GLOBAL+ Nr. 59 | Herbst 2015

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NUMMER 59  |   Herbst 2015

n rIn se  ! Le ge it ra M mf U Globalisierung und Nord / Süd-Politik

Arbeitsgemeinschaft Swissaid  |   Fastenopfer  |   Brot für alle  |   Helvetas  |   Caritas  |   Heks  |   www.alliancesud.ch

Agenda 2030 : Neue Welt-Verfassung Deza-Chef Sager : « Fall für Fall anschauen »

WTO droht an Bedeutung zu verlieren

Nahrungsspekulation : Lavierender Bundesrat


Sagen Sie uns Ihre Meinung ! Umfrage zu GLOBAL+

Print oder Online ?

dh. Welche entwicklungspolitischen Themen geben in den nächsten Wochen zu reden ? Was ist von der nächsten Uno-Konferenz zu erwarten ? Und welche Position müsste eine kohärente Schweizer Aussenpolitik einnehmen ? Dazu schreiben die Alliance-Sud-FachspezialistInnen viermal im Jahr in GLOBAL+. Wir wissen zwar, wem wir unser Magazin schicken, aber wir wissen zu wenig darüber, wie GLOBAL+ bei Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, ankommt. In den nächsten Tagen werden Sie – falls wir auch Ihre E-Mail-Adresse haben  – vom Institut für Angewandte Medienwissenschaften (IAM) der ZHAW gebeten, an der elektronischen Umfrage zu GLOBAL+ und der Alliance-Sud-Medienarbeit mitzumachen. Nehmen Sie sich bitte eine Viertelstunde Zeit, und sagen Sie uns Ihre Meinung : Bekommen Sie von GLOBAL+, was Sie erwarten ? Informieren wir sachlich, oder hätten Sie es gerne pointierter ? Möchten Sie mehr Klatsch aus dem Entwicklungskuchen oder doch lieber mehr Hinweise auf Studien und Literatur zu Nord-Süd-Fragen ? Es gibt keinen Preis zu gewinnen für all jene, die uns helfen, GLOBAL+ ( noch ) besser auf Ihre Lese- und Informationsbedürfnisse abzustimmen. Wir zählen einfach darauf, dass Ihnen an guter Entwicklung gelegen ist. Global, aber auch für GLOBAL+.

GLOBAL+ auf Tablet oder ­Smartphone Neu steht Ihnen GLOBAL+ auch in einer digitalen Version für das Lesen auf Smartphones oder Tablets zur Verfügung. Bitte installieren Sie dafür die Mobile Lese-App « Zamml », erhältlich via Apple App Store oder Google Play. Nach der Installation öffnen Sie die App, geben « global+ » in das Suchfeld und starten den Download. Die Zamml-App ist gratis. Die Umfrage zu ­GLOBAL+ können Sie selbstverständlich auch auf diesem Weg ausfüllen. Bequem unterwegs im Zug zum Beispiel.

PS. Sind Sie nicht sicher, dass wir Ihre E-Mail-Adresse haben ? Mögen Sie kaum warten, unsere Fragen zu beantworten ? Unter dem Link www.alliancesud.ch/de/umfrage können Sie gleich jetzt mit der Umfrage loslegen. Die Umfrage wird nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt. Anonymität und Datenschutz werden garantiert.

Impressum

Alliance Sud auf einen Blick

GLOBAL + erscheint viermal jährlich.

Präsidium Melchior Lengsfeld, Direktor Helvetas

Herausgeberin : Alliance Sud Arbeitsgemeinschaft Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Helvetas | Caritas | Heks E-Mail : globalplus@alliancesud.ch Website : www.alliancesud.ch Social Media : facebook.com/alliancesud, twitter.com/AllianceSud

Geschäftsstelle Mark Herkenrath ( G eschäftsleiter ) Kathrin Spichiger, Andrea Rotzetter Monbijoustrasse 31, Postfach 6735, 3001 Bern Tel. + 4 1 31 390 93 30 Fax + 4 1 31 390 93 31 E-Mail : mail@alliancesud.ch

Redaktion : Daniel Hitzig ( d h ) , Kathrin Spichiger ( k s ) , Tel. + 4 1 31 390 93 34/30 Bildredaktion : Nicole Aeby Grafik : Clerici Partner Design, Zürich Druck : s+z : gutzumdruck, Brig Auflage : 2400 Einzelpreis : Fr. 7.50 Jahresabo : Fr. 30.– Förderabo : mind. Fr. 50.– Inseratepreise/Beilagen : auf Anfrage Bildnachweis Titelseite : Kapstadt, Südafrika © Caroline Minjolle/Lunax Die nächste Ausgabe von GLOBAL + erscheint Anfang Dezember 2015.

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Entwicklungspolitik

– E ntwicklungszusammenarbeit : Eva Schmassmann, Tel. + 4 1 31 390 93 40 eva.schmassmann@alliancesud.ch – Internationale Finanzen und Steuerpolitik Dominik Gross, Tel. + 4 1 31 390 93 35 dominik.gross@alliancesud.ch – Klima und Umwelt Jürg Staudenmann, Tel. + 4 1 31 390 93 32 juerg.staudenmann@alliancesud.ch – Welthandel und Investitionen Isolda Agazzi, Tel. + 4 1 21 612 00 97 isolda.agazzi@alliancesud.ch

– Konzerne und Menschenrechte Michel Egger, Tel. + 4 1 21 612 00 98 michel.egger@alliancesud.ch – Medien und Kommunikation Daniel Hitzig, Tel. + 4 1 31 390 93 34 daniel.hitzig@alliancesud.ch InfoDoc Bern Jris Bertschi /  E manuela Tognola / Emanuel Zeiter Tel. + 4 1 31 390 93 37 dokumentation@alliancesud.ch Regionalstelle Lausanne Isolda Agazzi /  M ichel Egger /  K atia Vivas Tel. + 4 1 21 612 00 95/Fax + 4 1 21 612 00 99 lausanne@alliancesud.ch InfoDoc Lausanne Pierre Flatt /  N icolas Bugnon / Amélie Vallotton Preisig Tel. + 4 1 21 612 00 86 documentation@alliancesud.ch Regionalstelle Lugano Lavinia Sommaruga Tel. + 4 1 91 967 33 66/Fax + 4 1 91 966 02 46 lugano@alliancesud.ch


Foto : © Daniel Rihs

Schielen aufs ­Entwicklungsbudget

Foto : © Daniel Rihs

Aus dem Inhalt

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Deza-Chef antwortet Bafu-Chef « Entscheiden wird der Bundesrat ! »

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« Zur Unübersichtlichkeit der Welt » Die Botschaft zur IZA-Botschaft

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Agenda 2030 verabschiedet Handlungsbedarf in der Schweiz

Welthandelsorganisation WTO 10 Mega-Deals statt Doha-Zyklus ?

Ende September verabschiedete die Uno die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung. Ein ambitiöser Zielkatalog soll bis in 15 Jahren nicht nur die Entwicklungsländer, sondern die gesamte Welt auf den Weg in eine sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft führen. Die offizielle Schweiz brüstet sich damit, erfolgreich zur Ausarbeitung dieses Zielkatalogs beigetragen zu haben, und verspricht, sich aktiv an der Umsetzung zu beteiligen. Dazu passt ausgesprochen schlecht, dass der Bundesrat ausgerechnet jetzt die Mittel für die internationale Zusammenarbeit massiv kürzen will. Sein Entwurf für das Bundesbudget 2016 sieht bei der Entwicklungszusammenarbeit im Süden und Osten Einsparungen von rund 85 Millionen Franken vor. Dem Vernehmen nach werden auch die Rahmenkredite für die internationale Zusammenarbeit 2017 – 20 kaum Besserung bringen : Voraussichtlich werden die Entwicklungsausgaben des Bundes unter den vom Parlament beschlossenen 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens bleiben – und dies trotz steigender Asylkosten ( welche sich die Schweiz bekanntlich international als Entwicklungshilfe anrechnen lässt ). Ursprünglich sollte auch der humanitären Hilfe das Geld gekürzt werden. Diesen unseligen Entscheid hat der Bundesrat inzwischen aber rückgängig gemacht. Er hat kürzlich angekündigt, er wolle dieses und nächstes Jahr rund 70 Millionen mehr als geplant für humanitäre und friedensfördernde Massnahmen gegen die aktuelle Flüchtlingskatastrophe einsetzen. Die schlechte Nachricht : Ein Teil der Ausgaben soll ebenfalls zu Lasten der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit gehen. Deren Budget schrumpft also gleich nochmals. Offensichtlich kommt dem Bundesrat nichts Besseres in den Sinn, als dringend benötigte ­Krisenhilfe zu Lasten der Ursachenbekämpfung von Armut und Not zu finanzieren. Das Budget für die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz schrumpft aber nicht nur, sondern wird zusehends zum Selbstbedienungsladen für zweckfremde Interessen. Es wird schonungslos für die Klimafinanzierung benutzt und immer mehr auch für die Exportförderung. Wenn es nach dem Bundesrat geht, soll auch der wirtschaftspolitisch wünschenswerte, entwicklungspolitisch aber höchst fragwürdige Beitritt der Schweiz zur asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank AIIB daraus berappt werden. Deza-Direktor Manuel Sager, der uns in diesem Heft ein Interview gibt, bedauert zwar, dass solche Übergriffe die erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz gefährden. Er handelt wie ein ausgesprochen netter und hochanständiger Zeitgenosse. So anständig, dass er sich in politische Verteilungskämpfe lieber nicht einmischen will. Es sei Sache der Politik und nicht der Bundesverwaltung, die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit vor dem finanziellen Ausbluten zu bewahren. Andere Bundesämter treten da deutlich offensiver auf. Auf Alliance Sud kommt viel ( Überzeugungs- )Arbeit zu. Als neuer Direktor des Think-and-do-Tanks der Schweizer Hilfswerke freue ich mich auf diese Herausforderung. Denn es fehlt uns nicht an guten Argumenten.

Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud

Nahrungsmittelspekulation 12 Knackpunkt sind die Positionslimiten

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Interview mit Manuel Sager, Direktor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit ( D eza )

«Zusätzliche Klimahilfe ohne neue ­Mittel schränkt bisherige Aufgaben ein» Jürg Staudenmann und Daniel Hitzig

Mit seiner Aussage

« Die Klimazahlungen werden aus Entwicklungsbudgets bezahlt werden » provozierte Bruno Oberle, Direktor des Bundesamtes für Umwelt, in der letzten GLOBAL+-Ausgabe. Deza-Di­rektor Manuel Sager repliziert diplomatisch : Diesen Entscheid treffen Bundesrat und P ­ arlament, nicht Amts­direktoren.

Bundesrätin Leuthard will bis zu 20 Prozent der Reduktion der Schweizer Treibhausgasemissionen über Entwick­ lungsprojekte im Ausland erreichen. Man schielt also im feder­führenden Bundesamt für Umwelt ( Bafu ) ganz offen zur Deza hinüber ... Die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit hat per Gesetz den Auftrag der Armutsbekämpfung. Wenn Mitigationsund Klimaanpassungsmassnahmen zur Armutsreduktion beitragen, sind sie durchaus auf der Linie dessen, was wir bereits machen. Aber Klimamassnahmen sind ja nie auch zu 100 Prozent Armutsbekämpfungsmassnahmen. Wenn man mit den Deza-Geldern plötzlich viel mehr Klimaprojekte machen muss, dann müssen zwingend andernorts Abstriche ­gemacht werden. Ist die Deza in diesem Punkt tatsächlich auf der­selben Linie wie das Bafu ? Man wird projektbezogen schauen müssen, was der Anteil an konkreter Armutsbekämpfung ist. Und welche Massnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in armen Ländern tatsächlich mit den Folgen des Klimawandels zusammenhängen.

Fotos : © Daniel Rihs

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Armuts­ bekämpfung im Zentrum des Deza-Auftrags bleibt ? Die Armutsbekämpfung ist unser Auftrag, den wir vom Parlament haben. Wir setzen um, was uns das Parlament und der Bundesrat vorgeben. Und im Moment sehe ich keine Anzeichen, dass sich am Auftrag der Armutsbekämpfung irgendetwas ändern sollte – in gesetzlicher Hinsicht schon gar nicht.

GLOBAL+ : Haben Sie noch Hoffnung, dass an der Klima­ konferenz Anfang Dezember in Paris ein griffiges Abkommen herauskommt ? Manuel Sager : So wie es jetzt – aufgrund der zugesagten CO2Reduktionsverpflichtungen – aussieht, ist man noch ziemlich weit von einem verbindlichen Abkommen entfernt. Das ist aber oft so bei internationalen Verhandlungen : Erfolge müssen ­erdauert, erstritten werden. Und oft kommt eine Einigung erst an der Verhandlung selbst zustande. Sicher habe ich noch ­Hoffnung !

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Im GLOBAL+-Interview mit Bafu-Direktor Bruno Oberle ( Nr. 58, Sommer 2015 ) entstand der Eindruck, dass gewisse politische Entscheide bereits getroffen wurden : Das Um­ weltproblem Klimawandel soll über die Deza-Finanzierung angegangen werden. Oder zugespitzt gesagt : Das Bafu verhandelt auf internationaler Ebene und macht Zusagen ; ausführen muss es dann aber die Deza. Zwar ist es auch mein Verständnis, dass Klimamassnahmen in Verbindung mit Armutsbekämpfung bei der Deza bleiben. Wie hoch diese Beträge aber schliesslich sein werden, was als Armutsbekämpfung betrachtet werden kann und was eben aus­serhalb unseres Mandates liegen würde, das muss man im Einzelfall prüfen. Hier können die Auffassungen natürlich auseinandergehen, ja ! Aber letztlich bestimmt der Bundesrat das Verhandlungsmandat.


Fakt ist, dass es für den internationalen Klimaschutz mehr und zusätzliche Finanzmittel braucht. Ohne Erhöhung des Budgets wird das zwingend zu Abstrichen bei Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit führen. Da müsste sich die Deza doch starkmachen für eine Aufstockung der Entwicklungsgelder auf zumindest den versprochenen 0,7-Prozent-Anteil am Bruttonationaleinkommen. Gut, der Bundesrat hat das Uno-Ziel der 0,7 Prozent akzeptiert, allerdings ohne zeitlichen Horizont. Das Parlament wird letztlich entscheiden, wann dieses Ziel umgesetzt werden wird. Die Industrieländer sind die Hauptverursacher des Klima­ wandels. Also müssten die Mittel zur Behebung des Problems doch bei den Verursachern mobilisiert werden, zum Beispiel via eine erhöhte CO2-Abgabe oder die Besteuerung des Flugverkehrs ? Die Frage, wie wir in der Schweiz zusätzliche Mittel generieren, erfordert eine breite gesellschaftspolitische Debatte. Wichtig wird jedoch vor allem die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor sein. Wie in anderen Bereichen der internationalen Zusammenarbeit müssen öffentliche Mittel vor allem als Katalysator wirken, um in Partnerschaft mit dem Privatsektor innovative Technologien, den Wissenstransfer und Direktinvestitionen zu fördern. Es geht nicht einfach darum ( mit öffentlichen Mitteln ), zum Beispiel höhere Dämme gegen Überschwemmungen zu bauen. Vielfach geht es auch um eine Verbesserung der Regierungsführung, Fragen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, welche Privatinvestitionen oder Technologietransfers ­ermöglichen. Ich bin überzeugt, dass der grösste Teil der Klimafinanzierung über marktwirtschaftliche Instrumente kommen muss, weil – wie gesagt – die öffentlichen Gelder nie ausreichen werden, die 100 Milliarden Dollar zu mobilisieren oder wie viele es dann sein werden bis 2020. Kann man den privaten Sektor tatsächlich dazu bringen, in den ärmsten Ländern in Klimaschutzmassnahmen zu investieren ? Es gilt, positiv auf die Rahmenbedingungen einzuwirken. Dazu gehören der Kampf gegen die Korruption oder die Einrichtung besserer Steuersysteme, die es den Entwicklungsländern erlau-

ben, sich selber besser zu finanzieren, um öffentliche Dienstleistungen und Güter bereitzustellen. Ich bin überzeugt, dass ohne starken Privatsektor keine wirtschaftliche Entwicklung möglich ist – das ist bei uns so, und auch in Entwicklungsländern. Darum ist es wichtig, in den Entwicklungsländern Arbeitsplätze zu schaffen. Das kann auf verschiedene Arten geschehen : Entweder indem man den lokalen Privatsektor stärkt – das machen wir ja auch –, oder man fokussiert wie gesagt auf die Schaffung von Rahmenbedingungen, die ausländische Investitionen zulassen. Wichtig ist, dass es zu einem inklusiven Wachstum kommt und nicht einfach eine Elite profitiert, oder dass Gewinne wieder ins Ausland abfliessen. Ich sehe es als Aufgabe der Deza, im Dialog in diesen Partnerschaften darauf hinzuwirken, dass die privaten Unternehmen ihre sozialen und Umweltverantwortungen wahrnehmen. Ziel und Zweck von Privatunternehmen ist es, Gewinne zu erwirtschaften und nicht die inklusive Entwicklung zu fördern. Kein Unternehmen wird freiwillig in die öffentliche Infrastruktur, zum Beispiel einen Damm gegen den an­ steigenden Meeresspiegel, investieren. Das ist sicher so. Ob ein Schutzdamm gebaut wird oder nicht, hängt davon ab, ob ein Staat die notwendigen Ressourcen dafür aufbringen kann. Ob es da nicht auch privat-öffentliche Partnerschaftsmodelle gibt, die erlauben, solche Projekte mit privaten Mitteln – mit einer gewinnorientierten Komponente  – aufzubauen, das gilt es eben zu prüfen. Der Bau von Lawinenverbauungen in der Schweiz ist ja auch kein « Business Case » mit « Return-on-Investment ». Solche Investitionen muss der Staat machen. Wieso soll das in Entwicklungsländern anders sein ? Einverstanden, es wird weiterhin Aufgaben geben, z.B. im Gesundheits- oder Bildungsbereich, die staatliche Aufgaben sind ; dort wird es schwierig sein, ein Businessmodell zu entwickeln. Andererseits, je eher ein Staat fähig ist, Einkommen zu generieren – z.B. über die Besteuerung ausländischer Investitionen sowie eines starken inländischen Privatsektors – und sich so selber zu finanzieren, desto eher ist er in der Lage, Schutzdäm-

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me, Schulen und Krankenhäuser zu bauen. Man kann zwar den Privatsektor nicht als Akteur der Entwicklungszusammenarbeit sehen. Das wäre falsch. Da würden wir ihm eine Rolle geben, die ihm nicht zukommt. Doch ich bin überzeugt, dass heute viele Unternehmer einsehen, dass sich die soziale und ökologische Verantwortung von Firmen und die Gewinnerzeugung nicht gegenseitig ausschliessen. Aber es ist doch bedenklich, dass es kaum positive Beispiele gibt, wo solche öffentlich-privaten Partnerschaften tat­ sächlich auf längere Sicht Erfolg haben. Kommt dazu, dass sich beim Klimawandel der Finanzbedarf in ganz anderen Grössenordnungen bewegt. In der Tat ist es nicht die primäre Verantwortung des Privatsektors, den Klimawandel zu verhindern. Aber es liegt in seiner Verantwortung, seine Tätigkeit sozial und ökologisch nachhaltig zu gestalten. Das ist ein Unterschied ! Es bleiben also Fragezeichen, wie der Klimawandel und dessen Auswirkungen durch den Privatsektor behoben werden sollen. Vorbereitet werden solche Entscheide schon jetzt auf Ämterebene. Laut Bafu setzt die Schweiz zu 70 Prozent auf die Finanzierung durch private Unternehmen. Und bei den 30 Prozent öffentlicher Mittel schaut man ­ aufs Deza-Budget. Und die Haltung des Bafu ist klar : Die Deza muss umdenken. Gehörten früher etwa auch

Inserat

2016/2017 Certificate of Advanced Studies (CAS)

Gender, Justice, Globalisation In February 2016, the Interdisciplinary Centre for Gender Studies (ICFG) at the University of Bern will commence its 3rd round of CAS Gender, Justice, Globalisation. In 7 modules, built on practice-oriented exchange, the participants will be acquainted with complex processes of globalisation, which not only challenge global agendas of justice and human rights, but also transform gender relations. The course will be led by a renowned team of international and national experts such as Prof. Sylvia Chant from the London School of Economics, Prof. Yakin Ertürk, the former UN Special Rapporteur on Violence against Women and Ursula Keller from the Swiss Agency for Development and Cooperation. Participants will improve their analytical skills to work with gender concepts which will be applied in different thematic areas such as development cooperation, conflict and violence, human rights and governance. Registration deadline: 04th January 2016 More information: www.izfg.unibe.ch/weiterbildung cas@izfg.unibe.ch or +41 (0)31 631 52 68

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Genderfragen zu den Prioritäten der Entwicklungszusammenarbeit, so muss es in Zukunft das Klima sein. Letztlich werden die Entscheide nicht von Bundesämtern, sondern auf der Ebene Bundesrat und im Parlament getroffen. ­Wobei die internationalen Rahmenvorgaben, wie die Uno-Ziele zur nachhaltigen Entwicklung ( SDG ), eine wichtige Rolle spielen. Dort ist das Klima eines unter 17 Zielen. Nochmals : Die Gewichtung bei der Umsetzung wird Gegenstand der politischen Debatte sein müssen. Es ist ja genau an der Deza, die Schwerpunkte bei den Ent­wicklungsaufgaben zu setzen ! Genau, und unser gesetzlicher Auftrag ist die Armutsbekämpfung. Für das gibt uns das Parlament alle vier Jahre unseren Rahmenkredit. Ausser Deutschland, welches seine Klimagelder verdoppelt und die anrechenbaren öffentlichen Entwicklungsaus­ gaben massiv aufstockt, folgt die Schweiz dem Trend der anderen Industrieländer : Klimafinanzforderungen ­werden ohne Aufstockung zunehmend und unter dem Deck­mantel der Armutsbekämpfung mit Entwick­ lungsgeldern finanziert. Ist es nicht eine Zweckentfremdung, wenn Ent­wicklungsbudgets für die Klima-Schadens­ behebung der Industrieländer eingesetzt werden ? Wenn für zusätzliche Aufgaben keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stehen, können Tätigkeiten der Entwicklungszusammenarbeit, die bisher für wichtig und wirksam betrachtet wurden, nicht mehr weitergeführt werden. Angesichts der Flüchtlingskrise wäre jetzt doch der ideale Zeitpunkt, die Aufstockung unseres finanziellen Enga­ gements in der Entwicklungszusammenarbeit auf den Tisch zu bringen ! Ich finde, es gibt nur gute Zeitpunkte, um über eine Erhöhung der Entwicklungsbudgets zu reden. Aber es stimmt : Der Ruf nach internationaler Zusammenarbeit wird durch die Flüchtlingsströme lauter. Ich denke, die Schweiz und ihre Bevölkerung sind grosszügig. Vor allem, was die Solidarität mit armen Menschen angeht. Kommen wir abschliessend nochmals auf die Klimakonferenz in Paris zu sprechen : Wie aktiv wird die Deza in die Vorbereitung des Mandats für die Delegation einbezogen ? Täuscht unser Eindruck, oder wird die Deza in diesen ­Kon­sultationen überfahren ? Ich bin jetzt seit zehn Monaten in meinem Amt, habe mich aber bis jetzt eigentlich noch nie überfahren gefühlt. Nein, ich glaube, das sind jeweils gute Diskussionen, in denen man versucht, einen Interessenausgleich zu finden. Das ist unser System in der Schweiz, auf allen Ebenen, und ich glaube, das funktioniert gut. Alliance Sud wird jedenfalls den Druck aufrechterhalten, dass die Gelder der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit für deren Kernaufgaben eingesetzt werden. Die Zivilgesellschaft spielt mit ihrer Anwaltschaft für die Armutsbekämpfung in diesen ganzen Diskussionen eine wichtige Rolle. Das ist ganz klar ! Manuel Sager, danke für dieses Gespräch.


Buchbesprechung : « Zur Unübersichtlichkeit der Welt »

Die Botschaft von Alliance Sud zur IZA-Botschaft Peter Messerli und Andreas Kläy1  Alliance

Sud verspricht mit ihrer

jüngsten Publikation, der Unübersichtlichkeit der

Welt Klarheit entgegenzusetzen. Dank langjähriger Kompetenz in Entwicklungsfragen und Erfahrung

in der internationalen Zusammenarbeit ist das nicht zu viel versprochen.

Zu Beginn wird die verbreitete Unübersichtlichkeit in der Analyse unter dem Titel « Nach der Globalisierung » dargelegt. Der Blick auf die Wirtschaftskrise, die Verschiebung globaler Kräfteverhältnisse und die Klimakrise verdeutlicht einerseits die Kritik an der Globalisierung und der Moderne, andererseits aber auch die Gefahren entwicklungspolitischer Beliebigkeit einer postmodernen Weltanschauung. Ausgehend von der Leitidee der Nachhaltigen Entwicklung legt die Schrift die Aushandlungen zu den Sustainable Development Goals ( SDG ) als globalen Orientierungsrahmen dar, aus dem Kräfte für die notwendigen Transformationen geschöpft werden können. In den fünf von Alliance Sud bearbeiteten Themenfeldern – von der Politik der Entwicklungszusammenarbeit über Handels-, Finanz-, Umweltund Klimapolitik bis zu « Transnationale Unternehmen und Menschenrechte » – werden entwicklungspolitische Blockaden und deren Ursachen besprochen und eine Strategie in 13 Zielen vorgelegt. Indem Alliance Sud auch Chancen zum Verlassen des sektorpolitischen Denkens und Handelns aufzeigt, trägt sie zur Formulierung einer Nachhaltigkeitspolitik der Schweiz bei. Dies nicht nur im Hinblick auf die bundesrätliche Botschaft zur Internationalen Zusammenarbeit 2017 – 2020, sondern darüber hinaus in den vielfältigen betroffenen Politikbereichen. Alliance Sud unternimmt damit einen wichtigen Schritt zur verstärkten Beteiligung an der übergreifenden Diskussion zu nachhaltiger Entwicklung und zeigt Wege hin zu einer zunehmenden Politikkohärenz auf. Alliance Sud löst das Versprechen ein, Licht in die Unübersichtlichkeit der Welt zu bringen. Das Buch fasst in übersichtlicher Weise nicht nur die neusten Entwicklungen in zentralen Themenfeldern zusammen und unterlegt diese mit wichtigen Fakten und konkreten Beispielen, sondern zeigt auch immer wieder den Bezug zur Schweiz und ihrem geforderten Beitrag zu einer Weltinnenpolitik. Hier bieten die strategischen Ziele einen Kompass für entwicklungspolitische Orientierung. Ergänzend dazu würde die bestehende Schweizer Position zu den SDG2 Hand bieten, über eine zukunftsweisende entwicklungspolitische Vision zu diskutieren. Die darin formulierten grundlegenden Prinzipien ( Menschenrechte, planetare Grenzen, Gerechtigkeit, Universalität, Politikkohärenz ) bieten sich an, aus verschiedenen Perspektiven die geforderte Transformation zu skizzieren, Beiträge von Sektorpolitiken einzufordern und Wirkungszusammenhänge zwischen den Bereichen verstärkt zu berücksichtigen.

Die vorliegende Publikation ist ein wichtiger Beitrag dazu, den es zur Kenntnis zu nehmen und zu diskutieren gilt. Nur eine breite und lebendige Diskussion kann die immer noch dominierenden – auf nicht nachhaltigem Wirtschaftswachstum basierenden – Paradigmen von Entwicklung überwinden und die Perspektiven für eine « grosse gesellschaftliche Transformation » eröffnen. Die Schweiz soll sich dabei auch mit Nachbarländern wie etwa Deutschland austauschen, wo der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen ( WBGU )3 diesbezüglich bereits eine wichtige Diskussion ausgelöst hat. Sogar die Forschungsförderung wird angeregt, ihren jetzigen Fokus auf « from science to market » durch eine transformative Wissenschaft zu ersetzen.

« Zur Unübersichtlichkeit der Welt » – ­Entwicklungspolitische Analysen und Aktionen, hrsg. von Alliance Sud, ­Editions d’en bas, Lausanne, 122 Seiten, 18 Franken, ISBN 978-2-8290-0525-1 Das Buch ist in ausgewählten Buchhandlungen erhältlich. Direktbezug bei Alliance Sud via mail@alliancesud.ch

1 Centre for Development and Environment ( C DE ) , Universität Bern 2 Swiss Position on a Framework for Sustainable Development Post-2015, bit.ly/1iv7nwH 3 http://wbgu.de/

Inserat

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Foto : © S tuart Freedman/Panos

Agenda 2030 : Die Weltinnenpolitik mit neuer Verfassung

Papiertiger oder Motor zur Transformation ? Eva Schmassmann

Ende September hat die

Uno-Generalversammlung die um­ fassende Agenda 2030 für eine nach­ haltige Entwicklung  verabschiedet. Das ambitionierte Projekt der Weltgemeinschaft nimmt alle Staaten in die Pflicht. Handlungsbedarf gibt es auch in der Schweiz. Zum neuen Jahrtausend hatte die Uno die Millenniumsentwicklungsziele ( Millennium Development Goals, MDG ) lanciert, in deren Zentrum die Ausrottung der Armut bis 2015 stand. Doch trotz Fortschritten namentlich in den Bereichen Gesundheit und Bildung sind in Entwicklungsländern immer noch 12,9 Prozent der Bevölkerung unterernährt. Auf die MDG folgt jetzt die

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Agenda 2030, die mit ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung ( SDG ) Zusammenhänge und Ursachen der weltweiten Ungleichheit ins Visier nimmt. Folgerichtig nimmt die Agenda 2030 auch die reichen Industrieländer in die Pflicht. Die Debatte um Nachhaltigkeit führt dabei den Rio-Prozess zu Umwelt und Entwicklung mit der Millenniumsagenda zusammen. Wer finanziert die SDG ? Gemäss Uno-Berichten sind für die Umsetzung der SDG allein in den Entwicklungsländern jährlich rund 3500– 5000 Milliarden US-Dollar notwendig. Weltweit wird der Investitionsbedarf auf 5000 bis 7000 Milliarden Dollar veranschlagt. Die im Juli in Addis Abeba verabschiedete Aktionsagenda kann jedoch nicht aufzeigen, woher diese Mittel kommen sollen. Da die reichen Industrieländer nicht bereit sind, mehr Entwicklungshilfe zu leisten, sollen die Entwicklungsländer über effizientere Steuersysteme die meisten Gelder selber generieren. Einspringen soll auch der Privatsektor ( s. dazu Interview mit Deza-Direktor Manuel Sager, S. 4 ). Unterschlagen wird in dieser Analyse, dass aktuell rund doppelt so viel Geld vom globalen Süden in den globalen Nor-


Die Agenda 2030 soll auch die un­ gleiche Verteilung des Reichtums auf der Welt reduzieren. Bild : Morgens auf dem ­Meskel-Platz in Addis Abeba, Äthiopien.

den fliesst als umgekehrt. Insbesondere sind dies unlautere Finanzflüsse, mit denen unversteuerte oder illegal erworbene Vermögen in ausländische Steueroasen geschafft werden. Aber auch die Repatriierung von Gewinnen durch Unternehmen, die Rückzahlung von Schulden sowie der Aufbau von Devisenreserven tragen zu diesem Netto-Kapitalexport vom Süden in den Norden bei. Gefragt sind griffige Massnahmen gegen diese Rückflüsse, insbesondere gegen die internationale Steuerflucht, andere unlautere Finanzflüsse und die Steueroptimierungspraktiken internationaler Konzerne, um Gelder für nachhaltige Entwicklung verfügbar zu machen. Addis Abeba hat es jedoch verpasst, klare Änderungen in diesem Bereich auf den Weg zu bringen : Es wurde weder ein zwischenstaatliches Steuergremium in der Uno noch ein ge­ regeltes Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden geschaffen. Handlungsbedarf auch in der Schweiz In der Schweiz sind von der Umsetzung der SDG alle Departemente betroffen. Hausaufgaben fallen nicht nur im Aussendepartement und der Deza an, sondern auch in anderen Bundesämtern. Ein paar Beispiele : SDG 1 fordert nicht nur ein Ende der absoluten Armut, das heisst der Anzahl Personen mit weniger als 1,25 US-Dollar Einkommen pro Tag, sondern eine Halbierung der Armut gemäss nationaler Armutsdefinition. In der Schweiz betrifft dies rund 590 000 Menschen. SDG 7 fordert eine Verdoppelung der Energieeffizienz sowie eine substanzielle Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien. Hier hat die Schweiz im Bereich der Motoreneffizienz sowie der Gebäudeheizung noch grosses Potenzial. Ziel 10 will eine sichere, reguläre und

verantwortungsvolle Migration ermöglichen, was die Schweiz als Einwanderungsland fordert. Das Ziel 12 strebt nachhaltigen Konsum und Produktion an. Die Schweiz gehört mit 694 kg Haushaltsabfällen pro Kopf und Jahr zu den Spitzenreitern. Nur Dänemark und die USA stehen noch schlechter da. Und : Ein Drittel unserer Lebensmittel landet als Foodwaste in der Mülltonne. Ein zentrales Ziel für Alliance Sud ist das SDG 17, das von den Mitteln und Prozessen, also der erforderlichen politischen Kohärenz handelt. Denn zur Erreichung der Ziele wird es essenziell sein, alle politischen Entscheide durch die SDG-Optik zu betrachten. Ob und wie ernst es der Schweiz damit ist, wird die derzeit laufende Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen exemplarisch zeigen. Als eines der reichsten Länder trägt die Schweiz eine Mitverantwortung bei der Finanzierung der SDG in Entwicklungsländern. Insbesondere Aufgaben im Bereich Bildung und Gesundheit sollen weiterhin in staatlicher Hand bleiben. Private Investitionen können hier staatliche Gelder nicht ersetzen, so dass öffentliche Entwicklungsgelder ein wichtiger Pfeiler der Finanzierung bleiben werden. Mit der Agenda 2030 hat sich die Schweiz erneut verpflichtet, 0,7 Prozent ihres Nationaleinkommens für Entwicklungshilfe zu reservieren. 2014 hat sie das vom Parlament vorgegebene Ziel der 0,5 Prozent für Entwicklungshilfe erstmals erreicht. Doch ausgerechnet jetzt, wo sich die Welt auf eine ambitionierte Agenda geeinigt hat, will sie bei den Ärmsten sparen und die eigene Vorgabe wieder missachten. Toter Buchstabe oder griffiges Instrument ? Die Agenda für nachhaltige Entwicklung ist ein äusserst ambitioniertes Rahmenwerk. Ob sie tatsächlich die oft beschworene transformative Kraft wird, wird sich zeigen. Bereits im Dezember müssen die Staats- und Regierungschefs an der Klimakonferenz in Paris unter Beweis stellen, wie ernst es ihnen ist mit der Transformation. Wenn der reiche Norden sich weiterhin ­weigert, seine Verantwortung wahrzunehmen, werden die Umweltziele der Agenda 2030 bereits Makulatur sein.

Die 17 SDG im Überblick

Die 17 Ziele im Wortlaut, via bit.ly/1Kjkn0B 1 Eine Welt ohne Armut 2 Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft 3 Gesundheit weltweit 4 Bildung für alle 5 Gleichberechtigung und Stärkung der Frauen 6 Wasser und Sanitärversorgung für alle 7 Nachhaltige Energie und Elektrizität für alle 8 Nachhaltiges Wachstum und faire Arbeit für alle 9 Nachhaltige Infrastruktur 10 Gerechte Verteilung in den Ländern und global 11 Lebenswerte Städte 12 Nachhaltiger Konsum und Produktion 13 Bekämpfung des Klimawandels 14 Schutz der Weltmeere 15 Schutz der Ökosysteme 16 Zugang zu Recht und Gerechtigkeit für alle 17 Globale Partnerschaften für Entwicklung

Wer prüft die Umsetzung ? es. Bei den MDG konnte die Zivilgesellschaft mit geschickter Mobilisierung den Ländern eine Art Schönheitswettbewerb ( « Wer tut am meisten zur Erreichung der Ziele ? » ) aufdrängen. Diesen Wettbewerb gilt es bei den SDG aufrechtzuerhalten. Ein erster Vorschlag für das freiwillige SDG-Monitoring soll im Dezember 2015 vorliegen. Die Eckwerte dazu sind jedoch bereits in der verabschiedeten Agenda 2030 festgelegt :

– Auf globaler Ebene wird es eine jährliche Review im Rahmen des Wirtschafts- und Sozialrats der Uno ( Ecosoc ) geben. – Alle vier Jahre wird an der Uno-Generalversammlung über die Umsetzung der SDG diskutiert. – Reviews sind auch auf nationaler und regionaler Ebene vorgesehen. – Auf allen Ebenen sollen die Reviews offen, partizipativ und transparent sein. Die Zivilgesellschaft ist explizit als Partner erwähnt.

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WTO-Ministerkonferenz in Nairobi

Das Powerplay des Nordens Isolda Agazzi

Bei der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation

( WTO ) im Dezember könnten die Industrieländer aufs Ganze gehen, den Doha-Zyklus um jeden Preis abschliessen wollen, um sich ­ ord-Süd-Graben ist tiefer denn je. ­anderem zuzuwenden. Der N

Seit der Konferenz von 2001 in Katar streitet die WTO ergebnislos darum, dass Entwicklungsländer im Agrarsektor einen besseren Marktzugang erhalten bzw. die Industrieländer ihre Zölle und Subventionen der Landwirtschaft abschaffen. Jetzt befürchten viele, dass bei der ersten WTO-Ministerkonferenz auf dem afrikanischen Kontinent der « Entwicklungs »-Zyklus von Doha beerdigt wird. Der Tansanier Yash Tandon etwa, früherer Direktor des Think Tanks South Centre und intimer Kenner der WTO-Geschichte, meinte neulich dazu in Genf : « Die kenianische Regierung ist stark unter Druck, dass die Konferenz ein Erfolg wird. Das könnte dazu führen, dass die Doha-Runde beerdigt und die ‹ Nairobi-Runde › lanciert wird. Dabei stünden dann Themen im Zentrum, die vor allem den Industrieländern am Herzen liegen. » Angesichts ihres 20. Geburtstags zeigt sich, wie schwierig das Erwachsenwerden für die multilaterale WTO ist : Die Positionen ihrer 162 Mitgliedsländer liegen weiter auseinander denn je. Eigentlich wollte der Generaldirektor, der Brasilianer Roberto Azevedo, die Doha-Runde in Nairobi endlich abschlies­ sen und setzte den 31. Juli als Termin, um das Arbeitsprogramm festzulegen. Ohne Erfolg, zu tief war und ist der Nord-Süd-Graben. Die Industrieländer hinterfragen praktisch alle mühsam erzielten Übereinkünfte der letzten 14 Jahre. Kaum verhüllt ziehen sie die Unterscheidung zwischen sich entwickelnden und entwickelten Ländern in Zweifel, sie versuchen – unter dem Titel der « Konvergenz » oder « Vereinfachung » – praktisch identische Verpflichtungen für alle durchzusetzen, ausser eventuell für die Ärmsten, die Least Developed Countries ( LDC ). Zudem gibt es kaum Zugeständnisse beim Abbau der eigenen Landwirtschaftssubventionen und kein Entgegenkommen bei Zöllenauf Industrieprodukte. Die USA sind zwar bereit, die Exportsubventionen bei der Landwirtschaft zu kappen, andere fordern aber ein umfassenderes Paket und weigern sich, über diesen Aspekt isoliert zu verhandeln. Die Entwicklungsländer beharren auf den Texten von 2008 Die Länder des Südens machen sich dagegen für den Status quo stark. Bei den Agrar- und Industrieprodukten halten sie am ­Verhandlungs( zwischen )ergebnis von 2008 fest, wo es einen

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Bilaterale Freihandels­ verträge statt multilaterale WTO-Verträge mit Ent­ wicklungsperspektive. Bild : Elendsviertel in Jakarta/­ Indonesien.

Konsens zu geben schien. Sie verteidigen die « differenzierte Sonderbehandlung », also dass nicht alle Abkommen auf vollständiger Gegenseitigkeit zu beruhen haben und weitere Zugeständnisse, die den Entwicklungsländern gemacht wurden. Und sie wollen dem indischen Vorschlag endlich zum Durchbruch verhelfen, dass es für Entwicklungsländer zulässig ist, Nahrungsmittelvorräte für die arme Bevölkerung zu halten. So wurde es bei der Ministerkonferenz von 2013 in Bali zwar beschlossen, aber nie wirklich akzeptiert. Andernfalls müssten nicht nur Indien, sondern auch Länder wie Botswana, Kamerun, Ägypten, Ghana, Kenia, Marokko, Nepal, Senegal, Tunesien, ­Zimbabwe und sogar Länder, die zu den LDC zählen wie ­Bangladesch, Malawi, Tansania und Sambia, auf Programme verzichten, die erwiesenermassen helfen, gravierende Ernährungsengpässe zu verhindern. Die Entwicklungsländer verteidigen auch die « speziellen Produkte » – Grundnahrungsmittel, bei denen sie von der Verpflichtung ausgenommen sind, Einfuhrbeschränkungen aufzuheben – und den « besonderen Schutzmechanismus ». Dieser soll den Entwicklungsländern erlauben, temporär ihre Zollgebühren zu erhöhen, wenn die internationalen Marktpreise stark unter Druck geraten und billige Importe den eigenen Kleinbauern schaden. Sich entwickelnde Länder wollen von der ersten Ministerkonferenz auf afrikanischem Boden profitieren, um ein für sie überzeugendes Ergebnis zu erreichen – oder gar keines. So beharren sie auf einem Abschluss in der Frage der LDC und deren Baumwolle. Dabei geht es darum, dass reiche Länder aufhören, ihre Baumwollproduktion und -exporte zu subventionieren,


Foto : © M artin Adler/Panos

was zu Preisverzerrungen auf den internationalen Märkten führt. Das ist insofern eine delikate Frage, als das neuerdings nicht nur die USA und die EU tun, sondern auch Schwellen­ länder wie China. Neue Themen ? Nun droht die Gefahr, dass die Industrieländer den Spiess umdrehen und den Doha-Zyklus auch ohne griffige Resultate im Bereich Entwicklung zu Ende bringen wollen, um neue Kapitel aufschlagen zu können. In dieser erneuten Nord-Süd-Konfrontation reiht sich die Schweiz wenig überraschend auf der Seite der Industrieländer ein. Und diesen liegen neue Themen am Herzen : Investitionen, das Recht auf Wettbewerb und öffentliche Märkte. Dinge, die im Rahmen des TISA-Abkommens zur Liberalisierung der Dienstleistungen mit grosser Dynamik ­vorangetrieben werden. 24 Mitglieder, darunter die Schweiz und mit einer prominenten Stimme die EU-Staaten, verhandeln TISA aus­serhalb des WTO-Rahmens, die damit ausgehebelt zu werden droht. Im WTO-Kontext scheinen die USA und die anderen Industrieländer zur alten « Teile und herrsche »-Strategie zurückgekehrt zu sein und versuchen die LDC gegen die anderen Entwicklungsländer auszuspielen. Roberto Azevedo pflegte im berühmten « grünen Zimmer » der WTO in Genf – ohne Teilnahme eines der LDCs – handverlesene Treffen zu veranstalten und hat sich damit selbst den Zorn der Brasilianer zugezogen, die ihm indirekt vorwerfen, das Spiel der Industrieländer zu spielen. Dies, obwohl er als deren Botschafter einst als starker Verfechter der Süd-Interessen galt.

Kurz, es macht den Anschein, dass die industrialisierten Länder Auswege aus dem für sie leidigen Doha-Zyklus suchen. Sollte TISA erfolgreich abgeschlossen werden, dürften die industrialisierten Länder ihr Interesse am Doha-Zyklus ein für alle Mal verlieren. Dazu passt, dass in ihren Augen die WTO bereits heute weniger wichtig ist als bei ihrer Gründung. Abkommen über Handelserleichterungen in weiter Ferne Sogar das in Bali vereinbarte Abkommen über Handelserleichterungen, das vor Nairobi hätte in Kraft treten sollen, ist weit davon entfernt, von den nötigen zwei Dritteln aller Staaten ratifiziert zu werden – bis heute sind es ganze 14, darunter auch die Schweiz, die unterschrieben haben. Alliance Sud mag nicht das Hohelied auf die WTO singen. Aber eine multilaterale Handelsorganisation, die klare, den Entwicklungsniveaus ihrer Mitglieder angepasste Regeln aufstellt, die ungerechte Abkommen – namentlich bei der Landwirtschaft  – wieder ins Gleichgewicht bringt, ist allemal besser als bilaterale Freihandelsverträge. Erst recht ist die WTO den Mega-Deals wie TISA, TTIP ( das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen EU und den USA ), TTP ( zwischen den USA und Pazifikstaaten ) oder CETA ( zwischen der EU und Kanada ) vorzuziehen. Dort setzen Industrieländer Standards, die früher oder später auf die ganze Welt ausgedehnt werden, also auch auf Entwicklungsländer, die bei den Verhandlungen nicht mit am Tisch ­sas­sen. Ihren begrenzten Möglichkeiten zum Trotz bleibt da die Doha-Runde mit einem echten Entwicklungsfokus die weit bessere Option.

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Nahrungsmittelspekulation : Positionslimiten gegen den Hunger

Einen Schritt nach vorn, einen zurück Dominik Gross

Finanzspekulation mit Nahrungsmitteln verschärft

­Preisschwankungen und kann Hungerkrisen auslösen. Trotzdem verzichtet der Bundesrat auf eine griffige Regulierung. Er gibt damit der Spekulationsstopp-Initiative Auftrieb.

Im Mai 2008 titelte der Blick : « Kinder in Pakistan von Hunger bedroht ». Mehl und Reis wurden knapp ; die Gefahr der Unterernährung in armen pakistanischen Familien nahm innert Kürze deutlich zu. Die Schweizer Boulevardzeitung zitierte den damaligen Unicef-Regionaldirektor für Südasien, David Toole, bei einem Besuch in Islamabad mit den folgenden Worten : « Diese Kinder sind in Gefahr, und um sie zu retten, müssen wir Wege ausarbeiten, über die wir der Krise begegnen können. » Aber nicht nur Pakistan war betroffen : In nur eineinhalb Jahren waren die Nahrungsmittelpreise weltweit um über siebzig Prozent gestiegen. Als die Preisspirale Mitte 2008 ihren Höhepunkt erreichte, konnten sich ihretwegen gemäss Schätzungen der Uno-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft ( FAO ) 80 Millionen Menschen weltweit nicht mehr mit den nötigsten Nahrungsmitteln versorgen. In Pakistan nahm die Armut um 35 Prozent zu, vielerorts im globalen Süden kam es zu Ernährungskrisen und sozialen Unruhen.

Zahlreiche Studien belegen, dass eine exzessive Finanzspekulation auf Warenterminmärkten Instabilität schafft. Hochvolatile Nahrungsmittelpreise seit 2000 Seit der Jahrtausendwende sind die Nahrungsmittelpreise langfristig stark angestiegen. Ausserdem kam es immer wieder zu extremen Preisausschlägen. Die Gründe dafür sind vielfältig : Grundsätzlich werden Nahrungsmittel bei zunehmender Nachfrage immer knapper. Die Weltbevölkerung nimmt zu, und die Ansprüche der aufsteigenden sozialen Schichten in den Schwellenländern steigen. Umgekehrt wurden Investitionen in die Landwirtschaft vernachlässigt, staatliche Agrarprogramme in den Entwicklungsländern zusammengestrichen. Der Klimawandel provoziert häufigere Dürren, Wasser wird knapp.

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Parallel zum Anstieg der Nahrungsmittelpreise entdeckten Finanzmarktakteure im Rohstoffhandel neue Investitionsmöglichkeiten : Waren sie 2003 noch mit 13 Milliarden US-Dollar auf den weltweiten Rohstoffmärkten vertreten, engagierten sie sich 2013 schon mit 430 Milliarden. Im Jahr 2000 dienten zwanzig Prozent der Kontrakte auf Rohstoffterminmärkten reinen Kapitalinvestments, heute sind es über 80. « Finanzialisierung » wird diese Einwanderung von Vermögensverwaltern und ­Spekulationskapital in einen Markt mit materiellen Gütern ­genannt. Es kam zu einer ausgeprägten wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Debatte über den Einfluss der Finanzspekulation auf die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise. In der Schweiz lancierten die Jungsozialisten 2012 ihre Volksinitiative, die Nahrungsmittelspekulation verbieten will. Sie kommt nächstes Jahr zur Abstimmung. Instabile Nahrungsmittelpreise hemmen die Entwicklung Verursachten also Finanzjongleure die Hungerkrise von 2008 ? Die Expertinnen und Experten streiten sich bis heute. Einig ist man sich darin, dass unterschieden werden muss zwischen ­einer « guten Spekulation » auf den Warenterminmärkten, die der Absicherung von Handelsaktivitäten mit realen Rohstoffen dient, und einer « schädlichen Spekulation », bei der Kapitaleigner an Warenterminmärkten reine Preiswetten abschliessen. « Gute Spekulation », auch als « Hedging » bezeichnet, dient der Absicherung und kommt auch kleinen Produzenten in Entwicklungsländern zugute. Ihren Nutzen stellt niemand infrage. Dagegen streitet man sich darüber, was die Folgen der « schädlichen Spekulation » sind. Ob es zutrifft, dass Spekulation zum langfristigen Anstieg der Nahrungsmittelpreise beigetragen hat, ist in der Wissenschaft umstritten. Zahlreiche Studien belegen aber, dass eine exzessive Finanzspekulation auf Wa­ renterminmärkten Instabilität schafft : Sie verstärkt kurze bis mittelfristige Preisschwankungen, die durch marktexterne ­Faktoren – etwa eine schlimme Dürre – verursacht werden. Genau diese starken kurz- bis mittelfristigen Preisschwankungen können sowohl für arme Konsumenten wie für kleine Produzenten ( etwa eine Kaffeebäuerin in Kolumbien ) existenz-


vernichtend sein. Rasch hochschnellende Preise können unverzichtbare Nahrungsmittel für Konsumenten unerschwinglich machen. Schnell fallende Preise zerstören die überlebenswichtigen Ernteeinnahmen der Bauern im Süden. Solche kurz- und mittelfristige Preisschwankungen traten in den letzten Jahren immer wieder auf : Nach dem Allzeithoch im Mai 2008 sanken die Nahrungsmittelpreise fast auf Vorblasen-Niveau zurück, nur um dann bis 2011 in einer nervösen Berg- und Talfahrt den Stand von 2008 noch zu übertreffen. Seither sinken die Preise wieder, sind aber weiterhin sehr instabil. Positionslimiten vermindern das Systemrisiko für den Süden Ein Mittel, um die schädliche Spekulation mit Nahrungsmitteln an den Rohstoffmärkten einzuschränken und damit auch die Nahrungsmittelpreise wieder stabiler zu machen, sind sogenannte Positionslimiten auf Nahrungsmittelderivate – also auf Terminkontrakte, die zum Beispiel auf den Reis-, Zucker-, Mehloder Kaffeepreis abgeschlossen werden. Positionslimiten beschränken die maximale Anzahl an Terminkontrakten, die von Einzelakteuren oder Gruppen gehalten werden können. Damit können sie verhindern, dass wenige spekulative Händlerinnen und Händler die Preisbildung am Markt im Alleingang beeinflussen können, beugen exzessiver Spekulation und der Verzerrung von Preisen vor. Zudem fördern Positionslimiten die Transparenz und Sicherheit für die Händler und gewährleisten, dass Warenterminmärkte ihre eigentliche Funktion erfüllen können, nämlich die finanzielle Absicherung von realen Handelsgeschäften. Die neuen Finanzmarktregulierungen in den USA ( DoddFrank-Act ) und in der EU ( MiFID I und II ) sehen solche Positionslimiten vor. In der Schweiz wurde nach einem zähen parla-

Foto : © K EYSTONE/LAIF/Miquel Gonzalez

mentarischen Kampf von SP, Grünen und den Mitteparteien ein ­ ntsprechender Artikel ins neue Finanzmarktinfrastruktur-Gee setz ( FinfraG ) aufgenommen. Er soll primär der Abschreckung dienen : Angesichts der Regulierungsschritte im US- und im europäischen Markt wollten Bundesrat und Parlament verhindern, dass die Schweiz zum Eldorado für Rohstoff-Spekulanten wird. Ausserdem wollte man sich bei entsprechenden EU-Regulierungen den späteren Nachvollzug offenhalten. Auch die Juso sieht in ihrem Umsetzungskonzept für die Spekulationsstopp-Ini­ tiative Positionslimiten vor : Würden sie bei Nahrungsmittel­ derivaten auf null festgelegt, käme das einem Verbot der schädlichen Spekulation gleich. Bundesrätliches Versäumnis Der sehr offen formulierte Artikel 118 des FinfraG erlaubt dem Bundesrat also, gegebenenfalls Positionslimiten einführen zu können. Bloss : Die Entwürfe zu den entsprechenden Verordnungen zum FinfraG ( FinfraV und FinfraV-Finma ) sagen mit keinem Wort, wie ein Positionslimiten-Regime aussehen könnte. Und mit weiteren Verordnungen zu diesen Limiten sei auch nicht zu rechnen, heisst es aus dem Eidgenössischen Finanzdepartement. Auch im bisher völlig undurchsichtigen sogenannten Over-the-Counter-Handel ( OTC ) mit Warenderivaten stellen die Verordnungsentwürfe die nötige Transparenz nur sehr ungenügend her. Der Bundesrat versäumt es damit, die Spekulation auf Warenterminmärkten jenseits eines Verbots sinnvoll zu regulieren. Deshalb bleibt für Alliance Sud das Anliegen der Spekulationsstopp-Initiative der Juso äusserst virulent – auch im Sinne von Unicef-Regionaldirektor David Toole und den unterernährten Kindern von Islamabad.

Regulierungen sollen für mehr Transparenz sorgen. Bild : Handelsraum der Commerzbank in Frankfurt, Deutschland.


Personalia

Neu bei Alliance Sud

ks. Das Dossier Internationale Finanzen und Steuerpolitik von Alliance Sud, bisher vom neuen Geschäftsleiter Mark Herkenrath betreut, übernahm im Juli Dominik Gross. Er ist 34 Jahre alt, hat in Berlin und

lungszusammenarbeit bei COMUNDO in den Bereichen Spendenbetreuung, Datenbankverwaltung, Buchhaltung, Personalwesen und Sekretariat tätig. Andrea Rotzetter hat Geografie studiert und sich im kaufmännischen und Personalbereich weitergebildet. Foto : © Daniel Rihs

Foto : © Daniel Rihs

Zürich Phi­losophie und Geschichte studiert und mit einem Lizentiat zur Geschichte der Währungssysteme im 20. Jahrhundert abgeschlossen. Dominik Gross verfügt über mehrjährige Berufserfahrung im Journalismus, unter anderem bei der « WOZ » und als Reporter beim « Magazin ». Seinen Zivildienst hat er in Indien bei der Landrechtsreformbewegung Ekta Parishad absolviert. Zuletzt beschäftigte er sich in Köln am MaxPlanck-Institut für Gesellschaftsforschung mit einem Studienprojekt zu aktuellen Fragen der Wirtschaftspolitik. Seit Mitte September neu im Sekretariat Bern von Alliance Sud arbeitet Andrea Rotzetter. Sie ist 41 Jahre alt, aus Fribourg und Mutter von 2 Kindern. In den letzten 7 Jahren war sie in der personellen Entwick-

Karussell — Der neue Heks-Direktor Andreas Kressler, er kommt von der Immobilien-Verwaltung der Stadt Basel, hat sein Amt am 1. August angetreten. Neu im Team sind auch Rahel Hürzeler als Themenbeauftrage Ausland ( vorher : Kinderdorf Pestalozzi ) und Martin Jenni als Sachbearbeiter Humanitäre Hilfe ( früher : IKRK ). Zur Caritas hat die Leiterin Humanitäre Hilfe Anna Schelnberger gewechselt. Das Heks verlassen haben die Delegierten Corinne Thévoz ( Aserbaidschan ) und Sandra Borderon ( Haiti ) sowie Susanne Loosli, Sachbearbeiterin Patenschaften. — Abschluss der grossen Rochade bei Brot für alle : Madeleine Bolliger, zuletzt beim Internationalen Blauen Kreuz, mit Erfahrung bei der Deza, UNDP und Alliance Sud, übernimmt die Koordination der KooperationsGemeinschaft. — Bei Fastenopfer wird der Online- und Social-Media-Fachverantwortliche Philipp Rohrer neuer Kampagnen-Projektleiter, eine gemeinsame Stelle mit Brot für alle. Als Direktionsassistentin stösst Denise Heimberg zum Fastenopfer-Team. Ihr Vorgänger Pius Arnet wird Assistent bei Infrastruktur und Dienste. — Tania Rohrer, zuletzt für Helvetas Programmdirektorin in Guatemala, wechselt als stv. Direktorin im Südsudan zur Deza. Ihr Nachfolger ist Jan Vloet, bisher für die hol-

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ländische Entwicklungsorganisation SNV tätig. Eine Auszeit für Weiterbildung nimmt Jacqueline Salami, Programmkoordinatorin Zentralamerika. Katrin Hafner, zuletzt bei der Bildungsdirektion des Kantons Zürich und zuvor beim «Tages-Anzeiger», wird neue Helvetas-Medienverantwortliche. — Bei Caritas ersetzt Andreas Hansen in Tadschikistan Jan Helsen, Anna Schelnberger folgt auf Barbara Brank als Programmverantwortliche für die Syrien-Krise. Carolina Martin wird als Programm-Mitarbeiterin Afrika/Lateinamerika von Benedikt Kraus ersetzt. Martin Jaberg, bisher Delegierter in Haiti, wird dort Programm-Verantwortlicher. Neu bei Caritas an Bord sind Karl Goeppert als Regionaldelegierter für Süd­ ostasien und Patrizia Ringger als Programm-Mitarbeiterin in der Katastrophenhilfe. ­Caritas verlassen hat Barbara Hertzman-Schichler, Programmleiterin in Bangladesch. — Neu als Programmkoordinator Südafrika/Zimbabwe bei Terre des Hommes Schweiz ist Hafid Derbal, zuletzt hat er im EU-Bildungsprogramm südliche Mittelmeeranrainer gearbeitet. Joël Thurnherr heisst der neue Azubi, der an der HSLU Luzern soziokulturelle Animation studiert. — Die humanitären Hilfsprogramme von Solidar in Nepal und auf den Philippinen werden neu von Sandra Aeschlimann be-

treut. Die Kampagne für faire Arbeit in Asien betreut Simone Wasman, die Swati Jangle ersetzt. — Beim SRK ist Yvonne Affolter die neue Programmverantwortliche für den Wiederaufbau in Nepal, früher war sie für Caritas in Japan und auf den Philippinen. Claudio Zaugg betreut neu die Region MENA, vorher war er Projektleiter beim Tropeninstitut. Neu als Junior-Programmverantwortlicher bei der Not- und Katastrophenhilfe des SRK ist Thomas Knobel. — Neu für die Clean Clothes Campaign ( CCC ) der EvB arbeitet Daniela Kistler. — Matthias Siegfried ( vorher : Swiss­ peace ), Nicole Providoli ( vorher : CH-Botschaft Bogotà ) und Matthias Ryffel sind neu dabei im Mediationsdesk der Abteilung Menschliche Sicherheit des EDA; Michael Murezi geht in den Ruhestand. Falls Sie an dieser Stelle die aktuellen Mutationen aus der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit (Deza) vermissen: Die ­Deza-intern sehr geschätzte Intranet-Seite «Stellenmutationen» wurde ohne Vorwarnung vom Netz genommen. Die Vermutung liegt nahe, dass auch diese Massnahme im Zusammenhang steht mit dem massiven Ausbau der Dienstleistungen der Deza durch die EDA-Reform.


Lesezeichen

Comic-Helden treten gegen Klimawandel an del hin zur klimaverträglichen und nachhaltigen Gesellschaft. Die illustrierten Kapitel machen die wissenschaftlichen Theorien trotz ihrer Komplexität zugänglich und leicht verständlich. So werden auf wenigen Seiten die Auswirkungen des verstärkten Nutzens von fossilen Energien seit der Industriellen Revolution oder der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Biodiversität dargelegt. Ein Glossar am Ende des Comics erklärt z­ entrale Begriffe der Klimatheorie und -politik. Das Buch klärt auf und macht Mut zum Handeln. « Heute ist die Menschheit die stärkste geo­ logische Kraft im Erdsystem. » ( S. 50 ) Die Graphic Novel « Die grosse Transformation » befasst sich mit den Folgen des Klimawandels und stellt die Frage : « Kriegen wir die Kurve ? ». Neun WissenschaftlerInnen setzen sich als Comic-HeldInnen für den Klimaschutz ein. Von der Geologie über die Politikwissenschaft bis hin zur Luft- und Raumfahrttechnik sind verschiedene Disziplinen vertreten. Das gemeinsame Ziel ist die grosse Transformation, also der Wan-

Die grosse Transformation : Klima – kriegen wir die Kurve ?, Alexandra Hamann, ­ Claudia Zea-Schmidt, Reinhold Leinfelder ( Hg. ), Berlin : Verlagshaus Jacoby und Stuart, 2013. 144 S. > Ausleihbar bei Alliance Sud InfoDoc unter der Signatur : Ob/18 Blog zum Comic Der Blog zum Comic erfasst Hintergrundinformationen sowie aktuelle Meldungen zum Buch. Eine Linksammlung

Zeitschriften-Lese ( n ) überraschendes Fazit aus dem einleitenden Aufsatz, der zugleich eine nützliche Begriffsklärung bietet. Die Praxisbeispiele erörtern etwa die Grenzen westlicher Modelle in unterschiedlichen soziokulturellen Kontexten oder Methodenfragen. www.mattersburgerkreis.at/jep

Nexus Zivilgesellschaft und E ­ ntwicklung Das österreichische « Journal für Entwicklungspolitik ( JEP ) » diskutiert in der Ausgabe 1/2015, ob und unter welchen politischen und sozialen Bedingungen zivilgesellschaftliche Initiativen Entwicklung effektiv zu fördern vermögen. Akteure der Zivilgesellschaft sind an sich nicht besser oder schlechter als staatliche Entwicklungsagenturen, so ein nicht sonderlich

Lebendige Zivilgesellschaft in Syrien Flüchtlinge, Islamischer Staat, Blut und Zerstörung – Stichworte, die für das Bild stehen, das die meisten Medien von Syrien zeichnen. Einen Kontrapunkt setzt das britische Magazin « New Internationalist », September 2015. Es porträtiert Einzelpersonen und Gruppen, die seit dem Beginn der Revolte gegen das Assad-Regime 2011, oft unter Einsatz ihres Lebens, gewaltlosen Widerstand leisten, gesellschaftliche Strukturen aufbauen und gar Raum schaffen für künstlerische und intellektuelle Kreativität.

verweist auf Materialien zur Themenvertiefung, viele davon sind online abrufbar. www.trafo-comic.blogspot.de/

Unterrichtsmaterialien und Videoseminar Die Website des wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen ( WBGU ) stellt ergänzende Unterrichtsmaterialien, die englische Ausgabe der Graphic Novel und ein englischsprachiges Videoseminar zur « grossen Transformation » online zur Verfügung. www.wbgu.de/comic-transformation/ www.wbgu.de/videos/trafoseminar/

Klima-Allianz Die Klima-Allianz der Schweiz informiert über das Klima im Kontext von Finanzierung, Gerechtigkeit oder Armut und setzt sich für Klimaschutz und erneuerbare Energien ein. www.klima-allianz.ch/

Mehr bei Alliance Sud InfoDoc Weiterführende Links zu Klima und Klimawandel finden sich auf der Website von Alliance Sud InfoDoc, Hintergrundartikel aus Zeitungen und Zeitschriften sowie Bücher vor Ort.

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Alliance Sud InfoDoc – Information und Dokumentation. Persönlich oder online. Monbijoustrasse 29/31 3011 Bern Öffnungszeiten : 13.30 – 17.30 h ( Mo – Fr ) Telefon : +41 31 390 93 37 dokumentation@alliancesud.ch

www.alliancesud.ch/dokumentation www.facebook.com/AllianceSudDok www.twitter.com/dok_alliancesud

www.newint.org

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Von Alliance Sud ins Bild gesetzt. Seit Wochen dominiert ein Flüchtlingstreck historischen Ausmasses nach Europa die Schlagzeilen. Regierungen und Behörden sind heillos überfordert. Betroffenheit regiert, die Frage nach den Ursachen bleibt im Hintergrund. Christian Lutz war Mitte August während einer Woche auf der griechischen ­Insel Kos, an der EU-Aussengrenze in Sichtweite der Türkei. Fotografiert hat er unter anderem im und um das ehemalige Hotel Captain Elias, wo syrische Flüchtlinge praktisch jeden Quadratmeter belegen. www.christianlutz.org, www.lutzphoto.net

Zahlen und Fakten zur Agenda 2030

Quellen : UN MDG Gap report, 2014 The UN Development Strategy beyond 2015 Unctad World Investment Report, 2014

Der Genfer Fotograf Christian Lutz ( 42 ) hat sein Metier in Brüssel an der Ecole supérieure des Arts et de l’Image Le 75 studiert und sich ganz der do­ kumentarischen Fotografie verschrieben. Er ist Mitglied der ­Agenturen VU und Strates. Foto : © C hristian Lutz/VU

191 Mrd. US-$

0,005 %

7000 Mrd. US-$

an Entwicklungsgeldern wurden 2014 versprochen, aber nicht bezahlt.

Steuern auf Finanz­ transaktionen ergäben jährlich 30– 50 Mrd. US-D0llar Einnahmen.

müssen jährlich investiert werden, um die Agenda 2030 zu finanzieren.

GLOBAL +   Postfach 6735  |   3001 Bern  |   Telefon + 41 31 390 93 30 E-Mail : globalplus@alliancesud.ch  |   www.facebook.com/alliancesud

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