Vernunft flogen die Funken und die SMS hin und her.
Das passierte alles im elterlichen Betrieb von Johanna, als Philipp bei ihrem Papa als Küchenlehrling begann. Johanna: „Ich bin die Tochter vom Chef, das war ein bisserl schwierig.“ Nach einiger Zeit war dennoch klar: Was wir auch tun, wir tun es künftig gemeinsam. Ihr erstes gemeinsames Engagement hatten sie im Aurelio in Lech am Arlberg. Eine Generalprobe mit Leben auf engstem Raum. „Es hat aber super funktioniert“, erinnert sich Philipp. Dann ging’s wieder heim in den elterlichen Betrieb, nach zwei Jahren brachen die beiden erneut auf. Diesmal nach Wien. „Wir haben uns als Paar im Steirereck vorgestellt“, erzählen sie. Riskant. „Weil es immer schwierig ist, als Duo wo anzufangen. Man sieht das nicht gerne. Klar: Wenn einer aufhört, geht der andere meist mit. Dann verliert man gleich zwei Mitarbeiter.“ Doch im
Steirereck wurde das Duo gut aufgenommen. Eine schöne Erinnerung: „Beworben haben wir uns gemeinsam, und ich hatte auch gleich zugesagt, weil ich mir sicher war, dass es bei ihm ebenfalls klappen würde“, sagt Johanna.
Von nun an pendeln die beiden zwischen der gemeinsamen Wohnung im fünften Bezirk und dem Arbeitsplatz im Stadtpark. Dass sie in derselben Branche sind, finden sie bereichernd, weil der „andere weiß, was passiert“. Das verbindet, trotz getrennter Aufgabenbereiche. Also wird auch nach Dienstschluss viel über den Job gesprochen: „Dabei verarbeiten wir den Tag und alles Erlebte. Schön, einen Menschen zu haben, der das versteht.“ Kulinarik, die Liebe zum Essen, der Genuss spielen bei dem Paar naturgemäß auch privat eine zentrale Rolle: „Wir gehen viel und gerne essen“, erzählt Johanna. Fine Dining sei aber weniger Thema: „Wir sind nicht so anspruchsvoll, haben es gerne bürgerlich“. Hausmannskost, um wieder „runterzukommen“. Sonntags Tafelspitz und Frittatensuppe, das mögen sie, da sind sie sich einig. Auch die Liebe zur asiatischen Küche teilen sie. Daheim wird selten gekocht, nur opulent gefrühstückt.
70 S MAGAZIN LIEBES-GESCHICHTEN
Wenn Johanna doch einmal zum Kochlöffel greift, kann’s ein bisserl kritisch werden. Weil Philipp ihr schärfster Kritiker ist und dann den einen oder anderen guten Ratschlag auspackt. Bei schnellen Gerichten wie Nudeln mit Tomatensauce, Champignons und Zucchini findet er die immer wieder kehrenden Grundzutaten fad. Die Rindsuppe ist manchmal zu trüb, dann werden gemeinsam die Arbeitsschritte durchgegangen. „Aber meistens schmeckt’s mir eh und ich freu’ mich, dass jemand für mich kocht“, lacht er. Gönnen und genießen –das ist wichtig. Essen verbindet, egal, ob man es zu zweit tut oder mit Freunden. Eine gute Flasche Wein gehört dazu. Sie liebt Natural Weine, er mag es klassisch, etwa einen fruchtigen Riesling. Streit kommt selten vor. „Und wenn, ist abends Funkstille, doch am nächsten Tag ist schon wieder alles vorbei. Sowas hat am Arbeitsplatz nichts zu suchen.“ Abgesehen davon gibt’s untertags sowieso nur ein knapp-professionelles „Hallo!“ und „Tschüss!“, weil Intimitäten im Arbeitsalltag nichts zu suchen haben. „Umso mehr freuen wir uns aufs Schmusen nach Dienstschluss.“ Kleine Fluchten erleben die beiden mitunter während der Arbeitspausen: „Dann stellen wir im Sessellager des Steirereck zwei Sesseln zusammen, quatschen und schlafen 20 Minuten.“
Wie die zwei einander einkochen würden? Da muss keiner lang überlegen: Er kriegt von ihr vorab Beef Tartar mit einfachem Toast und pochiertem Ei. Oder Gänseleber. „Als Hauptgericht gibt’s Schneidnudeln mit Ketchup und Chinakohlsalat wie bei der Oma.“ Viel Arbeit, aber mit Liebe zubereitet. Ihr wird unbedingt Suppe kredenzt, weil sie „ein Suppentiger ist“. Dann folgt ein saftiges Steak, medium, mit Röstgemüse und Wedges. In puncto Nachspeise herrscht wonnige Einigkeit: Ein flüssiger Schokokuchen muss es sein. Für beide. Dazu bitte einfach nur zwei Dessertgabeln.
06–07 Im Steirereck wurde das Duo gut aufgenommen, nun pendeln Johanna Moser und Philipp Marchl zwischen der gemeinsamen Wohnung und dem Arbeitsplatz im Stadtpark. Dass sie in derselben Branche sind, finden sie bereichernd.
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DER ZAUBER DES AUGENBLICKS
Seit sieben Jahren sitzt Frau Luise, 81 Jahre alt, allein in ihrem Wirtshaus der Herzen jeden Tag zur gleichen Zeit am selben Tisch. Sie sieht den Menschen beim Zusammensein zu, hört das laute Lachen im Stimmengewirr und spürt, wie wunderbar an diesem Ort alles seine Ordnung hat. Bis eines Tages, kaum hatte sie die Rindsrouladen gegessen, etwas völlig Unerwartetes geschieht.
TEXT: MICHAEL HUFNAGL
„Wie immer, Frau Doktor?“ Die Worte von Ober Franz erklingen an diesem sonnigen, aber windigen Frühlingstag mit jener Sanftmut, auf die so wunderbar Verlass ist. Seit gestern, seit vorgestern, seit ewig schon. Es ist eine vertraute Begegnung. Frau Luise nimmt Platz, wo sie an jedem Tag Platz nimmt. Am selben Tisch in der schützenden Ecke unter dem Bild mit den Worten von Goethe: Die Jugend verschlingt nur, dann sauset sie fort – ich liebe zu tafeln am lustigen Ort. Zur gleichen Uhrzeit. Mit derselben Ungewissheit, welche Verlockungen heute auf der Tageskarte zu finden sein werden.
„Na freilich … danke“, sagt sie, und der Ober Franz nickt im Abgang. Seine Frage war nur der Höflichkeit geschuldet. Ihre Antwort auch. Das Achterl Riesling und das Glas Leitungswasser gehören zu Frau Luises Mittagessen wie die Knöderln zum Beuschel, das sie hier so gerne isst. Oder die Petersilerdäpfel zum Schnitzel. Man kennt einander. Luise und Franz sind ein eingespieltes Gespann. Seit 30 Jahren. Genauer gesagt seit dem 15. Mai 1989, als die Großfamilie nach der Erstkommunion ihres ersten Enkerls zur Feier in dieses Restaurant kam. Um quasi für immer zu bleiben.
Damals noch in großer Runde. Alle vier Kinder von Frau Luise waren da, deren Ehefrauen und Ehemänner, die fünf Enkerln, Verwandte, Bekannte und Freunde. Und natürlich ihr Mann, der Heinrich. Der von allen geschätzte Medizinalrat, der vor sieben Jahren starb. Und dem zu Ehren sie bis heute jeden Tag ein zweites Glas Riesling trinkt. Um es zu erheben, mit einem Blick in den Himmel und einem Lächeln – auf ihre große Liebe. Jeden Tag ein Gedanke. Jeden Tag die Gewissheit: Schön war’s. Bestellen muss sie den Wein selbstverständlich nicht. Der Ober Franz, der seit fast vierzig Jahren hier seinen Dienst tut, weiß genau, wann er ihn bringen muss. Und wann er sagen muss: „Eh wie immer, Frau Doktor?“
Dann nickt Frau Luise, und manchmal antwortet sie: „Aber geh‘, Sie wissen doch, dass ich keine Frau Doktor bin.“ Weiß er natürlich, aber aus dem einstigen Irrtum in der Anrede ist im Laufe der Jahre längst eine spitzbübische Tradition geworden, die Frau Stammgast und Herr Stammober gemeinsam nicht mehr missen wollen.
72 S MAGAZIN STAMM-GAST
Früher waren Luise und Heinrich oft in diesem Restaurant. „Hier wird ordentlich gekocht, ordentlich serviert und ordentlich gegrüßt“, hat er gerne gesagt. „Jedes Paar braucht ein Wirtshaus der Herzen“, hat sie gerne gesagt. Es ging um dieses besondere Gefühl, das alle Menschen schätzen. Sich stets willkommen fühlen. Erkannt und geschätzt. Umsorgt und verwöhnt. Mit dem Namen angesprochen, gelegentlich sogar ein bisserl bevorzugt. Das Gasthaus als Zufluchtsort, wo alles ist, wie es ist, alles isst, wie es isst, und wo es keine bösen Überraschungen gibt … jetzt einmal abgesehen von dem legendären Erdäpfelgulasch damals, das so sagenhaft versalzen war.
Nach dem Tod vom Heinrich hat Luise beschlossen, dass sie nimmer daheim essen mag. In der Stille der Wohnung, mit der sie so lange zu kämpfen hatte. Eine Stille, die vor allem während der Mahlzeiten unerträglich laut wurde. Weil das stets die Zeit war, die ihr geliebter Mann dazu nützte, Geschichten zu erzählen. Über die Vorkommnisse in der Praxis, die Abenteuer der Kinder und das Leben im Allgemeinen. Aber in die innere Kapitulation wollte sie sich trotz der quälenden Einsamkeit auf keinen Fall begeben. Dafür fühlte sie sich, dem Frohsinn verpflichtet, mit ihren 74 Jahren noch zu jung.
Also suchte sie die Gesellschaft im Wirtshaus. In der vertrauten Umgebung der alten Schank und der getäfelten Einrichtung, in der wohltuenden Nähe von Ober Franz. Wo reges Treiben herrscht, Düfte durch den Raum tanzen und im Stimmengewirr verlässlich lautes Lachen zu vernehmen ist. Die Steigerung der Gäste-Loyalität ist eine der besten Marketing-Maßnahmen, mit deren Hilfe man deutliche Umsatzsteigerungen erreichen kann, besagen Studien. Angeblich sind durchschnittlich fünfzehn Prozent eines Restaurants Stammgäste, die aber dreißig Prozent des Umsatzes ausmachen.
Zahlen. Statistiken. Businessmodelle. Frau Luise will von alldem nix wissen. Sie wird es auch kaum zur Vorzeigebesucherin schaffen, zumal sie um jenen Tisch, der mit dem gusseisernen Stammtisch-Schild gekennzeichnet ist, stets einen großen Boden macht. Sie trägt nicht zum großen Geschäft bei, sieht man von ihren Geburtstagen ab, an denen sie die Familie hier – wo sonst? – versammelt, um sich feiern zu lassen, wie es mehr von den Feiernden als von ihr selbst gewünscht ist.
Am liebsten sitzt sie alleine unter ihrem Goethe, an sechs Tagen in der Woche, isst einen Tafelspitz, ein Paprikahendl oder zu besonderen Anlässen gerne auch Marillenpalatschinken, trinkt Wasser und Wein. Frau Luise sieht den Menschen beim Zusammensein zu, hört, was gesagt wird, aber längst auch, was nicht gesagt wird, und spürt, wie wunderbar an diesem Ort alles seine Ordnung hat. Das tut ihr gut.
Sie nimmt einen Schluck Wein, und nichts deutet darauf hin, dass an diesem sonnigen, aber windigen Frühlingstag für die 81-jährige Frau Stammgast alles anders als sonst sein sollte. Der Ober Franz nähert sich dem Tisch, nimmt den Teller und fragt, was zu fragen ist: „Rindsrouladen haben gemundet?“. „Ausgezeichnet“, sagt Frau Luise. „Kompliment an die Küche.“ In diesem Moment betritt der Blumenverkäufer das Wirtshaus. Wie so oft. Mit einem prachtvollen Rosenstrauß. Wie immer. Er nickt Frau Luise zu, lächelt, und sie hebt kurz die Hand: „Hallo Ali!“. Aber an diesem Tag geht er nicht durchs Lokal, um mit ein paar charmanten Bemerkungen die Gäste von der Qualität und der Strahlkraft seiner Blumen zu überzeugen. Nein. Diesmal nicht.
Diesmal spaziert er ohne Umweg und von neugierigen Blicken begleitet auf Frau Luise zu, nimmt direkt vor ihr Haltung ein und schenkt ihr jene Sätze, die er geübt hatte wie ein Schüler den Auftakt einer Schiller-Ballade: „Heute ist Ihr Tag, Frau Luise. Heute sind Sie seit genau dreißig Jahren in diesem schönen Gasthaus. Heute will Ihnen der Herr Franz danken. Für Ihre Treue und für Ihre Liebe.“ Dann stellt er die vielen, vielen Rosen in eine Vase, die heimlich längst vorbereitet war.
Und dann herrscht Stille. Stille im Wirtshaus. Die einzigartige Stille des Respekts, der Anerkennung, der leidenschaftlichen Wertschätzung. Der Ober Franz steht fast betreten neben dem Tisch und kämpft – losgelöst von Routine und Lässigkeit – gegen die Kraft aufsteigender Gesichtsröte. Frau Luise ihrerseits hat eine Hand vor dem Mund, die andere auf dem Herzen und Tränen in den Augen. Und die Leute im Lokal bezeugen durch ihr Schweigen den Zauber des Augenblicks.
Sekunden, die wie eine Ewigkeit erscheinen. Sekunden, die wie nie zuvor ein Lebenswerk sichtbar machen. Bis der Ober Franz ein Glas Riesling auf den Tisch stellt, innehält, sich tief verbeugt und fragt: „Eh wie immer, Frau Doktor?“
MICHAEL HUFNAGL wurde im Dezember 1970 geboren, ist freier Journalist, Autor und Kolumnist. Zudem tritt er mit seiner Frau („Paaradox“) und als Solist („Abend mit einem Mannsbild“) regelmäßig als Kabarettist auf.
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SINNLI
Erde, Wasser, Feuer, Luft sind die ELEMENTE DES LEBENS. Aber wer auf dem Weg in eine brodelnde Küche je seiner feinen Nase gefolgt ist, die Witterung kulinarischer Hingabe aufgenommen hat und sich allzu beschwingt leiten ließ von der Sinfonie der Gerüche, der könnte doch — beseelt und erwartungsvoll —
REDAKTION: MICHAEL
HUFNAGL
74 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
CHKEIT
denken, dass es ganz anders heißen muss: Erde, Wasser, Feuer, Duft. Das klingt nach Vollkommenheit. Lange bevor das Auge, das immer mitisst, zu sehen bekommt, was am Ende im Mund seine Verwirklichung erfährt. Das Credo für den Naseweis:
Was der Adler für die Lüfte, ist der Koch für die Düfte … ein König.
FOTOS: THOMAS SCHAUER
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76 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
EINE REISE DURCH ÖSTERREICH UND DARÜBER HINAUS
1 Reinanken-Matjes mit Dahlien, Zitronenmelisse und Reinanken-Kaviar
2 Steirischer Schafkäsesalat mit schwarzer Nuss, Kernöl und Roggen-Knusper
3 In Bienenwachs gegarte Heurige Erdäpfel mit Wacholder und Wildkräutern
LATEINAMERIKA:
4 Waldpilzsuppe mit geröstetem Mais
5 Avocado-Physalis-Tortilla
6 Junger Mais mit Mandel-Süßerdäpfel-Mole und Polenta-Popcorn
ESSKULTUR:
Im Laufe von Jahrhunderten hat Österreich eine vielfältige kulinarische Identität entwickelt. Verwurzelt in der k.-u.-k.-Monarchie ist sie, ihrer Entwicklungsgeschichte nach, durch die Einflüsse der Kronländer und Königreiche eine Vielvölkerküche mit eigenständigen regionalen Spezialitäten, die sich nicht auf einige wenige Gerichte oder Regionen reduzieren lässt. Viele Geschmäcker, Produkte oder Zubereitungsarten können wir heute geografisch zuordnen. Diese verschiedenen Geschmäcker schaffen aber auch grenzübergreifende Verbindungen zu unseren Familien und zu unserer Geschichte und sind wiederum ein Spiegelbild unserer Lebenskultur. Eine Reise durch Österreich und darüber hinaus.
Im Übrigen ist die Wiener Küche die einzige weltweit, die einen Städtenamen trägt. Sie entstand vor mehr als 200 Jahren beim Wiener Kongress an den Wiener Herden, wo die unterschiedlichsten Küchen in friedlicher Mission ihre Traditionen und Geschmäcker teilten und somit den Ruhm der Wiener Küche begründeten.
MANDEL-SÜSSERDÄPFEL-MOLE, 12 PORTIONEN
ZUTATEN
- 160 g Schalotten (gewürfelt)
- 45 g Süßerdäpfel (gewürfelt)
- 35 g Butter
- 1 Stk. Knoblauchzehe (gewürfelt)
- 6 g Ingwer (gewürfelt)
- 3 g weiße Mandelpaste
- 12 g Mandelmehl
- Prise Kreuzkümmel
- 27 g Mole Almondo
- 1 Msp. Chipotle Moro Öl
- 45 ml Kalbsjus
- 100 ml Rindsuppe
- 20 g 70 %i ge Schokolade
- 2 Zweige Shiso rot
- 1/2 Stk. Limette (Saft und Abrieb)
- Karpatensalz
ZUBEREITUNG
Alle Zutaten in einer flachen Kasserolle 15 Minuten bei mittlerer Hitze karamellisieren lassen.
Beigeben und kurz mitanschwitzen.
Aufgießen und für 30 Minuten auf kleiner Flamme unter ständigem Rühren köcheln lassen. Anschließend in einen Mixbecher füllen.
Zufügen, fein pürieren und mit Karpatensalz abschmecken.
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78 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
RÜBENVIELFALT MIT TIGERFORELLE UND EUKALYPTUS
1 Tigerforelle mit Rübenvielfalt in Salz gegart und mit Eukalyptus, Apfel und Hot Lemon Chili mariniert
2 Knusprige Tigerforellen-Haut
3 Mit Goldrübensaft, Eukalyptus und Verjus marinierte Chioggia-, Gold-, Forono-Rüben und Selleriekohl
4 Zitronenmelisse
5 Goldrüben-Jonagold-Saft mit Eukalyptus
Wein NV Junmai Daiginjo „Natur-Sake“, Hanangaki / Fukui, Japan
TIGERFORELLE:
eine Kreuzung aus Bachforelle und Bachsaibling. Der Name bezieht sich auf ihre charakteristisch wellige, goldgelbe Tigerzeichnung sowie auf den weißen Bauch.
Von Gerhard Wolf / Ramsau, NÖ
EUKALYPTUS:
Die bis zu 70 Meter hoch wachsenden Bäume verströmen einen faszinierenden, unvergleichlichen Duft und zählen zur Familie der Myrtengewächse, zu denen auch Piment, Myrte und Gewürznelken gehören. Die ätherischen Öle sind vorwiegend in den dicken, ledrigen Blättern vorhanden und werden primär zu Heilzwecken verwendet.
Aus dem Wiener Eukalyptus-Wald der Familie Bach
EUKALYPTUS ÖL, 20 PORTIONEN
ZUTATEN
- 100 ml Traubenkernöl
- 10 g Eukalyptus globulus, frische Blätter (Gärtnerei Bach, Wien)
ZUBEREITUNG
Zusammen im Thermomix ca. 2 Minuten mixen.
In eine Kasserolle umleeren und einmal aufstoßen lassen. Durch ein Fettsieb passieren und über Eis kaltrühren. In Becher abfüllen und lichtgeschützt gekühlt lagern.
Tipp: Durch das lichtgeschützte Lagern bleibt die Farbe bestmöglich erhalten.
Anmerkung: nur unbehandelten Eukalyptus verwenden
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80 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
KAROTTEN-VIELFALT MIT MANDARINE, KALBSZUNGE UND RETTICH
1 Gepökelte und über Holzkohle geräucherte Kalbszunge
2 Mit Ingwer, Mandarine und Verbene marinierte Karotten-Vielfalt und Rettich
3 Gedörrte und in Whisky und Zitrone eingelegte Mandarine
4 Kren und Zitronenverbene
5 Kalbs-Mandarinen-Vinaigrette mit Whisky und Nussbutter Wein 2012 Vouvray Sec „Clos du Bourg“, Domaine Huet / Loire
MIT WHISKY UND ZITRONE EINGELEGTE MANDARINEN, 12 PORTIONEN
ZUTATEN
- 100 ml Ballantine’s Whisky - 35 g Blütenhonig - 170 ml Zitronensaft (frisch und gesiebt)
- 2 Stk. Mandarinen
ZUBEREITUNG
Alle flüssigen Zutaten gut miteinander verrühren.
Die Mandarinen schälen und sorgfältig das weiße Netzgewebe (auch: Albedo) entfernen.
Die Mandarinenfilets in ein sterilisiertes 500-Milliliter-Einmachglas schlichten und mit der Marinade bedecken. Die Gläser verschließen und im Wasserbad bei mindestens 93° C ca. 10 Minuten haltbar machen. Herausheben, zügig abkühlen und bis zum Gebrauch kühl lagern.
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82 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
MELANZANI-VIELFALT MIT WASSERMELONE, PAPRIKA UND ROSENWEIHRAUCH
1 Mit Paradeiser gedämpfte Rossa di Rotonda-Melanzani
2 Geflämmte und marinierte Wassermelone
3 Mit Essigbaum-Fruchtstand gebratene Perlina-Melanzani
4 Paprika-Wassermelonen-Artischocken-Gemüse mit Rosenweihrauch
5 Über Holzkohle gegrillte Rosa Bianca-Melanzani-Creme
6 Wasserblatt und Rosenweihrauch
7 Geräucherter Wassermelonen-Paprika Saft
Wein 2008 Rioja Rosado „Vina Tondonia“ Gran Reserva, Lopez de Heredia / Haro, Spanien
ROSENWEIHRAUCH:
Diese sehr dekorative Pflanze mit gezackten, behaarten Blättern und rötlichen Blattnerven besitzt eine zarte Weihrauch-RosenAromatik.
Von Eveline Bach, Wien
ÜBER HOLZKOHLE GEGRILLTE ROSA BIANCA-MELANZANI-CREME, 12 PORTIONEN
ZUTATEN
- 1 Stk. Melanzani Rosa Bianca
- 1,5 Stk. Zwiebel (fein geschnitten)
- 40 ml Olivenöl
- 1,5 Stk. Knoblauchzehen (fein geschnitten)
- 1/4 Stk. Zitrone (Saft)
- 1/2 TL Harissa
- 1 Prise Karpatensalz
ZUBEREITUNG
Melanzani vorbereiten: Schälen und in fingerdicke Scheiben schneiden.
Die Melanzani-Scheiben auf dem Grill über Holzkohle beidseitig gar grillen, etwas überkühlen lassen und anschließend fein hacken.
Ansatz:
Das Olivenöl erhitzen, die Zwiebel darin langsam mit Farbe anschwitzen und weich garen.
Zufügen und weich garen, ohne Farbe annehmen zu lassen.
Die gehackte Melanzani, Zitronensaft, Harissa und Salz zufügen und gemeinsam auf kleiner Stufe bedeckt weich kochen. Anschließend von der Hitze ziehen, etwas überkühlen lassen und durch ein Haarsieb streichen. Eventuell nochmals mit Harissa, Zitronensaft und Salz nachwürzen.
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Rezept
84 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
STÖR MIT ROTEM CHICORÉE, DIRNDLN
UND ARTISCHOCKE
1 Über Holzkohle gegrillter Stör
2 Wiener Stör-Kaviar
3 In Dirndlmark eingelegter roter Chicorée
4 Geschmortes Artischocken-Lupinen-Gemüse mit fermentierten Dirndln und Oliven
5 Süßlupinen-Creme
6 Mit Olivenkraut und Chupetinho-Essig marinierter junger Chicorée
7 Artischocken-Schmorsaft mit Joghurtmolke und Dirndl-Salzlake
8 Olivenkraut-Öl
Wein 2016 Grüner Veltliner „Ladisberg“, Markus Altenburger / Jois
LUPINEN:
Diese hohen, kerzenförmigen Blumen, deren Samen großteils zu Mehl vermahlen werden, besitzen einen nussigen Geschmack und enthalten besonders hochwertiges pflanzliches Eiweiß. Lupinen ähneln in der Zusammensetzung der Sojabohne.
ZUTATEN
- 150 g Lupinen
- 150 g Schalotten (in Ringe geschnitten)
- 20 g Butter
- 200 ml Hühnerfond
- Lupinen (eingeweicht)
- 30 g Butter
- Karpatensalz
ZUBEREITUNG
Über Nacht in reichlich Wasser einweichen.
In einer Kasserolle glasig anschwitzen.
Mit dem Fond aufgießen und die eingeweichten Lupinen ohne Einweichwasser zufügen. Bedeckt auf mittlerer Stufe ca. 30 Minuten weich kochen.
Lupinen abseihen und den Kochfond auffangen. Lupinen mit Butter sowie etwas Kochfond fein pürieren. Je nach Konsistenz ein wenig Fond zugeben, anschließend durch ein Haarsieb passieren und mit Salz abschmecken.
SÜSSLUPINEN-CREME, 12 PORTIONEN
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86 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
MILCHFERKEL-SCHULTER MIT STAUDENGEMÜSE, BRENNNESSELN UND ZWIEBEL-DASHI
1 Geschmorte und knusprig gebratene Milchferkel-Schulter
2 Rollgersten-Eintopf mit Ferkelkinn und Kren
3 Brennnessel-Staudengemüse-Spinat
4 Knusprige Brennnesseln
5 Gedämpftes und eingelegtes Staudengemüse
6 Brennnessel-Creme
7 Junge Radieschen
8 Laaer Zwiebel-Dashi
Wein 2010 Vin Jaune, Domaine des Vavarodes –Etienne Thiebaud / Cramans, Jura
BRENNNESSEL:
Von diesem wichtigen Heilkraut werden in der Volksmedizin seit Generationen die Blätter, Samen sowie die Wurzeln verwendet. Die jungen Blätter werden vorrangig im Frühling und Herbst zur Anregung des Stoffwechsels sowie zur Reinigung von Leber und Galle genutzt und sind häufig auch Bestandteil von Teemischungen.
BRENNNESSEL–STAUDENGEMÜSE-SPINAT, 4 PORTIONEN
ZUTATEN
- 2 EL Butter
- 1/2 Stk. Schalotte (fein geschnitten)
- 50 g Rhabarber (in 4 mm gewürfelt)
- Karpatensalz
- 120 g Brennnesselblätter (gewaschen und geschleudert)
- 80 g Babyspinat (gewaschen und geschleudert)
- 1 Prise Muskatnuss (gerieben)
- 1 Prise Karpatensalz
- 1/2 EL Butter
ZUBEREITUNG
Die Butter aufschäumen, Schalotten sowie Rhabarber darin ohne Farbe anschwitzen und leicht salzen.
Zufügen und zusammen anschwitzen, bis der Spinat zusammengefallen ist.
Mit etwas Fond untergießen, kurz glacieren und leicht würzen. Anschließend aus der Pfanne heben, etwas hacken und mit zwei großen, gleichförmigen Löffeln schöne Nocken formen.
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88 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
POMELO MIT KOKOS UND SCHÖNBRUNNER ZITRONATZITRONE
1 Mit Zitronengras-Zucker marinierte Pomelo
2 Mit Hot Lemon Chili eingelegte Schönbrunner Zitronatzitrone
3 Ivoire-Schokoladen-Rahm
4 Kokos-Baiser
5 Zitronenbasilikum und Koriander
6 Zitronatzitronen-Kokossaft
7 Verbene-Koriander-Öl
8 Kokoswasser-Eis
Wein Steirereck Limonecello
ZITRONATZITRONE DIAMANTE:
Die bis zu zwei Kilogramm schwere Frucht riecht stark zitronig, hat eine dicke, glatte Schale, ein kompaktes, feinaromatisches Albedo und nur wenig, fast trockenes, leicht zitroniges Fruchtfleisch.
Die Schale sowie das Albedo sind wegen ihrer süßlichen Aromatik und Konsistenz zum Kandieren äußerst beliebt.
Aus den kaiserlichen Orangerien von Schloss Schönbrunn, Wien
KOKOSWASSER-EIS, 12 PORTIONEN
ZUTATEN
- 140 ml Kokosmilch
- 80 g Glukosesirup
- 1 Msp. Karpatensalz
- 400 ml Kokosnusswasser von jungen Kokosnüssen
ZUBEREITUNG
Gemeinsam aufkochen und den Glukosesirup so lange verrühren, bis er sich vollständig aufgelöst hat. Von der Hitze nehmen und auf Eis rasch abkühlen lassen.
Zufügen, vermengen und die Masse in der Eismaschine frieren.
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90 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
BISCHOFSMÜTZE MIT CALAMANSI, SCHAFMILCHJOGHURT
UND EINKORN
1 Mit Schafmilchjoghurt-Creme gefüllter, eingelegter Bischofsmützen-Paprika
2 Souffliertes Einkorn-Mispelkern-Gebäck mit Macadamia-Nuss-Nougat und Calamansi
3 Knuspriger Einkorn
4 Schafmilchjoghurt-Sorbet
5 Bischofsmützen-Paprika-Calamansi-Einlegefond mit Pericon Wein 2014 Riesling Kabinett „Wehlener Sonnenuhr“, J. J. Prüm / Wehlen, Mosel
CALAMANSI:
Diese Zitrus-Varietät stammt ursprünglich von den Philippinen und ist vor allem grün und unreif bekannt. Die Schale färbt sich bei Vollreife orange, ist relativ dünn und süßlich, wogegen das Fruchtfleisch säuerlich bleibt. Calamansi werden in der philippinischen Küche sowie für Getränke und Marmeladen sehr geschätzt und gelten als natürlich entzündungshemmend. Aus den kaiserlichen Orangerien von Schloss Schönbrunn, Wien
SCHAFMILCHJOGHURT-CREME,
ZUTATEN
- 180 ml Apfelsaft
- 5 ml Yuzu-Saft
- 2 g Agar-Agar
- 185 ml Apfel-Yuzu-Fond
- 1 Stk. Bio-Ei
- 20 g Bio-Eigelb
- 75 g Kristallzucker
- 70 g Butter (kalt)
- 350 g Apfel-Creme (gekühlt)
- 80 g Schafmilchjoghurt
12 PORTIONEN
ZUBEREITUNG
Apfel-Yuzu-Fond: Alle Zutaten kalt verrühren und aufkochen.
Ei, Eigelb und Zucker leicht schaumig schlagen. Den noch heißen Fond einrühren und bei 80° C im Thermomix ca. 10 Minunten mixen. Wenn die Masse zur Rose abgezogen ist, den Thermomix ohne Temperatur langsam weiterlaufen lassen, bis die Creme ca. 50° C erreicht hat. Nach und nach die kalte Butter einmontieren und anschließend die emulgierte Creme bedeckt kühl stellen.
Schafmilchjoghurt-Creme fertigstellen: Beide Zutaten mit Hilfe eines Schneebesens kurz glatt rühren.
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92 S MAGAZIN SPEISEN-FOLGE
Rezept
FRUCHTIG-SAURES GEMÜSE
1 Heidenkoji-Karamell-Schokolade mit mariniertem Rhabarber
2 Cremige Waffel-Praline
3 Rhabarberfleck
4 Geliertes Rhabarber-Gebäck mit Schildampfer
5 Kalte Rhabarbersuppe
6 Rhabarberkompott-Praline mit Buttermilch und Wasserpfeffer
RHABARBER:
Die Wurzeln des Rhabarbers wurden schon in China vor 4000 Jahren medizinisch genützt. In Europa lernte man erst Mitte des 18. Jahrhunderts zuerst in England, die fleischigen Blattstiele als Gemüse zu nutzen. Die Blattstiele (Stangen) sind grünstielig-grünfleischig, rotstielig-grünfleischig oder rotstielig-rotfleischig. Sie enthalten vorwiegend Apfel- und Zitronensäure und verhältnismäßig wenig Oxalsäure. Die Fasrigkeit und der Säuregehalt nehmen mit dem Alter der Stiele zu.
Die Haupterntezeit ist von April bis Juli.
HEIDENKOJI-KARAMELL-SCHOKOLADE,
ZUTATEN
- 75 g Heidenkoji (Buchweizenkoji) (geröstet)
- 200 ml Obers
- 140 ml Bio-Heumilch
- 120 g Heidenkoji-Creme
- 100 ml Obers
- 40 g Karamell-Schokolade
- 1 Prise Salz
12 PORTIONEN
ZUBEREITUNG
Heidenkoji-Creme:
Milch und Obers aufkochen und den gerösteten Buchweizenkoji im Thermomix bei 70° C 5 Minuten fein mixen.
Das Obers aufkochen und anschließend mit den restlichen Zutaten im Thermomix zu einer homogenen Masse mixen. In einen Dressierbeutel abfüllen, die noch warme Masse in längliche Stäbchen-Eiswürfelformen füllen, frieren und bis zum Gebrauch gefroren lagern.
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AUF DICH, SLOWein IEN
01–02 Angerichtet und eingeschenkt: René Antrag präsentiert acht seiner liebsten Slowenen.
TEXT: ACHIM SCHNEYDER, FOTOS: PHILIPP HORAK
Österreichs kleiner, südlicher Nachbar ist groß im Kommen und füllt in drei Regionen ab, was weltweit ausgeschenkt wird. Auch ein paar Steirer mischen mit, die sehr erfolgreich fremdgehen.
94 S MAGAZIN KOST-PROBEN
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03–04 Da freut er sich,
Die Weine aus Österreichs Nachbarland kommen im
immer
an. 96 S MAGAZIN KOST-PROBEN
der Sommelier.
Steirereck
besser
Die Weinwelt staunte nicht schlecht, als 2018 in London die begehrten „World Wine Awards“ vergeben wurden. Denn während beispielsweise Österreich 117 Medaillen einheimste und Deutschland 125, brachte es das kleine Slowenien mit seinen vergleichsweise überschaubaren gut 25.000 Hektar Rebfläche in Sachen Edelmetall auf 135. Und damit auf so viele Medaillen wie nie zuvor.
René Antrag, Sommelier im Steirereck, ist ob des rasanten Aufstiegs von Österreichs Nachbarn nicht sonderlich überrascht. „Weil es sehr viele bestens ausgebildete und ungemein innovative Winzer gibt, die etwas weiterbringen wollen. Leute, denen der einfache Tafelwein, von dem es in Slowenien große Mengen gibt, weil die Slowenen selbst so viel Wein trinken, einfach nicht reicht. Und die Voraussetzungen, sowohl das Klima als auch die Böden betreffend, sind exzellent.“
Ein gutes Beispiel in Sachen Veränderung sei das Weingut Dveri-Pax, das sich im Besitz der Admonter Benediktinermönche befindet. Dort wurden in den vergangenen gut 15 Jahren rund 60 Hektar Reben neu ausgepflanzt, und auf einer Gesamtfläche von knapp 75 Hektar wachsen inzwischen acht verschiedene Sorten.
Insgesamt sind es 52 unterschiedliche Rebsorten, die Slowenien so spannend machen und die in drei Hauptregionen gedeihen: Podravje, Posavje und Primorska. Podravje liegt im Nordosten im Drautal im Grenzgebiet zur Steiermark, zu Ungarn und zu Kroatien, wobei hier Welschriesling, Sauvignon Blanc und Furmit den Ton angeben, dazu kommen Riesling, Traminer, Chardonnay und Grauburgunder. Posavje liegt südlich davon im Savetal und ebenfalls in unmittelbarer kroatischer Nachbarschaft. Hier werden überwiegend die einfachen, im Handel sehr kostengünstigen Tafelweine erzeugt. Primorska wiederum befindet sich ganz im Westen im adriatischen Küstenland und bildet mit den Hügeln von Brda, Vipava, Kras und Koper die Verlängerung der Friauler Anbaugebiete Collio und der Karstlandschaft Carso. Auch hier spielen Weißweine die erste Geige, Ribolla Gialla etwa oder wie im Drautal Sauvignon Blanc. Aber auch Rotweine wie Merlot, Pinot Noir oder Cabernet Sauvignon laufen hier zu höchster Form auf. Der traditionelle slowenische Rote ist übrigens der säurereiche Teran aus den Refosco-Trauben.
Im Steirereck wird der stetig steigenden slowenischen Qualität schon längere Zeit Rechnung getragen. Nicht zuletzt auch ob jener steirischen Winzer, die den kleinen Grenzverkehr pflegen und beim Nachbarn eine zweite Heimat gefunden haben. René Antrag stellt nun acht Betriebe vor, darunter drei steirische, deren Weine im Stadtpark nicht nur vom Sommelier höchstpersönlich sehr gerne getrunken, sondern mit dementsprechender Freude und Überzeugung den Gästen offeriert werden.
„Was sehr für die Slowenen spricht, ist das Preis-LeistungsVerhältnis.“
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ALOIS GROSS, WEINGUT VINO GROSS
Alois Gross aus Ratsch an der Weinstraße breitete sich schon vor rund 15 Jahren nach Slowenien aus. Anfangs experimentierte der Pionier noch mit kleinen Mengen, um sich an die Gegebenheiten zu gewöhnen. „Der Sauvignon Blanc Colles 2011 war schließlich unser erster offizieller Jahrgang“, erzählt Alois, der gemeinsam mit seinen Söhnen Johannes und Michael einen kleinen Keller im benachbarten Ausland bauen ließ und 2012 das Nebenerwerbs-Weingut Vino Gross ins Leben rief.
Dieses wird nach innerfamiliärer Absprache inzwischen nicht mehr zum Nebenerwerb allein von Michael und dessen Frau Maria geleitet, die auch ihren Lebensmittelpunkt verlegen werden, um ganz nahe bei der guten Sache zu sein. „Es gibt hier unfassbar viel Potenzial“, schwärmt Michael von teilweise 120 Jahre alten Rebstöcken, „die von früheren Besitzern glücklicherweise nie herausgerissen wurden, weil man es sich nicht leisten konnte, die Gärten neu zu bepflanzen.“ Vielmehr wird heute versucht, die Klone der alten Reben zu verwenden, um wieder entsprechend gutes Material zu erhalten.
Die Weingärten liegen in der Region Štajerska im Haloze-Gebiet nahe Ptuj. Der kleine Weinbauort inmitten steiler Terrassen, die nahezu ausschließlich Handarbeit voraussetzen, heißt Gorca, und die Rebstöcke gedeihen auf 350 bis 400 Meter Seehöhe in südorientierten Kessellagen. René öffnet einen Furmint, kostet und ist mehr als angetan. „Ein typischer Vino Gross“, sagt er. „Nie vordergründig, nie laut, immer sehr reduziert und dennoch mit Komplexität und Tiefe. Kompliment!“
MANFRED TEMENT, WEINGUT DOMAINE CIRINGA
Quasi zur selben Zeit wie Kollege Gross nützte Manfred Tement aus Ehrenhausen den EU-Beitritt Sloweniens im Jahr 2004. „Der Fosilni Breg gleich hinter der Grenze, zu Deutsch der Fossilienberg, ist so etwas wie die Verlängerung unserer Toplage Zieregg, die ja auch zum Teil auf slowenischem Boden liegt. Und nach dem Beitritt gab es hier plötzlich die Möglichkeit, wieder Weingärten zu erwerben. Die waren zwar in ziemlich schlechtem Zustand, aber wir waren, weil wir Zieregg kennen, vom Potenzial überzeugt und haben zugeschlagen“, erinnert sich Manfred.
2006 wurde schließlich rekultiviert, neu ausgepflanzt und das Weingut Domaine Ciringa gegründet, wobei Ciringa der slowenische Begriff für Zieregg ist. „2009 war der erste Jahrgang“, erzählt Manfreds Sohn Armin, inzwischen hauptverantwortlich für Weingärten und Keller, und schwärmt: „Die kleinklimatischen Bedingungen der Lage Ciringa kombiniert mit Muschelkalkböden und lockerer Braunerde sind ideal für einen langlebigen, authentischen, eleganten und mineralischen Sauvignon Blanc. Aus diesem Grund ist die Sortenauswahl hier auch ausschließlich auf unsere Leitsorte gefallen.“ Getauft wurde dieser Sauvignon Blanc schließlich Fosilni Breg, wobei er sich vor allem optisch vom gewohnten Tement-Portfolio unterscheidet, ziert das Etikett doch ein Fossil aus der Region.
05 Nicht ganz im Bild und doch im Bilde: René Antrag kennt Slowenien inzwischen nahezu perfekt.
98 S MAGAZIN KOST-PROBEN
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06 Schluck für Schluck ein Hochgenuss, befindet der Glas-Weise. 100 S MAGAZIN KOST-PROBEN
HANNES SABATHI, KELLEREI VIPAVA
Hannes Sabathi blickt auf eine deutlich jüngere Slowenien-Vergangenheit zurück. 2016, als klirrender Frost im Frühling die südsteirische Weinernte zu einem großen Teil zerstörte, machte er sich auf die Suche nach Trauben für den Zukauf, um das enorme Erntedefizit wirtschaftlich zu überwinden. Und wurde im rund 250 Kilometer entfernten Vipava-Tal fündig, das im Westen Sloweniens am Fuße der steilen Berghänge des imposanten Nanos-Gebirges liegt. Und wo er im Herbst des Jahres von rund 50 Weinbauern Trauben erwarb.
Ein Jahr später erfuhr Hannes Sabathi, dass die 1894 gegründete und nach dem Tal benannte Kellerei Vipava zum Verkauf s tand. Und Hannes wagte den Sprung ins kalte Wasser. „Das war insofern eiskalt, als ich ja nicht wusste, was mich erwarten würde“, sagt Hannes. „Aber umso spannender war es, alles zu erforschen. Klima, Böden und was den Wein sonst noch ausmacht.“ So leitet er also seit der 17er-Lese voller Enthusiasmus die Geschicke der Kellerei, wobei die rund 350 Weinbauern des Tales seine wichtigsten Partner sind. „Die werden“, erzählt er, „das ganze Jahr über von meinem Team und mir beratend begleitet, damit die Trauben zum Zeitpunkt der Lese unseren Qualitätsansprüchen entsprechen. Das Hauptaugenmerk liegt nämlich darauf, die besten Weine zu keltern, die das Gebiet hervorzubringen vermag: authentisch und mit präziser Herkunftscharakteristik.“
„Dass ihm das gelingt, ist spätestens seit dem 2018er-Jahrgang unbestritten“, sagt René Antrag und widmet sich nun noch den fünf „echten“ Slowenen, die ihm so besonders gut munden. Wobei der erste gleich einmal auch kein echter Slowene ist …
NICHOLAS GEE, HEAPS GOOD WINE COMPANY
Nicholas Gee stammt aus Neuseeland, aber die Liebe zu seiner heutigen Frau Marija hat den Weinmacher nach Slowenien verschlagen. Und da blieb er dann, hier in Ritoznoj in den Hügeln südlich von Marburg, wo er seit bald zehn Jahren in drei verschiedenen Lagen jährlich gut 3.000 Flaschen Wein abfüllt. Heaps Good Wine Company heißt der Betrieb, und wenn man eine Kellerei als Garagenkellerei bezeichnen möchte, dann trifft das auf diese zu. „Egal“, sagt er, „denn Wein wird nicht im Keller hergestellt, sondern im Weingarten.“ In seinem Fall handelt es sich um solche aus den Rebsorten Chardonnay, Grauburgunder, Blaufränkisch und Pinot Noir, die von Hand gelesen und spontan vergoren 18 Monate in Burgunderholzfässern ausgebaut werden.
FILIP KOLETNIK, ATIMO-SERIE
Noch weniger, nämlich nur rund 2.000 Flaschen pro Jahr, füllt Filip Koletnik aus der Goriška Brda ab. Der hat weder eigene Weinberge noch einen eigenen Keller, kauft die Trauben von Erzeugern, die organisch bewirtschaften, und Vinifikation und Ausbau erfolgen schließlich im Kellerraum eines Freundes. Und dennoch: Seine Weine aus der Atimo-Naturweinserie, Chardonnay, Malvacija und eine Cuvée aus beiden sind großartig.
„Unsere Philosophie ist einfach“, sagt Filip. „Wir glauben, da ss die besten Dinge natürlich sind. So ist für uns die Traube an sich vollkommen und enthält alles, was für einen guten und gehaltvollen Wein benötigt wird. Daher möchten wir auf den Prozess der Weinentstehung so wenig wie möglich Einfluss nehmen. Das Ergebnis dieser Idee ist ein lebendiger Wein von goldgelber Farbe und komplexen Aromen, voller Mineralien, vollmundig und mit langem Abgang.“
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IVAN & MIHA BATIČ, WEINGUT BATIČ
Das bereits 1592 gegründete Weingut von Vater Ivan und Sohn Miha Batič, gelegen im Vipava-Tal, ist auch auf einem sehr guten Weg. Auf einem Weg zurück. „Auch wenn das Besinnen auf natürliche Methoden in der Weinproduktion zwischendurch von Misserfolgen geprägt war“, sagt Miha. „Wie bei einem Kind, das die ersten Schritte versucht. Stolpern und Fallen sind normal, wenn man plötzlich wieder biodynamisch arbeitet.“ Und dann sagt er noch einen ganz wunderbaren Satz: „Wer Fehler im Wein sucht, trinkt die Fehler. Wer das Gute im Wein sucht, trinkt mit Genuss.“
MARJAN SIMČIČ, WEINGUT SIMČIČ
Marjan Simčič aus Goriška brda in der Primorska-Region leitet das Weingut der Familie in fünfter Generation. „Das Gebiet ist hügelig, offen zum Friaul und geprägt von warmen mediterranen Winden, während die Julischen Alpen für einen kühlenden Einfluss vom Norden sorgen. Eine perfekte Mischung“, schwärmt der Winzer, dem die langjährige Friauler Techniklangeweile abschreckendes Beispiel war. Ihm geht es um Expressivität, um Persönlichkeit und Charakter. Ihm geht es um echte Slowenen.
MIRAN KORENIKA, IGNAC MOŠKON, WEINGUT KORENIKA & MOŠKON
Wie auch Miran Korenika und Ignac Moškon, die 1984 in Korte, einem Dorf im Herzen Istriens, das Weingut Korenika & Moškon gründeten. Die Weingärten erstrecken sich vom Meer bis ins Hinterland, sind nach Süden hin offen und werden seit 2010 biologisch, seit 2014 biodynamisch bewirtschaftet. Authentische Weine mit Signatur zu produzieren, das ist das Credo der beiden. Und wer jemals den Sulne, ein Dialektausdruck für Salzfelder, gekostet hat, der weiß, was die Herren meinen.
In diesem Sinne: Auf dich, Sloweinien.
07 Ein prüfender Blick auf die Farbe. Sie gefällt.
102 S MAGAZIN KOST-PROBEN
Wovon
Wie wunderbar ist doch gelebte Treue. So auch an dieser Stelle, weshalb die Liebe ein nächstes Stück des Weges mit uns sein möge. Wann, wenn nicht jetzt, wenn das Werk des Frühlings getan ist und aus den Knospen bewundernswert sommerliche Blüten geworden sind, sollten uns die schönsten Gefühle begleiten. Was für ein Sehnen, was für ein Rendezvous farbenprächtigster Impressionen. Wie das herrliche Rot, die Farbe der Liebe. Dieses Rot, das zwischen dem saftigen Grün hervorblitzt. Dieses Rot, das uns die Verführung schmackhaft macht. Dieses Rot, das uns als Erdbeere auf der Zunge zergeht.
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S MAGAZIN BEEREN & BILDER 103 S. 104 FÜHRE UNS IN VERSUCHUNG
wie viel 3
FÜHRE UNS IN VERSUCHUNG
Streng wissenschaftlich betrachtet gehört die Fragaria zur Familie der Rosengewächse. Botanisch ergänzt handelt es sich auch gar nicht um eine Beere, sondern um eine Sammelnussfrucht. Aber viel schöner ist die Wahrnehmung der Sinnlichkeit und der Lust. Die Erdbeere offenbart für uns den Ausdruck von Leidenschaft und die Verlockung zur Sünde.
FOTOS: PHILIPP HORAK
104 S MAGAZIN FRUCHT-GENUSS
ERDBEER-PFEFFER-PRALINE
FÜR 50 STÜCK
- 75 g Erdbeermark
- 2,5 g Zitronensäure
- 12,5 g Glukose
- 1 Prise Karpatensalz
- 1/4 Stk. Vanilleschote (Mark)
- 25 g Butter (gewürfelt)
- 87 g Schokolade Ivoire (Valrhona)
- 1,5 Stk. Limetten (Saft)
- 1/2 TL Voatsiperifery-Pfeffer
- 1/2 TL Szechuan-Pfeffer
- 70 % getrockneter Abrieb von Persischen Limetten
- 30 % Szechuan-Pfeffer
- 1 Prise Karpatensalz
- 60 % Schokolade (Zartbitter)
- 40 % Kakaobutter
- 100 g Kakaobruch
- Limettenpfeffer
TIPP
Durch das gekühlte Blech zieht die Schokolade sofort an und die Pralinen bekommen keinen Rand.
ZUBEREITUNG
Pralinenfüllung: zusammen aufkochen.
Butter und Schokolade in eine Schüssel geben und die heiße Erdbeermarkmasse darübergießen. Solange verrühren, bis sich alles gut aufgelöst hat.
Limettensaft und Pfeffer zugeben und für 30 Minuten ziehen lassen. Anschließend durch ein feines Spitzsieb passieren. Die abgekühlte Masse in Spritzsäcke abfüllen und in runde, kleine Silikonpralinenformen dressieren, anschließend einfrieren.
Limettenpfeffer: Von den Persichen Limetten einen Abrieb erzeugen und bei ca. 50° C im Backofen für ca. eine Stunde trocknen. Den Abrieb mit gemahlenem Szechuan-Pfeffer vermengen und eine Prise Karpatensalz zufügen.
Schokoladenglasur: Schokolade und Kakaobutter über einem Wasserbad schmelzen und anschließend in 500-ml-Becher abfüllen. Die gefrorenen Pralinen auf einem kleinen Holzstab aufspießen, in die Schokoladenglasur tunken und sofort mit etwas Kakaobruch und Limettenpfeffer bestreuen.
Die getunkten, bestreuten Pralinen auf ein gefrorenes Blech mit dem Spieß nach oben setzen und bis zum Gebrauch gekühlt lagern.
ZUTATEN
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ERDBEER-PERICON-COCKTAIL (geeist)
FÜR 12 PORTIONEN
ZUTATEN
- 50 g Kristallzucker
- 50 ml Wasser
- 2 Zweige Pericon (gezupft)
- 410 g Erdbeermark (passiert)
- 50 ml Zitronensaft (passiert)
- 80 ml Wodka
- 60 ml Pericon-Sirup
- 4 Stk. Gelatineblätter
- 1 EL Wodka
TIPP
Kurz vor dem Verzehr den geeisten Cocktail aus dem Tiefkühler nehmen und je nach Formgröße für 1-3 Minuten leicht antauen lassen.
ZUBEREITUNG
Pericon-Sirup: Zucker und Wasser aufkochen, von der Hitze nehmen, etwas auskühlen lassen, Pericon zufügen und gekühlt für mindestens sechs Stunden durchziehen lassen.
Vor Gebrauch abseihen.
Bei Zimmertemperatur gemeinsam vermengen.
Gelatine in kaltem Wasser einweichen, Wodka nur leicht erwärmen und die Gelatine darin auflösen. Die aufgelöste Gelatine in den temperierten Erdbeer-Pericon-Wodka-Cocktail einrühren, in Eiswürfelformen abfüllen, einfrieren und bis zum Gebrauch gefroren lagern.
106 S MAGAZIN FRUCHT-GENUSS
ERDBEER-ROSEN-MARMELADE
FÜR ZWEI 500-ML-EINKOCHGLÄSER
ZUTATEN
- Duftrosen (unbehandelt)
- 10 % Duftrosen Blüten (gesäubert)
- 90 % Kristallzucker
- Erdbeeren
- 105 g Kristallzucker
- 6,5 g Pektin NH
- 105 g Rosenzucker
- 650 g Erdbeermark
- 130 g Erdbeeren (gewürfelt)
TIPP
Die gesamte Kochdauer beträgt nur etwas mehr als eine Minute, anschließend so schnell wie möglich abkühlen.
ZUBEREITUNG
Rosenzucker: Die Blütenblätter der Duftrosenköpfe abzupfen und säubern.
Gemeinsam mit einem Mixer kurz zerkleinern.
Die Erdbeern putzen und 20 Prozent der Beeren für die Einlage grob würfeln und beiseite stellen. Die restlichen Beeren nicht zu fein pürieren. Vermengen.
TIPP
Zufügen.
Das Mark mit dem Pektinzucker vermengen, unter ständigem Rühren zum Kochen bringen und kurz vor dem Aufkochen den Rosenzucker zufügen.
Am Anfang mit einem Schneebesen den Zucker einrühren, auflösen und anschließend mit einer Gummispachtel weiterarbeiten, um ein Karamellisieren der Marmelade auf dem Topfboden zu verhindern.
Sobald die Marmelade aufkocht, die gewürfelten Erdbeeren zufügen, einmal kurz aufkochen lassen und sofort in sterile 500-ml-Einkochgläser einfüllen.
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ERDBEER-STAUDENSELLERIE-SALAT MIT CALAMANSI-BOHNENKRAUT-ÖL
FÜR 4 PORTIONEN
- 15 g Zitronen-Bohnenkraut
- 100 ml Traubenkern-Öl
- 5 Stk. Calamansi (Saft), optional
- 1 Stk. Orange + 1 Stk. Limette
- 24 Tropfen Angosturabitter
- 1 Msp. Sternanis (fein gerieben)
- 10 Stk. Zitronen-BohnenkrautBlätter (fein geschnitten)
- 1 Prise Zucker
- 4 Stk. Staudensellerie, Herzstangen
- Salz zum Blanchieren
- 1 Tasse Erdbeeren
- 1 Tasse Walderdbeeren
- 1-2 Stk. Calamansi (unbehandelt)
- Frische Kräuter (Wilder Sellerie, Zitronenthymian, Zitronenmelisse etc.)
- Calamansi-Bohnenkraut-Marinade
- 2 EL Calamansi-Bohnenkraut-Öl
Zitronen-Bohnenkraut-Öl: Abrebeln und grob hacken. Zusammen mit dem gehackten Bohnenkraut für wenige Sekunden mixen. Das gemixte Kräuter-Öl in einer kleinen Kasserolle auf ca. 90° C erhitzen und anschließend durch ein Sieb in eine Schüssel direkt über Eis passieren.
Calamansi-Bohnenkraut-Marinade: Alle Zutaten miteinander vermengen und über Nacht bedeckt und gekühlt durchziehen lassen.
Erdbeer-Staudensellerie-Salat mit Calamansi fertigstellen: Die Stangen des Staudenselleries in ca. 5 Millimeter große Stücke schneiden. In gesalzenem Wasser für 10 Sekunden blanchieren, sofort in gesalzenem Eiswasser abschrecken und anschließend auf Küchenpapier trockenlegen.
Die Erdbeeren säubern, waschen und je nach Größe in beliebige Stücke schneiden. Die Walderdbeeren säubern und zusammen mit dem Staudensellerie in eine Schüssel geben.
Die Calamansi waschen und behutsam schälen. Die Schale fein schneiden, die einzelnen Fruchtsegmente der Calamansi entkernen und mit der Schale dem Salat beifügen.
Den wilden Sellerie sowie die Staudensellerie-Blätter dem Salat zufügen und mit der am Tag zuvor angesetzten Marinade großzügig marinieren.
Den Salat anrichten und mit dem Calamansi-Bohnenkraut-Öl leicht beträufeln.
ZUTATEN
ZUBEREITUNG
108 S MAGAZIN FRUCHT-GENUSS
Wohin
S.
S.
Einmal geht’s noch, vom Appetit auf Liebe sollten wir gar nicht genug bekommen können. Der Postillon war einst der Gespannführer eines Pferdefuhrwerks, die Postkutsche reich gefüllt mit Botschaften, welche vielleicht die Welt bedeutet haben. Der Postillon d’Amour will uns hier und heute die Geschichten jener Menschen zuflüstern, die mit so großen Herzen kochen, dass man ihrer Kunst rasch begegnen will – wie der Triestinerin Antonia Klugmann und dem Briten Oliver Lucas. Oder er lacht uns verheißungsvoll an, wie’s Ursula Strauss tut – wenn sie mit dem Aufzählen ihrer liebsten Geschmackserinnerungen gar nicht mehr nachkommt.
S.
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& zurück RUNDREISE & ZEITREISE S MAGAZIN 109
110 ACHTMAL ALLE ACHTUNG
128 ANDERSWO RESERVIERT
118 GRENZLAND KÖCHIN
DAS BUTTERBROT, DIE KNÖDEL UND EINE LIEBEVOLLE UMARMUNG
S. 126
110 S MAGAZIN HAUS-BESUCH
ACHTMAL ALLE ACHTUNG
IM VIERTEN BEZIRK IN WIEN FÜHRT EIN BRITE GEMEINSAM MIT SEINER ÖSTERREICHISCHEN FRAU EIN LOKAL MIT NICHT GANZ ALLTÄGLICHEM NAMEN. UND SO KOCHT ER AUCH, DER LITERATURAFFINE OLIVER L. –NICHT GANZ ALLTÄGLICH. UND BESONDERS EXZELLENT.
TEXT: ACHIM SCHNEYDER FOTOS: MIRCO TALIERCIO
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Woran denkt man, wenn man Grace hört? An die wunderbare, 1982 verstorbene Schauspielerin Grace Kelly beispielsweise, die, nachdem sie anno 1956 Fürst Rainier III. von Monaco zum Ehegespons genommen hatte, ihre Leinwandkarriere für beendet erklärte und sich fortan als Princesse Grace de Monaco beziehungsweise Grace Patricia Grimaldi ihren Pflichten als monegassische Landes- und auch sonst dreifache Mutter widmete. Oder an Grace Jones, die jamaikanische Sängerin und Performancekünstlerin, die auch ob ihrer mehr oder weniger aufsehenerregenden Be-, Ver- und Entkleidungen ab den 1980er-Jahren Bekanntheit erlangte.
„Er ist ein Geschmacksästhet. Seine Küche fein, elegant, natürlich und kreativ.“
Woran man allerdings nicht denkt, wenn man Grace hört, zumindest nicht im allerersten Moment: an ein ganz exzellentes Restaurant. Ein solches mit ebendiesem Namen aber gibt es, wenn auch recht gut versteckt in der Dannhausergasse im vierten Bezirk in Wien. Dort steht in einer nicht allzu großen Küche ein gewisser Oliver Lucas am achtflammigen Gasherd, gebürtiger Brite und studierter Literaturwissenschafter, der das Lokal gemeinsam mit seiner Frau Petra führt, die ihrerseits so souverän wie charmant als Überbringerin köstlicher Gaben durch die Gasträume und den Gastgarten huscht. „Casual fine dining“ steht hier auf dem Programm, also leistbare Spitzengastronomie, die ohne große Etikette auskommt. „Bei uns braucht keiner Schwellenangst zu haben, jeder ist auch in Jeans und T-Shirt gerne gesehen“, sagt der Wirt.
01 Drei Reitbauers, zwei Lucas', ein Stammtisch und acht Gänge, die den Geschmackssinnen schmeicheln.
112 S MAGAZIN HAUS-BESUCH
02–03
Aber zurück zum Namen. Der hat nun weder mit Frau Kelly zu tun, noch ist er Frau Jones geschuldet, der Name steht schlicht und einfach für das englische Wort für Gnade oder Tischgebet – eben Grace. Schlösse man daraus, dass das Ehepaar Lucas ganz besonders religiös wäre, man irrte. „Es ist jedoch so“, sagt Oliver, „dass es in vielen Kulturen üblich ist, sich für das Essen zu bedanken. Beispielsweise in Form eines Tischgebets. Allerdings ist dieser Brauch durch immer mehr industriell gefertigte Lebensmittel und immer weniger selbst zubereitete Gerichte auch zusehends in Vergessenheit geraten. Da wollten wir ein Zeichen setzen und bringen hochwertig hergestelltem Essen und hochwertigen Produkten nicht zuletzt mit diesem Namen die gebührende Wertschätzung entgegen.“
Spricht’s und verschwindet wieder in seiner nicht allzu großen Küche, denn bald schon, pünktlich um Zwölf nämlich, kommen an diesem Samstag die ersten Gäste. Darunter die Reitbauers, Birgit und Heinz, dessen Souschef Oliver im Steirereck war, ehe er den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. „Er ist ein Geschmacksästhet“, adelt Heinz Reitbauer seinen ehemaligen Mitarbeiter. „Seine Küche steht für Feinheit, Eleganz, Natürlichkeit und Kreativität. Alles Dinge, die auch seinen Intellekt widerspiegeln. Und dass heute noch immer Gerichte und Kompositionen auf unserer Karte auftauchen, die einst Oliver für uns kreiert hat, spricht ebenfalls eine deutliche Sprache.“
Dann wird gespeist. Hingebungsvoll und schwelgerisch und begleitet von passenden Weinen. Wobei es im Grace – täglich außer Sonntag und Montag, das sind die Ruhetage, und lediglich am Samstag auch zu Mittag – immer nur acht Gerichte gibt, die auf der kleinen Speisekarte als „Vor“, „Zwischen“, „Haupt“ und „Nach“ sehr minimalistisch angepriesen werden. Da findet sich kein „… an Wasweißich“, „… in Sowieso“ oder „… auf Diesunddas“, da steht einfach da, was es gibt. Punkt. An diesem Samstag im späten April etwa handelt es sich bei „Vor“ um Grünspargel, Mandel, Mispel und Verbene sowie um weiße Karotte, Haselnuss, Buttermilch und Thymian; bei „Zwischen“ um Saibling, Frühkraut, Sesam und Melanzani sowie um Muschel, Artischocke, Sellerie und Basilikum; bei „Haupt“ um Kaninchen, weißen Spargel,
Altes Wirtshaus, neuer Stil. Und Hausherrin Petra tänzelt lächelnd mit dem Essen durchs Lokal.
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04-05 Oliver, wo er sehr gerne Zeit verbringt: in der Küche. Auf die Gäste wartet der stimmige Innenhof.
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Olive und Erdäpfel sowie um Lamm, Erbse, Pastinake und Erdnuss und bei „Nach“ um Rhabarber, Bergamotte, Veilchen und Baiser sowie um Kiwi, Banane, Zitronengras und weiße Schokolade.
Louisa, mit vier Jahren das jüngste der drei Reitbauer-Kinder und diesmal mit von der Mittags-Partie, mag nur die Miesmuscheln nicht so sehr, ihre Eltern hingegen sind ausnahmslos mehr als nur angetan. Von allen Gängen. Achtmal alle Achtung, achtmal höchste Noten, achtmal große Zufriedenheit.
Bereits am frühen Vormittag, als Olivers dreiköpfiges Küchenteam noch nicht zur Arbeit erschienen ist und auch Petras Helferinnen im Service noch ihre freie Zeit genießen, stehen wir im Innenhof. Kiesboden, hohe, alte Bäume und ein grünes Salettl, früher vermutlich eine kleine Synagoge, jedenfalls deuten Davidsterne auf der Fassade darauf hin. „Schön, dass sie den Krieg überlebt hat, wenn es denn wirklich eine Synagoge war“, sagt Oliver. „Später dann, das haben mir die Vorbesitzer erzählt, wurde dieses Salettl zeitweise als Bühne genützt. Für Lesungen oder Wienerlied-Abende.“ Oliver nützt es als Abstellkammer. Derzeit jedenfalls. Dazu ein paar Tische im Garten, die knapp 40 Gästen Platz bieten und heute nicht eingedeckt werden. „Zu windig“, befindet Oliver, „und ein bisschen zu kühl.“
Dass er englische Literatur studiert und einen Bachelor darin hat, darüber will Oliver dann gar nicht so viele Worte verlieren. Es ist Teil seiner Geschichte, aber eben nicht sein Leben. Sein Leben ist vielmehr das Kochen. „Jeder Mensch wächst mit einem Grundgeschmack auf, der ihm bleibt“, sinniert der 38-Jährige. Bei ihm würde es sich in diesem Fall um den Grundgeschmack süß handeln, geprägt durch die unvergleichlich gute Süßspeisenküche seiner Mutter.
Nachdem der junge Mann seinerzeit nicht unbedingt vorgehabt hatte, das abgeschlossene Literaturstudium in seiner Heimat beruflich zu nützen, sondern schon damals mindestens ebenso große Lust auf Kochen verspürte, kam es nicht ganz von ungefähr, dass Oliver – man schrieb das Jahr 2003 und in diesem den September – ausgerechnet eine Lehre als Patissier begann. Zwei Jahre später heuerte er schließlich
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06 Köstlichkeiten zwischendurch. Außertourlich verwöhnt Oliver die Reitbauers mit Häppchen wie Beuschel oder Ripperl.
im Restaurant des legendären Hotels Four Seasons an und blieb dort für eines. Ein schicksalhaftes insofern, als er in dieser Zeit auch seine spätere Frau kennenlernte. Die junge Österreicherin war freilich nicht als Gast im Four Seasons, sondern um im Zuge eines Auslandsjahres Erfahrung in der Gastronomie zu sammeln. „Dann habe ich noch ein Jahr in einem ganz kleinen Lokal gearbeitet, und schließlich sind wir nach Wien gezogen. Ich konnte zwar kein Wort Deutsch, und Kochen konnte ich eigentlich auch nicht, jedenfalls nicht so, wie ich mir das vorstellte. Das war im März 2007.“
Und wie landet einer wie Oliver Lucas dann im Steirereck? Immerhin kein 15-jähriger Anwärter auf einen Lehrlingsposten, sondern schon gut Mitte 20 und obendrein nach eigenen Angaben des Kochens nicht so wirklich mächtig? Einer wie Oliver Lucas landet eher zufällig im Steirereck. „Petra hat eine Ausgabe des Gastronomie-Magazins ,Rolling Pin‘ mit nach Hause gebracht und mir ein Inserat gezeigt. ,Steirereck – Montag bis Freitag‘ stand da, und ich dachte mir, das wär’s! Denn wo gibt es in der Gastronomie schon Jobs mit freiem Wochenende?“
Also lernte Oliver ein paar deutsche Sätze auswendig, marschierte ohne allzu große Erwartungen und dementsprechend locker in den Stadtpark, dort mir nichts dir nichts beim Haupteingang des berühmten Restaurants hinein und bat keck darum, den Chef sprechen zu dürfen. Und der war tatsächlich zu sprechen. Trotz nicht erfolgter vorheriger Anmeldung. „Heinz wollte das Gespräch dann auf Deutsch mit mir führen, aber ich habe ihm auf Englisch erklärt, dass ich Deutsch nicht kann. Haben wir also Englisch geredet, und wenig später hatte ich eine Stelle.“ Die erwies sich anfangs zwar als wenig erbaulich, hatte er doch am sogenannten Beilagenposten gearbeitet, also ganz weit unten in der Küchenhierarchie, und dabei wochenlang nicht einmal gewusst, was das Wort Beilage bedeutet.
„Ich war glücklich, aber ich wusste, da muss es noch mehr geben.“
07 Kleine Küche, kleines Team, aber ganz große kulinarische Oper. Seit Juni 2016 im Grace.
116 S MAGAZIN HAUS-BESUCH
08–09 Der Koch denkt nach, in seinem Hirn geht's rund. Was dabei herauskommt, landet auf dem Teller.
Je besser in weiterer Folge aber die Deutschkenntnisse wurden, desto rascher stieg Oliver auch die innerbetriebliche Karriereleiter empor. „In beiden Fällen war es ,learning by doing‘, denn Deutsch lernte ich nicht in Kursen, sondern von Petra und den Kollegen. Von denen allerdings anfangs vor allem Schimpfwörter. Und das Kochen erlernte ich durchs Zuschauen und Zuhören und durch das Ausprobierendürfen“, erinnert sich Oliver, dem das Steirereck „die Aromenund Geschmacksaugen geöffnet hat. Ich war plötzlich in einer anderen Welt.“ In einer Welt, über die er heute sagt: „Es ist nicht schwierig, aus einem Steinbutt ein geiles Gericht zu machen. Aber probier’ das mal mit einer Karotte. Wenn dir das gelingt, dann hast du es geschafft.“
Oliver Lucas hat – im übertragenen Sinne – aus vielen Karotten viele geile Gerichte gemacht. Und so wurde er Souschef, hatte es also geschafft, durfte Menüs maßgeblich mitkonzipieren, stand aber nie im Rampenlicht. Nicht, dass er das zwingend gewollt hätte, „aber ein bisschen Lob wünscht man sich schon. Nicht nur vom Chef, auch von den Gästen.“ Diesen Wunsch wollte er sich eines Tages in einem eigenen Betrieb erfüllen. Zumal sich herumgesprochen hatte, dass er vom Fach nicht nur ein bisschen etwas versteht. „2014 hat sich eine Headhunting-Firma bei mir gemeldet und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, zurück nach London zu gehen. Erste Häuser würden Küchenchefs suchen. Ich habe verneint und Petra und ich haben begonnen, ganz konkret an ein eigenes Lokal in Wien zu denken. Ich war im Steirereck zwar acht Jahre nicht nur zufrieden, sondern acht Jahre unglaublich glücklich, aber ich wusste immer, da muss es noch mehr geben.“
Den Stadtpark hat er schließlich im August 2015 verlassen. Im Guten zwar, aber noch ohne neue Adresse. Beruflich obdachlos sozusagen. Und dann spielte abermals der Zufall Regie. Bekannte von Petra und Oliver wussten von einem klassischen Wiener Wirtshaus mit nur gut 30 Sitzplätzen und einem schönen Innenhof im vierten Bezirk zu berichten, dessen Betreiber in Pension gehen wollten. Und die sie, die Bekannten von Petra und Oliver, ein wenig besser kennen würden. Ob man etwas einfädeln sollte? Natürlich! Also wurde verkuppelt – und der Rest ist Erfolgsgeschichte. Seit Juni 2016.
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Grenzland KÖCHIN
TEXT & FOTOS: GEORGES DESRUES 118 S MAGAZIN GENUSS-REISE
In ihrem Gasthaus in einem genauso abgelegenen wie idyllischen Winkel Friauls pflegt die aus Triest stammende Köchin Antonia Klugmann einen Küchenstil, der sich um willkürlich gezogene Grenzen nicht schert. Ein Besuch bei einer der bekanntesten und mutigsten Köchinnen Italiens.
01–02 Antonia Klugmanns Lokal ist eine umgebaute Mühle inmitten der Weinberge des Collio-Gebiets. 119
Es wird einem sehr schnell unwohl, wenn man sich so ansieht, was Antonia Klugmann alles hat über sich ergehen lassen müssen. Vor allem im Internet war sie Beschimpfungen und Drohungen ausgesetzt, die einen erschaudern lassen. Das war vor etwas mehr als eineinhalb Jahren, als die Köchin als erste und bislang einzige Frau in der Jury der italienischen TV-Sendung Masterchef auftrat. „Es war wirklich ziemlich heftig und hat mich sehr verletzt“, sagt Klugmann heute. „In den meisten Attacken ging es um mein Äußeres, also in Wahrheit darum, dass ich eine Frau bin. Denn ein Mann wird dafür ja so gut wie nie kritisiert oder gar beleidigt.“
Ausgelöst hat den Zorn der TV-Seher, dass die Köchin in der Show sehr resolut und bisweilen streng auftrat. Womit sie einen Eindruck vermittelte, der zumindest in Italien noch immer nicht dem herkömmlichen Frauenbild entspreche, wie Klugmann sagt. „Für viele meiner Landsleute hat eine Frau eben nur mütterliche Strenge an den Tag zu legen, keinesfalls professionelle. Das trifft in der Küche vermutlich noch mehr zu als anderswo.“
Bereuen würde sie ihre kurze TV-Karriere dennoch nicht. „Es war schließlich doch eine sehr wertvolle Erfahrung. Dabei habe ich viel gelernt, über
den Beruf, aber auch über mich selbst“, betont sie. Darunter auch, dass die Erscheinung doch eine wichtige Rolle spielen würde, wolle man etwas vermitteln. „Bis dahin hatte ich beispielsweise noch nie Stöckelschuhe getragen oder mich geschminkt“, sagt die 40-Jährige mit einem Lächeln. Und tatsächlich: Wer Klugmann vor ihrer Fernsehkarriere gekannt hatte, kann nur staunen, wie stark sich ihr gesamtes Auftreten verändert hat.
In nur wenigen Monaten hat sich die sehr zurückhaltende, ja geradezu schüchterne Köchin in eine
selbstbewusste und entschlossen auftretende junge Frau verwandelt, die vielen Italienerinnen heute als Vorbild gilt. Was auch die zahlreichen positiven Internet-Einträge und Kommentare erkennen lassen, die es zu ihrer Person zum Glück genauso gibt.
Zudem brachte der Fernsehauftritt naturgemäß gehörig Publicity für ihr Restaurant L’Argine a Vencò, das allerdings schon zuvor mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden war. Dennoch hatte Klugmann gezögert, ehe sie sich zu dem TV-Abenteuer entschloss. „Ich hatte Bedenken, weil ich das
120 S MAGAZIN GENUSS-REISE
03 Blick vom Speisesaal in Richtung Osten. Hinter dem Hügel liegt Slowenien.
04 Der Anteil an selbstgezogenem Gemüse und gesammelten Pflanzen für Klugmanns L’Argine a Vencò steigt jedes Jahr. 121
Lokal für drei Monate schließen musste und keine Ahnung hatte, was das für wirtschaftliche Auswirkungen haben würde“, sagt sie.
Womit sie recht beiläufig einen Aspekt unterstreicht, der sie wesentlich unterscheidet von vielen ihrer Kollegen. Während diese nämlich, einem aktuellen Trend folgend, immer häufiger an diversen Koch-Shows, Chef-Treffen und dergleichen teilnehmen und ihr Lokal dafür verlassen, kommt das für Klugmann nicht in Frage. „In erster Linie bin ich Köchin und Wirtin und beides aus Leidenschaft. Für mich ist es nicht vorstellbar, das Lokal alleine zu
lassen. Auch wenn ich respektiere, dass andere das anders sehen“, findet sie.
Ihre Befürchtungen bezüglich des Geschäftsgangs waren allerdings offensichtlich unbegründet. In ihrer Heimat zählt sie heute zu den berühmtesten Vertretern ihrer Zunft, das Restaurant ist auf mehrere Wochen ausgebucht. Und das, obwohl es ziemlich abgeschieden in einem Winkel Nordostitaliens mitten in den Weinbergen des friulanischen Collio-Gebiets liegt.
Das L’Argine a Vencò (der Deich in Vencò) ist ein wahres Idyll im namensgebenden Ortsteil in der
Gemeinde Dolegna del Collio. Zur slowenischen Grenze sind es gerade einmal eineinhalb Kilometer. Udine erreicht man in 35 Minuten, Kärnten in eineinhalb Stunden. Das Setting könnte pittoresker nicht sein. Vorbei an bewaldeten und weinbewachsenen Hügeln mit Kirchen und Burgen darauf gelangt man zu einer jahrhundertealten Steinmühle. Daran angeschlossen ist ein modernes, einstöckiges Gebäude mit einem sonnengefluteten Speisesaal und großen Fensterfronten, durch die man auf einen gepflegten Kräuter- und Gemüsegarten blickt. Und weil Frühling ist, auch auf blühende Kirsch-, Apfel- und Marillenbäume.
Im Jahre 2013 haben sie und ihr Lebensgefährte Romano de Feo das Anwesen gekauft und im Anschluss den Zubau errichtet. „Aufgewachsen bin ich als Stadtkind. Umso glücklicher macht es mich, diesen wunderbaren Ort gefunden zu haben, wo ich so nahe an meinen Lieferanten bin und obendrein so viel selbst erzeugen kann“, erzählt Klugmann.
Die Stadt ihrer Kindheit ist das eine Autostunde entfernte altösterreichische Triest. Dorthin wanderten einst ihre jüdischen Urgroßeltern aus Polen aus. Ihre Großmutter mütterlicherseits wiederum
122 S MAGAZIN GENUSS-REISE
05 Im modernen Zubau sind der Speisesaal und ein paar Gästezimmer untergebracht. Davor liegt der Gemüsegarten und stehen Obstbäume.
stammt aus dem süditalienischen Apulien. Alle diese Einflüsse aus Zentral- und Osteuropa, von der nördlichen und südlichen Adria haben die Persönlichkeit der Köchin von Kindheit an geprägt und bestimmen bis heute ihre Küche.
„Alle sprechen immerzu von Regionalität und Territorium“, sagt sie, „aber ein Territorium ist in Wahrheit etwas sehr Persönliches und spielt sich in erster Linie im Kopf ab.“ So seien ihr auch die lokalen friulanischen Gemüse wie etwa der süßliche Sclopit, der auf Italienisch Silene und auf Deutsch Taubenkropf-Leimkraut heißt, genauso vertraut wie
die süditalienischen Sorten Cima di rapa (Stängelkohl) oder Puntarelle (eine Art Chicorée). Das alles baut sie in ihrem Gemüsegarten an und dazu noch Karden, Artischocken, Mangold und vieles mehr.
„In Italien bezeichnen sie meine Küche häufig als Grenzlandküche, dabei verstehe ich gar nicht, was genau das bedeuten soll“, betont Klugmann. „Denn gerade hier sind die Grenzen ja völlig willkürlich gezogen und haben sich in den letzten hundert Jahren mehrmals verschoben und verändert.“ So verlief auf der Westseite des Hauses einst die Grenzlinie zwischen Österreich und Italien. Sie trennt
heute nur mehr die Provinzen Görz und Udine. Und zu Slowenien hin, also auf der Ostseite, existierte unter den Habsburgern gar keine Grenze. Die bestand nur nach dem Ersten Weltkrieg und über mehrere Jahrzehnte, bis sie mit dem Beitritt Sloweniens zum Schengenraum wieder verschwand.
„Auch die Triester Küche meiner Kindheit ist eine Mischung aus verschiedenen Einflüssen“, betont die Köchin, „eines meiner Lieblingsgerichte sind beispielsweise die Zwetschkenknödel, die bei uns Gnocchi di susine heißen. In Triest servieren wir
sie allerdings nicht nur süß und als Mehlspeise wie in Österreich, sondern auch salzig, mit Parmesan bestreut und als Beilage zum Kalbsbraten.“
Und naturgemäß gebe es in Triest genau wie hier so nahe an der Grenze auch zahlreiche slowenische Einflüsse. „Viele meiner Lieferanten sind in Slowenien“, sagt Klugmann, „das ist ja dasselbe Gebiet, es sind dieselben Weinberge, die wir Collio nennen und die Slowenen Brda.“ Von jenseits der Grenze bezieht sie auch ihren Süßwasserfisch. Auf Meeresfisch kann sie, die am Meer aufwuchs, freilich auch
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06–07 Schnecken mit Sclopit, Spitzwegerich, Sternmieren und Kleeblättern. Wenn das Lokal geöffnet ist, steht Klugmann in der Küche. Ohne Ausnahmen.
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08 Tagliolini mit Fenchel und Gerste in einer Bouillon aus Sternanis, Fenchel und Tannenspitzen.
nicht verzichten. Damit versorgt sie ein Händler im kleinen Hafen Sistiana, den sie in weniger als einer Stunde erreicht.
Verarbeitet wird das alles mit äußerster Präzision bei den Garzeiten und Wagemut bei den Kombinationen. Fleisch und Fisch sind in Klugmanns Gerichten nur in kleinen Dosen vorhanden, die Hauptrollen spielen das selbstgezogene Gemüse, gesammelte Wildkräuter und saisonale beziehungsweise selbst eingelegte Früchte. Wie zum Beispiel bei der noch winterlichen Terrine aus trockenen
und eingelegten Früchten, die sie mit den letzten frischen Wintergemüsen kombiniert.
Sehr gelungen auch die viel frühlingshafteren Tagliolini mit Fenchel, Gerste und Tannenspitzen. Dabei wird Fenchelcreme in den Nudelteig eingearbeitet, das Ganze mit frischem Fenchel und pulverisierter Gerste angerichtet und mit einer Bouillon aus Sternanis, Fenchel und Tannenspitzen übergossen. Ein intensives, und zugleich überzeugendes Gericht, das nach beginnendem Frühling schmeckt.
09 Ursprünglich ein echtes Stadtkind ist Klugmann heute eng verwachsen mit der Natur, die sie umgibt.
Ebenso frühlingshaft sind die auf den Punkt gegarten und somit knackigen Schnecken, die Klugmann mit einem Eiweiß-Omelette und besagtem süßlichem Sclopit verbindet und mit Mayonnaise und frischen Garten- und Wiesenkräutern wie Spitzwegerich, Sternmieren und Kleeblättern serviert.
Etwas gewagter und gleichsam überzeugend: das Knochenmark mit Bohnen, Birne und geräucherter Ricotta, bei dem das Mark in erster Linie dazu dient, die anderen Zutaten zu binden und anzureichern. Ein gewinnendes Erlebnis an tiefgründigen Aromen und cremiger Konsistenz.
Dazu serviert Lebensgefährte Romano de Feo vor allem Weine aus dem italienischen und slowenischen Collio, aus dem Triester Karst sowie aus den Colli Orientali in der angrenzenden Provinz Görz. Sie alle verdeutlichen noch einmal und genau wie Klugmanns Küche, dass das L’Argine a Vencò nicht an irgendwelchen Grenzen liegt, sondern diese einfach transzendiert. Und sich sein Territorium auf diese Art selbst erschafft.
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URSULA STRAUSS
GESCHMACKSERINNERUNGEN, AUFGEZEICHNET VON MICHAEL
HUFNAGL
DAS BUTTERBROT, DIE KNÖDEL UND EINE LIEBEVOLLE UMARMUNG
FOTO: PHILIPP HORAK
„Ich mochte früher überhaupt keinen Käse“, erzählt Ursula Strauss und lacht. Wie sie es gerne und oft tut, wenn sie Erinnerungen hervorkramt und ohne jede Schauspielerei ihre Leidenschaft für kulinarische Besonderheiten offenbart. „Aber diese Käsewurst auf dem Jausenbrot, die war großartig“ – damals, im Schwimmbad in Pöchlarn, wo Uschi „als freies und glückliches Kind“ mit Vorliebe ihre Sommer verbrachte. Und schon ist das Stichwort gefallen: Brot. Das war in ihrer Familie so unverzichtbar wie der Käse in der Käsewurst.
Und daran hat sich nichts geändert. „Ein gutes Schwarzbrot mit Butter, das ist ein Bild meiner Kindheit, und das liebe ich auch heute noch.“ Wenngleich es für die 45-Jährige, die als 19-Jährige nach Wien kam, um die Schauspielschule zu besuchen, sehr bald ihre erfolgreiche Filmkarriere startete und als Fernsehkommissarin Angelika Schnell zum Publikumsliebling wurde, wesentlich ist, wie genau die Butter aufgetragen wird. „Mein Vater hat sein Brot immer extrem dick bestrichen, und das finde ich mindestens so unpassend wie das Hauchdünne. Nein, es muss genau richtig bedeckt sein.“ Dann darf bitteschön sehr gerne Schnittlauch drauf sein. Oder Honig. Ein Genuss ist das Brot auch mit Olivenöl und Salz. Oder mit viel Gemüse garniert. „Wenn schon, denn schon“, sagt Ursula Strauss, ein Credo, das hier im Steirereck nahezu Naturgesetz ist, und sie lacht wieder einmal: „Wurst, Käse, Paprika, Radieschen, Paradeiser, Kohlrabi, alles aufgetürmt, das ist einfach wunderbar.“
Nicht erstaunlich daher, dass der Besuch des Brot-Andi, der zu diesem Restaurant gehört wie das Scherzerl zum Laib, heiß ersehnt ist. „Sein Vortrag über die vielen Brote ist immer ein Traum.“ Nur das legendäre Blunzenbrot führt Strauss, die gerade täglich für Dreharbeiten zu einer neuen Serie vor der Kamera steht, nicht in Versuchung: „Ich will es auch gar nicht probieren. Ich lehne die Idee von Blutwurst irgendwie ab. So wie Froschschenkel, da entwickle ich kein Bedürfnis.“
Dann schon lieber Fisch. Allerdings ohne Kopf serviert. Nicht, weil es Frau Strauss den Appetit nehmen würde, nein, die Erklärung ist viel banaler. In Wahrheit ist es ein kleines Geständnis. „Ich kann Fische nicht gut zerlegen, und das ist mir in Gegenwart anderer Leute irgendwie unangenehm. Das klingt vielleicht sonderbar, aber ich schäme mich schnell.“ Daher die Selbstdefinition: „Ich bin mehr der Filet-Mensch.“ Spricht’s, lässt ihren Blick über die Menükarte des Steirereck wandern und entscheidet sich für den legendären Saibling im Bienenwachs. Dann sagt Ursula Strauss „Das macht mich so sprachlos glücklich, da finde ich keine Worte“, um dann augenblicklich die passenden Worte zu finden: „Dieser Fisch ist nicht nur ein Essen, sondern eine Kunstform … wie eine liebevolle Umarmung.“
Schwärmen kann sie. Das harmoniert auch mit dem Lachen gut. Sie ringt um höchste Töne, wenn als Amuse Gueule eine Minigurke mit Röstzwiebelcreme, als Zwischengericht eine Artischocke mit Sellerie und Herbsttrompeten und am Ende noch ein Zander mit Sauerspargel und Sojabohnen vor ihr stehen. „Heinz Reitbauer ist ein Zauberer wie Copperfield. Oder noch besser, ein Maler, der einzigartige Bilder auf dem Teller entstehen lässt.“ 2015, zu ihrem ersten Hochzeitstag, war sie zum ersten Mal im Steirereck. Und sie belässt es als Gast bei besonderen Anlässen. Alles andere würde auch gar nicht zu Ursula Strauss passen, zu ihrer Bescheidenheit, ihrer Demut, ihrer erdigen Verbundenheit.
Das Schicksal hat es immerhin „verdammt gut gemeint“ mit ihr, da ist genug Platz für Dankbarkeit, für die Möglichkeit, gut, richtig, gesund essen zu dürfen: „Qualität ist ein Privileg“, sagt sie. „Das Bewusstsein entwickeln zu können, was meinem Körper guttut und wie ich mich ideal ernähren sollte, ist ein Luxus. Ein Glück, das man ehrfürchtig annehmen muss, sonst bestraft einen das Universum. Es gibt so viel Hunger auf dieser Welt, da kann es gar nicht genug Wertschätzung unseres Daseins geben.“
126 S MAGAZIN TISCH-GESPRÄCH
URSULA STRAUSS – an ihrem ersten Hochzeitstag besuchte die Schauspielerin erstmals das Steirereck. Bei Tisch will sie Intensität, Leidenschaft und Hingabe.
Und: „Geschmack ist auch Emotion.“ Wenn die Schauspielerin über Essen erzählt, über Genuss und Sinnlichkeit, dann offenbart sie mit jedem Wort ihre Wurzeln und ihr Verwurzeltsein, das sie stolz macht. Sie erwähnt Omas grandiose Stosuppe von einst, die Eiernockerln und die Krautfleckerln, die saure Wurst und den grünen Salat mit Eiern und Zwiebeln, das Kraut und den Semmelkren, den Schweinsbraten, das gedünstete Rindfleisch und das G’selchte – „bei uns war es immer fleischlastig, kein Wunder bei drei Brüdern“.
So viele Erinnerungen, so viel Hingabe. Nicht zu vergessen: die Knödel. „Egal in welcher Form, Knödel sind ein Geschenk aus der Küche.“ Ob Topfenknödel oder Erdäpfelknödel, Semmelknödel oder Marillenknödel, im kulinarischen Leben der Ursula Strauss könnte Unverzichtbarkeit kaum anders definiert sein. Naja, das Süße kann auch viel: Salzburger Nockerl, Mohnnudeln, Powidltascherln, Buchteln – „je länger ich darüber nachdenke, desto schwieriger wird’s, wenn ich mich entscheiden müsste“. Und da sind die Apfelrezepte noch gar nicht im Spiel. Obwohl die Künstlerin auf rohe Äpfel allergisch ist.
Nicht aber, und das darf man wohl als glückliche Fügung bezeichnen, auf Apfelstrudel, Apfeltarte und Bratapfel. Im Gegenteil. „Dieser Duft!“, ruft sie und fasst sich mit beiden Händen ans Herz. „Ich liebe nichts so sehr wie diesen Duft.“
Für Ursula Strauss, die selbst leidenschaftlich kocht („Das ist wie Meditation.“), mit Zutaten experimentiert („Ohne Liebe wird’s aber so oder so nix.“) und Sätze sagt wie „Wenn ich Eiklar zu Schnee schlage, fühle ich mich wie eine Magierin“, ist Essen vor allem eines: Kommunikation. Einerlei, ob sie drei Tage lang in der Küche steht, um ein kulinarisches Fest für zwanzig Freunde zu erschaffen oder an ihre Großfamilie mit mittlerweile fünf Nichten und vier Neffen und an das Weihnachtsmenü denkt: „Ich will essen und reden und leben. Ich will, dass wir zusammenkommen, miteinander genießen und uns sehr bewusst sehr viel Zeit nehmen. Das ist wichtig“, betont sie und wird wie so oft ein bisserl philosophisch: „Ich will bei Tisch Intensität, Leidenschaft und Hingabe, da geht es auch um Anerkennung, Respekt und Zuneigung.“ Und – eh klar – ums gemeinsame Lachen.
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KOKS
Färöer Inseln
ANDERSWO RESERVIERT
EMPFEHLUNGEN VON BIRGIT UND HEINZ REITBAUER TEIL 11
Die Färöer Inseln sind ja nicht gerade „um die Ecke“, ein Restaurant-Besuch dort muss schon ein bisschen geplant werden. Trotzdem ist es nicht so weit, wie es klingt. Mit einem Zwischenstopp in Kopenhagen sind es rund fünf Stunden, ehe man dort ist. Es erwartet einen ein karges, aber wunderschönes Land. Dünn besiedelt sind die Inseln Labsal für die verstädterte Seele. Das Koks zu finden ist jedoch eine Art Abenteuer. Denn bis zum Lokal fahren und parken ist nicht vorgesehen. Man trifft sich an einem beschriebenen Punkt, wo als einziges Erkennungsmerkmal eine kleine Fermentationshütte steht, in der es nach dem Willkommen den ersten Happen und einen Aperitif gibt. Danach rumpelt man mit dem Landy zum Koks. Gott sei Dank, das Mietauto hätte wohl schon im ersten Flussbett die „Patschen“ gestreckt. Nach kurzer Fahrt in tiefer Dunkelheit sieht man die ersten Lichter. Man wird in Empfang genommen und durch die kleinen, niederen Stuben zu seinem Tisch geführt. Dann beginnt das Menü, serviert in einem Stakkato an kleinen Gerichten mit starkem Bezug auf Region und Leute. Es gibt Walfleisch, Fisch, Meerestiere, Lamm und vor allem intensive Kräuter – eine schlichte und doch wunderbar komplexe Küche. Dem Service steht eine junge Frau aus der Schweiz vor, die einem das Gästeleben entschieden erleichtert und das Färöerische wunderbar ausdeutscht. Nach dem Digestif wird man wieder zum eigenen Auto geführt, wo man satt und glücklich die Heimfahrt antritt – in tiefer, mondloser Dunkelheit.
LA GRENOUILLÈRE
Nordfrankreich
Für uns gibt es wenig Schöneres, als für ein Mittagessen in die Fremde zu reisen. Mit den heutigen Flugverbindungen sind viele Destinationen in kurzer Zeit erreichbar, so ist eine Reise an die französische Nordküste – in die Nähe von Calais – wirklich zum Greifen nah. Knapp zwei Stunden nördlich von Paris liegt der kleine Ort La Madelaine-sous-Montreuil. Wenn man wie wir etwas zu früh erscheint, kann man entweder entlang der kleinen Kanäle (mit viel Froschquackbegleitung) spazieren gehen, oder man betritt das Haus, wird in einen kleinen Salon zum offenen Kamin gebeten, um hier einen ersten Aperitif genießen zu können. Man sitzt in einem verglasten Pavillon mit Blick in die Küche.
Um zu erleben, wieviel Handarbeit auch hier in jede Speise fließt. Französische Hochküche in wunderbar leichter Anmutung. Elegante Gerichte, die nicht nur das Auge erfreuen, sondern den Gaumen begeistern. Wem ein Ausflug zum Mittagessen zu stressig ist, der kann bleiben – in einem der Gästezimmer des Hauses.
In London gibt es neben den vielen ausgezeichneten High End-Restaurants eine Handvoll exzellenter Weinbars mit hervorragendem Essen. In ungezwungener Atmosphäre werden eine Vielzahl an Weinen aus der ganzen Welt, viele biodynamisch oder „Orange“ (nichts Außergewöhnliches in dieser Weltstadt) ausgeschenkt und dazu Gerichte mit starkem Regionalbezug serviert.
BRIGHT
Nördlich von Bethnal Green. Lange Tische sind obligat; Hoch oder niedrig kann man wählen. Küche und Essraum verschmelzen miteinander, was das Dargebotene noch besser erleben lässt. Der große Holzgrill fesselt den Blick und in der Karte sind eine Vielzahl an Gerichten, die alle den Weg über die glühenden Kohlen gehen. Ob gegrillter Hummer von Schottlands Küste oder Lamm von den englischen Weiden sowie lokales Gemüse je nach Saison und Verfügbarkeit. Schlicht, unkompliziert und besonders geschmackvoll.
BRAT
Wenn wir in London sind, versuchen wir so viel wie möglich zu Fuß zu gehen. So ist das schlechte Gewissen, wenn man von Lokal zu Lokal marschiert, ein bisschen gemildert. Knapp 50 Minuten zu Fuß sind es von Soho ins Herz von Shoreditch zu dieser exzellenten Weinbar. Ein schlichtes Lokal und ein direkter Blick in die Küche lassen auch hier jede Wartezeit mit ein bisschen „Chefwatching“ schneller vergehen. Ein Glas Pet Nat zum Start und schon startet die schwierige Phase der Entscheidung. Köstlich klingt alles; Am besten befragt man die Servicemitarbeiter, was heute besonders zu empfehlen ist. Sie geben auch wohlmeinende Ratschläge, wenn die Auswahl einmal zu groß ausfällt und weisen darauf hin, dass jederzeit nachbestellt werden kann. Unkompliziert, herzlich und ganz hervorragend.
ADRESSEN
KOKS
Frammi við Gjónna, Leynavatn, Faroe Islands
+29 8 333 999, www.koks.fo
LA GRENOUILLÈRE
19, rue de la Grenouillère, 62170 La Madelaine-sous-Montreuil
+33 (0)3 21 06 07 22, www.lagrenouillere.fr
BRIGHT
1 Westgate Street, London E8 3RL, +44 2 030 959 407
www.brightrestaurant.co.uk
BRAT
4 Redchurch Street, First Floor, London E1 6JL
www.bratrestaurant.com
128 S MAGAZIN RESTAURANT-TIPPS