RAUSZEIT Preis: 2,00 €
FOTO Christina Karliczek
FOTO Michael Bode
FOTO Lars Schneider/outdoor-visions.com
FOTO Lars Schneider/outdoor-visions.com
RAUSZEIT
Ausgabe Winter 2014/2015
ERLEBT
BESSERWISSER NACHGEFRAGT
Sportlicher Segeltörn durch den norwegischen Winter: Fjorde treffen auf weiß gezuckerte Bergwelten. Eine Skitouren-Geschichte zwischen Seegang und Schneesuche. Mehr auf S. 12
Regen. Schnee. Kälte. Harte Fakten für Funktionskleidung. Der Besserwisser erklärt, wie man die beanspruchten Lieblingsteile mit der richtigen Pflege fit für den Winter macht. Mehr auf S. 18
Wildnis-Büro. Entbehrungen auf Expedition gehören für Tierfilmer Henry M. Mix zum Alltag. Das Ergebnis: beeindruckende Bilder von seltenen Tierarten und unbekannten Landschaften. Mehr auf S. 22
RAUSZEIT Winter 2014/2015
FOTO Arcteryx
REINES GEWISSEN Waschtag! Für die Pflege von atmungsaktiven Regenjacken hat Fibertec das ökologische Pro Wash entwickelt. Schließlich sollte auch wasserdichte Kleidung regelmäßig gewaschen werden, da Schweiß und Talg die Poren der Membran verstopfen und dadurch die Atmungsaktivität einschränken. Pro Wash reinigt, öffnet die Poren und reaktiviert die Imprägnierung. Das Konzentrat ist ergiebig und biologisch abbaubar. Zur Neuimprägnierung bietet Fibertec das praktische Blue Guard Spray-on, das sich einfach auf das Textil aufsprühen lässt. Die Imprägnierung ist frei von PFOA und PFOS - Tensiden, die nicht zersetzbar sind und sich in der Umwelt anhäufen. Auch für die Pflege von Lederschuhen hat Fibertec das passende Mittel parat: natürliches Shoe Wax. Es versorgt das Leder mit Ölen und Fetten: So bleibt es geschmeidig und zudem wasser- und schmutzabweisend. Preis: 14,95 Euro/9,95 Euro/6,95 Euro
STANDPUNKT Gestern noch hat es geregnet. Über Nacht ist es kalt geworden, dicker Nebel ist aufgezogen. Jetzt schimmern Sonnenstrahlen zaghaft durch den weißen Vorhang, lassen den Raureif wie ein Meer aus Kristallen glitzern. Die Pfützen auf dem Waldweg sind gefroren. Wieder mal schlechtes Wetter? Von wegen, es ist ein Traum! Die Luft ist frisch – durchatmen! Wenn die natürliche Realität auf digitales Wetter trifft, entsteht manchmal der Eindruck, es handle sich um zwei unterschiedliche Welten. Während vor der Haustür Naturphänomene aufeinandertreffen und faszinierende Stimmungen hinterlassen, würden uns die Wetter-Experten anhand von drei digitalen Symbolen diesen Morgen wohl ein wenig reduzierter darstellen: graue Wolken am Berliner Himmel, über Niedersachsen vielleicht Blitzsymbole und Regentropfen in den Alpen. Nach solchen minimalistischen Vorhersagen kramen wir gerne in den Erinnerungskisten unserer Kindheit, um uns den Alltag zumindest gedanklich ein wenig auszuschmücken: Sonnenschein, kristallblauer Himmel und meterhoher Schnee machen sich dann um uns breit. Das mentale Fotoalbum präsentiert uns auf jeder Seite das perfekte Wintermärchen. Regen? Nein, den gab es nie, denn früher war alles besser. Wer erinnert sich schon gerne an die Tatsachen: an die Schmuddelwetter-Tage, an denen wir vollkommen durchnässt, mit matschbespritzen Schuhen und roten Wangen die Wälder durchkämmten, auf der Suche nach Abenteuer und Spaß. Ja, es gab sie – genau wie heute. Der Unterschied: Als Kinder liefen wir in durchnässter Baumwollkleidung durch die Gegend. Heute haben wir modernste Funktionskleidung, die uns Regen, Wind und Kälte stundenlang von der Haut halten kann. Ausrüstung, mit der wir sogar den Temperaturen und Wetterkapriolen der Antarktis entgegentreten könnten. Und doch lassen wir uns allzu oft von digitalen Weisheiten einen Strich durch geplante Abenteuerrechnungen machen. Ein Blick auf das Smartphone, und schon sind die Aussichten klar: »Nicht geeignet für einen Ausflug zum Meer« oder »zu hohe Regenwahrscheinlichkeit für eine Wanderung«. Ein kleines Wölkchen am digitalen Himmel trübt die Stimmung und hält uns von der RAUSZEIT ab. Doch wissen wir wirklich, was uns draußen erwartet, wenn das Wetter auf Millionen von Displays nur zwischen fünf Symbolen unterscheiden kann? Wie soll ein Programmierer auf zwei Zentimetern auch nur annähernd die Stimmung darstellen, die frühmorgens an einem winterlichen Fluss herrscht? Wenn Nebelschwaden wie mysteriöse Geister über das Wasser tanzen. Oder nimmt sich ein Meteorologe die ZEIT, bei seiner Vorhersage die Stille zu beschreiben, die sich nach einem rasanten Schneesturm über das Land legt? Es sind die wechselnden Stimmungen, das Gefühl von Schneekristallen auf der Haut, das Prickeln der Regentropfen im Gesicht, die vermeintliche Schlechtwettertage zu einem eindrücklichen Erlebnis machen und uns beleben. Nicht umsonst zieht es Landschaftsmaler und Fotografen genau an solchen Tagen in die Natur. Um das festzuhalten, was ängstliche Wetterberichtsgläubige nur so oft verpassen: einsame und intensive RAUS-Momente. Überlassen wir anderen den Bammel vor schlechtem Wetter und nehmen uns den Mut rauszugehen, um unsere eigenen Vorhersagen zu machen! Viel Spass mit dem Wetter! Andreas Hille, Michael Bode und Teams
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SPITZEN-FINGERSPITZENGEFÜHL In Fäustlingen kann uns die Kontrolle auf dem Rad leicht entgleiten. Der schnelle Blick auf das GPS-Gerät und Smartphone ist kompliziert, und beim Schließen oder Öffnen des Jackenreißverschlusses wird es manchmal schon fast peinlich ohne das Feingefühlgefühl der Fingerspitzen. Warum also Fäustlinge? Sie wärmen die Hände effektiv und zuverlässig – besser als die meisten Fingerhandschuhe. Warum also nicht … genau! Die Produktentwickler von Vaude haben einen Fäustling mit einem Fingerhandschuh gepaart. Ergebnis: der Syberia Glove. Mit ihm bleibt auch bei tiefen Temperaturen das Fingerspitzengefühl erhalten. Dank der KunstfaserFüllung aus Primaloft sind die Hände auch an nassen Tagen vor Kälte geschützt. Der Handschuh ist winddicht und an der Innenhand mit Silikonpunkten versehen. Die sorgen für griffigen Halt am Lenker. Touchscreens lassen sich auch mit angezogenem Handschuh per Zeigefinger bedienen. Und das alles mit dem Wärmekomfort eines Fäustlings. Preis: 54,95 Euro
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BEINSCHUTZ MIT TRADITION
DER ALLTAGS-KÖNNER
»Gamasche, die:« ein Kleidungsstück ohne Sohle, das als äußerste Schicht über den Schuhen und dem Unterschenkel getragen wird. Per Definition scheint eine Gamasche kein spannendes Kleidungsstück zu sein. Lobgesänge in hippen Modemagazinen? Fehlanzeige! Beim genaueren Hinsehen stellen wir jedoch fest, dass nur wenige Kleidungsstücke so variabel einsetzbar sind wie dieses für die Beinenden bestimmte »Teil«. Robust und widerstandsfähig, so kamen die Beinschützer vor allem im Militär lange Zeit zum Einsatz. Zurück geht der Name auf das ursprünglich verwendete Material: Leder. Als »gaudameci« wird weiches Leder im Spanischen bezeichnet. Der arabische Ausdruck ˙»ˇgild g ˙ ad¯ amis« bedeutet so viel wie »Leder aus Ghadames«. Doch erst über das Französische »Gamasche« schwappte das Wort langsam auch in den deutschen Sprachgebrauch. Nur noch selten gibt es heute Gamaschen aus Leder – dafür umso mehr Varianten aus atmungsaktiven, isolierenden oder wasserdichten Materialien. Sie schützen vor Schmutz, Beschädigung, Nässe, Kälte und Verletzungen. Sie wärmen schnelle Radfahrer an frischen Tagen, halten Schnee vom Schuhrand fern – denn Schmelzwasser in der Socke ist alles andere als angenehm und kann leicht zu Erfrierungen führen. Empfindliche Hosenstoffe schützen Gamaschen vor den spitzen Zacken der Steigeisen und scharfen Skikanten. In den Tropen dienen die Überzieher sogar als Schutz vor Blutegeln und Mücken. Und trotzdem stellen sich viele immer noch die Frage: Brauche ich so etwas wirklich? Aber natürlich! Gerade jetzt, wo es Winter wird. Bei einem Winterspaziergang in den Tiefschnee zu springen, ohne dabei nasskalte Füße zu bekommen. An einem verregneten Morgen auf dem Weg zum Büro mit trockenen Hosenbeinen ankommen. Gamaschen machen’s möglich – auch ohne Lobgesänge in Modemagazinen.
Der Scarpa Mojito ist inzwischen ein Klassiker: hoher Komfort bei festem Halt – und dank des schlichten Aussehens auch elegant genug für den Alltag. Für die kältere Jahreszeit hat Scarpa mit dem Mojito Basic Leather Mid nun wortwörtlich noch eins draufgesetzt. Der halbhohe Lederstiefel bietet dank der Schnürung bis zur Zehenspitze den bewährten Komfort und Halt seines kleinen Bruders. Die Vibram-Sohle sorgt für Sicherheit bei Nässe und Schnee – im urbanen Alltag wie auf Tour unerlässlich. Das Leder bietet bei entsprechender Pflege Schutz vor Wasser und Schmutz und sorgt gleichzeitig für gutes Fußklima. Der neue Mojito vereint bewährte und bekannte Funktionen – dass ein Wanderschuh aber auch zum Anzug getragen werden kann, das ist eine kleine Sensation. Preis: 149,95 Euro
DIE EINFACHE Durch nasses Gras, durch Schnee oder Pfützen – die »Tatonka Gaiter 420HD Short« Gamaschen halten Hose und Schuhe trocken. Durch das verstellbare Sohlenband sitzen sie fest am Schuh und können dank des rückseitigen Reißverschlusses komfortabel an- und ausgezogen werden. Die Gummibünde an beiden Enden sorgen für guten Halt. Preis: 17,95 Euro
DIE EXTREME
FÜRS FAHRRAD
Eine robuste, sehr hohe Gamasche für den Einsatz in Schnee und Eis. Die »Sea to Summit Alpine Gaiter« ist aus atmungsaktivem, wasserdichtem Event-Gewebe gefertigt. Das Außenmaterial: Cordura 500 ist bekannt für seine Robustheit. Dank breitem FrontKlettverschluss und zwei kräftigen Druckknöpfen lässt sich die Gamasche ruckzuck schließen. Ein Kordelzug unterhalb des Knies erleichtert die Anpassung. Die Alpine G gibt es in vier Größen – passend für jedes Bein. Preis: 44,95 Euro
Foto Titelseite Rondane Nationalpark Norwegen. Foto: Lars Schneider.
Wer im Herbst und Winter mit dem Fahrrad unterwegs ist, wird die »Vaude Bike Gaitor Short« lieben. Der kurze Überschuh ist wasserdicht und atmungsaktiv und passt über jeden Schuh. Zudem gibt es an der Sohle Aussparungen für Klickpedale. Durch reflektierende Elemente eignet sich die Gamasche perfekt für die dunkle Jahreszeit. Preis: 19,95 Euro
Alle Produkte aus dieser Zeitschrift gibt es bei Basislager Kaiserstraße 231 76133 Karlsruhe www.basislager.de
CAMP4 Karl-Marx-Allee 32 10178 Berlin www.camp4.de
SFU Schmiedestraße 24 30159 Hannover www.sfu.de
Allgemeine Anfragen und Anregungen bitte an redaktion@rauszeit.net .
SFU Neue Straße 20 38100 Braunschweig www.sfu.de
HELLSEHER Eine kleine, leichte Lampe sollte in keinem Rucksack fehlen. Wer den Sonnenuntergang genießt, muss nicht selten im Dunklen nach Hause. Mit dem Modell Tikka hat Petzl vor 13 Jahren die erste LEDStirnlampe auf den Markt gebracht. Heute ist sie ein Klassiker: klein, leicht – eine Licht-Revolution. Die neue Petzl Tikka Plus bietet einen noch großräumigeren Lichtkegel, der den Nahbereich besonders breit ausleuchtet. Für die Ferne lässt sich die Lampe heller stellen – auf bis zu 140 Lumen. Teil der unterschiedlichen Licht-Modi: die integrierte rote LED. Sie blendet kaum und ist angenehm für das Auge. Ideal, um im Zelt zu lesen, ohne die Zeltpartner zu stören. Der Klassiker lebt! Preis: 39,95 Euro
IMPRESSUM Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Michael Bode, Andreas Hille Redaktion & Konzept: outkomm GmbH, Fleubenstrasse 6, CH - 9450 Altstätten, www.outkomm.ch, redaktion@rauszeit.net Layout & Produktion: Marvin Lang Druck: Jungfer Druckerei und Verlag GmbH Copyright: Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung der Herausgeber unzulässig und strafbar.
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UNTERNEHMUNGS-BERATER Kilian Stumpp findet ihr bei SFU Braunschweig:
BRAUNSCHWEIG
Harz, Franken, Arco – perfekter Halt. Wo immer es gute Klettermöglichkeiten gibt, fühlt sich der gebürtige Braunschweiger zu Hause. Zum anfänglichen Höhlenklettern im Harz kam schnell auch das Klettern mit Tageslicht dazu. Dann noch die Berufung: »Später wurde das Klettern zu meinem Beruf als Höhenretter und Industriekletterer.« Zwischendurch holen ihn seine gelb-schwarzen Gefährten auf den Boden zurück. Seit drei Jahren widmet er sich dem Imkern. »Bei der Arbeit mit den Bienen kann ich sehr gut abschalten und die Natur genießen.« Seinen Honig gibt es übrigens auch bei SFU zu kaufen!
SCHÄFERSTÜNDCHEN MIT KUSCHELEFFEKT Kleidung aus Merinowolle gehört mittlerweile in jeden gut sortierten Kleiderschrank. Das traditionsreiche Naturprodukt ist ein wahrer Alleskönner. Es leitet Feuchtigkeit nach außen, wärmt wohlig, auch wenn es feucht ist, absorbiert und fühlt sich kuschlig weich an. Modisch verarbeitet ist Merinowolle auch für stilvolle Menschen ein absoluter Hingucker. So wie der Bergans Ulriken Lady Jumper. Aus dicker Merinowolle eignet er sich für zu Hause, fürs Büro oder als zweite Schicht für mehrtägige Wintertouren. Der hohe Kragen schließt sich um den Hals wie ein Schal, hält die Wärme am Körper und lässt sich mithilfe des abgedeckten Reißverschlusses regulieren. Daumenschlaufen wärmen Handgelenke und Puls und verhindern das Verrutschen der Ärmel. Preis: 119,95 Euro
Seit wann bei SFU? Seit April 2013. Gelernter Beruf? Architekturstudium und Industriekletterer. Lieblingsverkaufsbereich und warum? Kletterecke und GPS: Die Technik der Hartware interessiert mich sehr! Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würdest du auf Reisen nie verzichten? Auf meine Kamera. Die vielen schönen Momente müssen festgehalten werden. Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner »Liste«? Es gibt viele Ziele in Deutschland, die ich noch sehen möchte. Nach dem Motto: Warum in die Ferne, wenn das Schöne ist so nah? Immer wieder entdeckt man in der näheren Umgebung wunderbare Ecken für alle möglichen Outdoor-Aktivitäten.
UNTERNEHMUNGS-BERATERIN Juliane Gerhardt findet ihr bei Camp4 in Berlin:
BERLIN
WARME AUSSENHAUT Warm durch den Winter: Das verspricht die Bergans Flya Insulated Jacket. Der 2-LagenStretchstoff aus dem Dermizax-Laminat macht die Jacke wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv. Das Synthetik-Futter sorgt für Wärme im Winteralltag, auf der Skipiste oder beim Rodeln. Das unaufdringliche Design macht die Flya zum Allrounder. Dank abriebfestem Außenstoff steckt sie auch anspruchsvolle Abenteuer locker weg. Die Jacke für Stadt- und Schneetage. Preis: 249,95 Euro
Eine Stadtpflanze mit Hang nach draußen: Aufgewachsen in Berlin, trieb es die Familie ständig ins Grüne. In der Kindheit bedeutete das Berliner Outdoor-Schule vom Feinsten: Mit Fahrradtouren durch sandige Brandenburger Kiefernwälder und Paddeltouren bis zum Abwinken. Seit einigen Jahren heißt es nun: Wandern! »Am liebsten zu zweit oder zu dritt (macht sich besser zum Skatspielen) mit guten Freunden.« Neben der Leidenschaft, unter freiem Himmel zu schlafen, beschwingt sie die Vertikale: »Klettern erfüllt alle Bedürfnisse nach Gesellschaft und Herausforderung.« Seit wann bei Camp4? Seit Juli 2013. Gelernter Beruf? Neben meiner Arbeit im Verkauf bei Camp4 studiere ich Politikwissenschaft und Spanisch auf Lehramt. Der Umgang mit Menschen, wenn auch in diesen Bereichen teils in unterschiedlicher Form, bereitet mir viel Spaß.
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Lieblingsverkaufsbereich und warum? Schlafsäcke! Da verbringt man in jedem Urlaub viel Zeit drin und ich möchte immer den passenden für jeden finden. Manchmal ist das gar nicht so einfach, aber mit dem richtigen Teil kann man dann glücklich werden. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würdest du auf Reisen nie verzichten? Auf einen guten Rucksack. Ich habe festgestellt, dass zwischen einer Krücke und einem Trekking-Rucksack mit vernünftigem Tragegestell Welten liegen. Meinen Deva70 will ich nicht mehr missen. Auch mein OpinelMesser begleitet mich so gut wie überallhin mit. Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner »Liste«? Nachdem ich mir meinen Traum von Patagonien kürzlich erfüllt habe, geistern neue Ideen durch meinen Kopf. Irgendwie spielen Berge dabei jedoch immer eine Rolle. Neben den rumänischen Karpaten reizt mich zur Zeit das Wandern in Schottland oder Island. Immer wieder, und so oft wie möglich, fahre ich jedoch zum Klettern in die Sächsische Schweiz.
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LÄUFT UND LÄUFT UND LÄUFT Elektronische Geräte gehören zu unseren ständigen Begleitern – egal, ob im Alltag oder auf Trekkingtour. Doch unterwegs ist ein leerer Akku nicht nur unangenehm, er kann sogar zum echten Risiko werden. Smartphone, GPS, Foto und Co. lassen sich mit dem Rubytec Kea Battery Pack nun auch unterwegs aufladen. Mit einer Kapazität von 5000 mAh kann der Lithium-Akku zum Beispiel drei kleine Geräte mindestens einmal laden. Drei bis vier Tage ohne Steckdose – kein Problem. Neue Energie zapft der Kea Battery Pack über eine USB-Schnittstelle oder übers Stromnetz. Die neue Power Station hat zusätzlich eine Handwärmer Funktion, die mit der gespeicherten Energie die Aluminiumaussenschale aufwärmt. Ideal für den Einsatz beim Wintersport und zum Warmhalten der Elektronik. Zum Lieferumfang gehören unzählige Adapter für nahezu alle Handymodelle. Auch die integrierte LED-Taschenlampe ist äußerst praktisch. Preis: 54,95 Euro
SO LEICHT WIE WATTE Warm, leicht und klein zu verpacken? Es muss nicht immer Daune sein: Die R 5 Loft Kunstfaser von R‘adys hält warm und fällt dabei kaum ins Gewicht. Die Polyester-Hohlfaser-Polsterung bietet einen besonders guten Wärmerückhalt bei gleichzeitig hoher Atmungsaktivität. So staut sich auch bei anstrengenden Aufstiegen oder Aktivitäten keine Wärme unter der Jacke. Wenn es doch zu heiß wird, lassen sich zusätzlich BelüftungsReißverschlüsse im Unterarmbereich öffnen. Die ideale Thermo-Jacke für Wintersportler. Preis: 229,95 Euro
UNTERNEHMUNGS-BERATER Christian Rosenkranz findet ihr bei Basislager in Karlsruhe:
EIN SCHLUCK NATUR Die Macher der Klean-KanteenProdukte haben eine Vision: »Vier Jahre haben wir Herz und Seele in die Produktion von umweltfreundlichen Alternativen zu Plastikflaschen gesteckt.« Aus der Vision wurde die erste komplett BPAfreie Edelstahlflasche. Das Modell Classic Reflect aus der ersten Serie ist handgearbeitet und besteht aus lebensmittelechtem Silikon sowie rostfreiem Edelstahl. Der Verschluss wird aus einem einzigen Stück Edelstahl gefertigt und ist besonders robust und langlebig. Der rostfreie Edelstahlhenkel sitzt absolut fest und dient gleichzeitig als clevere Befestigungsmöglichkeit, zum Beispiel per Karabiner am Rucksack. Eine natürliche Ergänzung der Flasche bildet der Stainless Bamboo Cap aus Bambusholz. Der Deckelverschluss ist ebenfalls kunststofffrei. Selbstverständlich hält die Edelflasche zu 100 Prozent dicht. Preis: 532 ml 34,95 Euro / 800 ml 39,95 Euro
KARLSRUHE
Lange ruhig an einem Ort zu sitzen, das kommt für den aktiven Sportler nicht infrage. »Eigentlich komme ich aus dem Rennradsport. Aber das ist mittlerweile nur noch ein Hobby«, erzählt er. Heute zieht es ihn hinaus auf die unzähligen Naturpfade rund um Karlsruhe. An schönen Tagen blickt er auf die Vogesen. Und der Schwarzwald liegt vor der Haustür. Da gehört das Wandern für den gebürtigen Pfälzer einfach mit dazu. Als geselliger Wandersmann kann er sich kaum etwas Schöneres vorstellen, als im Herbst mit guten Freunden in seiner ursprünglichen Heimat unterwegs zu sein. »Die Verfärbung des Waldes zu bestaunen, ein gutes Essen zu genießen, dazu ein Glas Riesling!« Mehr braucht es an einem perfekten Tag draußen eigentlich nicht. Seit wann bei Basislager? Seit 2002 bin ich im Basislager. Gelernter Beruf? Während meines Bauingenieurstudiums verbrachte ich peu à peu immer mehr Zeit mit Arbeiten im Basislager, ... und immer weniger Zeit an der Uni. Irgendwann bot mir die Geschäftsführung eine Festanstellung an, und so konnte ich mein Hobby zum Beruf machen. Dein Lieblingsverkaufsbereich? Seit mehreren Jahren betreue ich den Bereich Schlafsäcke, der auch wirklich mein Lieblingsbereich ist.
Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würdest Du auf Reisen nie verzichten? Bei längeren Aufenthalten im Zelt liebe ich mein rundes Berghaferl. Es ist superpraktisch und hat die perfekte Größe: egal, ob für den Milchkaffee, Suppen, Nudeln oder ein leckeres Steak. Und das für 2,40 Euro, wunderbar! Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner »Liste«? Island! Eine große, menschenleere Weite. Extreme Natur spüren. Aktive Vulkane erleben. Ich stelle mir Island wahnsinnig beeindruckend vor. Ich würde die Insel gerne zu Fuß und mit Zelt erkunden.
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Langer Zustieg: Auf dem Weg zum Klettern im Wohlthatmassiv in der Antarktis. HĂśchster Gipfel: der Zwieselberg mit 2.970 Metern. Fotografiert von Cory Richards.
-30 Grad treffen auf +1.200 Grad – selbst im Winter brodelt der Vulkan Tolbatschik in Kamtschatka. Fotografiert von Fredrik Schenholm.
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RAUSBLICK
Wer ist in diesem Fall der überraschte Besucher? Antarktischer Minkwal trifft auf Paddler. Fotografiert von Andrew Peacock.
So trocken wie Sand: Eissturm im Königin-Maud-Land – Teil der Antarktis. Fotografiert von Cory Richards.
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ERLEBT: Winter-Camping-Tour im Gran-Sasso-Nationalpark
SPUREN IM NIEMANDSLAND Eine Expedition muss nicht immer zu den entlegensten Polen oder höchsten Bergen der Welt führen. Abenteuer warten überall. Sechs Entdecker-Novizen starten zur Winter-Durchquerung des Gran-Sasso-Nationalparks in den Abruzzen. Eine Anregung, mit ein wenig Pioniergeist die wilden Seiten des Winters neu zu entdecken. «Zelt? Ist da! Auch die Schneeheringe? Im roten Sack! Kompass? Jackentasche!» Torstens vermeintlich trainierter Blick vergleicht die Packliste mit den Gegenständen in der Pulka. Hinter dem dichten Vollbart macht sich ein zufriedenes Lächeln breit. »Nun müssen wir alles nur noch richtig festschnüren.« Klingt einfach. Aber die skeptischen Blicke in der sechsköpfigen Runde und der sich vor ihr auftürmende Gepäckstapel signalisieren: nicht so leicht. »Brauchen wir wirklich acht Liter Wasser? Wir können doch Schnee schmelzen!« Lenzi flucht, als ihm der widerspenstige Spanngurt ins Gesicht schnalzt. Es ist Tag eins unserer ersten Winter-CampingTour. Am Start: sechs Freunde, die an einem launigen Abend auf die Idee kamen, dass Wellness-Skiurlaube
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etwas für Langweiler sind. »Wenn wir uns die Finger abfrieren, dann nicht vor der Après-Ski-Bar in Tirol!« lautet die Devise. Per Duden-Definition sind wir mehr als eine Gruppe von unerfahrenen Verrückten. »Expedition: Forschungsreise einer Personengruppe in unerschlossene Gebiete« steht da. Und genau so ein Trip liegt vor uns: unbekanntes Gelände ist das Campo Imperatore, jedenfalls für uns, und zumindest im Winter. Campo Imperatore, so heißt die etwa 20 Kilometer lange und zehn Kilometer breite, beckenförmige Hochebene am Fuße der Gran-Sasso-Gebirgskette in den italienischen Abruzzen. Wer die knapp 2000 Höhenmeter vom Meer in die Berge auf sich nimmt, betritt eine andere Welt. Rau, karg und faszinierend. »Wilde Stürme, die Bäume umwerfen. Zottige Hunde
von der Größe der Bernhardiner tragen um den Hals ein starkes, mit Eisenstacheln besetztes Lederband zum Schutz gegen den Biss des Abruzzenwolfes.« So schildert ein französischer Reiseführer aus dem Jahr 1949 das Gebiet. Ein Stachelhalsband trägt keiner von uns, trotzdem fühlen wir uns gut gerüstet für unser Vorhaben, in vier Tagen mit Ski, Schneeschuhen und Zelten das Plateau einmal zu umrunden. 30 Kilometer liegen vor uns.
Maritime Mondlandschaft Die ersten Schritte auf Schnee machen den Planungsstress vergessen. Die Anspannung in den Gesichtern weicht einem entspannten Lächeln. Unsere beiden
Links: Perfekter Windschutz im Talkessel des Monte Camicias. Rechts: Über der Hochebene braut sich ein Unwetter zusammen. Zeit zum Zeltaufbau!
Zugpferde Sebastian und Torsten, über einen Hüftgurt mit den Pulkas verbunden, navigieren das Gepäck energisch über Hindernisse. Was aus der Ferne aussieht wie eine durchgehende Fläche, entpuppt sich beim Näherkommen als löchriger Käse: bergauf und bergab, durch kleine Täler und Rinnen, der Weg erweist sich als Hindernisparcours. Schnaufend, kraxelnd und schiebend vergehen die nächsten Stunden wie im Flug. Nach vier Stunden Pulka-Achterbahnfahrt sind die Akkus leer, und die Lastentiere werden störrisch. Zum Glück öffnet sich in diesem Moment ein kleines Seitental an den Ausläufern des 2564 Meter hohen Monte Camicias. Der perfekte Lagerplatz! »Suche dir einen windgeschützten und ebenen Platz«, zitiert Sebastian die erste Regel in unserem imaginären Handbuch für Expeditionsanfänger. Torsten wirft »Der Wind kommt von Osten!« in die Runde. Anna kontert: »Ich glaube, er kommt von oben und schießt durch den Taleingang hinaus.« Jeder spürt den Wind aus einer anderen Richtung. Gut möglich, denn Wetterströme aus vier Himmelsrichtungen treffen am Gran-Sasso-Massiv aufeinander, der einzigen nennenswerten Erhebung zwischen der Adriaküste und den Stränden vor der Hauptstadt Rom. Nach lan-
ger Diskussion können wir uns auf eine versteckte Ecke einigen. Nach einer halben Stunde stehen zwei Zelte samt verankerten Schneeheringen fertig und stabil im Weiß. Kurz darauf ist auch die Küche einsatzbereit. Chefkoch Lenzi zaubert den Duft von salziger Brühe mit Backerbsen in die Luft. Die Damen im Team sind sich einig: »Wenn das zu Hause mit der Küchenarbeit nur auch so schnell und engagiert ginge!« Langsam versinkt die Sonne hinter den gezuckerten Hügeln und taucht die karge Landschaft in ein rötliches Licht. Windhosen stöbern den Schnee auf. Für Minuten tanzen die Kristalle in der Luft im Kreis. Schweigend, mit einer Tasse heißer Brühe in der Hand, genießen wir das Naturballett. Grönland? Antarktis? Erst das Menü des Abends, Gnocchi à la Benzinkocher, holt uns wieder auf den italienischen Boden der Tatsachen herunter. Langsam sinken die Augenlider auf Halbmast. Um den Kreislauf vor der Bettruhe noch einmal in Schwung zu bringen, entschließen wir uns zu einer Runde Tanz. Nur der Sternenhimmel ist Zeuge, als sich sechs »Tänzer« in unförmigen Daunenjacken unter einer Ski-LimboStange hindurchschieben.
Women’s Tacul PD Jacket
Eins mit der Natur – unsere Produktphilosophie Green Shape ist Deine VAUDE Garantie für umweltfreundliche Produkte – aus nachhaltigen Materialien und ressourcenschonender Herstellung. Wir unterstützen die Naturschutzarbeit unserer Partner WWF und DAV und setzen uns als Mitglied der Fair Wear Foundation für faire Arbeitsbedingungen in unseren Produktionsstätten ein. vaude.com
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Sonnenuntergang über dem Freiluft-Restaurant. Auf der Camping-Kocher-Speisekarte steht: Zuppa di Backerbsen ...
Stürmischer Kaffee »Yeti, Hände weg vom Zelt!« Der Protest kommt aus dem Schlafsack neben mir. Angelas verquollene Augen blicken besorgt auf das Zeltdach, das wackelt, als würde gerade ein vollbeladender Güterzug darüberrauschen. Über Nacht hat das Wetter gedreht: Wo gestern die Abendsonne die Landschaft noch in warmes Licht getaucht hat, zieht nun ein mediterraner Tornado über das Basecamp. Doch wahre Abenteurer lassen sich von so ein bisschen Sturm nicht abschrecken. Vor allem nicht, wenn eine volle Blase drückt. Lagebesprechung in Zelt eins. Vor zischenden Benzinkochern und mit Kaffeeduft in der Nase sitzen wir zusammengekauert in der Apsis und beraten. Lager abbauen und weiterziehen? Ausharren und abwarten? Noch während der Kaffee fließt und wir diskutieren, hellen Sonnenstrahlen den dunkelgrünen Zeltstoff auf. »Irgendwie ist es plötzlich ganz schön warm«, wundern wir uns. Reißverschluss auf: Der Sturm ist verschwunden und ein gelber Ball am Himmel heizt die Ebene auf. Trotz Sonne durchfährt jeden von uns in diesem Moment die Erkenntnis, dass das Wetter hier binnen Minuten drehen kann: Sonne, Wind, Schnee, Regen, Cumulus und Co, samt gängiger alpiner Wetterregeln haben am Eingang zum Campo ihre Gültigkeit verloren. In mühevoller Kleinarbeit schmilzt Angela Schnee für den täglichen Teevorrat: mindestens zwei Liter sollte jeder von uns am Tag trinken. Was sich bei der Planung nach »dann schmelzen wir schnell Schnee« anhörte, erweist sich nun als Unternehmen der Kategorie »das dauert ja ewig«. Kein Wasserkocher. Kein Wasserhahn. Expeditionstatsachen. Nach zwei Stunden Graben, Schmelzen, Packen und Stopfen bleiben von dem nächtlichen Lager nur noch die
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aus Schnee geformten Möbel zurück. Auf in den wilden Campo-Westen! Die Sonne zeichnet Schatten und Bilder auf die mysteriöse Hügellandschaft – ein mitreißendes Schauspiel und eine herrliche Entlohnung für die morgendliche Anstrengung. »Kleines Tibet« wird dieses Stück Land auch genannt. Diesen Spitznamen verdankt es dem Dalai Lama: Als er das Hochland besuchte, kamen ihm die Tränen, so sehr erinnerten ihn die sanften Hügel an seine verlorene Heimat Tibet. Einige Stunden lang genießen wir jeden Schritt in dieser Weite, träumen vor uns hin. Dann bringt uns ein unüberwindbares Hindernis auf den harten Boden der Realität zurück. An der Südseite eines Hügels, den wir laut Landkarte überqueren müssten, ist der Schnee komplett weggeschmolzen. Mit den Pulkas gibt es kein Weiterkommen. Auch das Wetter trägt nicht gerade dazu bei, uns Winterwildnisnovizen aufzubauen. Schneeregen tröpfelt auf die Karte, als wir die alternativen Routen besprechen. Schnell geht der Regen in einen handfesten Sturm über. Die Schneeflocken verwandeln sich in spitze, schmerzhafte Nadeln. 200 – 100 – nur noch 50 Meter Sicht. Was hätten Amundsen oder Messner in so einer Situation wohl gemacht? »Schokolade!« Angela zückt die Notfalltüte mit dem braunen Gold. Obwohl wir gerne das Gebiet hinter der Hügelkette in Angriff nehmen würden, treffen wir eine rationale Entscheidung: Wir müssen so schnell wie möglich ein schützendes Lager aufschlagen, bevor wir komplett die Orientierung verlieren. Konzentriert rammt Torsten einen Hering nach dem anderen in den Schnee. Nur mit vereinter Kraft lässt sich das Zelt am gewollten Ort platzieren, ohne mit der nächsten Windböe im weißen Nichts zu verschwinden. Zwölf Hände navigieren blitzschnell zwischen Abspannseilen, Schneemauern und Gepäcklager. Geschafft! Zumindest haben wir nun für die Nacht ein sicheres Dach über dem Kopf. Erst, als alles verankert ist, wagen wir es, den Blick
von den Zelten zu lassen. Der Sturm hat die Landschaft geformt: meterhohe Wechten und mysteriöse Wind-Konstrukte liegen in den Rinnen. Später verziehen wir uns mit vollem Magen und leerer Blase in unsere Schlaftüten. Fauchende Sturmböen lassen unsere Behausungen erzittern und wackeln und erinnern uns daran, dass hier die Natur das Sagen hat.
Frühzeitiger Zieleinlauf Auch am nächsten Morgen ist die Lage im Lager nicht besser. Etwa ein halber Meter Schnee ist über Nacht gefallen und drückt wie Beton gegen die Zeltwände. Erst der Kaffee bringt ein wenig Leben in die eingemummten Körper. Bleiben? Weiterziehen? Zurück? Es dauert zwei Stunden, bis wir eine Entscheidung fällen: Weiterziehen ist zu gefährlich. Als Expeditionsneulinge haben wir die letzten Tage gelernt, dass die Wildnis Anfängerfehler nicht verzeiht und sich unberechenbar gegen unvernünftige Besucher stellt. Es hilft nichts; wir müssen den Parkplatz am Rande des Campos vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Laut Landkarte geht es »nur« in Richtung Südosten. Doch wieder führt der Marsch durch die scheinbar einfach zu bewältigende »Ebene« über Hügel, durch Rinnen und Täler. Die Natur führt uns im Nebel an der Nase herum. Wir stutzen: Schon wieder der gleiche Berg vor uns? Panik kommt auf. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass die Nacht in einer Stunde das letzte Licht schlucken wird. »Sind wir die letzte halbe Stunde etwa im Kreis gelaufen?«, erklingt eine weinerliche Stimme hinter mir. Das unendliche Weiß lähmt die Gehirnströme. Nur der Kompass erweist sich als zuverlässiger Partner. Als sich in einem Nebelloch in weiter Ferne etwas durch den Schnee bewegt, bleibt die Karawane ruck-
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... und Brot als Energielieferant. Pulka-Ziehen kostet Kraft!
artig stehen. Eine winterliche Fata Morgana? Ein Bär? Langsam wird das Bild am Horizont schärfer – es sind unsere eingeschneiten Autos. Erleichterung mischt sich mit Enttäuschung. Die bewegte Fata Morgana stellt sich als der Geländewagen der Parkwächter heraus. Mist, das könnte Ärger geben. Immerhin haben wir gerade zwei Nächte in einem Nationalpark verbracht – ein Akt am Rande der Legalität, auch in Italien. Zielstrebig schreiten die zwei Männer in Uniform auf uns zu. Höflich weisen sie uns darauf hin, dass sie die Straße hinunter in die Dörfer aufgrund des schlechten Wetters sperren möchten. Wir sollten schnell abfahren. Ungeordnet und hektisch landen die Gepäckteile im Kofferraum. »Zelt, Schlafsack, Isomatte.« Alles da, kommentiert Torsten. Die Parkwächter beobachten das Treiben. Ob wir auf dem Campo gezeltet hätten, fragt einer der Uniformierten erstaunt. »Si, ... «, dringt ein zögerliches Nuscheln aus einer der Daunenjacken. Voller Bewunderung nimmt er eines der verpackten Zelte in die Hand, dreht es wie ein rohes Ei und blickt in die Runde: »Ihr habt ja tolle Ausrüstung. Aber ich denke, das braucht man auch für so eine Expedition. Das würde ich mich nicht trauen ..., im Winter über das Campo zu laufen.« Wären unsere Wangen nicht sowieso schon rot vor Kälte, wären sie spätestens nach dieser Aussage rot vor Stolz angelaufen. Unsere Blicke treffen sich: sechs glückliche, grinsende Gesichter. Auch wenn die Umrundung nicht ganz geklappt hat. Manchmal erweist sich der Weg schon als das eigentliche Ziel. Wir haben Expeditionsblut geleckt. Und so schnell sieht uns kein Wellness-Hotel von innen. Text: Barbara Meixner Fotos: Barbara Meixner / Torsten Müller
ITALIEN
RAUSZEIT Winter 2014/2015
Skitouren in Norwegen: Es gibt kein schlechtes Wetter ...
SCHNEE, AHOI! Fünf Norddeutsche und vier Tiroler auf einer Segeljacht. Unterwegs zu Skibergen, auf denen aus der Ferne kaum Schnee zu liegen scheint. Ob das gut geht? Ein Touren-Törn durch den Hjørundfjord bei Alesund. Alesund, Norwegen, 8 Grad plus, bedeckter Himmel. Es weht eine leichte Brise. Wir stehen am Hafen und suchen unsere Unterkunft für die nächsten sieben Nächte. Irgendwo hier muss sie sein. Neugierig bewegen wir uns den Kai entlang und finden schließlich unsere »Hütte« samt Wirt: etwa 15 Meter lang, weiß, schwimmend – eine hochseetaugliche Segeljacht. Der »Wirt« heißt Andres und ist ein drahtiger Norweger. Irgendwann hatte sich Manfred gemeldet, dass er einen geeigneten Skipper für unser Vorhaben gefunden habe. Lange genug schon war die Idee durch unsere Köpfe gespukt. Nun ist es endlich so weit: Von einem Schiff aus wollen wir mit Skiern die norwegischen Berge erkunden. Wir machen uns bekannt, besprechen die Lageraufteilung und verstauen das Gepäck. Mit unseren österreichischen Freunden sind wir kurz vor unserem gemeinsamen Ziel: den Bergen im Hinterland von Alesund rund um den 35
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Kilometer langen Hjørundfjord. Zu viel Platz gibt es auf dem etwa 15 Meter langen und 4,5 Meter breiten Schiff für zehn Personen nicht. Umso verblüffter sind wir, wo überall sich doch noch Stauraum auftut. Es gibt etliche Klappen und Winkel, in denen Rucksack & Co. Platz finden. Einige der Entdeckungen werden mit einem leisen Juhu gefeiert: »Schaut mal unter eurer Koje, da ist noch ein Klappe, da passt auch noch was rein!« Vieles erinnert an eine gut belegte, kleine Berghütte. Kleiner Unterschied: Das Edelweiß fehlt, und »unsere Hütte« ist dauernd in Bewegung. Wir beschließen, am nächsten Morgen in aller Frühe zu starten. Gefühlt mitten in der Nacht weckt mich ein sanftes Schaukeln. Ich schaue auf die Uhr: 6:00 Uhr MEZ. Andres hat das Schiff klar gemacht und abgelegt. Das Meer ist relativ ruhig. Es herrscht klare Sicht. Wir nähern uns der Einfahrt in den Fjord. Wer genau hinsieht, kann verein-
zelte Schneeflecken in den Gebirgsstrukturen am Horizont ausmachen. Ein wenig frustrierend ist es schon, mit einer kompletten Skiausrüstung an Bord das Objekt unserer Begierde nur in homöopathischen Dosen wahrnehmen zu können. »In Südtirol hat’s fünf Meter Schnee und wir foa’n nach Norwegen, um Schneeflecken zu zählen ...« tönt es in echtem Tirolerisch aus einer Ecke. Uns ist klar, dass uns, was die Schneemengen angeht, auf diesem Törn keine paradiesischen Verhältnisse erwarten. Dass es jedoch derart mager aussieht, macht zumindest unsere schneeverwöhnten Österreicher etwas betroffen. Zu allem Überfluss weckt das sanfte Geschaukel auf dem Wasser in Andi Reflexe, die ihm das ein oder andere Mal deutlich vom Gesicht abzulesen sind. Aber als hartgesottener Bergsteiger tröstet er sich mit einer gewissen Selbstironie und beachtenswerter Disziplin über diese Befindlichkeitsstörung hinweg ...
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KAO
Baby Swing Solar Flashlight Links: Nach 1.370 Höhenmetern am Ziel. Blick vom Storhornet auf die Fjorde. Rechts: Glücklich und fußschonend zurück vom Risenosa (1.554 m).
Je tiefer das Schiff in den Fjord gleitet, desto mehr Schneeflecken tauchen auf. Bei jedem größeren Schneefeld, das wir entdecken, scheint sich in den Gesichtern eine gewisse Anspannung zu lösen. Und so wird unsere Hoffnung neu geschürt. Die Siedlungsdichte an den Ufern nimmt deutlich ab und die Steilheit der umgebenen Bergflanken zu. Die aufgehende Sonne beleuchtet die Unterseite zerrissener Wolkenstreifen in einem fast kitschig anmutenden Pink und Rosa. Inzwischen sind auch die anderen Mitstreiter an Deck, um diese Stimmung auch digital einzufangen. »Das Wetter ist doch gar nicht so schlecht, da sollte doch was gehen!« Holger spricht aus, was wir alle uns wünschen. Wir genießen die frische Luft, die schnell wechselnden Ausblicke und die tolle Stimmung. Der morgendliche Kaffee an Deck trägt zum entspannten Wohlbefinden bei.
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Zwei Stunden später erreichen wir eine kleine Anlegestelle. Das Boot ist schnell festgemacht. Beim Landgang keimen noch einmal Zweifel. Wie befürchtet, ist weit und breit kein Schnee zu sehen. Unsere Hoffnung war, direkt vom Steg aus mit Steigfellen unter den Skiern die Touren zu starten. Das können wir getrost vergessen! Und so entschwindet ein Wunschtraum und weicht dem Bestreben, jetzt irgendwie möglichst zügig, fuß- und konditionsschonend die Schneegrenze zu erreichen. Wir haben Glück. Ein freundlicher Landwirt bringt uns mit seinem Kombi recht komfortabel auf einer Straße in einigen Serpentinen etwa 300 Meter höher. Wir haben erstmals Kontakt mit norwegischem Nassschnee und erleben bei bester Laune einen tollen Skitourentag. Zurück geht’s zu Fuß. Welch eine Wohltat, als unser Schiff erreicht ist,
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Hoffnungsvolle Fjord-Einfahrt: Die Schneeflecken nehmen zu.
die klobigen Stiefel hinter der entsprechenden Klappe verstaut sind und wir uns an einer heißen Tasse Tee laben. Noch haben wir Glück mit dem Wetter. Je weiter wir in den Fjord eindringen, desto alpiner wird die Landschaft. Schroffe Felswände bilden die Uferbegrenzung. Hier und da reichen die Wasserfälle von den Schneefeldern bis hinab auf den dunklen Meeresarm. Bilder, wie man sie in Bildbänden über Norwegen nachschlagen kann. Eine leichte Brise erzeugt kleine Wellenkämme auf der Wasseroberfläche. Dann nimmt der Wind etwas zu, sodass sich Andres entscheidet, das Segel zu setzen. An Bord entwickelt sich eine rege Betriebsamkeit. Tampen werden beklemmt, die Winsch rattert und Andi am Steuer hält voll auf die Steilwand zu. Doch Andres ist dadurch nicht aus der Ruhe zu bringen. Das Schiff zieht leise plätschernd seinen Weg. Petra posiert als Galionsfigur, Bernhard liegt lässig auf dem Vordeck. Der Kontrast zwischen Bergen und Meer kann nirgends größer sein als in dieser einzigartigen Landschaft. Glücksgefühle machen sich breit. Morgen wollen wir das Ganze von oben sehen.
Atemberaubende Tiefblicke Die Steigfelle sind schnell angelegt, noch ein kurzer Blick auf die Karte, los geht’s zum beim vorabendlichen Kartenstudium festgelegten Ziel: im Gänsemarsch durch den teilweise sehr dichten Birkenwaldgürtel. Beim Aufstieg im küstennahen Nassschnee gewinnen wir bald ordentlich Höhenmeter. Des Öfteren gilt es, kleine Bäche zu queren. Weite und steile Passagen wechseln sich ab. Wir nähern uns von hinten den fjord-
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artigen Berggipfeln. Es bieten sich atemberaubende Tiefblicke auf den Fjord und die kleinen Ansiedlungen auf den Schwemmfächern zwischen den Steilwänden. Kleine Fähren und Boote ziehen ihren Wellenschweif durchs Wasser. Den Blick ins Landesinnere über Berge und Hochflächen veredelt das Lichtspiel von Sonne und Wolken. Es vermittelt den Eindruck einer schier nicht enden wollenden Weite. Diese Aussichten entschädigen für die Mühe des Aufstiegs und auch für die doch mageren, aber in den höheren Regionen doch ausreichenden, teils sogar sehr guten Schneebedingungen. Höhere Regionen heißt hier nicht 3000 Meter. Das Gipfelniveau liegt um die 1500 Meter, allerdings beginnen hier die Berge auf Meeresniveau. Der tollen Abfahrt folgt eine beschwerliche Wanderung zurück zum Boot. Dort genießen wir das zwischenzeitlich von Andres zubereitete köstliche Bacalao mit norwegischem Stockfisch. Wie lecker! Das Schiff liegt am Steg am Ende des Hjørundfjordes. Ein vor Ort tätiger freundlicher Installateur mit seinem in die Jahre gekommenen und von unübersehbaren Oxidationsprozessen gekennzeichneten Toyota Hiace ist diesmal unser »Lift«. Wer nicht auf den Sitzen Platz findet, muss sich mit der Ladefläche begnügen und sich an den von den anderen Mitfahrern freundlich unter die Arme geklemmten Rucksäcken, Teleskopstöcken und sonstigen Ausrüstungsteilen festklammern. Gefühlt dauert diese Fahrt viel zu lange, da zudem das ein oder andere Schlagloch die Bandscheiben malträtiert. Das Aussteigen ist eine Wohltat. Wir befinden uns mitten in einer wilden Landschaft! Zunächst geht es steil durch einen dichten Birkenwald. Die am Rucksack befestigten
Ski verheddern sich des Öfteren in dem Birkengeäst. Gummistiefel wären hier vielleicht eine Alternative. Schließlich erreichen Teile unserer »Expedition« nach einem kräfteraubenden Anstieg das ausgemachte Ziel. Das ist eben Skitourengehen auf norwegische Art. Im Nieselregen geht’s zurück zur schwimmenden Unterkunft.
»Wellness« inklusive Eine scharfe Linie trennt die Konturen der düsteren Fjordwände vom nordischen Sternenhimmel. Das restliche Licht der längst untergegangenen Sonne sammelt sich am westlichen Horizont. Der Vollmond steht nahezu im Zenit. Kaum zu glauben, dass es morgen regnen soll. Doch das Prasseln dicker Tropfen auf das Fenster der Kajüte bestätigt am nächsten Morgen die Richtigkeit der Wetterprognose. Durch den dichten Regenvorhang ist das andere Fjordufer kaum zu erkennen. Die eine oder andere Lawine sucht sich an den Steilhängen den Weg ins Tal. Skeptische Blicke nach draußen und der intensive Schnürlregen ersticken alle Tourenambitionen sofort im Keim. Und so profitieren wir von einem längeren Frühstück und der Infrastruktur einer 7-Seelen-Ortschaft: einer Sauna und überdachtem, außen liegendem Whirlpool mit direktem Zugang zum Fjord. Doch das schlechte Wetter hat auch etwas Gutes: In der Höhe geht der Regen in Schnee über. So starten wir am nächsten Tag bei Regen, kommen im dann einsetzenden Schneetreiben gut voran, brechen aber schließlich im Nebel in unübersichtlichem Steilgelände ab. Null Sicht! Schade, aber das gehört nun mal auch
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Grandioser Tiefblick auf den Hjørundfjord.
dazu. Wir erreichen unser Schiff im Dauerregen. Für Jacken und Hosen werden alle erdenklichen Trockenmöglichkeiten mobilisiert und die neun Paar Innenschuhe ohne lästige Beeinträchtigung des Innenraumklimas in gewohnter Manier getrocknet: durch den Bau einer Innenschuh-Pyramide unter Zuhilfenahme eines kleinen bootseigenen Heizlüfters. Frische Luft steht ja allemal genug zur Verfügung ... Ein Vorhang aus zum Trocknen aufgehängten Klebefellen ziert den Kajütenzugang. Und so können wir uns nach getaner Arbeit den wichtigen Dingen widmen: einem reichhaltigen Abendessen nach einem erlebnisreichen Tag. Am nächsten Tag nimmt das Schiff Kurs Richtung Alesund. Alles ist gut verstaut, die Skisäcke sind festgezurrt. Der Himmel ist verhangen. Kurze Aufheiterungen unterbrechen die Regenschauer. Der Wind nimmt zu und füllt das Segel. Auf den Wellen bilden sich Schaumkronen. Ein letzter Blick zurück in den Fjord. Die Schneeflecken schwinden. Zügig geht’s jetzt westwärts. Im Kopf tönt Rod Stewarts raue Stimme: »I am sailing«. Eine graue Wand verfolgt uns und holt uns schließlich ein. Die Krängung nimmt zu. Das Schiff steigt über die Wellen, um anschließend wieder klatschend mit dem Bug einzutauchen. Ein Riesenspaß! Nur als Bernhard aufs Deck kommt, ist klar, dass nicht jeder so guter Laune ist. Seine Gesichtsfarbe ähnelt eher der Farbe seiner grünen Jacke, und ein knappes aufgesetztes Lächeln ist ein eindeutiges Signal seines momentanen Befindens und seines Wunsches nach festem Boden unter den Füßen. Der geht zwei Stunden später in Erfüllung. Bei 8 Grad plus, Wind und Regen füllen wir schließlich dichtgedrängt das Wartehäuschen für den Flughafenbus. Wir sind uns einig: »EiNORWEGEN gentlich geht immer was! Und: Aus Tiroler Bergsteigern werden wohl auch in Zukunft keine leidenschaftlichen Seefahrer hervorgehen.« Text: Michael Bode Fotos: Michael Bode, Manfred Hesse
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Erlebt: Wandern auf La Réunion
PARADIES AM RAND DER HÖLLE La Réunion, die Insel im Indischen Ozean, gehört politisch zu Europa und ist doch ganz anders. Im Landesinneren bestimmt die Natur die Gesetze – ein Königreich für Wanderer. Überwuchert von üppigem Grün schlängelt sich der Pfad in den Felsenkessel von Mafate hinab. Die Menschen, die hier leben, kehren der Hektik und dem Stress der modernen Welt den Rücken: als Aussteiger oder weil sie schon immer dort gelebt haben. Axel ist vor 20 Jahren von der Küste hierher umgesiedelt. In seinem Garten wuchern Kräuter zwischen Bananenstauden, dazwischen wachsen Gemüse und Obstbäume – alles, was es zum Leben als Selbstversorger so braucht. Neben seinen sechs Kindern kümmert sich Axel um eine kleine Gîte, eine Wanderherberge, die etwas Geld ins Haus bringt. Und dann ist da noch seine Frau Sabine, die als Lehrerin im Nachbardorf arbeitet. Weltabgeschieden zu leben heißt hier nicht, auf einen gewissen Komfort verzichten zu müssen. Schließlich buttert Frankreich eine Menge Geld in Form von Subventionen, Arbeitslosenunterstützung und Familienbeihilfen in das Sozialsystem des Übersee-Départements. Telefon und Fernseher funktionieren per Satellit, Handyempfang ist auch gegeben, und Sonnenenergie sorgt für Strom und heißes Wasser. Ein Arzt wird wöchentlich
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per Helikopter in den Cirque de Mafate eingeflogen, jede Woche in ein anderes Dorf, um Patienten zu versorgen und Schwangerschaftskurse zu halten.
Insel aus Asche Die Insel La Réunion wurde aus einem Vulkan geboren, der vor zwei bis drei Millionen Jahren aus dem Indischen Ozean aus einer sagenhaften Tiefe von etwa 4000 Metern aufgetaucht ist. Gewaltige Eruptionen und ausströmende Lava ließen ihn weitere 3000 Meter emporwachsen. Vor 12000 Jahren trat dann um den Stammvulkan Piton de Neiges Ruhe ein. Seither haben Erosion und tropische Unwetter an dem Berg gemeißelt und drei wilde Felsenkessel, sogenannte »Cirques« entstehen lassen, die sich wie ein Kleeblatt um den höchsten Gipfel betten. Während der Cirque de Salazie und der Cirque de Cilaos bereits seit den 30er-Jahren über eine Straßenzufahrt verfügen, ist der Cirque de Mafate bis heute nur zu Fuß oder über den Luftweg erreichbar. Und das soll auch so bleiben. Als sich die Regierung vor einigen Jah-
ren anschickte, eine Straßenverbindung zwischen dem Cirque de Salazie und Mafate zu schaffen, wehrten sich die Einwohner vehement. Sie sahen ihre Lebensgrundlage, die Beherbergung von Wandertouristen, bedroht. Mit dem Verkehr wäre die Ruhe des Cirque de Mafate schlagartig dahin. Die Entschlusskraft der Bewohner zahlte sich aus. 2007 wurde der Bergkessel zur Kernzone eines Nationalparks ernannt. Das Straßenprojekt ist damit passé. So bleibt die bizarr zerfurchte Vulkanlandschaft aus tiefen Schluchten, kleinen Plateaus, spitzen Felstürmen und himmelhohen Steilwänden ein kleines, weltabgeschiedenes Paradies für Wanderer. Auf der Tour durch den Kessel von Mafate übernachten wir in Axels Gîte in Roche Plate. Die wilde Abgeschiedenheit lockt Trekker aus aller Welt, vor allem aus Europa. Mehr als 1000 Kilometer gekennzeichneter Wanderwege führen hinein in einen Garten Eden der Ruhe und Exotik. Um das Holzhaus schwebt der Duft von Hibiskusblüten und Geranium. Manchmal will Axel sich die teuren Lebensmitteltransporte per Helikopter sparen, verrät er uns. Dann spurtet er hinauf zur
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Links: Nach der Regenzeit – Wasserfälle und Frischwasserpools laden zum Baden ein. Oben: Axel Lefevre betreibt eine Gîte in Roche Plate im Felsenkessel von Mafate.
Bergstraße am 2204 Meter hohen Maïdo, in anderthalb Stunden! Normale Wandertouristen benötigen die dreifache Zeit, um von Roche Plate den Kraterrand zu erreichen. Mit dem Sammeltaxi düst Axel dann hinunter zu den großen Supermärkten an der Küste – und mit schwerem Rucksack im Dauerlauf wieder zurück.
Paradiesische Hölle Der Wanderklassiker auf La Réunion ist eine Runde durch alle drei Gebirgskessel rund um den 3070 Meter hohen Piton des Neiges. Etwa eine Woche sollte man für die Tour einplanen, von Hütte zu Hütte. Abends wird dort feines Carri serviert. Das kreolische Gericht ist das Traditionsessen der Insel. Dank aller möglichen Variationen schmeckt es immer wieder anders. Mit dem indischen Curry verwandt, stellt sich das Eintopfgericht vor allem zusammen aus Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Thymian und Curcuma (Gelbwurz, das auf der Insel angebaut wird) mit den darin gegarten Fisch- oder Fleischstücken. Dazu werden Reis und Hülsenfrüchte gereicht. So schmackhaft wie nahrhaft. Die ideale Stärkung für den nächsten Wandertag, an dem der Zauber der Landschaft für die vielen Höhenmeter entschädigt. Die Schönheit und die Düfte der Natur lassen die Anstrengungen vergessen. Mal geht es durch tropischen Urwald, in dem aufmerksame Sucher Gewürze wie Vanille, Pfeffer und Muskat finden. Dann warten wild-
romantische Badepools unter Wasserfällen, die eine willkommene Dusche bieten. Mystische Savannenlandschaften wechseln mit Wäldern aus knorrigen Tamarinden, von denen lange Flechtenfetzen hängen. Wie Geisterbäume stehen sie ineinander verschlungen da. Schließlich wird der Blick wieder frei – auf mondgleiche Vulkansteppen mit Aussicht aufs stahlblaue Meer. Die Besteigung des Piton des Neiges gehört zum Pflichtprogramm der Rundwanderung. Denn wo sonst, als vom höchsten Punkt, könnte man die Insel besser überblicken? Die Beine sind noch müde beim Aufbruch im Dunkeln um vier Uhr morgens von der Gîte de la Caverne Dufour. Ein Tatzelwurm aus Stirnlampen zieht sich durch die schwarze Vulkanlandschaft bergwärts. Hellwache Begeisterung dann am Gipfel: Man steht über dem Wolkenmeer, vis-à-vis spuckt der Piton de la Fournaise feurige Lava – mal mehr, mal weniger heftig. Rumort der Berg zu arg, wird das Terrain um den Krater gesperrt. Die Einheimischen sagen dann auf kreolisch »Volcan i pet«: der Vulkan pupst. Sobald sich seine Eingeweide beruhigt haben, können Schaulustige auf ausgewiesenen Wegen wieder durch die einzigartige Mondlandschaft pilgern und hautnah La Fournaise, »den Glutofen«, bestaunen. Markierungen weisen den Weg durch die weite Caldera des Enclos Fouqué zu einer Aussichtsplattform nördlich des aktiven DolomieuKraters. Welch ein Gefühl, am Rand der Hölle zu stehen! Text und Fotos: Iris Kürschner
Feurige Vielfalt: Wasserfälle, Bambuswälder und Vulkanlandschaften gestalten spannende Trekkingrouten.
BERGHÜTTEN Wer eine Trekking-Tour plant, sollte vorher Wanderherbergen auf der Route über die Reservierungszentrale buchen. Auf www.reunion.fr/de/ findet man eine Hüttenübersicht und kann dort auch online reservieren: resa@reunion.fr KLIMA Das ganzjährig subtropische Klima ist geprägt von zwei Jahreszeiten. Der Winter von Mai bis Oktober (Südhalbkugel) ist mild und trocken. Die Temperaturen liegen meist zwischen 20 und 25°Celsius. der Sommer von November bis April ist wärmer (24 - 30°), aber auch feuchter. LITERATUR Wanderführer La Réunion, Walter Iwersen, Bergverlag Rother 2013.
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Besserwisser: Pflege von Funktionsbekleidung
IN EINEM AUFWASCH Regen, Schnee, Wind – Winterwetter setzt warmer und wasserdichter Kleidung ordentlich zu. Grund genug, sie zwischendurch auf Vordermann zu bringen. Der Besserwisser erklärt, wie man mit ein paar Handgriffen und dem richtigen Pflegeprogramm die beanspruchten Lieblingsteile fit für die nasskalte Saison macht. Wer die Richtige gefunden hat, will sie so schnell nicht wieder hergeben. Mit ihr gehen wir durch dick und dünn. Nein, die Rede ist nicht von der großen Liebe, es geht »nur« um Kleidung. Besser gesagt: um Jacken. Sie steigen mit uns auf alpine Gipfel, wandern durch skandinavische Fjälls und bringen uns morgens auf dem Rad sauber und trocken zur Arbeit – und das meist jahrelang. Vorausgesetzt, sie werden nach dem Winter nicht stiefmütterlich und schmutzig in den Schrank gesperrt und sie erhalten regelmäßig die richtige Pflege! Spezielle Beschichtungen oder Membrane schützen effektiv vor Regen, Wind und Schnee. An kalten Tagen wärmen Jacken gefüllt mit Isolationsmaterialien wie Kunstfaser, Wolle oder Daune. Und »atmungsaktive« Laminate ermöglichen es, auch bei schweißtreibenden Aktivitäten ordentlich Dampf abzulassen. Doch auch die besten Alleskönner-Textilien geraten bei extremer und ständiger Beanspruchung an ihre Grenzen. Plötzlich entpuppt sich das gute Stück als »nicht mehr dicht« oder »nicht mehr warm«. Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, gehören auch Funktionsjacken regelmäßig gereinigt.
Oberflächen-Waschgang Die korrekte Reinigung verlängert die Lebensdauer und reaktiviert die funktionellen Eigenschaften eines Kleidungsstücks. Beginnen wir bei der äußersten Schicht: mit der sogenannten Hardshell- oder wasserdichten
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Jacke. Während im Neuzustand Regentropfen dank spezieller Beschichtung an der Außenseite abperlen, kann Schweiß in Form von weit feinerem Wasserdampf durch kleinste Poren nach außen entweichen. So bleibt der Körper außen und innen trocken. Doch wie jeder andere Ausrüstungsgegenstand erfährt vor allem eine Alltagsjacke, die jeden Tag im Einsatz ist, im Laufe der Zeit gewisse Verschleißerscheinungen: Schmutz, Sonnencreme und Hautreste verstopfen die mikroskopisch kleinen Durchlässe der wasserdichten Schicht, die auf die Innenseite des Oberstoffes laminiert ist. Hinzu kommt, dass sich im Laufe der Zeit die sogenannte Imprägnierung abträgt. Das Resultat: Regen saugt sich in das Obermaterial. Durch das Schwitzen entstehender Dampf kann von innen nicht mehr entweichen. Es entsteht ein klammes und feuchtes Gefühl am Körper. Was tun? Eine Runde Funktionsjackenpflege! Bevor das Kleidungsstück in die Maschine wandert, ist der Blick auf die Waschanleitung Pflicht. Und eine Beratung im Laden, welches Waschmittel sich für das jeweilige Textil am besten eignet. Denn Jacke ist nicht gleich Jacke – jedes Material verlangt nach individueller Pflege. Die meisten Hersteller raten davon ab, Weichspüler zu verwenden: Der kann die Membran angreifen. Nur speziell auf Funktionsjacken abgestimmte Reinigungsmittel sorgen dafür, dass das Material nach der Wäsche wieder richtig »atmen« kann. Da die Membran ein empfindliches Konstrukt ist, darf die Jacke auf keinen Fall geschleudert werden.
Sollten nach der Reinigung Wassertropfen nicht mehr von der Jacke abperlen und sich nasse Flecken bilden, ist das ein Zeichen, dass das Obermaterial nun zwar sauber ist, aber nicht mehr einwandfrei funktioniert. Um die Imprägnierung zu reaktivieren, verwendet man am besten ein spezielles Imprägniermittel – das erneuert und verbessert die wasserabweisende Schicht. Die Imprägnierung lässt sich – je nach Anleitung – in unterschiedlicher Weise auf Hardshells »auftragen«. Die meisten Produkte sind als Spray oder als Einwasch-Mittel erhältlich. Letztere wird nach der eigentlichen Säuberung in einem zweiten Waschgang zusammen mit der Jacke in die Maschine gepackt. Der Vorteil von Sprühmitteln: Die markanten Stellen, wie zum Beispiel Kragen, Ärmel oder Taschen an der Jacke, sind besser erreichbar und können individuell behandelt werden. Für ein gutes Ergebnis sollte die Bekleidung am besten im nassen Zustand am Boden liegend imprägniert werden. So entweicht weniger Spray in die Atmosphäre. Anschließend mit einem Lappen ins Textil einreiben. Die Imprägnierung lässt sich zusätzlich durch Hitze aktivieren, am besten im Wäschetrockner. Wer keinen zu Hause hat, bügelt das trockene Bekleidungsstück bei niedriger Temperatur und legt ein Handtuch als Schutz zwischen Kleidungsstück und Bügeleisen. Ähnliche Pflegetipps wie für Hardshells gelten auch für sogenannte Softshell-Materialien. Zwar ist deren äußere Beschichtung anders aufgebaut und nur wasserabweisend, nicht wasserdicht, das physikalische Grundprinzip jedoch bleibt gleich.
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Federleicht und sauber Nicht nur wasserdichte Jacken leiden bisweilen unter mangelnder Pflege. Auch bei Isolationsmaterialien, wie zum Beispiel der Daune, glauben viele Outdoor-Sportler, dass »das« nicht in die Wäsche gehört. Doch was tun, wenn das Lieblingsteil nach einem Winter Dauereinsatz einen leicht muffigen Geruch angenommen hat? Dann ist es höchste Zeit, sich mit der Pflege des zugegebenermaßen etwas empfindlichen Materials auseinanderzusetzen. Daune ist ein natürliches Produkt, dessen IsolationsGewicht-Verhältnis im Vergleich zu anderen Materialien unschlagbar ist. Sie ist komprimierbar und hat, wenn korrekt und regelmäßig gepflegt, eine sehr lange Lebensdauer. Die speziell auf die Konstruktion der Daune ausgerichteten Waschmittel verbessern primär die Atmungsaktivität und schützen dadurch langfristig das Innenmaterial vor Feuchtigkeit. Denn wo Feuchtigkeit in Form von Dampf ohne Probleme entweichen kann, schlägt sie sich nicht auf die Daunen nieder. Werden sie nass, verlieren sie ihre isolierenden Eigenschaften. Denn Wasser befördert Wärme bis zu 25-mal schneller vom Körper weg als Luft. Die Wärmeleistung mindern können auch Rückstände des falschen Waschmittels: Das verklebt die Daunen-Verästelungen und reduziert die Bauschkraft. Während des Waschgangs sollte in der Waschmaschine genügend Platz sein, damit sich das Isolationsmaterial »frei entfalten« kann und nicht komprimiert wird. Wer eigenhändig seiner Jacke etwas Gutes tun will, kann sie auch einem Handwaschgang in der Badewanne unterziehen. Egal, ob per Maschine oder per Hand, einer der wichtigsten Schritte kommt zuallerletzt: das Trocknen. Wer den Trockner zusätzlich mit ein paar Tennisbällen bestückt, sorgt dafür, dass die Daunen besser durcheinanderwirbeln und wieder locker am richtigen Platz in der Jacke landen. Wer Daune nach dem Waschen nicht richtig trocknet, riskiert, dass die Restfeuchtigkeit für unangenehme Gerüche sorgt und die Isolation nachlässt. Nach drei bis vier Trockenvorgängen sollte die Jacke deshalb noch eine Weile auslüften, ehe sie wieder in den Schrank darf. Ein
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ähnlicher Waschgang empfiehlt sich auch für Daunenschlafsäcke.
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Saubere Schäfchen Und was kann man Textilien aus Wolle Gutes tun? In Form von funktioneller Merinowolle hat Schafwolle in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Auch wenn Merino-Kleidungsstücke dafür bekannt sind, kaum bis gar nicht zu riechen, lagert sich nach einiger Zeit trotzdem Schmutz auf den Fasern ab. Eine Reinigung schadet sicher nicht. Je nach Herstellerangaben darf das Material bei 30 bis 40 Grad in der Maschine gewaschen werden. Ein Phänomen bei relativ kurzfaserigen Stoffen, wie der Merinowolle, ist die »Pilling-Bildung« – umgangssprachlich Fusseln. Dabei arbeiten sich die kürzeren Fasern an die Oberfläche des Stoffes, verfilzen und bilden knötchenartige Wulste. Dem lässt sich relativ leicht entgegenwirken: einfach einen härteren Stoff – wie zum Beispiel Jeans – zu den Merinokleidungsstücken in die Waschmaschine legen. So werden die kleinen Fädchen abgerubbelt und geglättet. Merinowolle hat jedoch – ähnlich wie Hardshells – auch einen Feind: den Weichspüler. Der ist für gröbere Wolle gedacht und enthält oft Weichmacher, der die feinen Merinofasern beschädigen kann und so zu Löchern und zu allgemeinem Verschleiß führt. Nach dem Waschen gehören Merinokleidungsstücke auf keinen Fall in den Trockner, sie sollten auf der Leine trocknen. Doch Vorsicht: Sie leiern nass schnell aus. Also lieber über den kompletten Wäscheständer ablegen und nicht hängen. Sind dann alle Kleidungsschichten sauber und kälte- bzw. wasserabwehrbereit, ist es Zeit, RAUS zu gehen. Der Winter mit all seinen aufregenden Wetterkapriolen wartet bereits auf uns.
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Text: Enrico Wolf
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EinBlick: Firmenporträt Petzl Wenn das Pendeln an der letzten Zwischensicherung gefährlich und die Entfernung zwischen den Zwischensicherungen gering ist, kann sich der Kletterer an der vorletzten Zwischensicherung einhängen. Er hängt das letzte Expressset aus und gibt das Seil des Sichernden frei (Expresssets und Seilbahn). Der Sichernde zieht ein Maximum an Seil ein und der Kletterer hält sich an einem Griff fest und hängt seine Sicherung aus.
DER GIGANT, DER AUS DER TIEFE KAM Der Outdoor- und Kletterausrüster Petzl stattet vor allem jene aus, die steil nach oben wollen. Dabei liegen die Ursprünge der SPIRIT EXPRESS Firma ganz unten – in den Höhlen der französischen Alpen. Der Geist der Tiefenpioniere prägt das Unternehmen bis heute. SPIRIT EXPRESS ist das ideale Expressset zum Sportklettern. Das Keylock-System verhindert, Die Bilder des französischen Wochenschau-Beitrags aus dem Jahr 1955 sind schwarz-weiß und grieselig, doch das macht der Sprecher mit seinem freudigen Pa thos wett. Schließlich vermeldet er Rekorde: »Bei der Erforschung des Gouffre Berger in den französischen Alpen übertreffen Grenobler Höhlenforscher ihre bis herige Rekordtiefe von minus 903 Metern«, verkündet er mit erregtem Timbre in der Stimme. Und zwar um weitere 82 Meter, »einer der beeindruckendsten Rekorde des Jahres!« Auf den Bildern sieht man, wie 16 Männer einem Loch entsteigen. Ziemlich müde, ziemlich dreckig, aber auch ziemlich glücklich. Einer von ihnen ist Fernand Petzl, Anfang vierzig und selbstständiger Modellbauer. In seiner Werkstatt tüftelt er immer wieder an Ausrüstungsgegenständen herum, die das Begehen von Höhlen einfacher machen sollen, eine Leidenschaft, die ihn im Alter von 17 Jah ren gepackt hat. Zunächst fertigt er für sich und seine Freunde, schließlich für Höhlenforscher aus der Region, später kommen Speläologen aus ganz Frankreich und sogar dem Ausland in seine Werkstatt. Er ist kein Lautsprecher, sondern ein akribischer und genauer Techniker, ein Grund, warum man Petzl 1956 zum Leiter der »Opération minus 1000« benennt, einer internatio nalen Expedition, bei der endlich die magische Marke von tausend Metern unter Grund fallen soll. Das Team schafft es, dringt sogar 1122 Meter tief in den Berg ein. Weltrekord, jubelt die internationale Presse, der Präsi dent schickt ein Glückwunschtelegramm. »Mein Vater war ein echter Forscher und besaß ein erstaunliches handwerkliches Geschick«, erzählt Paul
dass sich die Nase der Karabiner am Fixpunkt oder beim Aushängen im Seil verfängt. Außergewöhnlich komfortabel zu bedienen! Das Ein- und Aushängen wird zudem erleichtert durch den unteren mit gebogenem unddie die Idee, EXPRESS-Schlinge, Petzl, der heute die Firma leitet, die damals in der klei Karabiner - anstellen ließe undSchnapper kommt auf leichtere Mo die mit einem STRING-Element versehen ist, das den Karabiner in der richtigen Position hält. nen Werkstatt entstand. Als der Weltrekord fiel, war delle für Bergsteiger herzustellen, die man auch ohne Die ergonomische Form der EXPRESS-Schlinge ermöglicht ein gutes Handling, wenn der Paul gerade sechs Jahre alt, später half er in der - Helm tragen Vater kurz in seiner Anwender einePro Passage einrichten und kann. eventuell das Fernand Expresssettüftelt ergreifen muss. Dank ihres geringen Gewichts (unter 100 g) lässt sich die SPIRIT EXPRESS gut am Gurt tragen. duktion mit. »Wir haben in kleinen Serien per Hand ge - Werkstatt, Pauls Frau Catherine, die sich sonst um
fertigt, hatten nichts als einen Bohrer, eine Drehbank und zwei Fräsmaschinen.« Mit denen bauen die Petzls Abseilgeräte, Flaschenzüge und einfache Steigklemmen wie den »Shunt«. Der »Shunt« wird heute, mehr als 40 Jahre später, fast noch im selben Design verkauft – die Stätte, an der er produziert wird, ist inzwischen eine andere gewor den. Von der Werkstatt in Saint-Nazaire-les-Eymes im unteren Val d´Isère ist Petzl ins nahe Crolles gezogen und residiert dort in einem Hauptquartier mit mo dernen Büros, Labors für die Entwicklungsabteilung, Fertigungshallen und Lagern. Dazu kommt noch das Test- und Trainingszentrum »V.axess«, das ein wenig aussieht wie eine Raketen-Abschussrampe und in dem sich jede mögliche und unmögliche Situation in der Ver tikale simulieren lässt.
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Erfolgreiche Erleuchtung Dass aus der kleinen Firma ein Gigant werden konnte, liegt auch daran, dass die Petzls es verstehen, beherzt zuzugreifen, wenn ihnen das Schicksal eine Gelegenheit vorbeischickt. Als Paul Anfang der Siebzigerjahre ein mal aus Versehen zu viele Gehäuse zur Produktion von Helmlampen für die Höhlenforschung bestellt, stapeln sich deren Kartons fast über das Dach der Werkstatt. Paul überlegt, was sich mit dem Material sonst noch
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FOTO Keith Ladzinski
die Buchhaltung kümmert, besorgt Gummibänder vom Markt. Zusammen ergeben die Teile die erste moderne Stirnlampe. Sie wird zum Bestseller und die Produktion der prak FORTBEWEGUNG tischen Leuchten eines der drei Hauptgeschäftsfelder. 1981 konstruiert Fernand mit der »Zoom« die erste Lam pe, bei der sich die Größe des Lichtkegels durch Drehen verstellen lässt. Im Jahr 2000 ist sein Sohn Paul so wü tend über ein gutes Konkurrenzprodukt, dass er seine Techniker anweist, etwas ganz Neues zu probieren. Einer der Entwickler erwähnt diese seltsamen neuen Leuch ten, mit denen er einmal experimentiert hat. Ein Jahr später ist »Tikka« auf dem Markt, die erste LED-Stirn lampe – wie ihre Vorgänger wird sie ein Klassiker. Nachdem eine Fehlbestellung den Petzls ein ganz neues Geschäftsfeld eröffnet hat, kommt bald ein wei teres hinzu. Ein junger Kletterer, Michel Suhubiette, er hofft sich bei der Herstellung von Haken Hilfe von Petzl, deren Höhlen-Equipment er manchmal zweckentfremdet. Sonst plomben er und seine kletternden Freunde Haken Marke Eigenbau in die Wände – ob und wie viel sie halten, weiß niemand. Nach einer langen Autofahrt von den südfranzösischen Calanques nach Crolles scheitert Suhubiette allerdings schon am Empfangstresen – im merhin darf er aber seinen Prototypen hinterlegen. Doch eines Tages klingelt bei Suhubiette das Telefon. Die Sportkletterszene ist zwar noch klein, aber Paul
Diese Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständi Gebrauchsanleitungen und technischen Lehr
Zwischensicherung der Seilbahn lösen mit dem Risiko, dass der Sichernde das Gleichgewicht verliert.
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it Stil. for scher m n le h ö H etzl: Fernand P
Petzl erkennt, dass sie schnell wachsen könnte – und Wachstum ist etwas, was ihn als jungen Unternehmer natürlich interessiert. Der nächste Empfang von Suhubiette in Crolles fällt deutlich freundlicher aus, nach Gesprächen mit dem Kletter-Laien Paul verschwindet Suhubiette mit dem alten Fernand in der Werkstatt. Das Ergebnis taufen die drei wenig später »Coeur«, also »Herz«. Der Bohrhaken ist so revolutionär, dass er fast Opfer seiner schnell wachsenden Beliebtheit wird: Rätselhafterweise verschwinden die Haken immer wieder schnell aus den Routen – bei manchen scheint die Liebe zu den Coeurs größer zu sein als der Geldbeutel. Fernand entwirft ein neues Modell, das sich nicht mehr abschrauben lässt und verändert so das Sportklettern: Durch nun perfekt absicherbare Routen wird die Randsportart zum Mainstream. Suhubiette ist es auch, der den Petzls auf einem anderen Segment Beine macht. Er ist unzufrieden mit den Komplettgurten, die Paul seit einigen Jahren von Bekannten in Heimarbeit herstellen lässt – zu unpraktisch und zu bieder. Die Petzl-Modelle, die wenig später in den französischen Sportläden liegen und sogar deutsche Kletterer zu Shopping-Trips über den Rhein veranlassen, haben nichts mehr mit ihren Vorgängern zu tun: Gepolsterte Hüftgurte, die ein längeres und bequemeres Hängen ermöglichen und so bunt sind, dass es – der Vorliebe der Achtzigerjahre für knallige Neontöne sei Dank – schon fast in den Augen wehtut. Der Farbschock scheint die Firma neu zu beleben, Petzl stellt nun ein Team zusammen, das bei den ersten
Abseilen in d er Gouffre B erger Höhle.
Sportkletter-Wettbewerben Preise abräumt, betreibt aktivere Öffentlichkeitsarbeit und verpflichtet die ersten Superstars der Vertikale wie die Amerikanerin Lynn Hill, um die Marke noch bekannter zu machen.
Illustrierte Sicherheit Dem alten Fernand mag diese moderne Welt manchmal laut und grell vorgekommen sein, seine Expertise wird trotzdem benötigt, als 1990 in Crolles die Idee aufkommt, eine Mischung aus Abseilgerät und Steigklemme zu erschaffen, um das Sichern zu vereinfachen. Der Halbautomat »Grigri« wird zu einem der Standards der Kletterausrüstung. Um ihn richtig zu bedienen und so Unfälle zu vermeiden, sind genaue Anweisungen für die Nutzer notwendig. Paul Petzl hatte schon immer darauf bestanden, in seine Kataloge umfangreiche illustrierte Gebrauchsanleitungen zu drucken, was den Mitarbeitern viel Arbeit bescherte. Für nicht wenige Kletterer wurden die Petzl-Kataloge so zu einer Art Bibel, in der anschaulich erklärt wurde, welche Tricks und Kniffe man bei der Standplatzwahl und dem Legen von Sicherungen anwenden kann. Doch während es von der Bibel nur ein Altes und ein Neues Testament gibt, kam der Petzl-Katalog jede Saison in einer neuen Version heraus – diesen Moment erwartete die Szene damals ähnlich gespannt wie heute vielleicht die digitale Welt die Produktpräsentationen von Apple. Vielleicht, so meint Paul Petzl, liege seine Vorliebe für genaue Erklärungen daran, dass sein Vater äußerst wortkarg war und selten Lust hatte, seine
Erfindungen zu erläutern. Beim neuen Sicherungsgerät Grigri gingen die Entwickler noch einen Schritt weiter. Sie ließen Piktogramme in die Oberfläche des Gerätes gravieren, um Fehlbedienungen zu vermeiden. Diese Fixierung auf die Sicherheit brachte die Firma ins Spiel, als der Energieriese Électricité de France seine Arbeiter, die auf Strommasten klettern mussten, endlich mit einem vernünftigen Gurt ausrüsten wollte. Petzl konzipierte ein System und erschloss sich so ein ganz neues Geschäftsfeld, das inzwischen ein Drittel zum Umsatz beiträgt: Heute tragen nicht nur Bergwachtler, Industriekletterer und Monteure von Windrädern Sicherheitsausrüstung von Petzl, sondern auch die New Yorker Feuerwehr, für die 2005 extra ein Notabseilsystem entwickelt wurde. Der alte Fernand, der schon in den Siebzigerjahren eine Rettungsorganisation gegründet hatte, die natürlich auf Höhlen spezialisiert war, hat an dieser Innovation nicht mehr mitgewirkt. Er verstarb zwei Jahre zuvor im stolzen Alter von 90 Jahren. Seine Grundwerte treiben die Firma aber bis heute an. »Dort unten, in der noch zu erkundenden Dunkelheit der Höhlen«, sagt Paul Petzl, »liegt die Petzl-DNA.« Der Entdeckergeist und die Notwendigkeit, zugleich effizient und sicher zu arbeiten, der Hunger nach Innovationen und einzigartigen Lösungen – »das Herz unseres Ansatzes bilden nach wie vor die technischen Methoden und die außergewöhnliche Mentalität der Höhlenforscher.« Text: Moritz Baumstieger Fotos: Petzl
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NACHGEFRAGT: Henry M. Mix
TIERISCHE NAHAUFNAHME Was nach Outdoor-Abenteuer klingt, ist für Tierfilmer Henry M. Mix der Berliner Produktionsfirma ALTAYFILM nicht selten ein harter Job: permanenter Schlaf- und Kaffee-Entzug, schmale Kost, ein karges Lager und nervenaufreibende Irrwege im Dschungel der Bürokratie. Der Preis für Bilder einer Welt, die es vielleicht schon bald nicht mehr gibt. Zwei tiefbraune Augen spähen aus dem dichten Blätterdach. Feine Schnurrhaare beben unter dem wackelnden Schnäuzchen. Ein kurzer Laut, ein Sturzflug auf den Nachbarbaum, und schon ist das kleine Fellknäuel verschwunden. Unbemerkt von zahlreichen Homo sapiens, die sich an diesem schwülen Sommertag im Schatten der Bäume im Berliner Volkspark Friedrichshain räkeln. Vielleicht wird genau dieses Fellknäuel, unter Fachleuten als Sciurus vulgaris bekannt, demnächst »Star« in einer Dokumentation von Tierfilmer Henry M. Mix. Löwen, Tiger, Elefanten – spricht man den gebürtigen Ost-Berliner auf große Wildtiere an, beginnt er zu schmunzeln: »Es gibt noch immer keinen guten Film über das heimische Eichhörnchen oder den Kuckuck!« Das könnte daran liegen, dass Mix die letzten 20 Jahre wenig Zeit in der Brandenburger Heimat verbracht hat. Sein Alltag: Regenwald statt Reihenhaus, mehr Borsch als Bouletten. Wenn die Riesenfisch-Uhus in Russland rufen, wenn es darum geht, die letzten Wildkamele in der Mongolei oder den Königstiger in Bhutan aufzuspüren, zieht Henry los: recherchieren, Fährten suchen, auf die Lauer legen. Wenn sich andere morgens schlaftrunken auf den Weg ins Büro machen, liegt Henry oft schon stundenlang in seinem Versteck. Bisweilen auch noch etwas müde, aber den Finger am Auslöser. Bereit, die Gewohnheiten von Tieren festzuhalten, deren Existenz vielen Menschen hierzulande nicht einmal bekannt ist. Dabei war Mix’ erster beruflicher Kontakt mit der Tierwelt alles andere als exotisch. Sein Arbeitsplatz war nicht der Dschungel Amazoniens und auch nicht der Kaukasus. Er sollte sich um malade Haustiere kümmern. Waldis Rückenbeschwerden, Schnurris Augenentzündung, Fipsis Krallenleiden galt es am Institut für Veterinärmedizin in Ost-Berlin zu heilen. Erst
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auf Umwegen über Universität, Schlachthof und Brandenburger Naturschutzverwaltung lässt Henry die Zivilisation hinter sich und zieht hinaus in die Wildnis. Auf den studierten Tierarzt warten unberührte Natur und exotische Tiere. »Etwas anderes konnte ich mir eigentlich nie vorstellen«, sagt er. Doch die Umwege haben auch etwas für sich. Seine Kenntnisse als Veterinär sind Mix auch als Tierfilmer hilfreich. Als er 1986 mehr oder weniger zufällig in einem sowjetischen Expeditionsteam landet, um in der Antarktis Pinguine, Robben und Sturmvögel zu erforschen, kommt er auf den Geschmack: Freiheit, unerforschte Landschaften. »Kein Telefon oder Internet und immer in Bewegung.« Henry lernt den Expeditionsalltag kennen und lieben. Seine Leidenschaft für Fotografie bringt ihn zum Film. Dokumentationen über Entwicklungs- und Naturschutzprojekte in der Mongolei folgen. Sie lehren ihn, wie komplizierte Verwaltungswesen ticken. Wie viele Schachteln Zigaretten kostet eine Dreherlaubnis? Kann ein Flugzeug auch ohne TÜV fliegen? Riskante Situationen sind Teil des beruflichen Abenteuers. Dabei liegt die größte Herausforderung auf Drehs oft nicht darin, sich mit Land und Leuten zurechtzufinden. Es sind oft unerwartete, tierische Erlebnisse, die Henrys Geduld fordern. »Man lernt mit jedem Tier neu und muss sich auf jedes neu einstellen«. Aber vor allem muss Henry auf alltägliche Selbstverständlichkeiten verzichten. »Wie sehr wir auf Expeditionen auf das Wesentliche reduziert sind, realisiere ICH oft erst, wenn jemand mit dabei ist, der das noch nicht so oft gemacht hat: DAS essen?!? DORT schlafen?!?! SO VIEL schleppen?!?« Tierfilmen als Stadtflucht, Selbstfindung, gar Erholung – eine Illusion. Permanenter Schlafmangel, schlechter Kaffee, nicht enden wollende Schlepperei bleischwerer Kameras –
Draußensein als Beruf ist ein harter Job. Hinzu kommt der Verzicht auf Familie und Freunde, oft monatelang. »Das ist nicht einfach, doch es schärft die Sinne, den Blick fürs Wesentliche«, so Henrys Resümee. Und er wird belohnt. Er darf hautnah erleben, was die meisten nur aus Filmen, wie seinen Tierdokumentationen kennen. »Es wird heute fast schon zum Privileg, solche kompletten Wildnisse noch erleben zu dürfen.« Tierfilmer müssen sich das immer wieder vor Augen führen, wenn sie nach wochenlangen Vorbereitungen und Tagen der Bilderpirsch mit einem Clip von nur ein paar Sekunden als Beute zurückkehren. Oder wenn das gesuchte Tier nur kurz in die Kamera »blinzelt«, um gleich wieder in dichten Wäldern zu verschwinden. So wie der scheue Amurtiger, der lange als unfilmbar galt. Oder die Wildkamele der Gobi, die den »Interviewtermin« um ganze zwei Monate nach hinten verschoben. Warten ist Teil der Arbeit – und Geduld die Schlüsselqualifikation eines Tierfilmers. »Viele unserer Aufnahmen waren so noch nicht zu sehen. Und vieles wird vielleicht schon bald nicht mehr zu sehen sein«, fasst Henry M. Mix zusammen. »Die Filme werden technisch immer besser und bilden immer perfekter eine eigentlich verschwindende Realität ab.« Vielleicht trifft der Tierfilmer seine Darsteller in Zukunft ja auch öfter direkt vor der Haustür, im heimischen Brandenburg. Auch hier wartet unter jedem Blatt, unter jedem Stein ein Abenteuer, eine neue, faszinierende Tiergeschichte. »Natur spielt sich auch außerhalb großer Wildnisse ab, oft im Kleinen«, bemerkt er. Das Eichhörnchen hat sein Casting erfolgreich gemeistert: Es wäre bereit. Text: Barbara Meixner Fotos: Archiv ALTAYFILM
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10 Fragen an Henry M. Mix 1. Glauben Sie an das Schicksal und wenn ja, warum? Schicksal als »höhere Macht«, alles und ständig steuernd: nein. Im biologischen Sinne spielt so etwas wie Schicksal vielleicht mehr eine Rolle, als man glaubt: Ererbtes, Gene, Persönlichkeit geben Richtungen und Wege vor, die man sehr wahrscheinlich irgendwann geht. Ähnlich ist das mit Menschen, denen man wahrscheinlich irgendwann begegnet oder eben nicht. 2. Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Ein Abenteuer ist ... ... der ganz normale Alltag zu Hause. 3. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würden Sie unterwegs nicht verzichten? Auf ein gutes Fernglas mit Bildstabilisator. 4. Was hat Ihnen im Leben schon mal richtig Angst gemacht? Ich habe mich mal mit schwerer Kameraausrüstung beim Filmen von Languren (Schlankaffen) in absurd steilem Gelände verstiegen – inmitten messerscharfer Karstklippen in Vietnam. Da musste ich irgendwie wieder runter. Alleine, ohne Sicherung. Das war nicht spaßig und endete als eine ziemlich blutige Angelegenheit.
6. Was haben Sie im Leben wirklich Relevantes gelernt? Natur braucht keine Menschen, der Mensch jedoch braucht wilde Natur. Um ihrer Schönheit, ihrer selbst willen. Jeder Mensch. Allein die Existenz von Wildnis ist eine Voraussetzung für menschliches Seelenheil. 7. Was ist Glück für Sie? Ungestörte Natur zu erleben, in all ihren Facetten und Unberechenbarkeiten. Oder an einen Ort zurückzukehren, der noch immer so (schön) ist wie vor Jahren.
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5. Wer war der beeindruckendste Mensch, den Sie je kennengelernt haben? An das eine alles überragende »Gesamtkunstwerk« erinnere ich mich nicht. Ich hätte aber gerne einige kennengelernt. Alfred Russel Wallace zum Beispiel. Der war vieles: Sammler, Biologe, Entdecker, Getriebener und nebenbei als Seiteneinsteiger ein großer Forscher. Er hat sich alles unglaublich mühsam erkämpft – mit ständigen Rückschlägen, Krankheiten, Verlusten, die sich heute kaum jemand mehr vorstellen kann.
9. Welche Dinge werden heutzutage oft überschätzt? Dinge eben. Materielles. Aber auch die Bedeutung religiösen Heils. Ideologien, die UNO und die Lernfähigkeit menschlicher Gemeinschaften. 10. Wie würde der Titel Ihrer Autobiografie lauten? Autobiografie? Schwer vorstellbar. So einen Sendungsdrang habe ich nicht.
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8. Welchen Kindheitstraum haben Sie sich erfüllt? Fremde Länder, wilde Tiere.
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LIEBESERKLÄRUNG »DER FRIEDE BEGINNT IM EIGENEN HAUS.« (KARL JASPERS) Es ist nicht mein einziges Zelt. Ich hatte sogar schon viele Zelte. In noch viel mehr anderen Zelten habe ich schon geschlafen. Ich musste sie ja ausprobieren und mitreden. Aber nur dieses – das Keron 3 – habe ich seit über 30 Jahren in Gebrauch. Irgendwann, ganz unmerklich, wurde es mein »Standardzelt«: Egal wohin, egal zu welcher Jahreszeit, egal mit wem – das Keron passt immer. Es ist unglaublich stabil. Vom Schneesturm in Schweden über einen Nordseesturm bis hin zum Monstergewitter in den Alpen habe ich alles darin gut überstanden. Es ist noch leicht
genug für eine Wanderung. Es ist schnell aufgebaut. Es ist geräumig. Mein Keron ist das Familienzelt geworden. Ob mit meiner Liebsten, beim Wandern zu zweit. Oder mit zwei halbwüchsigen Kindern, die gnadenlos ihr Zeug überall verstreuen. In allen Urlauben, beim Kanuwandern mit den Kindern und deren Freunden auf dem Atlantikküstenzeltplatz. Es war immer »unser Zelt«. Ich habe immer meine eigene Apsis für mein Gepäck. Der Platz zum Sitzen bei Schlechtwetter reicht auch. Der Liegeplatz sowieso. Das Keron ist gut gegen Beziehungsstress.
Als die Kinder größer wurden und anfingen, alleine wegzufahren, hieß es dann: »Papa, ich fahre weg, kann ich ein Zelt mitnehmen?« Meine Antwort: »Nimm das Keron, du weißt ja, wo es liegt!« Manchmal passiert es dann, dass es da nicht liegt. Dann fällt mir ein: »Stimmt, das hat ja Daniel, nimm doch ein anderes.« - »Will ich aber nicht, die anderen sind nix!« Es trägt die Spuren der Jahre mit Würde. Irgendwann hat es einen neuen Boden bekommen. Ich hatte immer das beruhigende Gefühl, wenn mein Keron mal am Ende ist, kaufe ich mir einfach ein neues – es wird ja bis heute fast unverändert gebaut. Das ist so bald aber wohl nicht nötig. Kürzlich meinte meine Tochter: »Ich benutze doch das Keron am häufigsten von uns, kann ich es nicht haben?« Nein, mein Keron gebe ich nicht her. »Kauf dir ein eigenes!« Stefan Krickeberg, Basislager
PRODUKTINFORMATION /HILLEBERG KERON 3 Das Vorzeigestück unter den Tunnelzelten: Das Keron ist ausgesprochen wildnistauglich und auch für extreme Wetterbedingungen geeignet. Zwei Eingänge, zwei Lüfter in jeder Apsis und ein großes Innenzelt für bis zu drei Personen bieten ausreichend Raum, um auch Schlechtwettertage gut gelaunt zu überstehen. Der Aufbau ist auch alleine problemlos zu bewältigen und mit einem Gesamtgewicht von 4 kg ist dieses Zelt auch für Rucksacktouristen interessant. Mit dem robusten »Kerlon 1800« Außenzeltmaterial und den 10,25 mm Gestängen prädestiniert für harte Einsätze. So robust, dass es einen das ganze Leben lang begleitet. Preis: 998,95 Euro
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FOTO Claes Grundsten/www.fotograf-grundsten.de