Baechli inspiration 2015-1

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WEGWEISER SCHNEESCHUH DIE RIGI NEU ENTDECKT S. 12 GIPFELTREFFEN FREERIDERINNEN WALLNER & HUBER S. 18 EXPERT HINTERGRUND RUCKSÄCKE S. 28


erdmannpeisker / Robert Bösch

Matterhorn calling. Mit der Erstbesteigung des Matterhorns haben Edward Whymper und seine Seilschaft vor 150 Jahren Alpingeschichte geschrieben. Um diese Pioniertat gebührend zu würdigen, hat Mammut mit der Hilfe der Zermatter Bergführer die historische Erstbesteigungsroute, den Hörnligrat, zum Leuchten gebracht. www.mammut.ch


FOKUSSIEREN UND ABSCHALTEN Absagen! Die Entscheidung, auf die seit Langem geplante Skitourenwoche in Davos zu verzichten, wäre rational erklär- und für jedermann nachvollziehbar gewesen. Mit Peters Verständnis hätte ich sowieso rechnen können, denn er befand sich in der exakt selben Situation. Die vergangenen Wochen waren für uns beide arbeitsintensiv, die Anspannung gross. Trotzdem harrten zahlreiche ungelesene E-Mails der Beantwortung, respektive Bearbeitung. Aber war das wirklich Grund genug für eine kurzfristige Absage? Am Abend des 21. Februar checkten wir planmässig in unserem Hotel in Davos ein. Wir hatten uns ganz bewusst dafür entschieden, nicht in einer einfachen Berghütte zu übernachten. Nach einem Skitourentag wollten wir die Abende mit entspannenden Saunagängen, anregenden Tischgesprächen und bei einem guten Glas Wein ausklingen lassen. Und als Skitourenbasis steht Davos den zahlreichen höher gelegenen Hütten in nichts nach. Der 3020 Meter hohe Gletscher Ducan war unser zweites Gipfelziel. Vor uns hatte eine Skitourengruppe bereits eine Aufstiegsspur in den frischen Schnee gelegt, sodass wir schnell vorankamen. Bereits nach kurzer Zeit schlossen wir deshalb zur führenden Gruppe auf, überholten, und ich übernahm die Spurarbeit. War ich vorher in Gedanken bei den verschiedenen Themen, die mich beruflich gerade beschäftigten, so richtete ich meinen Fokus jetzt zu 100 Prozent auf die Spurarbeit. Welches war wohl die sicherste Aufstiegsroute? War sie optimal dem Gelände angepasst? Wie würde sich der steile Gipfelaufschwung präsentieren? Für alles, was noch vor wenigen Minuten wichtig erschien, war jetzt kein Platz mehr. Zerstreuung durch Ablenkung? Von wegen! Augenblicklich galt meine ganze Konzentration der Route und unserer Sicherheit. Spätestens in der pulverstiebenden Abfahrt vom dazugepackten Älplihorn war mir wieder klar: unglaublich, mit welcher Macht Bergtouren die wild galoppierenden Gedanken zähmen. Wie sie mir helfen, Distanz und Ruhe zu gewinnen und so (manchmal) zu besseren Entscheidungen führen. Es braucht einfach die Überwindung, den Alltag loszulassen und aufzubrechen.

Herzlich,

Felix Bächli

INHALTSVERZEICHNIS AUSGABE 1/2015 6 – WEGWEISER Freeride Lötschental 12 – WEGWEISER Schneeschuh Rigi 18 – GIPFELTREFFEN Nadine Wallner & Lorraine Huber 24 – HOCHGENUSS Luxuriöse Skibasen

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WEGWEISER SCHNEESCHUH DIE RIGI NEU ENTDECKT S. 12 GIPFELTREFFEN FREERIDERINNEN WALLNER & HUBER S. 18 EXPERT HINTERGRUND RUCKSÄCKE S. 28

FOTO TITELSEITE: GrantGunderson.com

28 – EXPERT Hintergrundwissen Rucksäcke 34 – EXPERT Hintergrundwissen Höhenforschung 38 – 3 x 3 Produktneuheiten & Bergsport-News 42 – PARTNERCHECK Scarpa 48 – BERGKAMERAD Lukas Häseli

ZUSTIEG

Geschäftsführer Bächli Bergsport AG

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JUNGFRÄULICH

Es gibt Tage, die sind perfekt. Sie sind wie gemacht für Bergsport. Sie bereichern unser Leben mit allen Sinnen. Und sie hinterlassen Erinnerungen, von denen wir Jahre zehren können. Mehr davon! TOUR: Skihochtour auf die Jungfrau (4158 Meter) mit Blick aufs Aletschhorn.

AUSSICHT

Robert Bösch

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AUSSICHT


AUSSICHT

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EISFALL

Wo ist der Fehler im rechten Bild? Zum (Über-)Leben eines Eiskletterers gehört auch eine gute Portion Glück. Zwischen den beiden Aufnahmen lagen circa drei Sekunden. Negativ beeindruckt hat der Abbruch den Protagonisten Dani Arnold nicht: Wenig später absolvierte der Bürgler Ausnahmeathlet die drei extremen Routen Flying Circus, Mach 3 und Crack Baby in einem Zug nacheinander. TOUR: Route Mach 3 im Schwierigkeitsgrad M9 an der Breitwangflue oberhalb Kandersteg. Thomas Senf / Visual Impact


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AUSSICHT


WEGWEISER

Viel Platz: Hoch über dem Lötschental liegt ein kleines Paradies für Variantenfahrer.

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GUT VERSTECKTER SCHATZ Bei einem flüchtigen Blick auf die Walliser Landkarte übersieht man leicht das Lötschental. Dabei bietet es alles, was Freerider und Tiefschnee-Gourmets suchen.

«Spinn ich?» Thomas traute seinen Augen nicht. «Nein, das kann nicht sein!» Gerade mal 100 Meter war er von der Piste ins freie Gelände hinausgequert, um einen kleinen Felsriegel herum. Keine Spur – keine einzige. «Einfach nur Glück gehabt», denke ich, als Thomas im Lift zum Hockengrat von seinem ersten Besuch im Lötschental erzählt. Heute werden wir wohl nicht so viel Fortune haben. Zuletzt hat es vor zwei Tagen geschneit. Lutz, unseren Guide, scheint das wenig zu jucken. «Mir nach», winkt er. Er quert nach rechts, stapft ein paar Schritte nach oben. Das muss die Stelle sein, von der Thomas erzählt hat. Ja, links der kleine Felsriegel, gleich muss der Bergrücken die Sicht freigeben und ... «Spinn ich?» Keine Spur – keine einzige. Kein Wunder, dass Pulver-Gourmets, die im Wallis bislang treu nach Verbier oder weiter nach Chamonix gepilgert sind, immer öfter gerne schon vorher abbiegen – hinein in einsame Seitentäler wie das Lötschental. Schliesslich ist nicht alleine die Zahl der Lifte und der Höhenmeter für die Wahl des Skigebietes entscheidend. «Mit ein paar kurzen Aufstiegen bietet das Lötschental Supermöglichkeiten», meint Lutz Fleck, der sich hier vor einigen Jahren als Bergführer niedergelassen hat. In weiten Schwüngen zieht er unterhalb eines Felsgrates eine frisch verschneite Flanke hinab. Der zerklüftete Gletscherbruch des fast 4000 Meter hohen Bietschhorns ragt im Hintergrund als dramatische Kulisse auf. Tief unten liegen die dick verschneiten Hütten der Hockenalp – wie auf einer kuscheligen Daunendecke, in sanft welliges Alpgelände gebettet. Fehlt nur noch Heidi, wie sie auf

ihren alten Holzbrettern daherschlittert. «Die Landschaft hier haut dich einfach um», strahlt Thomas mit der Sonne um die Wette. Wer hätte das vermutet? Wohl keiner, der nicht schon mal zuvor im Lötschental war. Denn die Einfahrt ins Tal an der Bahnverladestation in Goppenstein animiert eher zur Weiterfahrt in südlichere Gefilde des Wallis als zu einer Erkundungstour. Steile, felsige Wände, auf denen sich kaum Schnee hält, fallen zur Strasse hin ab. Ein finsteres, schluchtartiges Tal, das sich erst nach ein paar Kilometern zögerlich weitet. Dass das Lötschental zu den schönsten Panorama-Skigebieten der Alpen zählt, wird erst auf der Lauchernalp klar, die an der Station der Luftseilbahn von Wiler auf knapp 2000 Metern Höhe wie auf einer riesigen Sonnenterrasse liegt. Von dort geht es per Sessellift und Umlaufgondel noch einmal eine Etage höher. Genau gesagt auf 3111 Meter, zum Hockengrat. «Wow!» Den drei Buchstaben, die Thomas gerade über die Lippen kommen, ist nichts mehr hinzuzufügen. 40 Viertausender sollen an klaren Tagen von hier zu sehen sein. Das Nachzählen spart er sich: «Lasst uns lieber die nächsten Varianten inspizieren!» Die Auswahl an verlockenden Freeride-Abfahrten ist schier endlos. Dabei klingen die Masse des Skigebietes in nackten Zahlen eher bescheiden: 55 Kilometer Pisten, sechs Lifte – das war’s. Doch nach Osten, hinüber zum Petersgrat, und nach Westen in Richtung Lötschenpass erstreckt sich auf etwa zehn Kilometern Breite ein Freeride-Paradies, das seinen Namen wirklich verdient. Weite, offene Hänge – teils ohne, teils mit kurzen Aufstiegen erreichbar –,

WEGWEISER

Ein Skitrip für die Seele.

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Grossartige Kulisse: Powdern mit Blick auf das fast 4000 Meter hohe Bietschhorn.

WEGWEISER

dazwischen Felsgrate, Rinnen, Kuppen und Mulden. «Im Hochwinter stehen die Chancen auf Pulver in dieser Höhe trotz Südlage gut», erzählt Lutz. Kein Wunder, das Lötschental liegt direkt am Nord-Süd-Kamm zwischen Berner Oberland und Wallis. Die Folge: Sowohl die Schneewolken aus dem Norden als auch die aus dem Süden bleiben hier hängen. Und im Frühjahr bestehen bei Sonne beste Voraussetzungen für Firn.

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Schnee bis zum Dach Weiter geht’s, hinab zur Kummenalp, Richtung Ferden. Nur ganz vereinzelt kreuzen die Ski auf dieser Abfahrt ein paar Spuren. «Wie auf einer einsamen Skitour, nur dass wir uns den Aufstieg sparen», meint Thomas. Die Kummenalp ist nur im Sommer bewirtschaftet. Jetzt reicht der Schnee bis

zu den Dächern der Holzhütten. «Auch Skitourer kommen bei uns bis weit ins Frühjahr hinein auf ihre Kosten», bemerkt Lutz. Ein guter Startpunkt ist dann die Anenhütte, zuhinterst am Talschluss auf 2358 Metern Höhe. Für den Hochwinter bietet sich eine Überschreitung aus dem Skigebiet nach Leukerbad an. Zurück geht es dann mit der Gemmibahn über Kandersteg. Das Lötschental mit seinen Weilern Ferden, Kippel, Wiler und Blatten ist eigentlich ein übersichtliches Familienskigebiet – ohne Wellness-Tempel, riesige Saunalandschaften, dröhnendes Après-Ski und wildes Nachtleben. Naja, ein bisschen schon ... Einmal im Jahr geht es im Lötschental hoch her: im Februar zwischen Maria Lichtmess und dem Fasnachtsdienstag. Dann ziehen die «Tschäggätta» durchs Tal. Wilde Gesellen, die sich mit Schaffellen und selbst geschnitzten, furchteinflössend bemalten


FREERIDE LÖTSCHENTAL HÖHENLAGE 1419 - 3111 m

Holzmasken in Dämonen verwandeln. Wer sich nicht in Acht nimmt, riskiert eine Abreibung – wer Glück hat, mit Schnee; wer Pech hat, mit Asche oder ganz traditionell mit einer Mischung aus aufgeschwemmtem Russ, Tierblut und übel riechender Gülle.

Flug ins weisse Paradies Keine Spur von dem Treiben am nächsten Morgen. Seine Lieblingsberge kann Thomas nun sogar aus der Vogelperspektive bewundern. Aus dem schattigen Tal schraubt sich der Helikopter hinauf zum Petersgrat. Als das Knattern der Rotoren wenig später einer tiefen Stille weicht, wartet Thomas noch ein wenig, bevor er die Ski anschnallt. «Das hat was ...», murmelt er und blickt in die aufgehende Sonne, «... fast schon etwas Meditatives.» Nach einer kurzen Klettereinlage über einen Felsgrat wirbelt der Wind Millionen von Schneekristallen über die Pulverhänge. Mittendrin vier winzige Skifahrer. Unter den monströsen Gletschern von Breithorn und Jungfrau wirken sie wie Ameisen, wie winzige Gletscherflöhe. Deren Augen leuchten zwei Stunden später um die Wette, unten im Talgrund

FREERIDE-TERRAIN Östlich und westlich des Skigebietes Richtung Petersgrat und Richtung Lötschenpass weitläufiges Freeride-Gelände.

BERGFÜHRER Lutz Fleck, Tel. 078 629 47 33, www.summitspirit.com Pius Henzen, Tel. 079 658 19 19, Benedikt Jaggy, Tel. 079 774 83 20 Peter Tscherrig, Tel. 079 864 66 44

HELISKI Infos unter www.loetschental.ch

UNTERKUNFT In den Orten Ferden, Kippel, Wiler und Blatten gibt es einige kleinere Hotels (maximal 3 Sterne). Tipp: Silencehotel Edelweiss in Blatten, 3 Sterne, sehr gute einheimische Küche, www.hoteledelweiss.ch; Chalets auch auf der Lauchernalp direkt im Skigebiet. Idyllische Enklave am Talende: Hotel Fafleralp, www.fafleralp.ch Hütten: Anenhütte, exklusive Berghütte mit Sauna, Tel. 079 864 66 44, www.anenhuette.ch

ALLGEMEINE INFOS Lötschental Tourismus, Tel. 027 938 88 88, www.loetschental.ch

KARTEN/LITERATUR Freeride Map Lötschental, 1:25 000 Skitourenkarte Jungfrau 264S, Swisstopo 1:50 000 «Die schönsten Freeride-Touren in den Schweizer Alpen», Jürg Buschor, Simon Starkl, www.at-verlag.ch «Skitouren Berner Alpen Ost», Ralph Schnegg/Daniel Anker, SAC-Verlag

TOURENVORSCHLAG

Diese Freeride-Tour gehört nicht zuletzt wegen des einfachen Aufstiegs zu den absoluten Klassikern im Lötschental. Über mangelnde Abfahrtsmöglichkeiten kann man sich im weitläufigen Gebiet zwischen dem Hockenhorn und dem Birghorn nicht beklagen. Vor der einzigartigen Kulisse des Bietschhorns und den hohen Gipfeln im Süden führt zum Beispiel die Abfahrt durch das malerische Tellin hinunter in den Talboden bei Blatten. Mit dem Postauto geht es dann jeweils wieder zurück nach Wiler zur Seilbahnstation. Wählt man eine Variante im coupierten Gelände westlich vom Tennbachhorn vorbei am Spalihorn, lässt sich die Lauchernalp wieder direkt erreichen.

HÖHENDIFFERENZ Aufstieg 500 Hm, Abfahrt 2000 Hm

SCHWIERIGKEIT Gemeinsam einsam: Am Talende warten traumhafte hochalpine Touren.

WS+, grundsätzlich wenig schwierige Abfahrt, jedoch kurze Steilpassage im Couloir nördlich vom Tellihorn

WEGWEISER

LAUCHERNALP/ELWERTÄTSCH

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Und Action …! Ein Traumspot für Freerider.

FREEDOM SL THERMO SCARPA Scarpas neuester Wurf schafft für Freerider und abfahrtsorientierte Skitourengeher die perfekte Symbiose aus präziser Kraftübertragung, hoher Schaftsteifigkeit, leichtem Gewicht und uneingeschränktem Gehkomfort. Möglich machen dies vier Schnallen, ein Carbonkern und die Überlapp-Konstruktion der Schale aus dem leichten und kälteunempfindlichen Pebax. Die 27 Grad Schaftrotation und der anpassbare Thermo-Innenschuh sind Garanten für einen hohen Aufstiegskomfort. Und auch an die letzten Aufstiegsmeter hat Scarpa gedacht – die griffige Vibram-Sohle findet im harten Schnee und auf Fels guten Halt. Der «Freedom SL Thermo» ist auch mit Pin-Bindungen kompatibel ist. x Gewicht/Paar: 3600 g (27.0) x Preis: CHF 699.-

WEGWEISER

LOFOTEN ONE-PIECE SUIT NORRØNA

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bei Lauterbrunnen. Was für eine Abfahrt! Über den Bäumen ertönt wieder das Knattern des Helis. Noch einmal geht es zurück in die weisse Einsamkeit: vom Mittaghorn auf fast 4000 Meter zurück ins Lötschental. Nach jedem Schwung tun sich neue Gletscherlandschaften auf, jedes Mal noch ein bisschen imposanter – beinahe wie im Himalaya, nur weniger anstrengend. Dann die letzten euphorischen Schwünge hinunter zur Anenhütte. Der Hüttenwirt drückt jedem ein Bier in die Hand. Thomas hat seine Ski zu einem improvisierten Liegestuhl umfunktioniert. «Prost!» Dann schweigt er und geniesst. Thomas ist Investmentbanker. Müsste er für das Lötschental ein Rating erstellen, wäre seine Wertung klar: «Triple A für die Landschaft, Triple A fürs Skifahren – wer braucht da noch einen riesen Skizirkus oder ein 5-Sterne-Hotel?» TEXT: CHRISTIAN PENNING FOTOS: LÖTSCHENTAL TOURISMUS

Ohne Zweifel – Norrønas Einteiler ist ein echter Hingucker. Für die Norweger steht jedoch nicht die Optik, sondern die uneingeschränkte Funktionalität an grossen Tiefschneetagen im Vordergrund. Das zeigen beispielsweise die mit Gamaschen versehenen Arm- und Beinabschlüsse, der verstärkte Kantenschutz, die durchdachte Taschenplatzierung und die langen Lüftungsreissverschlüsse. Auch bei der Materialwahl gehen die Nordländer kompromisslos zu Werke und setzen Goretex’ Premiumprodukt Pro sowie die bewährten wasserdichten Reissverschlüsse von YKK ein. x Gewicht: 1178 g x Preis: CHF 1439.-

COULOIR IV Q JKT & COULOIR IV Q PANTS HAGLÖFS Die «Couloir IV Q»-Kombi ist ein verlässlicher Begleiter an kalten Wintertagen. Ob auf oder neben der Piste – Freeriderinnen sind mit diesem wärmenden Outfit für einen ausgedehnten Tag im Schnee gerüstet. Das strapazierfähige Goretex-Softshell-Material schützt vor Nässe und Wind bei unschlagbarer Wärmeleistung und Atmungsaktivität. Stretcheinsätze garantieren für uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und hohen Tragekomfort. Gewicht: Jacke 660 g, Hose 630 g x Preis Jacke: CHF 629.x Preis Hose: CHF 539.-

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WEGWEISER

Photographers (clockwise from top left): Adam Clark, Adam Clark, Sandra Salvas

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10/21/14 11:58 AM

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WEGWEISER

Die Rigi – winterliche Trauminsel mit «weissem Strand» am wogenden Nebelmeer.

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SONNENINSEL IM NEBELMEER Sonnige Gipfel über winterlichem Nebelmeer – schon die ersten Touristen waren hin und weg von diesem Anblick. Heute ist die Rigi immer noch «à la mode». Auf einsamen Schneeschuhpfaden abseits des Rummels wird eine Überschreitung des Bergmassivs zum Abenteuer. sowohl von der Südseite wie von der Nordseite bequem und schnell erreichbar. In den Anfangsjahren war das natürlich eine Sensation, die manchen nicht ganz geheuer schien. So verzichtete Mark Twain (zumindest im Aufstieg) auf «dieses Ding», das «einen Hang steil wie ein Hausdach geradezu hinaufkriechen» konnte, «uns schien, der Mensch müsse gute Nerven haben, der vorhabe, hier hinauf- und hinunterzufahren.» Mit seiner typischen Portion Selbstironie schildert Mark Twain in «Bummel durch Europa» eine Rigibesteigung, die er mit seinem Agenten im Sommer 1878 unternahm.

Auf Mark Twains Spuren Wie die beiden sind auch die zwei Schneeschuhwanderer mit dem Dampfer von Luzern über den See angereist und beim Dorfe Weggis ausgestiegen. Sie folgen dem Weg, der zum 100. Todestag des amerikanischen Bestsellerautors im Mai 2011 als Mark-Twain-Themenweg eingeweiht wurde. Im Winter eine durchaus abenteuerliche und vor allem einsame Unternehmung. Aus dem Nebel pellt sich das Felsetor, ein mystischer Schlund, durch den sich die Route zwängt. Passend zum Namen hängt auch in Rigi-Kaltbad eine feucht-kühle Wolkensuppe. Gottlob kann man dort heute warm baden. Ursprünglich ging es hier härter zu. Die Quelle am sogenannten Schwesternborn, die das Kurwesen begründete, sprudelt «so kalt, dass einer sein Hand gar kümmerlich eines Ave Maria lang darein halten kann»,

WEGWEISER

Wind streicht durch die Wipfel und erleichtert die Tannen von ihrer Schneelast. Die eine oder andere weisse Ladung landet als stiebende Kristallwolke auf Kopf und Schultern der zwei Schneeschuhgänger. Dicker Nebel schluckt jedes Geräusch und die Aussicht, um die es doch geht, hier oben auf der Rigi. Ihrer alleinstehenden Lage zwischen Vierwaldstätter-, Zuger- und Lauerzersee und damit ihrem phänomenalen Rundblick – zu den Fels- und Eisbastionen der Alpen, zum Jura und Schwarzwald hin – verdankt sie das Kompliment «Königin der Berge». Bereits in den Anfängen des Tourismus rissen sich die Bewunderer staunend um die besten Aussichtsplätze. Künstler und Literaten taten ihr Entzücken kund. Goethe, Erzherzog Johann von Österreich, James Fenimore Cooper, Alexandre Dumas, Victor Hugo, Richard Wagner, Queen Victoria, Johannes Brahms, Mark Twain, Karl May – die Liste berühmter Rigibesucher füllt Bücher. Und sie förderte die «Fremdenindustrie», wie das Gewerbe einst hiess. Alpbauern fanden ein willkommenes Zubrot als Träger oder «Rossmannen». Betuchte Städter, der ungewohnten Steilheit und Höhe nicht mächtig, liessen sich in Sänften hinaufschleppen oder zu Pferd führen. Hotelburgen schossen in die Höhe. Von rund 180 Hotelbetten in den 1830er-Jahren kletterte die Zahl auf rund 500 Betten um 1850, 20 Jahre später auf 1000 und gegen 1890 auf weit über 2000. Den grossen Boom brachte der Bau der Zahnradbahnen. 1871 schnaufte von Vitznau herauf die erste Bergbahn Europas. 1875 war auch die Verbindung von Arth-Goldau herauf fertig. Damit war die Rigi

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WEGWEISER

Lichtspektakel – am Horizont das erste Tageslicht, im Tal das Lichtermeer des Schwyzer Ballungszentrums.

notierte Renward Cysat bei seinem Besuch am 1. August 1601. Dem «chalte Bad» wurden allerlei Heilungen zugeschrieben, was dem Stadtschreiber von Luzern doch eher bedenklich erschien, besonders bei «wybspersonen, die tusentmal besser eines warmen bads manglent». Was jener ahnte, ist nun – nicht nur für «wybspersonen» – formidabel umgesetzt: mit dem 2012 eröffneten Mineralbad von Mario Botta. Das «Heilwasser» des Drei-Schwestern-Brunnens wird mit Holz von der Rigi auf 35 Grad erhitzt und fliesst in einen wahren Wellness-Tempel aus Naturstein, den der Tessiner Stararchitekt stilvoll ins Gelände eingefügt hat. Das Dach der Anlage bildet den Dorfplatz, von dem sich zum Aussenbecken herabschauen lässt. Tiefer unten würde der Vierwaldstättersee glitzern und im Halbrund ein einmaliges Gebirgspanorama – wäre da nicht dieser verflixte Nebelvorhang. Der kleidet dafür

umso verwunschener die kleine Wallfahrtskapelle, die sich nur wenige Meter entfernt unter gewaltigen Felsblöcken duckt, wo dereinst das «chalte Bad» stattfand.

Traumpanorama mit 620 Gipfeln Mark Twain war der Badekult einerlei. Er wollte zum viel gepriesenen Sonnenaufgang ganz oben. «Das Reisehandbuch sagte, dass sich die Gäste da oben auf dem Gipfel nicht damit aufhielten, sich gross anzuziehen, sondern eine rote Wolldecke schnappten und in der Aufmachung von Indianern hinausliefen», begeisterte sich der Amerikaner. «Das war gut; das würde romantisch werden; zweihundertfünfzig Leute, auf dem zugigen Gipfel zusammengedrängt, mit fliegenden Haaren und fl atternden roten Decken, in der erhabenen Gegenwart der schneebedeckten Berg-

14 Die Wahl, ob ein «chaltes» …

… oder ein warmes Bad, fällt in Rigi-Kaltbad nicht schwer.


RIGI-ÜBERSCHREITUNG IM WINTER ANREISE Per Zug nach Luzern, dann weiter per Schiff. Anlegestelle am Bahnhof.

Gemeinsam einsam durch den Schnee Beim kräftigen Auf und Ab wird einem erst klar, dass die Rigi nicht nur einen, sondern viele Gipfel aufweist. Kenner zählen ein

Leckeres Käsefondue bieten sowohl Chäserenholz wie Burggeist.

TOURIST-INFO Luzern Tourismus AG, Tel. 041 227 17 17, www.luzern.com.

UNTERKÜNFTE Alp Chäserenholz, Franz Toni Kennel, Tel. 041 855 02 06. Berggasthaus Rigi-Burggeist, Christiane und Jens Pittius, Tel. 041 828 16 86, www.rigi-burggeist.ch

WELLNESS Mineralbad & Spa Rigi-Kaltbad, Tel. 041 397 04 06, www.mineralbad-rigikaltbad.ch. Dazu gehört auch ein Hotel, das unterirdisch mit dem Thermalbad verbunden ist, www.hotelrigikaltbad.ch

KARTEN Swisstopo 1:50 000, Blatt 235T Rotkreuz oder 1:25 000, Blatt 1151 Rigi

LITERATUR Die Rigi von einst bis heute, spannend erzählt, mit vielen historischen Aufnahmen: «Rigi – Mehr als ein Berg», Adi Kälin, hier+jetzt Verlag. Schneeschuhtourenführer «Zentralschweiz», David Coulin, SAC Verlag

DIE TOUR DAUER 3–4 Tage

AUFSTIEG 2193 Hm (Abstieg: 1500 Hm)

CHARAKTER Abwechslungsreiche Berg- und Schneeschuhtour über die verschiedenen Rigi-Gipfel mit viel Auf und Ab

AUSGANGSPUNKT Weggis (435 m). Schönste Anreise mit dem Schiff von Luzern

ROUTE 1.Tag: Weggis – Mark-Twain-Themenweg: Bühlegg – Säntiberg – Felsetor – Romiti – Rigi-Kaltbad (1438 m): 3 Std., ↑ 1003 Hm. Sehr häufig ist der erste Teil schneefrei. 2.Tag: Rigi-Kaltbad – Chänzeli – Rigi-Staffel – Rigi-Kulm (1797 m) – Alp Chäserenholz (1600 m): 2.30 Std., ↑ 360 Hm ↓ 200 Hm. Da bleibt genügend Zeit, um das Erlebnisbad von Mario Botta ausgiebig zu nutzen. Eilige können die ersten zwei Etappen zusammenlegen. 3.Tag: Alp Chäserenholz – Klösterli (1302 m) – Rigi-First (1453 m) – Schild (1548 m) – Würzenstock (1482 m) – Unterstetten (1422 m) – Dossen (1685 m) – Rigi-Scheidegg (1656 m) – Rigi-Burggeist (1551 m): 4 Std., ↑ 620 Hm ↓ 670 Hm. 4.Tag: Rigi-Burggeist – Gätterli (1190 m) – Gottertli (1396 m) – Urmiberg (1135 m): 3 Std., ↑ 210 Hm ↓ 630 Hm. Falls die Urmibergbahn nicht fährt, muss man für den Abstieg nach Brunnen (446 m) noch 1.30 Std. rechnen.

WEGWEISER

ketten …» Viel hat sich seitdem verändert auf der Rigi. Die Palasthotels sind abgebaut, verkleinert oder abgebrannt. Die Hotelbettenkapazität hat sich von 2000 auf 500 reduziert. Der Rummel ist überschaubar geworden. Nicht selten steht man in den Morgen- und Abendstunden allein im Gipfelbereich von Rigi-Kulm, auf jeden Fall im Winter. Die zwei Schneeschuhgänger entfliehen nur knapp oberhalb von Rigi-Kaltbad dem Nebelmeer und geniessen nun den unermesslichen Weitblick. Beträgt die Sichtweite mindestens 150 Kilometer, so sollen gemäss der Website «gipfelderschweiz.ch» von der Rigi aus 620 Gipfel ersichtlich sein. Schroff bricht der Nagelfluhberg nordseitig ab. Wer's spektakulär mag, zieht seine Spuren vom Kulm direkt an dieser Abbruchkante entlang hinunter zur Alphütte «Chäserenholz», ins Reich von Franz Toni Kennel. Er betreibt hier im Sommer eine Alpwirtschaft. «Als der Milchpreis abstürzte», erzählt der agile Schwyzer, «musste ich mir etwas einfallen lassen und kam auf die Idee einer Erlebnisalp.» Käsen, Buttern und dem Älpler dabei über die Schultern schauen, das kam an. Seit Kurzem können Gäste auch im Winter bei ihm übernachten. Kaum, dass man Whirlpool und Sauna an diesem archaischen Ort erwartet hätte, gibt’s den Sonnenaufund -untergang gratis dazu. Köstlich: das «z'Morge» mit diversen Käsespezialitäten, Moschtbröckli, Ei, Alpbutter, Zopf, Müsli … Eine ideale Stärkung für den Marsch über Rigi-Klösterli, First, Schild, Würzenstock und Dossen.

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WEGWEISER

Abendliche Einsamkeit und grosse Gipfelschau am Rigi-Kulm.

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Dutzend. Stürmen starke Föhnwinde, lassen sich diverse Kuppen auf einem planen, zugleich als Loipe genutzten Höhenweg umgehen. An einigen Punkten ist noch erkennbar, dass es sich um das Trassee der 1874/75 erbauten Bahn von Rigi-Kaltbad nach Rigi-Scheidegg handelt. Wegen Unrentabilität wurde der Betrieb 1931 eingestellt. Auch der Skilift am Dossen ist verschwunden. Seinen Gipfel küren die zwei Schneeschuhgänger zum schönsten der Rigianer. Die Sonnenstrahlen lösen das Nebelmeer in ein tiefes Nichts auf. Die Südfl anken stürzen in den Vierwaldstättersee. Vis-à-vis grüssen Stanserhorn, Pilatus, Eiger, Mönch und Jungfrau. Selten, dass sich Christiane und Jens Pittius diesen Kurzausflug gönnen können. Die Bewirtschaftung des «Burggeist», zu dem auch der Betrieb einer kleinen Gondel gehört, lässt nicht viel Raum für Freizeit. Die jüngste Tochter der beiden Thüringer, die

anfangs maulte, so abgeschieden leben zu müssen, findet es mittlerweile cool, mit der Gondel zur Schule zu fahren. In der Gaststube der Wahl-Rigianer hängt der Spruch: «Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum». Man fühlt sich wie zu Hause bei Freunden, geniesst lokale Qualitätsprodukte, schlummert im rotweiss karierten Federbett, sofern man sich beim Blick aus dem Fenster von dem umwerfenden Sternenhimmel losreissen kann. Verwegen und nicht minder faszinierend setzt sich die Route am nächsten Morgen über das Gätterli zum Gotterli und Urmiberg fort. Kein Mensch begegnet den zwei Schneeschuhgängern. Was hat Mark Twain doch alles verpasst, als er von Kulm mit der Bahn zu Tale fuhr. TEXT UND FOTOS: IRIS KÜRSCHNER


EXPEDITIONEN LIGHTNING ASCENT 22 W IV MSR Die «Lightning Ascent»-Schneeschuhe von MSR bieten hervorragenden Halt auf hart gepresstem Schnee und Eis, weil die zahlreichen in den leichten Alurahmen integrierten Zacken wie ein Steigeisen greifen. Das grosszügig dimensionierte robuste Verdeck sorgt derweil für genügend Auftrieb im lockeren Schnee. Die praktische Steighilfe und die einfach bedienbare Bindung ergänzen das bewährte «Rundum-Sorglos-Paket». x Gewicht/Paar: 1555 g x Preis: CHF 359.-

TREKKING ALPIN HIGHLAND WINTER W PANTS MAMMUT Die warme und wasserdichte «Highland Winter» von Mammut ist die ideale Damenhose für alle Draussen-Aktivitäten in der kalten Jahreszeit. Das stark dehnbare Aussenmaterial ist Garant für hohen Tragekomfort. Dank Fleece-Innenfutter bleiben die Beine auch bei tiefen Temperaturen angenehm warm und das 2-Lagen-Drytech-Material sorgt für effektiven Schutz vor Schnee und Nässe. Die hohe Atmungsaktivität gewährleistet ein angenehmes Klima. Auch im Detail vermag die Winterhose zu überzeugen, wie die integrierten Gamaschen und Hosenträger beispielhaft zeigen.

KURSE SCHNEESPORT

x Gewicht: 620 g x Preis: CHF 230.-

MAKAI W JKT MAMMUT

x Gewicht: 490 g x Preis: CHF 390.-

PLAISI® WEGWEISER

Mit der «Makai W Jacket» von Mammut hängen sich outdoorbegeisterte Damen einen echten Tausendsassa in den Kleiderschrank. Die robuste Hardshell-Jacke bietet perfekten Schutz bei jedem Wetter und hält Schnee, Regen und Wind vom Körper fern. Mammuts hauseigener 3-Lagen-Stoff Drytech Premium ist leicht elastisch und sorgt so für herausragenden Tragekomfort und Bewegungsfreiheit. Die hohe Atmungsaktivität des Stoffs wird durch smart platzierte Unterarmbelüftungen ergänzt. Mit ihren praktischen Details macht die Makai nicht nur im Winter eine gute Figur – sie überzeugt vielmehr als alpiner Allrounder für jede Jahreszeit.

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kobler-partner.ch


GIPFELTREFFEN

18 «Zusammen sind wir stark!» Lorraine Huber (links) und Nadine Wallner (rechts) in Lech am Arlberg.


«SPITZENTREFFEN» Steile Rinnen, staubender Schnee und krasse Lines – wofür ihr Herz sonst noch schlägt, verraten die FreerideKöniginnen Nadine Wallner und Lorraine Huber. Die Nummer eins und zwei der Freeride World Tour 2014 im Gespräch über magische Momente am Berg, Männerkollegen und wahre Leidenschaft.

Wie war das Feedback? Lorraine: Wir haben viel gutes Feedback bekommen. Auch von Leuten, die den Film jeden Tag nach der Arbeit angesehen haben, um runterzukommen. Das wollten wir erreichen. Wir wollten, dass der Film entschleunigt, fast meditativ wird. Unser Pfarrer in Lech hat den Film sogar in einer Messe gezeigt. Er meinte, der Film hätte etwas Religiöses, Spirituelles. Nadine, wie würde ein Skifilm aussehen, der dein Wesen beschreibt? Nadine: Ich glaube, die Leute, die mich kennen, hätten sofort ein Bild vor Augen. Der Film wäre sicher chaotisch, auf der anderen Seite aber auch präzise. Ein Mix aus schnell und langsam. Ich brauch’ das Impulsive beim Skifahren, aber auch die stillen Augenblicke ..., wenn ich am Berg oben steh’ und weiss: Das ist jetzt genau mein Moment. Da will ich

keine Helm-Cam dabeihaben und kein Handy. Da bin ich ganz bewusst in der Natur. Setzt du dich aktiv für die Natur ein? Jeder kann etwas dazu beitragen, und sei es nur mal ein Stück zu Fuss zu laufen statt mit dem Auto zu fahren. Ich engagiere mich für die Aktion «Respektiere deine Grenzen», mit der gewisse Zonen als Ruhezonen für die Natur frei von Skifahrern bleiben sollen. In diesem Winter veranstalte ich ausserdem ein gemeinnütziges Freeride-Camp, mit Hütte und Zelten, mitten in der Natur. Ein paar Tage nur den Berg spüren, offline gehen. «Offline» ... so heisst auch das Camp. Beim Freeriden geht es um Action, klar. Aber es ist nicht so, dass nur alles cool ist, schnell und super. Du musst auch stehen bleiben, fühlen, nachdenken. Man kann so viel lernen in der Natur. Man muss nur rausgehen. Mir wurde das zum Glück in die Wiege gelegt. Mein Dad ist Bergführer. Der hat uns schon als kleine Zwerge mit in die Berge genommen und uns unbewusst eine entsprechende Lebensphilosophie mit auf den Weg gegeben. Freeriden ist auch ein Marketing-Instrument. Neben der Schönheit der Natur geht es um attraktive Protagonisten. Spielt das Aussehen eine Rolle, wenn es darum geht, als Pro-Riderin einen Sponsoring-Vertrag zu bekommen? Lorraine: Ja, es kommt vor, dass bei der Auswahl der Bewerberinnen die Optik Vorrang hat vor den skifahrerischen Qualitäten.

GIPFELTREFFEN

«Lorraine. The Movie» – so heisst eines deiner Video-Projekte. Ästhetische, schöne Bilder. Ruhig. Fast verträumt. Bist du das auch vom Typ her, in deinem Inneren? Lorraine: In gewisser Weise schon. Mir hat es immer schon gefallen, etwas Neues zu machen, nicht nur das, was die anderen tun. Der Film von Hanno Mackowitz ist kein Standard-Skifilm mit schnellen Schnitten, aggressiver Musik und extremen Aufnahmen. Es geht darum, sich Zeit zu nehmen, die Landschaft anzuschauen, das Auge schweifen zu lassen. Der Skifahrer ist nur ein Teil von alledem.

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Alexkaiser.at

GIPFELTREFFEN

«Leidenschaft musst du suchen!» Lorraine Huber auf Erforschungstrip am Arlberg.

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Nadine: ... aber es liegt bei dir selbst, worauf du reduziert werden willst. Ich hatte von einem grossen Magazin eine Anfrage für eine grosse Story. Bedingung: Ich sollte mich dafür ausziehen. Ich hab’ «nein» gesagt. Weil ich das nicht bin. Von allen, die mich nicht persönlich kennen, würde ich da sehr schnell auf diese paar Bilder reduziert. Ich kann also schon steuern, wie ich in den Medien dargestellt werden will. Sportlich spielen Freeriderinnen im Vergleich zu den Männern die zweite Geige – zu Recht? Lorraine: Das Bild von der zweiten Geige stimmt leider schon noch. Im Trailer der Freeride World Tour 2015 zum Beispiel hat man den Eindruck, es gehe um einen reinen

Männer-Contest. Ich glaube, Frauen müssen weiter darum kämpfen, ernst genommen zu werden. Ein direkter Vergleich mit Männern ist fehl am Platz. Ein wichtiger Schritt war immerhin, dass wir als Frauen nun auf eigenen Hängen unsere eigenen Lines fahren können. Nadine: Wenn du Skifahren professionell erfolgreich betreiben willst, musst du als Frau mehr leisten als der Durchschnitt der Männer. Das merkst du bei den Ausbildungen zum staatlich geprüften Skilehrer, zum Skiführer, zum Bergführer. Lorraine: Ich war noch sehr jung, als ich als Skiführerin anfing. Da musste ich mich immer beweisen, um von der Gruppe respektiert zu werden. Als Mann reicht der «Adler», ein Skilehrer- oder Skiführer-Patch


POWDER-GIRLS LORRAINE HUBER auf der Brust. Einmal fragte eine Gruppe sehr guter Skifahrer bei der Begrüssung ungläubig: «Was, und du bist unser Guide?» Doch nach ein, zwei Abfahrten war ihre Skepsis verflogen (lacht). Showdown im Steilhang beim Contest – wer von euch beiden hat die besseren Nerven? Nadine: Die, die am Ende am Podium steht! (lacht) Lorraine: Nervensache – das war für mich immer ein schwieriges Thema. Ich bin vor der Freeride World Tour nie Rennen gefahren, war deshalb lange sehr nervös. Ich konnte viele Jahre meine Leistung nicht zeigen. Ich fuhr sehr verkrampft.

Lorraine Huber aus Lech am Arlberg ist eine Pionierin des professionellen Freeride-Sports in Österreich. Die Skilehrertochter gründete während ihres BWL-Studiums mit 23 Jahren als staatlich geprüfte Skilehrerin und Skiführerin in Sölden eine eigene Freeride-Schule, die sie fünf Jahre lang leitete. Ihre Karriere als Profi-Freeriderin startete sie 2008. Bei der Freeride World Tour 2014 belegte sie Rang zwei der Gesamtwertung. Huber leitet jährlich die Women’s Progression Days in Lech am Arlberg. Kurz vor dem Tourstart 2015 verletzte sie sich, hofft aber, rechtzeitig wieder fit zu sein und ihre guten Leistungen wiederholen zu können.

GEBURTSDATUM 13.März 1980

WOHNORT Lech am Arlberg

LIEBLINGSSPOT

Nadine, du bist öfter auf dem Podium gestanden. Bist du das Pokerface, die Coole? Hahh! Ich bin auch nervös wie Sau! Aber ich bin ein Wettkampftyp. Ich kann mit Druck gut umgehen. Wie auf der Uni: Wenn ich erst kurz vorher anfange zu lernen, schreibe ich die beste Prüfung. Ich brauch’ den Druck (lacht). Ich wünsche mir oft, ich würde mich genauso gewissenhaft vorbereiten wie Lorraine. Aber vielleicht ist ja gerade der Mix aus Lockerheit, Druck und schnellen Entscheidungen mein Erfolgsrezept. Nummer 1 und Nummer 2 im Ranking der Freeride World Tour 2014 – eigentlich müsstet ihr beinharte Konkurrentinnen sein ... Lorraine: ... nein, im Gegenteil: Gemeinsam sind wir stark. Nadine: Als Arlberger halten wir zusammen, auch wenn wir nicht unbedingt ständig aneinanderhängen. Aber wenn es sich ergibt, diskutieren wir vor dem Start schon mal Lines oder Risiken.

Arlberg

VIDEOS: Lorraine. The movie www.vimeo.com/84133861 kOnneX www.vimeo.com/98579450

WEBSITE www.lorrainehuber.com

NADINE WALLNER Die Gesamtsiegerin der Freeride World Tour 2014 und 2013 stand schon mit drei Jahren auf den Brettern und sammelte erste Wettkampferfahrungen im traditionellen Skirennlauf. Das Faible fürs Fahren abseits der Pisten hat sie von ihrem Vater «geerbt», einem erfahrenen Bergund Skiführer. Neben dem Skifahren studiert die staatlich geprüfte Skilehrerin und Skiführerin in Innsbruck Sportmanagement. Nach einer schweren Verletzung bei Filmaufnahmen in Alaska verzichtet Nadine Wallner 2015 auf einen Start bei der Freeride World Tour.

GEBURTSDATUM 15. Mai 1989

WOHNORT Klösterle am Arlberg

GIPFELTREFFEN

Wann ist der Knoten dann geplatzt? 2013 in La Clusaz. Es hatte wahnsinnig geschneit. Wir konnten erst am Wettkampftag das Gelände besichtigen, hatten nur zehn Minuten Zeit. Ich ging ohne Erwartungen an den Start und fuhr meinen Lauf, ohne mir grossen Druck zu machen. Danach ging ich mit einheimischen Freeridern Ski fahren. Am Nachmittag rief mich meine Schwester an und meinte: Du hast gewonnen! Die Lehre: Ich darf mir selbst einfach nicht so viel Druck machen.

LIEBLINGSSPOT Arlberg

VIDEO: www.youtube.com/watch?v=nHQe3pYLEP4

WEBSITE www.facebook.com/nadi.wallner

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Peter Mathis

Apropos Risiko: Nadine, du bist im vergangenen Frühjahr nach einem üblen Sturz mit einem langen Nagel im Schienbein aus Alaska zurückgekommen. Was hast du daraus gelernt? Nadine: Es war gut zu erfahren, dass es Grenzen gibt. Aber traumatisiert hat mich dieser Sturz nicht. Ich werde diesen Winter keine Contests fahren können. Dafür kann ich das tun, was ich am liebsten mache: einfach auf Ski in den Bergen unterwegs sein. In deinem Leidenschafts-Ranking liegt Tourengehen auf dem gleichen Niveau wie Contests zu fahren? Nadine: Sogar darüber. Contests fahre ich seit drei Jahren. Touren gehe ich fast schon mein ganzes Leben lang. Mit zwölf war ich auf meinem ersten Viertausender. Das hat mich geprägt. Im Frühjahr plane ich ein paar hochalpine, steile Projekte in den Westalpen. Darauf freue ich mich fast mehr als auf Contests. Lorraine, du hast mal gesagt: «Das Leben beginnt ausserhalb der Komfortzone.» Sind Couch und Kuscheln nichts für dich? Lorraine: Ich liebe Kuscheln, kommt darauf an, mit wem (lacht). Im Ernst: Dieses Motto regt mich an, Neues auszuprobieren, neue Erfahrungen im Leben zu machen und mich vor Unbekanntem nicht zu fürchten. Wo endet deine Komfortzone? Lorraine: Jenseits des Bekannten, jenseits der gewohnten Abläufe, Verhaltensweisen und Gefühle. Beim Unbekannten fängt es an.

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Wo beginnt das Leben für dich, Nadine? Nadine: Auf jeden Fall auch im Abenteuer. Ich will mich doch weiterentwickeln, Neues erfahren und lernen. Wenn ich alles schon kann und alles weiss, habe ich doch mit dem Leben abgeschlossen. Tickt ihr damit anders als andere Frauen in eurem Alter? Nadine: Sicher haben viele einen anderen Lebensinhalt. Manche kriegen die Erfüllung in der Familie. Das ist genauso toll. Es kommt einfach darauf an, dem Leben Inhalt

22 Fast wie Alaska: Nadine Wallner in Stuben am Arlberg.


und Freude zu geben. Die Intensität zählt, egal, was du tust. Lorraine: Leidenschaft musst du suchen. Ganz bewusst. Du musst etwas ausprobieren. Egal, was. Leidenschaft kommt nicht einfach zu dir. Irgendwann, vielleicht nach einigen Umwegen, spürst du bei einer neuen Aktivität: Hey, das taugt mir, da fühl’ ich mich lebendig. Gibt es einen Punkt, an dem Schluss ist mit dem Skifahrerleben, wie ihr es jetzt führt? Nadine: Skifahren ist DIE Richtung meines Lebens. Für mich hat das ein enormes Gewicht .... Wahrscheinlich werden sich die Prioritäten verlagern, aber der Grundstein wird immer der gleiche bleiben: die Passion für die Berge und die Natur. Lorraine: Ich habe mir keinen konkreten Zeitpunkt gesetzt, aber wenn mich das Profi-Freeriden nicht mehr erfüllt, ist für mich

der Punkt gekommen. Ich würde dann gerne als Mentaltrainerin arbeiten, dafür eine Ausbildung absolvieren. Nadine: Ich glaube, es gibt nix Cooleres, als wenn du deinen eigenen kleinen Kindern das Skifahren beibringst. Und das wird an einem bestimmten Punkt die Verlagerung für mich sein: Im Prinzip tu’ ich dann das Gleiche, aber auf einer anderen Ebene. Lorraine: Ich würde auch gerne Familie haben und ich weiss, dass ich dafür nicht endlos Zeit habe. Gleichzeitig hatte ich aber bisher noch nicht das Gefühl, dass ich mit dem, was ich jetzt mache, aufhören möchte. Ich hätte nie geglaubt, dass ich so lange profimässig Ski fahren würde. Aber egal, wie’s kommt, ich werde immer gerne Ski fahren und in den Bergen sein. TEXT UND FOTOS: CHRISTIAN PENNING

GIPFELTREFFEN

«Gut zu erfahren, dass es Grenzen gibt»: Nadine Wallner (links) und Lorraine Huber in der Verletzungspause.

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www.woodridge.at

Es muss nicht immer eine Berghütte sein – auch Tourengeher wählen immer öfter Unterkünfte, die etwas mehr Komfort bieten.

HOCHGENUSS

WINTERTRÄUME IN DER LODGE

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Tagsüber Wildnis, abends Jacuzzi. Früher war der Ausdruck Lodge mit Skiabenteuer in Nordamerika verbunden. In den letzten Jahren sind Lodges auch in den Alpen immer häufiger anzutreffen. Sind das tatsächlich traumhaft idyllische Hideaways wie in den Rockies?


«Lodge». Diese Wort hat etwas Heimeliges, Gemütliches. Ein Hauch von Luxus schwingt dabei mit. Eine Wohlfühlinsel weitab vom Trubel, umgeben von Natur. Neuerdings ist das Angebot an «Lodges» fast infl ationär. Allein in der Schweiz finden sich mehrere Dutzend Unterkünfte, die diese Bezeichnung im Namen führen. Dahinter sind zwei Absichten zu erkennen: Zum einen wird vermehrt eine internationale Kundschaft angepeilt, zum anderen wird der Begriff von Budget- bis zu Mittelklassehotels auch schon mal missbraucht, um ein Upgrade zu suggerieren. Nicht nötig haben dies die paar Luxus-Lodges. «A class of its own» und entsprechend ultimativ vom Namen her ist «The Lodge» in Verbier. Dieses feudale Blockhaus von Virgin-Chef Richard Branson dürfen solvente Kunden für 90.000 bis 170.000 Franken pro Woche mieten – Mahlzeiten und Getränke für bis zu 18 Personen immerhin inbegriffen, plus eine 15-köpfige Dienstbrigade samt Chauffeur-Service. Wer nicht samt Entourage anreist, kann in Zermatt auch «nur» in einem Penthouse wie der «Matterhorn Lodge», im «Heinz Julen Loft» oder in der 5-Sterne Mountain Lodge «The Omnia» standesgemäss logieren.

Nicht nur Luxus pur

Hotellerie de Mascognaz Champoluc

grosse Wellnessbereich mit Schwimmbad, Sauna, Türkischem Bad und Massage. Mascognaz liegt im Val d’Ayas, einem Seitental des Aostatals. Die Anreise erfolgt via Grand St. Bernhard. Das Skigebiet Champoluc ist mit Gressoney und Alagna verbunden. Der Reiz dieser Destination liegt aber nicht zuletzt auch im riesigen Tourenangebot zwischen Grand Tournalin und Breithorn. Preis: 240–700 Euro. www.hotelleriedemascognaz.com

TEXTE: PETER HUMMEL FOTOS: PETER HUMMEL/ZVG

HOCHGENUSS

Holz und Naturstein sorgen hier für ein behaglich luxuriöses Alp-Gefühl. Die Hotellerie de Mascognaz ist eine alte Walsersiedlung. In ihrer authentischen Renovierung und Nutzung als Edelunterkunft ist sie wohl einzigartig. Alle 23 Zimmer in sieben Chalets sind für sich unique. Standesgemäss, aber in solch einem ruralen Ambiente doch unerwartet: der

Es muss aber nicht immer so elitär sein: Es gibt eine ganze Reihe von erschwinglichen Häusern, die sich vom Namen her eine neue Identität gaben oder aber eine entsprechende Transformation durchliefen. Da wurde ein Hotel Belgrat in Belalp zur «Hamilton Lodge» aufgepimpt, ein Alpina in Engelberg zur «Skilodge» gestylt und ein Hotel Müller in Pontresina zur «Mountain Lodge» veredelt. Mit Kreativität lassen sich auch einfache Herbergen in Schmuckstücke verwandeln. Im Berner Oberland steht «Lodge» vor allem als Synonym für günstige Backpacker-Unterkünfte: Allein in den Outdoor-Zentren Interlaken und Grindelwald gibt es ein halbes Dutzend solcher Budget-Lodges. Fazit: Es finden sich hierzulande inzwischen zwar Lodges aller Gattungen, mal mit mehr, mal mit weniger Holz und heimeligen Elementen der amerikanisch/skandinavischen Vorbilder, doch das Blockhaus-Feeling vermitteln sie kaum. Nachfolgend stellen wir fünf Lodges in der Schweiz und ihren Nachbarregionen vor, die zumindest die traditionelle «Lodge»-Idee reflektieren.

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Berglodge Nesselwang Nomen est omen: So stellt man sich eine richtige Lodge vor – oben am Berg, mitten im Skigebiet, ein Panorama in Cinemascope. Dieser Adlerhorst bei der Alpspitze hoch über Nesselwang hat eine Metamorphose erlebt: vom eingesessenen Sporthaus Böck zum stylischen Hideaway mit Annehmlichkeiten wie privater Sauna,

Woodridge Werfenweng

HOCHGENUSS

Alpenbarock? Von wegen! Die Woodridge in Werfenweng im Pongau (Salzburgerland) ist anders. Und authentisch. Der Name passt zwar perfekt zum Stil der Dutzend Blockhäuser; eigentlich stammt er einfach vom australischen Örtchen, wo der einheimische Skilehrer Alois seine Carolyne kennengelernt hat. Die charmanten Gastgeber

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eigenem Quellbrunnen, offenem Kamin und WLAN. Tagsüber herrscht bodenständiger Skihüttenbetrieb. An den Abenden serviert ein Privatkoch das Abendessen in den vier Apartments. Exklusiv auch die Anfahrt, wenn die Seilbahn wegen Sturm oder Schneemangel nicht fährt: per Pistenraupe oder Quad, eingewickelt in Schaffelle. 175/195 Euro pro Person, ab drei Nächten. www.berglodge.de

reden zu Recht von Luxury Chalets, fehlt es doch von schweren Ledersesseln über das Kaminfeuer bis zu eigener Sauna und Whirlpool an keinerlei Komfort. Doch dieser Luxus kommt so unprätentiös daher, wie es für eine Skilodge nicht schöner sein kann – erst recht, wenn die Piste des kleinen, aber feinen Ski- und Tourengebiets vor der Haustür liegt. Ab 298 Euro pro Chalet bei ganzwöchiger Buchung. www.woodridge.at


Die Lage auf 1920 Metern ist an sich schon erhaben. Das Hotel setzt noch eins drauf als «Europas höchstgelegenes Vier-SterneHotel an einem See». Jedenfalls hat das Frutt Lodge & Spa den traditionsreichen Kurort aus seinem Dornröschenschlaf geweckt. Obschon es mit seinem markanten Kubus die Dimensionen des beschaulichen

Saanewald Lodge Saanenmöser Dieses Haus steht für pures Understatement: Die Saanewald Lodge in Saanenmöser wurde 1964 als schlichte Ferienkolonie errichtet und von den Brüdern Jean und Paul Peyer 2012 zu neuem Leben erweckt. Auch heute noch wirkt das Haus unscheinbar, passend zum Motto «Come up and slow down». Slowlife statt Lifestyle lautet

Ortes wie auch einer herkömmlichen Lodge sprengt. Gleichwohl stellt sich in der Lobby und der Bar ein behaglich-gediegenes Lodge-Feeling ein. Und den auf dieser Höhe feudalen Wellnessbereich mit Panoramablick nimmt man gerne als Zugabe. Als Zugabe zum großen Sportangebot von Ski bis Schneeschuh lockt sogar Eisfischen im Melchsee! DZ ab CHF 310. www.fruttlodge.ch

der Leitspruch. Nun, als «Getaway» mit Retro-Anleihen wird ja auch ein eigener Stil gepflegt – und der passt sehr wohl zur Lodge-Philosophie. Vintage-Dekor versetzt einen in die Sechzigerjahre zurück. Für Wellness sorgen Sauna, Dampfbad und ein Hotpot. Wirklich Skilodge-like ist die prädestinierte Lage zwischen zwei Liften. DZ ab CHF 200. www.saanewald-lodge.ch

HOCHGENUSS

Frutt Lodge & Spa Melchsee-Frutt

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Robert Boesch/ MAMMUT

EXPERT

Wanderlust oder -frust? Der Rucksack ist mitentscheidend daf端r, wie die Tour endet.


TRAGENDE ROLLE Bei kaum einem anderen Ausrüstungsteil bekommt man intensiver zu spüren, ob das Ding sitzt oder nicht. Rucksäcke spielen bei fast allen Outdoor-Unternehmungen eine tragende Rolle. Bächli-Experte Lukas Imhof weiss, worauf es beim Rucksack-Kauf ankommt. Zweites wichtiges Kriterium: Volumen und Funktion sollten zum jeweiligen Einsatzbereich passen. Diesen sollte man vorab möglichst genau eingrenzen, rät der Experte. Braucht man den Rucksack eher für Wanderungen oder stehen Kletter- oder Skitouren im Vordergrund? Gehört man zu den Menschen, die stärker schwitzen und eine sehr gute Rückenbelüftung bevorzugen? Soll im Rucksack noch eine Fotoausrüstung Platz finden oder muss man für die Kinder Regenjacken und Proviant einpacken?

Geht’s eine Nummer kleiner? Auch wer mehrere Tage unterwegs ist, sollte nicht unbedingt zum Modell mit dem grössten Volumen greifen. Schliesslich muss der voll beladene Rucksack auch getragen werden. Fitte Wanderer und Bergsteiger schultern durchaus 20 oder mehr Kilogramm über einen längeren Zeitraum. Untrainierte sind da längst überfordert. Als für Normaltrainierte gerade noch bequem gilt eine Zuladung von 20 Prozent des Körpergewichts. Wer, abgesehen von Expeditionen, deutlich mehr einpackt, sollte unbedingt noch einmal überlegen, ob er nicht doch ein paar Utensilien zu Hause lassen kann.

Rückenteil: Netz oder Pad? Das Herzstück des Rucksacks ist sein Tragesystem. «Je grösser der Rucksack ist, desto mehr Bedeutung kommt ihm zu», erklärt

EXPERT

«Ich fühl mich wie ein Vogel mit lahmen Flügeln», seufzt Alain am zweiten Trekking-Tag auf der Tour du Mont Blanc rund um den weissen Riesen. Die Schultern schmerzen, der Rücken ist verkrampft. Tom, sein Begleiter, fühlt sich topfit, obwohl auch er nicht besser trainiert ist und sein Rucksack nicht weniger wiegt. «Vielleicht», mutmasst Tom, «liegt das ja an deinem Rucksack ...?» Alain schnauft schwer durch, macht eine kurze Pause und gesteht dann: «Ja, hätte ich doch mal ... nicht das ausrangierte Teil von meinem Bruder genommen.» Rucksäcke gehören zu den Ausrüstungsteilen, die auf Tour in extrem hohem Masse über Lust oder Frust entscheiden. Was macht einen optimalen Rucksack aus? «Er schafft den funktionellen Spagat zwischen möglichst geringem Eigengewicht, komfortablem Tragesystem und passendem Volumen», erklärt Lukas Imhof, der Spezialist bei Bächli Bergsport für die Lastenträger. Das alles entscheidende Kriterium beim Kauf ist ein guter Sitz. Wichtig: Die Rückenlänge des Rucksacks muss mit der des Trägers harmonieren. «Nicht jeder Rucksack passt jedem», warnt der Bergsport-Experte. Seine Tipps: «Packen Sie den Rucksack in der Bächli-Filiale in etwa mit dem Gewicht voll, mit dem Sie später auch auf Tour unterwegs sein werden. Lassen Sie sich vom Bächli Bergsport Berater das Tragesystem einstellen und stapfen Sie so einige Minuten durchs Geschäft.» Das simuliert zwar immer noch keine ausgewachsene Bergtour, gibt aber doch zumindest ein halbwegs realistisches Gefühl, ob der Packen drückt oder nicht. Am besten, man probiert mehrere Modelle im Vergleich aus.

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MAMMUT TRION GUIDE 35+7 II x Alpinrucksack, 35 l x Gewicht: 1550 g x Preis: CHF 179.-

DEUTER ACT TRAIL PRO 32 SL x Wanderrucksack, 32 l x Gewicht: 1420 g x Preis: CHF 169.-

GREGORY BALTORO 75

EXPERT

x Trekkingrucksack, 75 l x Gewicht: 2650 g x Preis: CHF 339.-

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THULE SAPLING x Kindertrage x Gewicht: 3600 g x Preis: CHF 359.-

Lukas Imhof. Aufgabe des Tragesystems ist es, eine optimale Lastverteilung auf Hüfte und Schultern zu gewährleisten und gleichzeitig die Schweissbildung am Rücken zu reduzieren. Die stärkste Luftzirkulation bieten Netzrücken-Konstruktionen, da hier der Abstand vom Rücken zum Rucksack sehr gross ist. Sie bestehen aus einem leichten Rahmen – meist aus Aluminium oder Federbandstahl –, über den ein Netz oder netzartiges Mesh-Gewebe gespannt ist. Beim Kontaktrücken-System dagegen liegt der Rucksack direkt am Rücken an. In diesem Fall übernehmen in die Rückenplatte (Pad) eingearbeitete Kanäle die Belüftung. Das Material ist in der Regel schweissabsorbierend und schnell trocknend. Bei bewegungsintensiven Disziplinen wie beim Klettern, auf Klettersteigen oder auf Hoch-, Ski- und Mountainbike-Touren sind meist Rucksäcke mit Pad sinnvoller. Sie liegen in der Regel besser am Körper an und rotieren oder pendeln bei aktiven Bewegungen weniger, was nicht zuletzt ein wichtiger Sicherheitsfaktor ist. Zusätzlich lässt sich mit Kompressionsriemen die Ausrüstung bei nicht ganz gefülltem Rucksack kompakt und körpernah in Position zurren. Netzrücken bieten weniger Kontrolle über den Rucksack, da der Schwerpunkt der Last etwas weiter vom Körper entfernt liegt. Dieses System wird überwiegend bei Wanderrucksäcken eingesetzt, da hier eine gute Belüftung im Vordergrund steht. Beide Systeme gibt es sowohl mit vorgegebenen als auch mit verstellbaren Rückenlängen. Verstellbare Systeme sind in der Regel etwas schwerer, aber exakter anpassbar. Beim Kauf eines fixen Systems sollte man unbedingt auf die richtige Länge achten. Viele Modelle gibt es auch als Frauenversion. Diese Ausführungen berücksichtigen die weiblichen anatomischen Gegebenheiten wie einen kürzeren Rücken, schmalere Schultern und den empfindlicheren Brustbereich.

Rucksacktypen: Guide für Bergsportler Je nachdem, wie der Zugang ins Hauptfach gestaltet ist, spricht man von Top-, Frontoder Backloadern. Der klassische Zugriff erfolgt von oben. Vorteil: Es ist kein zusätzlicher


SO SITZT DER RUCKSACK RICHTIG Auch der beste Rucksack lässt sich nur dann wirklich bequem tragen, wenn er individuell optimal angepasst und eingestellt ist.

KLEINE WANDER- ODER KLETTERRUCKSÄCKE Die Schulterträger so einstellen, dass das untere Ende des Rucksacks weder «im Kreuz» noch auf dem Gesäss sitzt.

GRÖSSERE RUCKSÄCKE Rucksack idealerweise wie später auf Tour beladen. Alle zum Tragesystem gehörenden Riemen lockern. Dann den Rucksack aufsetzen. Die Mitte der Hüftflossen auf der oberen Kante des Beckenknochens platzieren und Hüftgurt festziehen. Schulterträger so weit verkürzen, dass etwas Gewicht auf die Schultern kommt. Die Hauptlast bleibt auf dem Hüftgurt. Der Ansatz der Schulterträger am Rucksack sollte zwischen den Schulterblättern liegen. Ist dies nicht der Fall, ist die Rückenlänge des Rucksacks entweder zu kurz oder zu lang. Durch Anziehen der Lastkontrollriemen kann man variieren, wie viel Gewicht auf den Schultern liegt. Je fester, desto enger sitzt der Rucksack am Körper und desto grösser ist die Stabilität. Je lockerer, desto besser ist die Belüftung. Lassen Sie sich von unseren Spezialisten bei Bächli Bergsport im Rahmen des Verkaufs den Rucksack kostenlos anpassen.

Kontaktrückenkonstruktion. Vorteil: hohe Laststabilität. Nachteil: limitierte Rückenbelüftung. (Illustration: Deuter)

EXPERT

Reissverschluss nötig, und man kann Ausrüstung unter die Deckeltasche klemmen. Beim Frontloader kommt man über einen langen Reissverschluss an der Vorderseite an seine Sachen. Beim Backloader lässt sich mit einem Rundbogen-Reissverschluss die gesamte Rückenpartie aufklappen. Die beiden letzteren Varianten erlauben einen sehr komfortablen Zugriff ins Hauptfach, ohne zu wühlen. Backloader eignen sich vor allem für Schneesportarten. Ski oder Snowboard können beim Öffnen am Rucksack bleiben. Sehr körpernah lässt sich die Last bei guten Alpinrucksäcken positionieren. Sie sind schmal geschnitten und mit einem Kontaktrücken ausgestattet. Modelle zum Sportklettern, für längere alpine Fels- bzw. Eistouren und Rucksäcke für hochalpine Unternehmungen sind entsprechend unterschiedlich ausgestattet. Bei Sportkletterrucksäcken (ca. 20 l) ist das Tragesystem auf ein Minimum reduziert. Der Hüftgurt dient nur dazu, den Rucksack am Körper zu stabilisieren. Rucksäcke für alpine Fels- und Eistouren (ca. 30 bis 35 l) bestehen aus robusteren Materialien und verfügen über zusätzliche Befestigungsmöglichkeiten für Eisgeräte und Helm. Hochalpine Tourenrucksäcke (ca. 35 bis 55 l) besitzen ein aufwendigeres Tragesystem, die Schulterträger und der Hüftgurt sind stärker gepolstert. Praktisch: Bei einigen Modellen lässt sich die Position der Deckeltasche mithilfe von Riemen variieren. So eine «Extension» bringt bis zu fünf Liter Volumen mehr. Bei vielen grösseren Modellen ist das Innere in ein Hauptfach und ein Bodenfach mit jeweils eigenem Zugang unterteilt. Schneesportrucksäcke (ca. 30 bis 35 l) für Skitourengeher und Freerider besitzen ein Rückenpad aus schneeabweisendem Material. Befestigungsmöglichkeiten für die Ski oder das Snowboard sowie schnell zugängliche Safety-Fächer für Lawinensonde und -schaufel sind ein Muss. Viele Marken bieten mittlerweile spezielle Modelle mit integrierten Lawinen-Airbags an. Im Notfall werden diese vom Sportler aktiviert und blasen sich in wenigen Sekunden auf. Sie können bewirken, dass Wintersportler beim Lawinenabgang an der Oberfl äche bleiben oder zumindest weniger tief verschüttet werden und so schneller gerettet werden können.

Netzrückenkonstruktion. Vorteil: gut belüfteter Rücken. Nachteil: reduzierte Laststabilität durch grössere Entfernung vom Rücken (Illustration: Deuter)

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SCOTT AIR MNT AP 40 x Skitourenrucksack mit Airbag, 40 l x Gewicht: 2880 g x Preis: CHF 799.-

Bikerucksäcke (ca. 10 bis 30 l) sollten möglichst eng am Körper anliegen und gut belüftet sein. Dafür sorgt ein Kontaktrücken oder ein sehr fl ach konstruiertes Netzsystem. Ausgestattet sind sie mit einem innenliegenden Extrafach für das Trinksystem, einer Vortasche für den Helm, Reflektoren und Fächern für Werkzeug und Ersatzschläuche.

Viel Laderaum für Trekking-Touren RAIDLIGHT ULTRA OLMO 12 (INCL. BOTTLES) x Berglaufrucksack, 12 l x Gewicht: 585 g x Preis: CHF 159.-

DYNAFIT RC 20 III

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x Ultraleicht-Skitourenrucksack, 20 l x Gewicht: 360 g x Preis: CHF 119.-

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PACSAFE VENTURESAFE 65L GII x Reiserucksack, 65 l x Gewicht: 2600 g x Preis: CHF 339.-

Für lange Touren mit viel Gepäck wie Zelt, Isomatte und Schlafsack benötigt man einen grossvolumigen und robusten Trekkingrucksack (bis ca. 80 l). Ein stabiles und gut gepolstertes Tragesystem ist in diesem Fall besonders wichtig. Sinnvoll sind ein zusätzliches Bodenfach, Kompressionsriemen und diverse Befestigungsmöglichkeiten für «Aussenlasten». Für eine weitaus süssere Last konstruiert sind Kindertragen, geeignet ab dem Sitzalter des Kindes. Entscheidend ist neben einem robusten Tragesystem die Qualität der Verarbeitung. «Hier geht es um die Sicherheit des Kindes», so der Produktmanager von Bächli Bergsport. Er rät zu Modellen mit TÜV-Zertifizierung.

Einer für alles? Reicht ein Rucksack für alle Outdoor-Aktivitäten aus? «Es gibt vielseitig verwendbare Rucksäcke, aber der Rucksack für jede Gelegenheit existiert nicht», weiss Imhof. Eine gängige Grösse von 35 Litern deckt eine gewisse Bandbreite an Touren ab. «Letztlich macht es aber keinen Sinn, beispielsweise mit einem Wanderrucksack zum Klettern zu gehen oder mit einem Trekkingrucksack eine Tagestour zu unternehmen», ist sich Imhof sicher. Faule Kompromisse verringern den Tragekomfort und die Sicherheit auf Tour. Und Spass machen Unternehmungen mit deplaziertem Material schon gar nicht, wie Alain auf der Tour du Mont Blanc erfahren hat. «Eines ist klar», fasst Lukas Imhof zusammen. «Ein guter Rucksack soll entlasten und nicht belasten.» TEXT: JOHANNES WESSEL FOTOS: ZVG


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Am Fixseil gesichert zur nächsten Untersuchung: Probanden beim Aufstieg ins Lager II (6100 m).

WISSENSCHAFT IN DER TODESZONE Was genau passiert, wenn dem Körper der Sauerstoff ausgeht? Das haben 20 Schweizer Höhenmediziner versucht herauszufinden. Bächli Bergsport hat die einzigartige Forschungsexpedition mit 40 Probanden am 7126 Meter

EXPERT

hohen Himlung Himal in Nepal unterstützt.

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Lager II – 6100 Meter: Atemnot und Kopfweh, Finger und Zehen spüre ich kaum noch. Der Wind lässt die Zeltwände knattern. Der Gaskocher faucht, aber der Schnee für das Teewasser will nur langsam schmelzen. Extreme Arbeitsbedingungen. Für mich als Journalist genauso wie für die Wissenschaftler und Probanden. Nebenan im Forschungszelt versuchen die Mediziner unter der Daunenjacke Computer und technische Apparate auf Betriebstemperatur zu bringen. Die Aussicht auf eine weitere kalte, unbequeme und lange Nacht sowie der noch bevorstehende Aufstieg ins Lager

III auf 7000 Metern machen mir klar: Der Mensch gehört nicht hierher. Dennoch stossen immer mehr Bergsteiger und Trekker in immer grössere Höhen vor. Und damit steigt auch die Zahl der Krankheitsfälle. In grossen Höhen sinkt der Luftdruck der Atmosphäre und damit auch der dem Körper zur Verfügung stehende Sauerstoff. Schon auf 5000 Metern kann die Lunge aus jedem Atemzug nur noch halb soviel Sauerstoff schöpfen wie auf Meereshöhe. Es drohen die Akute Bergkrankheit AMS (Symptome: Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schwindel und Übelkeit),


TRÄNEN AM HIMLUNG Die 37-jährige Mathematikerin Stefanie Ulsamer aus Thalwil hat als Probandin am Himlung viel über sich und ihre Grenzen erfahren.

Auf 7000 Metern – Fälle für die Intensivstation Zurück zum Himlung. Irgendwo auf dem Weg ins Lager III. Oben in den Wolken warten die vorausgestiegenen Wissenschaftler auf ihre «Forschungsobjekte». Sie warten auf mich. Also weiter: zehn Schritte. Pause. Luft holen, warten. Wieder zehn Schritte. Wieder nach Luft ringen. Der Blick zurück zeigt: Zwei Probanden haben aufgegeben – sie sind umgekehrt. Egal, weiter! Kein Auge für die Umgebung. Die Gedanken hüpfen nach Hause, ins nächste Zeltlager und

Wieso haben Sie an dem höhenmedizinischen Projekt als Probandin teilgenommen? Ich bin absolut bergbegeistert. Bisher hatte ich vor Expeditionen grossen Respekt, weil das Gipfelziel als einziges Erfolgskriterium das Gesamterlebnis der Reise in den Hintergrund drängt. Besonders motiviert hat mich die Chance, an einem medizinischen Grossprojekt mitzuwirken. Wie waren die medizinischen Untersuchungen? Hart, aber unglaublich faszinierend. Ich hatte bislang weder mein Herz noch meine Lunge «live» gesehen und war einfach nur begeistert davon, was mit den heutigen Ultraschallgeräten alles darstellbar ist. Gut, auf über 6000 Metern Höhe auf dem Fahrrad zu strampeln, bis es nicht mehr geht, ist nicht angenehm. Aber ich war dort oben zu erledigt, um dagegen auch nur innerlich zu «protestieren». Sie mussten, wie viele andere, vor dem Gipfel umkehren. Als ich mein selbst gestecktes Zwischenziel – Lager II auf 6100 Metern – erreicht hatte, erschien mir der Gipfel realistisch. Aber ich wollte nur los, wenn ich den Gipfel sicher aus eigener Kraft erreichen könnte. Das war am Tag X einfach nicht der Fall. Schweren Herzens und mit aller Vernunft hab ich mich für den frühzeitigen Abstieg entschieden. Ein paar Tränen hat es mich schon gekostet. Würden Sie sich wieder für ein solches Projekt anmelden? Ganz klar, jederzeit!

DIE HIMLUNG-EXPEDITION IN ZAHLEN Noch nie wurde mit so grossem Aufwand auf so grosser Höhe geforscht. Ausgewählte Probanden: ..................................... 40 (davon 18 Frauen) Alter der Probanden: ..................................................... 26 bis 65 Jahre Kosten pro Expeditionsmitglied: ...................................... CHF 10 000.Forscher: ......................................... 20 (Inselspital Bern, Kantonsspital Aarau, Uni-Klinik Leipzig) Expeditionsleitung und Logistik: .......................................................... 6 Schweizer Bergführer: .......................................................................... 6 Hochgebirgsträger (Sherpas): ............................................................ 22 Köche (einheimisch): ............................................................................ 6 Küchenhelfer (einheimisch): .............................................................. 20 Sponsoren: .......................................................................................... 35 Gesamtbudget: ............................................................. ca. CHF 1,2 Mio. Zeltlager: ......................................... 4 (Basecamp 4800/Camp I 5500m/ Camp II 6100m/Camp III 7050 m) Zahl der Zelte insgesamt: ................................................................. 200 Gesamtgewicht Ausrüstung: ........................................... ca. 25 Tonnen Maultiertage für Transport ins Basislager und zurück: ................ 3000 Fixseile am Berg: ............................................................... 5 Kilometer

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das Höhenlungenödem HAPE (Symptome: Atemnot, rasselnde Atemgeräusche, sehr schnelle Atmung und plötzlicher, unerklärlicher Leistungsabfall) und das gefährliche Höhenhirnödem HACE (Symptome: schwere Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Erbrechen und Apathie). Wer das Risiko einer Erkrankung vermindern will, sollte sich an die gängigen Akklimatisationsregeln halten: Ab 2500 Metern die Schlafhöhe um maximal 600 Meter pro Nacht erhöhen. Grosse körperliche Anstrengungen vermeiden. Pro 1200 Meter Höhengewinn einen Ruhetag einlegen. Sauerstoffmangel ist aber auch in den tiefen Lagen Mitteleuropas kein seltenes Phänomen: Auf den Intensivstationen leiden und sterben daran täglich Patienten mit schweren Lungenschäden, Infektionen und Schlaganfällen. Was bei akuter Hypoxie in den Zellen genau passiert, ist noch wenig erforscht. Das wollen die Swiss-Exped-Höhenmediziner mit den am Himlung Himal gesammelten Daten ändern. 40 bergbegeisterte Probanden sind freiwillig mitgekommen, hinauf in die eisigen Höhen. Dank Tausenden von Blutproben aus verschiedenen Höhenlagen, Ultraschallaufnahmen und Leistungsdiagrammen wollen die Forscher nach Auswertung der Daten herausfinden, was sich bei akutem Sauerstoffmangel im Hirn, im Blut oder in der Lunge genau verändert, wie der Hormonspiegel Kapriolen schlägt und wie die lebensbedrohlichen Symptome allenfalls therapiert werden können.

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EXPERT

Schwitzen und Keuchen unter ärztlicher Aufsicht: medizinische Leistungstests auf 6000 Metern Höhe.

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zu den kalten Füssen und dann wieder ins Basislager, wo es doch vergleichsweise gemütlich war. Die Schläfen pochen. Ich stapfe wie in Trance. Wie weit noch? Ich mag schon lange nicht mehr. Eigentlich will ich nur runter – aber immer wieder klinke ich den Karabiner an meinem Klettergurt ins im Eis verankerte Fixseil. Noch geht es irgendwie, wenn auch unendlich langsam. Nach anfänglichem Wetterglück und ersten Akklimatisationstouren in die Hochlager I und II wurde die Expedition vor dem letzten Aufstieg Richtung Camp III im Basislager auf 4800 Metern eingeschneit. Forscher und Probanden mussten fast eine Woche ausharren, bis sich die Lawinensituation wieder entspannt hatte. Nachdem die von den Schneemassen zerstörten Hochlager und Forschungsstätten von den Sherpas ein zweites Mal aufgebaut sind, können die Forscher nun im direkt unter dem Gipfel aufgebauten Lager III (7050 m) an den 15 verbliebenen Testpersonen die letzten Ultraschalluntersuchungen vornehmen. Die anderen 25 Probanden haben aufgegeben. Erschöpfung, Müdigkeit, Motivationsprobleme oder «Kleinigkeiten» wie mittelgradige Erfrierungen haben sie ausgebremst. Vier Expeditionsteilnehmer wurden krank und

mussten zum Teil mit dem Helikopter evakuiert werden. Der letzte Aufstieg bei Temperaturen um minus 30 Grad und die Forschungsarbeit unter schwierigsten Bedingungen zeichnet die verbliebenen Expeditionsmitglieder. Kollektives Kranksein an einem unendlich schönen Ort! Noch nie zuvor ist ein Forscherteam mit so vielen Testpersonen in eine so grosse Höhe vorgestossen. «Solche Probleme sind bei einer so grossen Expedition nicht auszuschliessen», meint der erfahrene Expeditionsleiter Urs Hefti. Er zieht rückblickend vor allen Teilnehmern den Hut: «Alle haben unter schwierigsten Bedingungen eine unglaubliche Leistung vollbracht.» Was bleibt, sind Erinnerungen an Kopfwehnächte, an die Erschöpfung auf dem Ergometer. Rückblenden auf Tränen der Enttäuschung und Glücksgefühle, die sich nach dem Gipfelerfolg nur langsam einstellen. Fragmente von überwältigenden Gefühlen, ein wenig Stolz. Und das gute Gewissen, vielleicht einen kleinen Beitrag geleistet zu haben, mit den Forschungsergebnissen künftig Menschen zu heilen oder gar Leben zu retten. TEXT UND FOTOS: TOMMY DÄTWYLER/SWISS-EXPED

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«Ich bin seit über 20 Jahren ein leidenschaftlicher Skitourengeher. Trotz dreimaligem Schuhwechsel war ich noch nie komplett schmerzfrei unterwegs. Das liegt vor allem daran, dass ich einen Problemfuss habe. Wie löse ich mein Problem?» Tom Müller aus Bern

Dem «Variant 37» von Osprey wird so schnell kein Gepäck zu schwer. Der geräumige Winterrucksack überzeugt vor allem durch hohen Tragekomfort und effektive Lastübertragung. Der detailverliebte Variant wird anspruchsvolle Wintersportler und Alpinisten überzeugen mit dem verstärkten Kompressionsfach für Steigeisen, der seitlichen Skibefestigung, einem Holster für Eiswerkzeuge und dem abnehmbaren Hüftgurt. Besonders praktisch – der Deckel und viele weitere Elemente sind abnehmbar. So lässt sich der Variant präzise den jeweiligen Anforderungen anpassen, und ganz nebenbei spart man so bis zu 620 Gramm Gewicht.

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Ziel eines jeden Skitourenschuhs ist es, dem Fuss einerseits möglichst viel von seinem natürlichen Bewegungsspielraum zu lassen, ihm andererseits aber auch Halt für die hohen Belastungen auf dem Ski zu geben. Und je besser der Schuh passt, desto besser werden bei der Abfahrt auch die Lenkimpulse an den Ski weitergegeben. Weil es den Normfuss ebenso wenig gibt wie den einzig richtigen Schuh, gibt es mittlerweile eine ziemlich lange Liste der Anpassungsmöglichkeiten: Thermoverformung des Innenschuhs, Fräsen oder Ausbeulen der Schale, geschäumte Innenschuhe oder die Verwendung von speziellen Einlegesohlen für eine bessere Passform oder Volumenanpassung. Welche Massnahmen Sinn machen, hängt nicht nur vom Fuss ab, sondern auch vom Fahrkönnen, der Athletik des Fahrers, dem bevorzugten Terrain/Einsatz und der Anzahl der Skitage. All das klären Sie am besten im Rahmen eines persönlichen Beratungsgesprächs beim Skischuhspezialisten Ihrer Bächli Filiale. Er/sie nimmt sich die Zeit, um nicht nur das passende Schuhmodell für Sie zu finden, sondern dieses auch perfekt an Ihren Fuss anzupassen.

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Terminvereinbarung Monika Dänzler, Verkaufsberaterin der Bächli Bergsport Filiale in Bern

OSPREY VARIANT 37 Gewicht: 1530 Gramm Preis 185.- CHF

Hingucker Die gemeine Pudelmütze verdankt ihren Namen dem angenähten Bommel, der entfernt an die Frisur eines Pudels erinnert. Solcherlei Gedanken sind einem fern, wenn man sich nach der «Nea Pom Cap» von Capo umdreht. Die Damenstrickmütze ist ein echter Hingucker, beim Einkaufsbummel genauso wie auf der Piste. Auch die Funktion bleibt dabei nicht auf der Strecke: Ein Mix aus Merino und Viskose sorgt für mollige Wärme und hohen Tragekomfort.

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Mischling Der Winter stellt besondere Anforderungen an die Bekleidung, wenn der Körper nach schweisstreibendem Anstieg nicht in kürzester Zeit auskühlen soll, sobald man den Gipfel oder das Ende der (Eis-)Kletterroute erreicht. Genau für solche Situationen hat Ortovox die «Col Becchei Jacket» entwickelt, bei der ein durchdachter Materialmix die verschiedensten Klimazonen des Körpers berücksichtigt. Nach dem Prinzip des Bodymappings werden isolierende, stark wasserdampfdurchlässige, schnell trocknende oder wind- und niederschlagsabweisende Materialien genau an der Stelle eingesetzt, wo diese Eigenschaften erforderlich sind. Das Resultat – ein unvergleichlicher Tragekomfort.

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Traditionell werden Mutterschafe und Lämmer erst Mitte Juni geschoren, wenn das seit Urzeiten als «Schafskälte» bekannte Wetterphänomen (wenn aus dem Nordwesten einströmende kühle und feuchte Luft die Temperatur plötzlich um fünf bis zehn Grad sinken lässt) mit grösster Sicherheit ausgeschlossen werden kann. «Schafswärme» hingegen ist ein ganz neues Phänomen, das vor allem die stolzen Besitzer einer «Piz Boé»-Short kennen. Dank zweier seitlicher Reissverschlüsse kann diese trotz Skischuhen einfach und schnell über die Skitourenhose angezogen werden, wenn bei einer längeren Gipfelrast oder in der nordseitigen Abfahrt zweistellige Minustemperaturen den Körper auszukühlen drohen. Die für die Swisswool-Light-Wattierung verarbeitete Schweizer Schurwolle hält dann die körpereigene Wärme effektiv zurück, damit Skitourengeher dem Winter entspannt die warme Rückseite zeigen können.

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Schafswärme

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Eine Familie, die für Schuhe lebt: die Brüder Antonio, Luigi und Francesco (Mitte), eingerahmt von der zweiten Generation: Andrea, Cristina, Davide und Sandro Parisotto (von links).

LA FAMIGLIA Montebelluna in Italien ist das Mekka der BergschuhHersteller: Weil das Know-how der dortigen Arbeiter

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einzigartig ist, produzieren viele Firmen lieber hier, als

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im billigen Asien. Bei der Traditionsmarke Scarpa verlässt man sich zudem auf eine weitere Stärke: Familienbande. Der «Presidente» ist ein nachdenklicher Typ, kein Marktschreier, kein Hansdampf. Dazu lastet die Verantwortung zu schwer auf seinen Schultern. Sandro Parisotto, Jeans und Kaschmirpulli, die Brille etwas schief, hat viel erreicht. Er hat das Erbe der Familie weitergeführt, den Erfolg der alten

Herren noch übertroffen. Unter seiner Leitung wandelte sich eine kleine Firma, die für ihre Qualität geschätzt wurde, in eine, die geliebt wird. Weil ihre Schuhe so viel aushalten, dass sie einen länger begleiten als manch treuer Kamerad. Weil sie so bequem sind, dass man mit ihnen bis zum


gab: Werkzeuge, Kleider und Schuhe, die hier meisterhaft gefertigt wurden.

Prominente MarketingUnterstützung Später kamen die ersten Touristen. Einige blieben länger, zum Beispiel Rupert Edward Cecil Lee Guinness, der zweite Earl von Iveagh. Ein umtriebiger Mann – in seiner Heimat Irland war er Politiker und Wissenschaftler, gab das berühmte Buch der Rekorde heraus, um seine bald ebenso berühmte Brauerei zu bewerben. Für den Grosskapitalisten Guinness war es unbegreiflich, dass die Schuster Asolos so geniale Handwerker sein konnten und gleichzeitig so schlechte Geschäftsmänner. Also gründete er eine Firma, um ihre Expertise zu bündeln. Der Earl, ein echter Marketingprofi, gab ihr den Namen SCARPA. Das stand für «Società Calzaturieri Asolani Riuniti

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Horizont laufen möchte und noch weiter. Und weil sie auch noch schön anzuschauen sind, denn Herkunft verpflichtet, - «bella figura» lässt sich auch in Bergschuhen machen. Dass das so bleibt, ist der Presidente seinem Vater schuldig. Und den Onkeln, mit denen Papa die Firma aufbaute, den Cousins und Cousinen, mit denen Sandro Parisotto sie heute gemeinsam leitet. Nicht zuletzt auch den Familien aus der Stadt, die teilweise schon in der dritten Generation für die Firma arbeiten – Scarpa, Spezialist für alle erdenklichen Arten von Schuhen, mit denen sich Berge besteigen lassen. Ansässig seit 1938 im norditalienischen Asolo. Das Städtchen ruht auf einem Hügel an der Südseite der Alpen, hinter ihm schwingen sich sanft die ersten Berge auf. Aus ihnen kamen früher die Dörfler, um in Asolo die wenigen Waren zu verkaufen, die sie anzubieten hatten. Leder zum Beispiel. Im Gegenzug nahmen sie mit, was es in den Bergen nicht

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Francesco Parisotto (links) und seine Brüder fingen klein an, doch weil die Qualität von Scarpa gefragt war, wuchsen Firma und Produktpalette unaufhörlich.

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Pedemontana Anonima», übersetzt etwa «Gesellschaft der vereinten Schuhmacher der Bergregion Asolo». Oder eben für «scarpa», das italienische Wort für Schuh. Wenn der Presidente heute durch die moderne Fertigungsstätte führt, die 1996 zu Füssen der Stadt gebaut wurde, erinnert nichts mehr an die alten Zeiten, in denen die Mitarbeiter unter Guinness` Leitung 20 Paar Schuhe am Tag herstellten. In drei Reihen wird heute produziert, «rechts Berg- und Trekking-Schuhe, in der Mitte Kletterschuhe, links Telemarkund Skitouren-Schuhe», wie Parisotto erläutert. Es riecht nach Leder und Kleber, Nähmaschinen rattern, lasergestützte Systeme stechen Einzelteile so aus grossen Häuten aus, dass möglichst wenig vom wertvollen Rohstoff übrig bleibt. Schwere Maschinen pressen Kletterschuhe auf Ambosse, um lang haltende Verbindungen aus Leder und Gummisohle zu erhalten. Und ein paar Hausnummern die Strasse hinunter schiesst im alten Firmengebäude heisser Pebax-Kunststoff aus Spritzdüsen, um in den Metallformen zu Skischuhschalen auszuhärten.

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Starke Schweizer Bande Dass der Name Scarpa heute quasi ein Synonym für hochwertige und komfortable Skitourenschuhe ist, daran hat auch ein Schweizer grossen Anteil. Romolo Nottaris, inzwischen 68 Jahre alt, hatte schon ein bewegtes Leben hinter sich, als er 1986 den Vertrieb der damals in der Schweiz kaum bekannten Marke übernahm. Als Jugendlicher hatte er seine ersten Franken als Zigarettenschmuggler verdient, später lebte

er in Genf vom Pokerspiel, bis er das Bergsteigen wiederentdeckte. Als Bergführer und Profialpinist stieg er mit Schuhen von Scarpa unter anderem auf den 8485 Meter hohen Makalu – und wer das wie er im Winter tut, muss von der Qualität seiner Schuhe überzeugt sein. Doch als Nottaris mit seinem Vertreterkoffer das erste Mal die Schweizer Sportgeschäfte abklapperte, waren die Bestellungen so übersichtlich, dass sein Sohn Daniele besorgt fragte: «Papa, wie sollen wir denn von dieser Arbeit leben?» Der Schweizer Markt wurde damals von Raichle dominiert, daneben wuchs Lowa rasant. Auch bei Heinz und Margit Bächli musste Nottaris mehrfach Überzeugungsarbeit leisten, bis sie Anfang der Neunziger die ersten Schuhe aus Asolo orderten. Doch Nottaris hatte eine Idee, wie er den Absatz ankurbeln könnte. Das Gleitschirmfliegen kam gerade in Mode, also erfand er dafür spezielles Schuhwerk. Und weil eben stärker auffällt, was auffällig ist, gab ihnen Nottaris ein sehr eigenes Design: «Ich ging zu Scarpa. Sie hielten mich für verrückt, machten aber mit. Diese Schuhe waren vor allem sehr farbig – der erste, der «Paratrek», war pink, gelb und grün!» Doch die papageienbunten Schuhe für fliegende Bergsteiger verkauften sich und Scarpa konnte endlich im Schweizer Markt Fuss fassen. «Nach diesem ersten Erfolg wurde ich technischer Berater von Scarpa für den Bergsportbereich und begann, auch direkt in Asolo zu arbeiten», erzählt Romolo. Er half, den legendären Schuh «Bergell» zu kreieren, darauf folgten weitere exklusive Modelle für die Schweiz mit eidgenös-


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sischen Namen wie «Weisshorn», «Weissmies» oder «Matterhorn». 1993 brachte Nottaris mit dem Entwicklerteam den «Denali» auf den Weg – Scarpas ersten Skitourenschuh, der den Markt im Sturm eroberte. In der Fertigungshalle produzieren die Mitarbeiter heute fast 30 verschiedene Modelle, unter ihnen der futuristische «Alien», der gerade mal 700 Gramm wiegt. Auch heute ist Romolo Nottaris noch dabei, wenn man in Asolo an neuen Designs tüftelt, Materialien ausprobiert, Formen entwickelt und wieder verwirft – ein Prozess, der pro Modell eineinhalb bis zwei Jahre dauern und schnell mal eine Million Franken verschlingen kann. Beeindruckt von all diesen Innovationen und Hightech-Maschinen übersieht man schnell, was Scarpa seit Guinness` Zeiten ausmacht: die Mitarbeiter, die in Handarbeit Lederteile vernähen, die millimetergenau Gummilappen kleben, die bis zu 120 Einzelteile zu einem Schuh zusammenfügen. Präzisionsarbeit, jeden Tag tausendfach ausgeführt, denn mittlerweile verlassen jährlich 500.000 Paar das Werk. «Berg-, Kletter- und Skischuhe müssen besonderen Belastungen widerstehen, diese Qualität kann man nicht in Fernost produzieren lassen», sagt Sandro Parisotto, «wir sind auf die Expertise unserer 180 Leute hier in Asolo angewiesen.» Und selbst, wenn man in den Fabriken Chinas den Qualitätsansprüchen von Scarpa genügen könnte – den Parisottos ist noch etwas anderes wichtig: die Passform. Der Presidente führt an grossen Drahtkörben vorbei, in denen unzählige knallbunte Plastikteile lagern. Es sind die Leisten, die Fussmodel-

le, um die herum ein Schuh gefertigt wird. Ein Firmen- und Erfolgsgeheimnis, das die Norditaliener nie freiwillig nach Asien transferieren würden, denn sie sind immer noch so genial geformt wie die alten aus Holz, die Parisotto gerade aus einer Kiste kramt. «Bonatti, Walter», steht in krakeliger Schrift auf dem Paar, das der Presidente gefunden hat. «Eine Spezialanfertigung aus der Zeit nach seiner aktiven Karriere, da hatte er grosse Schmerzen beim Gehen», lacht Parisotto, «Bonatti hätte besser schon früher zu Scarpa kommen sollen». Einen Mitarbeiter, der Bonattis Leisten sicher auch schon in der Hand hatte, möchte der Presidente noch persönlich vorstellen. Ein alter Mann, blauer Kittel, Glatze – Parisottos Vater Francesco, 87 Jahre alt. «Wenn ich daheim sitze, macht mich meine Frau verrückt», scherzt der, «jetzt kommt er hierher und macht uns verrückt», spielt der Junior den Ball zurück. Parisotto senior kaufte die Firma 1956 mit seinen Brüdern Luigi und Antonio von Earl Guinness, die ersten Schuhe fuhr er mit dem Fahrrad aus, bis das Geld für ein Auto reichte. Schliesslich orderten Firmen aus dem europäischen Ausland, dann welche aus Übersee.

45 Scarpa steht für elegantes Design und geniale Passform – vor allem aber für millimetergenaue Handarbeit.


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Rob Lewis

Nach vielen gemeinsamen Jahren schon so etwas wie ein Familienmitglied: der Schweizer Scarpa-Importeur Romolo Nottaris.

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Dass die Zahl der Modelle und der Ausstoss unaufhörlich wachsen konnten, ohne dass die Qualität litt, lag vor allem an Francescos drei Jahre jüngerem Bruder Luigi, der gerade ein paar Meter weiter ein Schwätzchen hält. Luigi hat als Elfjähriger bei Scarpa das Schustern zu lernen begonnen und wurde ein genialer Tüftler: Auf ihn gehen die legendären Plastikbergschuhe «Vega» zurück und die weltweit ersten Telemark-Schuhe mit Hartschalen. Auch dank diesen Innovationen ist Scarpa heute einer der Marktführer in der Schweiz. «Kein Fachgeschäft, das die Marke nicht kennt», meint Romolo Nottaris stolz. Und um noch mehr Menschen zu überzeugen, betreibt Scarpa in Lugano und bei St. Moritz Testcenter, in denen sich Interessierte kostenlos Schuhe zur Probe leihen können. Im Familienbetrieb Scarpa trifft der Presidente aber nicht nur Vater und Onkel. «Es gibt hier noch viel mehr Verwandte», seufzt er gespielt und verdreht die Augen. «Aber weil jeder seinen eigenen Bereich hat, funktioniert das wunderbar». Dann zählt er auf: Cousin Davide ist seinem Vater Luigi gefolgt und leitet jetzt Produktion und Entwicklung. Piero kümmert sich um die Buchhaltung,

Cousin Andrea um die Niederlassung in den USA und Cristina verantwortet das Lifestyle-Segment. Sie ist die einzige Dame im familiären Führungsteam und zeigt ihren Cousins, dass Scarpa nicht nur in den Bergen, sondern auch auf dem Grossstadtasphalt Erfolg haben kann: Sie entwarf einen Strassenschuh in Kletterschuh-Optik, «einen, mit dem man abends einen Mojito trinken gehen kann», erklärte sie ihre Idee damals – heute heisst der Schuh Mojito und ist in Zürich, Paris und Berlin für viele Kletterer obligatorischer Ausweis der Szenezugehörigkeit. Weiter will der Presidente die Produktpalette aber nicht ausdehnen, Kleidung, Skioder Kletterausrüstung zu fertigen, kommt nicht infrage. «Man muss sich auf das konzentrieren, was man kann», sagt Sandro Parisotto, «sonst klappt es nicht». Schuster, will er damit sagen, bleib` bei deinen Leisten! Und dann fügt der Presidente noch etwas an, was für seine Verhältnisse richtig unbescheiden klingt: «Wir können Schuhe herstellen wie kaum ein anderer Hersteller – weil wir die Passion dafür haben.» TEXT: MORITZ BAUMSTIEGER FOTOS: SCARPA

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«TRÄUME NICHT DEIN LEBEN, LEBE DEINEN TRAUM» Lukas Häseli ist trotz seiner jugendlichen 19 Jahre schon ein erfahrener Bergsportler. Auf der Highline an der Eiger-Nordwand musste aber auch er sich überwinden.

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Kein Wunder – bei 1000 Metern Tiefblick.

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«Vor mir lag dieses gespannte Band: 18,5 Meter lang, 2,5 Zentimeter breit. Wer es begeht, hat 1000 Meter Tiefblick. Das Wetter war perfekt, stahlblauer Himmel, kaum Wind, alles lag bereit. Da wusste ich: Jetzt geht es nur noch darum, mich zu überwinden. Jetzt muss ich stark sein, vor allem im Kopf. Das war im vergangenen Frühjahr auf der Highline in der Eiger-Nordwand. Ich habe in der Natur schon viele grossartige Momente erlebt, doch dies war definitiv einer meiner Höhepunkte als Bergsportler. Nach der Begehung war ich wie in Trance, ein unbeschreibliches Gefühl! Solche Aktionen passen zu meinem Lebensmotto: «Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum». Wer ein solches Projekt auf der Highline schaffen will, muss alles andere komplett ausblenden können und voll fokussieren. Weshalb mir das so gut gelingt? Durch das stetige Training läuft bei mir vieles automatisch ab, jede Bewegung sitzt. Das hilft. Ich habe natürlich noch viele Bergprojekte im Hinterkopf. Beruflich stecke ich derzeit in der Lehre als Informatiker. Da ist meine Leidenschaft der perfekte Ausgleich. Ich bin jedes Wochenende oder in den Ferien unterwegs: im Winter auf Skitouren oder beim Eisklettern, im Sommer beim Klettern oder auf Hochtouren, beim Slack- oder Highlinen. Ein Leben ohne Bergsport kann ich mir nicht vorstellen. Meine Eltern haben mir diese Leidenschaft als begeisterte Berggänger in die Wiege gelegt. Schon früh nahmen

sie mich mit. Heute gebe ich meine Erfahrung als J+S-Leiter weiter. Für den Kletterverein alpine-experience bin ich mit Kindern oft im Gelände und in den Bergen unterwegs. Mein Terrain ist die ganze Schweiz: das Tessin, das Bündnerland oder die Walliser Berge. Ich bin gerne flexibel. Mache, worauf ich Lust habe, und passe meine Touren stets den Verhältnissen an. Wettkämpfe sind hingegen nichts für mich. Sich mit anderen zu messen, motiviert mich nicht. Lieber suche ich meine Grenzen in der Natur. Das ist ein ehrlicher Wettkampf, der manchmal gelingt und manchmal nicht. Das Schöne ist: der «Gegner» wächst nicht ständig mit. Wenn ich viel trainiere und mich verbessere, erkenne ich auch meine Fortschritte.» Da hilft mir auch die richtige Ausrüstung: Eisen, Bänder, Seile, diverse Rucksäcke, verschiedene Ski. Das meiste Equipment erstehe ich bei Bächli. Hier finde ich ein breites Sortiment. Ich kenne in der Schweiz keinen vergleichbaren Bergsportanbieter. TEXT: ERICH GOETSCHI FOTO: ZVG/YANNIK RIEBLE

Impressum «Inspiration», die Kundenzeitschrift der Bächli Bergsport AG, erscheint 4 x jährlich und ist in allen Filialen kostenlos erhältlich. Auflage: 90.000 Exemplare

Redaktion & Layout outkomm gmbh Eichbergerstrasse 60, 9452 Hinterforst Telefon 071 755 66 55 E-Mail info@outkomm.com

Herausgeber Bächli Bergsport AG Gewerbestrasse 12, 8606 Nänikon Telefon 0848 448 448 (8 Rp./Min.) E-Mail info@baechli-bergsport.ch

Druck Bruhin AG Pfarrmatte 6, 8807 Freienbach Telefon 055 415 34 34 E-Mail info@bruhin-druck.ch

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